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Christoph Kranich zur eCard - Hausärzteverband Bremen eV

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Die<br />

elektronische Gesundheitskarte<br />

und die Telematik-Infrastruktur dahinter:<br />

Chancen und Risiken<br />

aus der Sicht von Versicherten und Patienten<br />

Was ich Ihnen sagen möchte…<br />

1. Was auf uns zukommt<br />

2. Versprechungen – und realistische Erwartungen<br />

3. Wie sicher müssen Krankheitsdaten sein<br />

und wie sicher sind sie mit der eGK?<br />

4. Bedenken der relevanten EDV-Fachgesellschaft<br />

5. Noch bedenklichere Varianten – die Frage des Maßstabs<br />

6. Kriterien des Bundesdatenschutzbeauftragten<br />

7. Kritische Ergebnisse eines Befürworter-Gutachtens<br />

8. Dezentrale Alternativen <strong>zur</strong> zentralen Datenspeicherung<br />

9. Was tun, wenn die Krankenkasse ein Foto verlangt?<br />

1


Versichertenstammdatendienst<br />

1GKV<br />

+Foto<br />

2007<br />

Kommunikation der<br />

Leistungserbringer<br />

2BÄK<br />

Aktueller Stand: 4 Teilprojekte<br />

3<br />

KBV<br />

Elektronische Fallakte<br />

1. Online-gestütztes Versichertenstammdatenmanagement:<br />

GKV-Spitzenverband<br />

2. Notfalldatensatz:<br />

Bundesärztekammer<br />

3. Adressierte Kommunikation der Leistungserbringer,<br />

elektronische Arztbriefe:<br />

Kassenärztliche Bundesvereinigung<br />

4. Elektronische Fallakte:<br />

Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />

4<br />

DKG<br />

4<br />

4. August 2011<br />

2


Fallakte oder Patientenakte<br />

2007<br />

Elektronische Patientenakte<br />

Elektronische<br />

Fallakte<br />

Leben<br />

Elektronische<br />

Fallakte<br />

5<br />

4. August 2011<br />

3


2. Was uns versprochen wird<br />

u Patientendaten sind leichter zugänglich<br />

u Die Kommunikation wird verbessert<br />

u Behandlungen und Medikamente können besser<br />

aufeinander abgestimmt werden<br />

u Doppelleistungen werden vermieden<br />

u Alles geht schneller<br />

u Alles wird (zumindest langfristig) billiger<br />

u Weniger Bürokratie, weniger Papier<br />

u Der Patient bleibt „Herr seiner Daten“<br />

Aber…<br />

u Die eGK ist nur der Zugang (Schlüssel) zu gigantischen<br />

Servern im Hintergrund<br />

u Geregelten Zugriff haben ca. 2 Mio Personen:<br />

300.000 Arztpraxen und weitere Heilberufler,<br />

22.000 Apotheken,<br />

3.000 Krankenhäuser,<br />

300 Kranken-, Renten- und Unfallversicherer,<br />

………… ggf. Heilmittelerbringer, Gesundheitsämter,<br />

K(Z)Vn, Kammern, und und und…<br />

u Ungeregelten Zugriff haben (bzw. verschaffen sich)<br />

………… z.B. Hacker?<br />

7<br />

4. August 2011<br />

8<br />

4. August 2011<br />

4


Horrormeldungen und Datenskandale<br />

Horrormeldungen und Datenskandale<br />

9<br />

4. August 2011<br />

10<br />

4. August 2011<br />

5


Horrormeldungen und Datenskandale<br />

Horrormeldungen und Datenskandale<br />

11<br />

4. August 2011<br />

12<br />

4. August 2011<br />

6


Fälschung?<br />

Original!<br />

ca. 80 Millionen<br />

Zugriffsberechtigte<br />

(mit unterschiedlichen<br />

Berechtigungen)<br />

Nicht der Mensch<br />

steht im Mittelpunkt,<br />

auch nicht die eGK,<br />

sondern die Server!<br />

7


3. Wie sicher müssen Daten sein?<br />

u Krankheiten<br />

u …<br />

u Strafen<br />

u …<br />

u …<br />

u Vermögen, Konto<br />

u Kaufverhalten<br />

u Familienverhältnisse<br />

u Gesundheit<br />

u Adresse<br />

u Name<br />

Gefahren des Missbrauchs<br />

u Krankheiten à Ausschluss: Versicherung, Arbeit, …<br />

u … à …<br />

u Strafen à Ausschluss…<br />

u … à …<br />

u … à …<br />

u Vermögen, Konto à Geldverlust<br />

u Kaufverhalten à unerwünschte Werbung<br />

u Familienverhältnisse à evtl.<br />

u Gesundheit à ?<br />

u Adresse à evtl.<br />

u Name à ?<br />

15<br />

4. August 2011<br />

16<br />

4. August 2011<br />

8


4. Wie sicher sind die Daten?<br />

u »Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist die größte Vereinigung<br />

von Informatikerinnen und Informatikern im deutschsprachigen<br />

Raum. Sie versteht sich als Plattform für Informatikfachleute aus<br />

Wissenschaft und Wirtschaft, Lehre und Öffentlicher Verwaltung<br />

und versammelt eine geballte Konzentration an Wissen, Innovation<br />

und Visionen. Kernthemen unserer Arbeit sind unter anderem die<br />

Nachwuchsförderung, der Wissenstransfer von der Forschung in die<br />

Anwendung, Fragen des Datenschutzes und der Sicherheit von<br />

Informatiksystemen.<br />

Rund 25.000 persönliche Mitglieder, darunter 2.500 Studierende<br />

und knapp 300 Unternehmen und Institutionen, profitieren von<br />

unserem Netzwerk.«<br />

17<br />

4. August 2011<br />

18<br />

4. August 2011<br />

9


Forderungen der<br />

Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) [2005]<br />

u »Die GI begrüßt die Bemühungen, im Gesundheitswesen<br />

verstärkt Informationstechnik zu nutzen…«<br />

Aber: »Die GI lehnt eine Speicherung von Gesundheitsdaten im<br />

Internet nachdrücklich ab.«<br />

Denn: »Eine sichere Speicherung im Internet ist … nicht möglich.«<br />

»Angesichts der Vielzahl Zugriffsberechtigter von etwa 80 Millionen<br />

dürfte eine hinreichend sichere Zugriffskontrolle überhaupt nicht<br />

machbar sein.«<br />

»Die IT-Systeme aller Berechtigten … können gar nicht …<br />

ausreichend abgesichert werden.«<br />

»Die GI fordert die Speicherung aller Gesundheitsdaten auf<br />

Eigentümer-beherrschbaren Medien (wie der<br />

Gesundheitskarte).«<br />

http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/Download/gi_thesen_gesundheitskarte050310_w.pdf<br />

Wie sicher ist die eGK?<br />

u Krankheiten<br />

u …<br />

u Strafen<br />

u …<br />

u …<br />

u Vermögen, Konto<br />

u Kaufverhalten<br />

u Familienverhältnisse<br />

u Gesundheit<br />

u Adresse<br />

u Name<br />

NotwendigesSicherheitsniveau<br />

eGK<br />

19<br />

4. August 2011<br />

20<br />

4. August 2011<br />

10


5. Geht es noch weniger sicher?<br />

u Krankheiten<br />

u Strafen<br />

u …<br />

u …<br />

u …<br />

u Vermögen, Konto<br />

u Kaufverhalten<br />

u Familienverhältnisse<br />

u Gesundheit<br />

u Adresse<br />

u Name<br />

NotwendigesSicherheitsniveau<br />

eGK<br />

21<br />

4. August 2011<br />

11


»Aufgrund von Akzeptanzproblemen wird der Dienst<br />

zum 1. Januar 2012 eingestellt, bereits existierende<br />

Nutzerdaten sollen noch bis zum 1.Januar 2013 verfügbar<br />

sein. « (Wikipedia, 6.9.2011)<br />

Die eGK als fauler Kompromiss<br />

u Krankheiten<br />

u Strafen<br />

u …<br />

u …<br />

u …<br />

u Vermögen, Konto<br />

u Kaufverhalten<br />

u Familienverhältnisse<br />

u Gesundheit<br />

u Adresse<br />

u Name<br />

NotwendigesSicherheitsniveau<br />

eGK<br />

Livesensor,<br />

Vita-X<br />

Google,<br />

Microsoft<br />

Usw.<br />

26<br />

4. August 2011<br />

13


Die Grünen:<br />

u »Während sich auf der einen Seite die Einführung der eGK<br />

immer weiter hinauszögert, entsteht auf der anderen Seite zum<br />

Teil ein „grauer Markt“ von IT-Anwendungen, wie etwa das<br />

Angebot von elektronischen Internet-Gesundheitsakten. Diese<br />

IT-Anwendungen sind bislang nicht den höheren speziellen<br />

datenschutzrechtlichen Anforderungen des<br />

Krankenversicherungsrechts (SGB V) unterworfen und daher oft<br />

mit einem geringeren Datenschutz verbunden als die geplanten<br />

Anwendungen, die über die eGK zugänglich wären.«<br />

(Aus der Einladung der Grünen Bundestagsfraktion zum Fachgespräch » Der virtuelle Patient<br />

– Nutzen und Risiken der Informationstechnologie im Gesundheitswesen« am 14.10.2011 in<br />

Berlin)<br />

6. Prominente Warnung<br />

u »Die technischen Voraussetzungen für<br />

eine umfassende Kontrolle unseres<br />

Gesundheitszustandes sind bereits heute<br />

weitgehend verfügbar.« (S. 74)<br />

u »Wenn immer mehr Gesundheitsdaten in<br />

elektronischen Systemen gespeichert<br />

werden und wenn diese Systeme<br />

zunehmend miteinander vernetzt<br />

werden, gehen damit erhebliche<br />

Risiken einher.« (S. 75)<br />

27<br />

4. August 2011<br />

28<br />

4. August 2011<br />

14


u »Die eGK wird die in sie gesetzten Erwartungen<br />

nur erfüllen, wenn die Versicherten darauf<br />

vertrauen können, dass ihre Daten nicht in<br />

falsche Hände geraten. Andernfalls werden sie<br />

kaum bereit sein, sensible Informationen – vom<br />

Arztbrief bis <strong>zur</strong> Krankenakte – auf diese Weise<br />

verarbeiten zu lassen.« (S. 77)<br />

u »Vor allem Vertreter von Kassen und<br />

Gesundheitspolitiker bezweifeln, dass allein<br />

mittels der freiwillig von den Patienten <strong>zur</strong><br />

Verfügung gestellten Daten die erforderlichen<br />

Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen<br />

im Gesundheitswesen erreicht<br />

werden können.« (S. 76)<br />

7. Kritische Ergebnisse<br />

Quelle:<br />

http://ccc.de/crd/whistleblowerdocs/20060731-Gesundheitstelematik.pdf?language=de<br />

29<br />

4. August 2011<br />

30<br />

4. August 2011<br />

15


Befürchtung<br />

u Der Nutzen<br />

(= Steigerung von Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen)<br />

ist nur durch die freiwilligen Anwendungen erreichbar<br />

u Aber: Freiwillig funktioniert nicht…<br />

u Folge: Zwang muss her!<br />

31<br />

4. August 2011<br />

32<br />

4. August 2011<br />

16


u »… ist vor der Vorstellung zu warnen, dass eine<br />

Ausweitung des Pflichtbereichs den<br />

medizinischen Wert der Karte signifikant<br />

steigern würde.« (S. 76/77)<br />

Abwägung heute<br />

und Abwägung morgen<br />

Chancen<br />

Heute<br />

Risiken<br />

Morgen?<br />

Chancen<br />

Risiken<br />

33<br />

4. August 2011<br />

34<br />

4. August 2011<br />

17


Beispiel: ELENA (Elektronischer Entgelt-Nachweis)<br />

Kosten des gescheiterten Projekts ELENA<br />

u Nach Angaben des Bunds der Steuerzahler (BdSt) sind<br />

seit 2008 allein dem Staat Kosten von mindestens<br />

33 Millionen Euro entstanden. Dazu kommen noch die Kosten<br />

der Startfinanzierung in Höhe von<br />

55 Millionen Euro. Auf Unternehmensseite wurden nach<br />

Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände<br />

mehrere 100 Millionen Euro für ELENA ausgegeben.<br />

(www.behoerden-spiegel.de, 6.9.2011)<br />

u 33 + 55 + mehrere 100 Mio € = noch mehrere 100 Mio €<br />

35<br />

4. August 2011<br />

36<br />

4. August 2011<br />

18


Kosten der eGK<br />

u 1,4 Milliarden Euro<br />

(Bundesregierung, 2009)<br />

u 2,8 – 5,4 Milliarden Euro<br />

(Booz Allen Hamilton, 2009)<br />

u »Im Worst-Case-Szenario gehe man von einer vollständigen<br />

Funktionsfähigkeit erst in acht bis zehn Jahren aus, so der<br />

Pressesprecher der Firma gematik, Daniel Poeschkens,<br />

gegenüber Monitor.<br />

Die Gesamtkosten könnten dabei nach den internen Szenarien<br />

sogar auf 14,1 Milliarden Euro anwachsen.«<br />

(lt. Monitor, WDR, 1.7.2009, Pressemitteilung)<br />

8. Alternative:<br />

Eigentümer-beherrschbare Medien<br />

u Gesundheitskarte ohne Telematik-System<br />

u USB-Stick<br />

37<br />

4. August 2011<br />

38<br />

4. August 2011<br />

19


Grundsätzliche Vor- und Nachteile<br />

dezentraler Speichermedien<br />

u »Das Angebot von dezentralen Speichermedien in Versichertenhand<br />

könnte zwar zu einer Erhöhung der Akzeptanz der<br />

Telematikinfrastruktur der eGK führen, doch stehen diesem<br />

potentiellen Akzeptanzgewinn grundsätzliche Nachteile entgegen.<br />

1. Die Verfügbarkeit der Daten ist bei der dezentralen Speicherung nicht<br />

gewährleistet. Ein Verlust des Mediums oder ein technischer Defekt sind<br />

nicht unwahrscheinlich und führen zu einem dauerhaften Verlust aller<br />

gespeicherten Daten. Die Wiederbeschaffung ist ggf. mit erheblichen<br />

Aufwänden verbunden. Die Nichtverfügbarkeit der Daten kann die<br />

Behandlung des Versicherten beeinträchtigen.<br />

2. Die Lebensdauer von Speichermedien und die Schutzwirkung von<br />

kryptografischen Verfahren sind zeitlich begrenzt. Die Daten müssen<br />

vor Ablauf einer Zeitspanne von ca. 5–10 Jahren auf ein neues Medium<br />

transferiert bzw. mit neuen Verfahren vor Zugriff geschützt,<br />

verschlüsselt und signiert werden.«<br />

(Quelle: www.kv-telematik-arge.de)<br />

44<br />

4. August 2011<br />

22


9. Praktische Frage: Foto einsenden?<br />

Sinn des Fotos:<br />

u »Die Ergänzungen der Krankenversichertenkarte<br />

durch das Aufbringen eines Lichtbildes des<br />

Karteninhabers und die Erweiterung der<br />

administrativen Daten der Krankenversichertenkarte<br />

um die Angabe des Geschlechtes ist erforderlich, um<br />

die eindeutige Zuordnung der<br />

Krankenversichertenkarte zum jeweiligen<br />

Karteninhaber zu verbessern und damit den<br />

Missbrauch zu verhindern.«<br />

(Begründung GMG 2003 <strong>zur</strong> Änderung von § 291 SGB V)<br />

u Die eindeutige Zuordnung zwischen Karte und<br />

Person wird damit vielleicht verbessert, aber<br />

Missbrauch nicht verhindert.<br />

47<br />

4. August 2011<br />

23


Foto einsenden?<br />

Ausnahmen von der Foto-Pflicht:<br />

u »Versicherte bis <strong>zur</strong> Vollendung des 15. Lebensjahres sowie<br />

Versicherte, deren Mitwirkung bei der Erstellung des Lichtbildes<br />

nicht möglich ist, erhalten eine Krankenversichertenkarte ohne<br />

Lichtbild.« (§ 291 Abs.2 S.1 SGB V)<br />

u Demnach wäre es möglich, dass Foto-Verweigerer eine Karte<br />

ohne Lichtbild erhalten. Jedenfalls ist nirgends geregelt, dass die<br />

Verweigerung eines Fotos irgendwelche Nachteile bringen darf.<br />

u Eine Krankenkasse schreibt (2011): »Zum Jahresende werden wir<br />

erstmals die neuen Karten versenden. Für alle Versicherten, die<br />

das 15. Lebensjahr vollendet haben und uns bis <strong>zur</strong> Ausgabe ein<br />

Lichtbild eingereicht haben, mit Bild, für alle anderen ohne<br />

Lichtbild.«<br />

48<br />

4. August 2011<br />

24


Verbraucherzentrale Hamburg e.V.<br />

Fachabteilung Gesundheit und Patientenschutz<br />

Kirchenallee 22<br />

20099 Hamburg<br />

Tel. (040) 24832-0<br />

Fax -290<br />

info@vzhh.de<br />

www.vzhh.de<br />

Patientenberatung:<br />

Tel. (040) 24832-230<br />

patientenschutz@vzhh.de<br />

<strong>Christoph</strong> <strong>Kranich</strong><br />

kranich@vzhh.de<br />

25

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