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XIV. Wie die Alten den Tod gebildet - Literaturwissenschaft-online

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G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Antonio Canova<br />

1817/29<br />

<strong>XIV</strong>. <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

1769


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

1769


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

• Deismus<br />

• Schöpfer + Unsterblichkeit<br />

• ethische Praxis<br />

• Perfektibilität<br />

• Seelenwanderung


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

• Deismus<br />

• Schöpfer + Unsterblichkeit<br />

• ethische Praxis<br />

• Perfektibilität<br />

• Seelenwanderung


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

• Deismus<br />

• Schöpfer + Unsterblichkeit<br />

• ethische Praxis<br />

• Perfektibilität<br />

• Seelenwanderung


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

• Deismus<br />

• Schöpfer + Unsterblichkeit<br />

• ethische Praxis<br />

• Perfektibilität<br />

• Seelenwanderung


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

• Deismus<br />

• Schöpfer + Unsterblichkeit<br />

• ethische Praxis<br />

• Perfektibilität<br />

• Seelenwanderung<br />

Aber warum könnte jeder<br />

einzelne Mensch auch nicht<br />

mehr als einmal auf <strong>die</strong>ser<br />

Welt vorhan<strong>den</strong> gewesen sein?<br />

Die Erziehung des<br />

Menschengeschlechts (§ 94)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

1769


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

... daß bei <strong>den</strong> <strong>Alten</strong> <strong>die</strong> Schönheit<br />

das höchste Gesetz der bil<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Künste gewesen sei.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

... daß bei <strong>den</strong> <strong>Alten</strong> <strong>die</strong> Schönheit<br />

das höchste Gesetz der bil<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Künste gewesen sei.<br />

Und <strong>die</strong>ses festgesetzt, folget<br />

notwendig, daß alles andere,<br />

worauf sich <strong>die</strong> bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Künste<br />

zugleich mit erstrecken können,<br />

wenn es sich mit der Schönheit<br />

nicht verträgt, ihr gänzlich<br />

weichen, und wenn es sich mit ihr<br />

verträgt, ihr wenigstens untergeordnet<br />

sein müssen.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Joachim Winckelmann (1717-1768)<br />

Geschichte der Kunst<br />

des Alterthums<br />

1764<br />

Die Griechen waren sich [...] ihres Vorzugs vor andern<br />

Völkern bewußt, und unter keinem Volke ist <strong>die</strong> Schönheit<br />

so hoch, als bey ihnen, geachtet wor<strong>den</strong> [...].


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Vorrede zu Des Herrn Grafen von Caylus<br />

Abhandlungen zur Geschichte und zur Kunst.<br />

Zweyter Band. <strong>Alten</strong>burg 1769.<br />

Christian Adolph Klotz (1738-1771)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Selbst <strong>die</strong> Dichter<br />

haben [<strong>den</strong> <strong>Tod</strong>]<br />

unter <strong>die</strong>sem widerlichen<br />

Bilde [Skelett]<br />

nie gedacht.<br />

Vorrede zu Des Herrn Grafen von Caylus<br />

Abhandlungen zur Geschichte und zur Kunst.<br />

Zweyter Band. <strong>Alten</strong>burg 1769.<br />

Christian Adolph Klotz (1738-1771)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Wenn ich sage, »es ist noch nicht Nacht:« so sagt Hr. Klotz, »aber<br />

Mittag ist doch schon längst vorbei.« Wenn ich sage, »sieben und<br />

sieben macht nicht funfzehn:« so sagt er, »aber sieben und achte macht<br />

doch funfzehn.« Und das heißt er, mir widersprechen, mich<br />

widerlegen, mir unverzeihliche Irrtümer zeigen!<br />

Ich bitte ihn, einen Augenblick seinen Verstand etwas mehr, als<br />

sein Gedächtnis zu Rate zu ziehen.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Ich habe behauptet, daß <strong>die</strong> alten<br />

Artisten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht als ein<br />

Skelett vorgestellt: und ich<br />

behaupte es noch.<br />

Aber sagen, daß <strong>die</strong> alten Artisten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht als ein Skelett<br />

vorgestellt: heißt <strong>den</strong>n <strong>die</strong>ses von ihnen sagen, daß sie überhaupt<br />

kein Skelett vorgestellet? Ist <strong>den</strong>n unter <strong>die</strong>sen bei<strong>den</strong> Sätzen so<br />

ganz und gar kein Unterschied, daß wer <strong>den</strong> einen erweiset, auch<br />

notwendig <strong>den</strong> andern erwiesen hat? daß wer <strong>den</strong> einen leugnet,<br />

auch notwendig <strong>den</strong> andern leugnen muß?


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Ich habe behauptet, daß <strong>die</strong> alten<br />

Artisten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht als ein<br />

Skelett vorgestellt: und ich<br />

behaupte es noch.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Die alten Artisten stellten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht<br />

als ein Skelett vor: <strong>den</strong>n sie stellten ihn,<br />

nach der Homerischen Idee als <strong>den</strong><br />

Zwillingsbruder des Schlafes vor, und<br />

stellten beide, <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> und <strong>den</strong> Schlaf,<br />

mit der Ähnlichkeit unter sich vor, <strong>die</strong><br />

wir an Zwillingen so natürlich erwarten


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Die alten Artisten stellten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht<br />

als ein Skelett vor: <strong>den</strong>n sie stellten ihn,<br />

nach der Homerischen Idee als <strong>den</strong><br />

Zwillingsbruder des Schlafes vor, und<br />

stellten beide, <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> und <strong>den</strong> Schlaf,<br />

mit der Ähnlichkeit unter sich vor, <strong>die</strong><br />

wir an Zwillingen so natürlich erwarten<br />

›Ildefonso-Gruppe‹<br />

um 100 n. Chr.<br />

Museo del Prado, Madrid


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Die alten Artisten stellten <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> nicht<br />

als ein Skelett vor: <strong>den</strong>n sie stellten ihn,<br />

nach der Homerischen Idee als <strong>den</strong><br />

Zwillingsbruder des Schlafes vor, und<br />

stellten beide, <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> und <strong>den</strong> Schlaf,<br />

mit der Ähnlichkeit unter sich vor, <strong>die</strong><br />

wir an Zwillingen so natürlich erwarten


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

[...]<br />

Damals trat kein gräßliches Gerippe<br />

Vor das Bett des Sterben<strong>den</strong>. Ein Kuß<br />

Nahm das letzte Leben von der Lippe,<br />

Still und traurig senkt' ein Genius<br />

Seine Fackel. Schöne, lichte Bilder<br />

Scherzten auch um <strong>die</strong> Notwendigkeit,<br />

Und das ernste Schicksal blickte milder<br />

Durch <strong>den</strong> Schleier sanfter Menschlichkeit.<br />

[...]<br />

Friedrich Schiller: Die Götter Griechenlandes (1788)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

– ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner<br />

rauschte das Leben, wie ein Frühling, durch <strong>die</strong> Jahrhunderte hin –<br />

Alle Geschlechter verehrten kindlich <strong>die</strong> zarte, tausendfältige<br />

Flamme, als das höchste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein<br />

entsetzliches Traumbild,<br />

Das furchtbar zu <strong>den</strong> frohen Tischen trat<br />

Und das Gemüth in wilde Schrecken hüllte.<br />

Hier wußten selbst <strong>die</strong> Götter keinen Rath<br />

Der <strong>die</strong> beklommne Brust mit Trost erfüllte.<br />

Geheimnißvoll war <strong>die</strong>ses Unholds Pfad<br />

Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte;<br />

Es war der <strong>Tod</strong>, der <strong>die</strong>ses Lustgelag<br />

Mit Angst und Schmerz und Thränen unterbrach.<br />

Novalis, d. i. Friedrich von Har<strong>den</strong>berg (1800)<br />

5. Hymne an <strong>die</strong> Nacht


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Endlich will ich an <strong>den</strong> Euphemismus der <strong>Alten</strong> erinnern;<br />

an ihre Zärtlichkeit, <strong>die</strong>jenigen Worte, welche unmittelbar<br />

eine ekle, traurige, gräßliche Idee erwecken, mit minder<br />

auffallen<strong>den</strong> zu verwechseln. Wenn sie, <strong>die</strong>sem<br />

Euphemismus zu Folge, nicht gern geradezu sagten, »er ist<br />

gestorben«, sondern lieber, »er hat gelebt, er ist gewesen,<br />

er ist zu <strong>den</strong> Mehrern abgegangen«.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Endlich will ich an <strong>den</strong> Euphemismus der <strong>Alten</strong> erinnern;<br />

an ihre Zärtlichkeit, <strong>die</strong>jenigen Worte, welche unmittelbar<br />

eine ekle, traurige, gräßliche Idee erwecken, mit minder<br />

auffallen<strong>den</strong> zu verwechseln. Wenn sie, <strong>die</strong>sem<br />

Euphemismus zu Folge, nicht gern geradezu sagten, »er ist<br />

gestorben«, sondern lieber, »er hat gelebt, er ist gewesen,<br />

er ist zu <strong>den</strong> Mehrern abgegangen«.<br />

Diese antike Kunstwerke stellen<br />

Skelette vor; aber stellen <strong>den</strong>n<br />

<strong>die</strong>se Skelette <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> vor?<br />

Muss <strong>den</strong>n ein Skelett<br />

schlechterdings <strong>den</strong> <strong>Tod</strong>, das<br />

personifierte Abstraktum des<br />

<strong>Tod</strong>es, <strong>die</strong> Gottheit des <strong>Tod</strong>es,<br />

vorstellen? Warum sollte ein<br />

Skelett nicht auch bloß ein<br />

Skelett vorstellen können?<br />

Warum nicht auch etwas anders?


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Endlich will ich an <strong>den</strong> Euphemismus der <strong>Alten</strong> erinnern;<br />

an ihre Zärtlichkeit, <strong>die</strong>jenigen Worte, welche unmittelbar<br />

eine ekle, traurige, gräßliche Idee erwecken, mit minder<br />

auffallen<strong>den</strong> zu verwechseln. Wenn sie, <strong>die</strong>sem<br />

Euphemismus zu Folge, nicht gern geradezu sagten, »er ist<br />

gestorben«, sondern lieber, »er hat gelebt, er ist gewesen,<br />

er ist zu <strong>den</strong> Mehrern abgegangen«.<br />

Diese antike Kunstwerke stellen<br />

Skelette vor; aber stellen <strong>den</strong>n<br />

<strong>die</strong>se Skelette <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> vor?<br />

Muss <strong>den</strong>n ein Skelett<br />

schlechterdings <strong>den</strong> <strong>Tod</strong>, das<br />

personifierte Abstraktum des<br />

<strong>Tod</strong>es, <strong>die</strong> Gottheit des <strong>Tod</strong>es,<br />

vorstellen? Warum sollte ein<br />

Skelett nicht auch bloß ein<br />

Skelett vorstellen können?<br />

Warum nicht auch etwas anders?<br />

›larvae‹<br />

(Seelen der Toten)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Von <strong>die</strong>ser Seite wäre es also zwar vermutlich<br />

unsere Religion, welche das alte heitere Bild<br />

des <strong>Tod</strong>es aus <strong>den</strong> Grenzen der Kunst<br />

verdrungen hätte! Da jedoch eben <strong>die</strong>selbe<br />

Religion uns nicht jene schreckliche Wahrheit<br />

zu unserer Verzweiflung offenbaren wollen; da<br />

auch sie uns versichert, daß der <strong>Tod</strong> der<br />

Frommen nicht anders als sanft und erquickend<br />

sein könne: so sehe ich nicht, was unsere<br />

Künstler abhalten sollte, das scheußliche<br />

Gerippe wiederum aufzugeben, und sich<br />

wiederum in <strong>den</strong> Besitz jenes bessern Bildes zu<br />

setzen. Die Schrift redet selbst von einem<br />

Engel des <strong>Tod</strong>es: und welcher Künstler sollte<br />

nicht lieber einen Engel, als ein Gerippe bil<strong>den</strong><br />

wollen?


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Neoklassizismus


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Antonio Canova<br />

Monumento Stuart<br />

1817/2<br />

Basilika Sankt Peter, Rom


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Eilend schwebt' er vom Idagebirg' in <strong>die</strong> schreckliche Feldschlacht;<br />

Aus dem Geschoß enthub er <strong>den</strong> Held Sarpedon, und trug ihn<br />

Fern hinweg an <strong>den</strong> Strom, und spült' ihn rein im Gewässer;<br />

Auch mit Ambrosia salbt' er, und hüllt' ihm ambrosisch Gewand um.<br />

Dann ihn wegzutragen vertraut' er <strong>den</strong> schnellen Geleitern,<br />

Bei<strong>den</strong>, dem Schlaf und dem <strong>Tod</strong>e, <strong>den</strong> Zwillingen, welche sofort ihn<br />

Setzten ins weite Gebiet des fruchtbaren Lykierlandes.<br />

Homer: Ilias. Übersetzt von Johann Heinrich Voß (1793)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Hier zeiget sich [...] ein geflügelter Jüngling, der in<br />

einer tiefsinnigen Stellung, <strong>den</strong> linken Fuß über <strong>den</strong><br />

rechten geschlagen, neben einem Leichname stehet,<br />

mit seiner Rechten und dem Haupte auf einer<br />

umgekehrten Fackel ruhet, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Brust des Leichnames gestützet<br />

ist, und in der Linken, <strong>die</strong> um <strong>die</strong> Fackel herabgreift, einen Kranz mit<br />

einem Schmetterlinge hält. Diese Figur – sagt Bellori – sei Amor,<br />

welcher <strong>die</strong> Fackel, das ist, <strong>die</strong> Affekten, auf der Brust des verstorbenen<br />

Menschen auslösche. Und ich sage: <strong>die</strong>se Figur ist der <strong>Tod</strong>!


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Hier zeiget sich [...] ein geflügelter Jüngling, der in<br />

einer tiefsinnigen Stellung, <strong>den</strong> linken Fuß über <strong>den</strong><br />

rechten geschlagen, neben einem Leichname stehet,<br />

mit seiner Rechten und dem Haupte auf einer<br />

umgekehrten Fackel ruhet, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Brust des Leichnames gestützet<br />

ist, und in der Linken, <strong>die</strong> um <strong>die</strong> Fackel herabgreift, einen Kranz mit<br />

einem Schmetterlinge hält. Diese Figur – sagt Bellori – sei Amor,<br />

welcher <strong>die</strong> Fackel, das ist, <strong>die</strong> Affekten, auf der Brust des verstorbenen<br />

Menschen auslösche. Und ich sage: <strong>die</strong>se Figur ist der <strong>Tod</strong>!


›Prometheus‹-<br />

Sarkophag auf dem<br />

römischen Kapitol<br />

G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Schon der Gedanke, m. Fr., ›<strong>Tod</strong> sei <strong>den</strong> Griechen in der Vorstellung<br />

ihrer Kunst nichts als ein Jüngling gewesen, der in ruhiger Stellung mit<br />

gesenktem trübem Blick <strong>die</strong> Fackel des Lebens über dem Leichnam<br />

auslöscht‹ schon <strong>die</strong>ser Gedanke hat so etwas Beruhigendes und Sanftes,<br />

daß wir ihm gleichsam gut wer<strong>den</strong> und uns gern dabei verweilen.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Schon der Gedanke, m. Fr., ›<strong>Tod</strong> sei <strong>den</strong> Griechen in der Vorstellung<br />

ihrer Kunst nichts als ein Jüngling gewesen, der in ruhiger Stellung mit<br />

gesenktem trübem Blick <strong>die</strong> Fackel des Lebens über dem Leichnam<br />

auslöscht‹ schon <strong>die</strong>ser Gedanke hat so etwas Beruhigendes und Sanftes,<br />

daß wir ihm gleichsam gut wer<strong>den</strong> und uns gern dabei verweilen.<br />

Nicht aber <strong>die</strong> Bequemlichkeit bloß, um derenwillen der Mensch doch<br />

schon viel tut, sondern auch <strong>die</strong> Wahrheit selbst scheint <strong>den</strong> gräßlichen<br />

Bildern zu widersprechen, in <strong>den</strong>en Kinder und Schwache sich so gerne<br />

<strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>den</strong>ken. Wenn unsre Alltagsdichter immer und immer vom<br />

<strong>Tod</strong>eskampf, vom Brechen der Augen, vom Röcheln, Starren, Entsetzen<br />

und Erbeben als vom <strong>Tod</strong>e singen: so ist <strong>die</strong>s Mißbrauch der Sprache:<br />

<strong>den</strong>n nicht <strong>Tod</strong> ist <strong>die</strong>s, sondern Krankheit.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Kein Schreckgespenst also ist unser letzter Freund; sondern ein Endiger<br />

des Lebens, der schöne Jüngling, der <strong>die</strong> Fackel auslöscht und dem<br />

wogen<strong>den</strong> Meer Ruhe gebietet. Was darauf folgt, sind Folgen des <strong>Tod</strong>es,<br />

<strong>die</strong> zu ihm selbst nicht gehören. Das Geripp im Grabe ist so wenig der<br />

<strong>Tod</strong>, als mein fühlendes Ich <strong>die</strong>s Geripp ist; es ist <strong>die</strong> abgeworfne<br />

zerstörte Maske, <strong>die</strong> nichts mehr fühlet [...].


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Kein Schreckgespenst also ist unser letzter Freund; sondern ein Endiger<br />

des Lebens, der schöne Jüngling, der <strong>die</strong> Fackel auslöscht und dem<br />

wogen<strong>den</strong> Meer Ruhe gebietet. Was darauf folgt, sind Folgen des <strong>Tod</strong>es,<br />

<strong>die</strong> zu ihm selbst nicht gehören. Das Geripp im Grabe ist so wenig der<br />

<strong>Tod</strong>, als mein fühlendes Ich <strong>die</strong>s Geripp ist; es ist <strong>die</strong> abgeworfne<br />

zerstörte Maske, <strong>die</strong> nichts mehr fühlet [...].<br />

<strong>Wie</strong> aber, m. Fr. wenn ich gegen <strong>die</strong>se schöne Abhandlung einige<br />

Einwendungen machen müßte? wenn es nicht so ganz richtig bliebe,<br />

daß der <strong>Tod</strong> <strong>den</strong> <strong>Alten</strong> nur <strong>die</strong>ser Jüngling, <strong>die</strong>ser schöne Jüngling mit<br />

der umgekehrten Fackel gewesen wäre? wenn es zu beweisen stünde,<br />

daß er eigentlich nie Gottheit d. i. das personifizierte Abstraktum des<br />

<strong>Tod</strong>es habe bedeuten wollen?


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Der Thanatos (<strong>Tod</strong>) der Griechen war ein fürchterliches Wesen. Bei<br />

Homer wird er mit der Erinnys und <strong>den</strong> Verhängnissen gepaart, wenn er<br />

<strong>die</strong> Menschen mit schweren Hän<strong>den</strong> ereilt. Bei Hesiodus ist er seinem<br />

sanften Bruder Schlaf sehr unähnlich: er hat ein eisernes Herz in seinem<br />

Busen, hält fest, wen er ergreift und ist feindlich auch <strong>den</strong> unsterblichen<br />

Göttern.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Der Thanatos (<strong>Tod</strong>) der Griechen war ein fürchterliches Wesen. Bei<br />

Homer wird er mit der Erinnys und <strong>den</strong> Verhängnissen gepaart, wenn er<br />

<strong>die</strong> Menschen mit schweren Hän<strong>den</strong> ereilt. Bei Hesiodus ist er seinem<br />

sanften Bruder Schlaf sehr unähnlich: er hat ein eisernes Herz in seinem<br />

Busen, hält fest, wen er ergreift und ist feindlich auch <strong>den</strong> unsterblichen<br />

Göttern.<br />

Der Genius auf Leßings Titelkupfer ist der Schlaf, ob er gleich hier <strong>den</strong><br />

<strong>Tod</strong>esschlaf bedeutet: das Erste zeigt seine Stellung und Gebärde, seine<br />

Flügel und <strong>die</strong> herabgesenkte Fackel; nur der Totenkranz in seiner Hand,<br />

der Schmetterling auf derselben und der vor ihm hingestreckte Leichnam<br />

machen ihn zum Somno aeternali, dem <strong>Tod</strong>esschlafe.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Der Genius auf Leßings Titelkupfer ist der Schlaf, ob er gleich hier <strong>den</strong><br />

<strong>Tod</strong>esschlaf bedeutet: das Erste zeigt seine Stellung und Gebärde, seine<br />

Flügel und <strong>die</strong> herabgesenkte Fackel; nur der Totenkranz in seiner Hand,<br />

der Schmetterling auf derselben und der vor ihm hingestreckte Leichnam<br />

machen ihn zum Somno aeternali, dem <strong>Tod</strong>esschlafe.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Überhaupt würde <strong>die</strong> schöne Abhandlung Leßings sich manche Mühe<br />

erspart und mehrere Bestimmtheit gewonnen haben, wenn ihr Verfasser<br />

es genauer festgesetzt hätte, von welchem Volk der <strong>Alten</strong> und von<br />

welcher Zeit er rede. Alle Denkmale, <strong>die</strong> er anführt, sind römisch und ob<br />

sie gleich von griechischen Künstlern errichtet sein mögen: so mußten<br />

sich <strong>die</strong>se doch im Ganzen der römischen Denkart bequemen


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Viele unter ihnen waren Märtyrer gewesen und so war der Leichnam, an<br />

dem sie gelitten hatten, noch heiliger und aller Verehrung wert. Er ward<br />

besucht, er ward aufgestellt, er tat Wunder: Gerippe und Knochen kamen<br />

also mehr als jemals in <strong>die</strong> Achtung der Menschen; da bei <strong>den</strong> Griechen<br />

und Römern es kein größeres Unglück, keine empfindlichere Strafe gab,<br />

als unbegraben zu sein oder in der Erde keine Ruhe zu haben. [...]<br />

Endlich konnte auch das Kreuz des Erhöheten selbst unschuldiger Weise<br />

Anlaß geben, Bilder der Skelete ins Heiligtum einzuführen. Auf der<br />

Schädelstätte stand es und <strong>die</strong>s hieß nach der gemeinen Deutung auf<br />

einem mit Schädeln überdeckten Ort. Den <strong>Tod</strong> hatte <strong>die</strong>s Kreuz besieget<br />

und so kamen auch in der Abbildung ein Totenhaupt und einige Gebeine<br />

an <strong>den</strong> Fuß des Kreuzes [...].


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Johann Gottfried Herder<br />

<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />

Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />

desselben Titels und Inhalts<br />

1774<br />

Sie können leicht <strong>den</strong>ken, m. Fr., daß alle <strong>die</strong>se Mißbräuche nicht<br />

Wurzel gefaßt hätten, wenn <strong>die</strong> Denkart der Nordländer, in der von<br />

Natur keine schöne Bilder schwebten, sie nicht begünstigt und das<br />

Schauderhaft-Gräßliche dem Wohlgeordneten vorgezogen hätte. In<br />

unserm <strong>Tod</strong>esbilde sind zwei einander widersprechende Wesen, <strong>die</strong> Zeit<br />

und das Bild eines Leichnams vereinigt, deren Jedes <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> kannten,<br />

jedes aber für sich und in sich selbst bestehend brauchten. Die Zeit<br />

schlich mit gefesselten Füßen als ein krummer Geist daher; ihr gehörte<br />

das Stun<strong>den</strong>glas und <strong>die</strong> Sense. Das Bild vom Mähen brauchten sie auch<br />

als ein Symbol der Vergänglichkeit auf Totenmalen; da waren es aber<br />

Schnitter, keine Gerippe: <strong>den</strong>n <strong>die</strong>se können ihrer Natur nach weder<br />

mähen noch <strong>die</strong> Stun<strong>den</strong> zählen.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›Fehler‹ der Abhandlung <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong><br />

1) unzulässige Vermischung römischer Traditionen mit griechischen<br />

2) Verstoß gegen <strong>die</strong> Laokoon-Distinktion von Poesie und Bildhauerei


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›Fehler‹ der Abhandlung <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong><br />

1) unzulässige Vermischung römischer Traditionen mit griechischen<br />

2) Verstoß gegen <strong>die</strong> Laokoon-Distinktion von Poesie und Bildhauerei


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›Fehler‹ der Abhandlung <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong><br />

1) unzulässige Vermischung römischer Traditionen mit griechischen<br />

2) Verstoß gegen <strong>die</strong> Laokoon-Distinktion von Poesie und Bildhauerei


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›Whatever is, is right!‹<br />

Alexander Pope: Essay on Man (1733/34)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›und <strong>die</strong>ses Bild hat nichts Betrübliches / Unschönes‹


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Matthias Claudius (›Asmus‹)<br />

1740-1815<br />

Der Wandsbecker Bothe<br />

1771-75


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Matthias Claudius (›Asmus‹)<br />

1740-1815<br />

Der Wandsbecker Bothe<br />

1771-75<br />

Freund Hain


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Freund Hain<br />

's ist das wirklich ein gutes Bild vom Hain; bin aber doch lieber<br />

beim Knochenmann geblieben. [...] Er ist auch so, dünkt mich,<br />

recht schön, und wenn man ihn lange ansieht, wird er zuletzt<br />

ganz freundlich aussehen.


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

›Whatever is, is right!‹<br />

Alexander Pope: Essay on Man (1733/34)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)


G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />

Aufgeklärte Sommerferien!!!

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