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Vortrag - Deutsch Polnische Gesellschaft in Franken

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Die Polen wiederum hat zutiefst die Geschichte geprägt, die Teilungen<br />

mit den Aufständen, das kurze Zwischenspiel 1919-1939 und dann die<br />

Schrecken des zweiten Weltkriegs, dessen Ende ke<strong>in</strong>e Freiheit brachte,<br />

sondern neue Unfreiheit.<br />

In der Zwischenkriegszeit wurde Polen hauptsächlich von Józef Piłsudski<br />

regiert. E<strong>in</strong>en Diktator würde ich ihn nicht nennen, vielleicht e<strong>in</strong>en<br />

sanften Autokraten. Er war vom Ursprung Sozialdemokrat, auch<br />

literarisch begabt, den Juden zugetan. Tatsächlich e<strong>in</strong>e ungewöhnliche<br />

Integrationsfigur fast bis heute hat er so unterschiedliche Verehrer wie<br />

den nationalkonservativen Präsidenten Lech Kaczyński und den<br />

l<strong>in</strong>ksliberalen Verleger und Publizisten Adam Michnik. Eigentlich<br />

tiefverfe<strong>in</strong>det, schaut auf beiden Schreibtische milde der Übervater.<br />

Jener Piłsudski, der das symbolisiert, was Kazimierz Brandys, mit leiser<br />

Selbstironie - dies zeichnet übrigens die polnische Literatur mit aus - auf<br />

den Punkt br<strong>in</strong>gt, wenn er polnische Geschichte beschreibt:<br />

„...wie schön ist es doch! Unser leidenschaftliches Außenseitertum,<br />

dieser Drang zu Schlachtfeldern ohne zw<strong>in</strong>gende Ursache, dieses<br />

ungestillte Verlangen nach e<strong>in</strong>er großen Rolle im europäischen Theater<br />

der Imponderabilien, <strong>in</strong> dem wir seit dreihundert Jahren glänzende<br />

Episoden zum Besten geben.. das ist ke<strong>in</strong>e Prov<strong>in</strong>z, vielleicht eher e<strong>in</strong><br />

teuflischer Ort, e<strong>in</strong> Land der Träume und der Martern, die rastlose Filiale<br />

der Weltdramen, die man hier hundertmal leidenschaftlicher erlebt unter<br />

der Last der Trennungen und der ungestillten Erwartungen. Wir s<strong>in</strong>d die<br />

slawische Madame Bovary – quälendes Verlangen nach der großen<br />

Liebe und die Bereitschaft zu mutigen Wahns<strong>in</strong>nstaten unter<br />

ungünstigsten Bed<strong>in</strong>gungen. E<strong>in</strong> Unglück zwar – doch welch e<strong>in</strong> Elan!“<br />

Diese 1973 geschriebene Reflexion über e<strong>in</strong>e Außenseiternation zeigt,<br />

dass Polen gar nicht anders kann, als historisch zu denken, wenn auch<br />

wie <strong>in</strong> diesem Fall ironisch gebrochen.<br />

Was ist zu tun? Wie lässt sich die Asymmetrie des Wissens<br />

übere<strong>in</strong>ander beheben?<br />

Peter Lachmann, Übersetzer, Dichter, Dramatiker, geboren <strong>in</strong> Gleiwitz,<br />

lebt seit langem als Piotr Lachmann <strong>in</strong> Warschau. Er sagte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Interview mit e<strong>in</strong>er polnischen Zeitung:<br />

„Es gibt e<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität der Bemühungen, es gibt jedoch ke<strong>in</strong>e<br />

Kont<strong>in</strong>uität des Empfanges. Immer wieder tritt e<strong>in</strong>e Empfangspause e<strong>in</strong><br />

und wir stehen vor e<strong>in</strong>er Mauer.“ und weiter:<br />

„Sie haben mich gefragt, warum die <strong>Deutsch</strong>en die Polen hassen. Diese<br />

Frage hat mich schockiert. Sie hassen Euch nicht. Vielleicht e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>. In Berl<strong>in</strong> leben viele, die Polen gegenüber entschieden<br />

widerwillig s<strong>in</strong>d. Ich suche nach e<strong>in</strong>em entsprechenden Wort… sie, die<br />

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