TRENDS - RWD Schlatter AG
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[01]<br />
unterneHmen<br />
Ihre Organisation gibt es seit 1952,<br />
heute zählt sie 2 Mio. Gönner und<br />
Gönnerinnen. Was macht diesen Erfolg<br />
aus?<br />
Ich glaube, es ist die Kombination des<br />
Fliegens und des Rettens aus der Luft.<br />
Dies ist eine sehr attraktive Mischung,<br />
die viele Menschen fasziniert. Vor allem<br />
der Helikopter hat einen speziellen<br />
Nimbus. Er steht in Zusammenhang mit<br />
der Rega für «Swissness». Die Schweizer<br />
haben irgendwie das Gefühl, «der<br />
gehört auch ein bisschen mir».<br />
Es gab aber auch andere Zeiten. Die Pionierzeit<br />
von 1952 bis 1966 der Rega<br />
war von finanziellen Sorgen geprägt.<br />
Damals wurde sehr viel Fronarbeit geleistet,<br />
um Geld zu sparen. Anfang der<br />
60er-Jahre wandte sich die Rega mit<br />
der Bitte um finanzielle Unterstützung<br />
an den Bundesrat, sie wurde jedoch<br />
an die Kantone verwiesen. Da kam die<br />
Idee auf, sich direkt an das Publikum zu<br />
wenden. Von da an ging es aufwärts,<br />
die Gönnerschaft schuf eine sichere finanzielle<br />
Basis.<br />
Wie verhält sich der Markt, haben<br />
Sie Mitbewerber?<br />
Faktisch sind wir gesamtschweizerisch<br />
ohne Konkurrenz. Um zu bestehen,<br />
sind wir aber abhängig von unseren<br />
[01] Walter Stünzi setzt<br />
sich seit Jahren für die<br />
Interessen der Rega ein.<br />
[02] Erfolgreiche Bergung<br />
eines Verletzten.<br />
Gönnern. Für einen Neueinsteiger wäre<br />
es fast unmöglich, eine solche Gönnerschaft<br />
in nützlicher Frist aufzubauen.<br />
Zudem profitieren wir natürlich vom<br />
medialen und öffentlichen Interesse<br />
an unserer Tätigkeit. Sie müssen sich<br />
vorstellen, dass jeder Bericht über eine<br />
erfolgreiche Bergung unsere Sache<br />
unterstützt. Die Leute werden sofort<br />
wieder für das Thema sensibilisiert und<br />
denken über eine Gönnerschaft nach.<br />
Wohin entwickelt sich der Markt?<br />
Die Treue der Gönner hat sich über die<br />
Jahre kaum verändert und ist glücklicherweise<br />
sehr krisenresistent, wenn<br />
nicht sogar gegenläufig. Hingegen ist<br />
unser Merchandising-Bereich etwas<br />
volatiler. Wir kennen unsere Gönner<br />
sehr gut. Bei einer so grossen Zielgruppe<br />
gibt es wenig Ausprägung in<br />
der Altersstruktur. Schwerpunkte bilden<br />
allenfalls die Themen Reisen und<br />
Freizeitaktivitäten. Die Familiengönnerschaften<br />
sind eine gute Grundlage für<br />
den frühen Eintritt junger Erwachsener<br />
als Gönner.<br />
Wir beobachten bei jüngeren Leuten<br />
jedoch eine erhöhte Risikobereitschaft.<br />
Wir fragen uns zum Beispiel, ob Gönner<br />
erhöhte Risiken eingehen, weil sie<br />
Gönner sind, ob sie als Snowboarder<br />
oder Skifahrer gefährlichere Routen<br />
begehen, weil sie im Hinterkopf die<br />
Idee haben: «Wenn es nicht mehr weitergeht,<br />
ruf ich halt die Rega …». Das<br />
ist natürlich eine falsche Erwartungshaltung.<br />
Sie betreiben Neukundengewinnung<br />
via Direct Mailing? Ist das heute<br />
noch bezahlbar?<br />
Rein statistisch verlieren wir ca. 20‘000<br />
Gönner auf natürliche Weise durch Todesfall.<br />
Wenn die Gönnergemeinde<br />
wachsen soll, müssen diese zuerst<br />
ersetzt werden. Seit 1991 haben wir<br />
unseren Beitrag von CHF 30.– nicht<br />
verändert.<br />
Unser Bekanntheitsgrad liegt bei über<br />
90%. Direktmarketing ist für uns immer<br />
noch das erfolgreichste Mittel. Auf<br />
adressierte Mailings an Nichtgönner<br />
erhalten wir bis zu 4.5% Response und<br />
danach bleibt ein Gönner im Durchschnitt<br />
12 Jahre lang treu. Unser Mailing<br />
kann sehr bescheiden aussehen,<br />
da unsere Marke so attraktiv und stark<br />
ist.<br />
Welche anderen wichtigen Kanäle<br />
nutzen Sie? Und mit welchem Erfolg?<br />
Das Internet ist für die Ansprache von<br />
jungen Leuten sehr attraktiv und spon-<br />
tan. Über das Portal auf unserer Website<br />
können wir jährlich 20‘000 neue<br />
Gönnerinnen und Gönner gewinnen.<br />
PR-Arbeit ist für uns nach wie vor sehr<br />
wichtig, da die Gönnerschaft auf Gedeih<br />
und Verderb vom guten Image<br />
abhängt. Jede Rettung, die in den Medien<br />
dokumentiert wird, ist für uns die<br />
beste Werbung.<br />
Welchen Stellenwert haben Innovationen<br />
und wer ist dafür zuständig?<br />
Im technischen Bereich gibt es immer<br />
wieder Innovationen. Sowohl unsere<br />
Ärzte, Techniker und Piloten sind<br />
sehr innovativ und finden immer wieder<br />
Wege, Abläufe zu optimieren und<br />
Zeit einzusparen. Vor allem auch in der<br />
Kommunikationstechnik konnten wir<br />
wesentliche Fortschritte erzielen. Das<br />
Produkt «Gönnerschaft» an sich ist<br />
grundsätzlich immer gleich geblieben.<br />
Die Gönner zahlen freiwillig ihren Beitrag.<br />
Dafür erwarten sie den entsprechenden<br />
Gegenwert, wenn nicht für<br />
sie, so doch für andere. Für uns heisst<br />
das: «Never change a winning horse.»<br />
Betreiben Sie CRM? Wenn ja, wie<br />
und was sind Ihre Erfahrungen?<br />
Um mit den Kunden regelmässig in<br />
Kontakt zu bleiben, geben wir zweimal<br />
jährlich ein Magazin in drei Sprachen<br />
unterneHmen<br />
18 | <strong>TRENDS</strong> <strong>TRENDS</strong> | 19<br />
[02]<br />
heraus, das in einer Auflage von 1.5<br />
Mio. verschickt wird. So kommunizieren<br />
wir sehr direkt und persönlich mit<br />
unseren Gönnern. Ansonsten sind wir<br />
sehr stolz auf unsere starke Kundentreue.<br />
Wir nehmen im Jahr über CHF<br />
70 Mio. an Gönnergeldern ein. Grossspender<br />
betreuen wir zusätzlich speziell<br />
mit Einzelanlässen. Es handelt sich<br />
dabei um Personen, die Beträge von<br />
mehr als CHF 1‘000 gespendet haben.<br />
Wir besuchen dann zusammen die<br />
Rega, z.B. eine Basis im Gebirge, und<br />
verbinden das mit einem Ausflug. Dies<br />
kommt bei den Grossspendern sehr<br />
gut an.<br />
Wie gehen Sie mit der «Generation<br />
Google» um?<br />
Wir vertreiben einen elektronischen<br />
Newsletter, der dreimal jährlich erscheint.<br />
Innert zweier Jahre haben<br />
40‘000 Gönner diesen Letter abonniert.<br />
Ausserdem betreiben wir einen<br />
Shop im Internet und einen FAQ-Katalog,<br />
der die häufigsten Fragen beantwortet.<br />
Wir bieten auch Webpostkarten<br />
an, mit schönen Aufnahmen<br />
der Helikop ter und Flugzeuge, sowie<br />
Spiele auf dem Internet. Das Positive<br />
am Internet ist sicher die permanente<br />
Verfügbarkeit von wertvollen Informationen<br />
und Hilfsnummern.<br />
Was sind die Trends in Ihrer Branche?<br />
Viele Versicherer bieten Deckungen<br />
an, die Einsatzkosten der Rega zum<br />
Teil einschliessen. Die Versicherungsleistungen<br />
umfassen zwar die direkten<br />
Einsatzkosten, aber nicht die hohen<br />
Kosten der Stand- und Wartezeiten<br />
der Besatzungen. Hier ist noch Erklärungsbedarf.<br />
Ich glaube aber, solange<br />
das Image stimmt und das Vertrauen<br />
der Gönner durch erfolgreiche Einsätze<br />
immer wieder belohnt wird, bleibt die<br />
Rega erfolgreich und im Trend.