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ESU - die neue Einschulungsuntersuchung - VBE Baden-Württemberg

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Verband Bildung und Erziehung<br />

Landesbezirk Südbaden des<br />

<strong>VBE</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

<strong>ESU</strong> - <strong>die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Einschulungsuntersuchung</strong><br />

Josef Klein<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

im Landesbezirk Südbaden<br />

des <strong>VBE</strong> <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong><br />

Im Laufe des Jahres 2008 wurde für Schulanfänger eine <strong>neue</strong> <strong>Einschulungsuntersuchung</strong> (<strong>ESU</strong>)<br />

eingeführt. Die gesetzlichen Maßnahmen sind getroffen, 340 Mitarbeiter des öffentlichen<br />

Gesundheits<strong>die</strong>nstes sind geschult, und nun stehen wir gleich am Anfang vor einer vertrackten<br />

Situation: Die <strong>neue</strong>n Schulanfänger des Jahres 2009/10 werden im 1. Halbjahr 2009 nach<br />

bisherigem Verfahren auf ihre gesundheitliche Schultauglichkeit untersucht. Zeitgleich sind in den<br />

Kindergärten <strong>die</strong> Schulanfänger des Jahres 2010/11 an der Reihe. Engpässe sind vorprogrammiert.<br />

Warum etwas Neues?<br />

Frühzeitiges Erkennen eines Förderbedarfes trägt zur gesunden Entwicklung unserer Kinder bei!<br />

Die Grundlagen für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung unserer Kinder werden<br />

gerade auch in den ersten Lebensjahren gelegt. Mit Sorge betrachten <strong>die</strong> Gesundheitsämter<br />

Berichte über gesundheitliche Risikofaktoren, <strong>die</strong> bereits bei Kindern im Vorschulalter bestehen und<br />

<strong>die</strong> Sie bei der täglichen Arbeit auch selbst beobachten. Bei bis zu 30% der Kinder eines<br />

Einschulungsjahrganges werden bei der bisherigen Form der <strong>Einschulungsuntersuchung</strong>, <strong>die</strong> kurz<br />

vor der Einschulung stattfindet, Befunde mit einem erhöhten Beratungsbedarf bei den<br />

Erziehungsberechtigten sowie mit Entwicklungsdefiziten bis hin zu ärztlicher<br />

Behandlungsbedürftigkeit festgestellt. Etwa 5-6% der Kinder werden daher in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

vom Schulbesuch zurückgestellt. Hauptsächliches Anliegen der neu konzipierten<br />

„<strong>Einschulungsuntersuchung</strong>“ ist das rechtzeitige Erkennen des individuellen Förderbedarfes,<br />

um den Kindern einen möglichst reibungslosen Start ins Schulleben zu ermöglichen.


Die neu konzipierte <strong>Einschulungsuntersuchung</strong> wird daher in 2 Schritten durchgeführt.<br />

Der erste Schritt der Untersuchung wird in das vorletzte Kindergartenjahr vorgezogen, so dass<br />

bei Bedarf noch genügend Zeit für eine gezielte Förderung bis zur Einschulung zur Verfügung<br />

steht. Bei <strong>die</strong>sem ersten Schritt der <strong>Einschulungsuntersuchung</strong> werden alle Kinder nach einem<br />

standardisierten Untersuchungsprogramm durch <strong>die</strong> Sozial Medizinischen Assistentinnen<br />

untersucht. Bei Bedarf erfolgt eine weitergehende Untersuchung durch <strong>die</strong> Schulärztinnen und<br />

Schulärzte, <strong>die</strong> auch einen Sprachstandstest einschließt. Zentraler Bestandteil des „ersten<br />

Schrittes“ sind ein Eltern- sowie ein Erzieherinnenfragebogen zum Entwicklungsstand des<br />

Kindes. Ziel <strong>die</strong>ses ersten Schrittes ist es also, Zeit zu gewinnen, um im verbleibenden Zeitraum<br />

bis zur Einschulung besser fördern zu können.<br />

Soweit bei Betrachtung der vorliegenden Ergebnisse aus „Schritt 1“ und Berücksichtigung der<br />

Einschätzung der Kooperationslehrer sowie einer Aktualisierung des Erzieherinnenfragebogens<br />

notwendig, wird bei einem kleineren Teil der Kinder nochmals eine schulärztliche Untersuchung<br />

zur aktuellen Schulfähigkeit etwa 3 Monate vor dem Einschulungstermin stattfinden (2. Schritt<br />

der <strong>Einschulungsuntersuchung</strong>). Untersucht werden auch Kinder, <strong>die</strong> keine Einrichtung<br />

besuchen oder besucht haben.<br />

Wer hat welche <strong>neue</strong>n Aufgaben?<br />

Bei Schritt 1 fallen den nachfolgend Genannten folgende Aufgaben zu:<br />

Eltern<br />

erklären das Einverständnis<br />

für <strong>die</strong> Befragung durch <strong>die</strong> Erzieher/innen<br />

für den Informationsaustausch mit Erzieher/-in und<br />

Lehrkräften am “Runden Tisch“ und legen bereit:<br />

das Impfbuch<br />

das gelbe Früherkennungsheft<br />

den Elternfragebogen<br />

Med. Assistentin des Gesundheitsamtes<br />

führt bei allen Kindern ein Screening durch<br />

Sehen und Hören<br />

Körpergröße und Körpergewicht<br />

Sprache<br />

Motorik<br />

Schreibentwicklung<br />

Mengenerfassung<br />

Verhalten<br />

bespricht alle Ergebnisse mit dem Arzt/der Ärztin<br />

des Gesundheitsamtes<br />

Erzieher/-innen<br />

füllen den Fragebogen zur kindlichen Entwicklung<br />

aus, wenn <strong>die</strong> Eltern einverstanden sind. Der<br />

Fragebogen setzt sich zusammen aus:<br />

den vali<strong>die</strong>rten Grenzsteinen der Entwicklung<br />

Fragen zur „Hyperaktivität“<br />

Arzt/ Ärztin des Gesundheitsamtes<br />

bewertet bei allen Kindern <strong>die</strong> Untersuchungsergebnisse<br />

und Dokumente<br />

gibt jedem Kind einen Bericht und einen<br />

Elternratgeber<br />

entscheidet über weitere Untersuchungen<br />

führt weitere Untersuchungen problemorientiert<br />

durch<br />

führt bei im Sprach-Screening auffälligen Kindern<br />

den SETK3-5 durch<br />

berät <strong>die</strong> Eltern über Fördermaßnahmen<br />

bespricht <strong>die</strong> Untersuchungsergebnisse mit dem<br />

„Runden Tisch“


Bei Schritt 2 (3 Monate vor Einschulungstermin) fallen den nachfolgend Genannten folgende<br />

Aufgaben zu:<br />

Erzieher/-innen<br />

aktualisieren den Fragebogen zur kindlichen<br />

Entwicklung, wenn <strong>die</strong> Eltern einverstanden sind. Der<br />

Fragebogen setzt sich zusammen aus:<br />

den vali<strong>die</strong>rten Grenzsteinen der Entwicklung<br />

Fragen zur „Hyperaktivität“<br />

Kooperationslehrer/-innen<br />

empfehlen <strong>die</strong> schulärztliche Untersuchung bei den<br />

Kindern, deren Schulfähigkeit gefährdet erscheint<br />

und <strong>die</strong> in Schritt 1 nicht auffällig waren.<br />

Verfahrensschritte<br />

Arzt/<strong>die</strong> Ärztin des Gesundheitsamtes<br />

wertet den Erzieherinnenfragebogen und <strong>die</strong><br />

Rückmeldung der Kooperationslehrer/-innen aus<br />

begutachtet bei allen Kindern aus schulärztlicher<br />

Sicht <strong>die</strong> Schulfähigkeit<br />

entscheidet über weitere Untersuchungen<br />

führt weitere Untersuchungen problemorientiert<br />

durch bei<br />

• ausgewählten Kindern aus Schritt 1<br />

• Kindern mit erstmals ungünstiger<br />

Entwicklung im letzten Kindergartenjahr<br />

• Kindern ohne Kindergartenbesuch<br />

berät <strong>die</strong> Eltern ausführlich<br />

erstellt einen Bericht für<br />

• <strong>die</strong> Eltern<br />

• <strong>die</strong> Schule<br />

• den Kindergarten<br />

• den Kinder-/Hausarzt<br />

15 - 24 Monate vor der Einschulung:<br />

Basisuntersuchung durch eine medizinische Assistentin (nach Schritt 1 s.o.)<br />

Bei Auffälligkeiten Nachuntersuchung durch einen Schularzt. Dies kann auch <strong>die</strong><br />

verbindliche Sprachstandsdiagnose des MKS sein<br />

3 Monate vor Einschulungstermin.<br />

Ärztliche Bewertung der Schulfähigkeit des Kindes<br />

Befundweitergabe mit Einwilligung des/der Erziehungsberechtigten an <strong>die</strong><br />

Kindergartenleitung zur Erstellung eines individuellen Förderplans<br />

Kritik des <strong>neue</strong>n Verfahrens<br />

Während das Sozialministerium <strong>die</strong> <strong>neue</strong>n Maßnahmen befürwortet, steht es einer ziemlich<br />

geschlossenen Front von Kritikern gegenüber. Der Gesamtelternbeirat Stuttgart rät Eltern, <strong>die</strong><br />

Fragebögen nicht auszufüllen und ihr Einverständnis zu den Untersuchungen zu versagen, weil <strong>die</strong><br />

Richtlinie so viele Mängel aufweise. Die evangelischen und katholischen Kirchen halten <strong>die</strong> Tests<br />

für wenig praxistauglich. Auch der Gemeindetag ist skeptisch, wenn es um "das gläserne Kind"<br />

geht. Es gebe zahlreiche Hinweise, dass mit der Vorverlegung der Untersuchungen nicht erreicht


werde, dass <strong>die</strong> Kinder früher und besser gefördert werden. Die Fragebogen sind den Grünen wie<br />

den kirchlichen und kommunalen Trägern von Kindertagesstätten nach wie vor ein Dorn im Auge.<br />

Zu viele Daten würden erhoben, zu unsicher sei, was damit passieren solle. Wenigstens auf <strong>die</strong><br />

Elternfragebogen sollte verzichtet werden, verlangen <strong>die</strong> Kritiker und schlagen stattdessen<br />

Gespräche vor. Auch der Landeselternbeirat ist über das Fragebogen-Verfahren nicht glücklich. Die<br />

Vorsitzende Christiane Staab: „Wir brauchen Antworten statt Fragen.“<br />

Stellungnahme des <strong>VBE</strong><br />

Immer wieder müssen wir feststellen, dass Schulpolitik nach dem Motto gemacht wird: Kleine<br />

Kinder - wenig Ausgaben, große Kinder - mehr Ausgaben. Auch hier scheint <strong>die</strong>ses Prinzip<br />

angewandt, denn eines bleibt sicher: viele Kinder, <strong>die</strong> eingeschult werden wird der Schularzt gar<br />

nicht mehr sehen. Und wenn von Förderung <strong>die</strong> Rede ist, dann müssten eigentlich gleichzeitig<br />

Förder- und Finanzierungskonzepte auf den Tisch. Doch <strong>die</strong>se sucht man vergebens.<br />

Ob es sinnvoll ist, das gesamte Verfahren zum Kindergarten hin zu delegieren, bleibt<br />

abzuwarten. In den Köpfen der Eltern steht Kindergarten für Freiwilligkeit, Schule für<br />

Verbindlichkeit. Und auch den Kindergärten täte eine psychologische Stärkung durch <strong>die</strong> Schule im<br />

Hintergrund gut. Inwieweit bei der Anmeldung zur Einschulung der Kontakt Schulleitung -<br />

Gesundheitsamt funktionieren wird, bleibt abzuwarten.<br />

Den Erzieherinnen wird durch das <strong>neue</strong> Verfahren mehr Zeit abverlangt, Zeit, <strong>die</strong> für <strong>die</strong><br />

Arbeit am Kind fehlt, denn niemand möge glauben, dass durch <strong>die</strong> <strong>neue</strong>n Anforderungen auch <strong>die</strong><br />

notwendigen Stellen geschaffen werden. Wir erkennen im gesamten Schulwesen wie auch hier eine<br />

Tendenz, aufwändige Verfahren einzuführen, <strong>die</strong> mangels finanzieller Unterfütterung fast<br />

ausschließlich dazu führen, dass mehr beschriebenes Papier produziert wird. Sparen ist in den<br />

öffentlichen Haushalten angesagt und deshalb wird neben zusätzlichen Papierkram nicht das<br />

notwendig Effektive bei <strong>die</strong>sem <strong>neue</strong>n Verfahren herauskommen.<br />

Die Zerfledderung der Zuständigkeiten fordert zu weiterer Kritik heraus. Neben Kultus-,<br />

Sozial- und Gesundheitsministerium kommt als <strong>neue</strong>r „Partner“ für <strong>die</strong> Erzieherinnen das<br />

Innenministerium hinzu, das für <strong>die</strong> Arbeitszeit der Erzieherinnen über <strong>die</strong> Träger der Einrichtung<br />

zuständig ist. Man bedenke: ein Kind - vier Ministerien!<br />

Der <strong>VBE</strong> begrüßt jede Maßnahme, <strong>die</strong> zur Verbesserung der Einstiegschancen für<br />

Schulanfänger ergriffen wird. Es muss aber der feste Wille erkennbar sein, dass tatsächlich eine<br />

Verbesserung erreicht werden kann. Halbherzigkeiten können und wird der <strong>VBE</strong> nicht unterstützen.<br />

Für eine bessere Schule:

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