Rück-Sicht auf den Huf - EBETA. Schule für Hufpflege und Huftechnik
Rück-Sicht auf den Huf - EBETA. Schule für Hufpflege und Huftechnik
Rück-Sicht auf den Huf - EBETA. Schule für Hufpflege und Huftechnik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
freizeit im sattel 12-2003<br />
<strong>Rück</strong>-<strong>Sicht</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Huf</strong><br />
von Dipl. Ing. Boris Eberhard, <strong>Huf</strong>techniker GdHK<br />
Oft vernachlässigt, doch notwendig <strong>für</strong> eine korrekte Bearbeitung: die Betrachtung aller<br />
vier <strong>Huf</strong>e von hinten..<br />
Die Ansicht des <strong>Huf</strong>es von hinten ist mit Sicherheit die unüblichste. Das ist<br />
schade, <strong>den</strong>n gerade aus diesem Blickwinkel gibt es sehr viel Interessantes<br />
zu entdecken. Unregelmäßigkeiten im Trachtenbereich zeigen sich hierbei<br />
sehr deutlich, <strong>und</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Profi ist diese Betrachtung daher von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
Der ideale <strong>Huf</strong> von hinten<br />
Wie sieht der ideale <strong>Huf</strong> von hinten betrachtet aus? Wie bei <strong>den</strong> Ansichten<br />
von vorne <strong>und</strong> von der Seite ist auch hier die Symmetrie von entschei<strong>den</strong>der<br />
Bedeutung: Als Orientierung dient die Ballengrube, die mit der mittleren<br />
Strahlfurche zusammenläuft. Idealerweise fällt diese Linie senkrecht <strong>auf</strong><br />
die Bo<strong>den</strong>fläche des <strong>Huf</strong>es <strong>und</strong> damit <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Untergr<strong>und</strong>. Steht das Pferd<br />
regelmäßig, bildet die Linie gleichzeitig die Mittellinie durch die Knochen<br />
<strong>und</strong> Gelenke. Damit ist das Kriterium „der <strong>Huf</strong> ist zum Fesselstand passend“<br />
auch von hinten erfüllt. Das ist jedoch nicht häufig der Fall, weil<br />
Pferde mit solch einer idealen Stellung selten zu fin<strong>den</strong> sind. Das allein stellt<br />
allerdings noch kein Problem dar, <strong>den</strong>n eine individuelle Abweichung des<br />
Pferdes von der als ideal definierten regelmäßigen Stellung ist <strong>für</strong> ein Pferd<br />
<strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> seines Gesamtkörperbaus in Ordnung.<br />
Sind die Trachten symmetrisch?<br />
Die Linie durch die Ballengrube dient auch als Orientierung zur Beurteilung<br />
der Symmetrie der bei<strong>den</strong> Trachtenhälften: Wenn diese gleich groß <strong>und</strong><br />
die Trachtenwände gleich gewinkelt sind, dann ist die Belastung regelmäßig<br />
verteilt. Meistens ist die innere (mediale) Seite etwas enger als die äußere<br />
(laterale) – das ist vollkommen normal. Auch hier gilt: Die engeren Wandbereiche<br />
sind immer die stärker belasteten. Ist der Unterschied zu groß,<br />
kommt es langfristig zu Verformungen der Wände.<br />
Wie verläuft der Kronrand?<br />
Besonders wichtig bei der Betrachtung der <strong>Huf</strong>e von hinten ist der Verl<strong>auf</strong><br />
des Kronrandes <strong>und</strong> die Ausbildung der bei<strong>den</strong> Ballenbereiche, was direkt<br />
miteinander zusammenhängt. Bei einem gesun<strong>den</strong> <strong>Huf</strong> sind die Ballen<br />
kräftig ausgebildet. Die Kronrandlinie verläuft in einem mehr oder weniger<br />
gut geformten Halbkreis um diesen Bereich herum. Die bei<strong>den</strong> Linien<br />
der lateralen <strong>und</strong> medialen Seite treffen sich in der mittleren Strahlfurche<br />
<strong>und</strong> sollten <strong>auf</strong> gleicher Höhe <strong>und</strong> symmetrisch verl<strong>auf</strong>en. Abweichungen<br />
hiervon weisen immer <strong>auf</strong> eine Deformation der <strong>Huf</strong>e beziehungsweise <strong>auf</strong><br />
eine krankhafte Veränderung der <strong>Huf</strong>form hin. Offensichtlich ist dies beim<br />
Problem des Trachtenzwanghufes. Aber auch bereits kleinere Abweichungen<br />
deuten <strong>auf</strong> Fehlbelastungen der <strong>Huf</strong>kapsel hin. Man könnte sie durch eine<br />
Korrektur beheben, aber leider wer<strong>den</strong> kleine Abweichungen häufig übersehen.<br />
Ideal: Dieser <strong>Huf</strong> weist kräftige Ballen<br />
<strong>und</strong> fast symmetrische Trachtenbereiche<br />
<strong>auf</strong>, die Kronrandlinie verläuft <strong>auf</strong><br />
einer Höhe.<br />
Bei diesem rechten Voderhuf sind die<br />
Ballenbereiche relativ gut ausgebildet.<br />
Die Trachtenwände sind jedoch<br />
unterschiedlich gewinkelt: Die linke<br />
(mediale) Wand verläuft nach innen<br />
<strong>und</strong> ist dadurch stärker belastet, die<br />
äußere (laterale) zeigt einen normalen<br />
Verl<strong>auf</strong>.<br />
Stark untergeschobene Trachten: Der<br />
Strahl ist gar nicht, der Ballenbereich<br />
schwach ausgebildet, beide Trachtenwände<br />
verl<strong>auf</strong>en symmetrisch<br />
nach vorne. Auch hier müssen die<br />
Wände gekürzt wer<strong>den</strong>, um dem<br />
Strahl-/Ballenbereich die Möglichkeit<br />
zur Entwicklung zu geben <strong>und</strong> die zu<br />
spitze <strong>Huf</strong>form zu verbessern.
Unterschiedliche Trachtenwände<br />
Ein häufiges Problem sind unterschiedlich hohe Trachtenwände. Sie führen<br />
zu unterschiedlichem Druck <strong>auf</strong> die entsprechen<strong>den</strong> Ballenbereiche <strong>und</strong><br />
beeinflussen deren Entwicklung. So zeigt sich an der engeren Trachtenwand<br />
häufig ein stark nach oben verschobener Ballenbereich, der zudem nur<br />
schwach ausgebildet ist. Ist der Druck <strong>auf</strong> diesen Ballen <strong>auf</strong> Dauer zu groß,<br />
kann dies auch zu Veränderungen im L<strong>auf</strong>verhalten führen: Der Gang wird<br />
stumpfer, das Auftreten vorsichtiger <strong>und</strong> verlagert sich mehr <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Zehenbereich.<br />
Dadurch wird die Gliedmaße ihrer stoßdämpfen<strong>den</strong> Eigenschaft<br />
weniger gerecht, <strong>und</strong> es kann zu weiteren Veränderungen im Bereich der<br />
Gelenke kommen (Arthrosen).<br />
Ein wichtiges Ziel <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Huf</strong>experten stellt daher das Erreichen einer möglichst<br />
symmetrischen Kronrandlinie dar. Um dieses Ziel zu erreichen, muss<br />
die höhere Trachtenwand gekürzt wer<strong>den</strong>. Nicht immer ist dies ohne <strong>Huf</strong>schutz<br />
gefahrlos durchzuführen; deshalb ist bei solchen Korrekturen meist<br />
die Verwendung eines <strong>Huf</strong>schutzes unausweichlich.<br />
Manchmal ist <strong>Huf</strong>schutz nötig<br />
Die gekürzte Seite kann durch <strong>den</strong> Beschlag unterstützt <strong>und</strong> geschützt wer<strong>den</strong>.<br />
Eine Möglichkeit besteht darin, die Trachtenwand etwas schweben zu<br />
lassen, damit sie sich mit der Zeit <strong>auf</strong> das Niveau der anderen Seite absenkt.<br />
Besonders schwierig wird die Bearbeitung, wenn die Trachtenwand <strong>auf</strong><br />
der engeren Seite nicht mehr mindestens im 90-Grad-Winkel zum Bo<strong>den</strong>,<br />
sondern sogar nach innen verläuft: Hier bedarf es einer anfangs starken<br />
Korrektur, später einer regelmäßigen Bearbeitung, um <strong>den</strong> <strong>Huf</strong> wieder in<br />
eine korrekte Form zu überführen. Solch eine <strong>Rück</strong>führung in die normale<br />
<strong>Huf</strong>form ist möglich, weil sich die Trachtenwände unabhängig voneinander<br />
bewegen können.<br />
Wichtig: Beurteilung in der Bewegung<br />
Immer wieder wird <strong>auf</strong> die Bedeutung der Beurteilung des Pferdes im<br />
L<strong>auf</strong>en hingewiesen (siehe fs 5/03, Seite 44: <strong>Huf</strong>-Beurteilung in Bewegung),<br />
<strong>den</strong>n auch hierbei ist eine genaue Betrachtung der einzelnen <strong>Huf</strong>e von hinten<br />
sehr <strong>auf</strong>schlussreich: Besonders die Fußungen <strong>auf</strong> nur einer Trachtenseite<br />
sind von hinten besser zu erkennen als von vorne, auch an <strong>den</strong> Vorderhufen.<br />
Leider wer<strong>den</strong> die Vorderhufe häufig nur von vorne <strong>und</strong> die Hinterhufe<br />
von hinten betrachtet, was aus praktischen Grün<strong>den</strong> verständlich ist.<br />
Die Trachten richtig bearbeiten<br />
Bei der Bearbeitung der Trachten hat sich leider bei vielen <strong>Huf</strong>experten eine<br />
Leitlinie der <strong>Huf</strong>bearbeitung, die Trachten schonend zu behandeln, in falscher<br />
Weise festgesetzt: „Schonend“ wird häufig mit „gar nicht“ bearbeiten<br />
gleichgesetzt – das führt sehr oft zu Problemen. Hinzu kommt häufig noch<br />
die Angst vor Problemen im Bereich der <strong>Huf</strong>rolle. Dennoch: Das Kürzen<br />
der Trachten ist die einzige Möglichkeit, in diesem Bereich wieder gleichmäßige<br />
Belastungen herzustellen. Zehen- <strong>und</strong> Seitenwände können von außen<br />
bearbeitet wer<strong>den</strong>, Trachtenwände nicht.<br />
Bei diesem Pferd ist <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> einer<br />
Verletzung im Fohlenalter der rechte<br />
Ballenbereich zerstört: Die <strong>Huf</strong>wand<br />
ist hier höher. Der Wallach geht seit<br />
Jahren ohne größere Probleme barhuf.<br />
Der <strong>Huf</strong>bearbeiter muss lediglich dar<strong>auf</strong><br />
achten, dass die rechte <strong>Huf</strong>wand nicht<br />
zu hoch wird.<br />
Dieses Pferd hat Trachtenzwanghufe:<br />
vorne links vor der Bearbeitung, vorne<br />
rechts danach. <strong>Huf</strong> <strong>und</strong> Trachtenwände<br />
wur<strong>den</strong> stark gekürzt.<br />
Deutlicher Trachtenzwang eines engen<br />
rechten Vorderhufes: Beide Trachtenwände<br />
sind hoch <strong>und</strong> verl<strong>auf</strong>en stark<br />
nach innen zum Strahl hin. Dementsprechend<br />
schlecht ausgebildet sind<br />
Ballen <strong>und</strong> Strahl. Zusätzlich ist der linke<br />
Ballenbereich durch die höhere Trachte<br />
nach oben gedrückt, der Kronrand<br />
verläuft unterschiedlich hoch. Die <strong>Huf</strong>wände<br />
sind gegeneinander verschoben,<br />
der <strong>Huf</strong> deformiert sich. Als erste Maßnahme<br />
wer<strong>den</strong> beide Trachtenwände<br />
in kurzen Abstän<strong>den</strong> gekürzt. Für dieses<br />
Pferd ist ein Barhufgehen wahrscheinlich<br />
möglich, da solche <strong>Huf</strong>e meist nicht<br />
besonders empfindlich reagieren.<br />
Eselhufe<br />
... erfordern eine ganz spezielle Bearbeitung. Das Deutsche <strong>Huf</strong>register hat jetzt die ersten zehn <strong>Huf</strong>pfleger,<br />
-techniker <strong>und</strong> -schmiede nach einer speziellen Schulung <strong>für</strong> die <strong>Huf</strong>pflege bei Eseln zertifiziert.<br />
Die Liste dieser Experten gibt es über www.besw.de oder unter Telefon 08093 5028.