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SCHWEIZERMACHER<br />

Zähe<br />

Bretter<br />

Die Bündner Tüftler<br />

von ZAI haben nur<br />

ein Ziel: den besten<br />

Ski der Welt zu<br />

bauen. Das erreichen<br />

sie mit kreativen<br />

Spinnereien – und<br />

mit Hilfe aus dem<br />

Altersheim.<br />

Text EVA BÜNTER<br />

Fotos MARCEL NÖCKER<br />

Speziell, schnell, nicht ganz billig<br />

und zäh – «<strong>zai</strong>», wie die Rätoromanen<br />

sagen: So sind die Ski<br />

der munzigen Manufaktur im Klosterdorf<br />

Disentis. Der Name der Firma: Zai.<br />

Direkt neben dem Bahnhof steht die<br />

Eineinhalb-Raum-Fabrik, die Wände<br />

sind braunrot gestrichen, es riecht nach<br />

Zedernholz, Lösungsmittel und – man<br />

glaubt es zumindest – nach Schnee. Hier<br />

werden Ski für ein einmaliges Fahrgefühl<br />

gebaut. Zwei Bündner Querdenker<br />

stehen hinter Zai: Chef-Designer Simon<br />

Jacomet, 48, und CEO Benedikt Germanier,<br />

44. Ihr Geheimnis: Handarbeit und<br />

aussergewöhnliche Materialien.<br />

2003 gründete Simon Jacomet<br />

Zai Ski. Der Bündner finanziert sich als<br />

Skilehrer sein Kunststudium in Florenz<br />

und arbeitet danach in der Ski-Entwicklung<br />

eines internationalen Skiher stellers.<br />

Ihn stören die Kompromisse, die in der<br />

Stangenproduktion gemacht werden.<br />

Jacomet beginnt an seinem eigenen Ski<br />

zu basteln, er tüftelt, trickst, testet. Ziel:<br />

die besten Ski der Welt produzieren.<br />

Nach 200 Prototypen steht das erste<br />

Modell, Classic, in ausgewählten Läden.<br />

Sechs Jahre später setzt Jacomet seinen<br />

Freund Benedikt Germanier als CEO an<br />

die Spitze von Zai. Germanier arbeitete<br />

bis anhin als Banker in den USA. Ohne �<br />

50 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE<br />

Mehr Bilder und ein cooles Video zur Ski-<br />

Edelschmiede Zai gibts in der iPad-Ausgabe!<br />

Schön schnell Simon Jacomet (l.) und<br />

Benedikt Germanier mit dem Ski Nezza –<br />

intern trägt er den Namen «Batman-Ski».


SCHWEIZERMACHER<br />

�<br />

zu zögern, nimmt er Jacomets Angebot<br />

an und zieht samt Familie zurück in<br />

die Schweiz.<br />

In der Zai-Werkstatt wird gefräst,<br />

gebohrt, geleimt, gepresst, geölt und<br />

poliert. Pro Tag entstehen lediglich<br />

zehn, im Jahr tausend Paar Ski. In der<br />

Mitte des Raumes werden Schicht für<br />

Schicht die Materialien zusammengesetzt:<br />

Rennbelag, Stahlkanten, Karbonfasern,<br />

am Schluss eine Holzoberfläche.<br />

Millimeterarbeit. Ein Mitarbeiter setzt<br />

den Skiboden, ein anderer die Skioberfläche<br />

zusammen. Die Maschine nebenan<br />

presst die Bretter eine Stunde bei<br />

100 Grad, der Ski kommt in Form.<br />

Zehn Angestellte arbeiten für Zai.<br />

Alle begeisterte Skifahrer und aus<br />

der Umgebung. Auch Jacomets Göttibueb<br />

Dominik, nebenher Strahler. «Mein<br />

Traumjob!», sagt er mit einem Lachen<br />

bis hinter die Ohrläppchen.<br />

ZAI SKI – DIE ANDERE BILANZ<br />

Warme Ohren Johanna<br />

strickt in Disentis Zai-Mützen.<br />

52 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE<br />

Germanier schätzt die Loyalität der<br />

Bündner: «Bei unserem Team müssen<br />

wir keine Angst haben, dass Betriebsgeheimnisse<br />

verraten werden.» Doch<br />

eine Besonderheit der Ski ist auch ohne<br />

In siderwissen ersichtlich: das Material.<br />

Ausgefallenes Material. Holz, Kautschuk,<br />

Stahl – und sogar Stein. Calanca-Gneis<br />

aus den Bündner Alpen, ummantelt von<br />

Karbonfasern, verleiht Modell Spada –<br />

Schwert – seine dämpfenden und biegsamen<br />

Eigenschaften. Die Baustoffe<br />

benutzen die Macher nicht, um den Exotenbonus<br />

zu steigern. «Hauptsache, sie<br />

machen den Ski besser», sagt Jacomet.<br />

Während er am Zeichnerpult in der hintersten<br />

Ecke der Manufaktur eigenhändig<br />

einen Prototyp zusammenbaut,<br />

schaut ihm hie und da ein Mitarbeiter<br />

über die Schulter. Nicht selten bekommt<br />

der Chef ein «Spinnsch!» zu hören.<br />

Besonders wenn das Design einmal<br />

�Znünikultur Während der Pause geht<br />

das gesamte Team ins Freie, bei jeder<br />

Temperatur – und im Zai-T-Shirt.<br />

�Kafipause 40 Kaffees werden pro Tag<br />

von der zehnköpfigen Equipe getrunken.<br />

Acht davon von Jacomet und Germanier.<br />

�Ansprache Bei Zai duzen sich alle.<br />

Jacomet: «Wir sind hier alles Cheffa.»<br />

�Ungewöhnlichster Auftrag Ein Mediziner<br />

gibt Zai den Auftrag, den leichtesten<br />

Ski der Welt zu bauen.<br />

�Prominente Fans Schauspieler<br />

Antonio Banderas hat im Promi-<br />

Skiort Aspen, USA, gleich drei Paar<br />

Zai-Ski gekauft.<br />

Handarbeit David Rüegg (l.) und<br />

Dominik Lechmann von Zai setzen<br />

einen Testa-Ski zusammen.<br />

mehr vom klassischen Ski abweicht. Wie<br />

bei Nezza, der vorne einen Riss hat und<br />

hinten aussieht wie ein Schwalbenschwanz.<br />

Germanier, der Mann fürs Kalkulieren,<br />

muss die kreativen Auswüchse<br />

von Jacomet öfter bremsen. Dennoch:<br />

«Wir sind aufeinander angewiesen.»<br />

Das Material verursacht die grössten<br />

Kosten. Jacomet ergänzt: «Allein die<br />

Oberfläche eines unserer Ski kostet so<br />

viel wie bei anderen Herstellern ein ganzes<br />

Paar.» Im Vergleich zu den 3,5 Millionen<br />

Paar, die pro Jahr weltweit verkauft<br />

werden, «ist Zai ein kleiner Furz»,<br />

so Jacomet. Klein und flexibel genug, um<br />

sich hie und da mal eine Extravaganz zu<br />

leisten. Etwa als Jacomets Kinder nach<br />

einem Zai-Ski verlangten. Also gings<br />

am Wochenende ab in die Fabrik, und<br />

die Kids halfen mit, ihre Ski zu bauen.<br />

Oder als ein Kunde sein eigenes Holz im<br />

Ski verarbeitet haben wollte. Wer aber<br />

mit Diamanten besetzte Ski verlangt,<br />

wird abgelehnt. Jacomet: «Nur Luxus –<br />

das ist einfach nicht Zai.»<br />

Nach 60 Minuten in der Presse ist<br />

Modell Testa fertig. Preis: 3300 Franken,<br />

das günstigste Modell. Das teuerste kostet<br />

9800 Franken. Nach dem Pressen<br />

werden die Bretter ausgemessen, poliert<br />

und gehen – inklusive Bindung, Stöcke<br />

und Sack – in zwölf Ländern in den Verkauf.<br />

Neben Ski gibts von Zai Skihelme,<br />

Anzüge, Sonnenbrillen und frisch gestrickte<br />

Mützen, direkt aus Disentis. Die<br />

«Capetschas» werden von Seniorinnen<br />

im Altersheim gestrickt. Und die lupfen<br />

den Altersdurchschnitt der jungen Truppe:<br />

Anna ist mit 92 Jahren die älteste<br />

Mitarbeiterin und lismet – <strong>zai</strong>mässig zäh<br />

– Kappe um Kappe. �

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