Einführung in die Literaturwissenschaft - Literaturwissenschaft-online

Einführung Einf hrung in die Literaturwissenschaft
28.11.2006
Jan-Oliver Decker

1. GRUNDLAGEN DER METRIK / VERSLEHRE
2. Klopstock: „Hain Hain und Hügel H gel“, , 1767 (Beginn)

1. Artikel ‚Verslehre‘ aus dem Fischer-Lexikon
„Literatur“, hg. von Wolf-Hartmut Friedrich
und Walter Killy, Frankfurt am Main: S.
Fischer Verlag, 1964/65, Bd. 2/2, S. 601-
617.
2. Das Manuskript „Metrisches Minimum“ aus
dem Vorlesungsreader

Christian Wagenknecht:
Deutsche Metrik: Eine historische
Einführung. München: C.H.
Beck 1989 (zuletzt Neuauflage
von 1999)

Gebundene Rede vs. Prosa
Lautliche Überstrukturierung
Verse in gebundener Rede weichen von einer
normalen Sprachverwendung ab, weil das
lautliche Material einer periodischen
phonetischen Ordnung unterworfen wird.
Ein phonetisches Paradigma wird ausgewählt
und organisiert die lautliche Gestalt eines
konkreten Syntagmas.

theoretische vs. deskriptive Metrik
Versmaß = Metrum
Metrum vs. Rhythmus

1. Die Rezitation, die dem Rhythmus eines Verses
folgt. Die Rezitation versucht eine Verbindung
zwischen dem Versmaß und dem Inhalt eines
Verses herzustellen.
2. Der Rezitation steht die Skansion oder das
Skandieren gegenüber.

Prosodie:
Zur Prosodie gehören all diejenigen Regeln, die bestimmen,
was im metrischen Sinne als Silbe zu gelten hat und wie
Silben im gegebenen Falle metrisch zu bestimmen sind.
Von der Prosodie ist die Versifikation zu unterscheiden.
Versifikation:
Zur Versifikation gehören all diejenigen Regeln, die
festlegen, wie die metrisch zu bestimmenden Silben in
höhere Einheiten wie Vers, Strophe und im Falle des Sonetts
sogar in eine festgelegte Gedichtform gebracht werden.
Die Gesamtheit der Regeln von
Prosodie und Versifikation werden
unter dem Obergriff Metrik
zusammengefasst.

Néhmen, Gótt, Dónaudámpfschífffáhrt, Gedánkengesáng

Martin Opitz „Von der deutschen Poeterey (1624):
Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambus oder
trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine
gewisse grösse der sylben können in acht nehmen; sondern das wir
aus den accenten vnnd dem thone erkennen, welche sylbe hoch
vnnd welche niedrig gesetzt soll werden.

BEGRIFFE DER FUßMETRIK
FU METRIK
In der deutschen Metrik bezeichnet
man die periodische Einheit, die einen
Vers strukturiert als Versfuß.
Versfuß = phonetische Periode
Wortakzent = Iktus

Zweisilbige Versfüße:
Jambus: v — (Senkung, Hebung)
Trochäus: — v (Hebung, Senkung)
Spondeus: — — (Hebung, Hebung)
Dreisilbige Versfüße:
Daktylus: — v v (Hebung, Senkung, Senkung)
Anapäst: v v — (Senkung, Senkung, Hebung)
Kreticus: — v — (Hebung, Senkung, Hebung)
Amphibrach: v — v (Senkung, Hebung, Senkung)

Die Kinder, sie hörten es gerne.
v — v v — v v — v v

Die Kinder, sie hörten es gerne.
v / — v v / — v v / — v (v)
Auftakt / Daktylus / Daktylus / katalektischer Daktylus

Kadenz = Versschluss
Weibliche Kadenz = Versende auf unbetonter Silbe
Männliche Kadenz = Versende auf betonter Silbe

Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden!
Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
— v / — v / — v / — v (weibliche Kadenz)
— v / — v / — v / — (v) (männliche Kadenz)
— v / — v / — v / — v (weibliche Kadenz)
— v / — v / — v / — (v) (männliche Kadenz)

Zäsur = metrisch bedingter Verseinschnitt
Enjambement = Zeilensprung

Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule,
Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.
— v / — v v / — v / — v / — v v / — v
— v / — v v / — / — v v / — v v / —

Johann Wolfgang Goethe (1745- 1832)
Jägers Nachtlied (1776)
Im Felde schleich ich still und wild,
Lausch mit dem Feuerrohr,
Da schwebt so licht dein liebes Bild,
Dein süßes Bild mir vor.
Du wandelst jetzt wohl still und mild
Durch Feld und liebes Tal,
Und, ach, mein schnell verrauschend Bild
Stellt sich dir’s nicht einmal?
Des Menschen, der in aller Welt
Nie findet Ruh noch Rast,
Dem wie zu Hause so im Feld
Sein Herze schwillt zur Last.
Mir ist es, denk ich nur an dich,
Als säh’ den Mond ich an;
Ein stiller Friede kommt auf mich,
Weiß nicht, wie mir getan.
v — / v — / v — / v — 4 J., a
v — / v — / v — 3 J., b
v — / v — / v — / v — 4 J., a
v — / v — / v — 3 J., b
v — / v — / v — / v — 4 J., Enj., a
v — / v — / v — 3 J., c
v — ?/ v — / v — / v — 4 J., Zs. nach 1. J., a
— — / v — / v — Spondeus, 2 J., c
v — / v — / v — / v — 4 J., Enj., d
v — / v — / v — 3 J., e
v — / v — / v — / v — 4 J., Enj., d
v — / v — / v — 3 J., e
v — / v — / v — / v — 4 J., f
v — / v — / v — 3 J., g
v — / v — / v — / v — 4 J., f
v — / v — / v — 3 J., g

Reimschema: Strophe 1 und 2 vs. Strophe 3 vs. Strophe 4
Enjambements: Strophe 1 vs. Strophe 2 und drei vs. Strophe 4
Durchbrechen des Versmaßes: Gedichtmitte, vierter Vers zweite Strophe.
Chevy-Chase-Strophe in reiner Form: Strophen 1 und 4

Ferdinand Leopold Graf
von Stolberg
(1750-1819)
Die Freiheit (1775)
Freiheit! Der Höfling kennt den Gedanken nicht!
Der Sklave! Ketten rasseln ihm Silberton!
Gebeugt das Knie, gebeugt die Seele,
Reicht er dem Joch den erschlafften Nacken!
Uns, uns ein hoher seelenverklärender
Gedanke! Freiheit! Freiheit! wir fühlen dich!
Du Wort, du Kraft, du Lohn von Gott uns!
O! wo noch voller ins Herz der Helden!
Dein Nektar strömte, jener, an deren Grab
Nachwelten staunen; ström! o entflamm uns ganz!
Denn sieh, in deutscher Sklaven Händen
Rostet der Stahl, ist entnervt die Harfe!
Nur Freiheitsharf ist Harfe des Vaterlands!
Wer Freiheitsharfe schlägt, ist wie Nachtorkan
Vor Donnerwettern! Donnre! Schlachtruf!
Schwerter, fliegt auf, dem Gesandten Gottes!
Nur Freiheitsschwert ist Schwert für das Vaterland!
Wer Freiheitsschwert hebt, flammt durch das Schlachtgewühl,
Wie Blitz des Nachtsturms! Stürzt, Paläste!
Stürze, Tyrann, dem Verderber Gottes!
O Namen! Namen! festlich, wie Siegsgesang!
Tell! Hermann! Klopstock! Brutus! Timoleon!
O ihr, wem freie Seele Gott gab,
Flammend ins eherne Herz gegraben!

Muster der Alkäischen Odenstrophe
v — / v — / — v v / — v / —
v — / v — / — v v / — v / —
v — / v — / v — / v — / v
— v v / — v v / — v / — v /

1.
— — / v — / — v v / — v / — Spondeus
v — / v — / — v v / — v / —
v — / v — / v — / v — / v
— v v / — v v / — v / — v /
2.
— — / v — v / — v v / — v / — Spondeus, 2 Zäsuren, Enjamb.
v — v / — — / — — / — v v / — Zäsur, 2 Spondeen mit Zäsur,
v — / v — / v — / v — / v
— v v / — v v / — v / — v /
3.
v — / v — v / — v v / — v / — Enjambement
— v v / — v / — v v / — v / — Daktylus
v — / v — / v — / v — / v Zäsur
— v v / — v v / — v / — v / Zäsur

4.
v — / v — / v — v v / — v / —
v — / v — v / — v v / — v / — Zäsur im 3. Versfuß, Enj.
v — / v — / v — v / — / v
— v v / — v v / — v / — v /
5.
v — / v — / — v v / — v / —
v — / v v / — — v v / — v / —
v — / v — / v — / v — / v
— v v / — v v / — v / — v /
6.
v — / v — v / — v v / — v v / — Amphibrach
— — — — — / — v v /— v / — Auftakt, Spondeen
v — / v — / v — / v — / v
— v v / — v v / — v / — v /

Göttinger Hain

Friedrich Gottlieb Klopstock
(1724-1803)

Hain und Hügel sind äquivalent.
Das „und“ ordnet beide Orte als gleichwertig einander bei.
Hain und Hügel sind oppositionell.
Das und trennt zwei Orte mit einer entgegengesetzten Bedeutung

Benjamin Hederich:
Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig: Gleditsch 1770
(Faksimiledruck Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1967).

germanische
Mythologie
Herminoon
(Herminonen)
Norne Wurdi
Wodan
Winfeld
Telyn
Wolhalla
Thuiskone
Braga
Hertha
Löbna
Nossa
Wara
Hermann
römisch-griechische
Mythologie
Olympiade
Aegis
Zeus / Jupiter
Titan Enzeladus
Pelion
Genius
Olympus
Smintheus
Pan
Artemis
Achäa
Helikon und Aganippe

Aegis

Apoll und die neun
Musen

Einführung Einf hrung in die Literaturwissenschaft 12. Mai 2004

Nornen

Hermann

„Mich hörten die Welteroberer einst“
„bey dem Haingesange, vor dem in Winfeld die Adler sanken“

Sprechsituation:
Wer redet mit wem wann und wo worüber?

Welche Merkmale weisen die Sprecher auf?
was erfährt man inhaltlich über sie?
Figurencharakteristik - Alter
- Geschlecht
- soz. Stand
- …
erfährt man etwas über die Sprechsituation?
Formale Bedeutungsebene
Wer ? Wann ? Wo? Worüber?
Sprecherwechsel

Poet: 7 Einheiten
Barde: 9 Einheiten
Dichter: 17 Einheiten
Poet und Barde = 16 Einheiten
Dichter = 17 Einheiten

Initiation in Strophe 12 (Dichter)
„Laß fliegen, o Schatten, deinen Zaubergesang
[…]
Und rufe mir einen Barden
[…],