Vertrag Verteilungsgerechtigkeit - Austauschgerechtigkeit
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Vortrag für die Afterwork-Eventreihe „Auf ein Glas“<br />
am Donnerstag, den 7. Februar 2013, in Hannover,<br />
Schöne neue Augenwelt<br />
Holger Barth, RA und FA für Medizinrecht in<br />
Freiburg<br />
www.arztrechtplus.de
„Die Sondergerechtigkeit (ist) auf eine private Person, die<br />
sich zur Gemeinschaft wie ein Teil zum Ganzen verhält,<br />
hingeordnet. Der Teil kann jedoch unter einem doppelten<br />
Ordnungsbezug gesehen werden.<br />
Einmal als Teil zum Teil, was der Ordnung einer<br />
Privatperson zu einer anderen entspricht. Diese Ordnung<br />
regelt die ausgleichende Gerechtigkeit, die in einer<br />
Tauschhandlung unter zwei Personen besteht.<br />
Die andere Ordnung beruht auf dem Verhältnis des<br />
Ganzen zu seinen Teilen und entspricht der Ordnung der<br />
Gemeinschaftsgüter zu den einzelnen Personen. Diese<br />
Ordnung untersteht der <strong>Verteilungsgerechtigkeit</strong>, die das<br />
Gemeinsame in angemessener Weise auf die einzelnen<br />
verteilt.<br />
Und so gibt es zwei Arten von Gerechtigkeit, nämlich die<br />
ausgleichende (iustitia commutativa) und die zuteilende<br />
(iustitia distributiva).“ (Hervorhebungen HB)<br />
(Thomas von Aquin, Summa theologica II/II qu. 61)
„Die verteilende Gerechtigkeit weist einer Privatperson etwas zu,<br />
was von Seiten des Ganzen dem Teil zusteht. Dies ist umso<br />
größer, je bedeutsamer die Stellung des Teils im Ganzen ist.<br />
Daher wird bei der austeilenden Gerechtigkeit einem umso mehr<br />
von den gemeinsamen Gütern gegeben, eine je höhere Stellung<br />
jene Person in der Gemeinschaft einnimmt. In der<br />
aristokratischen Gesellschaft wird diese Vorrangstellung der<br />
Tüchtigkeit zuerkannt, in der oligarchischen dem Reichtum, in<br />
der demokratischen der Freiheit und in anderen anders.<br />
Und so wird bei der austeilenden Gerechtigkeit die „Mitte“ nicht<br />
nach dem Gleichmaß von Sache zu Sache, sondern nach dem<br />
Verhältnis von Sachen zu Personen bestimmt, und zwar in der<br />
Art, dass, wie eine Person eine andere überragt, so auch die<br />
Sache, die der einen Person gegeben wird, die Sache, die eine<br />
andere erhält, überragt. Daher sagt Aristoteles, diese „Mitte“<br />
bestimme sich nach dem „geometrischen Verhältnis“ bei dem der<br />
Ausgleich nicht nach der Quantität, sondern nach<br />
Proportionalität erfolge. …“(Hervorhebungen HB)<br />
(Thomas von Aquin [1225-1274], Summa theologica II/II qu. 61)
Die zwei Personen (a, b) zugewiesenen Anteile<br />
(c, d) verhalten sich zueinander wie der jeweilige<br />
„Wert“ der beiden Personen<br />
a : b = c : d (kürzester regionaler HVM)<br />
◦ a = Nephrologe, b = Psychotherapeut<br />
◦ c = Honoraranteil des a, d = Honoraranteil des b<br />
Kurzformel: Ungleiches ist ungleich zu behandeln<br />
(„jedem das Seine“)<br />
Problem: Worin besteht der ggf. unterscheidbare<br />
„Wert“ von a und b = Verteilungskriterien?<br />
◦ Die gerechte Verteilung von Honorar muss auch das<br />
angemessene Verhältnis zur Leistung berücksichtigen,<br />
◦ dann Sicherstellungsbedürfnisse, Mengenbegrenzung etc.<br />
=> Sozialrechtliches Mischkonzept:<br />
„Ausgleichende <strong>Verteilungsgerechtigkeit</strong>“<br />
Zu vermeiden: „Besitzstandsgerechtigkeit“
Tabelle 29: Überschuss je Arzt aus vertragsärztlicher Tätigkeit in Euro (verkürzt um die Vergleichszahlen aus dem 1. Hj. 2010)<br />
Abrechnungsgruppe Überschuss je Arzt in Euro<br />
1. Halbjahr 2011<br />
Allgemeinmediziner/hausärztliche Internisten 47.799<br />
Kinder- und Jugendmedizin 63.726<br />
Anästhesiologie 41.520<br />
Augenheilkunde 59.462<br />
Chirurgie 47.427<br />
Gynäkologie 46.852<br />
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 44.977<br />
Hautarzt 46.406<br />
Innere Medizin, FA ohne Schwerpunkt * 53.365<br />
Innere Medizin, SP Angiologie * 60.909<br />
Innere Medizin, SP Gastroenterologie 82.855<br />
Innere Medizin, SP Hämatologie/Onkologie 92.692<br />
Innere Medizin, SP Kardiologie 69.662<br />
Innere Medizin, SP Nephrologie * 127.016<br />
Innere Medizin, SP Pneumologie 77.148<br />
Innere Medizin, SP Rheumatologie * 71.557<br />
Neurologie * 41.911<br />
Psychiatrie 37.799<br />
Nervenheilkunde 56.879<br />
Orthopädie 48.449<br />
Psychotherapeuten (ärztlich/nichtärztlich) 25.654<br />
Radiologie ** 57.067<br />
Urologie 48.460<br />
Bund 49.345<br />
* eingeschränkte statistische Aussagefähigkeit aufgrund einer geringen Fallzahl und/oder einer großen Streubreite<br />
** Kostensatz für Radiologie und Nuklearmedizin<br />
Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik; ZI-Praxis-Panel - Jahresbericht 2010 - 1. Jahrgang Berlin, März 2012
Die zentralen Vorgaben für Regelleistungsvolumen<br />
durch den Bewertungsausschuss sind entfallen!<br />
Ziel: Flexibilisierung und Regionalisierung des<br />
Vergütungssystems inkl. Versorgungssteuerung<br />
„Pretiale Steuerung“ der Niederlassung aufgegeben,<br />
aber Anreize bei der Vergütung von Leistungen und<br />
Leistungserbringern insbesondere in unterversorgten<br />
oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten<br />
Gesamtvergütung unverändert: mit befreiender<br />
Wirkung zu zahlendes „Ausgabenvolumen für die<br />
Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen<br />
Leistungen“ (§ 85 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Versichertenpauschalen für HÄ‘e sowie Grund- und<br />
Zusatzpauschalen für FÄ‘e nur noch als Sollvorschrift<br />
Leistungskomplexe oder Einzelleistungen für besonders<br />
zu fördernde oder telemedizinisch erbrachte Leistungen<br />
bei HÄ‘en Pflicht, bei FÄ‘en sollen erforderlichenfalls<br />
Einzelleistungen vorgesehen werden<br />
Arztgruppenspezifische diagnosebezogene Fallpauschalen<br />
bei FÄ‘en fakultativ bei Versichertengruppen mit<br />
erheblichem Therapieaufwand und überproportionalen<br />
Kosten<br />
Versicherten- und Grundpauschalen sollen Leistungen<br />
vergüten, die regelmäßig oder sehr selten und zugleich<br />
mit geringem Aufwand erbracht werden, und nach<br />
Möglichkeit unterscheiden nach Erstbehandlung und<br />
Fortsetzung der Behandlung sowie nach Morbidität,<br />
insbesondere Schweregrad der Erkrankung
Honorarkompromiss vom 9.10.2012: Steigerung<br />
2013 um einen Korridorbetrag zwischen 1,15<br />
und 1,27 Milliarden Euro:<br />
Orientierungswert 3,5363 Cent (270 – 290 Mio.<br />
Euro),<br />
Herausnahme der Psychotherapie (130 Mio.),<br />
Stärkung der hausärztlichen und fachärztlichen<br />
Grundversorgung (250 Mio.),<br />
extrabudgetäre Leistungen (150 Mio.),<br />
auf Landesebene Mengenentwicklung und<br />
Zuschläge zum Orientierungswert für<br />
förderungswürdige Leistungen (330 bis 450<br />
Mio.).
Verwendung der zusätzlichen 250 Mio.<br />
hausärztlicher Versorgungsbereich: geriatrische<br />
und palliativmedizinische Versorgung, Kinder mit<br />
chronischen Erkrankungen u./o. Behinderungen,<br />
fachärztlicher Versorgungsbereich: differenzierte<br />
Grundpauschale, besonders förderungswürdige<br />
Leistungen ausgliedern<br />
„Währungsreform“:<br />
ausgabenneutrale Angleichung des OW an den<br />
kalkulatorischen Punktwert von ca. 5,11 Cent bei<br />
Verringerung der Punktzahl pro GNR!<br />
Neukalkulation des TL: Fixkosten nur noch bis zu<br />
bestimmter Leistungszahl pro Fall (Amortisation?)
Aufteilung der Leistungen in:<br />
typisches hausärztliches Leistungsspektrum:<br />
◦ Vorsorge, Früherkennung, Betreuung chronisch<br />
Kranker, Hausbesuche, Palliativmedizin etc.,<br />
abweichende Versorgungsleistungen:<br />
◦ Schmerztherapie, Akupunktur, Psychotherapie,<br />
Phlebologie, HIV-Schwerpunktleistungen,<br />
Substitution, spezifische onkologische Leistungen,<br />
spezifische diabetologische Leistungen,<br />
◦ hierfür nur halbe Grundpauschale geplant!
Ambulante fachärztliche Basisversorgung<br />
stärken<br />
Orientierung der Abgrenzung an der neuen<br />
Bedarfsplanungsrichtlinie<br />
Vergütungsanteil für fachärztliche<br />
Grundversorger von 126 Mio. EUR auf rund<br />
525 Mio. EUR aufstocken<br />
Quelle: Umverteilung!<br />
Abwerten bspw. CT- und MRT-Leistungen,<br />
Strahlentherapie, Humangenetik
Vereinbarungen eines Punktwertes zwischen<br />
KV und Krankenkassen mit Zuschlag oder<br />
Abschlag vom OW (regionale Kosten- und<br />
Versorgungsstruktur)<br />
Zuschläge auf den OW für besonders<br />
förderungswürdige Leistungen und<br />
Leistungserbringer, insbesondere bei<br />
festgestellter (eingetretener oder drohender)<br />
Unterversorgung (§ 100 Abs. 1 und 3 SGB V)<br />
=> Regionale Gebührenordnung mit Euro-<br />
Preisen auf Basis des EBM zu erstellen
Vereinbarung der MGV für die Versorgung der<br />
Versicherten mit Wohnort im KV-Bezirk:<br />
Behandlungsbedarf als Punktzahlvolumen auf<br />
EBM-Basis nach Versicherten(tage)zahl und<br />
Morbiditätsstruktur x Punktwert regional<br />
Empfehlungen des BWA zur jahresbezogenen<br />
Veränderung der Morbiditätsstruktur<br />
(Diagnosen, Alter und Geschlecht)<br />
Anpassung des Behandlungsbedarfs ab 2013<br />
setzt auf Vorjahreswert auf (5 Kriterien in<br />
§ 87a Abs. 4 SGB V)
Einen nicht vorhersehbaren Anstieg des<br />
Behandlungsbedarfs müssen die Kassen<br />
(spätestens im Folgequartal) voll vergüten<br />
Vergütung außerhalb der MGV (Abs. 3 Satz 2)<br />
◦ explizit geregelt für Substitutionsbehandlung<br />
◦ kraft Vereinbarung der <strong>Vertrag</strong>spartner, wenn<br />
Leistungen besonders förderungswürdig oder die<br />
extrabudgetäre Vergütung medizinisch oder<br />
aufgrund Besonderheiten der Leistungserbringung<br />
erforderlich (vorstellbar u.a. für Dialyseleistungen)
Der Verteilungsmaßstab (HVM) ist wieder<br />
einseitig von der KV als Satzung zu erlassen,<br />
„im Benehmen“ mit den Landesverbänden der<br />
Krankenkassen und den Ersatzkassen<br />
Die Vergütung ist getrennt nach<br />
hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung<br />
zu verteilen<br />
U.a. hierfür hat die KBV im Einvernehmen mit<br />
dem GKV-Spitzenverband Vorgaben zu<br />
machen
(1) Art und Umfang der Leistungen als Basis<br />
(Text entfallen; vgl. § 85 Abs. 4 SGB V a.F.)<br />
(2) Verhinderung übermäßiger Ausdehnung der<br />
Tätigkeit (obligat)<br />
(3) eine Kalkulationssicherheit soll dem<br />
Leistungserbringer ermöglicht werden<br />
(4) kooperativer Behandlung ist angemessen<br />
Rechnung zu tragen; gesonderte Vergütung<br />
für anerkannte Praxisnetze möglich<br />
(5) Angemessene Vergütung je Zeiteinheit für<br />
psychotherapeutische Leistungen (obligat)
(6) Sicherstellung: bei der Behandlung von<br />
Patienten in unterversorgten Gebieten<br />
keine Maßnahmen zur Begrenzung oder<br />
Minderung der Fallzahlen; weitergehende<br />
Prüfpflicht der KV im HVM zu verankern<br />
(7) Aus dem Sicherstellungserfordernis folgt<br />
wohl auch, dass die MGV auf das gesamte<br />
Jahr gleichmäßig zu verteilen ist<br />
(Text ebenfalls entfallen; vgl. § 85 Abs. 4<br />
SGB V a.F.)
RLV-Systematik<br />
Individualbudgets<br />
Arztgruppenbezogene Kontingente<br />
Leistungsbezogene Kontingente<br />
Punktzahlobergrenzen<br />
Fallwertgrenzen<br />
Fallzahlzuwachsbegrenzungen<br />
Abstaffelung<br />
Quotierung<br />
Kombinationen, solange eine Mindestvergütung noch<br />
kalkulierbar ist
Vorgaben zur Anpassung des<br />
Vergütungsvolumens für die hausärztliche und<br />
fachärztliche Versorgung im Einvernehmen mit<br />
dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen<br />
Vorgaben insbesondere zur Mengensteuerung,<br />
zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung<br />
und zur zeitangemessenen Vergütung von PT-<br />
Leistungen nach § 87b Abs. 2 SGB V im<br />
Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der<br />
Krankenkassen
Anspruch auf angemessene Vergütung aus<br />
Art. 12 Abs. 1 GG ableitbar (str.)?<br />
◦ Verletzt ggf., wenn die Vergütung wesentlich unter<br />
derjenigen für vergleichbare Tätigkeiten liegt<br />
(Gleichheitsaspekt immanent): „Untervergütung“<br />
§ 72 Abs. 2 SGB V i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG:<br />
BSG bejaht subjektiven Anspruch erst bei<br />
(bislang nie bejahter) Systemgefährdung<br />
§ 87b Abs. 2 Nr. 3 SGB V: regelt allerdings<br />
heute einen subjektiven Anspruch der PT‘en<br />
auf angemessene Höhe der Vergütung je<br />
Zeiteinheit
Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art 3 Abs. 1 GG<br />
◦ Kurzformel: Gleiches ist gleich und Ungleiches<br />
ungleich zu behandeln<br />
Zumeist scheitert die Klage an dem weiten<br />
Spielraum des Normgebers für sachlich<br />
gerechtfertigte Abweichungen von der<br />
Leistungsproportionalität, Ausnahmen bspw.:<br />
◦ unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen muss<br />
dass Erreichen des FG-Durchschnitts innerhalb von<br />
5 Jahren möglich sein,<br />
◦ Aufbaupraxen sofort innerhalb einer Aufbauphase,<br />
die mit 3, 4 oder 5 Jahren bemessen werden kann<br />
(BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 1/09 -)
Beispiel für Scheitern der Klage:<br />
Kein genereller Anspruch eines Hautarztes<br />
auf Ausgleichung von Honorarunterschieden<br />
zwischen den Fachgruppen; auch<br />
privatärztliche und sonstige Einnahmen sind<br />
bei der Beurteilung, ob Vergütung<br />
unangemessen niedrig ist, heranzuziehen!<br />
(BSG, Urteil vom 8.12.2010 – B 6 KA 42/09 -)<br />
In der Bilanz kaum bedeutende Erfolge mit<br />
Ausnahme der PT-Rechtsprechung
Relevante Regelungen im<br />
Patientenrechtegesetz:<br />
§ 630c Abs. 3 BGB: wirtschaftliche<br />
Aufklärungspflicht, Information des Patienten<br />
über die voraussichtlichen Kosten der<br />
Behandlung in Textform (§ 126b BGB, bspw.<br />
Fax, Email, SMS, Flyer)<br />
§ 630e BGB: Selbstbestimmungsaufklärung
Verlangen des Versicherten und schriftlicher<br />
Behandlungsvertrag mit Hinweis auf Pflicht<br />
zur Übernahme der Kosten (§§ 3 Abs. 1 Satz<br />
3, 18 Abs. 8 Nrn. 2 und 3 BMV-Ä)<br />
Allein nach der Zivilrechtslage (§ 630c BGB)<br />
zwar kein schriftlicher Behandlungsvertrag<br />
nötig (so für Privatärzte), aber Angabe der<br />
voraussichtlichen Kosten in Textform!<br />
Konflikt mit §§ 2, 5 Abs. 2 GOÄ (Verbot einer<br />
Pauschalvereinbarung)?
Im Bundesrat am 1.2.2013 gebilligt; tritt am<br />
Tag nach der Verkündung in Kraft; Ziele:<br />
Behandlungs- und Arzthaftungsrecht (bislang<br />
weitgehend Richterrecht) kodifizieren,<br />
außerdem stärken bzw. fördern:<br />
Rechte der Patienten bei Behandlungsfehlern,<br />
Fehlervermeidungskultur,<br />
Rechte der Patienten ggü. Leistungsträgern,<br />
Patientenbeteiligung u. Patienteninformation
Behandlungsvertrag (§ 630a)<br />
Unterfall des freien Dienstvertrags (§ 630b)<br />
Mitwirkung der <strong>Vertrag</strong>sparteien;<br />
Informationspflichten (§ 630c)<br />
Einwilligung (§ 630d)<br />
Aufklärungspflichten (§ 630e)<br />
Dokumentation der Behandlung (630f)<br />
Einsichtnahme in die Patientenakte (§ 630g)<br />
Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und<br />
Aufklärungsfehler (§ 630h)
§ 630a:<br />
<strong>Vertrag</strong>sparteien: Behandelnder und Patient<br />
◦ Behandelnder: Arzt (nicht: Tierarzt!),<br />
Psychotherapeut, Heilpraktiker, Physiotherapeut,<br />
Entbindungspfleger, Rettungssanitäter etc.<br />
<strong>Vertrag</strong>stypische Pflicht: (medizinische)<br />
Behandlung nach bestehenden, allgemein<br />
anerkannten fachlichen Standards<br />
Nicht geschuldet: Erfolg, ggf. abweichende<br />
Vereinbarung (Zahnlabor)
§ 630c Abs. 1:<br />
„Zusammenwirken“ soll das Verhältnis<br />
zwischen Behandler und Patient „gedanklich<br />
verpartnerschaftlichen“ (inkl. Compliance)<br />
§ 630c Abs. 2:<br />
Informationspflichten bezüglich<br />
◦ Satz 1: Behandlungsverlauf (therapeutische<br />
Aufklärung) und<br />
◦ Satz 2 ff.: Behandlungsfehlerumstände<br />
§ 630c Abs. 3:<br />
Wirtschaftliche Aufklärung (siehe IGeL)
§ 630c Abs. 2 Satz 2 ff.:<br />
Pflicht des Behandelnden zur Information des<br />
Patienten über für ihn erkennbare Umstände,<br />
die die Annahme eines Behandlungsfehlers<br />
begründen (§ 630c Abs. 2)<br />
◦ a. auf Nachfrage des Patienten oder<br />
◦ b. zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren<br />
◦ c. Verbot der Verwertung der Information im Straf-<br />
und Bußgeldverfahren (Reichweite des Verbots?)
§ 630e Abs. 1:<br />
Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten<br />
über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen<br />
Umstände aufzuklären. Dazu gehören<br />
insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu<br />
erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme<br />
sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung<br />
und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die<br />
Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung<br />
ist auch auf Alternativen zur Maßnahme<br />
hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch<br />
gleichermaßen indizierte und übliche Methoden<br />
zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen,<br />
Risiken oder Heilungschancen führen können.
§ 630e Abs. 2:<br />
Die Aufklärung muss<br />
1. mündlich durch den Behandelnden oder durch eine<br />
Person erfolgen, die über die zur Durchführung der<br />
Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt;<br />
ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug<br />
genommen werden, die der Patient in Textform<br />
erhält;<br />
2. so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine<br />
Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt<br />
treffen kann;<br />
3. für den Patienten verständlich sein. Dem Patienten<br />
sind Abschriften von Unterlagen, die er im<br />
Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung<br />
unterzeichnet hat, auszuhändigen.
§ 630f Abs. 1 und 2:<br />
In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der<br />
Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder<br />
elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen<br />
von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig,<br />
wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt,<br />
wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für<br />
elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.<br />
Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte<br />
sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und<br />
künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren<br />
Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese,<br />
Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse,<br />
Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre<br />
Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe<br />
sind in die Patientenakte aufzunehmen.
§ 630g Abs. 1:<br />
Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich<br />
Einsicht in die vollständige, ihn betreffende<br />
Patientenakte zu gewähren, soweit der<br />
Einsichtnahme nicht erhebliche<br />
therapeutische Gründe oder sonstige<br />
erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die<br />
Ablehnung der Einsichtnahme ist zu<br />
begründen. § 811 ist entsprechend<br />
anzuwenden.
§ 630h<br />
(1) Voll beherrschbares Risiko: Fehlervermutung<br />
zum Nachteil des Arztes<br />
(2) Einwilligung und Aufklärung (BL Arzt); aber<br />
Einrede der hypothetischen Einwilligung (zu<br />
widerlegen vom Patienten)<br />
(3) Bei fehlender Dokumentation einer<br />
medizinisch gebotenen wesentlichen Maßnahme<br />
(BL Arzt bzgl. Vornahme)<br />
(4) Mangelnde Befähigung (BL Arzt bzgl.<br />
Kausalität für Gesundheitsschaden)<br />
(5) Grober Behandlungsfehler und qualifizierter<br />
Befunderhebungsfehler (BL Arzt)
§ 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V:<br />
Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig,<br />
spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in<br />
Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des<br />
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst),<br />
eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu<br />
entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme<br />
für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die<br />
Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst<br />
nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im<br />
Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren<br />
durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von<br />
sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier<br />
Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4<br />
nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung<br />
der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines<br />
hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als<br />
genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist<br />
eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung<br />
der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
Holger Barth<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für<br />
Medizinrecht<br />
Wilhelmstr. 46<br />
79098 Freiburg<br />
T 0761 / 217 08 90<br />
F 0761 / 217 08 91<br />
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