Die Sprache der Musik - die Musik der Sprache
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<strong>Die</strong> <strong>Sprache</strong> <strong>der</strong> <strong>Musik</strong> -<br />
<strong>die</strong> <strong>Musik</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprache</strong><br />
Seminar Neurokognition von Hören und <strong>Sprache</strong><br />
UZH<br />
FS10<br />
Yvonne Eichmann
Ablauf<br />
Einleitung<br />
Verarbeitung von Proso<strong>die</strong><br />
Verarbeitung von Rhythmus<br />
Transfereffekte <strong>Musik</strong>-<strong>Sprache</strong><br />
- Kin<strong>der</strong><br />
- Erwachsene<br />
- Fremdsprache<br />
- Phrasenwahrnehmung<br />
Fazit<br />
Fragen
1. Einleitung<br />
Ursp. Annahme, dass <strong>Musik</strong> rechts und <strong>Sprache</strong> links<br />
verarbeitet wird<br />
Beide Domänen bestehen aus spektrotemporalen<br />
Mustern<br />
→ Verarbeitung kurzer Zeitfenster linke Hemisphäre<br />
bevorzugt<br />
→ Verarbeitung langer Zeitfenster rechte Hemisphäre<br />
bevorzugt<br />
Zwei Aspekte, <strong>die</strong> in beiden Domänen vorkommen<br />
→ Melo<strong>die</strong>/Proso<strong>die</strong><br />
→ Rhythmus
2. Verarbeitung von Proso<strong>die</strong><br />
Ursprüngliche Annahme, dass Proso<strong>die</strong> rechts<br />
verarbeitet wird<br />
AST-Hypothese:<br />
- zu einem früheren Zeitpunkt bilaterale Verarbeitung<br />
akustischer Signale<br />
- später kurze Aspekte <strong>der</strong> Proso<strong>die</strong> (bsp. Silbenbetonung)<br />
links,<br />
lange Aspekte <strong>der</strong> Proso<strong>die</strong> (bsp. Satzmelo<strong>die</strong>)<br />
rechts<br />
Stu<strong>die</strong> von Meyer et al. (2004) zur Verarbeitung von<br />
Proso<strong>die</strong>
2. Verarbeitung von Proso<strong>die</strong><br />
(Meyer et al., 2004)<br />
Normale Sätze vs. Sätze ohne Satzmelo<strong>die</strong> vs. Sätze<br />
aus purer Satzmelo<strong>die</strong> hören und nachsagen<br />
Normale Sätze: stärkere Aktivierung im perisylvischen<br />
Kortex erwartet<br />
Sätze aus purer Sprachmelo<strong>die</strong>: Aktivierung in frontoopercularen<br />
Regionen erwartet<br />
Nachsprechen: Shift von rechter zu linker Hemisphäre<br />
erwartet
2. Verarbeitung von Proso<strong>die</strong><br />
(Meyer et al., 2004)<br />
Resultate<br />
- Normale Sätze und Sätze ohne Satzmelo<strong>die</strong>: linken IFG;<br />
STG bilateral; linken STG & linke temporo-occiptialeparietale<br />
junction area (TOP-area; mentales Lexikon)<br />
- Sätze aus purer Satzmelo<strong>die</strong>: frontales operculum, bilateral;<br />
rechtes rolandic operculum; rechtes planum parietale &<br />
Basalganglien<br />
- Beide verän<strong>der</strong>ten Sätze: verstärkte Aktivierung im planum<br />
temporale, bilateral<br />
- Nachsprechen: linke Hemisphäre (Broca-Areal; ventraler<br />
Prämotorkortex; Motorkortex)
2. Verarbeitung von Proso<strong>die</strong><br />
(Meyer et al., 2004)
3. Verarbeitung von Rhythmus<br />
Kann als Teilbereich <strong>der</strong> Proso<strong>die</strong> aufgefasst werden<br />
Sprachrhythmus wichtig für <strong>Sprache</strong>rwerb<br />
Closure positive shift (CPS) bei Satzunterbrüchen<br />
Stu<strong>die</strong> von Geiser at al. (2008) zur Verarbeitung von<br />
Rhythmus
3. Verarbeitung von Rhythmus<br />
(Geiser et al., 2008)<br />
25 VP hörten Pseudosätze mit<br />
- isochronem Sprachrhythmus o<strong>der</strong><br />
- anisochronem Sprachrhythmus<br />
.. und wurden <strong>der</strong> expliziten o<strong>der</strong> impliziten<br />
Experimentalgruppe zugeteilt<br />
Explizit: Rhythmus beurteilen<br />
Implizit: Art des Pseudosatzes beurteilen (Frage,<br />
Statement)
3. Verarbeitung von Rhythmus<br />
(Geiser et al., 2008)<br />
Resultate<br />
- Explizite vs. implizite Rhythmusverarbeitung:<br />
Aktivität im SMA, bilateral; Insel, bilateral; rechter<br />
IFG<br />
- Isochron vs. anisochron (explizite Gruppe):<br />
Rechter STG; rechter supramarginaler Gyrus; rechtes<br />
parietales Operculum<br />
- Isochron vs. anisochron (implizite Gruppe):<br />
Linker STG, linken supramarginaler Gyrus; linkes<br />
parietales Operculum
3. Verarbeitung von Rhythmus<br />
(Geiser et al., 2008)
3. Verarbeitung von Rhythmus<br />
(Geiser et al., 2008)<br />
SMA: multimodale Beteiligung an Zeitwahrnehmung<br />
spontane Synchronizität zwischen Rhythmuswahrnehmung<br />
und Körperbewegung<br />
Rechter IFG: Integration von Akzentmustern<br />
Insel: Zeitverarbeitung<br />
Rechte Basalganglien: Emotionalität, Beat-<br />
Wahrnehmung, ..<br />
→ Aktivität des rechten auditorischen<br />
Assoziationskortex von top-down Prozessen<br />
moduliert<br />
→ Aktivität des linken auditorischen
4. Transfereffekte (Moreno & Besson,<br />
2006)<br />
Kin<strong>der</strong> hörten Sätze mit:<br />
- normaler Tonhöhe des letzten Wortes<br />
- leicht verän<strong>der</strong>ter Tonhöhe (1/5 höher)<br />
- stark verän<strong>der</strong>ter Tonhöhe (1/2 höher)<br />
8 Wochen <strong>Musik</strong>- o<strong>der</strong> Zeichentraining<br />
Verhaltensdaten und ERP
4. Transfereffekte (Moreno & Besson,<br />
2006)<br />
Resultate<br />
- Verhalten: keine Gruppenunterschiede; starke<br />
Unterschiede wurden besser erkannt als schwache, <strong>die</strong><br />
kaum von normalen Tonhöhen unterschieden werden<br />
konnten<br />
- ERP: Starke Tonhöhenunterschieden bewirkten late<br />
positivity; Abnahme in Amplitude zeigte sich nur nach<br />
musikalischem Training
4. Transfereffekte (Moreno & Besson,<br />
2006)
4. Transfereffekte (Moreno et al., 2008)<br />
Tonhöhen unterscheiden in <strong>Sprache</strong> und <strong>Musik</strong><br />
Kin<strong>der</strong> erhielten 6 Monate <strong>Musik</strong>- o<strong>der</strong><br />
Zeichentraining<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Tondiskrimination?<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Lesefähigkeit?<br />
Prädisposition o<strong>der</strong> musikalisches Training als<br />
Erklärung für beobachtete funktionelle und<br />
anatomische Verän<strong>der</strong>ungen bei <strong>Musik</strong>ern?<br />
Verhaltensdaten und ERP
4. Transfereffekte (Moreno et al., 2008)<br />
Resultate<br />
- Abnahme in Amplitude <strong>der</strong> late positivity bei starken<br />
Tonhöhenunterschieden in <strong>Sprache</strong> (Kin<strong>der</strong> mit<br />
musikalischem Training)<br />
- Nur Kin<strong>der</strong> mit musikalischem Training konnten schwache<br />
Tonhöhenunterschiede am Ende eines Satzes erkennen<br />
(zeigte sich in long lasting positivity; 200-900 ms)<br />
- Keine <strong>der</strong> beiden Gruppen erkannte <strong>die</strong> schwachen<br />
Tonhöhenunterschiede in <strong>der</strong> Melo<strong>die</strong> sign. besser<br />
(<strong>Musik</strong>er aber Anstieg in N300)<br />
- Kin<strong>der</strong> mit musikalischem Training zeigten Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Lesefähigkeit
4. Transfereffekte (Moreno et al., 2008)
4. Transfereffekte (Schön et al., 2004)<br />
Tonhöhen unterscheiden in <strong>Sprache</strong> und <strong>Musik</strong><br />
Erwachsene <strong>Musik</strong>er vs. Nichtmusiker<br />
Aktivität des rechten auditorischen Kortex erwartet<br />
Verhaltensdaten und ERP
4. Transfereffekte (Schön et al., 2004)<br />
Resultate<br />
- <strong>Musik</strong>er erkannten schwache und starke<br />
Tonunterschiede in <strong>Sprache</strong> und <strong>Musik</strong> besser<br />
- Starke Verän<strong>der</strong>ung: Late positivity und ausgeprägtere<br />
negativity in <strong>Sprache</strong> und <strong>Musik</strong> bei allen Probanden<br />
→ <strong>Musik</strong>er 50 ms früher<br />
- Schwache Verän<strong>der</strong>ung: ausgeprägtere positivity in<br />
<strong>Sprache</strong> bei allen Probanden → <strong>Musik</strong>er 100 ms früher;<br />
ausgeprägtere positivity in <strong>Musik</strong> nur bei <strong>Musik</strong>ern
4. Transfereffekte (Marques et al., 2007)<br />
Tonhöhen unterscheiden in Fremdsprache<br />
Erwachsene <strong>Musik</strong>er vs. Nichtmusiker (Muttersprache<br />
französisch)<br />
Portugiesische Sätze mit:<br />
- normaler Tonhöhe des letzten Wortes<br />
- leicht verän<strong>der</strong>ter Tonhöhe (1/5 höher)<br />
- stark verän<strong>der</strong>ter Tonhöhe (1/2 höher)
4. Transfereffekte (Marques et al., 2007)<br />
Resultate<br />
- <strong>Musik</strong>er waren in allen Bedingungen schneller und<br />
erkannten schwache Verän<strong>der</strong>ungen sign. besser<br />
- Starke Verän<strong>der</strong>ung: bei <strong>Musik</strong>ern 200-400 ms<br />
bei Nichtmusikern 400-600 ms<br />
- Schwache Verän<strong>der</strong>ung: bei <strong>Musik</strong>ern 400-600 ms<br />
bei Nichtmusikern 800-1000ms<br />
- Negativity (<strong>Musik</strong>er 300-600 ms; Nichtmusiker 400-800<br />
ms) deutet auf Suche nach Bedeutung hin<br />
- In Muttersprache insgesamt schneller aber mehr Fehler
4. Transfereffekte (Marques et al., 2007)
4. Transfereffekte (Neuhaus et al., 2006)<br />
Erkennen von Satzunterbrüchen/Phrasen mit closure<br />
positive shift (CPS) verbunden → lässt sich in <strong>Sprache</strong><br />
und <strong>Musik</strong> finden<br />
Phrasen gekennzeichnet durch:<br />
-Pausen<br />
- Länge des letzten Tones vor <strong>der</strong> Pause<br />
- Harmonie des letzten Tones vor <strong>der</strong><br />
Pause<br />
Einfluss <strong>die</strong>ser Merkmale; <strong>Musik</strong>er vs. Nichtmusiker?
4. Transfereffekte (Neuhaus et al., 2006)<br />
ERP ERF<br />
<strong>Musik</strong>er Nichtmusiker <strong>Musik</strong>er<br />
Nichtmusiker
4. Transfereffekte (Neuhaus et al., 2006)<br />
Resultate<br />
- <strong>Musik</strong>er: verarbeiten Phrasen in <strong>Musik</strong> ähnlich wie in<br />
<strong>Sprache</strong>; CPS und CPSm<br />
- Nichtmusiker: verarbeiten Phrasen in <strong>Musik</strong> eher als<br />
Unregelmässigkeiten in Melo<strong>die</strong>; Negativity und<br />
schwächer ausgeprägte CPSm<br />
- „Phrasenmarker“ hatten Einfluss auf Ausprägung <strong>der</strong><br />
CPS<br />
→ CPS reflektiert höhere kognitive Prozesse
5. Fazit<br />
Keine spezifischen Domänenareale o<strong>der</strong><br />
domänenspezifische Lateralisation<br />
Unterschiedliche Verarbeitung abhängig von Aspekt<br />
eines spektrotemporalen Musters, <strong>der</strong> verarbeitet<br />
werden soll<br />
Transfereffekte zwischen <strong>Musik</strong> und <strong>Sprache</strong>:<br />
- bei Kin<strong>der</strong>n und Erwachsenen<br />
- Muttersprache und<br />
Fremdsprache<br />
- durch Trainingsdauer erhöht
6. Fragen<br />
Welche beiden Aspekte sind in <strong>Musik</strong> und <strong>Sprache</strong> zu<br />
finden? Sind sie auf gemeinsame o<strong>der</strong> getrennte<br />
Verarbeitungsprozesse zurückzuführen?<br />
Proso<strong>die</strong> ist rechts lateralisiert<br />
Transfereffekte beschränken sich auf das Erkennen<br />
von Tonhöhenunterschieden<br />
Welche Unterschiede zeigen sich in <strong>der</strong><br />
Phrasenverarbeitung zwischen <strong>Musik</strong>ern und<br />
Nichtmusikern?
7. Literatur<br />
Geiser, E., Zachle, T., Jäncke, L. & Meyer, M. (2008). The Neural Correlate of Speech<br />
Rhythm as Evidenced by Metrical Speech Processing, Journal of Cognitive<br />
Neuroscience, 20, pp. 541-552.<br />
Marques, C., Moreno, S., Castro, S. L. & Besson, M. (2007). Musicians Detect Pitch<br />
Violation in a Foreign Language Better Than Nonmusicians: Behavioral and<br />
Electrophysiological Evidence, Journal of Cognitive Neuroscience, 19, pp. 1453-1463.<br />
Meyer, M., Steinhauer, K., Alter, K., Frie<strong>der</strong>ici, A. D. & Cramon, D. Y. (2003). Brain<br />
activity varies with modulation of dynamic pitch variance in sentence melody, Brain and<br />
Language, 89, pp. 277-289.<br />
Moreno, S. & Besson, M. (2006). Musical training and language-related brain electrical<br />
activity in children, Psychophysiology, 43, pp. 287-291.<br />
Moreno, S., Marques, C., Santos, A., Santos, M., Castro, S. L. & Besson, M. (2009).<br />
Musical Training Influences Lingusitic Abilities in 8-Year-Old Children: More Evidence<br />
for Brain Plasticity, Cerebral Cortex, 19, pp. 712-723.<br />
Neuhaus, C., Knösche, R. T. & Frie<strong>der</strong>ici, A. D. (2006). Effects of Musical Expertise and<br />
Boundary Markers on Phrase Perception in Music, Journal of Cognitive Neuroscience,<br />
18, pp. 472-493.<br />
Schön, D. , Magne, C. & Besson, M. (2004). The music of speech: Music training<br />
facilitates pitch processing in both music and language, Psychophysiology, 41, pp. 341-<br />
349.