XIV. Wie die Alten den Tod gebildet - Literaturwissenschaft-online
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G. E. Lessing: <strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong> (22. 7. 2008)<br />
Johann Gottfried Herder<br />
<strong>Wie</strong> <strong>die</strong> <strong>Alten</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>gebildet</strong>?<br />
Ein Nachtrag zu Lessings Abhandlung<br />
desselben Titels und Inhalts<br />
1774<br />
Schon der Gedanke, m. Fr., ›<strong>Tod</strong> sei <strong>den</strong> Griechen in der Vorstellung<br />
ihrer Kunst nichts als ein Jüngling gewesen, der in ruhiger Stellung mit<br />
gesenktem trübem Blick <strong>die</strong> Fackel des Lebens über dem Leichnam<br />
auslöscht‹ schon <strong>die</strong>ser Gedanke hat so etwas Beruhigendes und Sanftes,<br />
daß wir ihm gleichsam gut wer<strong>den</strong> und uns gern dabei verweilen.<br />
Nicht aber <strong>die</strong> Bequemlichkeit bloß, um derenwillen der Mensch doch<br />
schon viel tut, sondern auch <strong>die</strong> Wahrheit selbst scheint <strong>den</strong> gräßlichen<br />
Bildern zu widersprechen, in <strong>den</strong>en Kinder und Schwache sich so gerne<br />
<strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>den</strong>ken. Wenn unsre Alltagsdichter immer und immer vom<br />
<strong>Tod</strong>eskampf, vom Brechen der Augen, vom Röcheln, Starren, Entsetzen<br />
und Erbeben als vom <strong>Tod</strong>e singen: so ist <strong>die</strong>s Mißbrauch der Sprache:<br />
<strong>den</strong>n nicht <strong>Tod</strong> ist <strong>die</strong>s, sondern Krankheit.