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*119-158 Daten (f r Kopien) - Deutsche Kinemathek

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58. Internationale Filmfestspiele Berlin 2008<br />

Retrospektive Luis Buñuel<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Kinemathek</strong><br />

Retrospektive Luis Buñuel<br />

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE<br />

Frankreich/Spanien/Italien 1972. ø Regie: Luis Buñuel. ø<br />

Regie-Assistenz: Pierre Lary, Arnie Gelbart. ø Drehbuch<br />

und Dialoge: Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière. ø Skript:<br />

Suzanne Durrenberger. ø Kamera: Edmond Richard. ø Kamera-Führung:<br />

Bernard Noisette. ø Kamera-Assistenz:<br />

André Clement, Alain Herpe. ø Schnitt: Hélène Plémiannikov.<br />

ø Schnitt-Assistenz: Gina Pignier. ø Ton-Ingenieur:<br />

Guy Villette; Daniel Brisseau (Assistenz). ø Ton-Mischung:<br />

Jacques Carrière; Claude Viland (Assistenz). ø Ton-Effekte:<br />

Luis Buñuel. ø Szenenbild: Pierre Guffroy; Albert Rajau<br />

(Assistenz). ø Innen-Requisite: François Sune. ø Kostüme:<br />

Jacqueline Guyot; Olympe Watelle (Assistenz). ø Roben<br />

für Delphine Seyrig: Jean Patou. ø Make-up: Odette Berroyer,<br />

Fernande Hugi. ø Frisuren: Lorca. ø Standfotos: Yves<br />

Manciet.<br />

Darsteller/innen: Fernando Rey (Rafael Acosta, l’ambassadeur<br />

de Miranda/Botschafter von Miranda) ø Paul Frankeur<br />

(François Thévenot) ø Delphine Seyrig (Simone Thévenot,<br />

sa femme/Seine Frau) ø Bulle Ogier (Florence, la sœur de<br />

Simone / Simones Schwester) ø Stéphane Audran (Alice<br />

Sénéchal) ø Jean-Pierre Cassel (Henri Sénéchal) ø Michel<br />

Piccoli (Ministre/Innenminister) ø Julien Bertheau (L’evêque<br />

Dufor / Bischof) ø Milena Vukotic (Inés, la bonne /<br />

Dienstmädchen) ø María Gabriella Maione (Guérillera /<br />

Terroristin) ø Claude Piéplu (Colonel/Oberst) ø Muni (Paysanne<br />

/ Bäuerin) ø Pierre Maguelon (Brigadier de police /<br />

Polizeibrigardier) ø François Maistre (Commissaire/Kommissar)<br />

ø Georges Douking (Le jardinier moribond / Der<br />

todkranke Gärtner) ø Bernard Musson (Garçon salon de<br />

thé/Kellner) ø Robert Le Béal (Tailleur/Schneider) ø Gerald<br />

Robard (Hubert de Rochecahin) ø José Luis Barros ø Elle<br />

Bahl ø Christian Baltauss ø Olivier Bauchet ø Robert Benoit<br />

ø Anne Marie Deschott ø Maxence Mailfort ø Jacques<br />

Rispal ø Diane Vernon ø Jean Degrave ø Pierre Lary ø Michel<br />

Dhermay ø Sébastien Floche ø François Guilloteau ø<br />

Claude Jaeger ø Jean-Claude Jarry ø Alix Mahieux ø Robert<br />

Party ø Jean Revel ø Amparo Soler Leal.<br />

Produktionsfirmen: Greenwich Film, Frankreich/Jet Film,<br />

Spanien/Dean Film, Italien. ø Produzent: Serge Silberman.<br />

ø Produktionsleitung: Ully Pickard. ø Aufnahmeleitung:<br />

Jean Lara; Jean-Jacques Schpoliansky (Assistenz). ø Set-<br />

Aufnahmeleitung: Pierre Lefait; Jean Revel (Assistenz). ø<br />

Filmgeschäftsführung: Jacqueline Dudilleux. ø Drehzeit:<br />

23.5. bis Ende Juli 1972. ø Drehort: Paris-Studios-Cinéma,<br />

Boulogne-Billancourt, Paris. ø Format: 35 mm, Farbe (Eastmancolor),<br />

Panavision-Sphérique. ø Länge: 102 Min. ø<br />

CNC-Eintrag: N° 39.910 (Frankreich). ø Zensur: 12.4.1973,<br />

v. c. n. 62266 (Italien). ø FSK: 20.3.1973, Prüf-Nr. 45529,<br />

freigegeben ab 16 Jahren, feiertagsfrei; Neuprüfung: 17.1.<br />

1995, freigegeben ab 12 Jahren, feiertagsfrei (BRD). ø Uraufführung:<br />

15.9.1972, Paris, Ermittage, Cameo Miramar,<br />

Magic-Convention, Quartier Latin, Quintette, Terminal<br />

Foch. ø Italienische Erstaufführung: 13.4.1973 (IL FASCINO<br />

DISCRETO DELLA BORGHESIA). ø Spanische Erstaufführung:<br />

21.4.1973, Madrid, Alexandra und Galileo (EL DIS-<br />

CRETO ENCANTO DE LA BURGUESÍA). ø <strong>Deutsche</strong> Erstaufführung:<br />

20. 4.1973 (DER DISKRETE CHARME DER BOUR-<br />

GEOISIE). ø <strong>Deutsche</strong> TV-Erstausstrahlung: 29.10.1978,<br />

ARD (DER DISKRETE CHARME DER BOURGEOISIE).<br />

Anmerkungen: In Spanien kam der Film nur nach von der<br />

Filmzensur veranlaßten Kürzungen ins Kino. ø Der Film<br />

erhielt 1972 den „Oscar“ (Bester fremdsprachiger Film;<br />

Nominierung auch: Bestes Drehbuch) der Academy of Motion<br />

Picture Arts and Sciences und den „Prix Méliès“ der<br />

französischen Kritik.<br />

(…) Schon der Grundeinfall Buñuels ist genial.<br />

Dort, wo die Bourgeoisie so ganz intim bei sich<br />

ist – in den Ritualen des Essens unter Freunden,<br />

sei es zu Hause, sei es in Lokalen –, nistet sich<br />

Buñuel ein. (…) (Sein) Film zeigt nun nichts anderes<br />

als den Versuch einer Gruppe von Personen,<br />

sich zu solchen abendlichen Mahlzeiten zu<br />

treffen. Aber entweder hat man sich im Datum<br />

geirrt (und folglich ist kein Essen vorbereitet),<br />

oder der Besitzer eines Feinschmeckerlokals ist<br />

gerade gestorben und wird im Nebenzimmer aufgebahrt,<br />

so daß einem der Appetit vergeht; hat<br />

man sich dann endlich glücklich versammelt, sind<br />

147 Filme als Regisseur<br />

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE: Bulle Ogier


Filme als Regisseur<br />

die Gastgeber verschwunden (…); oder kaum<br />

widmet man sich der Leberpastete, tritt ein Trupp<br />

von Kavallerieoffizieren ins Haus, die eingeladen<br />

waren allerdings für einen anderen Abend. Da<br />

sich das Manöver um einen Tag verkürzt hatte,<br />

sind sie früher gekommen; jedoch kaum haben<br />

sie alle Achtzehnmannhoch Platz genommen,<br />

kommt der Befehl für sie wieder aufzubrechen:<br />

Der Manöverfeind ist durchgebrochen. Und so<br />

setzt sich das über den ganzen Film hinfort: Appetitus<br />

interruptus. Die Bourgeoisie kommt nicht<br />

mehr zu Tische, zu ihrer liebsten Beschäftigung:<br />

Da ist was nicht geheuer, so fängt das an und<br />

hört nicht mehr auf. (…)<br />

Das hält einen ganz schön in Bewegung und<br />

nimmt einem fast den Atem: dieses Abenteuern<br />

durch einen Film, der immer wieder von einem<br />

verlangt, daß man ihn zurückbuchstabiert, daß<br />

man mit ihm um Ecken denkt und mit ihm<br />

springt, wenn er eine Hürde mit Phantasie nimmt.<br />

Langsam verliert man den Boden unter den Füßen,<br />

ohne daß einem das allerdings unangenehm<br />

würde. Denn es stellt sich kein Schwindel ein:<br />

eher eine unbändige Lust auf immer neue Entdeckungen,<br />

die mit jedem neuen Bild jeder Drehbewegung<br />

der Geschichte sich vor einem auftun.<br />

Dieser Surrealismus – so verwirrend, jedoch niemals<br />

wirr er sein mag – ist das Gegenteil jenes<br />

obskurantenhaften Mystizismus, der alle Klarheiten<br />

ins Dunkel taucht, in der trügerischen Hoffnung,<br />

das würfe ein neues Licht auf sie. Wirft<br />

aber noch nicht einmal Schatten. (…) Die täuschende<br />

Ähnlichkeit zwischen den Alptraumbildern<br />

und der Wirklichkeit (…) hat Buñuel noch<br />

dadurch gesteigert, daß er immer wieder bewußt<br />

als Traumerzählungen eingeführte Traumata eines<br />

jungen Offiziers in den Film einsprengt: Da<br />

taucht dann in dunklen, fahlen Bildern der häuslichen<br />

Strenge und des Verfalls spanische Vergangenheit<br />

auf. Eine Welt des Mordes, der Gifte,<br />

der Gewitter, der Geisterstimmen, des Todes und<br />

Blutes, wie sie aus Buñuels mexikanischen Filmen<br />

und Arrabals Stücken bekannt ist. (…)<br />

Dieser DISKRETE CHARME DER BOURGEOI-<br />

SIE ist ein Wunderwerk an Präzision und Fabulierfreude,<br />

keine Einstellung zu viel, kein Augenblick<br />

außer Kontrolle; dabei voller Leben, Witz,<br />

Irritation und Geheimnis. Neben Jean Renoirs<br />

SPIELREGEL (1939), diesem melancholisch-kritischen<br />

Porträt der sich auflösenden, vergehenden<br />

französischen Gesellschaft am Rande des<br />

2. Weltkriegs, und Jean-Luc Godards phantastischer<br />

Chaotik einer selbstmörderischen Auto-<br />

148<br />

gesellschaft in WEEKEND (1967) steht von nun<br />

an Luis Buñuels Film DER DISKRETE CHARME<br />

DER BOURGEOISIE. Das sind drei Augenblicke<br />

der Wahrheit in der Kunst unseres Jahrhunderts.<br />

Wenig sonst reicht da heran.<br />

Wolfram Schütte in: Frankfurter Rundschau,<br />

27.4.1973.<br />

(…) Armee, Kirche, Polizei – das sind die Stützen<br />

der Ordnung. Das sind die Säulen, an denen<br />

Buñuel wie Samson in der Hoffnung rüttelt, der<br />

Tempel möge über den Krämern einstürzen. Trösten<br />

wir uns: Nichts wird so bleiben, wie es<br />

ist. Der Film selbst wirkt wie ein Gebäude, das<br />

durch die Einwirkung einer zentrifugalen Kraft<br />

unter Donnerschlägen zusammenbricht. In EL<br />

ÁNGEL EXTERMINADOR, dem anderen gnadenlosen<br />

Porträt der Bourgeoisie und ihres Zerfalls,<br />

hatte Buñuel die Handlung auf eine machtvolle<br />

Konvergenzbewegung aufgebaut: auf geheimnisvolle<br />

Weise gefangen im Salon, ist keiner aus<br />

der Gruppe imstande, sich zu befreien.<br />

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE<br />

basiert auf einer entgegengesetzten Bewegung:<br />

Alle erweisen sich als unfähig, sei es auch nur für<br />

kurze Zeit, zusammenzufinden. Nichts verbindet<br />

sie mehr. (…) Alles verflüchtigt sich in einer Abfolge<br />

von Knalleffekten, von Wandlungen, die dem<br />

Ganzen ein sehr spanisches Aussehen geben,<br />

das Aussehen eines pikaresken Abenteuers, wo<br />

es zum Schicksal des Helden gehört, von den<br />

Wechselfällen des Lebens gebeutelt zu werden,<br />

ohne Möglichkeit des Zugriffs auf die sich verflüchtigende<br />

Realität. (…) (M)an kommt irgendwo<br />

an, wo man nicht erwartet wird, ist dort, wo man<br />

nicht sein soll, als ob die Wirklichkeit sich auf einmal<br />

pervertierte, revoltierte, in jedem Fall sich<br />

undiszipliniert gebärdete und sich weigerte, weiterhin<br />

das Spiel der Ordnung zu spielen, einer<br />

Ordnung, die in der Tat die Keimzelle jeglicher<br />

Unordnung ist. Luis Buñuel, dieser alte Teufel,<br />

wird er auf wundersame Weise gerettet? Er verjüngt<br />

sich von Film zu Film. Kühnheit, Respektlosigkeit,<br />

Ungeniertheit, schwarzer Humor, Freiheit<br />

der Konstruktion: LE CHARME DISCRET DE<br />

LA BOURGEOISIE zeugt von überschäumender<br />

Freude. Uns Tagelöhnern der „Zelluloid-Gangsteromanie“,<br />

uns Kleinbürgern kann ich nur diesen<br />

wohlmeinenden Rat geben: Laßt Euch von<br />

dem alten Löwen eine Lektion erteilen.<br />

Jean-Louis Bory in: Le Nouvel Observateur<br />

(Paris), Nr. 411, 25.9.1972. Aus dem<br />

Französischen übersetzt von Helma Schleif.

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