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Ohne Titel - GEW Niedersachsen

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Niedersächsisches Kultusministerium 26.02.2007<br />

Referat 31/32<br />

Schiffgraben 12<br />

30159 Hannover<br />

Stellungnahme zur „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur<br />

Förderung der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der Kindertagestätten<br />

und Grundschulen und zur Förderung von Kindern im letzten<br />

Kindergartenjahr“<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

das Ziel der oben genannten Zuwendungsrichtlinie ist „eine verbesserte Unterstützung der<br />

individuellen Entwicklung von Kindern insbesondere im letzten Jahr vor der Einschulung“.<br />

Die <strong>GEW</strong> begrüßt das Vorhaben des niedersächsischen Kultusministeriums dafür<br />

systematische Strukturen zu schaffen und dieses materiell zu unterfüttern. Leider werden in<br />

der jetzt vom Niedersächsischen Kultusministerium vorgelegten Richtlinie die<br />

unterschiedlichen Bildungsaufträge beider Systeme nicht ausreichend berücksichtigt. Im<br />

Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung:<br />

Allgemeines:<br />

• Bei den Institutionen Schule und Kindertagesstätte handelt es sich um zwei<br />

eigenständige gleichberechtigte Bildungseinrichtungen. Die dort tätigen Professionen<br />

haben unterschiedliche Aufgaben und Zielsetzungen. Durch die Zusammenarbeit von<br />

Erzieherinnen und Erziehern, Lehrkräften und Eltern entwickelt sich Bildung als<br />

fortlaufender Prozess.<br />

• Kindertageseinrichtungen haben sich zunehmend zu Bildungsstätten profiliert. Dabei<br />

geht es um eine umfassende Bildung aller Kinder und nicht um eine einseitige<br />

Vorbereitung auf Lese- und Kulturtechniken. Bildungsprozesse werden dort im<br />

Vergleich zur früheren Vorklasse nicht im Hinblick auf die Schule sondern viel<br />

umfassender angelegt. Diese Richtung muss weiter verfolgt werden. Schulische<br />

Bildung darf nicht in den Elementarbereich vorgezogen werden.<br />

• Die Absicht, den dritten Kita-Jahrgang zum Schulkindergarten zu entwickeln, „in dem<br />

mit Sprachförderung und anderen begleitenden und qualifizierenden Maßnahmen die<br />

erforderliche Schulreife der Kinder gewährleistet wird“, stellt die Anstrengungen der<br />

letzten Jahre für eine qualitative Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in Kitas<br />

auf den Kopf, denn es widerspricht dem ganzheitlichen Ansatz des<br />

niedersächsischen Orientierungsplanes für Bildung und Erziehung im<br />

Elementarbereich. Danach haben Kindertagesstätten einen eigenständigen<br />

Bildungsauftrag, an den die Grundschule bei ihrer Arbeit anknüpft. Lernbereiche<br />

werden in der Kita z. B. nicht nach Art der Schulfächer abgearbeitet. Das<br />

widerspräche dem Bildungsverständnis für die Phase der frühen Kindheit.<br />

Zu den Details:.<br />

• Ein Ziel des Projektes Brückenjahr muss die gleichberechtigte Kooperation zwischen<br />

den Beteiligten sein. Der Ansatz, Tandems zu bilden, die jeweils aus einer Lehrkraft<br />

und einer Fachkraft einer Kindertageseinrichtung bestehen, bietet die Chance für<br />

eine hierarchiefreie Zusammenarbeit zwischen den Professionen. Organisatorische<br />

und aus unterschiedlichen Traditionen erwachsene Probleme, aber auch<br />

Statusprobleme, sollten dabei nicht unterschätzt werden.<br />

• Die 50 Beratungsteams nehmen eine zentrale Rolle bei der Konzeptentwicklung ein.<br />

Der umfangreiche Aufgabenkatalog und die Tatsache, dass alle Strukturen erst


aufgebaut werden müssen, bevor eine Unterstützung wirksam werden kann,<br />

beinhaltet einen hohen Anspruch an diese Aufgabe. Dazu kommt, dass nicht klar ist,<br />

wie groß der Einsatzbereich tatsächlich ist, mit wie viel Institutionen (Jugend- und<br />

Gesundheitsämter, Trägern der Kindertagesstätten) zusammengearbeitet werden<br />

muss. Außerdem soll ein Beratungsteam für die Weiterentwicklung der<br />

Zusammenarbeit in einer Region mit durchschnittlich ca. 1.500 fünf- bis sechsjährigen<br />

Kindern zuständig sein. Zu betreuende Regionen, die mit jeweils 35 bis 40<br />

Grundschulen und dazugehörenden Kindertagesstätten in dreistelliger Anzahl (je<br />

nach Gebiet etwa 80-120) anzusetzen sind, hätten auch für ein großzügiger<br />

freigestelltes Beratungstandem eine nicht handhabbare Dimension erreicht. Mit den<br />

pro Beratungsteam zur Verfügung gestellten Ressourcen ist diese Arbeit nicht<br />

leistbar.<br />

• Zwei mal 250 Modellprojekte sollen eingerichtet werden. Unklar ist, wofür die zur<br />

Verfügung gestellten Stunden in diesen Projekten verwendet werden sollen.<br />

Einerseits zielt das Projekt Brückenjahr auf die Förderung der individuellen<br />

Entwicklung der zukünftigen Schulkinder, anderseits sollen die Maßnahmen „so<br />

erprobt, entwickelt und ausgewertet werden, dass diese nach Ablauf der zweijährigen<br />

Projektdauer auch ohne zusätzliche personelle Ressourcen in die Praxis integriert<br />

werden können.“ Heißt das, die personellen Ressourcen sind für die Planung von<br />

Bildungsangeboten und Fördermaßnahmen gedacht aber nicht für die<br />

Fördermaßnahmen selbst? Wer setzt diese Planungen dann um und fördert die<br />

einzelnen Kinder nach ihrem individuellen Bedarf? „Neben der schon laufenden<br />

Sprachförderung kann das zum Beispiel auch Förderung der Motorik, Förderung für<br />

Hochbegabte oder auch sonderpädagogische Förderung beinhalten. Hierfür erhalten<br />

die Träger der Kindergärten für Modellprojekte auf Antrag zusätzliche<br />

Personalressourcen.“ So wird es den Eltern auf der Homepage der<br />

niedersächsischen Staatskanzlei versprochen. Lässt sich daraus schlussfolgern,<br />

dass die Mittel, die an die Träger der Kindertagesstätten gehen für die Arbeit mit den<br />

Kindern vorgesehen sind und die Stunden, die aus den Schulen kommen, für die<br />

Planungsarbeit verwendet werden? Eine solche Aufteilung kann nur abgelehnt<br />

werden, es würde eine Zusammenarbeit innerhalb eines Tandems konterkarieren,<br />

allein schon wegen der Augenhöhe. Darüber hinaus ist der Umfang von<br />

durchschnittlich sechs Fachkraft- und vier Lehrerstunden bezogen auf ein<br />

Modellprojekt mit drei Kindertagesstätten und einer Schule zu knapp bemessen.<br />

• Die Beschränkung der Laufzeit des Projektes auf zwei Jahre ließe sich noch<br />

nachvollziehen, wenn eine wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts<br />

vorgesehen wäre. Nach einer Erprobungsphase müssten dann Entscheidungen über<br />

das weitere Verfahren getroffen werden Im vorliegenden Fall aber soll schon beim<br />

Verfassen der Konzepte davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf der zwei<br />

Jahre die zusätzlichen Mittel entfallen werden. Das kann nur heißen, dass die den<br />

Eltern versprochene Förderung nur dort fortgeführt werden kann, wo die Kosten dafür<br />

von den Trägern der Kindertagestätten übernommen werden. Kooperationsstrukturen<br />

sind dauerhaft nicht ohne zusätzliche Zeitressourcen zu etablieren, insofern ist die<br />

o.g. Zielsetzung des Projektes abzulehnen. Darüber hinaus muss eine<br />

wissenschaftliche Begleitung gewährleistet werden. Sicherzustellen sind außerdem<br />

Rahmenbedingungen für qualifizierte Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Wegen unzureichender Ressourcen und einer konzeptionell nicht überzeugenden<br />

Ausgestaltung des so genannten Brückenjahres lehnt die <strong>GEW</strong> die Zuwendungsrichtlinie ab.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Andreas Klepp<br />

Geschäftsführer

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