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Höfer-Wissing | Die Zukunft Kosovos<br />
Martti Ahtisaari und <strong>das</strong> UNOSEK-Team <strong>im</strong> Februar 2007 in Wien. Foto: UNOSEK<br />
Im Plan enthalten ist<br />
auch der Schutz der<br />
Minderheiten vor<br />
etwaiger unangemessener<br />
Dominanz durch<br />
die ethnische<br />
Mehrheit.<br />
wird auch durch diese noch zu erbringende Integrationsleistung<br />
der ›EU-ropäisierung‹ die Statusfrage<br />
eines Tages weniger wichtig sein.<br />
Der Plan regelt zum überwiegenden Teil Fragen<br />
des Minderheitenschutzes und behandelt andere Aspekte<br />
der Staatlichkeit nur, soweit <strong>das</strong> für die Übergangsphase<br />
aus der UN-Verwaltung in eine eigenbest<strong>im</strong>mte<br />
Zukunft sowie die Integration in die Region<br />
nötig ist.<br />
So beschreibt Anhang I, der der künftigen Verfassung<br />
gewidmet ist, die angemessene Beteiligung der<br />
Minderheiten an den politischen Entscheidungsprozessen.<br />
Darin enthalten ist auch ihr Schutz vor etwaiger<br />
unangemessener Dominanz durch die ethnische<br />
Mehrheit. Hingegen befasst er sich nicht mit darüber<br />
hinausgehenden Fragen des Staatsaufbaus, also etwa<br />
den Alternativen eines präsidentiellen oder parlamentarischen<br />
Systems. Diese Wahl zu treffen, wird den<br />
Vertretern Kosovos überlassen.<br />
Dem Prinzip der Eigentümerschaft wird auch in<br />
anderen zentralen Bereichen des Ahtisaari-Planes gefolgt:<br />
Zwar enthalten die 61 Seiten hinlänglich genaue<br />
Vorschriften für den Minderheitenschutz in den<br />
Bereichen lokale Selbstverwaltung (Dezentralisierung),<br />
Schutz der Gemeinschaften und ihrer Mitglieder,<br />
Schutzzonen für <strong>das</strong> religiöse und kulturelle Erbe Kosovos,<br />
überlassen aber die detaillierte Ausarbeitung<br />
der entsprechenden Gesetzgebung dem Parlament Kosovos<br />
– natürlich bei angemessener Beratung mit und<br />
unter Aufsicht der internationalen Gemeinschaft. Soweit<br />
Zweifel an der Akzeptanz der Vorschläge und<br />
am politischen Willen zu ihrer Übertragung in die Gesetzgebung<br />
bestanden, hat <strong>das</strong> Ahtisaari-Team sehr<br />
genaue Vorgaben ausgearbeitet. Beispielsweise sind<br />
die Grenzen der neuen kommunalen Körperschaften<br />
genauestens beschrieben, ebenso die Grenzen der<br />
Schutzzonen.<br />
Ahtisaari hat ebenfalls festgelegt, welche Verpflichtungen<br />
Kosovo gegenüber der internationalen<br />
Gemeinschaft eingeht, und welche Möglichkeiten<br />
diese haben wird, die Umsetzung der Statuslösung<br />
durchzusetzen. Der neu geschaffene Posten<br />
des Internationalen Zivilbeauftragten (International<br />
Civilian Representative – ICR) wird als Vertreter<br />
der internationalen Gemeinschaft weitgehende<br />
Rechte zur Durchsetzung des Statusplans haben.<br />
Dies kann von der Entlassung von Amtsträgern über<br />
die Aufhebung von Gesetzen bis zum Erlass eigener<br />
Verordnungen reichen.<br />
Ebenso soll eine von der EU <strong>im</strong> Rahmen der gemeinsamen<br />
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
(ESVP) getragene Mission Justiz und<br />
Polizei überwachen. <strong>Sie</strong> soll in beiden Bereichen dort<br />
exekutive Funktionen wahrnehmen, wo dies die unleugbar<br />
bestehenden Mängel nahelegen. Schließlich<br />
bleibt Kosovo <strong>im</strong> sicherheitspolitischen Bereich unter<br />
Kuratel der internationalen Gemeinschaft. Die künftige<br />
internationale Militärpräsenz (International Military<br />
Presence – IMP) entspricht der bisherigen, unter<br />
Resolution 1244 eingerichteten Kosovo-Truppe<br />
KFOR. Größe und Bewaffnung einer künftigen Kosovo-Sicherheitstruppe<br />
(Kosovo Security Force – KSF)<br />
werden genau vorgeschrieben. Es ist ausgeschlossen,<br />
<strong>das</strong>s diese jemals eine Bedrohung für irgendwelche<br />
Nachbarn darstellen kann.<br />
Das bisherige Kosovo-Schutzkorps, <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
aus der ›Kosovo-Befreiungsarmee‹ UCK hervorgegangen,<br />
wird binnen eines Jahres aufgelöst. Damit<br />
wird der Schlussstrich unter eine eindrucksvolle<br />
Erfolgsgeschichte der internationalen Gemeinschaft<br />
gezogen, denn die seinerzeitige Umwandlung<br />
der UCK aus einer Freischärlertruppe in eine Organisation<br />
zum Einsatz bei Notfällen könnte ein Vorbild<br />
für viele andere Konfliktzonen sein.<br />
Die Umsetzbarkeit des Ahtisaari-Planes<br />
Eine der Konsequenzen, die man aus früheren Erfahrungen<br />
mit Friedensregelungen auf dem Balkan gezogen<br />
hat, war die Vermeidung eines überkomplizierten<br />
Vertragswerks. Der Vorschlag beschränkt sich<br />
darauf <strong>das</strong> zu regeln, was geregelt werden muss. Er<br />
widersteht der Versuchung juristischen Präventiv-<br />
Mikromanagements. Dennoch kommt auch er nicht<br />
umhin, Schutzregeln einzubauen, die Entscheidungsprozesse<br />
in Kosovo erschweren können. Hierzu gehört<br />
die vorgesehene doppelte St<strong>im</strong>menmehrheit bei<br />
den die Minderheiten betreffenden Entscheidungen.<br />
Diese erfordert nicht nur eine Mehrheit der abst<strong>im</strong>menden<br />
Abgeordneten, sondern auch der Minderheitenvertreter.<br />
Erfahrungen, die in den vergangenen<br />
zwölf Jahren mit so genannten ›Vital-interest‹-<br />
Klauseln gesammelt wurden, lassen befürchten, <strong>das</strong>s<br />
<strong>hier</strong> radikale Minderheitenführer eine Spielwiese<br />
für Obstruktionsmanöver sehen werden. Doch die<br />
144 VEREINTE NATIONEN 4/2007