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Vortrag - Deutsch Polnische Gesellschaft in Franken

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Polen“ um Przybyszewski gaben um 1900 wichtige Anstösse. Aber<br />

außer Przybyszewski und Wyspiański sagen e<strong>in</strong>em diese Dichter nicht<br />

mehr viel.<br />

Also zurück zu den drei großen Romantikern Krasiński, Słowacki und<br />

Mickiewicz auf der e<strong>in</strong>en Seite und auf der anderen Seite hundert Jahre<br />

später die drei großen Modernisierer. Übrigens symbolisieren die drei<br />

großen Schriftsteller des 20.Jahrhunderts das Schicksal Polens: Bruno<br />

Schulz wurde von e<strong>in</strong>em Gestapomann als Jude auf offener Straße<br />

erschossen, Witkiewicz nahm sich am 17.9.39 das Leben an dem Tag,<br />

als die Sowjets <strong>in</strong> den Krieg e<strong>in</strong>traten und Witold Gombrowicz wurde auf<br />

e<strong>in</strong>er Seereise vom Krieg überrascht und blieb im Exil. So symbolisieren<br />

alle auf ihre Weise drei polnische Tode. Was den 17.9 angeht, den Tag<br />

an dem die Sowjetunion die Zusagen im Hitler/Stal<strong>in</strong>-Pakt erfüllte,<br />

möchte ich noch e<strong>in</strong>e Gedichtzeile von Zbigniew Herbert zitieren aus<br />

se<strong>in</strong>em Gedicht „17.9.“:<br />

„...<strong>in</strong> dem bestärkenden Wissen: wir s<strong>in</strong>d – s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong>.“<br />

Beide Texte, die ich Ihnen jetzt vorstelle, zeigen, wie kosmopolitisch<br />

polnische Schriftsteller schreiben können und zu welcher Könnerschaft<br />

sie fähig s<strong>in</strong>d. Hier ließe sich beliebig viel anfügen. Dieses große Feld zu<br />

erschließen würde ich gerne auch Schulen und Universitäten<br />

anempfehlen.<br />

Jetzt also zuerst Gombrowicz bei e<strong>in</strong>er Tischrede, notiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

legendären Tagebuch:<br />

„Dienstag -<br />

E<strong>in</strong>e Rede, die ich an die Nation bei dem Bankett im gastlichen Hause<br />

der Herrschaft X. gehalten habe, an der Neige A. D. 1953.<br />

Wenn die Feste nahen, liebt ihr es, das Blumenbeet der Er<strong>in</strong>nerungen<br />

mit Tränen zu begießen und wehmütig nach den verlorenen heimatlichen<br />

Plätzen zu seufzen. Seid nicht lächerlich noch abgeschmackt! Lernet<br />

eure eigene Bestimmung tragen. Hört auf damit, fade die Schönheiten<br />

von Grójec, Piotrków oder Biłgoraj zu bes<strong>in</strong>gen. Wisset, dass euer<br />

Vaterland nicht Grójec noch Skierniewice ist, nicht e<strong>in</strong>mal das ganze<br />

Land, und möge euch das Blut bei dem Gedanken die Wangen erröten<br />

lassen, dass euer Vaterland ihr selber seid! Was ist schon dabei, dass<br />

ihr euch nicht <strong>in</strong> Grodno, Kutno oder <strong>in</strong> Jel<strong>in</strong>sk bef<strong>in</strong>det? Hat sich jemals<br />

e<strong>in</strong> Mensch woanders als <strong>in</strong> sich befunden? Ihr seid bei euch, auch<br />

wenn ihr euch <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien oder <strong>in</strong> Kanada bef<strong>in</strong>det, denn das<br />

Vaterland ist nicht der Platz auf der Landkarte, sondern die lebende<br />

Wirklichkeit des Menschen. Hört also auf, fromme Illusionen und<br />

künstliche Sentiments <strong>in</strong> euch zu züchten. Ne<strong>in</strong>, niemals s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> der<br />

Heimat glücklich gewesen. Die dortigen Kiefern, Birken und Weiden s<strong>in</strong>d

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