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FALSCH! - Verlag Das Brennglas

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In den weiträumigen italienischen<br />

Nationalparks wird seit Jahrzehnten<br />

nicht mehr gejagt. Gran Paradiso ist<br />

der bekannteste und zugleich der größte<br />

italienische Nationalpark. Seit 1922<br />

ist in dem 72.000 Hektar großen Gebiet<br />

die Jagd abgeschafft. Wir sprachen mit<br />

dem Tierarzt Bruno Bassano, der für<br />

die gesundheitlichen Belange der Tiere<br />

im Nationalpark Gran Paradiso verantwortlich<br />

ist.<br />

Welche Tiere leben im Nationalpark<br />

Gran Paradiso?<br />

Bassano: In unseren Bergen leben verschiedene<br />

Huftiere, insbesondere der<br />

Steinbock, der unser Symbol ist, und<br />

natürlich auch viele Gemsen. Zur Zeit<br />

sehen wir auch wieder Rehe und Hirsche,<br />

aber in kleiner Anzahl und nur in<br />

Teilbereichen. Die Wildschweine leben<br />

nur in niedrigeren Lagen, etwa bis 2000<br />

m Höhe. Dann haben wir verschiedene<br />

Hasenarten. Unter den Fleischfressern<br />

finden wir natürlich Füchse und verschiedene<br />

Arten von Mardern. In jüngster<br />

Zeit sind auch wieder Luchse und<br />

Wölfe gesehen worden. Heimisch ist in<br />

Gran Paradiso auch der Goldadler - und<br />

immer öfter werden auch Bartgeier gesehen,<br />

welche im ganzen Alpengebiet wieder<br />

eingeführt werden. Und natürlich<br />

leben hier überall Murmeltiere.<br />

In Deutschland wird auch in Nationalparks<br />

gejagt. Wird bei Ihnen im Nationalpark<br />

Gran Paradiso gejagt?<br />

Bassano: Nein, seit Gründung des<br />

Nationalparks im Jahre 1922 gibt es keine<br />

Jagd mehr.<br />

Entstanden daraus Schwierigkeiten?<br />

Denn hier bei uns in Deutschland sagt<br />

ITALIENISCHE NATIONALPARKS:<br />

GLEICHGEWICHT IN DER<br />

NATUR OHNE JAGD<br />

INTERVIEW MIT BRUNO BASSANO, GRAN PARADISO<br />

Bild: Bassano<br />

man, wenn es keine Jagd gibt, würden<br />

die Tiere überhand nehmen.<br />

Bassano: Wir haben nie Schaden gehabt<br />

und mussten nie die Population der Tiere<br />

irgendwie verringern. Selbst als die<br />

Population der Steinböcke auf 6000 Tiere<br />

anstieg, haben wir keine Probleme mit<br />

Schäden gehabt.<br />

Ein Hauptargument der Jäger in Deutschland<br />

ist, dass die Rehe die jungen Bäume<br />

im Wald anfressen. Wenn man in ganz<br />

Italien oder in ganz Deutschland die Jagd<br />

abschaffen würde, meinen Sie, dass der<br />

Verbiss ein Problem wäre?<br />

Bassano: In bestimmten Gegenden, in<br />

denen z.B. die Anzahl der Hirsche groß<br />

ist, könnte es natürlich einige Schwierigkeiten<br />

für die Aufforstung oder für die<br />

Erneuerung der Pflanzen bringen. Hier<br />

sind Umzäunungen der neuen Aufforstungen<br />

sicher angebracht. Es ist klar,<br />

dass man bestimmte Grenzen erreicht,<br />

wenn der Eingriff der Tiere auf die<br />

Pflanzen zu groß ist. Aber ich muss hier<br />

daran erinnern, dass diese Probleme von<br />

den Jägern hausgemacht sind. Und<br />

natürlich passt sich die Pflanzenwelt<br />

DER LUSTTÖTER · SEITE 34<br />

dem Tierbestand an und umgekehrt. Es<br />

kommt darauf an, was man mit dem<br />

Wald vorhat.<br />

Wenn man bei uns in Deuschland aufforstet,<br />

werden oft 20.000 Bäume gepflanzt,<br />

obwohl letztendlich nur Platz für 2000<br />

oder 3000 ausgewachsene Bäume ist.<br />

Der größte Teil wird also ausgeschlagen.<br />

Davon schaden die Tiere doch nicht einmal<br />

einem Bruchteil...<br />

Bassano: Genau, das meinte ich, als ich<br />

sagte, es kommt darauf an, was man mit<br />

dem Wald vorhat. Wenn der Wald aus<br />

rein wirtschaftlichen Gründen gepflanzt<br />

wird - so, wie es die Förster sehen, welche<br />

den Wald als Produktion von Holz<br />

ansehen - dann ist es klar, dass ein Huftier<br />

wie der Hirsch Probleme verursachen<br />

kann. Wenn man aber den Wald aus<br />

ökologischer Sicht betrachtet, dann<br />

muss dieses Problem nicht existieren;<br />

dann werden Tier und Pflanze ein<br />

Gleichgewicht finden.<br />

Es ist aber klar: Immer wenn der Mensch<br />

eingreift und – so, wie es in manchen<br />

Gebieten in der Schweiz passiert ist – in<br />

den Lawinenschluchten Nadelbäume<br />

pflanzt, die für dieses Gebiet nicht üblich<br />

sind, dann ist es möglich, dass die Steinböcke<br />

diesen Pflanzen Einhalt gebieten.<br />

Aber die Pflanzen wuchsen ursprünglich<br />

nicht dort.<br />

Immer mehr Ökologen kommen zu dem<br />

Ergebnis, dass sich Tierpopulationen<br />

selbst regulieren würden, wenn man sie<br />

nur ließe.<br />

Bassano: <strong>Das</strong> beobachten wir auch in<br />

Gran Paradiso. Insbesondere im Winter<br />

sterben etliche Tiere. Wenn der Schnee<br />

schmilzt, kommen die Füchse und fressen<br />

das Aas.

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