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EPPENDORFER<br />

Zeitung für Psychiatrie<br />

<strong>Ausgabe</strong> 5 / <strong>2010</strong> Jahrgang 25 / 25 C 42725 2,50 Euro<br />

KLINIKEN SUCHT Bücher<br />

Erneuerung Gewaltpotential Erinnerungshilfe<br />

Baulich geht es voran in<br />

Hamburg: Mit der Einweihung<br />

von Haus 17 sowie 3 und 4<br />

setzte die Asklepios Klinik<br />

Nord einen Schlusspunkt unter<br />

eine Zeit der Umstrukturierung<br />

und Umzüge. An der Universitätsklinik<br />

Hamburg-Eppendorf<br />

wurde der Grundstein für einen<br />

Psychiatrie-Neubau gelegt, in<br />

Wilhelmsburg eine Tagesklinik<br />

eingeweiht. Seiten 7 & 8<br />

Sorge um<br />

Besuchskommission listet Folgen von Personalnot auf<br />

Der bedenkliche Zusammenhang<br />

von jugendlichem Alkoholmissbrauch<br />

und Gewalt war ein Thema<br />

im Rahmen einer Hamburger<br />

Fachtagung zum Rauschtrinken.<br />

So wurde ein Befragungsergebnis<br />

präsentiert, wonach 90 Prozent der<br />

an einer Schlägerei beteiligten Jugendlichen<br />

vorher Alkohol getrunken<br />

hatten. Zudem wurden<br />

Präventionsmethoden aufgezeigt.<br />

Seite 13<br />

Bremer Psychiatrie<br />

Die gemäß Bremer PsychKG (Gesetz<br />

über Hilfen und Schutzmaßnahmen<br />

bei psychischen<br />

Krankheiten) prüfende Besuchskommission<br />

beurteilte die Personalsituation<br />

„in etlichen Bereichen<br />

der psychiatrischen Versorgung als<br />

unbefriedigend”.<br />

BREMEN (hin). Als Folgen von Personalmangel<br />

zählt der aktuelle Bericht<br />

der Kommission in seinem Fazit auf:<br />

Wegfall begleiteter Ausgänge und von<br />

Zuwendung bei Fixierungen sowie bei<br />

eskalierenden Situationen, keine Bezugspflege<br />

und Freiheitseinschränkungen,<br />

weil v.a.Aufnahmestationen immer<br />

geschlossen gehalten würden. Und auch<br />

Videoüberwachung und große Stationen<br />

seien „nicht gerade förderlich für das therapeutische<br />

Milieu“. Außerdem würden<br />

anstelle „menschlicher Zuwendung vermehrt<br />

Medikamente gegeben“. Vor diesem<br />

Hintergrund bestehe die Gefahr, dass<br />

psychiatrische Versorgung „in Verwahrung<br />

kippt“. Trotz Nachfragen erhielt die<br />

Kommission, die meist unangemeldet<br />

kam, keine Antworten auf Fragen nach<br />

SCHLESWIG (ut/rd). Seit Jahren<br />

wird über die bauliche Zukunft der<br />

Akutklinik sowie von weiten Teilen<br />

der psychiatrischen Kliniken in<br />

Schleswig gerätselt. Jüngst stellte die<br />

Damp Holding AG nun seine Neubaupläne<br />

vor. Insgesamt beläuft sich<br />

das Investitionsvolumen für drei<br />

Bauprojekte auf 111,5 Millionen<br />

Euro. Gemäß Krankenhausfinanzierungsgesetz<br />

seien 100 Millionen<br />

Euro förderfähig durch das Land<br />

Schleswig-Holstein, es gebe bislang<br />

aber nur eine Zusage über fünf Millionen<br />

Euro, erklärte jüngst, kurz vor<br />

seinem Tod (s. Seite 5), der Vorstandsvorsitzende<br />

Torben Freund.<br />

Umsetzung der Psychiatrie-Personalverordnung,<br />

weshalb sich der Eindruck aufdränge,<br />

diese werde nicht umgesetzt.<br />

Kritik wurde im einzelnen insbesondere<br />

an einer Bremerhavener Klinik sowie<br />

einzelnen Stationen des Klinikums<br />

Bremen-Ost gGmbH geäußert. Keine<br />

Angaben werden über die 2008 besuchte<br />

AMEOS Klinikum Dr. Heines gemacht.<br />

Näher erläutert wird das neuartige Konzept<br />

der Behandlungszentren des Klinikums<br />

Bremen-Nord, Hinweise auf<br />

Probleme habe es dort nicht gegeben.<br />

Grundsätzliche bzw. gravierende Mängel<br />

bei der Wahrung der Rechte und derAufgabenerfüllung<br />

wurden in dem Bericht<br />

für 2008 bis Februar <strong>2010</strong> auch nicht<br />

festgestellt, heißt es vorangestellt, wohl<br />

aber eben organisatorische/personelle<br />

Mengel. Dem Personal wird eine Patientenversorgung<br />

„mit Mühe und Sorgfalt“<br />

attestiert. Die Patienten zeigten mehr<br />

Selbstbewusstsein, auf Probleme hinzuweisen<br />

und Rechte einzufordern.<br />

Im Klinikum Bremerhaven-Reinikenheide<br />

gGmbH wurde häufige Überbelegung<br />

mit der Folge von Flurbetten sowie<br />

personelle Engpässe und mehrer unbesetzteArztstellen<br />

festgestellt. Allerdings<br />

Was wird aus Schleswig?<br />

Damp plant Großinvestition und kommt Land entgegen<br />

Die Damp Gruppe wolle dem Land<br />

entgegenkommen: „Wir können uns<br />

vorstellen, 30 Prozent der förderfähigen<br />

Investitionen aus eigener Tasche<br />

zu bezahlen“, sagte Freund. Sollte<br />

sich das Land zurückziehen, wolle er<br />

nicht ausschließen, dass das Schlei-<br />

Klinikum sein medizinisches Spektrum<br />

reduzieren muss. Das<br />

Martin-Luther-Krankenhaus (MLK)<br />

sei unter den derzeitigen baulichen<br />

Gegebenheiten langfristig nicht wirtschaftlich<br />

zu führen. Dr. Walter Wübben,<br />

Aufsichtsratsvorsitzender der<br />

Damp Holding AG, hatte jüngst<br />

überraschend erklärt: „Die Haupteigentümerin<br />

der Damp Holding AG,<br />

wird hier auf die derzeitige Umsetzung<br />

eines Modernisierungskonzeptes verwiesen.<br />

Eine suchtpsychiatrische Aufnahmestation<br />

am Klinikum Bremen-Ost wurde<br />

wegen Patientenbeschwerden mehrfach<br />

besucht. Beklagt wurde: Wegfall therapeutischerAngebote,<br />

mangelnde Betreuungskontinuität<br />

und große Unruhe in der<br />

„überfüllt” wirkenden Station. „Seitens<br />

der BK wurde in Frage gestellt, ob überhaupt<br />

noch von einer qualifizierten Entzugsbehandlung<br />

gesprochen werden<br />

kann“, heißt es. Nach einem Schreiben an<br />

die Geschäftsführung wurde bei einem<br />

weiteren Besuch eine Verbesserung festgestellt.<br />

Einen „bedrückenden, trostlosen<br />

Eindruck” gewann die Kommission auf<br />

der Station 2B der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

in Bremen-Ost.Abgesehen<br />

von einem schlechten baulichen<br />

Zustand seien Jugendliche, die fixiert<br />

werden mussten, aus Personalmangel<br />

nicht von einer Sitzwache begleitet<br />

worden. Die Geschäftsführung habe inzwischen<br />

mitgeteilt, dass bauliche<br />

Maßnahmen in Angriff genommen<br />

wurden und Fixierungen nun stets unter<br />

Begleitung stattfinden. s.a. S. 2<br />

Animation des geplanten Neubaus für<br />

die Kinder- und Jugendpsychiatrie in<br />

Schleswig.<br />

die R&W GmbH, plant die Aufnahme<br />

eines strategischen Partners,<br />

der mit seiner finanziellen Stärke die<br />

weitere Expansion der Gruppe unterstützen<br />

kann“. Seite 9<br />

Bunt und laut ging es am<br />

20. April in Eutin zu, als<br />

dort ca. 900 Menschen mit<br />

und ohne Behinderungen, teils aus<br />

dem ganzen Bundesland angereist,<br />

gegen die Kündigung des Landesrahmenvertrages<br />

für die Eingliederungshilfe<br />

durch den Landkreistag<br />

protestierten.<br />

Vor dem Hintergrund einer drohenden<br />

Kürzung der Gelder um 20<br />

Mit demenzkranken Menschen<br />

ins Gespräch zu kommen ist oft<br />

nicht einfach. Ein spielerisches<br />

Hilfsmittel entwickelte jetzt der<br />

Kommunikationsdesigner Henrik<br />

Haase. Er schuf ein Set aus 25<br />

mit Bildern versehenen Karten,<br />

einem Notizheft und einem kleinen<br />

Heft zum Gebrauch, um<br />

Menschen mit Demenz das Erzählen<br />

ihrer Lebensgeschichte zu<br />

erleichtern. Seite 17<br />

Eindrucksvoller Protestzug in Eutin. Foto: Dreckmann<br />

Protest mit Folgen<br />

Prozent wurde auf die Verschlechterung<br />

der Versorgung und Gehaltskürzungen<br />

hingewiesen, die<br />

dies zur Folge haben würde. Zwei<br />

Tage nach dem vom Geschäftsführer<br />

der Ostholsteiner Behindertenhilfe,<br />

Reinhard Ehmke-Sohns,<br />

organisierten Protest zeichnete sich<br />

iim Sozialausschuss des Landes<br />

ein Moratorium ab. Bericht und<br />

Kommentar: Seite 5<br />

Hamburgs Psychiatrie<br />

auf der Gewinnerseite<br />

Millionen für Netzwerkförderung<br />

HAMBURG (hin). 2008 war<br />

Hamburg mit seinem Versuch, vom<br />

Bund als Gesundheitsregion der Zukunft<br />

gefördert zu werden, gescheitert.<br />

Im zweiten Anlauf hat es jetzt<br />

doch geklappt: Dr. Georg Schütte,<br />

Staatssekretär des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung<br />

(BMBF), hat die Hansestadt im Rahmen<br />

des Hauptstadtkongresses als<br />

eine von drei „Gesundheitsregionen<br />

der Zukunft“ ausgezeichnet. Das gewinnbringende<br />

Konzept „Netzwerk<br />

psychische Gesundheit“ war auf Ini-<br />

tiative der Handelskammer Hamburg,<br />

in Zusammenarbeit mit dem<br />

Hamburger Senat, und unter Federführung<br />

der Gesundheitswirtschaft<br />

Hamburg GmbH erarbeitet worden.<br />

Für die Projektzeit von vier Jahren<br />

fließen Fördergelder in Höhe von<br />

acht Millionen Euro, die in zehn innovative<br />

Projekte investiert werden<br />

sollen. Zudem haben sich 60 Hamburger<br />

Unternehmen und der Senat<br />

bereit erklärt, zusätzlich weitere ca.<br />

neun Millionen Euro für die Projekte<br />

einzubringen. Seite 2


Seite 2<br />

V E R M I S C H T E S<br />

Freude in der Handelskammer<br />

Wirtschaft, Politik und Medizin knüpfen Netzwerk<br />

HAMBURG (hin). Optimismus in<br />

der Hamburger Handelskammer:<br />

„Freude und Stolz“ bewegte Gesundheitssenator<br />

Dietrich Wersich angesichts<br />

des präsentierten Millionensegens<br />

infolge der Auszeichnung Hamburgs<br />

zur „Gesundheitsregion der Zukunft“<br />

(s. Seite 1). In Hamburg gebe es<br />

riesige Potentiale, aber einen Nachholbedarf<br />

bei Kooperation und Vernetzung<br />

– bei gleichzeitig steigenden Zahlen<br />

von psychisch bedingten Krankentagen,<br />

aber auch erheblichen Wachstumsraten<br />

in der sozialpsychiatrischen<br />

Begleitung. Weg von Institutionen,<br />

Hinwendung zum Betroffenen und<br />

Optimierung der Gesamtbehandlung,<br />

lautet sein Lösungsmotto. Schon vorab<br />

habe es eine große Sogwirkung auf<br />

die Branche gegeben, freute sich auch<br />

Frank Horch, Präses der Handelskammer,<br />

in deren Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft<br />

die Idee zur Wettbe-<br />

IMPRESSUM<br />

Verlagsanschrift:<br />

<strong>Vitanas</strong> GmbH & Co. KGaA<br />

Sozialpsychiatrisches<br />

Centrum Koog-Haus<br />

Zweckbetrieb Eppendorfer<br />

Koogstr. 32<br />

25541 Brunsbüttel<br />

Tel.: (04852) 96 50-0<br />

Fax: (04852) 96 50-65<br />

Email: kooghaus@vitanas.de<br />

Herausgeber: Dr. med.<br />

Dipl.-Psych. Dirk Zeichner<br />

<strong>Vitanas</strong> GmbH & Co. KGaA<br />

Dr. med. Marina Martini, M.Sc.<br />

AMEOS Gruppe (ViSdP)<br />

Internet:<br />

www.eppendorfer.de<br />

www.kooghaus.de<br />

www.vitanas.de<br />

www.ameos.eu<br />

Redaktionsleitung, Organisation,<br />

Gestaltung und Produktion:<br />

Anke Hinrichs (hin)<br />

Redaktionsbüro NORDWORT<br />

Große Brunnenstr. 137<br />

22763 Hamburg<br />

Tel.: 040 / 41358524<br />

Fax: 040 / 41358528<br />

Email: ahhinrichs@aol.com<br />

Mitarbeiter dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />

Sönke Dwenger, Ilse Eichenbrenner,<br />

Petra Eiden (pe), Michael Freitag (frg),<br />

Esther Geißlinger (est), Dr. Verena<br />

Liebers, Jens Riedel (jri),<br />

Dr. Heidrun Riehl-Halen (hrh),<br />

Ute Thomsen (ut),<br />

Petra Zieler (zie)<br />

Fachbeirat:<br />

Dr. Klaus Behrendt (Sucht)<br />

Dr. Charlotte Köttgen<br />

(Kinder- und Jugendpsychiatrie)<br />

Dr. Claus Wächtler<br />

(Gerontopsychiatrie)<br />

Druck: Beig-Verlag, Pinneberg<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste 2009.<br />

Der Eppendorfer erscheint zehnmal<br />

im Jahr und kostet jährlich 30 Euro.<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotos wird<br />

keine Gewähr übernommen.<br />

Männer und Frauen sind gleichberechtigt<br />

– aber Texte müssen auch<br />

lesbar sein. Wegen der besseren Lesbarkeit<br />

hat sich die Redaktion entschieden,<br />

auf die zusätzliche Nutzung<br />

der weiblichen Form zu verzichten.<br />

werbsbeteiligung entstanden sei und<br />

die zu gleichen Teilen wie der Senat<br />

hinter dem Netzwerk steht. Das neue<br />

Konzept rund um psychische Gesundheit<br />

wurde innerhalb von wenigen Monaten<br />

von Dr. Maren Kentgens, Geschäftsführerin<br />

der Gesundheitswirtschaft<br />

Hamburg Gmbh, koordiniert.<br />

Geplant sind fünf Projekte zur krankheitsübergreifenden<br />

Förderung psychischer<br />

Gesundheit, insbesondere durch<br />

Aufklärung und Bildung und mit Blick<br />

auf bessere Früherkennung und -behandlung.<br />

Ferner fünf indikationsspezifische<br />

Gesundheitsnetze mit dem Fokus<br />

auf die Versorgungsstruktur und<br />

deren Effizienz. Begleitend wird das<br />

Ganze beforscht. Ins Netzwerk eingebunden<br />

wurden nicht nur acht Kliniken,<br />

fünf Forschungseinrichtungen<br />

und 20 Verbände, Vereine und Stiftungen<br />

(weitere können sich anschließen),<br />

sondern auch Ärzte- und Psychothera-<br />

„Personalquote<br />

überprüfen!“<br />

Reaktionen auf Bremer Bericht<br />

BREMEN (hin). „Ich glaube nicht,<br />

dass es in Bremen besonders schlecht<br />

ist“, verweist Silke Stroth, Referatsleiterin<br />

beim Bremer Gesundheitssenat<br />

und Mitglied der Besuchskommission,<br />

auf bundesweite Personalprobleme.<br />

Im „Bremen-Ost“ würden<br />

die meisten Patienten der Stadt versorgt,<br />

„daher akkumulieren dort auch<br />

die meisten Probleme“.<br />

Dass sich die personelle Situation<br />

aus ihrer eigenen Sicht jedoch schon<br />

„deutlich verschlechtert“ habe, sei jedoch<br />

oft auch auf Krankenstände, andere<br />

Ausfälle und Wiederbesetzungsprobleme<br />

aufgrund allgemeinen Ärztemangels<br />

zurückzuführen.<br />

Seit Silke Stroth im Amt ist, wird<br />

mehr nachgehakt in Bremen. Es werde<br />

strukturierter nach Wochen- und<br />

Tagesprogramm sowie Personalausstattung<br />

gefragt und geguckt, wie sich<br />

die Patienten aufgehoben fühlen, erläutert<br />

sie. Entsprechend kritischer<br />

fiel offenbar der Bericht aus.<br />

Grundsätzlichen Handlungsbedarf<br />

– etwa hinsichtlich einer von Seiten<br />

der Psychiatrie-Erfahrenen geforderten<br />

Änderung des Psych-KG, das in<br />

Bremen im Juni ausläuft – sieht der<br />

Gesundheitssenat indes nicht, bestätigte<br />

Sprecherin Petra Kodré. Und die<br />

Behebung der festgestellten Mängel,<br />

insbesondere im Personalbereich, liege<br />

in der Autonomie der Kliniken.<br />

„Schön, dass die Besuchskommission<br />

ordentlich hinguckt“, lobt indes<br />

Prof. Peter Kruckenberg, ehemaliger<br />

FACHTAGUNG<br />

Innovative Psychiatrieprojekte<br />

beleuchtet S. 6<br />

KLINIKEN<br />

Michael Dieckmann über den<br />

Zukunftskurs von AMEOS S. 7<br />

MIGRATION<br />

Transkulturelle Psychiatrie<br />

im „Ghetto“ S. 9<br />

AUS DEM INHALT<br />

peutenkammer sowie die Landesverbände<br />

der Betroffenen und Angehörigen.<br />

Ferner sind sieben Krankenkassen<br />

und 14 Unternehmen mit im Boot –<br />

von Lilly bis zu H&M. Letztere Firma<br />

profitiert im Gegenzug durch Hilfen<br />

für ein betriebliches Management für<br />

psychische Gesundheit. Federführend<br />

am Konzept und Erfolg beteiligt sind<br />

auch Dr. Martin Lambert und Prof.<br />

Martin Härter sowie auch Prof. Thomas<br />

Bock von der Universitätsklinik<br />

Hamburg-Eppendorf. Lambert hob<br />

insbesondere auf das Projekt eines Internetportals<br />

zur Therapiesuche und<br />

Information ab. Er denkt dabei, wie er<br />

sagte, auch an eine Einbeziehung telemedizinischer<br />

Komponenten – Arzt-<br />

Patienten-Kontakte über Skype nach<br />

australischem Vorbild. Das Konzept<br />

wird demnächst unter www.gwhh.de<br />

veröffentlicht. Los geht es erst ab<br />

Herbst/Winter.<br />

Ärztlicher Direktor am Klinikum<br />

Bremen-Ost den Bericht. Ihn ärgert,<br />

dass es immer noch keine transparente<br />

Überprüfung der Psychiatrie-Personalverordnung<br />

(Psych-PV) gibt. Bundesweit<br />

sei mittlerweile insgesamt<br />

von einer Umsetzung von circa 80<br />

Prozent auszugehen.<br />

Einen Personalabbau, der in „heimlicher<br />

Kooperation“ von Kassen und<br />

Klinikleitungen erfolgt sei, kritisiert<br />

der Mitgestalter der Psych-PV. Und<br />

der regional sehr verschieden aussehe.<br />

Teils würden Kassen 100 Prozent<br />

finanzieren, Träger dies aber nicht<br />

umsetzen. Doch gebe es auch Orte,<br />

wo Kassen nur 80 Prozent finanzieren,<br />

die Träger dennoch für vollständige<br />

Umsetzung sorgten oder wie z.B.<br />

in Südwürttemberg Schiedsstellen für<br />

eine 100-prozentige Finanzierung<br />

einschalteten.<br />

Kruckenberg fordert eine gesetzliche<br />

Regelung zur Kontrolle der Umsetzung<br />

mit Sanktionsmöglichkeiten<br />

und Berichten an Land und Bund.<br />

Dies auch vor dem Hintergrund, dass<br />

das neue Entgeltsystem auf „bisherigem<br />

aufsetze“ und ansonsten drohe,<br />

dass ein schlechter Standard fortgeschrieben<br />

werde, so Kruckenberg, der<br />

im übrigen eine zunehmende Zweiklassenpsychiatrie<br />

bemängelt: mit Spezialstationen<br />

auf der einen Seite, die<br />

mit weniger akut Kranken und weniger<br />

personalintensiven Angeboten<br />

profitabler seien, und unterausgestatteten<br />

Akutstationen auf der anderen.<br />

NIEDERSACHSEN<br />

Interview zum Thema<br />

Zwangsbehandlung S. 12<br />

PFLEGE<br />

Prof. Klaus Dörner zu Gast<br />

bei Heimvertretern S. 14<br />

GERONTOPSYCHIATRIE<br />

Dementia-Care-Mapping – auch<br />

in Akutkliniken S. 15<br />

Zwanzig Jahre deutsche<br />

Einheit – und auch Berlin<br />

ist endlich eine ungeteilte<br />

Stadt. In diesen schönsten Tagen<br />

des Jahres, unter einem kondensatfreien,<br />

nahtlos-blauen Aprilhimmel,<br />

chillt die junge Generation am<br />

Rande der Spree, vor allem auf den<br />

Liegestühlen der vielen Strandbars.<br />

Drumherum suchen auch<br />

zwanzig Jahre nach dem Fall vor<br />

allem die Touristen aus Asien die<br />

Berliner Mauer, und finden vielleicht<br />

die Berliner im Mauerpark,<br />

wo sie sich an den Wochenenden<br />

beim Karaoke amüsieren. Sie sind<br />

also vernäht, geklammert und verheilt,<br />

die alten Wunden. Am 8. Mai<br />

wird das Gelände des Flughafens<br />

Tempelhof geöffnet,<br />

und wo einst<br />

die Rosinenbomber<br />

der alliierten<br />

Luftbrücke landeten,<br />

wird die größte<br />

innerstädtische<br />

Wiese Europas mit ihren knapp<br />

vier Quadratkilometern dem Publikum<br />

freigegeben. Soll man nun im<br />

Tempelhofer Feld nachts die Tore<br />

schließen oder nicht? Mit Spannung<br />

warten wir alle auf den ersten<br />

ausgedehnten Spaziergang durch<br />

unseren sagenhaften Central Park:<br />

Zelten und campen verboten, auch<br />

das Mitführen von Hieb- und<br />

Stichwaffen ist untersagt. Man<br />

muss schon an die Ränder der<br />

Großstadt fahren, um noch ein wenig<br />

Hauen und Stechen mitzukriegen.<br />

Es geht um den Zugang zu<br />

den Ufern des Griebnitzsees und<br />

des Glienicker Sees, die zu Kampfhandlungen<br />

führen. An diesen beiden<br />

Seen konnte man auf einem<br />

Uferweg wunderschöne Spaziergänge<br />

machen; der Panoramaweg<br />

vom S-Bahnhof Nikolassee am<br />

Griebnitzsee entlang nach Babelsberg,<br />

knapp vorbei am Klinikum<br />

Ernst-von-Bergmann, war viele<br />

Jahre lang mein absoluter Favorit.<br />

Doch damit ist es jetzt aus. Die Besitzer<br />

der Ufergrundstücke konnten<br />

juristisch durchsetzen, dass der<br />

ehemalige Weg der Grenzposten<br />

Teil ihres Privatbesitzes ist, und<br />

„keinem naturschutzrechtlichen<br />

Betretungsrecht für die Allgemeinheit“<br />

unterliegt. Mit Hecken, Zäunen,<br />

Verbotsschildern und Flatterbändern<br />

wird den Joggern und<br />

Radfahrern (und mir) nun der<br />

Durchgang verwehrt. Aufgebrachte<br />

Bürger demonstrieren und fordern<br />

Transit. Mitarbeiter einer Security-Firma<br />

bezogen Posten – es<br />

soll schon zu ersten Schubsern gekommen<br />

sein. Potsdams Bürger-<br />

● EPPENDORFER 5 / <strong>2010</strong><br />

Brief aus der Hauptstadt<br />

Zentrum der Macht: Der Reichstag in Berlin.<br />

Berliner<br />

Freiflächen<br />

meister Jann Jakobs ist schuld: Er<br />

hatte das Vorkaufsrecht der Stadt<br />

ungenutzt verstreichen lassen und<br />

zeigt sich nun schockiert, dass das<br />

Recht auf Privateigentum Vorrang<br />

vor den Interessen der Allgemeinheit<br />

haben soll. Hallo??? Hat er<br />

vielleicht das Ende der DDR verpennt?<br />

Wenn Sie bis jetzt gedacht oder<br />

gehofft haben, diese Berlin-Kolumne<br />

komme ohne die Treberhilfe<br />

aus, dann haben Sie sich getäuscht.<br />

Ich auch. Aber allmählich<br />

schwant mir, dass das Ende dieses<br />

Fortsetzungsromans – Happy End<br />

oder Fiasko – noch lange nicht abzusehen<br />

ist. Denn die Affäre dauert<br />

an, und wuchert nach allen Seiten.<br />

Nicht nur<br />

die Berliner<br />

Blätter berichten<br />

fast täglich,<br />

sondern<br />

auch bundesweitvertriebene<br />

Publikationen. Kürzlich haben<br />

die Mitarbeiter der Treberhilfe vor<br />

dem Roten Rathaus demonstriert,<br />

woraufhin ein Projektleiter schnurstracks<br />

fristlos gekündigt wurde.<br />

Neuköllns beliebt-berüchtigter<br />

Bürgermeister Buschkowsky<br />

schlägt vor, dass zukünftig jeder<br />

Bezirk in eigener Regie die Leistungen<br />

ausschreiben und die Entgelte<br />

aushandeln sollte. Mir wird<br />

ganz schlecht, wenn ich an die europaweiten<br />

Ausschreibungen denke.<br />

Und irgendwie kommt mir das<br />

bekannt vor. Ach ja: „Europaweiter<br />

Wettbewerb hieß jetzt die Devise.<br />

Der Markt für Betreuungsvereine<br />

und Pflegedienste wurde geöffnet.<br />

Bewerbungen aus allen EU-<br />

Staaten machten uns das Leben<br />

schwer.“ Diese drei Sätze stammen<br />

aus meiner 2001 im Psychiatrie-<br />

Verlag erschienenen Social Fiction<br />

„Alles wird gut“. Ich weiß, manchmal<br />

geht meine Phantasie mit mir<br />

durch. Aber wenigstens die Gedanken<br />

sind frei. Ilse Eichenbrenner<br />

Treberhilfe-Affäre<br />

wuchert weiter<br />

Betrifft: Abs.:<br />

Die Autorin arbeitet als<br />

Sozialarbeiterin im Sozialpsychiatrischen<br />

Dienst Berlin-Charlottenburg und<br />

ist seit Jahrzehnten der Deutschen<br />

Gesellschaft für Soziale Psychiatrie<br />

und ihrem Berliner Landesverband<br />

eng verbunden. Sie hat<br />

mehrere Bücher verfasst und ist<br />

Redaktionsmitglied der Zeitschrift<br />

„Soziale Psychiatrie“.


● EPPENDORFER 5 / <strong>2010</strong><br />

Der Frauenanteil in der Medizin<br />

ist zwar höher als in den anderen<br />

akademischen Fächern, von einer<br />

„Feminisierung der Medizin“<br />

kann aber dennoch nicht die<br />

Rede sein. Das fortdauernde<br />

Ungleichgewicht zwischen der<br />

Mehrheit der Frauen unter den<br />

Medizinstudierenden gegenüber<br />

der Minderheit von Ärztinnen in<br />

leitenden Positionen war ein<br />

Thema bei einer Fachtagung<br />

in Hamburg.<br />

Ärztinnen gehen der Familie<br />

zuliebe Kompromisse ein<br />

– ihre männlichen Kollegen<br />

nicht. So ließe sich das vorläufige<br />

Ergebnis der Längsschnittstudie<br />

„Karriereverläufe von Ärztinnen<br />

und Ärzten während der fachärztlichen<br />

Weiterbildung“ nur leicht<br />

überspitzt zusammenfassen. Die Soziologin<br />

Kathrin Kromark, wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin des Instituts<br />

für Allgemeinmedizin der Uni-<br />

Klinik Eppendorf, stellte das Projekt<br />

auf der Tagung „Wissenschaft und<br />

Geschlecht – Karrieren und Barrieren<br />

auf dem Weg an die Spitze“ an<br />

der Universität Hamburg vor.<br />

Aufgrund der langen Ausbildungszeiten<br />

– dem etwa fünfjährigen<br />

Studium folgen mindestens fünf<br />

bis sechs Jahre fachärztliche Weiterbildung<br />

– stellt sich für Frauen das<br />

Problem der Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie auf dem Gebiet der<br />

Medizin besonders scharf. Bezüglich<br />

der Karriereentwicklung von<br />

Ärztinnen gebe es für Deutschland<br />

bisher kaum gesicherte repräsentative<br />

Daten. Fest stünde aber, dass der<br />

Frauenanteil in der Medizin höher<br />

B L I C K P U N K T: F R A U E N & W I S S E N S C H A F T Seite 3<br />

„Einsame Spitze“<br />

Nur wenige Wege führen für Frauen in der Wissenschaft ganz nach oben –<br />

es hakt an passenden Paar- und Familienplanungsmodellen<br />

ist als in den anderen akademischen<br />

Fächern, von einer „Feminisierung<br />

der Medizin“ könne, so Kromark,<br />

allerdings nicht gesprochen werden.<br />

Zwar sei der Frauenanteil in der Humanmedizin<br />

zu Studienanfang in<br />

den letzten Jahren gestiegen, der der<br />

Männer aber konstant geblieben.<br />

Viele Frauen arbeiten also in der<br />

Medizin, doch nur sehr wenige sind<br />

an der Spitze von Klinik, Forschung<br />

oder Lehre anzutreffen. Erste Resultate<br />

der Studie zeigen, dass Männer<br />

Vollzeit arbeiten wollen und zu Beginn<br />

ihrer Karriere selten Unterbrechungen<br />

der Vollzeitbeschäftigung<br />

einplanen. Frauen hingegen unterteilen<br />

ihr Berufsleben schon früh in<br />

bestimmte Abschnitte. Sie sind sowohl<br />

zu Vollzeit<br />

bereit, planen<br />

aber auch Zeiten<br />

der Teilzeitarbeit<br />

wegen Kinderbetreuung<br />

ein.<br />

Folglich absolvieren<br />

80 Prozent<br />

der männlichen<br />

Probanden den Abschluss ihrer<br />

fachärztlichen Weiterbildung bereits<br />

nach bis zu sechs Jahren, aber nur<br />

64 Prozent der Frauen. Als Karrierehindernisse<br />

wurden Kinder, aber<br />

auch die Partnerschaft genannt. Bei<br />

einem so genannten „dual career<br />

couple“, einem Doppelkarrierepaar,<br />

stecke eben immer noch die Frau<br />

zurück, so Kromark.<br />

Die Studie kommt zudem zu dem<br />

Ergebnis, dass die einzelnen Sektoren<br />

der Medizin immer noch stark<br />

geschlechtsspezifisch aufgeteilt<br />

sind. So seien die Bereiche Innere<br />

Medizin, Chirurgie, Urologie und<br />

Orthopädie immer noch in fachärzt-<br />

Vereint im selben Projekt: Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

Dr. Katharina Rothe (l.), Universität Leipzig, und Kathrin Kromark, UKE<br />

Hamburg, stellten erste Resultate ihrer Studie über Karriereverläufe in<br />

der fachärztlichen Weiterbildung vor.<br />

BERLIN (kvw). 2008 gab es in<br />

Deutschland 120.472 Vertragsärzte<br />

– darunter aber lediglich 43.019<br />

Ärztinnen, was einem Anteil von<br />

35,7 Prozent entspricht. Von den<br />

Vertragsärzten waren 4.747 ärztliche<br />

Psychotherapeuten. Der Frauenanteil<br />

betrug hier aber 64,1 Prozent.<br />

Aufschlüsselung nach psychotherapeutischen<br />

Berufsgruppen und<br />

Bundesland. An der vertragsärztlichen<br />

Versorgung teilnehmende<br />

psychologische Psychotherapeuten<br />

in den kassenärztlichen Vereinigungen<br />

(KV): Hamburg: 607, davon<br />

433 Frauen; Bremen: 254, davon<br />

182 Frauen; Niedersachsen: 1014,<br />

Zahlen & Fakten<br />

davon 688 Frauen.<br />

An der vertragsärztlichen Versorgung<br />

teilnehmende Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten<br />

in<br />

der KV: Hamburg:77, davon 55<br />

Frauen; Bremen: 46, davon 37<br />

Frauen, Niedersachsen: 350, davon<br />

258 Frauen.<br />

An der vertragsärztlichen Versorgung<br />

teilnehmende ärztliche Psychotherapeuten<br />

in der KV: Hamburg:<br />

177, davon 109 Frauen, Bremen:99,<br />

davon 65 Frauen, Niedersachsen:<br />

379, davon 242 Frauen.<br />

(Quelle: Kassenärztlicher Bundesverband<br />

zum 31.12.2008)<br />

Bei Karrierepaaren<br />

stecken immer noch<br />

die Frauen zurück<br />

licher Männerhand, während Ärztinnen<br />

sich verstärkt vor allem auf<br />

die Psychotherapie (siehe Infokasten)<br />

sowie auf die Frauenheilkunde<br />

spezialisierten.<br />

Der niedrige Anteil der Frauen in<br />

leitenden Funktionen wird durch<br />

diese Studie bestätigt: Im bundesweiten<br />

Durchschnitt gibt es 11,8<br />

Prozent Frauen, die nach der Habilitation<br />

eine Professur annahmen, in<br />

Hamburg sind es sogar nur 11,3 Prozent.<br />

Die Hauptfragestellung des Forschungsprojekts<br />

nach dem Frauenanteil<br />

auf den einzelnen Karrierestufen<br />

kann, da es sich momentan noch<br />

in der Phase der Auswertung der<br />

Baseline-Befragung befindet, zurzeit<br />

noch nicht beantwortet<br />

werden.<br />

Ziel sei aber, sagte<br />

Kromark, langfristig<br />

konkrete<br />

Handlungsempfehlungen<br />

für die Gestaltung<br />

von Arbeitsbedingungen<br />

geben zu können.<br />

Der „Schereneffekt“, der das Ungleichgewicht<br />

zwischen der Mehrheit<br />

der Frauen unter den Studierenden<br />

der Medizin gegenüber der<br />

Minderheit von Ärztinnen in leitenden<br />

Positionen bezeichnet, stellte<br />

den Ausgangspunkt des Vortrags<br />

von Dr. Katharina Rothe dar, die an<br />

der Universität Leipzig den qualitativen<br />

Teil des Verbundprojekts auswertet.<br />

„Eine Ärztin mit Kind steigt<br />

doch sowieso aus“, zitierte Rothe einen<br />

Teilnehmer der Studie, der so<br />

die in der Literatur diskutierte Begründung<br />

des Schereneffekts wiedergab.<br />

Das sei immer noch das<br />

gängige Bild, das sich in den von ihr<br />

geleiteten 50 Interviews in Doppelkarrieren<br />

abzeichne.<br />

„Irgendwie muss man das hinkriegen“,<br />

dieses häufig genannte Zitat<br />

ihrer Interviewpartnerinnen veranschaulichte<br />

für Rothe die Verinnerlichung<br />

der permanenten Anstrengung,<br />

der sich die Frauen bei dem<br />

Gedanken an die Vereinbarkeit von<br />

ihrem Beruf und Kinderwunsch ausgesetzt<br />

sehen. Kurzum: der Kinderwunsch<br />

stehe den realen Arbeitsbedingungen<br />

massiv im Wege. Er ließe<br />

sich nur mit dem Aufbrechen<br />

von komplementären Paarbeziehungen<br />

kompensieren, in denen<br />

nicht länger „er“ als der klassische<br />

Ernährer voll arbeite und „sie“ sich<br />

um Haushalt und Kinder kümmere,<br />

sondern beide sich auf die Suche<br />

nach einem gleichberechtigteren<br />

und anders aufgeteilten Modell<br />

machten.<br />

Die Interviews hätten ihr auch gezeigt,<br />

dass angehende Humanmediziner,<br />

gleich welchen Geschlechts,<br />

auf die strukturellen Bedingungen<br />

des Fachs regelrecht „einsozialisiert“<br />

werden, und sich schon im<br />

Praktischen Jahr als „stets einsatzbereit<br />

und unabkömmlich“ fühlen<br />

würden.<br />

Weitere Tagungsthemen beschäftigten<br />

sich mit Karrieren von Akademikerinnen<br />

im allgemeinen, mit<br />

Fragen nach Mobilität und Globalisierung<br />

von Karrierewegen als Herausforderung<br />

speziell für Frauen sowie<br />

mit auch in dieser Studie erwähnter<br />

Kinderlosigkeit als Folge<br />

weiblicher Karrieren in der Wissenschaft.<br />

Ein „deutliches Unwohlsein“<br />

erzeugten die vorgestellten Ergebnisse<br />

bei der Göttinger Soziologin<br />

Dr. Edith Kirsch-Auwärter. Ausgrenzung<br />

sei grundlegend bestim-<br />

Wenige Frauen klettern die wissenschaftliche Karriereleiter bis ganz<br />

nach oben. Foto: (©, Martin Gapa/PIXELIO)<br />

mend für den Hochschulbetrieb und<br />

beträfe eben immer noch zuallererst<br />

die Frauen. In der Medizin wären<br />

Promotion, Approbation, das Praktische<br />

Jahr und schließlich auch die<br />

Facharztausbildung Methoden, um<br />

Frauen aus dem Berufsfeld herauszuhalten<br />

und die „institutionelle Libido“<br />

der Männer zu befriedigen.<br />

Die Persistenz, also das langfristige<br />

Fortbestehen der Vorstellung einer<br />

als männlich wahrgenommenen<br />

Wissenschaft führe zu einer Resistenz<br />

der Vorurteile den Frauen gegenüber.<br />

„Organisation braucht<br />

Ausgrenzung“, zitierte sie dazu den<br />

Systemtheoretiker Niklas Luhmann,<br />

„aber wohl ist mir nicht dabei“.<br />

Kirsten von der Wehl<br />

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