Ausgabe 04-2011 - GEW-Saarland
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<strong>04</strong>/<strong>2011</strong> • 57. Jahrgang<br />
Zeitschrift des Landesverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB<br />
ARBEITSZEIT UND<br />
ARBEITSBELASTUNG<br />
n<br />
Bildu g ist MehrWert!
INHALT<br />
08<br />
Mehrarbeit im saarländischen Schuldienst - Informationen aus der Landesrechtsschutzstelle<br />
Editorial 03<br />
Thema: Arbeitszeit und<br />
Arbeitsbelastung <strong>04</strong>-11<br />
<strong>04</strong> Leben ist mehr als Arbeit,<br />
Produktion und Geld verdienen<br />
06 Allianz für den freien Sonntag<br />
Beiträge zum Gottesdienst am 20.2.<strong>2011</strong><br />
07 Helden des Alltags<br />
Ergebnis der Schulleitungs- und<br />
Lehrkräftebefragung TALIS in Deutschland<br />
08 Mehrarbeit im saarländischen<br />
Schuldienst<br />
Informationen aus der<br />
Landesrechtsschutzstelle<br />
10 Alles andere als rosig<br />
Erste Ergebnisse der Fachkräftebefragung<br />
im sozialen Bereich<br />
Berufliche Bildung und<br />
Weiterbildung 12<br />
12 Fortbildungsprogramm für<br />
Beschäftigte in pädagogischen<br />
und sonderpädagogischen<br />
Einrichtungen<br />
Apri/Mai <strong>2011</strong><br />
12 Schule und Betrieb: Go and<br />
find out!<br />
Bundesweite Lehrerfortbildung von <strong>GEW</strong><br />
und IG Metall<br />
Jugendhilfe 14<br />
14 Viele Themen in kurzer Zeit<br />
Wochenendseminar der <strong>GEW</strong> Fachgruppe<br />
Sozialpädagogische Berufe<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 2<br />
Hochschule 15<br />
15 Eine Querschnittsaufgabe<br />
Schule 16-20<br />
16 Bildungsreform für mehr<br />
Chancengleichheit<br />
Strukturwandel versus Etikettenschwindel<br />
20 Mehr Peers - weniger alte Penne<br />
Gewerkschaft 22-25<br />
22 Signale vom Müggelsberg und aus<br />
Merchingen<br />
Tarifergebnis wurde durch Warnstreiks<br />
erkämpft<br />
24 Fahrt zur Didacta nach Stuttgart<br />
24 Bravo! Sabine und Natalie...<br />
25 Herzlichen Glückwunsch zum<br />
90. Geburtstag<br />
Bücher & Medien 26<br />
26 Interventionen, die etwas<br />
bewegen<br />
Prozesse emotionalisieren, mit<br />
Konfrontation aktivieren, über Grenzen<br />
gehen, wirksame Rituale gestalten<br />
26 Der WWW-Tipp<br />
26 Die Jamaika Clique<br />
Geburtstage<br />
und Jubiläen 27<br />
27 April <strong>2011</strong><br />
Öffnungszeiten der<br />
Geschäftsstelle<br />
Mo.-Do.: 09.00 – 12.00 Uhr,<br />
13.00 – 16.00 Uhr<br />
Fr.: 09.00 – 12.00 Uhr, 13.00 – 15.00 Uhr<br />
Telefon: 0681 / 66 830-0,<br />
Telefax: 0681 / 66 830-17<br />
E-Mail: info@gew-saarland.de<br />
Internet: www.gew-saarland.de<br />
<strong>GEW</strong>-Service<br />
Beratungszeiten für<br />
Mitglieder in Rechtsfragen<br />
Mo.: 08.30 – 12.15 Uhr,<br />
Di. u. Do.: 08.30 – 16.30 Uhr,<br />
Mi.: 13.00 – 17.00 Uhr<br />
Landesstelle für Rechtsschutz<br />
Gabriele Melles-Müller,<br />
Tel.: 0681 / 66 830-13,<br />
E-Mail: g.melles-mueller@gew-saarland.de<br />
Tel. (priv.): 06821 / 589 09<br />
Mo.: 16.00 – 18.00 Uhr<br />
Beratungszeiten für Referendarinnen<br />
und Referendare<br />
Montags 12.00 – 15.00 Uhr<br />
Andreas Sánchez, Tel.: 0681 / 66 830-14<br />
Beratung für Beschäftigte und<br />
Freiberufler (Erwachsenen- &<br />
Weiterbildung)<br />
Donnerstags 14.30 – 15.30 Uhr<br />
G. Hallermayer, <strong>GEW</strong>-Geschäftsstelle<br />
Beratungsdienst für Auslandsaufenthalt<br />
von Lehrkräften<br />
M. Wagner<br />
Tel.: 06833/1435 (nachmittags)<br />
Redaktionsschluss<br />
<strong>04</strong>.<strong>04</strong>.<strong>2011</strong><br />
(Mai-<strong>Ausgabe</strong>)<br />
06.05.<strong>2011</strong><br />
(Juni-<strong>Ausgabe</strong>)<br />
E-Mail: redaktion@gew-saarland.de<br />
Gewerkschaft Erziehung und<br />
Wissenschaft (<strong>GEW</strong>) im DGB,<br />
Landesverband <strong>Saarland</strong>, Geschäftsstelle:<br />
Mainzer Str. 84, 66121 Saarbrücken<br />
Tel.: 0681/66 830-0, Fax: 0681/66 830-17<br />
info@gew-saarland.de<br />
Redaktion<br />
Peter Balnis, Agnes Bender-Rauguth,<br />
Thomas Bock, Georg Eich, Matthias<br />
Römer, Janina Rothkamp (verantw.),<br />
Klaus Schmitt<br />
Anzeigenverwaltung<br />
Andreas Sánchez,<br />
a.sanchez@gew-saarland.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Druck<br />
COD Büroservice GmbH<br />
Bleichstraße 22, 66111 Saarbrücken<br />
Telefon: 0681 / 393 53 0, info@cod.de<br />
Bildnachweis<br />
u.a. pixelio.de, fotolia.de<br />
Layout<br />
Bärbel Detzen<br />
Namentlich gezeichnete Beiträge geben<br />
nicht unbedingt die Meinung der <strong>GEW</strong><br />
wieder. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
ich begrüße euch herzlich zur April-<br />
<strong>Ausgabe</strong>. Seit geraumer Zeit findet der<br />
Weg zur Arbeit wieder im Hellen statt, die<br />
Tage sind länger und diverse Sonnenstunden<br />
verschönern das tägliche Leben.<br />
Die eigene Stimmung ist besser, die<br />
Menschen bewegen sich nach draußen.<br />
Auch wenn uns bildungspolitisch schwierige<br />
und vor allem spannende Zeiten<br />
bevorstehen, habe ich das Gefühl, das<br />
Wetter beeinflusst unseren Elan und unsere<br />
Motivation positiv, um die neuen<br />
Herausforderungen anzugehen. Die<br />
Dunkelheit und die Kälte verschwinden,<br />
die Arbeitszeit und vor allem die<br />
Arbeitsbelastung bleiben allerdings! Lerne<br />
ich neue Leute kennen oder führe<br />
Gespräche im Bekanntenkreis, so heißt es<br />
oft: „Ach, du bist Lehrerin! Wunderbar, da<br />
hast du ja schon mittags Feierabend und<br />
richtig viel Urlaub!“ Meine Reaktion auf<br />
diese Aussage ist eigentlich immer die gleiche:<br />
Ich muss vor der Antwort zuerst tief<br />
Luft holen. Dann kläre ich auf. Denn Fakt<br />
ist, dass ein Großteil der Arbeit von<br />
Lehrkräften neben und nach dem<br />
Unterrichten stattfindet. Unterricht vorund<br />
nachbereiten, Schüler- und Elterngespräche<br />
führen, Arbeitsgemeinschaften<br />
leiten, an Konferenzen teilnehmen,<br />
Elternabende leiten, sich bei Festen, in<br />
Projektwochen und bei Klassenfahrten<br />
einbringen usw. Nicht zu vergessen: die<br />
Korrekturen. Wie viele meiner Kollegin-<br />
nen und Kollegen unterrichte ich zwei<br />
Hauptfächer und verbringe somit<br />
Wochenenden und auch Ferien am<br />
Schreibtisch. Während meines Referendariats<br />
bekamen wir die Aufgabe zu überlegen,<br />
wie viel Raum Schule, also der<br />
Beruf/die Arbeit, eigentlich in unserem<br />
Leben neben Freunden, Familie, Hobbies<br />
usw. einnimmt. Die Schule nahm den<br />
größten Raum in Anspruch! Nun bin ich<br />
bereits ein paar Jahre im Schuldienst, aber<br />
hat sich das wirklich verändert? Natürlich<br />
versucht man, sich Nischen zur Entspannung<br />
und zum Abschalten einzubauen,<br />
aber nicht immer funktioniert es. Der<br />
Druck, noch viele Dinge erledigen zu<br />
müssen, den Erwartungen an sich selbst<br />
und den Erwartungen anderer gerecht zu<br />
werden, ist groß und belastet. Selbstverständlich<br />
gilt das alles nicht nur für pädagogische<br />
Tätigkeitsfelder, sondern für alle<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />
Leben wir, um zu arbeiten oder arbeiten<br />
wir, um zu leben?<br />
Uns als Redaktion einer Gewerkschaftszeitung<br />
war es daher ein Anliegen, Arbeitszeit<br />
und Arbeitsbelastung zum Thema zu<br />
machen. Im <strong>Saarland</strong> besteht seit 2009<br />
eine „Allianz für den freien Sonntag“,<br />
deren Ziele und Anliegen wir vorstellen.<br />
Menschen brauchen Menschen, das heißt<br />
sie brauchen Zeit, um ihr soziales Leben zu<br />
pflegen. Doch es kommt vor, dass andere<br />
Bedürfnisse der heutigen Arbeitsverdichtung<br />
zum Opfer fallen. Die Veränderungen<br />
der letzen Jahre (z.B. verlängerte<br />
Ladenöffnungszeiten) tragen nicht gerade<br />
dazu bei, dass das besser wird. Zu viel<br />
Arbeit kann krank machen. Stefanie<br />
Nutzenberger (Gewerkschaftssekretärin<br />
bei ver.di) lehnt vehement Sonn- und<br />
Feiertagsarbeiten und das Arbeiten bis<br />
spät in die Nacht ab: „Das ist ein<br />
EDITORIAL<br />
Menschenrecht, um Mensch zu sein.“ Nur<br />
so tanken wir Kraft und bleiben gesund.<br />
Matthias Römer informiert uns über interessante<br />
Ergebnisse einer Schulleitungsund<br />
Lehrkräftebefragung TALIS in<br />
Deutschland. In dieser Studie geht es unter<br />
anderem um die Arbeitssituation und die<br />
Bedingungen der täglichen Arbeit. Außerdem<br />
hat Gabriele Melles-Müller von der<br />
Landesrechtsschutzstelle wesentliche Informationen<br />
über die Mehrarbeit im saarländischen<br />
Schuldienst zusammengefasst.<br />
Neben diesem Schwerpunktthema verlieren<br />
wir die aktuelle bildungspolititsche<br />
Debatte auch in dieser <strong>Ausgabe</strong> nicht aus<br />
den Augen. Ilka Hoffmann beleuchtet in<br />
ihrem Artikel „Bildungsreformen für<br />
mehr Chancengleichheit“, was soziale<br />
Benachteiligung im Bildungssystem tatsächlich<br />
bedeutet, und erläutert entscheidende<br />
Punkte, wie wir zu mehr sozialer<br />
Gerechtigkeit gelangen können. Weitere<br />
lesenswerte Beiträge und Buchvorstellungen<br />
warten auf euch. Ein herzliches<br />
Dankeschön an alle, die zum Gelingen<br />
dieser <strong>Ausgabe</strong> beigetragen haben. Viel<br />
Freude beim Lesen!<br />
Schließen möchte ich mit einem Zitat<br />
von Albert Einstein, wobei ich – er wird es<br />
mir nachsehen – das Zitat ergänzen möchte:<br />
„Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig:<br />
Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft<br />
etwas, in das man viel Zeit und<br />
Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.“<br />
Meine Ergänzung: Eine dritte Sache ist<br />
nötig: Zeit und Raum nur für sich, um<br />
Energie für die weitere Arbeit zu schöpfen. <br />
Janina Rothkamp<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 3
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Leben ist mehr als Arbeit, Produktion<br />
und Geld verdienen<br />
Wie in vielen Bundesländern und EU-<br />
Ländern wurde auch im <strong>Saarland</strong> im Jahr<br />
2009 eine „Allianz für den freien Sonntag“<br />
gegründet.<br />
Ziele dieser Allianz sind die Einhaltung<br />
des Sonn- und Feiertagsschutzes und die<br />
Begrenzung der Ladenöffnungszeiten im<br />
<strong>Saarland</strong> sowie die Thematisierung der<br />
gesundheitlichen, sozialen und kulturellen<br />
Folgen einer „Rund um die Uhr-Konsumund<br />
Kommerz-Gesellschaft“. Insbesondere<br />
geht es dieser Allianz darum, den<br />
Menschen „eindeutig in den Mittelpunkt<br />
allen Wirtschaftens zu stellen.“ Weiter<br />
heißt es in der Gründungserklärung dieser<br />
Allianz: „Insbesondere der Sonntag verkörpert<br />
traditionell die Freiheit des<br />
Menschen von einer rein ökonomisch orientierten<br />
Lebensweise. An diesem Tag<br />
steht einmal nicht im Vordergrund, was<br />
ein Mensch leistet. Vielmehr geht es um<br />
das, was jeder zu einem Leben für sich und<br />
in der Gemeinschaft mit anderen benötigt.“<br />
Gemeinsam mit der Evangelischen<br />
und Katholischen Kirche ist der Landesbezirk<br />
von Verdi Träger dieser Allianz.<br />
Unterstützt werden sie von der Arbeitskammer<br />
des <strong>Saarland</strong>es, zahlreichen<br />
christlichen Gruppierungen, dem DGB<br />
Saar und der SynagogenGemeinde Saar.<br />
(Alle Zitate sind der Gründungserklärung<br />
dieser Allianz entnommen.)<br />
Unter dem Titel „Leben ist mehr als<br />
Geld verdienen“ fand am 20. Februar <strong>2011</strong><br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 4<br />
ein evangelischer Gottesdienst in der<br />
Martinskirche in Altstadt statt, der von<br />
SR2 live übertragen wurde. Dieser<br />
Gottesdienst wurde von Mitgliedern der<br />
Allianz für den freien Sonntag mitgestaltet.<br />
Mitgemacht haben auch die Folkgruppe<br />
Liedstöckel, in der fünf <strong>GEW</strong>-<br />
Mitglieder mitspielen.<br />
Aus der Predigt von Pfarrer Sascha<br />
Müller hier einige Gedanken: „... Seltsamerweise<br />
nehmen in diesen Zeiten, in<br />
denen es uns materiell noch nie so lange so<br />
gut ging wie in den vergangenen Jahrzehnten<br />
Erkrankungen der Psyche, der<br />
Seele massiv zu. Depression wird zur<br />
Volkskrankheit, Burn Out zur Massendiagnose.<br />
Psychische Erkrankungen führen<br />
mittlerweile die Hitliste der Gründe<br />
für Krankschreibungen am Arbeitsplatz<br />
an, und die Tendenz der Fälle ist steigend.<br />
Dabei verbringen wir wesentlich weniger<br />
Zeit am Arbeitsplatz als noch die Menschen<br />
vor 150 Jahren. ... Nimmt man noch<br />
die gestiegene Lebenserwartung hinzu,<br />
dann heißt das: der Anteil, den die Arbeitszeit<br />
an der Lebenszeit ausmacht, ist<br />
auf ein Drittel zurückgegangen. Wir arbeiten<br />
also nur noch ein Drittel so viel wie<br />
unsere Vorfahren, trotzdem macht die<br />
Arbeit unsere Seele kränker als jemals<br />
zuvor.<br />
Mehr Wohlstand und mehr freie Zeit<br />
gleich mehr seelische Krankheit – eine<br />
sonderbare Gleichung. Was sind die<br />
Ursachen für diese Entwicklung? Der<br />
Sozialpsychologe Erich Fromm hat in<br />
einem seiner Hauptwerke die Unterscheidung<br />
zwischen Haben und Sein als einen<br />
der Gründe benannt. Gerade in Zeiten des<br />
Wohlstandes denken Menschen immer<br />
mehr, durch das Haben von Dingen glücklich<br />
zu werden. Kurzfristig mag das stimmen,<br />
letztlich handelt es sich dabei aber<br />
um einen verhängnisvollen Irrtum.<br />
Doch statt diesen Irrtum zu erkennen,<br />
dass Haben nicht glücklich und zufrieden<br />
machen kann, will der Mensch immer<br />
mehr haben. Er denkt durch die Dosissteigerung<br />
doch noch den ersehnten<br />
Glückszustand zu erreichen. Wenn Etwas-<br />
Haben schon nicht richtig glücklich<br />
macht, dann sicherlich das Mehr-Haben,<br />
so die Devise. Die Shopping-Gesellschaft<br />
unserer Tage ist ein Ausdruck dieser<br />
Haben-Ideologie.<br />
Beim Einkaufen geht es nicht mehr<br />
darum, sich mit den Dingen zu versorgen,<br />
die man zum täglichen Leben braucht.<br />
Dazu hätten ja die früheren Ladenöffnungszeiten<br />
werktags bis 18.30 Uhr und<br />
samstags bis 14 Uhr vollkommen ausgereicht.<br />
... Shoppen wird zur Freizeitgestaltung<br />
zum Erlebnis.... Denn das Haben von<br />
Dingen verheißt Glück und Bestätigung,<br />
so suggeriert es uns die Werbung. Diese<br />
Zufriedenheit, dieses Glück will man am<br />
besten zu allen Tages- und Nachtzeiten<br />
erfüllt sehen. ... Glück durch Haben-<br />
Wollen: mich erinnert das an die Geschichte<br />
vom Goldenen Kalb, die in der<br />
Bibel steht: da wird ein sinnlich materieller<br />
Gegenstand erschaffen, und wer den hat,<br />
wer den anbeten kann, der wird glücklich,<br />
zufrieden. „Woran du dein Herz hängst,<br />
das ist dein Gott“, hat Martin Luther in<br />
seiner Auslegung zum ersten Gebot<br />
geschrieben. ... Zeiten für das Gemeinsame,<br />
für das Zusammensein, bleiben<br />
dabei auf der Strecke. Arbeitszeiten werden<br />
individualisiert, Einkaufen ist in manchen<br />
Bundesländern schon bis 24 Uhr<br />
möglich, die Sperrstunde ist in vielen<br />
Städten gefallen. Es gibt sie kaum noch,<br />
die Zeiten, in denen so etwas wie Ruhe<br />
einkehrt – geradeso, als ob wir vor Ruhe<br />
und Besinnung Angst haben müssten.<br />
Dabei brauchen wir gemeinsame Zeiten<br />
der Ruhe. Nur in diesen gemeinsamen<br />
Zeiten der Ruhe erfahren wir, dass sich<br />
unser Menschsein nur im Zusammensein<br />
mit anderen wirklich entfalten kann.<br />
Der Mensch ist ein soziales Wesen, er<br />
braucht den anderen, um seiner Bestimmung<br />
gerecht zu werden. Der Göttinger<br />
Hirnforscher Gerald Hüther geht sogar<br />
soweit, dass er sagt: „das Hirn eines Menschen<br />
höre nicht an seiner Schädeldecke<br />
auf.“ „Wir sind miteinander verbunden“,<br />
sagt er, „und sind wir das nicht, dann werden<br />
wir krank.“ Zeiten, in denen wir miteinander<br />
verbunden sind, in denen das<br />
Leben einen anderen Takt einschlägt, die<br />
brauchen wir zu unserer seelischen<br />
Gesundheit. Fehlen sie, so werden wir<br />
krank. ... Die natürlichen Rhythmen fallen<br />
mir da ein, die sich zwar nicht immer mit<br />
meinen individuellen Bedürfnissen<br />
decken, ich kann sie aber auch nicht ohne<br />
immense Nachteile verändern. Tag und<br />
Nacht, der Wechsel der Jahreszeiten, all das<br />
gehört für mich dazu. Und das scheint mir<br />
manches Mal eine der Hauptherausforderungen<br />
unserer Zeit zu sein: zu akzeptieren,<br />
dass es Dinge gibt, die größer sind<br />
als wir selbst, dass es Zusammenhänge<br />
gibt, die wir im ureigensten Interesse besser<br />
akzeptieren und für uns gestalten,<br />
anstatt stetig gegen sie anzukämpfen. ...<br />
Menschen, die arbeitslos sind, werden<br />
häufig depressiv - das habe ich in der<br />
Beratung von Arbeitssuchenden oft genug<br />
erlebt. Ihnen fehlt das Tätigsein, das, wozu<br />
der Mensch geschaffen ist. Das Gebrauchtwerden,<br />
das Eingebettet-Sein in einen<br />
Kontext, in dem die Erde bebaut und<br />
bewahrt wird. Allen Sozialneidsdebatten<br />
zum Trotz: Menschen, die arbeitslos sind,<br />
leiden in der Regel unter dieser Situation.<br />
Sie leiden sicherlich unter dem finanziellen<br />
Druck, vielmehr aber noch daran, dass<br />
sie nicht tätig sein können. Ich habe in<br />
meiner Beratungstätigkeit niemanden<br />
kennen gelernt, der die spätrömische<br />
Dekadenz, die man Arbeitslosen ja gerne<br />
einmal vorwirft, zu genießen weiß.<br />
Keine Arbeit, kein Tätigsein ist Gift für<br />
den Menschen, zu viel Arbeit aber genauso.<br />
... in fast allen Branchen haben die psychischen<br />
Belastungen am Arbeitsplatz für<br />
die Betroffenen massiv zugenommen.<br />
Fragt man nach dem Grund, dann sind die<br />
Antworten aus fast allen Bereichen ähnlich:<br />
die Arbeitsverdichtung hat zugenommen,<br />
es gibt kaum noch Phasen, wo es einmal<br />
ruhiger läuft.<br />
Wie ein Motor, der ständig im obersten<br />
Drehzahlbereich läuft, fühle er sich, hat<br />
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
mir ein Industriearbeiter einmal gesagt. ...<br />
Arbeit ist nicht gut oder schlecht an sich,<br />
Ruhe ist es auch nicht. Auf das rechte Maß,<br />
den rechten Wechsel, den Rhythmus<br />
kommt es an. ... dieser Rhythmus ist es,<br />
der unserem Menschsein entspricht: der<br />
regelmäßige Ablauf von Tätigsein und<br />
Ruhe, gerade so, wie beim Sportler Phasen<br />
der Anspannung und Entspannung im<br />
guten Wechsel stehen müssen, um die<br />
Leistungsfähigkeit zu erhalten. ...<br />
Und darum ist uns der Sonntag so wichtig:<br />
dass wir einmal innehalten, nicht in<br />
Geschäften rumrennen auf der Suche nach<br />
Dingen, die uns Glück versprechen, es<br />
aber doch nicht bringen ...“<br />
Soweit die Gedanken aus der Predigt<br />
von Sascha Müller, der Beauftragter der<br />
Ev. Kirche der Pfalz im Trägerkreis der<br />
„Allianz für den freien Sonntag“ im<br />
<strong>Saarland</strong> und in Rheinland-Pfalz ist.<br />
(Quelle war das mir zur Verfügung stehende<br />
Script des Gottesdienstes)<br />
Angesichts unserer sich rasant entwickelnden<br />
Wissens- und Informationsgesellschaft,<br />
in der auch am Sonntag keine<br />
Ruhe einkehrt, in der ständig produziert<br />
wird, nicht etwa weil die Menschen diese<br />
produzierten Waren unbedingt bräuchten,<br />
sondern es wird produziert und zugleich<br />
durch einen immensen Werbeaufwand<br />
dazu animiert, diese zum großen Teil<br />
überflüssigen Produkte auch zu kaufen.<br />
Ich brauche keinen Geländewagen im<br />
Stadtverkehr, ich muss auch nicht ständig<br />
und überall mit meinem Smartphone im<br />
Internet surfen, um nur ein paar Beispiele<br />
zu nennen.<br />
Beim Lesen der Predigt von Sascha<br />
Müller und beim Schreiben dieses Artikels<br />
erinnerte ich mich an ein Gedicht, das ich<br />
in meiner Studienzeit kennengelernt habe,<br />
das aber wie ich meine weiterhin eine<br />
hohe Aktualität hat. Ich möchte mit diesem<br />
Gedicht (etwas gekürzt) den Artikel<br />
schließen:<br />
In Zeitnot geraten, wie in ein Netz,<br />
ist der Mensch,<br />
atemlos hetzt er durch sein Leben<br />
und wischt sich den Schweiß.<br />
Ein Fluch des Jahrhunderts<br />
ist diese Eile.<br />
Es wird ganz eilig gezecht<br />
Und ganz eilig geliebt,<br />
ganz tief sinkt die Seele dabei,<br />
man martert ganz eilig,<br />
vernichtet ganz eilig,<br />
ganz eilig sind später Reue<br />
und Buße vorbei.<br />
Du aber wenigstens,<br />
halt inne in deiner Welt,<br />
sei’s wenn sie schläft,<br />
sei’s wenn sie tobt:<br />
Auf halbem Wege wenigstens<br />
bleib stehen,<br />
dem richtenden Himmel<br />
vertraue dich an,<br />
denke nach, besinne dich,<br />
wenn nicht über Gott,<br />
so doch wenigstens ganz einfach<br />
über dich selbst!<br />
(Jewgeni Jewtuschenko; russ. Dichter,<br />
das Gedicht wurde bereits 1968 in der<br />
Prawda veröffentlicht ) <br />
Agnes Bender-Rauguth<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 5
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Andrea Wirtz (Ver.di,<br />
Betriebsrätin bei Schlecker)<br />
Die Öffnungszeiten der Schlecker-<br />
Filialen wurden verlängert, und am<br />
Personal wurde und wird gespart. Wie<br />
passt das zusammen? Wir haben nicht nur<br />
alle Hände voll zu tun, wir werden auch<br />
häufig kontrolliert. Und es wird von uns<br />
verlangt, uns hohe Ziele zu stecken. Wie<br />
wenig Zeit man uns aber einräumt, zeigt<br />
sich oft daran: Längst ist der Laden zu –<br />
und wir erledigen immer noch Arbeiten,<br />
die vorher einfach nicht beendet werden<br />
konnten.<br />
Und wenn wir dann nach Hause kommen<br />
- dann warten Wäscheberge…, und<br />
es sollte gekocht sein…, und ich bin müde<br />
und schlapp und habe keine Energie mehr,<br />
irgendetwas zu tun. In der Filiale und<br />
zuhause dasselbe Gefühl: unter Druck zu<br />
stehen!<br />
Und sonntags sollen wir dann auch<br />
noch verkaufen, sagt mein Chef. „Es sind<br />
ja nur ein paar Stunden“, sagt er. Ja, es sind<br />
leider die Stunden, die dann fehlen: für<br />
den Spaziergang mit dem Hund, die<br />
Gelegenheit abzuschalten oder was mit<br />
den Kindern zu machen oder Kaffee zu<br />
trinken bei den Eltern oder um den neuen<br />
Film im Kino anzuschauen.<br />
„Es sind ja nur ein paar Stunden“, sagt<br />
nicht nur mein Chef. So denken auch viele<br />
Menschen, für die der Einkaufsbummel<br />
am Sonntag „Freizeitgestaltung“ ist. Ich<br />
wünsche mir oft, sie würden nicht nur an<br />
ihre eigene Freizeitgestaltung denken, sondern<br />
auch an die anderer Menschen. Ob<br />
das zu viel verlangt ist? Als Kundin lassen<br />
mich spezielle Angebote kalt, die es nur an<br />
Sonntagen in den Geschäften gibt, weil sie<br />
anderen das Leben schwer machen. Wenn<br />
viele mitmachten und nicht an den<br />
Sonntagen einkaufen gingen, käme unser<br />
Leben wieder ins Lot, stünden wir viel<br />
weniger unter Druck.<br />
Wir eroberten uns Zeit zurück – gerade<br />
auch gemeinsame Zeit. Zeit zum Mensch-<br />
Sein! Darum wehre ich mich als<br />
Betriebsrätin gegen Sonntagsarbeit und<br />
gegen Öffnungszeiten bis spät in die<br />
Nacht. Sie bringen uns aus dem Lot.<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 6<br />
Allianz für den freien Sonntag<br />
Beiträge zum Rundfunk-Gottesdienst am 20. Februar <strong>2011</strong><br />
Stefanie Nutzenberger<br />
(Gewerkschaftssekretärin<br />
bei ver.di.)<br />
Ich bin froh und stolz über die Allianz<br />
für den freien Sonntag … Mir geht es um<br />
die Frauen und Männer im Einzelhandel.<br />
Für sie ist es schwieriger geworden, ihre<br />
Arbeit und ihren übrigen Lebensalltag gut<br />
mit einander in Einklang zu bringen, denn<br />
die Geschäfte haben die Belegschaft einerseits<br />
verkleinert, andererseits die Öffnungszeiten<br />
ausgedehnt. Das heißt ja: Die<br />
Einzelnen müssen mehr Arbeit verrichten.<br />
Es kommt aber noch etwas<br />
Bedenkliches hinzu: Viele der Frauen<br />
arbeiten in geringfügiger Beschäftigung.<br />
Oder Männer und Frauen werden immer<br />
häufiger als Leiharbeitnehmerinnen und<br />
Leiharbeitnehmer eingesetzt. Sie wissen<br />
nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen.<br />
Oder ob sie in einem Jahr noch ihre Arbeit<br />
haben, wissen sie auch nicht. Sie fühlen<br />
sich daher schwach und wehren sich oft<br />
nicht, wenn sie sonntags arbeiten sollen.<br />
Sie fürchten um ihre Arbeit!<br />
Wir wollen und können sie als<br />
Gewerkschaft unterstützen. Damit sie<br />
unter besseren Bedingungen arbeiten und<br />
leben können. Dabei ist es mir wichtig, in<br />
einer Gesellschaft zu leben, in der wir<br />
unser Leben perspektivisch gestalten können.<br />
Unbefristete Arbeitsverträge sind<br />
daher wichtig. Dadurch fühlen sich<br />
Menschen respektiert und in ihrer Würde<br />
geachtet.<br />
Wir möchten doch alle gut leben. Eine<br />
wichtige Voraussetzung dafür: Arbeitszeiten,<br />
die uns ermöglichen, Zeit für uns<br />
selbst zu haben. Zur Ruhe zu kommen, in<br />
einem zeitlichen Rhythmus zu leben.<br />
Dann kann man auch die manchmal<br />
unvermeidliche Hektik an den Werktagen<br />
ertragen, wenn es Sonntage gibt, an denen<br />
man ausspannen, durchatmen und Kraft<br />
tanken kann.<br />
„Nein“ sagen zum Arbeiten an<br />
Sonntagen und an Feiertagen, spät abends<br />
noch oder gar rund um die Uhr – das ist<br />
für mich ein Menschenrecht, um Mensch<br />
zu sein. Und um gesund zu bleiben, um<br />
fröhlich und engagiert und energiegeladen<br />
in Job und Gesellschaft leben und arbeiten<br />
zu können.<br />
Albert Ottenbreit<br />
(Katholische Arbeitnehmerbewegung.)<br />
Wir arbeiten im Wesentlichen ehrenamtlich:<br />
Wenn wir uns treffen, kommen<br />
wir abends zusammen. Planen wir<br />
Aktionen oder eine Bildungsveranstaltung,<br />
laden wir dazu am Wochenende ein.<br />
Das aber setzt voraus, dass das Wochenende<br />
gemeinsam gestaltbare freie Zeit ist.<br />
Nun stellen wir aber fest: Schichtdienste<br />
nehmen zu, die Arbeitszeiten werden zwar<br />
flexibler, umfassen dann aber auch oft das<br />
Wochenende – und zunehmend müssen<br />
Menschen für einen Arbeitsplatz weite<br />
Anfahrten in Kauf nehmen. Das sind<br />
wenig familienfreundliche Entwicklungen.<br />
Wir von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung<br />
bekommen das auch zu<br />
spüren. Die Leute fühlen sich von ihrer<br />
Arbeit so in Beschlag genommen, dass es<br />
ihnen schwer fällt, bei uns oder anderswo<br />
ehrenamtlich mitzuarbeiten. Damit verlieren<br />
die Leute eine Möglichkeit, aus der sie<br />
für sich viel Sinn schöpften: nämlich sich<br />
einzubringen in Bereiche gesellschaftlichen<br />
Lebens und diese mit zu gestalten.<br />
Mir macht das deutlich, wie wichtig es<br />
ist, dass es den geregelten Feierabend an<br />
Werktagen und besonders den arbeitsfreien<br />
Sonntag gibt. Die Fixierung auf die<br />
Arbeit raubt uns Lebensqualität. Wir<br />
brauchen Zeit für uns, wir brauchen die<br />
Unterbrechung: damit die Familie zu<br />
ihrem Recht kommt, dass wir freundschaftliche<br />
und nachbarschaftliche Kontakte<br />
pflegen, dass wir uns gesellschaftlich<br />
und politisch engagieren können, dass wir<br />
in den Gottesdienst gehen oder kulturelle<br />
Bedürfnisse befriedigen können.<br />
Aus diesen Gründen setzen wir uns bei<br />
der Katholischen Arbeitnehmerbewegung<br />
dafür ein, dass Erwerbsarbeit am Abend<br />
und am Wochenende auf das wirklich notwendige<br />
Maß beschränkt bleibt. Deshalb<br />
haben wir uns auch mit anderen Verbänden<br />
in der „Allianz für den freien Sonntag“<br />
zusammengeschlossen. Uns eint die<br />
Auffassung, dass Leben mehr ist als Arbeit,<br />
Produktion und Geld verdienen. <br />
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Helden des Alltags<br />
Ergebnisse der Schulleitungs- und Lehrkräftebefragung TALIS in Deutschland<br />
Bereits im letzten Jahr wurden die ersten<br />
Ergebnisse der Online-Befragung der<br />
<strong>GEW</strong> in einem Beiheft der ‚Deutschen<br />
Schule’ vorgestellt. Neben vielen erwarteten<br />
Ergebnissen gibt es auch die eine oder<br />
andere Überraschung, die uns ins<br />
Nachdenken versetzen sollte. Insbesondere<br />
sind viele der Antworten auch interessant<br />
für die Arbeit der <strong>GEW</strong>.<br />
In der Studie wird über die<br />
Arbeitssituation, Haltungen und Überzeugungen<br />
sowie über die Bedingungen der<br />
täglichen Arbeit berichtet. Die komplette<br />
Zusammenfassung aller Ergebnisse, aus<br />
der hier sinngemäß und wörtlich zitiert<br />
wird, findet sich in dem von Marianne<br />
Demmer und Matthias von Saldern<br />
herausgegebenen 11. Beiheft zur Zeitschrift<br />
‚Die Deutsche Schule’ und ist im<br />
Jahr 2010 im Waxmann-Verlag erschienen<br />
(ISBN: 978-3-8309-2312-1). In den folgenden<br />
Zeilen soll versucht werden, einen<br />
Überblick über besonders interessante<br />
Ergebnisse zu geben. Diese Auswahl ist<br />
natürlich subjektiv geprägt.<br />
Im ersten Teil der Studie geht es um das<br />
Profil der an Schule beteiligten Menschen<br />
in Deutschland. Von den Lehrerinnen und<br />
Lehrern in Deutschland besitzen ca. 2/3<br />
eine Stelle mit vollem Stundendeputat.<br />
Ihre Arbeitsbelastung schätzen die<br />
LehrerInnen sehr unterschiedlich ein. In<br />
Ihren Einschätzungen gelangen Sie durchschnittlich<br />
auf ca. 43 Zeitstunden pro<br />
Woche. Spannend erscheint die Tatsache,<br />
dass im internationalen Vergleich in<br />
Deutschland mehr unterstützendes Lehrpersonal<br />
vorhanden ist, dagegen das<br />
Verwaltungspersonal auf einem niedrigen<br />
Zahlenwert stagniert. Auch an pädago-<br />
gisch unterstützendem Personal scheint<br />
nach Ansicht vieler SchulleiterInnen in<br />
Deutschland eher Mangel zu herrschen.<br />
Aus diesem Grunde ist es auch nicht verwunderlich,<br />
dass viele LehrerInnen ihre<br />
Verwaltungstätigkeit als anteilmäßig überdimensioniert<br />
empfinden. Als ebenfalls<br />
sehr belastend werden Unterrichtsstörungen<br />
wahrgenommen.<br />
Bei den Überzeugungen und Einstellungen<br />
der LehrerInnen zeigt sich im<br />
zweiten Teil ein ebenfalls interessantes<br />
Bild. Weiterhin ist Deutschland ein Land<br />
des stark strukturierten Unterrichts.<br />
Deutsche LehrerInnen tendieren auch in<br />
dieser Umfrage deutlich in diese Richtung,<br />
wobei zu erwähnen ist, dass Lehrerinnen<br />
eher zu schülerorientierten Methoden neigen<br />
als Lehrer. Sehr selten ist in Deutschland<br />
auch echte Kooperation in den<br />
Kollegien, wie z.B. fächerübergreifendes<br />
Unterrichten, kollegiale Hospitation oder<br />
gemeinsame Aktivitäten zwischen verschiedenen<br />
Klassen. Positiv ist anzumerken,<br />
dass über 90 % der LehrerInnen sich<br />
als erfolgreich empfinden. Leider sind<br />
auch viele Lehrkräfte der Meinung, dass<br />
ihr Ansehen gering ist - ein Umstand der<br />
nicht notwendigerweise zu mehr Arbeitszufriedenheit<br />
beiträgt.<br />
Die Kapitel 3 und 4 beschäftigen sich<br />
mit Evaluation und Schulleitung. Die<br />
deutschen Schulleitungen teilen ihren<br />
Lehrkräften häufiger als im TALIS-<br />
Durchschnitt ihre Schwächen mit.<br />
Allerdings ist der Anteil darauf aufbauender<br />
konkreter Maßnahmen im Vergleich<br />
zu den internationalen Daten geringer.<br />
Deutlich unter dem Durchschnitt liegt<br />
Deutschland bei der Sicherstellung häufigerer<br />
Kontrollen der betroffenen Lehrkräfte.<br />
Während international 78,6 % der<br />
Befragten das Feedback der Schulleiter als<br />
Hilfe für die Weiterentwicklung ihrer<br />
Arbeit sehen, sind dies in Deutschland nur<br />
50 % der LehrerInnen. Dazu passt auch<br />
die Erwähnung der Tatsache, dass zwischen<br />
der Wahrnehmung der Schulleitung<br />
durch die Lehrkräfte und der Selbstbeschreibung<br />
der Schulleitungen große<br />
Differenzen bestehen. Lehrkräfte nehmen<br />
die Bemühungen der Schulleitung deutlich<br />
seltener wahr, als es die Schulleitungen<br />
tun. <br />
Matthias Römer<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 7
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Mehrarbeit im<br />
Saarländischen Schuldienst<br />
Informationen aus der Landesrechtsschutzstelle<br />
In letzter Zeit häufen sich in der<br />
Landesrechtsschutzstelle die Anfragen<br />
zum Thema „Mehrarbeit“. Immer öfter<br />
werden in der Schule Vertretungsstunden<br />
oder sogar Bereitschaftsstunden (für eine<br />
eventuelle Vertretung) angeordnet, und<br />
oftmals sind gerade die teilzeitbeschäftigten<br />
Lehrkräfte von dieser Anordnung<br />
betroffen. Inwieweit sind die Lehrkräfte<br />
zur Mehrarbeit verpflichtet? Kann man für<br />
die geleisteten Mehrarbeitsstunden<br />
Dienstbefreiung erhalten, oder kann man<br />
sich diese Stunden vergüten lassen? Wie<br />
hoch ist die Mehrarbeitsvergütung? Diese<br />
Fragen unserer Mitglieder sollen durch<br />
den folgenden Beitrag umfassend beantwortet<br />
werden.<br />
Verpflichtung zur<br />
Mehrarbeit:<br />
Nach §78 Abs.3 SBG ist die Lehrkraft<br />
verpflichtet, über ihre individuelle Pflichtstundenzahl<br />
hinaus Mehrarbeit zu leisten.<br />
Auch Teilzeitbeschäftigte sind zur Mehrarbeit<br />
verpflichtet. Schwerbehinderte sind<br />
auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen.<br />
Die Mehrarbeitsverpflichtung erstreckt<br />
sich auf kurzfristige (voraussichtlich 4<br />
Wochen nicht übersteigende) und langfristige<br />
Mehrarbeit.<br />
Was ist Mehrarbeit?<br />
Vergütbare Mehrarbeit ist nur die von<br />
einer Lehrkraft im Rahmen der hauptamtlichen<br />
Unterrichtstätigkeit auf Anordnung<br />
oder mit Genehmigung über die individuelle<br />
Pflichtstundenzahl hinaus zu leistende<br />
Unterrichtstätigkeit.<br />
Vergütbare Mehrarbeit liegt daher in<br />
folgenden Fällen nicht vor: Teilnahme an<br />
Eltern- und Schülersprechterminen, Konferenzen,<br />
Dienstbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen,<br />
Erledigung von<br />
Verwaltungsarbeit, Schulveranstaltungen<br />
(Klassenfahrten, Schulfeste), Besuch der<br />
Schüler im Berufspraktikum.<br />
Bereitschaftsdienste werden von den<br />
Gerichten nicht als Mehrarbeit angesehen,<br />
da sich eine Überschreitung der für Lehrer<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 8<br />
geltenden regelmäßigen Arbeitszeit allein<br />
durch den im Schulgebäude geleisteten<br />
Bereitschaftsdienst nicht feststellen lässt.<br />
So hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit<br />
Urteil vom 8.11.2005 (Az: 6 A 2650/03)<br />
entschieden, dass keine Mehrarbeit vorliegt,<br />
wenn einer vollzeitbeschäftigten<br />
Lehrkraft eine Anwesenheit in der Schule<br />
für regelmäßig zwei bis drei Stunden<br />
wöchentlich zwecks Bereitschaft für eventuell<br />
anfallende Vertretungsstunden auferlegt<br />
wird.<br />
Nachweis geleisteter<br />
Mehrarbeit:<br />
Zum Nachweis geleisteter Mehrarbeitsstunden<br />
sollte die Lehrkraft bezogen auf<br />
jeden Kalendermonat eine Gegenüberstellung<br />
von Ist- und Sollunterrichtsstunden<br />
vornehmen.<br />
Sollstunden sind die von einer Lehrkraft<br />
zu leistenden individuellen Pflichtstunden.<br />
Iststunden sind die geleisteten Pflichtstunden,<br />
die geleisteten Mehrarbeitsstunden<br />
sowie ausgefallene Pflichtstunden,<br />
sofern auf den Unterrichtsausfall ein<br />
rechtlicher Anspruch besteht (= anrechenbare<br />
Ausfallstunden).<br />
Anrechenbare Ausfallstunden liegen vor<br />
bei Unterrichtsausfall an gesetzlichen<br />
Feier-, Ferien- oder Krankheitstagen sowie<br />
aufgrund von Dienstbefreiung. Ferner<br />
sind Ausfallstunden anrechenbar bei<br />
Unterrichtsausfall infolge der Wahrnehmung<br />
anderer dienstlicher Tätigkeiten wie<br />
z.B. bei Teilnahme an Eltern- und Schülersprechterminen,<br />
Konferenzen, Dienstbesprechungen,<br />
Prüfungen, Schulveranstaltungen,<br />
im dienstlichem Interesse liegende<br />
Fortbildungsveranstaltungen.<br />
Nichtanrechenbare Ausfallstunden liegen<br />
dagegen vor bei Pflichtstundenausfällen<br />
wegen Abwesenheit der Schüler, es sei<br />
denn, die Lehrkraft wird anstelle des<br />
Unterrichtseinsatzes auf Anordnung der<br />
Schulleitung anderweitig dienstlich tätig.<br />
Beispiele für Pflichtstundenausfälle wegen<br />
Abwesenheit der Schüler: wetterbedingter<br />
Unterrichtsausfall, Schulwanderungen<br />
und Lehrfahrten, Betriebspraktika, Störung<br />
des Dienstbetriebes, Schließung der<br />
Klasse aus gesundheitlichen Gründen,<br />
Schulfrei an nicht gesetzlichen Feiertagen<br />
sowie der vorzeitige Unterrichtsschluss am<br />
letzten Tag vor den Ferien bzw. am Tag der<br />
Zeugnisausgabe.<br />
Beachte: Unterrichtsstunden, die in<br />
einem Kalendermonat über die Pflichtstundenzahl<br />
geleistet werden, können nur<br />
mit den im gleichen Kalendermonat angefallenen<br />
nicht anrechenbaren Ausfallstunden<br />
verrechnet werden<br />
Ausgleich der geleisteten<br />
Mehrarbeit:<br />
§78 Abs.3 S.2 SBG besagt: “Werden<br />
Beamte durch eine dienstlich angeordnete<br />
oder genehmigte Mehrarbeit im Umfang<br />
von mehr als einem Achtel der individuellen<br />
wöchentlichen Arbeitszeit im Monat<br />
beansprucht, ist ihnen innerhalb eines<br />
Jahres grds. entsprechende Dienstbefrei-<br />
ung zu gewähren. Ist eine Dienstbefreiung<br />
nicht möglich, ist eine Vergütung zu<br />
gewähren.“<br />
Ein Mehrarbeitsvergütungsanspruch<br />
besteht daher nur, wenn angefallene<br />
Mehrarbeitsstunden bis Ablauf des Schuljahres<br />
nicht durch Dienstbefreiung abgegolten<br />
werden konnten. Ist dies der Fall,<br />
sollte die Lehrkraft nach Ablauf des<br />
Schuljahres einen Antrag auf Vergütung<br />
der geleisteten Mehrarbeitsstunden stellen.<br />
Voraussetzungen für einen<br />
Vergütungsanspruch:<br />
Für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte ist<br />
Mehrarbeitsunterricht nur dann zu vergüten,<br />
wenn Mehrarbeit im Umfang von<br />
mindestens 4 bis höchstens 24 Unterrichtsstunden<br />
(bezogen auf den Kalendermonat)<br />
geleistet worden ist. Erteilt eine<br />
Lehrkraft im Monat mindestens 4 Mehrarbeitsstunden,<br />
so wird der Mehrarbeits-<br />
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
unterricht von der ersten Stunde an vergütet.<br />
Die Vergütung erfolgt auch dann,<br />
wenn die Mindeststundenzahl wegen entsprechender<br />
Dienstbefreiung unterschritten<br />
wird.<br />
Die Vergütung je<br />
Unterrichtsstunde beträgt<br />
für Inhaber von<br />
Lehrämtern:<br />
1. des gehobenen Dienstes, soweit sie<br />
nicht unter die Nr.2 und 3 fallen<br />
16,12 Euro<br />
2. des gehobenen Dienstes mit<br />
Eingangsämtern ab A12, des höheren<br />
Dienstes an Grund- und Hauptschulen<br />
19,97 Euro<br />
3. des gehobenen Dienstes mit<br />
Eingangsämtern ab A13 des höheren<br />
Dienstes an Sonder- und Realschulen<br />
23,71 Euro<br />
4. des höheren Dienstes an Gymnasien<br />
und berufsbildenden Schulen<br />
27,71 Euro.<br />
Bzgl. teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte im<br />
Angestelltenverhältnis bestimmt der Erlass<br />
über Mehrarbeit im Schuldienst, dass -<br />
solange die Pflichtstundenzahl einer vollbeschäftigten<br />
Lehrkraft nicht erreicht ist -<br />
teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte, die Mehrarbeit<br />
ohne Freizeitausgleich leisten, auch<br />
schon für die ersten drei geleisteten<br />
Zusatzstunden einen Vergütungsanspruch<br />
haben, und zwar nicht lediglich in Höhe<br />
der oben genannten Mehrarbeitsvergütung;<br />
vielmehr besteht ein Anspruch auf<br />
anteilige Vergütung gemäß TVL. Erst<br />
wenn von einer Teilzeitkraft durch die<br />
Leistung von Zusatzstunden die Pflichtstundenzahl<br />
einer vollbeschäftigten Lehrkraft<br />
überschritten wird, gelten für die<br />
über die volle Pflichtstundenzahl hinausgehenden<br />
Zusatzstunden die allgemeinen<br />
Mehrarbeitsregeln.<br />
Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte im<br />
Beamtenverhältnis, die im Monat zusätzliche<br />
Unterrichtsstunden im Umfang von<br />
mehr als einem Achtel der individuellen<br />
wöchentlichen Arbeitszeit leisten, können<br />
am Ende des Schuljahres einen Vergütungsanspruch<br />
geltend machen, sofern<br />
keine Dienstbefreiung gewährt wurde. Für<br />
jede Mehrarbeitsstunde erhält der teilzeitbeschäftige<br />
Beamte den auf eine Stunde<br />
entfallenden Anteil der Bezüge eines entsprechenden<br />
Beamten mit regelmäßiger<br />
wöchentlicher Arbeitszeit (= Stundenbesoldung);<br />
für Zusatzstunden, die über<br />
die Pflichtstundenzahl einer vollbeschäftigten<br />
Lehrkraft hinausgehen, besteht ein<br />
Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung.<br />
Die <strong>GEW</strong> weist darauf hin, dass<br />
Lehrkräfte unbedingt monatlich eine<br />
Gegenüberstellung der Ist- und Sollstunden<br />
vornehmen und am Ende des Schuljahres<br />
überprüfen sollten, ob geleistete<br />
Mehrarbeitsstunden durch Dienstbefreiung<br />
noch nicht abgegolten worden sind.<br />
Sofern die Voraussetzungen für einen<br />
Vergütungsanspruch gegeben sind, kann<br />
dann eine Vergütung der noch nicht durch<br />
Dienstbefreiung ausgeglichenen Mehrarbeitsstunden<br />
beantragt werden.<br />
Für Rückfragen können sich <strong>GEW</strong>-<br />
Mitglieder jederzeit an die Landesrechtsschutzstelle<br />
wenden (0681/66830-13). <br />
Gabriele Melles-Müller<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 9
THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Alles andere als rosig<br />
Erste Ergebnisse der Fachkräftebefragung im sozialen Bereich<br />
Herwig Grote von der Fachgruppe<br />
Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit der<br />
<strong>GEW</strong> Berlin hat eine Fachkräftebefragung<br />
im sozialen Bereich durchgeführt, bei der<br />
es u.a. auch um Arbeitsbelastung ging. Da<br />
wir im <strong>Saarland</strong> durchaus vergleichbare<br />
Verhältnisse haben, drucken wir Herwig<br />
Grotes Artikel aus der blz, mit freundlicher<br />
Genehmigung der <strong>GEW</strong> Berlin, nach.<br />
Suchen Sie einen Beruf mit Zukunft?<br />
Ein boomendes, hoch innovatives Arbeitsfeld<br />
mit fortlaufender Qualifizierung,<br />
besonderen Anforderungen an Ihre Kreativität<br />
und Sensibilität im Kundenkontakt<br />
und Herausforderungen an Ihre Leitungsund<br />
Planungskompetenz? Alles dieses<br />
trifft auf die »Soziale Arbeit«, hier verstanden<br />
als Oberbegriff für die pädagogischen<br />
Professionen, eindeutig zu. Dennoch ist<br />
die Lage der Beschäftigten häufig alles<br />
andere als rosig. Wir haben deshalb<br />
Fachkräfte mit Tätigkeit in der Jugendund<br />
Behindertenhilfe in Berlin und<br />
Brandenburg befragt, um deren berufliche<br />
Situation und soziale Lage zu erfassen.<br />
Knapp 600 von ihnen haben uns geantwortet<br />
– hierfür unseren herzlichen Dank!<br />
Handlungsbedarf überall<br />
Das Projekt geht von der These aus, dass<br />
die Gestaltungsmöglichkeiten und die<br />
Verteilungschancen innerhalb der Sozialen<br />
Arbeit wie auch im gesellschaftlichen<br />
Kontext erheblichen differieren. Kurzum:<br />
Macht ist ungleich verteilt, die Ohnmacht<br />
trifft in der Regel die Praktiker, also diejenigen,<br />
die unmittelbar mit den Klienten<br />
wie Jugendlichen und deren Familien,<br />
Behinderten arbeiten. Ökonomisierung<br />
und Neoliberalisierung sind die Schlagworte<br />
für eine Entwicklung, die seit Beginn<br />
der neunziger Jahre sowohl die freie<br />
Wohlfahrt wie auch die staatlichen Dienste<br />
und Einrichtungen in jeweils spezifischer<br />
Weise erfasst hat. Auswüchse dessen werden<br />
gelegentlich thematisiert – beispielsweise<br />
im Zusammenhang mit der Treberhilfe<br />
und dem Maserati-Dienstwagen.<br />
Während der akademische Überbau die<br />
Probleme der Praxis verschweigt und<br />
bagatellisiert, weil »wichtigere« Aufgaben<br />
wie die Entwicklung von Studiengängen<br />
und die Augenhöhe mit konkurrierenden<br />
Fachbereichen alle Energie erfordern, findet<br />
der allseits bekannte Hans Uwe Otto<br />
(Universität Bielefeld) deutliche Worte:<br />
»Sozialstaat und Sozialarbeit sind in finan-<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 10<br />
zieller Bedrängnis – Effizienz und ›Managerialismus‹<br />
regieren – doch Sozialarbeiter<br />
schweigen dazu, statt sich als Experten einzubringen.«<br />
Schau nicht zurück ...<br />
Nun, einige kritische Stimmen gibt es<br />
schon. Etwa den nimmermüden Verfasser<br />
der »Dokumentation Kinderschutz in der<br />
Öffentlichkeit« (Bestellung via Klauswk@<br />
aol.com). Oder einen Diakonie-Direktor<br />
aus Hannover, der vor »totaler Kommerzialisierung<br />
der Sozialarbeit« warnt. Insbesondere<br />
im Zusammenhang mit der Kinderschutzproblematik<br />
wurde vielfach auf<br />
mangelnden Ressourcen der Jugendhilfe<br />
hingewiesen. Weitergehend zu schützen<br />
und zu gestalten ist auch die Berufsrolle<br />
von Sozialpädagogen, die sich allzu häufig<br />
als »Rad im Getriebe« und als »Umsatzbringer«<br />
empfinden.<br />
Einen Weg zurück in die alten<br />
Strukturen der 80er Jahre gibt es jedoch<br />
nicht. Untersuchungen wie die von<br />
Eichinger 2007 haben belegt, dass auch die<br />
Beschäftigten hier keine Perspektive erkennen<br />
können. Wir werten in einem ersten<br />
Schritt aus, was uns die Befragten zu<br />
ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern an<br />
Problemen und zum Handlungsbedarf<br />
mitgeteilt haben. Nachfolgend einige<br />
Skizzen zu ausgewählten Arbeitsfeldern.<br />
Jugendamt:<br />
Zunehmende Belastung<br />
Neben hierarchischen Konflikten und<br />
Störungen der Betriebskultur weisen die<br />
Ergebnisse, auch der quantitativen Daten,<br />
auf einen erheblichen Zeit- und<br />
Verantwortungsdruck der Beschäftigten in<br />
den ASDs (Allgemeine Soziale Dienste)<br />
bzw. RSDs (Regionaler Sozialpädagogischer<br />
Dienst) hin. Zudem sind die<br />
Angebote von Supervision (unabhängige<br />
Fachberatung) und von Qualifizierungen<br />
unzureichend. Folgendes Zitat skizziert<br />
die zentrale Problematik: »Die stetig<br />
zunehmende Zahl an Fällen im Bereich<br />
erzieherischer Hilfen (...), die exorbitant<br />
angestiegenen Dokumentationspflichten<br />
und die zeitlich mehr belastende sozialräumliche<br />
Arbeitsweise (durch noch mehr<br />
Besprechungen und Dokumentationen)<br />
führen in Verbindung mit einer konstant<br />
gebliebenen Personalausstattung zu einer<br />
spürbar erhöhten Belastung, ohne dass ein<br />
Ausgleich geschaffen wird.«<br />
Eine Vielzahl von weiteren Kommentaren<br />
betrifft insbesondere die Arbeitsbelastung<br />
und die Personalausstattung<br />
sowie den Mangel an gesellschaftlicher<br />
Anerkennung dieser Arbeit – und damit<br />
auch die Entlohnung. Fehlende Ressourcen,<br />
auch für die Beauftragung geeigneter<br />
Hilfen, erhöhen den Druck und in der<br />
Folge die Krankenstände und die Fluktuation.<br />
Ambulante Erziehungshilfen<br />
(Familienhilfe)<br />
Mit der Übertragung dieser Hilfen an<br />
eine Vielzahl von kleinen freigemeinnützigen<br />
Trägern ist eine kaum noch überschaubare<br />
Situation für die Fachkräfte entstanden.<br />
Diese kämpfen an zwei Fronten:<br />
Einerseits um die Beschäftigungsbedingungen<br />
beim Arbeitgeber, die durchgängig<br />
außertariflich gestaltet sind und weitgehend<br />
der Willkür, beziehungsweise der<br />
aktuellen ökonomischen Lage, dieser<br />
Träger unterworfen sind. Andererseits tragen<br />
diese Fachkräfte das Arbeitgeberrisiko<br />
mit: Wenn die Auslastungslage schlecht ist<br />
oder die Träger sich finanziell verheben,<br />
wirkt sich das unmittelbar auf die Beschäftigungssituation<br />
aus. Deshalb sind sie<br />
genötigt, gegenüber den Auftraggebern<br />
gute Ergebnisse bei der Klientenbetreuung<br />
vorzuweisen.<br />
»Widerstand ist zwecklos«, möchte man<br />
meinen. Im günstigen Fall gibt es<br />
Betriebsräte bei den freien Trägern, die die<br />
Geschäftsführung beharrlich bearbeiten.<br />
Die Vielzahl der sehr unterschiedlichen<br />
Kommentare der Befragten macht aber<br />
erheblichen Regelungsbedarf deutlich.<br />
Einige Beispiele:<br />
»In meinem Betrieb sind alle Be-schäftigten<br />
befristet eingestellt. (...) Bei uns<br />
herrscht große Konkurrenz. Tarifverträge<br />
wären wichtig sowie feste Arbeitsverträge,<br />
was vom Senat gewollt werden muss.«<br />
»Mir ist wichtig zu erwähnen, dass ich<br />
einen 10+x Vertrag habe und bis zu dreißig<br />
Stunden arbeiten muss, wenn es die<br />
Auftragslage hergibt. Und das ich unbezahlte<br />
Rufbereitschaft habe: täglich von 8<br />
bis 20 Uhr.«<br />
»Auftragslage oft ungewiss, Abhängigkeit<br />
auch des Einkommens davon (so in<br />
Arbeitsverträgen geregelt)«.<br />
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THEMA: ARBEITSZEIT UND ARBEITSBELASTUNG<br />
Es ist wohl auch so, dass die <strong>Ausgabe</strong>n hinderungen bedrohter Erwachsener<br />
des Landes mittels der Vereinbarung über unterliegen derzeit einem Umstrukturie-<br />
die Vergütung von Fachleistungsstunden rungsprozess durch die zuständigen Se-<br />
(häufig) nicht angemessen an die Fachnatsverwaltungen. Im Kern geht es darum,<br />
kräfte weitergegeben werden.<br />
dass das Modell der Einzelfallhilfe (EFH)<br />
im Bezirk Tempelhof-Schöneberg abge-<br />
Stationäre Erziehungshilfen schafft und in die Rechtsform des<br />
(Heime)<br />
»Betreuten Einzelwohnens (BEW)« über-<br />
Hierzu zwei Zitate, die auf Probleme der führt werden soll. Trotz einer hervorra-<br />
Beschäftigungsverhältnisse und die eingegenden fachlichen Bewertung des<br />
schränkten Berufsperspektiven verweisen: »Schöneberger Modells« durch eine extern<br />
in Auftrag gegebene Evaluation ist mit<br />
»Im Bereich der stationären Jugend- einer Absenkung der Standards zu rechhilfe<br />
sind die freien Träger sehr stark vernen – trotz heftiger Proteste. Die betroffetreten.<br />
Dort wird sehr wenig bezahlt, es nen, auf Honorarbasis tätigen und häufig<br />
gibt sehr hohe Bereitschaftszeiten, die hoch qualifizierten Fachkräfte werden jetzt<br />
nicht als Arbeitszeit angerechnet und entweder freigesetzt oder müssen mit<br />
schlecht bezahlt werden. Gerade die Arbeit deutlich schlechteren Konditionen rech-<br />
mit schwer verhaltensauffälligen Jugendnen. Fakt ist: Außerhalb des Bezirkes<br />
lichen sollte besser bezahlt werden.«<br />
Tempelhof-Schöneberg erhält ein Diplom-Sozialpädagoge<br />
(FH) nach Hono-<br />
»Ich fühle mich ausgebrannt und verrarverordnung 13 Euro pro Betreuungsstehe<br />
die Jugendlichen kaum noch. Es gibt stunde. Hiervon muss er Steuern und<br />
keine Alternative zu meiner Arbeit.«<br />
Abgaben, die Altersvorsorge und Fortbildungen<br />
finanzieren: »Der Stundensatz in<br />
Betreutes Wohnen oder<br />
der Einzelfallhilfe ist viel zu gering. Es ent-<br />
»Einzelfallhilfe«?<br />
stehen Kosten (für Fahrten, Eintrittsgelder<br />
Diese beiden Hilfeformen der ambulan- etc.) während der Hilfe. Für Renten- und<br />
ten Betreuung Behinderter oder von Be- Krankenversicherung sowie Urlaubsgeld<br />
p2_a5_quer_sw_<strong>2011</strong> 03.01.<strong>2011</strong> 11:37 Uhr Seite 1<br />
reicht der Stundensatz nicht aus«, kommentiert<br />
ein Betroffener.<br />
Ausblick<br />
Aber nicht alles ist düster im Kontext<br />
der Sozialen Arbeit. Rund ein Viertel der<br />
Befragten gab an, mit ihrer beruflichen Situation<br />
und den beruflichen Perspektiven<br />
insgesamt zufrieden zu sein.<br />
Und was verdient ein Hochschul- oder<br />
Universitätsabsolvent in der praktischen<br />
Arbeit mit Klienten? Bei einem mittleren<br />
Beschäftigungsumfang von rund 31 Stunden<br />
pro Woche bezieht er ein monatliches<br />
Nettoeinkommen von knapp 1.400 Euro.<br />
Bei einer Anstellung im öffentlichen<br />
Dienst sind es bei durchschnittlich 38<br />
Stunden pro Woche rund 400 Euro mehr.<br />
Stärker als das Nettoeinkommen variiert<br />
die Rentenerwartung in den verschiedenen<br />
Tätigkeitsfelder und Beschäftigungsformen.<br />
Auffälliges Ergebnis der ersten<br />
Analyse der Daten ist auch, dass bei den<br />
hier Beschäftigten die Kinderzahl insgesamt<br />
gering ist und offenbar eng mit den<br />
Arbeitsbedingungen korreliert. <br />
Sparkassen-Finanzgruppe:<br />
Sparkassen, SaarLB, LBS und<br />
SAARLAND Versicherungen<br />
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EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 11
BERUFLICHE BILDUNG UND WEITERBILDUNG<br />
Fortbildungsprogramm<br />
April/Mai <strong>2011</strong><br />
21. Tanzen mit Kindern Teil I - Kreativer<br />
Kindertanz<br />
Datum: Mo. 11.<strong>04</strong>.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Mutantheater Saarbrücken<br />
Ref.: Helga Flohr<br />
22. Musikgarten<br />
Datum: Mi. 13.<strong>04</strong>.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Schönstattzentrum Lebach<br />
Ref.: Helga Flohr<br />
23. Kinder als Schrift- und<br />
Zeichenforscher<br />
Datum: Do. 14.<strong>04</strong>.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Parkhotel Finkenrech<br />
Ref.: Beate Hassel, Ulrike Licht<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 12<br />
April Mai<br />
24. Auftanken, Regenerieren,<br />
Stabilisieren: Für Körper, Atmung und<br />
Stimme<br />
Datum: Di. 26.<strong>04</strong>.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Parkhotel Finkenrech<br />
Ref.: Ingrid Niegel, Evelyn Schlagmann<br />
26. Kinderkräuterwerkstatt im Frühling<br />
Datum: Mo. 02.05.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Bildungszentrum Kirkel<br />
Ref.: Gabriele Geiger<br />
27. Kindgemäße Entspannung<br />
Datum: Mi. <strong>04</strong>.05.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Schönstattzentrum Lebach<br />
Ref.: Helga Flohr<br />
28. Mut tut gut: Ein Encouraging-<br />
Programm für ErzieherInnen<br />
(Blockveranstaltung)<br />
Datum: Mo./Di. 09.+10.05.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 09.00 - 16.00 Uhr und<br />
Datum: Fr. 17.06.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 14.00 - 16.00 Uhr<br />
Ort: Bildungszentrum Kirkel<br />
Ref.: Bärbel Theis<br />
29. Einen guten Anfang machen<br />
Datum: Di. 10.05.<strong>2011</strong><br />
Zeit: 10.00 - 16.30 Uhr<br />
Ort: Bildungszentrum Kirkel<br />
Ref.: Marlies Nagel<br />
Schule und Betrieb: Go<br />
and find out!<br />
Bundesweite Lehrerfortbildung von <strong>GEW</strong> und IG Metall<br />
Im Mittelpunkt dieser Fortbildung, die<br />
sich an Lehrkräfte des allgemeinbildenden<br />
Schulwesens richtet, steht die Betriebserkundung<br />
als eine sinnvolle und anregende<br />
Methode, die Arbeitsweltorientierung an<br />
Schulen zu stärken. Die Teilnehmenden<br />
haben die Möglichkeit, bei einem<br />
Großunternehmen der Metallindustrie im<br />
Rhein-Main-Gebiet einen Blick in die<br />
Produktion zu werfen und mit betrieblichen<br />
ExpertInnen aus der Betriebsratsund<br />
der Personalent-wicklungsarbeit zu<br />
sprechen.<br />
Das Seminar findet vom 29.5 bis<br />
1.6.<strong>2011</strong> in der IG Metall-Bildungsstätte<br />
Bad Orb statt.<br />
Die Seminar- und Übernachtungskosten<br />
werden übernommen. Interessent-<br />
Innen können sich an Martina Schmerr<br />
(<strong>GEW</strong>; martina.schmerr@gew.de) oder<br />
Bernd Kaßebaum (IG Metall; bernd. kassebaum@igmetall.de)<br />
wenden. <br />
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großen Sorgen rund um Ihre Zukunft.<br />
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JUGENDHILFE<br />
Viele Themen in kurzer Zeit<br />
Wochenendseminar der <strong>GEW</strong> Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe<br />
Jeder Tag ist Sprachlerntag - auch für<br />
auffällige Jungen und übermächtige<br />
Frauen, die gute und schlechte Erfahrungen<br />
mit dem Kooperationsjahr machen,<br />
sich aber mehr Präsens der <strong>GEW</strong> bei den<br />
Betriebsversammlungen wünschen und<br />
warnen vor der Ausweitung prekärer<br />
Arbeitsbedingungen an den freiwilligen<br />
Ganztagsschulen und …<br />
Ja, es waren viele Themen über die man<br />
diskutierte während des Wochenendseminares<br />
der Fachgruppe Sozialpädagogische<br />
Berufe am 25./26. Februar im Bildungszentrum<br />
der Arbeitskammer. Und dass es<br />
spannend ist, über den eigenen Tellerrand<br />
zu schauen und zu erfahren, wie andere<br />
KollegInnen in ihren Einrichtungen und<br />
an ihrem Arbeitsplatz mit Problemen und.<br />
Anforderungen umgehen , macht den Reiz<br />
unserer Fachgruppenarbeit aus.<br />
Freiwillige Ganztagsschule<br />
Am Freitagabend stand das Thema<br />
“Freiwillige Ganztagsschulen“ auf der<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 14<br />
Tagesordnung. Peter Balnis erläuterte die<br />
Stellungnahme der <strong>GEW</strong>. Es stellte sich<br />
heraus, dass alle Diskussionsteilnehmer<br />
für eine gebundene, kostenfreie Ganztagsschule<br />
eintreten und dass die Horte als<br />
Jugendhilfeeinrichtungen besser funktionierten<br />
als die meisten freiwilligen<br />
Ganztagsschulen, zumal sie die Standards<br />
der Jugendhilfe bezgl. Raum- und Personalausstattung<br />
erfüllen müssen. Den<br />
Einsatz von Hilfskräften ohne pädagogische<br />
Ausbildung, wie er an manchen freiwilligen<br />
Ganztagsschulen vorkommt,<br />
lehnt die Fachgruppe ab. Durch die wenigen<br />
Arbeitsstunden der sozialpäd. Fachkräfte<br />
an den freiwilligen Ganztagsschulen<br />
entstehen immer mehr prekäre<br />
Arbeitsplätze.<br />
Betriebsratsarbeit<br />
Mit Michael Landau, unserem Ansprechpartner<br />
für Betriebsratsarbeit, Arbeitnehmervertretung<br />
und Personalräte<br />
überlegten wir, wie wir Themen aus diesen<br />
Bereichen in unsere Fachgruppenarbeit<br />
einfließen lassen und die gewählten KollegInnen<br />
mehr unterstützen können. Eine<br />
Anbindung an die Fachgruppe wäre sinnvoll.<br />
Sprachförderung<br />
Am Samstagmorgen stand das Thema<br />
„Sprachförderung“ im Mittelpunkt. Alle<br />
waren sich einig, dass die Sprachförderung<br />
von Kindern ganzheitlich, mit allen Sinnen,<br />
in Zusammenhang mit Musikund Bewegung<br />
erfolgen und in den Alltag der Einrichtungen<br />
integriert werden muss.Viele<br />
interessante Ideen und Ansätze gab es da<br />
zu hören, und es ist sicher, dass wir an diesem<br />
Thema weiterarbeiten werden.<br />
Das Thema „Jungenarbeit“ wurde sehr<br />
kontrovers diskutiert, ebenso das Papier:<br />
Auffällige Jungen – Übermächtig Frauen,<br />
entworfen vom Bundesfrauenausschuss.<br />
Kooperationsjahr von<br />
Kindergarten und<br />
Grundschule<br />
Zum Kooperationsjahr zwischen Kindergarten<br />
und Grundschule wurden die<br />
unterschiedlichsten Erfahrungen dargestellt.<br />
Es stellte sich heraus, dass es dort gut<br />
funktioniert, wo GrundschullehrerInnen<br />
sich in den Alltag der Kindergartenarbeit<br />
einklinken und die Erfahrungen der<br />
ErzieherInnen zum Kennenlernen der<br />
Kinder nutzen. Wenn aber die KollegIn aus<br />
der Grundschule das Zusammensein nur<br />
zum defizitorientierten Beobachten oder<br />
gar zur Durchführung eines „Tests“ nutzt,<br />
entstehen Ängste von Seiten der Kinder<br />
und Eltern. Dies erleichtert keineswegs<br />
den Übergang vom Kindergarten zur<br />
Grundschule und ist weit weg von jedem<br />
inklusiven Ansatz, wie ihn die <strong>GEW</strong> befürwortet<br />
In einem Punkt waren sich alle einig: im<br />
nächsten Jahr brauchen wir mehr Zeit für<br />
dieses alljährlich statt findende Treffen von<br />
ErzieherInnen, DiplompädagogInnen, Sozialpädagoginnen,<br />
Sozialwissenschaftler-<br />
Innen, Kinderpflegerinnen und SchulbegleiterInnen<br />
und allen, die im Berufsfeld<br />
der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten. <br />
Brigitte Bock<br />
Eine Querschnittsaufgabe<br />
Das Konzept zur Campusarbeit: Der<br />
DGB Bundesjugendausschuss hat beschlossen,<br />
die gewerkschaftliche Studierendenarbeit<br />
auf eine neue Grundlage zu<br />
stellen.<br />
Studium, das ist oft genug harte Arbeit -<br />
vor allem, wenn es selbst finanziert wer den<br />
muss: “Ich habe vor zwei Monaten einen<br />
Job angefangen, das Geld kommt nicht<br />
und von einem Vertrag ist auch nichts zu<br />
sehen. Wie kann ich nun vorgehen? -<br />
”Niemand kann mir sagen, wie viel Urlaub<br />
ich bei einem 400 Euro-Job habe. Nun seid<br />
ihr meine Hoffnung…”<br />
So oder so ähnlich lauten Anfragen von<br />
job benden Studierenden bei GewerkschafterInnen.<br />
Für solche und andere Belange haben<br />
DGB und Mitgliedsgewerkschaften eine<br />
Reihe von Initiativen – wie etwa das<br />
Beratungsnetz “Stu dents at work” – ins<br />
Leben gerufen, die zur Gründung von<br />
bundesweit bisher über 50 Hoch schulinformationsbüros<br />
(HiBs) und Campus<br />
Of fices (COs) geführt haben. Diese<br />
Einrichtungen sind mit ihren Angeboten<br />
die gewerkschaft lichen Anlaufstellen auf<br />
dem Campus – und da mit für viele<br />
Studierende, die oft über nur wenig<br />
Erfahrungen in Betrieben verfügen – der<br />
erste Kontaktpunkt mit Gewerkschaften.<br />
Und: Die Ausbildung in Deutschland<br />
orien tiert sich immer weiter Richtung<br />
Studium. Die Zahl der Studis ohne<br />
betriebliche Erfahrungen steigt von Jahr<br />
zu Jahr.<br />
Die Anzahl derer, die vorab eine<br />
berufliche Aus bildung gemacht haben, ist<br />
aber auch nicht zu unterschätzen. Sie muss<br />
gehalten werden. Deshalb hat der DGB-<br />
Bundesjugendausschuss beschlossen – gemäß<br />
Antrag auf dem DGB-Bundeskongress<br />
2010 –, die Arbeit an den Hoch -<br />
schulen auf eine neue Grundlage zu stellen:<br />
Sie soll als Kernaufgabe des DGB und<br />
seiner Mit gliedsgewerkschaften durch alle<br />
Ebenen hin durch verstanden werden. So<br />
wird die gewerk schaftliche Ansprache im<br />
Studium eine Quer schnittsaufgabe.<br />
“Die Gruppe der Studierenden ist sehr<br />
heterogen: Verschiedene Studiengänge<br />
und Le benssituationen erfordern differenzierte<br />
Ange bote”, sagt Sabrina Klaus-<br />
Schelletter, die bei der DGB-Jugend für die<br />
Studierendenarbeit zuständig ist.<br />
Dies gelte für alle Teilgruppen – dual<br />
Stu dierende, PraktikantInnen oder<br />
JobberInnen. Klaus-Schelletter: “Nur eine<br />
Kombination aus Ansprache im Betrieb<br />
und auf dem Campus bringt nachhaltigen<br />
Erfolg.”<br />
Dieses Kombi-Modell sieht vor, dass die<br />
Mitgliedsgewerkschaften die Betreuung<br />
der Studierenden im Betrieb vorantreiben,<br />
und die DGB-Jugend die Ansprache auf<br />
dem Campus – natürlich unter Hinzuziehung<br />
der fachlichen Kompetenzen und<br />
Unterstützung der Mit gliedsgewerkschaften<br />
– verantwortet.<br />
Dabei sollte aber immer biografieorientiert<br />
die konkrete Lebens- und Studiensituation<br />
im Mittelpunkt stehen: Studienbeginn,<br />
Praktika, Nebenjobs und Tätigkeiten<br />
als studentische Hilfskraft bis hin<br />
zur beruflichen Orientierung und Berufseinstieg.<br />
Und: Neben den zwar im mer<br />
politischen, aber auch serviceorientierten<br />
Angeboten bietet die DGB-Jugend (hochschul-)politisch<br />
engagierten Studierenden<br />
einen Rah men für ihre Aktivitäten.<br />
Studierende sind eine differenzierte<br />
Ziel gruppe! Daher entwickeln DGB-Jugend<br />
und Ge werkschaften auch fünf große<br />
Handlungs stränge, auf die sich vor Ort<br />
biografieorientiert konzentriert wird und<br />
zu denen Materialien und Arbeitshilfen in<br />
Form einer Toolbox erarbeitet werden:<br />
“Students at work” Beratung und<br />
Infor mationsveranstaltungen: Die<br />
Beratung von jobbenden Studierenden<br />
und PraktikantInnen bildet den Kern der<br />
Arbeit in den HiBs und COs. Flankiert<br />
wird diese Arbeit durch Informations -<br />
veranstaltungen rund um die relevanten<br />
Bera tungsthemen.<br />
Campus Touren und spezielle Angebote<br />
für Erstsemester: An Hochschulen oder<br />
ent fernt liegenden Fakultäten, an denen es<br />
keine örtlichen HiBs oder COs gibt,<br />
können die Ge werkschaften im Rahmen<br />
von Campus-Touren zu einzelnen<br />
Terminen präsent sein. Von reinen<br />
Infoständen über Vortragsveranstaltungen<br />
bis hin zu einer mobilen “Students at<br />
work”-Bera tung ist die Bandbreite der<br />
Möglichkeiten sehr groß. Im Jahr <strong>2011</strong><br />
HOCHSCHULE<br />
liegt der Schwerpunkt der Campus-<br />
Touren beim Thema “Generation Prak -<br />
tikum”.<br />
Ansprache und Aktionen auf dem<br />
Campus: Elemente des Organizing und<br />
andere lebendige Aktionsformen werden<br />
auf die gewerkschaftli che Studierendenarbeit<br />
übertragen, z.B. in der Zusammenarbeit<br />
in bildungspolitischen Bünd nissen,<br />
wo es in der Vergangenheit – wie beim<br />
Bildungsstreik – gute Kooperationen zwischen<br />
Studierenden und Gewerkschaften<br />
gab (Bereit stellung von Büros, Herstellung<br />
von Zeitungen u.a.).<br />
Unterstützung von studentischen<br />
Mitbe stimmungsgremien: Eine Unterstützung<br />
dieser Gremien ist originäres<br />
Kerngeschäft und ermöglicht eine nachhaltige<br />
Verankerung gewerkschaftlicher<br />
Themen sowie eine Nutzung der vorhandenen<br />
Infrastruktur an der Hochschule.<br />
Freiräume schaffen für gewerkschaftliches<br />
Engagement durch anrechenbare<br />
Angebote: Denn zeitliche Ressourcen sind<br />
auch für Stu dierende äußerst knapp: Sie<br />
müssen sich an gesichts überfrachteter<br />
Studiengänge vermehrt die Frage stellen,<br />
welchen Zusatznutzen sie durch den<br />
Besuch einer Informationsveranstal tung<br />
oder gar durch ehrenamtliches Engage -<br />
ment haben. Eine Möglichkeit kann sein,<br />
ent sprechende Angebote durch die<br />
Hochschule mit für das Studium notwendigen<br />
Credits vergüten zu lassen. <br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 15
SCHULE<br />
Bildungsreformen für mehr<br />
Chanchengleichheit<br />
Strukturwandel versus Etikettenschwindel<br />
Schon seit der ersten PISA-Studie sind<br />
die Begriffe ‚Chancengleichheit’ und<br />
‚Bildungsgerechtigkeit’ in aller Munde.<br />
Inzwischen wird jede noch so kleine<br />
Reform als bahnbrechender Fortschritt<br />
hin zu einer entsprechenden Umwandlung<br />
des Bildungssystems gefeiert. Allerdings<br />
wird viel zu selten danach gefragt,<br />
was soziale Benachteiligung im Bildungssystem<br />
wirklich bedeutet und durch welche<br />
Schulstrukturen sie verstärkt wird. Oft<br />
wird dann etwas als Reform hin zu mehr<br />
Chancengleichheit hingestellt, das de facto<br />
nur ein Mehr desselben oder gar einen<br />
Rückschritt bedeutet. Es erscheint daher<br />
sinnvoll, zentrale Punkte zu benennen, die<br />
für eine mehr sozialer Gerechtigkeit dienende<br />
Schulstrukturreform hinderlich<br />
sind, und anschließend die Frage zu stellen,<br />
wie in der aktuellen bildungspolitischen<br />
Diskussion im <strong>Saarland</strong> damit<br />
umgegangen wird.<br />
1. Ziffernnoten behindern<br />
individuelles Lernen und<br />
stigmatisieren bildungsbenachteiligte<br />
Kinder und<br />
Jugendliche.<br />
Für konservative Bildungspolitiker<br />
scheint allein der Gedanke an die Abschaffung<br />
der Ziffernnoten mit dem Umsturz<br />
des Gesellschaftssystems gleichbedeutend<br />
zu sein. Entscheidendes Argument für den<br />
Erhalt der Ziffernnoten ist die Behauptung,<br />
die Lernenden erhielten hierdurch<br />
eine objektive Rückmeldung über ihre<br />
Kompetenzen und Fähigkeiten. Dieses<br />
Argument ist schon seit Jahrzehnten durch<br />
die erziehungswissenschaftliche Forschung<br />
widerlegt. Die einschlägige Arbeit<br />
von Karlheinz Ingenkamp (Die Fragwürdigkeit<br />
der Zensurengebung, 1969) ist in<br />
ihren zentralen Thesen gerade erst wieder<br />
durch Ursula Leppert bestätigt worden<br />
(Ich habe eine Eins! Und du? Von der<br />
Notenlüge zur Praxis einer besseren<br />
Lernkultur, 2010).<br />
Leppert fokussiert ihre Kritik an der<br />
Zensurenpraxis auf den Aspekt, dass<br />
durch diese Art der Leistungsmessung<br />
individuelles Lernen verhindert wird.<br />
Ziffernnoten ergeben nur dann einen<br />
Sinn, wenn alle Lernenden der Gruppe in<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 16<br />
der gleichen Zeit das Gleiche lernen sollen.<br />
An die Stelle individueller Lernförderung<br />
tritt die Stoppuhr-Pädagogik, die Lernkultur<br />
als Wettkampfkultur missversteht.<br />
Dies führt gerade bei Kindern mit eigenwilligen<br />
Lernwegen oder langsamerem<br />
Lerntempo zu einem Abbau von Kreativität,<br />
zu Demotivation und einer Schädigung<br />
des Selbstwertgefühls. Es versteht<br />
sich von selbst, dass insbesondere sozial<br />
benachteiligte Kinder und Kinder nichtdeutscher<br />
Muttersprache dadurch in ihrer<br />
Lernentwicklung behindert werden.<br />
2. Homogene Lerngruppen<br />
führen nicht zu besseren<br />
Leistungen und beeinträchtigen<br />
das soziale Lernen.<br />
Nach wie vor gelten homogene<br />
Lerngruppen im deutschen Bildungswesen<br />
als erstrebenswertes Ziel. Es wird<br />
argumentiert, dass starke Schüler durch<br />
Schwächere in ihrem Lernen behindert<br />
werden, dass Letztere in heterogenen<br />
Lerngruppen gemobbt werden, dass Kinder<br />
sich nur unter ‚ihresgleichen’ wohlfühlen<br />
und dass das Unterrichten heterogener<br />
Lerngruppen eine Überforderung für die<br />
Lehrkräfte darstellt. Folglich gibt es auch<br />
eine Reihe von Mechanismen, die der<br />
Homogenisierung der Schülerschaft dienen.<br />
Dazu zählen insbesondere Ziffernnoten,<br />
Versetzungsordnungen und zentrale<br />
Abschlussprüfungen. Diese entfalten<br />
ihrerseits wieder eine Eigendynamik, die<br />
alle Ansätze zu einer heterogeneren Lernkultur<br />
im Keim erstickt.<br />
Wissenschaftlich ist nicht erst seit der<br />
PISA-Studie eindeutig widerlegt, dass das<br />
Lernen in homogenen Gruppen bessere<br />
Schülerleistungen zur Folge hat. Dies liegt<br />
auch daran, dass das Ideal der Homogenität<br />
zur Dominanz des fragendentwickelnden<br />
Frontalunterrichts führt, bei<br />
dem das Lehren und nicht das Lernen im<br />
Vordergrund steht. Offene Unterrichtsformen,<br />
das Lernen in Kleingruppen und<br />
individualisierende Lernformen wie<br />
Wochenplan- oder Portfolioarbeit treten<br />
demgegenüber in den Hintergrund. Diese<br />
Lernformen zeichnen sich dadurch aus,<br />
dass die speziellen Interessen, Lerngeschwindigkeiten<br />
und Lernwege der Kinder<br />
im Lernprozess berücksichtigt werden und<br />
dass die Kinder auch voneinander lernen<br />
können.<br />
Das Lernen in homogenen Gruppen ist<br />
insbesondere für schwächere Schüler fatal.<br />
So fand Hans Wocken in einer Schulleistungsuntersuchung<br />
an norddeutschen<br />
Förderschulen Lernen heraus, dass die<br />
Leistungsentwicklung der Kinder und<br />
Jugendlichen umso negativer ausfiel, je<br />
länger sie die Förderschule besucht hatten.<br />
Auch stärkere Schüler profitieren allerdings<br />
vom gemeinsamen Lernen mit<br />
Schwächeren, indem sie durch ‚learning by<br />
teaching’ ihr Wissen festigen und erweitern<br />
können. Nicht zuletzt werden durch<br />
die Tatsache, dass die Schüler mehr vonund<br />
miteinander lernen, die Toleranz für<br />
Verschiedenheit und die Bereitschaft,<br />
anderen zu helfen, gestärkt.<br />
3. Die separierende<br />
Unterrichtung einzelner<br />
Schüler an der Förderschule<br />
Lernen führt zur<br />
Verfestigung von sozialer<br />
Benachteiligung.<br />
Schon lange ist bekannt, dass die<br />
Förderschule Lernen im Wesentlichen eine<br />
Schule für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen<br />
ist. Es gibt keine einzige<br />
wissenschaftliche Untersuchung, die nachweist,<br />
dass die Kinder und Jugendlichen an<br />
dieser Schule in ihrer Leistungsentwicklung<br />
gefördert oder durch den Besuch dieser<br />
Schule besser in die Gesellschaft integriert<br />
würden. Dies ist nicht den dort tätigen<br />
Lehrkräften anzulasten, sondern<br />
einem System, das eine bestimmte Gesellschaftsschicht<br />
im Bildungssystem ghettoisiert<br />
und mit stigmatisierenden Etiketten<br />
wie ‚Lernbehinderter’ oder ‚Förderschüler’<br />
versieht. Diese Ghettoisierung betrifft darüber<br />
hinaus noch in besonderer Weise<br />
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.<br />
In ihrer mittlerweile fast 150-jährigen<br />
Geschichte hat es die Hilfs-, Sonder-,<br />
Förderschule (oder wie auch immer man<br />
diese Schulform nennen mag) nicht<br />
geschafft, eine eigene Didaktik zu entwickeln,<br />
die den betreffenden Kindern und<br />
Jugendlichen die Rückkehr in die gesellschaftliche<br />
Mitte erleichtern könnte. Dies<br />
zeigt, dass die Idee des separierenden<br />
Schulwesens dem Ideal gesellschaftlicher<br />
Teilhabe und Selbstbestimmung widerspricht.<br />
4. Der Verzicht auf einen<br />
inklusiven Umbau des<br />
Bildungssystems schließt<br />
Kinder und Jugendliche mit<br />
Beeinträchtigungen von<br />
einer gesellschaftlichen<br />
Teilhabe aus.<br />
Es ist zwar richtig, dass Kinder und<br />
Jugendliche mit Beeinträchtigungen individuelle,<br />
speziell auf sie zugeschnittene<br />
Unterstützungsmaßnahmen brauchen.<br />
Um ein gewisses Maß an Selbstbestimmung<br />
zu erreichen, sind für sie besondere<br />
pädagogische Maßnahmen notwendig.<br />
Regelschulen sind heutzutage noch nicht<br />
in vollem Maße in der Lage, diese individuellen<br />
Hilfen zur Verfügung zu stellen. Es<br />
fehlt an personellen und auch räumlichen<br />
Ressourcen. Trotz der Tatsache, dass die<br />
Förderschulen für geistige oder motorische<br />
Entwicklung sowie für die Förderschwerpunkte<br />
Hören und Sehen auch für<br />
schwer und mehrfach beeinträchtigte<br />
Kinder und Jugendliche vielfältige Fördermöglichkeiten<br />
bieten, fehlt ihnen das<br />
gemeinsame Lernen mit nichtbeeinträchtigten<br />
Kindern und Jugendlichen. Das<br />
gemeinsame Lernen von Kindern mit und<br />
ohne Behinderung ist jedoch eine wesentliche<br />
Voraussetzung, um gesellschaftliche<br />
Teilhabe zu lernen und zu erleben.<br />
Ebenso wichtig ist, dass Kinder ohne<br />
Behinderungen in Kontakt mit Kindern<br />
mit Beeinträchtigungen kommen und den<br />
Umgang mit diesen lernen. Der Großteil<br />
der Menschen, die unser separierendes<br />
Schulsystem durchlaufen haben, zeigt<br />
extreme Hemmungen im Umgang mit<br />
Menschen mit sichtbaren Behinderungen<br />
und Beeinträchtigungen. Dies führt nicht<br />
zuletzt dazu, dass diese Bevölkerungsgruppe<br />
bei den meisten kommunalen<br />
Planungen vergessen wird, weil sie sich<br />
nicht im Blickfeld der Planenden befindet.<br />
Inklusive Bildung bedeutet folglich, dass<br />
sich Kinder und Jugendliche mit und ohne<br />
Behinderung gegenseitig anregen und dass<br />
die Gruppe der Menschen mit Behinderungen<br />
im öffentlichen Raum sichtbar<br />
und so in ihren Rechten wahrnehmbar<br />
wird. Wenn dennoch Bildungspolitiker<br />
von den pädagogischen Möglichkeiten separierender<br />
Fördereinrichtungen schwär-<br />
men, so steht dahinter vielleicht der unbewusste<br />
Wunsch, die als Ärgernis und<br />
Bedrohung erlebte Andersartigkeit von<br />
Menschen mit Behinderungen aus dem<br />
eigenen Blickfeld zu verdrängen.<br />
5. Die Unterfinanzierung<br />
des Bildungssystems verhindert<br />
die Kompensation von<br />
Bildungsbenachteiligungen.<br />
Unter Bildungsforschern wird die<br />
Architektur von Schulgebäuden zuweilen<br />
als ‚dritter Pädagoge’ bezeichnet. In der Tat<br />
ist der Einfluss des Schulgebäudes auf das<br />
Lernen nicht zu unterschätzen. So konnten<br />
sich beispielsweise in einer Untersuchung<br />
zur Raumakustik die Lernenden<br />
umso schlechter konzentrieren, je länger<br />
der Nachhall von Geräuschen im Klassenraum<br />
war (vgl. Studie der Heriot-Watt-<br />
Universität, 1999).<br />
Die meisten Schulgebäude im <strong>Saarland</strong><br />
weisen keinerlei Schallschutz auf. Nebengeräusche<br />
potenzieren sich zu einem<br />
Klangteppich, der das konzentrierte Arbeiten<br />
nachhaltig behindert. Bröckelnder<br />
Putz und Toiletten, in denen von hygienischen<br />
Standards kaum die Rede sein kann,<br />
sind weitere Aspekte, die zeigen, welch<br />
niedrigen Stellenwert Bildung in manchen<br />
Kommunen hat. Viele Schulen können<br />
auch schon allein deshalb keine ergänzende<br />
individuelle Förderung anbieten, weil<br />
dafür schlicht die Räumlichkeiten fehlen.<br />
Dies erschwert auch die Unterrichtung<br />
von Kindern mit Pflegebedarf an Regelschulen.<br />
Es fehlt aber nicht nur an räumlichen,<br />
sondern auch an personellen Ressourcen.<br />
Kleinere Klassen führen zwar nicht zwingend<br />
zu einer besseren Unterrichtsqualität<br />
und zu besseren Schülerleistungen; sie<br />
erleichtern aber das individualisierte Lernen.<br />
So hat etwa die Schulleistungsstudie<br />
DESI, in der die Englischleistungen von<br />
Schülern der Sekundarstufe 1 untersucht<br />
worden sind, in Abhängigkeit von der<br />
jeweiligen Klassengröße signifikante<br />
Leistungsunterschiede festgestellt (DESI<br />
2001).<br />
Andere Studien haben ergeben, dass<br />
kleinere Lerngruppen gerade für sozial<br />
benachteiligte Kinder und Jugendliche von<br />
Vorteil sind (Tennessee Study of class size.<br />
1996). Psychosozial belastete Kinder und<br />
Jugendliche sind auf eine positive Beziehung<br />
zu den Lehrkräften angewiesen. Diese<br />
Beziehungsarbeit ist in einer großen<br />
Klasse jedoch kaum leistbar. Gerade für<br />
SCHULE<br />
Kinder mit besonderem Förderbedarf<br />
oder aus bildungsfernen Familien bedeutet<br />
eine zu geringe Personalzuteilung, dass<br />
kompensatorische Bildungsangebote nicht<br />
mehr geleistet werden können. Aus diesem<br />
Grund müssen zumindest die Klassen an<br />
den Schulen, an denen verstärkt Schüler<br />
mit besonderem Förderbedarf unterrichtet<br />
werden, kleiner als an anderen sein.<br />
Außerdem bedarf es hier auch der zusätzlichen<br />
Unterstützung der Lehrkräfte durch<br />
Sozial- und Sonderpädagogen.<br />
Und wie sieht es nun im <strong>Saarland</strong> aus?<br />
Wird in der aktuellen bildungspolitischen<br />
Diskussion die Frage der Bildungsgerechtigkeit<br />
thematisiert? Dient die geplante<br />
Einführung der Gemeinschaftsschule dem<br />
Ziel größerer Chancengleichheit?<br />
Glaubt man den Verlautbarungen der<br />
Jamaikaner, so sind die von ihnen in<br />
Angriff genommenen Reformen geradezu<br />
ein Quantensprung in Richtung auf mehr<br />
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.<br />
So ist im Eckpunktepapier zur<br />
Gemeinschaftsschule viel von individuellen<br />
Lernmöglichkeiten und Lerninteressen<br />
der Schülerinnen und Schüler zu lesen. Als<br />
„Hauptziel der Gemeinschaftsschule“<br />
wird sogar „die individuelle Förderung<br />
der Schülerinnen und Schüler, unabhängig<br />
von den angestrebten Schulabschlüssen“,<br />
angegeben. Dem stehen allerdings<br />
diverse Äußerungen einzelner Koalitionspolitiker<br />
sowie die Strukturvorgaben im<br />
Eckpunktepapier der Gemeinschaftsschule<br />
gegenüber, die teilweise in die entgegengesetzte<br />
Richtung weisen.<br />
1. Zensuren.<br />
An eine Abmilderung oder gar<br />
Abschaffung des Ziffernnotensystems ist<br />
von Seiten der Jamaikaner nicht im<br />
Entferntesten gedacht. In der Saarbrücker<br />
Zeitung vom 11.12. 2010 hat Klaus Kessler<br />
stattdessen sein Festhalten an Ziffernnoten<br />
ausdrücklich bekräftigt. Diese könnten<br />
„helfen, Stärken und Schwächen wahrzunehmen“<br />
und hätten eine „wichtige Rückmeldefunktion<br />
für die Eltern“. Schlechte<br />
Noten könnten zwar demotivieren, doch<br />
hätten Lehrer die Möglichkeit, mit der<br />
Notenvergabe „pädagogisch sinnvoll“<br />
umzugehen.<br />
Eine interessante Argumentation!<br />
Etwas, das als pädagogisch fragwürdig<br />
erkannt wird, soll dadurch pädagogisch<br />
sinnvoll werden, dass die Lehrkräfte entsprechend<br />
damit umgehen. Das ist in etwa<br />
so, als wolle man die Prügelstrafe durch<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 17
SCHULE<br />
die Wahl eines weicheren Stocks abmildern.<br />
2. Homogene Lerngruppen.<br />
An der Fassade des saarländischen<br />
Bildungsministeriums prangt eine große<br />
Sprechblase mit der Aufschrift: „Gemeinsam<br />
geht Bildung besser!“ Was damit wohl<br />
gemeint sein mag? Wahrscheinlich, dass<br />
die Jamaikaner gemeinsam Bildungspolitik<br />
betreiben. Auf die Reform des<br />
Bildungssystems kann es sich jedenfalls<br />
nicht beziehen. So betonte Peter Müller in<br />
der Saarbrücker Zeitung vom 18.2. <strong>2011</strong>,<br />
dass sich dank der Linken nun „die richtige<br />
Struktur im Interesse unserer Kinder“<br />
durchsetze. Mit der neuen Schulreform<br />
werde das CDU-Konzept des „gegliederten<br />
Systems“ gestärkt.<br />
Auch Klaus Kessler hat ausdrücklich<br />
hervorgehoben, dass es „keine Gesamtschule<br />
in der inhaltlichen Organisation“<br />
mehr geben werde (SZ vom 18.2.<strong>2011</strong>).<br />
Unter „gemeinsamem Lernen“ wird im<br />
Eckpunktepapier zur Gemeinschaftsschule<br />
dementsprechend „die Differenzierung<br />
nach Anspruchsebenen“ verstanden.<br />
Ziel ist die „Einstufung der<br />
Schülerinnen und Schüler in die Kurse<br />
bzw. klasseninternen Lerngruppen entsprechend<br />
ihren Leistungen“ und „entsprechend<br />
ihres zu erwartenden Abschlusses“.<br />
Individuelle Förderung bedeutet demnach<br />
in der neu einzurichtenden saarländischen<br />
Gemeinschaftsschule die richtige<br />
Platzierung der Schülerinnen und Schüler<br />
in die entsprechenden Kurse und Lerngruppen.<br />
Vorstellungen vom Lernen in<br />
heterogenen Gruppen, wie sie innerhalb<br />
der Gesamtschulbewegung, beispielsweise<br />
im Team-Kleingruppen-Modell, in den<br />
„Leuchtturmschulen“ (auch im <strong>Saarland</strong>)<br />
oder auch in den Schulen der skandinavischen<br />
Länder entwickelt wurden, sind den<br />
Jamaikanern so fremd wie den Chinesen<br />
die Weißwurst.<br />
3. Förderschule Lernen.<br />
Gleich auf der ersten Seite des<br />
Eckpunktepapiers zur Gemeinschaftsschule<br />
findet sich der Hinweis auf die UN-<br />
Konvention über die Rechte von behinderten<br />
Menschen. Es wird darauf hingewiesen,<br />
dass die beiden Säulen des saarländischen<br />
Schulwesens sich den „Regelungen<br />
der Inklusion“ verpflichten. Außer im ersten<br />
Abschnitt werden die Kinder mit speziellem<br />
Förderbedarf in dem gesamten<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 18<br />
Papier aber kein einziges Mal mehr<br />
erwähnt.<br />
Die diskriminierungsfreie Unterrichtung<br />
von Kindern und Jugendlichen mit<br />
besonderem Förderbedarf erfordert die<br />
Begründung einer neuen Lernkultur.<br />
Stattdessen halten die Jamaikaner in ihrem<br />
Eckpunktepapier ausdrücklich an „äußerer<br />
Fachleistungsdifferenzierung“ fest.<br />
Fördermaßnahmen werden nur als Mittel<br />
gesehen, den gleichschrittigen Unterricht<br />
in der homogenen Lerngruppe zu sichern.<br />
Dementsprechend soll auch an der<br />
Förderschule Lernen festgehalten werden.<br />
So sieht der Fraktionsvorsitzende der FDP,<br />
Christian Schmitt, den Erhalt des<br />
Gymnasiums und den der Förderschule<br />
gleichermaßen als Voraussetzung dafür,<br />
„für jeden Schüler ein passgenaues<br />
Bildungsangebot zu schaffen“ (Pressemitteilung<br />
der FDP-Landtagsfraktion vom 1.<br />
März <strong>2011</strong>). Damit stellt er mühelos die<br />
Kontinuität zur bildungspolitischen Diskussion<br />
von 1861 her.<br />
4. Inklusiver Umbau des<br />
Bildungssystems.<br />
Inklusion klebt zwar als Etikett auch auf<br />
dem Eckpunktepapier der Jamaikaner. In<br />
den konkreten Ausführungen zur<br />
Gemeinschaftsschule finden sich aber<br />
keine Hinweise, die auf die Entwicklung<br />
einer inklusiven Schulstruktur hindeuten<br />
würden. Inklusion wird schlicht mit der<br />
Integration von Kindern mit Behinderungen<br />
gleichgesetzt. Nach Ansicht der<br />
Jamaikaner ist das Postulat der Inklusion<br />
schon damit eingelöst, dass man den<br />
Eltern die Wahlfreiheit über den Schulort<br />
ihrer Kinder gewährt. Den ausdrücklichen<br />
Verweis der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
auf die „notwendigen Vorkehrungen“<br />
(Barrierefreiheit, personelle<br />
Ressourcen, spezielle Unterstützungsangebote<br />
etc.) für die uneingeschränkte<br />
Teilhabe behinderter Kinder am allgemeinen<br />
Schulwesen übersehen sie dagegen<br />
geflissentlich.<br />
Der Umgang mit dem Thema Inklusion<br />
ist innerhalb der Jamaika-Koalition allerdings<br />
äußerst widersprüchlich. Während<br />
es im Bildungsministerium Arbeitsgruppen<br />
gibt, die sich ernsthaft um eine<br />
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
bemühen und hierbei eng mit<br />
den zuständigen Verbänden zusammenarbeiten,<br />
wird von den führenden<br />
Jamaikanern immer wieder die Notwendigkeit<br />
des Erhalts der Förderschulen<br />
betont. Dass Inklusion einen professionel-<br />
len Umgang mit Verschiedenheit jeglicher<br />
Art bedeutet und damit einen völligen<br />
Umbau der Schulstrukturen bedingt, wird<br />
von ihnen schlichtweg geleugnet. Dementsprechend<br />
torpedieren sie auch die entsprechenden<br />
Bemühungen der eigenen<br />
Mitarbeiter im Bildungsministerium.<br />
5. Unterfinanzierung des<br />
Bildungssystems.<br />
Im Koalitionspapier der Jamaikaner<br />
konnten wir staunend lesen, dass eine<br />
schrittweise Anhebung der Bildungsausgaben<br />
auf 30 % des Landeshaushalts angestrebt<br />
werde. Ausdrücklich sollte der<br />
Bildungsbereich von eventuellen künftigen<br />
Sparvorgaben ausgenommen werden.<br />
Nachdem man zunächst noch durch<br />
Taschenspielertricks wie die Einrechnung<br />
von Schülertransporten oder Beamtenpensionen<br />
die Einhaltung des Koalitionsvertrags<br />
vorgetäuscht hatte, ist man mittlerweile<br />
stolz darauf, die „unverantwortbare<br />
Aufstockung des Bildungshaushalts“<br />
verhindert zu haben (Pressemitteilung der<br />
FDP-Landtagsfraktion, s.o.). Auch das<br />
Versprechen, die Klassenfrequenzen zu<br />
verringern, wurde schrittweise zurückgenommen.<br />
Als vorläufiger Höhepunkt dieses<br />
Abrückens von Wahlversprechen und<br />
Koalitionsvereinbarungen betonten Klaus<br />
Kessler und Klaus Meiser im Zusammenhang<br />
mit der von der Linken geforderten<br />
Lehrerfeuerwehr unisono, dass dafür keine<br />
neuen Lehrer eingestellt würden. Vielmehr<br />
sollen vorhandene Lehrerstellen entsprechend<br />
umgewidmet werden, anstatt sie für<br />
eine Verbesserung der Lehrer-Schüler-<br />
Relation vor Ort zu nutzen.<br />
Die Mittel, die aus dem Konjunkturpaket<br />
Saar in die Schulgebäude geflossen<br />
sind, wurden ausschließlich für unbedingt<br />
notwendige Renovierungsmaßnahmen im<br />
Bereich der Bausubstanz und der Heizungssysteme<br />
verwandt. Verbesserungen<br />
bei der Barrierefreiheit spielten dagegen<br />
eine ebenso untergeordnete Rolle wie bauliche<br />
Maßnahmen, die als Voraussetzung<br />
für eine verbesserte Lernkultur an den<br />
Schulen hätten dienen können.<br />
Die Frage, ob das zentrale<br />
Bildungsprojekt der Jamaikaner – die<br />
Gemeinschaftsschule – der Durchsetzung<br />
von mehr Bildungsgerechtigkeit und<br />
Chancengleichheit dienen kann, beantwortet<br />
sich vor diesem Hintergrund<br />
eigentlich von selbst. Sollte noch ein<br />
Zweifel bestehen, kann man u.a. bei Peter<br />
Müller nachfragen. Dieser hat immer wie-<br />
der stolz verkündet, dass es keine<br />
Privilegierung der Gemeinschaftsschule<br />
geben werde. Der Klassenteiler werde dort<br />
nicht anders sein als am Gymnasium.<br />
Wenn aber der Gemeinschaftsschule<br />
nicht mehr Ressourcen zur Verfügung<br />
gestellt werden als dem Gymnasium, wird<br />
sie ihre viel komplexeren Aufgaben kaum<br />
erfüllen können. Schließlich wird es an ihr<br />
mehr Schüler mit Förderbedarf geben,<br />
und es müssen neben dem Abitur noch<br />
zwei weitere zentrale Abschlussprüfungen<br />
organisiert werden. Stattet man die<br />
Gemeinschaftsschule nicht besser aus als<br />
das Gymnasium, erfüllt sie lediglich die<br />
Funktion einer Entlastung von Letzterem.<br />
Sie wäre dann nichts weiter als eine<br />
Restschule, ein um eine Oberstufe erweitertes<br />
Remake der guten alten Volksschule.<br />
Zu befürchten ist ferner, dass die<br />
Einrichtung der Gemeinschaftsschule als<br />
Begründung für Schulschließungen dienen<br />
wird, indem man Erweiterte Realschulen<br />
und Gesamtschulen mancherorts<br />
zu jeweils einer neuen Gemeinschaftsschule<br />
zusammenfasst.<br />
Zwar finden sich im Eckpunktepapier<br />
zur Gemeinschaftsschule Ansätze, die in<br />
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Richtung einer größeren Bildungsgerechtigkeit<br />
interpretiert werden können. Die<br />
<strong>GEW</strong> hat sie in ihrer Stellungnahme<br />
gewürdigt. Problematisch ist aber, dass die<br />
Gleichwertigkeit der beiden künftigen<br />
Säulen des saarländischen Schulwesens<br />
nur darin gesehen wird, dass beide<br />
Schulformen zum Abitur führen können.<br />
Mehr Bildungsgerechtigkeit bedeutet also<br />
für die Jamaikaner lediglich, dass langsamer<br />
lernende Mittelstandskinder das<br />
Abitur in neun statt in acht Jahren erwerben<br />
können. Die wirklich bildungsbenachteiligten<br />
Kinder kommen in ihren<br />
Überlegungen gar nicht vor.<br />
Fatal ist vor allem, dass die konkrete<br />
Ausgestaltung der Gemeinschaftsschule in<br />
vielen Punkten den einzelnen Schulkonferenzen<br />
überlassen bleibt. Daraus ergibt<br />
sich die Gefahr, dass die gerade in der<br />
Gesamtschulbewegung vorhandenen Bemühungen<br />
um mehr gemeinsames Lernen,<br />
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit<br />
zunichte gemacht werden. Die<br />
Gemeinschaftsschule wäre dann ein klarer<br />
Rückschritt gegenüber den heute bestehenden<br />
Strukturen. <br />
Ilka Hoffmann<br />
SCHULE<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 19
SCHULE<br />
Mehr Peers – weniger alte Penne<br />
Die Peers – die Gleichaltrigen, Freunde,<br />
Kumpels und Cliquen – sind neben<br />
Familie und Schule die dritte große<br />
Sozialisationsinstanz. Oft scheinen sie sich<br />
nicht in die schulische Ordnung fügen zu<br />
wollen. Makel: Störfaktor im Unterricht.<br />
Doch der Blick wandelt sich. Denn Peers<br />
sind wichtige Entwicklungshelfer. Ein<br />
Gespräch mit Entwicklungspsychologin<br />
Prof. Dr. Maria von Salisch.<br />
Erlauben Sie mir vorab eine persönliche<br />
Frage: Wieso beschäftigen Sie sich mit<br />
dem Thema Peers?<br />
Nun, ich habe bereits meine<br />
Doktorarbeit dem Thema Freundschaften<br />
gewidmet. Mich interessierte es als wichtiger<br />
Entwicklungskontext. Das hatte natürlich<br />
auch persönliche Hintergründe. Ich<br />
wuchs als jüngstes Kind von vier<br />
Geschwistern auf. Wir haben sehr viel<br />
ohne Aufsicht zusammen gemacht. Da<br />
galten oft andere Regeln als mit den<br />
Eltern. Aber ich merkte, wie wichtig diese<br />
Zeiten für mich waren. Bis auf den heutigen<br />
Tag ist das das Spannende für mich<br />
daran.<br />
Mit Verlaub, man möchte meinen, das<br />
Feld Peers ist hinreichend erforscht.<br />
Worin besteht denn das Neue?<br />
Sie haben Recht. Mit dem Thema<br />
beschäftigen wir uns schon lange. Aber das<br />
Interesse lag eher auf Peer-Gruppen, die<br />
abweichendes Verhalten anstoßen. In den<br />
neuen Forschungen geht es dagegen mehr<br />
um die unterstützende Natur von Peer-<br />
Beziehungen. Jeder Heranwachsende<br />
befindet sich in zahlreichen Verbindungen<br />
mit anderen Gleichaltrigen, die ihm bei<br />
der Bewältigung von Übergangssituationen<br />
zur Seite stehen und eben auch<br />
Entwicklungshelfer sein können.<br />
Gutes Stichwort: „Entwicklungshelfer“.<br />
Das würde man gerne genauer verstehen.<br />
Die Peers, also all die Gleichaltrigen,<br />
nehmen eine außerordentlich wichtige<br />
Rolle in der Entwicklung von jungen<br />
Menschen ein. Beim Älterwerden warten<br />
Entwicklungsaufgaben mit unterschiedlichen<br />
Anforderungen. Die Peers handeln<br />
diese Fragen auf der Grundlage gleicher<br />
oder ähnlicher Erfahrungen ab. Sie sind<br />
Modellpersonen, Unterstützer und<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 20<br />
Sparringspartner, an denen man sich, sein<br />
Selbstbild, sein Können und sein Lernen<br />
überprüft. In größeren Peer-Gruppen wie<br />
einer Klasse oder im Jugendclub wahrt<br />
man dabei mehr sein offizielles Gesicht. In<br />
den intimeren Freundschaften kann man<br />
sich dagegen unverstellt zeigen und ganz<br />
persönlich austauschen. All das ist immens<br />
wichtig für die psychosoziale Entwicklung.<br />
Stellt sich die nächste Frage: Wie kann<br />
oder sollte die Schule das nutzen?<br />
Es geht darum, die Schüler nicht auf<br />
ihre Schülerrolle zu begrenzen, denn die<br />
Schule ist auch eine Kontaktbörse. Schüler<br />
agieren gleichzeitig in sehr verschiedenen<br />
Arenen. Und zum erfolgreichen Lernen in<br />
der Schule gehört es, diese im Blick zu<br />
haben. Anders gesagt: Die Schule ist auch<br />
Lebensraum. Zu ihrer Organisation sollte<br />
gehören, dass man seine Beziehungen zu<br />
den Peers pflegen kann, und das nicht nur<br />
auf dem Schulhof. Man denke an Tobeund<br />
Ruheräume, an einen rhythmisierten<br />
Unterricht, an Treffpunkte wie Schülercafes,<br />
Billardräume und Computerkabinetts.<br />
Die Schule kann Freundschaften<br />
und unterstützende Peer-Beziehungen<br />
nicht erschaffen, aber Gelegenheiten dafür<br />
bieten und ermöglichen.<br />
Klingt ein wenig danach, als wolle man<br />
diesen doch eigentlich freien Raum des<br />
Aufwachsens auch noch pädagogisch in<br />
den Griff kriegen und kolonialisieren.<br />
Keineswegs. Wie schon gesagt, es geht<br />
darum, Raum zu geben und Plätze zu<br />
schaffen. Und es geht dabei um<br />
Selbstorganisation. Schüler sind selber<br />
Experten. Und darin sollten sie sich in der<br />
Schule erfahren und ausprobieren können.<br />
Ein anderes Stichwort dafür ist Peer-<br />
Education.<br />
Richtig. Und ich erinnere daran, dass<br />
dieser Ansatz aus der Drogenberatung<br />
kommt. Dort erkannte man, dass<br />
Ratschläge von Gleich zu Gleich viel eher<br />
angenommen werden. Das lässt sich auch<br />
beim Lernen in der Schule nutzen, etwa<br />
mit Tandemarbeiten wie beim „Peer-<br />
Assisted Learning“. Da ist wechselweise<br />
der eine der Coach, der andere der<br />
Sportler. Bei solchen kooperativen<br />
Lernprozessen – richtig eingesetzt – entspringt<br />
die Motivation aus den Lernern<br />
selbst. Die Lehrer halten sich zurück und<br />
moderieren das Geschehen.<br />
Rückt damit doch wieder die Kultur<br />
einer Schule als wichtige Einflussgrösse für<br />
das Lernen in den Blickpunkt?<br />
Zugegeben: Dafür bin ich keine<br />
Expertin. Aber mit Sicherheit hat es etwas<br />
mit der Entwicklung hin zur<br />
Ganztagesschule zu tun. Die Schüler sind<br />
oft von 8-16 Uhr in der Schule. Da muss<br />
die Schule als Lebensraum funktionieren.<br />
Auch wenn wir das durch Studien so<br />
direkt noch nicht nachweisen können,<br />
gehen wir davon aus, dass es die<br />
Lernkultur befördert. Übrigens gehört zu<br />
diesem Thema genauso, dass Schule auf<br />
die Erfahrung von Mobbing und<br />
Ausgrenzung innerhalb der Schülerschaft<br />
reagieren muss. Denn die Psychologie<br />
lehrt uns, dass man nur dann wächst und<br />
Fortschritte im Lernen macht, wenn man<br />
sich körperlich und seelisch sicher fühlt.<br />
Darauf sollte jeder Schüler ein verbrieftes<br />
Grundrecht haben.<br />
Heißt also: die Beziehungsgeflechte<br />
unter den Gleichaltrigen müssen kein<br />
Störfeuer für die Schule sein?<br />
Das Gegenteil sollte deutlich werden.<br />
Man muss es nur richtig anpacken. Dieses<br />
alte Klischee ist doch eher hinderlich und<br />
zeugt von einem überkommenen<br />
Lehrerbild. Die Peer-Beziehungen bergen<br />
ein eigenes Potential für die Schule.<br />
Dr. Maria von Salisch ist Professorin für<br />
Entwicklungspsychologie an der Leuphana<br />
Universität in Lüneburg.<br />
Schwerpunkte ihrer Arbeit sind neben<br />
Peer-Beziehungen die emotionale<br />
Entwicklung von Kindern und<br />
Jugendlichen und die Mediensoziali-sation.<br />
<br />
ANZEIGE<br />
Experten bestätigen, dass die wenigsten<br />
Lehrer in Deutschland bis zum regulären<br />
Pensionsalter durchhalten.<br />
Bundesweit sind die Hälfte der Lehrer<br />
mit 55 Jahren im krankheitsbedingten<br />
Vorruhestand.<br />
Dr. Vinzenz Mansmann, Ärztlicher<br />
Direktor der NaturaMed Kliniken in<br />
Bad Waldsee und Deutschlands bekanntester<br />
Anti-Stress-Experte, beschreibt<br />
die Ursachen wie folgt: „Der<br />
Konflikt zwischen dem Anspruch an<br />
die eigene Arbeit und den äußeren<br />
Umständen wird stärker, der Druck<br />
wächst, die Unzufriedenheit auch. Die<br />
Folgen erleben wir ja in der täglichen<br />
Beratungs-arbeit und Diagnostik. Depressionen<br />
werden zur lähmenden<br />
Begleiterscheinung des Alltags. Angsterkrankungen<br />
und psychosomatische<br />
Erkrankungen nehmen zu. Es wird für<br />
die Betroffenen immer wichtiger, präventiv<br />
für sich selbst zu sorgen. Das<br />
sind sie auch ihrem Umfeld schuldig,<br />
denn häufig leiden Familie und<br />
Freundeskreis sehr heftig.“<br />
Warnsignale des Körpers<br />
Stress und Lehrberufe<br />
Burnout ist kein vorübergehendes<br />
Stimmungstief, sondern eine ernst zu<br />
nehmende Erkrankung, die ärztlich<br />
behandelt werden sollte. Die Symptome<br />
und Ursachen sind vielfältig.<br />
Auf-grund der grossen Nachfrage hat<br />
die NaturaMed Klinik eine SOS-<br />
Sprechstunde für Lehrberufe eingeführt:<br />
BurnOut Sprechstunde als erste<br />
Anlaufstelle in belastenden Stress-<br />
Situationen mit telefonischer Beratung<br />
(dienstags und donnerstags,<br />
17:00 – 18:00 Uhr, Telefon 0 75 24 –<br />
99 00 45), www.naturamed.de<br />
Checkliste: „Welcher Stresstyp bin<br />
ich“? und Checkliste „Burnoutgefährdung“<br />
über presse@naturamed.de<br />
NaturaMed-VEREIN e.V., Mitglied im deutschen Naturheilbund e.V., Crailsheim<br />
1. Vorsitzender: Dr. med. Vinzenz Mansmann, Allgemeinarzt - Naturheilverfahren,<br />
Badstrasse 28, 88339 Bad Waldsee. TEL: (07524) 990-288, FAX: (07524) 990-233,<br />
Email: verein@naturamed.de<br />
Erste Hilfe und<br />
URSACHENDIAGNOSTIK<br />
Für akute mittelschwere depressive<br />
Episoden mit Leistungseinbruch hat<br />
die seit knapp 20 Jahren erfolgreich<br />
tätige NaturaMed Vitalclinic GmbH<br />
mit der NaturaMed Fachklinik ein psychosomatisch<br />
orientiertes Krankenhaus<br />
ins Leben gerufen. In der Fachklinik<br />
werden Beamte und Privatversicherte<br />
mit akuten und psychosomatischen<br />
Erkrankungen behandelt. Für<br />
die vielfältigen Stress- und Burnoutsymptome<br />
wurden spezielle Ursachendiagnosetage<br />
eingerichtet. Sowohl<br />
mit einem vierstündigen Grundcheck<br />
als auch einem kompletten Tag<br />
kann man bisher unerkannten Burnout-<br />
und chronischen Krankheitssymptomen<br />
auf den Grund gehen.<br />
Methoden für den Ursachencheck<br />
sind unter anderem die psychologische<br />
Thermoregulationsdiagnostik,<br />
wo mit elektronischen Temperaturfühlern<br />
ein "Temperaturmuster" der<br />
Haut erstellt wird, welches Hinweise<br />
auf die Entzündungsherde gibt. Außerdem<br />
wird der neue Stoffwechsel-<br />
Effizienz-Test aus USA/Zypern durchgeführt,<br />
der Stoffwechsel, Energiehaushalt,<br />
Degenerationszeichen, Hormonstörungen<br />
und psychischem Anspannungszustand<br />
definiert. Untersuchungen<br />
zum Biodynamischen Eiweißprofil<br />
(Brüssel) werden bislang in<br />
Deutschland nur in Bad Waldsee realisiert.<br />
Weitere Infos: www.naturamed.de,<br />
Tel. 0 75 24 / 990-222<br />
Buchtipp: Wesentliche Maßnahmen<br />
zur Burnout-Prävention werden in<br />
der aktuellen Neuauflage des<br />
Ratgebers „Total erschöpft. Neue<br />
Energie mit Naturmedizin“ von Dr.<br />
Vinzenz Mansmann zusammengefasst.„Total<br />
erschöpft“ ist unter anderem<br />
das Ergebnis langjähriger Studien<br />
mit Burnout-Patienten. Infos: http://<br />
www.verlagpositivesleben.de/naturhe<br />
ilkundliche-literatur/<br />
INFO & SERVICE<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 21
ERKSCHAFT<br />
Signale vom Müggelsberg und aus<br />
Merchingen<br />
Tarifergebnis durch Warnstreiks erkämpft<br />
Morgens um acht war es noch ganz<br />
schön frisch vor dem Berufsschulzentrum<br />
Müggelsberg in Saarbrücken und Raureif<br />
zierte die Wiesen. Dennoch deutete sich<br />
schon an, dass es ein schöner Tag werden<br />
würde – nicht nur wegen des sonnigen<br />
Wetters: Unsere angestellten <strong>GEW</strong>-KollegInnen<br />
an dieser Schule waren in einen<br />
Warnstreik getreten, um den Tarifforderungen<br />
Nachdruck zu verleihen.<br />
Streiktransparent und Infotisch vor der<br />
Schule waren schon von Weitem sichtbar.<br />
Gute Stimmung und positive<br />
Resonanz<br />
Besuch erhielten die Streikenden von<br />
Norbert Hocke vom geschäftsführenden<br />
Hauptvorstand der <strong>GEW</strong>, der es sich als<br />
Kundgebungsredner nicht nehmen ließ,<br />
einen Tag vorher anzureisen, um morgens<br />
bei den Streikenden vor Ort zu sein. Auch<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender Peter Balnis<br />
und Landesgeschäftsführer Willi Schirra<br />
waren mit dabei. Die Stimmung war gut,<br />
die Resonanz positiv und gegen die Kälte<br />
halfen heißer Kaffee und belegte Brötchen.<br />
Jugendliche aus der BVJ-Klasse einer<br />
streikenden Kollegin, die eigentlich nach<br />
Hause gehen konnten, blieben noch über<br />
eine Stunde am Infostand stehen, erkundigten<br />
sich genau, worum es den Streikenden<br />
ging, und fanden das richtig gut.<br />
Gegen 10 Uhr ging es runter zum<br />
Hessenweg, wo sich einer von zwei<br />
Demonstrationszügen formierte. Dort<br />
trafen die Streikenden vom Müggelsberg<br />
auf die KollegInnen von der UNI, auf<br />
Ver.di-Kollegen von der Feuerwehr und<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 22<br />
auf KollegInnen aus anderen Schulen,<br />
darunter die pädagogischen Fachkräfte<br />
der Förderschule geistige Entwicklung in<br />
Merzig-Merchingen. Sie hatten zunächst<br />
eine Streikaktion vor Ort durchgeführt<br />
und waren dann nach Saarbrücken<br />
gekommen.<br />
In einer eigenen Pressemitteilung hieß<br />
es: „Ein besonderes Anliegen ist es auch<br />
auf die zunehmende Arbeitsbelastung<br />
hinzuweisen. Immer mehr Aufgaben werden<br />
dem Personal an Förderschulen aufgebürdet,<br />
ohne dass dies sich in der<br />
Bezahlung niederschlägt. So wurden in<br />
den vergangenen Jahren verstärkt auch<br />
Schüler mit einer Schwerstmehrfachbehinderung<br />
in die Förderschulen aufgenommen.<br />
Dies findet die volle Unterstützung<br />
der Lehrkräfte, aber es bedarf auf der<br />
anderen Seite auch einer entsprechenden<br />
Personalisierung. Dies aber soll aus Kostengründen<br />
nicht erfolgen. Anstelle für das<br />
Bewältigen der schwierigen Aufgabe ausreichend<br />
Personal einzustellen, plant das<br />
Land sogar die Stellen von Eingliederungshelfern<br />
in Förderschulen um 30 %<br />
zu kürzen. Eine solche Maßnahme geht<br />
einerseits zu Lasten der pädagogischen<br />
Arbeit und andererseits führt dies zu einer<br />
enormen Mehrbelastung der pädagogischen<br />
Fachkräfte.“<br />
Vor dem Sozialministerium trafen sich<br />
beide Demonstrationszüge zur Abschlusskundgebung,<br />
an der ca. 2.500 Angestellte<br />
des <strong>Saarland</strong>es teilnahmen, darunter ca.<br />
200 <strong>GEW</strong>-Mitglieder. Norbert Hocke sagte<br />
auf der Kundgebung: „Die Kultusminister<br />
der Länder dürfen sich nicht<br />
mehr feige hinter den Finanz- und Innen-<br />
ministern verstecken: Bekennen sie sich<br />
zur tariflichen Eingruppierung der angestellten<br />
Lehrkräfte.“<br />
Parallel zu den Tarifverhandlungen im<br />
öffentlichen Dienst fanden auch Tarifverhandlungen<br />
bei der AWO-<strong>Saarland</strong> statt.<br />
Weil es auch hier zunächst nur ein provokatives<br />
Angebot der Arbeitsgeber gab, traten<br />
viele Mitarbeiter der AWO am 28.<br />
Februar ebenfalls in einen Warnstreik.<br />
Darunter waren auch die SchulsozialarbeiterInnen<br />
an der Gesamtschule Neunkirchen.<br />
Sie wurden am Tag darauf von<br />
vielen Kindern und Jugendlichen mit großem<br />
Interesse angesprochen: „Wie war das<br />
beim Streik? Wir haben euch im Fernsehen<br />
gesehen. Toll, dass ihr gestreikt habt.<br />
Hoffentlich habt ihr Erfolg.“<br />
Nach dem <strong>Saarland</strong> fanden auch in<br />
anderen Bundesländern Streiks und<br />
Kundgebungen mit beachtlichen Teilnehmerzahlen<br />
statt – u.a. 12.000 in Bremen,<br />
12.000 in Sachsen, 6.000 in Brandenburg,<br />
5.000 in Mecklenburg-Vorpommern und<br />
12.000 bei der großen Kundgebung am<br />
Verhandlungsort Potsdam. Das waren<br />
machtvolle Signale der Kampfbereitschaft,<br />
die sich positiv auf die Verhandlungen<br />
auswirkten.<br />
Gehaltserhöhungen durchgesetzt<br />
Das Verhandlungsergebnis zwischen der<br />
Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL)<br />
und den Gewerkschaften ver.di, dbb tarifunion,<br />
<strong>GEW</strong> und GdP sieht vor, dass die<br />
Beschäftigten eine Einmalzahlung in Höhe<br />
von 360 Euro erhalten. Ab 1. April werden<br />
die Monatsentgelte um 1,5 Prozent angehoben.<br />
Zum 1. Januar 2012 gibt es noch<br />
einmal eine Erhöhung der Tabellenwerte<br />
um 1,9 Prozent und anschließend um 17<br />
Euro.<br />
Diese Gehaltserhöhungen sichern die<br />
Reallöhne. In Zeiten, in denen die Tarifgemeinschaft<br />
der Länder Tarifpolitik immer<br />
stärker unter das Diktat der Haushaltspolitik<br />
stellt, ist das sicherlich ein ordentliches<br />
Ergebnis.<br />
Auch bei der AWO-<strong>Saarland</strong> liegt jetzt<br />
ein akzeptables Ergebnis vor. Es liegt etwas<br />
über dem Ergebnis für die Länderbediensteten,<br />
vor allem, was die Tabellenwirksamkeit<br />
betrifft, und enthält noch<br />
einige zusätzliche Vergünstigungen u.a. für<br />
Bereitschafts- und Nachtdienste. Damit<br />
konnte der Rückstand der AWO-KollegInnen<br />
gegenüber den Landesbediensteten<br />
etwas verringert werden – wenn auch<br />
nur um ein kleines Stück. Die <strong>GEW</strong><br />
Tarifkommission hat sich unmittelbar vor<br />
Redaktionsschluss dieser EuWis für die<br />
Annahme ausgesprochen.<br />
Diese Gehaltserhöhungen sind nur<br />
möglich, weil die Beteiligung an den<br />
Warnstreiks so gut gewesen ist. Deshalb<br />
gilt unser Dank all denjenigen, die dieses<br />
Ergebnis mit ihrem Streik erkämpft<br />
haben.<br />
L-EGO abgelehnt<br />
Die Tarifpartner nahmen sich erneut<br />
zwei Tage Zeit, um über die Lehrkräfte-<br />
Eingruppierung zu verhandeln. Allen war<br />
klar, dass es eine Lehrkräfte-Regelung<br />
nicht kostenlos geben würde. Ver.di hatte<br />
erklärt, einer Anrechnung der damit verbundenen<br />
Mehrkosten auf das Gesamt-<br />
Tarifergebnis zuzustimmen. Dennoch<br />
beklagten die Arbeitgeber die zu hohen<br />
Kosten. Auch den <strong>GEW</strong>-Vorschlag, stufenweise<br />
in eine tarifliche Regelung für die<br />
Lehrkräfte einzusteigen, haben die<br />
Arbeitgeber schlicht vom Tisch gewischt.<br />
Über Lehrkräfte an Hochschulen wollten<br />
sie erst gar nicht reden. Es wurde immer<br />
klarer: Die Arbeitgeber verteidigen ihr ein-<br />
seitiges Bestimmungsrecht über die<br />
Eingruppierung der Lehrkräfte mit<br />
Zähnen und Klauen.<br />
Skandalös ist, dass die TdL der größten<br />
Beschäftigtengruppe der Länder, den<br />
Lehrerinnen und Lehrern, seit Jahrzehnten<br />
das vorenthält, was für Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer Gang und Gäbe<br />
ist: eine in freien Tarifverhandlungen ausgehandelte<br />
Eingruppierung. „Die Arbeitgeber<br />
haben sich als obrigkeitsstaatliche<br />
Vordemokraten geriert“, erklärte <strong>GEW</strong>-<br />
Verhandlungsführerin Ilse Schaad nach<br />
Abschluss der Verhandlungen. „Das uns<br />
vorgelegte Arbeitgeberangebot zur Lehrereingruppierung<br />
war indiskutabel.“<br />
Trotz des großen Engagements der streikenden<br />
Lehrerinnen und Lehrer hat die<br />
Kraft dieses Mal noch nicht gereicht, die<br />
Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen.<br />
Um künftig durchsetzungsfähig zu sein,<br />
konnte die <strong>GEW</strong> am Ende ein Sonderkündigungsrecht<br />
für frühestens zum 31.<br />
Dezember <strong>2011</strong> für die Regelungen in den<br />
Ost-Bundesländern erreichen. Dann sind<br />
in allen Bundesländern Arbeitskämpfe zur<br />
Lehrer-Eingruppierung möglich. Mit der<br />
Zustimmung zum Tarifergebnis <strong>2011</strong> hat<br />
die <strong>GEW</strong> ihre Forderung nach einer tariflichen<br />
Vollregelung nicht aufgegeben.<br />
Kurz vor Redaktionsschluss dieser<br />
EuWiS hat die <strong>GEW</strong> eine Mitgliederbefragung<br />
gestartet. Sie wird über Annahme<br />
oder Ablehnung des Tarifabschlusses entscheiden.<br />
ERKSCHAFT<br />
Nullrunde für Beamte?<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass der<br />
Tarifabschluss auf die Beamten übertragen<br />
wird. Ministerpräsident Peter Müller hat<br />
unisono mit Finanzminister Jakoby verkündet,<br />
dass es im <strong>Saarland</strong> in diesem Jahr<br />
bei einer Nullrunde für Beamte bleiben<br />
soll. Als Begründung führte er die Haushaltslage<br />
an und appellierte an die<br />
Beamten, dass sie doch eigentlich froh sein<br />
müssten, dass das <strong>Saarland</strong> keinen<br />
Notlagentarifvertrag oder den Ausstieg aus<br />
der Tarifgemeinschaft der Länder beschlossen<br />
hat. Dieser Zynismus darf nicht<br />
das letzte Wort sein. Wir bleiben gemeinsam<br />
mit unseren Schwestergewerkschaften<br />
im DGB am Ball.<br />
Offensichtlich sind die Zeiten vorbei, in<br />
denen Tarifabschlüsse im öffentlichen<br />
Dienst quasi automatisch auf Beamte<br />
übertragen wurden. Eine Übertragung<br />
muss wohl in Zukunft durch Beamte selbst<br />
erkämpft werden. Die <strong>GEW</strong> hatte deshalb<br />
Vorschläge unterbreitet, wie sich Beamte<br />
an der Tarifrunde beteiligen können, ohne<br />
ihre Dienstpflichten zu verletzen – z.B.<br />
durch Unterrichtstunden oder Solidaritätsbekundungen.<br />
Die Resonanz war noch<br />
überschaubar. Für die Zukunft müssen wir<br />
weiter in diese Richtung denken. Ver.di<br />
und GdP-KollegInnen haben mit ihrer<br />
„aktiven Mittagspause“ einen kreativen<br />
Beitrag dazu geleistet. <br />
Peter Balnis<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 23
ERKSCHAFT<br />
Fahrt zur Didacta nach Stuttgart<br />
Vier Busse, vollgepackt mit Lehrpersonal<br />
aller Schulformen und ErzieherInnen,<br />
machten sich am 25.02. um 7.00 Uhr auf<br />
den Weg zur Didacta auf dem Stuttgarter<br />
Messegelände. Als der erste Hunger näher<br />
rückte, kam die passende Antwort der<br />
<strong>GEW</strong>: Mit freundlicher Unterstützung der<br />
Polizei-Kantine in Saarbrücken wurden<br />
auf dem Rastplatz Pforzheim Pausenbrote<br />
in Brotdosen verteilt. Gut gestärkt konnte<br />
nun die letzte Etappe in Angriff genommen<br />
werden.<br />
An den Messehallen angekommen<br />
mussten die PädagogInnen ihre Informatikkenntnisse<br />
direkt unter Beweis stellen,<br />
denn bevor man in den Genuss von<br />
allerlei Lehrmitteln kam, musste jeder<br />
Messebesucher mit Hilfe von bereit<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 24<br />
gestellten Computern seine Karte registrieren.<br />
Nach diesem teilweise zeitaufwändigen<br />
Prozedere ging es dann endlich ans<br />
Eingemachte, sprich in die Messehallen.<br />
Die Didacta bietet einfach alles, was das<br />
Pädagogenherz begehrt. Zunehmend gewinnen<br />
die neuen und teils interaktiven<br />
Medien mehr und mehr an Bedeutung,<br />
und viele Verlage hielten auch dieses Jahr<br />
Gratisproben oder zumindest vergünstigte<br />
<strong>Ausgabe</strong>n ihrer Unterrichtsmaterialien<br />
bereit.<br />
Auf der Rückreise nach Saarbrücken<br />
waren die Busse angefüllt mit vollen<br />
Taschen und Rucksäcken.<br />
Bravo! Sabine und Natalie...<br />
...und all den anderen Frauen, die<br />
anlässlich des internationalen Frauentages<br />
am 8. März unter der Leitung von Amei<br />
Scheib eine tolle Revue auf der Bühne des<br />
VHS – Zentrums in Saarbrücken darboten.<br />
100 Jahre Frauenbewegung, unter dem<br />
Thema „ Brot und Rosen und morgen<br />
noch mehr“- 33 Frauen, überwiegend<br />
aktive Gewerkschafterinnen haben ab<br />
Januar für diese Aufführung fleißig<br />
geprobt und einen Querschnitt durch die<br />
Geschichte der letzten 100 Jahre der<br />
Frauenbewegung gezeigt.<br />
Von den Anfängen bis zur heutigen Zeit<br />
spielten, sangen und zitierten die Frauen<br />
teils lustige, kämpferische, aber auch beklemmende<br />
und traurige Beispiele eines<br />
Frauenlebens. Texte von Clara Zetkin,<br />
Bertha von Suttner, Kurt Tucholsky, Erich<br />
Kästner, Friedrich Hollaender, Bert Brecht<br />
u.v.a. kamen zur Aufführung.<br />
Die Laiendarstellerinnen bewiesen viel<br />
Vielen begeistert geführten Gesprächen<br />
war zu entnehmen, dass die Didacta öfter<br />
sein könnte. „Solange die <strong>GEW</strong> uns dann<br />
auch wieder unser Pausenbrot schmieren<br />
wird!“, lautete der Kommentar eines<br />
Lehrers.<br />
Auf die Frage, wer denn diese Arbeit<br />
übernehmen solle, meinte unser Busfahrer<br />
nur: „Des soll de Oskar übernemme, dann<br />
kommt er net uff dumme Gedanke!<br />
Außerdem hat der die Lehrer doch schon<br />
oft (an)geschmiert – also soll er de Lehrer<br />
a mol die Brote schmiere!“ Dem ist nichts<br />
hinzuzufügen. <br />
Jens Großlaub<br />
Musikalität und Mut für die oft schwierigen<br />
Texte und Melodien, einige traten<br />
sogar als Solistinnen auf. Da macht es<br />
mich natürlich sehr stolz, dass auch aus<br />
der Fachgruppe Sozialpädagogische<br />
Berufe zwei Kolleginnen aktiv dabei<br />
waren.<br />
Übrigens wurde unsere langjährige<br />
Kollegin Carola Kesting geehrt, weil sie zu<br />
den Gründerinnen der DGB-Frauenarbeit<br />
gehört!<br />
Da wirkte der Auftritt unserer<br />
Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer,<br />
die zu Beginn des Programms<br />
als Putzfrau ihre Erfahrungen mit der<br />
Männerwelt zum Besten gab, doch etwas<br />
deplaziert. Ich jedenfalls kenne keine Frau,<br />
die heute noch mit Kittelschürze und<br />
Kopftuch ihrer Putztätigkeit nachgeht und<br />
erst recht nicht verdient, dass man sie in<br />
dieser Rolle karikiert.<br />
Das mag an Faasenacht noch lustig sein,<br />
aber nicht in Verbindung mit der<br />
Geschichte der Frauenbewegung. Oder<br />
haben wir keine anderen Probleme als uns<br />
über „ Tollpatschige und lebensuntüchtige“<br />
Männer lustig zu machen? <br />
Brigitte Bock<br />
Herzlichen Glückwunsch zum<br />
90. Geburtstag<br />
Karola Kesting ist am 10.02.<strong>2011</strong> 90<br />
Jahre alt geworden. Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />
Karola Kesting ganz herzlich und bedankt<br />
sich bei Karola für die langjährige - und<br />
noch andauernde - Mitarbeit in den Gremien<br />
der <strong>GEW</strong> und des DGB.<br />
Karola Kesting ist im Januar 1969 in die<br />
<strong>GEW</strong> eingetreten. Sie war 14 Jahre lang<br />
Vertreterin der <strong>GEW</strong> im Personalrat der<br />
damaligen Realschule Ludwigspark in<br />
Saarbrücken.<br />
Im Landesvorstand der <strong>GEW</strong> hat Karola<br />
Kesting lange Jahre als Vertreterin des<br />
<strong>GEW</strong>-Frauenausschusses mitgearbeitet. In<br />
dieser Funktion war sie auch beim DGB-<br />
Saar aktiv und nimmt immer noch an der<br />
Arbeit der DGB-Frauen teil.<br />
Seit der Gründung des Landesseniorenausschusses<br />
ist Karola Kesting dort eine<br />
ANZEIGE<br />
sehr geschätzte Mitarbeiterin. Sie gestaltet<br />
als Vertreterin des Kreisverbandes Saarbrücken<br />
die Arbeit bei den SeniorInnen<br />
auf Landesebene mit.<br />
ERKSCHAFT<br />
Wir wünschen ihr Gesundheit und alles<br />
Gute und hoffen, dass Karola Kesting noch<br />
viele Jahre in der <strong>GEW</strong> mitarbeiten wird. <br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 25
BÜCHER & MEDIEN<br />
Interventionen, die etwas bewegen<br />
Prozesse emotionalisieren, mit Konfrontation aktivieren, über Grenzen gehen, wirksame Rituale gestalten<br />
Prozesse geraten ins Stocken, nichts geht<br />
mehr vorwärts – planmäßiges Vorgehen<br />
Der WWW-Tipp<br />
Englischlehrer schauen sich sicherlich<br />
das eine oder andere Mal auf der Seite des<br />
Guardian um.<br />
Eines der interessantesten Features sind<br />
die einmalig gestalteten Graphiken zu<br />
europäischen Statistiken. Auf eindrucksvolle<br />
Weise zeigen sie mittels Lageverschiebung<br />
und verschiedenen Größen die<br />
wahren Verhältnisse in Europa. Zum<br />
EuWiS <strong>04</strong>/<strong>2011</strong> | 26<br />
hilft nicht, neue Wege sind gefragt.<br />
Situationen, die für Weiterbildner und<br />
Moderatoren alltäglich sind. Was kann<br />
man jetzt tun, um wieder Bewegung in die<br />
Sache zu bringen? Wie erreicht man, dass<br />
die Gruppe oder der einzelne nun dennoch<br />
weiterkommt? Genau dies ist der<br />
Augenblick, um auf eher ungewöhnliche<br />
Weise einzugreifen: mit Interventionen,<br />
die besonders in kritischen Situationen<br />
weiterhelfen. Ralf Besser hat diese<br />
Interventionen in seiner langjährigen<br />
Praxis entwickelt und für dieses Buch<br />
zusammengestellt. Er beschreibt Ablauf<br />
und Einsatzmöglichkeiten, bringt Beispiele<br />
und weist auf Schwierigkeiten hin.<br />
In den einzelnen Kapiteln legt er Ideen<br />
Spielen, zum Staunen und natürlich für<br />
den Unterricht:<br />
http://www.guardian.co.uk/<br />
world/interactive/<strong>2011</strong>/mar/<br />
14/new-europe-statisticsinteractive<br />
Matthias Römer<br />
Die Jamaika Clique<br />
Man muss wissen, dass Wilfried Voigt<br />
nicht als ein Freund von Hubert Ulrich<br />
und der Jamaika-Koaliton bekannt ist und<br />
schon alleine deswegen eine neutrale<br />
Bestandsaufnahme der politischen Arbeit<br />
im <strong>Saarland</strong> von seiner Seite eher schwierig<br />
ist.<br />
Aber er hat es geschafft, in einer großen<br />
Fleißarbeit jede Menge Fakten zusammenzutragen,<br />
die nun gut aufgearbeitet in<br />
Buchform erschienen sind. Das eigentlich<br />
Schlimme ist, dass jeder politisch interessierte<br />
Saarländer all die Dinge, die darin<br />
Kapitel für Kapitel abgehandelt werden<br />
schon wusste und man sich im <strong>Saarland</strong><br />
auch irgendwie damit arrangiert hat. Es<br />
dann aber wieder komprimiert vor sich zu<br />
dar für Interventionen im Prozess, Interventionen<br />
in der Konfrontation, Interventionen<br />
zur Haltung, Interventionen zur<br />
Integration, Interventionen zur Teamentwicklung,<br />
Inszenierungen, Interventionen<br />
zur Übernahme von Verantwortung sowie<br />
Rituale und Interventionen mit dem Unbewussten.<br />
<br />
Matthias Römer<br />
Ralf Besser<br />
Interventionen, die etwas bewegen<br />
Beltz Verlag, 250 Seiten<br />
Preis: 44,95 Euro<br />
ISBN: 978-3-407-36489-0<br />
haben, von spendenden Steuerhinterziehern,<br />
autoverkaufenden Fraktionsvorsitzenden<br />
und fahnenflüchtigen Ministerpräsidenten<br />
zu lesen, macht einen zumindest<br />
für eine kurze Zeit wieder nachdenklich.<br />
Aber so funktioniert das <strong>Saarland</strong><br />
und ob es unter Oskar anders war oder<br />
anders werden würde, sollen andere entscheiden.<br />
<br />
Matthias Römer<br />
Wilfried Voigt<br />
Die Jamaika Clique –<br />
Machtspiele an der Saar<br />
Conte Verlag, ca. 200 Seiten<br />
Preis: 14,90 Euro<br />
ISBN: 978-3-941657-17-5
13.30 Uhr Kulturprogramm<br />
Jamie Clarke’s Perfect<br />
Irish Folkabilly Rock<br />
15.30 Uhr<br />
Saar<br />
11.00 Uhr Demo ab Schlossplatz<br />
begleitet von der Sambagruppe Samba Balawaa zum Tbilisser Platz<br />
12.00 Uhr DGB-Kundgebung<br />
Bernhard Witthaut Eugen Roth<br />
Bundesvorsitzender GdP Landesvorsitzender DGB Saar<br />
PROTEST&FEST<br />
Tbilisser Platz Saarbrücken<br />
(Staatstheater)<br />
DGB-Mai-Pin,<br />
erhältlich für 1 Euro<br />
am DGB-Info-Stand und bei<br />
den DGB-Gewerkschaften<br />
www.dgb-saar.de<br />
Kinderprogramm<br />
Spielmobil Duff-Daff<br />
Kinderschminken<br />
Puppentheater Dieter Kussani<br />
„Kasper und der Energieräuber“<br />
Infostände<br />
Gewerkschaften und befreundete<br />
Verbände informieren über ihre Arbeit<br />
Kaffee - Tee - Kuchen<br />
weitere kulinarische Genüsse<br />
Zelt mit Sitzgelegenheiten<br />
Eintritt frei