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68 Spanien Sierra de Gredos Wanderungen auf dem Rückgrat Spaniens Sierra de Gredos WANDERWELTEN 01• 2007 WANDERWELTEN 01• 2007 In den Tälern zeigen sich die rauen und spröden Sierras im Herzen Spanien von ihrer lieblichen und farbigen Seite. Pssst! – leise – da oben ist einer! Tatsächlich, keine 50 Meter entfernt steht ein iberischer Steinbock wie eine Statue auf einem Felstürmchen. Ungerührt vom hektischen Rascheln im Rucksack steht er immer noch seelenruhig in Position, nachdem die hartnäckig im Rucksack verklemmte Kamera endlich in der Hand liegt. Objektivdeckel abziehen, scharf stellen, noch mal schauen – gut er ist noch nicht weg, posiert eher wie ein routiniertes Fotomodel und scheint fast darauf zu warten, dass das Bild endlich im Kasten ist. Was für ein Glück – so ein Schnappschuss. Kaum ist die Kamera wieder verstaut wandert der Blick über das steinerne Theater am Circo de Gredos und entdeckt noch mehr der sonst seltenen Tiere. Dort stehen noch zwei, da hinten liegt einer gemütlich in der Sonne, dort oben steht gleich eine ganze Gruppe samt Jungtiere. Die Capras Hispanica sind scheinbar an Touristen gewöhnt oder einfach nur gnädig zu jenen, die zuerst da sind? Gegenüber spiegelt sich die nahe Refugio Elola im stillen Wasser der Laguna Grande, während die neugierigen Tiere immer näher kommen. 69
70 Spanien Sierra de Gredos Hoch ragt der Almanzor über der glasklaren Laguna Grande. WANDERWELTEN 01• 2007 G ut 2,5 Stunden sind es vom großen Parkplatz an der Plataforma bis zur Laguna Grande. Wer früh genug ist hat selbst an Wochenenden meist freie Auswahl wo der Wagen abgestellt wird. Schattenplätze sind ohnehin Fehlanzeige in der kargen Landschaft. Ein mit Bruchsteinen geplättelter, breiter Weg zieht ein Stück taleinwärts, passiert eine kleine Schlucht und zieht hinauf zur Ebene am Prado de Pozas. Hier steht die kleine Refugio de Reguero Llano und bildet ein perfektes Fotomotiv vor der pastellfarben im Morgenlicht leuchtenden Serrota jenseits des tiefen Talgrabens von Río Tormes und Río Alberche. Ein paar Serpentinen lassen die ersten Schweißtropfen fließen. Gut das bald die Fuente de los Cavadores erreicht ist. Das glasklare eiskalte Wasser stillt den ersten Durst und kühlt angenehm ab. Das Gröbste ist geschafft. Noch um zwei Bergecken herum und der Blick öffnet sich allmählich. Erst lugt nur die spitze Granitzinne des Almanzor fast zaghaft über die Ginsterbüsche, dann öffnet sich mit einem letzten Schritt das ganze Panorama der zentralen Gredosgruppe. Einem römischen Amphitheater gleich reihen sich die unnahbar wirkenden Granitkolosse im Halbkreis um den Talgrund. Die Laguna Grande und der voraus liegende Wegabschnitt liegen noch im dunklen Schatten des Morezón. Gut Circo de Gredos Neugierige so! Noch ist ein gutes Stück zu gehen und Schatten wird für den Rest des Tages eher Mangelware sein. Am tiefblauen Himmel kreist ein Adler. Kleine Wasserfälle springen über den Weg, bilden Pfützen in der ausgetrampelten Spur und zwingen zu kleinen Umwegen. Ein letzter Felsriegel wird umkurvt und die Laguna Grande liegt still vor den Augen. Um sie herum scheint alles noch zu schlafen, ist kein laut zu hören. Selbst der Wind hält inne. Und plötzlich sind die Steinböcke da. Atemberaubend schön! Almanzor – König der Cordillera Central Hoch über der Laguna Grande steht er, der König der Cordillera Central, der höchste Berg Zentralspaniens. Für viele die zur Laguna wandern oder vor der Refugio Elola sitzen und rasten ist er ein unerreichbares Ziel. Zeit braucht man, mindestens zwei Tage, ein wenig Klettergewandtheit und Schwindelfreiheit und eine gute WANDERWELTEN 01• 2007 Iberische Steinböcke an der Laguna Grande Skurile Felsen am El Berrocal bei Navalguijo. Iberische Steinböcke Portion Bergerfahrung für Wegfindung und Wettereinschätzung. Um auf die schwarze Granitpyramide zu steigen müssen vom Refugio am Seeufer nochmals über 600 Höhenmeter bewältigt werden. Al Mansur, der Maurenfürsten, setzt sich hartnäckig zur Wehr mit rutschigen Geröllhalden, steilen Couloirs und zu guter letzt auch noch ein paar Klettermetern an luftigen Granitplatten, bis Gipfelstürmern endlich ganz Zentralspanien zu Füßen liegt. Dabei enttäuscht der erste Eindruck. Wie so oft auf hohen Bergen ist das Panorama weniger überwältigend als erwartet. Es gibt keinen Punkt an dem der Blick hängen bleibt, er verliert sich vielmehr in der unermesslichen Weite der Hochebenen Kastilliens und der Exremadura im Süden. Erst allmählich findet man halt an den Granittürmen der Galana und studiert den Rückweg hinab in den Gredoskessel. Laguna de los Caballeros Kenner der Spanischen Berge rühmen den versteckt liegenden See in den westlichen Gredosbergen als einen der schönsten Bergseen Spaniens. Das ist ein großes Wort für einen kleinen See. Aber schon der Anmarsch verspricht viel. Ein wenig Melancholie hängt über der einsamen Landschaft. Das Örtchen Navalguijo, südlich von El Barco de Ávila wirkt wie vom Rest der Welt vergessen. „Wo die Straße endet“ war die nüchterne Bemerkung eines Einheimischen nach dem rechten Weg. Ein Karrenweg führt weiter durch den winzigen Weiler, vorbei an einem Brunnen, über einen Seitenbach hinweg und taleinwärts bis ins Tal der Garganta de Los Caballeros. Nur ein paar Steinmänner weisen den Weg am Bach entlang durch die wildromantische Schlucht. Gut erkennbare Wegabschnitte wechseln sich mit Pfadfinderstrecken ab, bis der weite Wiesengrund mit der grünschimmerden Laguna erreicht ist. Was für ein herrliches Fleckchen Erde, jeden Schritt der vergangenen vier Stunden wert. Wer auch noch nicht beim Gedanken an den langen Rückweg müde wird, nimmt noch die 2399m hohe Covacha mit und krönt den Tag mit einem Gipfelerlebnis über einer unheimlich einsamen Landschaft. ● 71
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