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Ich bin dann mal weg - der Abtei Münsterschwarzach

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<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>!!!<br />

Gruß Thomas Tribula 2<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> P. Anselm Grün 4<br />

<strong>Ich</strong> war <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> Margit Funke 5<br />

...aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da! Astrid Uhr 7<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> Klaus Schubert 8<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>der</strong> „ICH-BIN-DA“ Br. Jesaja Langenbacher 12<br />

Wir sind <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>... Erwachsen<br />

auf Kurs – gemeinsam durch die Zeit Hans-Christian Körber 13<br />

Ein Ortswechsel Marion Jäcks 15<br />

Gott hat einen Weg Rita Landauer 17<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...<br />

aber nicht aus <strong>der</strong> Welt P. Jonathan Düring 18<br />

Für Stephanie... Georg Schmuck-Kuhnert 20<br />

Meine Zeit in Indien Wiebke 21<br />

Weg sein – mit Perspektive Thomas Tribula 22<br />

Du gehst zurück... Renate Schweikert-Kretz 24<br />

Ihr könnt nicht Gott dienen<br />

und dem Mammon Marianne Lang<strong>weg</strong> 25<br />

<strong>Abtei</strong>nachrichten Br. Richard Maria Kuchenbuch 26<br />

2


Liebe Freundinnen und Freunde,<br />

liebe LeserInnen <strong>der</strong> Osternacht,<br />

für manche ist sie schon fast vorbei, wenn<br />

diese Osternacht ins Haus geflattert kommt<br />

(bzw. auf dem Bildschirm erscheint – im Down-<br />

load), die Ferienzeit.<br />

Viele haben es vielleicht am letzten Schultag<br />

o<strong>der</strong> Arbeitstag zu den Freunden und Kolle-<br />

gInnen gesagt, als Abschiedsgruß: „<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong><br />

<strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...“.<br />

Wie wichtig für uns Menschen dieses Wegsein<br />

ist, spiegelt sich in den noch nie so zahlreich<br />

gewesenen eingesandten Beiträgen für diese<br />

Ausgabe.<br />

Mein ganz herzlicher Dank für diesen Reich-<br />

tum an Gedanken geht an:<br />

P. Anselm, Br. Jesaja, P. Jonathan, Margit<br />

Funke, Astrid Uhr, Klaus Schubert, Hans-<br />

Christian Körber, Rita Landauer, Marion<br />

Jäcks, Georg Schmuck-Kuhnert, Wiebke,<br />

Renate Schweikert-Kretz und Marianne<br />

Lang<strong>weg</strong>.<br />

Auch ein herzliches Dankeschön gilt Andrea<br />

Stowasser, die das Thema wie<strong>der</strong> kalligra-<br />

phisch erfasst hat.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> bedeutet auch in Bewe-<br />

gung kommen, sich auf einen Weg machen,<br />

sowohl äußerlich als auch innerlich.<br />

P. Jonathan macht sich auf einen solchen Weg<br />

(eigentlich ist er schon mitten drin!), was auch<br />

bedeutet, dass er von <strong>der</strong> Jugendarbeit Ab-<br />

schied nimmt und damit auch von seiner Zu-<br />

ständigkeit für die Osternacht.<br />

<strong>Ich</strong> muss gestehen, dass mir beim Schreiben<br />

dieser Zeilen die Tränen kommen, weil uns<br />

eine lange Zeit ver<strong>bin</strong>det.<br />

<strong>Ich</strong> möchte ihm an dieser Stelle von Herzen<br />

danken (und das tue ich bestimmt im Namen<br />

aller Leserinnen und Leser) für alles was er in<br />

<strong>der</strong> Jugendarbeit und an den Menschen geleis-<br />

tet und Gutes getan hat. Alles Gute und Gottes<br />

Kraft für sein Wirken in Damme!<br />

Alles Gute und Gottes Kraft auch für euch alle<br />

und eine gute Sommerzeit wünscht euch <strong>der</strong><br />

erscheint 3<strong>mal</strong> jährlich<br />

Redaktionsschluss<br />

für die Ausgabe zur<br />

Adventszeit:<br />

17. November 2008<br />

Thema:<br />

„Geborgen“<br />

Anschrift für Leserbeiträge, Neubestellungen,<br />

Adressän<strong>der</strong>ungen:<br />

P. Jonathan Düring, <strong>Abtei</strong>,<br />

D – 97359 <strong>Münsterschwarzach</strong>;<br />

osternacht@web.de<br />

Druckauflage: 900<br />

pdf-Download: 150<br />

Freiwillige Unkostenbeiträge:<br />

Kto. 420 65 177,<br />

Sparkasse Mainfranken<br />

Würzburg<br />

BLZ 790 500 00<br />

(Stichwort: Osternacht)<br />

www.abtei-muensterschwarzach.de<br />

3


ICH BIN DANN MAL WEG<br />

Immer mehr Menschen nehmen eine Auszeit. Sie halten die tägliche Tretmühle nicht mehr<br />

aus. Sie haben den Wunsch, ein<strong>mal</strong> auszubrechen aus dem alltäglichen Trott, aus den Anfor-<br />

<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeit und <strong>der</strong> Familie. Im religiösen Kreisen spricht man von Wüstenzeit o<strong>der</strong><br />

Sabbatzeit, die man sich nimmt. Manche Priester können sich ein Sabbatjahr nehmen, um aus<br />

<strong>der</strong> nor<strong>mal</strong>en Arbeit in <strong>der</strong> Pfarrei auszusteigen, für die eigene Seele etwas zu tun, sich weiter<br />

zu bilden o<strong>der</strong> ein<strong>mal</strong> etwas an<strong>der</strong>es zu erfahren.<br />

Diesen Luxus können sich nur wenige erlauben. Aber für eine Woche o<strong>der</strong> auch nur <strong>mal</strong> für<br />

einen Tag abzutauchen, einfach einen Wüstentag einzulegen, das ist wohl jedem möglich. Der<br />

Wüstentag erinnert daran, dass man den Tag nicht verplant, son<strong>der</strong>n einfach nur da ist und<br />

schaut, was in einem hochkommt. Ein Wüstentag klärt das innere Chaos auf. Die Einfachheit<br />

des bloßen Daseins macht die Seele wie<strong>der</strong> einfach und klar. Die Wüste konfrontiert mich mit<br />

meiner eigenen Wahrheit und zugleich schenkt sie mir Weite und Freiheit.<br />

Eine Sabbatzeit, wie lange sie immer auch dauern mag – einen Tag, eine Woche, einen Monat<br />

– weckt an<strong>der</strong>e Bil<strong>der</strong>. Gott ruht am Sabbat aus von seinen Werken. Er sah, dass alles gut war.<br />

Eine Sabbatzeit ist eine Zeit des Ausruhens. Aber Ruhe finde ich nur <strong>dann</strong>, wenn ich wie Gott<br />

sagen kann: „Es ist alles gut. Es darf alles so sein.“ Und <strong>dann</strong> kann ich überlegen, wie ich mit<br />

dem, was ich in mir und meinem Leben sehe, umgehe und wie ich es gestalte. Aber zunächst<br />

ist es einfach <strong>mal</strong> ein Genießen <strong>der</strong> Zeit, die mir gegönnt ist. <strong>Ich</strong> muss nichts än<strong>der</strong>n. <strong>Ich</strong><br />

komme zur Ruhe. Und aus <strong>der</strong> Ruhe heraus kann ich neu in den Trubel des Alltags zurück-<br />

kehren, mit neuer Kraft und neuer Klarheit.<br />

Oft setzen wir uns unter Rechtfertigungsdruck. Wir müssen an<strong>der</strong>n gegenüber begründen,<br />

warum wir einen Wüstentag o<strong>der</strong> eine Sabbatzeit nehmen. In dem Satz „<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong><br />

<strong>weg</strong>“ klingt etwas von Freiheit an. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> einfach <strong>weg</strong>. <strong>Ich</strong> sage nicht, warum. <strong>Ich</strong> muss mich<br />

nicht rechtfertigen, dass ich mir die Zeit nehme. Die Zeit ist da. <strong>Ich</strong> darf sie mir nehmen. Es<br />

ist meine Zeit, die Zeit, die Gott mir schenkt. Es ist die Zeit, in <strong>der</strong> ich in das eintauchen<br />

möchte, was gerade für meine Seele dran ist. Vielleicht ist es eine Ausstellung, in die ich mich<br />

vertiefe. Indem ich den Bil<strong>der</strong>n überlasse, komme ich mit meinen eigenen inneren Bil<strong>der</strong>n in<br />

Berührung. <strong>Ich</strong> tauche in mich selbst ein. <strong>Ich</strong> komme zu mir selbst, zu meinem wahren Selbst.<br />

Manch<strong>mal</strong> brauchen wir solche Zeiten, in <strong>der</strong> wir uns distanzieren von allem, was wir sonst<br />

nor<strong>mal</strong>erweise tun. Wir brauchen die Distanz, um uns selbst nahe zu kommen. Sonst werden<br />

4


wir uns selbst immer frem<strong>der</strong>. Manch<strong>mal</strong> müssen wir in die Fremde gehen, um <strong>der</strong> eigenen<br />

Entfremdung zu entgehen.<br />

So wünsche ich gerade in <strong>der</strong> Urlaubszeit jedem, dass er spürt, was er gerade braucht, wovon<br />

er sich entfernen möchte, um bei sich anzukommen. Und ich wünsche jedem und je<strong>der</strong> den<br />

Mut, einfach das zu tun, was die eigene Seele einem sagt. Sie weiß, was uns gut tut. So wün-<br />

sche ich, dass die Zeit des Freiseins die Seele beflügelt, damit sie <strong>dann</strong> leichter über die<br />

Schwere des Alltags fliegen kann und sich nicht mehr von jedem Problem nach unten ziehen<br />

lässt.<br />

P. Anselm Grün<br />

„<strong>Ich</strong> war <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>!“<br />

Vision Quest – August 2006 – Süd Schweden<br />

Vision Quest, nach alter indianischer Tradition heißt eintauchen<br />

in die Natur. Für mich hieß das eintauchen in die wun<strong>der</strong>volle Landschaft von Süd<br />

Schweden, ganz und gar verschwinden, unsichtbar sein und eins werden mit <strong>der</strong><br />

Schöpfung, mit mir<br />

und mit Gott.<br />

Eins werden mit dem See, den Steinen im See und auf dem<br />

Land. Mich wie<strong>der</strong> finden in den Pflanzen und Tieren die mir begegnen, in den<br />

Spiegelungen <strong>der</strong> Wolken und des Himmels<br />

in diesem herrlichen, einsamen See, an dem ich meinen Lager-<br />

platz habe.<br />

An diesem See lass ich mich umtanzen und bestaunen, von den bunt schillernden<br />

Libellen. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> ganz fasziniert von ihrer Geschicklichkeit, ihrer Neugier und <strong>der</strong><br />

Leichtigkeit ihres Fluges. Nach vier Tagen mit ihnen am See, konnte ich diese<br />

Leichtigkeit in mir spüren.<br />

Um mich herum wuchsen große starke Eichen, Birken und Kiefern, die mir Stärke<br />

und Standhaftigkeit vermittelten. Alles um mich empfand ich als Geschenk <strong>der</strong><br />

Fülle. Auch die durch Sturm schwer verletzte Natur, die entwurzelten und abge-<br />

knickten Bäume berührten mich tief, öffneten mich für das Zerbrochene und Ent-<br />

wurzelte in mir.<br />

Im Laub, auf <strong>der</strong> Erde war mein Schlafplatz, ganz kuschelig genoss ich die Ge-<br />

borgenheit, das Gehalten und Getragen sein von <strong>der</strong> Erde, an diesem Platz.<br />

Die ersten Sonnenstrahlen haben mich geweckt und ich tauchte<br />

5


ein in das wun<strong>der</strong>bare, warme und weiche Wasser des Sees.<br />

Nackt alleine in <strong>der</strong> Stille des Morgens zwischen Seerosen zu<br />

schwimmen, mich vom Wasser umhüllen und tragen lassen,<br />

war paradiesisch. Der Tag endete wie<strong>der</strong> im See mit <strong>der</strong> untergehenden Sonne.<br />

Schlafen im Laub zwischen Bäumen und Steinen, mit einer Fülle von Träumen.<br />

In diesen Tagen alleine in <strong>der</strong> Natur, ohne Nahrung, nur mit<br />

Wasser und ohne die Möglichkeit zur Ablenkung, bringt mich ganz in mein In-<br />

nerstes, zu mir selbst.<br />

Im Ritual einer Sterbekuhle, in die ich mich lege, öffne ich<br />

mich in <strong>der</strong> Meditation für all das Unerledigte, Verletzte, das Schmerzhafte in mir.<br />

<strong>Ich</strong> denke an Menschen und Situationen, an all das, was unangenehm ist.<br />

Und sie kommen die Bil<strong>der</strong>, die Gefühle, <strong>der</strong> Schmerz, <strong>der</strong> sich entleert im Fluss<br />

<strong>der</strong> Tränen, im würgen, im Schrei. Ganz auf<br />

mich geworfen, ohne ausweichen zu können, geht <strong>der</strong> Weg<br />

mitten durch den Schmerz. Danach sitze ich lange auf einem<br />

Stein im See, sehe die Spiegelung <strong>der</strong> Wolken und spüre die<br />

Tiefe dieser Erfahrung.<br />

In <strong>der</strong> Spiegelung des Sees, ver<strong>bin</strong>den sich Himmel und Erde,<br />

werden eins, so wie in mir Schmerz und Liebe eins werden und<br />

mich einen tiefen Frieden erfahren lassen. Einfach da sein im Hier und Jetzt.<br />

Danach gab es noch die Visionsnacht, die ich in meinem<br />

Steinkreis durchwachte. Dabei begleitete mich ein leuchten<strong>der</strong> Vollmond. Er ließ<br />

im Schattenspiel die Bäume tanzen und Wolkenschiffe ziehen. All das Erlebte <strong>der</strong><br />

Tage zog wie ein<br />

Film an mir vorüber, das vom Fluss meiner Tränen <strong>weg</strong><br />

geschwemmt wurde. Eine Klarheit und Ruhe, die ich bisher nicht kannte, war in<br />

mir und ist immer noch gegenwärtig.<br />

„Du bist mein Gott ich will dir danken, preisen deinen Namen“ und „Ubi caritas et<br />

amor“, kam als Gesang aus meinem Inneren.<br />

<strong>Ich</strong> war <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, <strong>bin</strong> ganz eingetaucht in eine scheinbar an<strong>der</strong>e Welt, aber<br />

es ist immer die eine wun<strong>der</strong>bare Schöpfung Gottes, in <strong>der</strong> ER immer gegenwär-<br />

tig ist, in dir in mir in Allem.<br />

<strong>Ich</strong> wünsche euch so eine Erlebnis, ganz „WEG ZU SEIN“, ein zu tauchen in das<br />

Jetzt, in euch selbst, in die Gegenwart und die Liebe Gottes.<br />

Margit Funke<br />

6


<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...<br />

... aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da!!!<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...<br />

Habe ich meinen Arbeitskollegen erklärt,<br />

als ich mich hochschwanger für ein Jahr aus dem Beruf verabschiedet habe.<br />

... aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da!!!<br />

Nämlich wenn unser Baby nach den Sonnenstrahlen am Boden greift.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...<br />

Habe ich meinen Freundinnen bei den letzten Kinobesuchen erklärt,<br />

bevor unser Sohn auf die Welt kam und Stillen rund um die Uhr angesagt war.<br />

...aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da!!!<br />

Nämlich wenn unsere dreijährige Tochter übt, Kirschkerne im Mund aus dem Fleisch zu trennen.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>...<br />

Habe ich auf <strong>der</strong> Redaktionskonferenz verkündet,<br />

als ich das Arbeiten gerade so richtig spannend fand.<br />

... aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da!!!<br />

Nämlich in <strong>der</strong> bunten Welt des Kin<strong>der</strong>gartens, wo ich mit meinen Kin<strong>der</strong>n jeden Morgen<br />

herzlich begrüßt werde.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>,<br />

habe ich unserem Tanzlehrer erklärt,<br />

als wir mit meinem dicken Bauch beim Walzer so richtig ins Schwitzen kamen.<br />

... aber woan<strong>der</strong>s <strong>bin</strong> ich voll da!!!<br />

Nämlich wenn mein Mann sich beim Heimkommen freut, dass ein warmes Essen auf dem<br />

Tisch steht.<br />

Letzte Woche habe ich <strong>mal</strong> wie<strong>der</strong> einen „Kontaktbesuch“ in <strong>der</strong> Arbeit gemacht.<br />

„Lange nicht gesehen“, meint ein Vorgesetzter.<br />

„Kind gekriegt.“, erwi<strong>der</strong>e ich.<br />

„Total vergessen.“, meint <strong>der</strong> Kollege.<br />

„Bist Du froh, ab Herbst endlich <strong>mal</strong> wie<strong>der</strong> von daheim rauszukommen?“<br />

„<strong>Ich</strong> arbeite schon gerne, aber ich liebe meine Familie!“<br />

Astrid Uhr<br />

Kleine Anmerkung:<br />

<strong>Ich</strong> schöpfe gerne aus dem Vollen und möchte nichts verpassen im Leben. Nach <strong>der</strong> Geburt<br />

unserer Tochter Lucia wollte ich möglichst schnell wie<strong>der</strong> arbeiten, doch nach <strong>der</strong> Geburt<br />

unseres Sohnes Leonhard habe ich mich „getraut“, Elternzeit zu nehmen. Das Jahr daheim ist<br />

oft sehr anstrengend, aber ich kann die Zeit zu viert auch genießen. Ab Herbst bleibt mein<br />

Mann ein halbes Jahr daheim – und ich gehe wie<strong>der</strong> arbeiten. Dann ist er <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>... ! Spannend!<br />

7


<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> ...<br />

So hat Hape Kerkeling sein Buch über seine Wallfahrt nach Santiago genannt. <strong>Ich</strong><br />

hab kein Buch drüber geschrieben, aber ich war auch schon vier <strong>mal</strong> auf Wallfahrt.<br />

Nicht wochenlang nach Santiago, das wollte ich meiner Frau und meinen zwei klei-<br />

nen Kin<strong>der</strong>n nicht antun. <strong>Ich</strong> hatte nur Altötting als Ziel.<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Wallfahrt habe ich drei Tage für den Weg eingeplant – jeweils nur rund<br />

20 Kilometer, denn zumindest sportlich kann ich mich getrost mit Hape Kerkeling<br />

vergleichen – da ist er auch nicht gut. Also <strong>bin</strong> ich 60 Kilometer von Altötting entfernt<br />

mit Rucksack gestartet. Die ersten Stunden waren wun<strong>der</strong>bar – ich hab unter<strong>weg</strong>s<br />

aus einem kleinen Buch die Stundengebete <strong>der</strong> Mönche gebetet, Kapellen auf dem<br />

Weg besucht, an Wegkreuzen gebetet und mich ein <strong>mal</strong> im Wald verlaufen – ich<br />

kann aus dem Stand <strong>der</strong> Sonne perfekt die Himmelsrichtung ablesen, daher war ich<br />

sicher, daß ich keinen Kompaß mit auf den Weg nehmen muß. Bloß blöd, wenn <strong>dann</strong><br />

den ganzen Tag keine Sonne scheint. Das gab gleich <strong>mal</strong> drei Kilometer mehr. Fünf<br />

Kilometer vor meinem ersten Etappenziel bekam ich <strong>dann</strong> Muskelkrämpfe in meinen<br />

Beinen. Ein nor<strong>mal</strong>es Laufen war nicht mehr möglich, und rasten half auch nichts<br />

mehr. Zwei Kilometer hab ich mich noch weiter geschleppt – und schließlich resigniert.<br />

Für die letzten drei Kilometer rief ich mir per Handy ein Taxi. <strong>Ich</strong> war höchst<br />

frustriert und überlegte, wie das Wallfahrer vor 50 Jahren wohl gelöst hätten. Das<br />

Zimmer, das ich in einer Dorfgaststätte bezog, war eiskalt und die Heizung ging nicht.<br />

Die Wirtin sagte, die Heizung wäre schon aus, wer rechnet denn damit, daß es noch<br />

<strong>mal</strong> so kalt wird. <strong>Ich</strong> verkniff mir die Bemerkung, daß schließlich gerade die Eisheiligen<br />

sind und es da öfter <strong>mal</strong> kalt wird – und übernachtete zwangsläufig mit Jeans<br />

und Pullover. Erkenntnis des Tages: Auch wenn man sich etwas fest vornimmt,<br />

manch<strong>mal</strong> muß man sich doch eingestehen, daß man es nicht schafft.<br />

Am nächsten Tag <strong>bin</strong> ich erst <strong>mal</strong> zur Post, hab ein Paket gekauft, alles unnötige<br />

Gepäck aus meinem Rucksack rein gestopft – das war eine ganze Menge – und<br />

<strong>dann</strong> das Paket zu mir heim geschickt. So hatte ich schon <strong>mal</strong> weniger zu tragen.<br />

Dann hab ich meine Tagesetappe auf 10 Kilometer gekürzt und <strong>bin</strong> den Rest mit<br />

dem Zug gefahren – ab einem Bahnhof, <strong>der</strong> erst ein paar Tage vorher eröffnet wurde.<br />

Mit Schmerzen hab ich diese Etappe geschafft. Abends sehe ich eine Apotheke<br />

und denke, da könnte ich doch <strong>mal</strong> fragen, woher meine Krämpfe in den Füßen<br />

kommen. Die Apothekerin lacht, das sei typischer Magnesiummangel, mit zwei Tabletten<br />

am Tag wäre ich wie<strong>der</strong> fit. Was <strong>dann</strong> auch stimmte. In dem Moment fiel mir<br />

ein, daß meine Unterkunft in <strong>der</strong> Nacht zuvor neben einer Apotheke gestanden hatte<br />

– und ich am Morgen so verbissen aufs Loslaufen gewesen war, daß mir die Idee,<br />

dort nachzufragen, gar nicht gekommen war. Erkenntnis des Tages: Verbissen etwas<br />

tun hilft nicht, neue Möglichkeiten überdenken ist besser.<br />

Der letzte Tag war <strong>dann</strong> <strong>der</strong> erste, bei dem ich die ganze Strecke zu Fuß zurück gelegt<br />

habe, eine sehr schöne Strecke am Inn entlang – und ich <strong>bin</strong> entsprechend<br />

glücklich in Altötting angekommen und hab mir dort noch viel Zeit zum Genießen gelassen.<br />

Fazit des Tages: Auch mit Um<strong>weg</strong>en kommt man zum Ziel.<br />

Meine zweite Wallfahrt habe ich besser geplant: Der Rucksack war besser gepackt<br />

(vieles hab ich <strong>weg</strong>gelassen, dafür waren Magnesiumtabletten dabei), die erste Wegetappe<br />

war gut gewählt und meine erste Unterkunft nach einem wun<strong>der</strong>baren Wallfahrtstag<br />

war einfach ideal. Kaum hatte ich geduscht, rief meine Frau an: Sie mußte<br />

sofort dringend ins Krankenhaus. <strong>Ich</strong> hab mein Zimmer bezahlt und <strong>bin</strong> – weil ein<br />

8


Taxi zu lange gebraucht hätte – so schnell es eben ging zum Bahnhof gelaufen und<br />

mit dem nächsten Zug zurück, um mich um meine Frau und meine Kin<strong>der</strong> kümmern<br />

zu können.<br />

Erst Monate später hab ich die letzten beiden Etappen <strong>der</strong> Wallfahrt gemacht.<br />

Erkenntnis <strong>der</strong> Tage: <strong>Ich</strong> habe daraus gelernt, daß eine Wallfahrt nicht dazu geeignet<br />

ist, Gott dazu zu bringen, Probleme von uns fern zu halten. Die Wallfahrt lehrt uns<br />

nur, wie wir mit den Schwierigkeiten, die jeden irgendwann im Leben treffen, umgehen<br />

können.<br />

Meine dritte Wallfahrt war wie<strong>der</strong> geplant mit drei Tagesetappen nach Altötting. Wenige<br />

Tage vor dem geplanten Start starb ein Verwandter und die Beerdigung wurde<br />

auf den mittleren <strong>der</strong> drei Tage gelegt. <strong>Ich</strong> wollte unbedingt zur Beerdigung und überlegte,<br />

die Wallfahrt ganz abzusagen. Doch <strong>dann</strong> hatte ich eine Idee.<br />

Den ersten Tag ging ich von mir zu Hause aus eine Etappe (rund 20 km) zu einer<br />

kleinen Wallfahrtskirche – die lei<strong>der</strong> verschlossen war, aber selbst das war egal. Es<br />

war ein schöner und guter Tag für mich. Abends <strong>bin</strong> ich mit dem Zug wie<strong>der</strong> heim<br />

gefahren. Erkenntnis des Tages: <strong>Ich</strong> freue mich darüber, daß ich gelernt habe, bei<br />

Bedarf einfach an<strong>der</strong>e Wege zu gehen als geplant.<br />

Am zweiten Tag <strong>bin</strong> ich am Vormittag von zu Hause aus mit meiner Frau einen kleinen<br />

Wallfahrts<strong>weg</strong> zu einer Wallfahrtskirche, die offen war, gegangen. Danach <strong>bin</strong><br />

ich zur Beerdigung gefahren und war <strong>dann</strong> noch lange bei <strong>der</strong> Familie des Verstorbenen.<br />

Am Abend <strong>bin</strong> ich zu einer Unterkunft gefahren, die nur noch eine Tagesetappe<br />

von Altötting entfernt war. Erkenntnis des Tages: Manch<strong>mal</strong> ist das Zusammensein<br />

mit an<strong>der</strong>en Menschen wichtiger als alles, was man sich vorgenommen hat.<br />

Der dritte Tag begann mit kaltem Regen. Ist nicht so schlimm, dachte ich, in unserer<br />

Gegend gibt es nur ganz selten Tage, an denen es von früh bis spät regnet. Es würde<br />

wie<strong>der</strong> aufhören. Das tat es aber nicht. Die Regenkleidung hielt mich nur die ersten<br />

Stunden trocken. Zeitweise war meine Brille so beschlagen, daß ich fast den<br />

Weg nicht mehr sah. Mein Taschentuch mußte ich erst auswringen, bevor ich meine<br />

Brille putzen konnte. Bei dem Dauerregen war das Lesen <strong>der</strong> Stundengebete nicht<br />

mehr möglich, selbst meine Wan<strong>der</strong>karte zerfiel im Regen. <strong>Ich</strong> konnte nicht <strong>mal</strong> in<br />

Kirchen gehen, ich war zu naß und die Kirchen zu kalt. Gaststätten gab es auf dem<br />

Weg nicht. So ging ich den ganzen Weg ohne eine Pause und ohne rechte Begeisterung.<br />

In Altötting <strong>bin</strong> ich in das erste Lokal gegangen und hab dort in <strong>der</strong> Toilette<br />

meine wasserdurchtränkten Klamotten, soweit möglich, ausgezogen und einen frischen<br />

Pullover – das einzige trockene Kleidungsstück, das ich im Rucksack hatte –<br />

angezogen. Meine nasse Jeans mußte ich lei<strong>der</strong> anbehalten, denn eine Ersatzhose<br />

hatte ich nicht mitgenommen – ich hatte gedacht, unter meiner Regenhose würde die<br />

Jeans trocken bleiben. So saß ich <strong>dann</strong> immer noch triefend in <strong>der</strong> Gaststube. In Kirchen<br />

konnte ich nur kurz gehen, es war einfach eisig kalt mit meiner nassen Hose<br />

und dem patschnassen Anorak. So habe ich die Stundengebete, die ich ausgelassen<br />

hatte, einfach in verschiedenen Cafés bei verschiedenen warmen Getränken nachgeholt.<br />

Erkenntnis des Tages: Das Gefühl, wenn man etwas trotz widriger Umstände<br />

geschafft hat, ist trotz allem ein schönes Gefühl.<br />

Meine vierte Wallfahrt schien schwierig zu werden: ich hatte ein paar Tage vor dem<br />

geplanten Start etwas zu intensiv Badminton gespielt, und seitdem hatte ich Knieschmerzen.<br />

Dennoch fuhr ich wie geplant los. Im Zug, auf dem Weg zu meinem<br />

Startpunkt, saß schräg neben mir ein Polizist in Uniform, mit Pistole und Reisekoffer.<br />

Er las ein Buch mit dem Titel „Schwesternmord“. Ob das für ihn eine Fortbildung<br />

war? Zumindest brauchte ich mir keine Sorgen machen, im Zug überfallen zu werden.<br />

Zu Mittag kam ich an, in einem Touristenort südlich von Altötting. <strong>Ich</strong> war sicher<br />

<strong>der</strong> einzige Wallfahrer hier. Unter<strong>weg</strong>s stellte ich fest, daß ich meine Etappen dies-<br />

9


<strong>mal</strong> nicht allzu sorgfältig gewählt hatte. Am ersten Tag hatte ich gleich das längste<br />

Wegstück mit 21 Kilometern, obwohl ich nur den Nachmittag zur Verfügung hatte.<br />

Dennoch klappte alles sehr gut, das Wetter war perfekt, <strong>der</strong> Weg schön und mein<br />

Knie hörte auf zu schmerzen, sobald ich losgegangen war. Auch die Unterkunft (es<br />

gab nur eine am Zielort) war gut. <strong>Ich</strong> wollte mein Abendgebet in <strong>der</strong> Kirche beten, die<br />

ich von meinem Zimmerfenster aus sehen konnte, aber die Kirche war abgeschlossen.<br />

<strong>Ich</strong> überlegte erfolglos, ob das ein Symbol für unsere schlechte Gesellschaft ist<br />

o<strong>der</strong> ein Symbol dafür, daß unsere Kirchen manch<strong>mal</strong> nicht sehr einladend wirken.<br />

<strong>Ich</strong> war so erschöpft, daß ich schon um 20.15 Uhr einschlief. Erkenntnis des Tages:<br />

Manch<strong>mal</strong> bekommt man einen wun<strong>der</strong>schönen Tag einfach geschenkt.<br />

Auch am nächsten Morgen bereiteten mir die Treppenstufen zum Frühstückssaal<br />

hinunter keine Probleme – wun<strong>der</strong>bar. Gleich zu Beginn meines Weges <strong>bin</strong> ich nach<br />

Österreich übergewechselt. Die Strecke dort war landschaftlich phantastisch, wun<strong>der</strong>bar<br />

einsam – ich <strong>bin</strong> einem Hasen und einem Reh begegnet – und katastrophal<br />

ausgeschil<strong>der</strong>t. Dazu paßte, daß ich beim Beten in einer Kapelle im Psalm 27 auf<br />

den Vers stieß: „Zeige mir, Herr, den Weg, leite mich auf ebener Bahn“. Prompt vergaß<br />

ich <strong>dann</strong> in dieser Kapelle meine Wan<strong>der</strong>karte und mußte noch ein<strong>mal</strong> zurück...<br />

Gut beschil<strong>der</strong>t war nur <strong>der</strong> Weg zu einer kleinen Kapelle mit einer Quelle, dem<br />

„Heilbrünnl“. Der Ort war so schön, daß ich dort einige Zeit verbrachte – und zu meiner<br />

Überraschung stellte ich fest, daß ich mich gerade auf einem alten Wallfahrts<strong>weg</strong><br />

befand. <strong>Ich</strong> schüttete eine meiner beiden Trinkflaschen aus und konnte so von diesem<br />

Quellwasser etwas mit nach Hause nehmen. Bereits um 14 Uhr erreichte ich<br />

meinen Zielort. Unterkünfte gab es in dem großen Ort jede Menge, aber viele waren<br />

mir einfach zu teuer, viele lagen als Ausgangspunkt für den nächsten Tag einfach am<br />

falschen Ende des Ortes und die meisten waren beides gleichzeitig. Also überlegte<br />

ich, noch ein o<strong>der</strong> zwei Orte weiter zu gehen, um den Weg für den nächsten Tag abzukürzen.<br />

<strong>Ich</strong> wälzte die Kataloge aus <strong>der</strong> Tourist Info, telefonierte, studierte die<br />

Wan<strong>der</strong>karte und gab schließlich auf. Keine Unterkunft auf dem Weg Richtung Altötting<br />

war erreichbar. Also wählte ich aus denen im Ort eine billige aus – zu <strong>der</strong> mußte<br />

ich aber noch 2 Kilometer in die Richtung zurücklaufen, aus <strong>der</strong> ich gekommen war.<br />

Ein kalter Wind kam auf, es begann zu regnen und ich erwischte noch eine falsche<br />

Abzweigung und ging einen Um<strong>weg</strong>. <strong>Ich</strong> fand auf dem Weg noch eine Gaststätte mit<br />

Übernachtungsmöglichkeit, ließ mir das Zimmer zeigen – aber das war so ungemütlich,<br />

daß ich dort nicht ein<strong>mal</strong> eine Nacht verbringen wollte. Also ging ich weiter zu<br />

<strong>der</strong> geplanten Unterkunft. Das Zimmer war O.K., aber die Heizung schon abgeschaltet<br />

und ich fror. Meine Laune war am Nullpunkt, trotz <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>baren ersten Tageshälfte.<br />

Erst nach dem Abendessen und einer warmen Dusche taute ich auch innerlich<br />

wie<strong>der</strong> auf. Erkenntnis des Tages: Wenn ich mich nicht für ein Ziel entscheide, son<strong>der</strong>n<br />

alles gleichzeitig will, <strong>dann</strong> kann ich mich auch nicht darüber freuen, etwas zu<br />

erreichen.<br />

Die letzte Etappe führte erst durch ein paar kleine Ortschaften und <strong>dann</strong> durch ein<br />

riesiges Waldstück – erst die alte Poststraße, <strong>dann</strong> den Fürsten<strong>weg</strong> entlang. Interessanter<br />

Weise waren beide Wege genau gleich uninteressant. Auch ein Wald<strong>weg</strong><br />

kann langweilig sein, wenn es kilometerlang nur geradeaus geht. Auf einer Bank<br />

stellte ich mir die Frage, wozu ich hier eigentlich stundenlang unter<strong>weg</strong>s <strong>bin</strong>. Dann<br />

las ich in Psalm 131: „<strong>Ich</strong> ließ meine Seele ruhig werden und still, wie ein kleines<br />

Kind bei <strong>der</strong> Mutter ist meine Seele still in mir“ – und ich ahnte, daß es genau darum<br />

geht. Das letzte Wegstück führte durchs Industriegebiet von Altötting – landschaftlich<br />

nicht sehr spannend, aber schließlich habe ich es wie<strong>der</strong> geschafft und konnte noch<br />

ein paar Stunden den Kapellplatz genießen, bevor es mit dem Zug wie<strong>der</strong> zurück<br />

ging. Irgendwie war ich etwas enttäuscht, daß alles so langweilig gewesen ist – bis<br />

mir auffiel, daß es meine erste Wallfahrt ohne Katastrophen war – und noch Wochen<br />

später war in mir immer wie<strong>der</strong> das angenehme Gefühl, wie<strong>der</strong> ein<strong>mal</strong> ein Stück Le-<br />

10


ens<strong>weg</strong> bewußt gegangen zu sein. Erkenntnis des Tages: <strong>Ich</strong> habe es wie<strong>der</strong> ein<strong>mal</strong><br />

geschafft.<br />

Im Rückblick auf meine 4 Wallfahrten kann ich nur empfehlen: Mach Dich auf den<br />

Weg! Unterbrich Deinen Alltag! Sei es eine Wallfahrt o<strong>der</strong> ein Kurs o<strong>der</strong> eine Auszeit<br />

o<strong>der</strong> was auch immer – es ist eine wertvolle Zeit.<br />

Klaus Schubert<br />

11


„ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> …“<br />

ich<br />

ich <strong>bin</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> – <strong>weg</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> – unter<strong>weg</strong>s<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> auf dem Weg<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> auf dem Jakobus-Weg<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> unter<strong>weg</strong>s untergetaucht<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> auf dem Weg untergetaucht<br />

ab-ge-taucht<br />

ein-ge-taucht<br />

ein-ge-tauft<br />

in eine neue Lebensqualität<br />

einfach – in die Gegenwart<br />

einfach in die Gegenwart des Lebens<br />

in die Gegenwart des göttlichen Lichtes Gottes<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> dazwischen – nicht mehr und noch nicht<br />

ich <strong>bin</strong> – nicht mehr in <strong>der</strong> alten Welt und – noch nicht in <strong>der</strong> neuen<br />

ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> dazwischen nicht mehr <strong>der</strong> Alte und noch nicht <strong>der</strong> Neue<br />

eingetauft – das Alte fällt <strong>weg</strong> – das neue kann gezeugt werden<br />

<strong>weg</strong> – unter<strong>weg</strong>s – auf dem Weg<br />

- … dazwischen … -<br />

dazwischen: undefiniert – unsicher –<br />

nicht mehr »Raupe« – noch nicht »Schmetterling« – … im »Kokon« …<br />

Verwandlung – Möglichkeit zum Neuen<br />

das Wesen des Weges offenbart sich auf dem Weg<br />

dazwischen passiert das Eigentliche – Wesentliche – vollzieht sich das Leben<br />

ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong> – ich <strong>bin</strong><br />

ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong> ich <strong>bin</strong><br />

ich <strong>bin</strong> <strong>der</strong> Weg, ich <strong>bin</strong> die Wahrheit, ich <strong>bin</strong> das Leben – ich werde Weg, Wahrheit, Leben<br />

ICH BIN DER »ICH-BIN-DA«<br />

12


Wir sind <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>: Erwachsen auf Kurs – gemeinsam durch die Zeit<br />

Vor ungefähr einem Jahr haben wir uns zu viert auf den Weg gemacht: Brigitte, Margit, Mi-<br />

chael und ich – alle sind wir unterschiedlich, das fängt schon beim Alter an, denn wir sind<br />

zwischen 35 und 60. Noch nie waren wir wirklich physisch zusammen unter<strong>weg</strong>s. Deshalb<br />

war es auch ungewiß, ob wir als Gruppe über die Tage miteinan<strong>der</strong> auskommen, denn je<strong>der</strong><br />

hat sein eigenes Tempo, seine Eigenheiten. Dazu gehört <strong>dann</strong> auch aufeinan<strong>der</strong> achten und<br />

manch<strong>mal</strong> warten, Rücksicht nehmen, und ebenso einan<strong>der</strong> Freiheiten lassen. Da kommt<br />

mir <strong>der</strong> Liedtitel „Neues wagen - gemeinsam neue Wege gehen“ in den Sinn. Und <strong>dann</strong> noch<br />

<strong>mal</strong> die Frage: Schaffen wir alle diesen Weg? Was erwartet uns? Hitze, Wind, Regen, Ber-<br />

ge?<br />

So fliegen wir also am Benediktstag (11. Juli) nach Spanien und starten am nächsten Tag<br />

mit unserer Rad-Pilger-Fahrt von Logroño (Rioja), und wollen an den folgenden 12 Tagen<br />

insgesamt über 700 km zurücklegen. Wir haben für uns eine relativ „harmlose“ Variante des<br />

Pilgerns gewählt. Über einen Reiseveranstalter wurden meist kleine Hotels unter<strong>weg</strong>s für<br />

uns gebucht und auch für den Transport unseres Gepäcks war gesorgt. Wir konnten uns so<br />

auf „unseren Weg“ vollständig einlassen, hatten auch keine Sorge um das nächste Quartier<br />

in <strong>der</strong> Hauptsaison, wir mussten aber auch jeden Tag weiter, also ein spontaner Ruhetag<br />

war nicht möglich, keine Unterbrechung des „Unter<strong>weg</strong>sseins“.<br />

Vom ersten Tag an fühlen wir alle uns sicher auf dem Weg, beschützt und begleitet, auch im<br />

Straßenverkehr <strong>der</strong> größeren Städte. Jeden Tag gestalten wir mit verschiedenen Impulsen,<br />

Texten. Andrea hat für jeden von uns Karten gestaltet, einfach toll, ein wun<strong>der</strong>bares Ge-<br />

schenk, so fühlen wir uns auch von Freunden zuhause begleitet. Vor <strong>der</strong> ersten Bergetappe<br />

ein Text von P. Meinrad: „Berge reinigen, weil sie bis an die Grenze Hingabe verlangen.<br />

Schmerz, Angst, Ermüdung müssen zugelassen werden, durchgetragen werden.“<br />

Sehr schnell merken wir, dass wir zwar gemeinsam unter<strong>weg</strong>s sein und uns gegenseitig<br />

stützen und auch begleiten, aber doch ist je<strong>der</strong> für sich auf seinem eigenen (Pilger-)Weg,<br />

je<strong>der</strong> hat sich auf seinen eigenen Weg gemacht. Und ich merke auch, dass <strong>der</strong> oft zitierte<br />

Satz „<strong>der</strong> Weg ist das Ziel“ so eigentlich nicht stimmt. Denn ohne Ziel ist <strong>der</strong> Weg nichts, <strong>der</strong><br />

Weg erhält nur durch das Ziel eine Bedeutung, sonst ist man ziellos, man irrt ziellos umher.<br />

Das gilt für unsere Pilgerfahrt und darüber hinaus. Denn was bedeutet eigentlich pilgern?<br />

Vielleicht seinen Lebens<strong>weg</strong> auf Gott hin ausrichten, auch im Alltag?<br />

Unter<strong>weg</strong>s beeindruckt mich die Weite und Freiheit, manch<strong>mal</strong> auch die Eintönigkeit, das<br />

Fahren wird dadurch zur Meditation. Es gibt viel Zeit für die eigenen Gedanken, sie kommen<br />

einfach und fließen mit dem Rhythmus des Fahrens, des Unter<strong>weg</strong>sseins. Vieles klärt sich<br />

unter<strong>weg</strong>s, das gilt dauerhaft, auch noch heute nach einem Jahr. Was ist mir wichtig? Der<br />

Weg verän<strong>der</strong>t denjenigen, <strong>der</strong> sich auf den Weg, auf seinen Weg einlässt. Unser Rhythmus<br />

13


edeutet jeden Tag abends bzw. nachmittags am Tagesziel ankommen und am nächsten<br />

Morgen wie<strong>der</strong> weiterziehen.<br />

Das Bewusstsein, dass seit Jahrhun<strong>der</strong>ten Menschen auf diesem Weg unter<strong>weg</strong>s sind, be-<br />

gleitet uns, trägt uns. Der spanische Gruß „Ultreia“ (bedeutet so viel wie „Vorwärts! Weiter!“)<br />

begegnet uns überall auf dem „camino“, begleitet uns die ganze Zeit.<br />

An den letzten Tagen, je näher wir uns unserem Ziel Santiago de Compostela nähern, stelle<br />

ich zwiespältige Gefühle fest zwischen Freude über das näher kommende Ziel unseres Pil-<br />

gerns und bedaure aber gleichzeitig, dass damit auch unsere Pilgerfahrt unser „zusammen<br />

unter<strong>weg</strong>s sein“ sich dem Ende nähert.<br />

Zwei Tage vor dem Jakobstag (25. Juli) kommen wir in Santiago an. Wir spüren Dankbarkeit,<br />

dass wir gut angekommen sind. Die Stadt ist unheimlich lebendig, ein großes Volksfest steht<br />

bevor. Für uns ein sehr großer Kontrast nach <strong>der</strong> Ruhe und Einsamkeit des Weges. Aber die<br />

Stadt beeindruckt uns alle, die Atmosphäre ist ganz an<strong>der</strong>s als in den Pilgerorten Lourdes<br />

o<strong>der</strong> Fatima. Natürlich berührt uns die Pilgermesse. Eine Nonne als Vorsängerin mit einer<br />

glasklaren hellen Stimme übt die Lie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Gemeinde ein. Dann auch das große be-<br />

kannte Weihrauchfass. Aber mich berührt vor allem das gleichzeitig in vielen Sprachen gebe-<br />

tete „Vater unser“.<br />

Was war diese Reise nun? Urlaub o<strong>der</strong> Pilgerfahrt? Es war wohl beides. Pilgern, weil je<strong>der</strong><br />

von uns auf seinem Weg unter<strong>weg</strong>s war und seine eigenen ganz persönlichen Grenzen ken-<br />

nen gelernt und wohl auch teilweise überschritten hat. Urlaub, weil wir alle sehr erholt von<br />

dieser Reise zurückgekehrt sind.<br />

Der Weg lässt mich nicht mehr los, es war sicher nicht das letzte Mal, und ich möchte diesen<br />

Weg auch ein<strong>mal</strong> zu Fuß gehen.<br />

Es waren die unterschiedlichsten Bücher, die mich jeweils auf an<strong>der</strong>e Weise beeindruckt<br />

haben: Hape Kerkeling „<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>“, Andrea Schwarz „Die Sehnsucht ist größer“<br />

(ein Geschenk von meiner Frau Brigitte), Paolo Coelho „Auf dem Jakobs<strong>weg</strong>“.<br />

Und zum Schluß noch ein Gedanke von P. Meinrad: „Am Anfang steht <strong>der</strong> Aufbruch. Und<br />

man bricht nicht nur zum Gehen auf. Zuvor muß im Menschen selber etwas aufgebrochen<br />

sein.“<br />

Hans-Christian Körber<br />

14


Ein Ortswechsel<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>!<br />

Wer kennt das Buch nicht von Hape Kerkeling vom Jakobs<strong>weg</strong>. Aber diesen Spruch<br />

kann man für viele Situationen nehmen.<br />

15


<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, heißt für mich, einen Ortswechsel vornehmen. Ob nun verrei-<br />

sen o<strong>der</strong> einfach nur <strong>mal</strong> abschalten o<strong>der</strong> <strong>mal</strong> Freunde besuchen, die ich schon lan-<br />

ge nicht mehr gesehen habe. <strong>Ich</strong> kann mich entsinnen, als ich noch jung war, sagte<br />

ich oft zu meiner Großmutter: <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>. Das bedeutete, ich gehe in die<br />

Disco mit Freunden o<strong>der</strong> auch <strong>mal</strong> bummeln über den Hamburger Dom o<strong>der</strong> <strong>mal</strong> ins<br />

Kino. Eben halt etwas erleben und Spaß haben. Ruhe und Stille war nur langweilig.<br />

Je lauter die Musik, je mehr Trubel umso besser.<br />

Das hat sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre geän<strong>der</strong>t. Heute bedeutet diese Aussage bei mir, ich<br />

tauche ab, ab in die Stille um zu mir selbst zu finden. Der beste Ort ist für mich das<br />

Kloster. Dort befindet man sich in einem geschützten Raum und ich <strong>bin</strong>, wenn ich es<br />

will, ganz für mich allein und kann zu mir selbst finden. Nie war mir bewusst, wie<br />

wichtig es für meine Seele ist. Seit kurzem habe ich festgestellt, dass sich durch<br />

mein Abtauchen mein gesamtes Leben verän<strong>der</strong>t hat. Plötzlich sehe ich mein Leben<br />

mit ganz an<strong>der</strong>en Augen. <strong>Ich</strong> lebe bewusster und nehme alles wahr. <strong>Ich</strong> genieße je-<br />

den Augenblick und <strong>bin</strong> glücklich, dass ich <strong>mal</strong> eben <strong>weg</strong> <strong>bin</strong>. Weg, an einem Ort, wo<br />

ich mich wohl fühle, wo ich die Wärme, die Herzlichkeit und Geborgenheit spüren<br />

kann. An dem Ort, wo ich wie<strong>der</strong> zu Gott fand, den ich viele Jahre gemieden hatte.<br />

Gemieden vor Angst, ich wäre ein schlechter Mensch. Viele Jahre war meine Seele<br />

krank, da ich an einer unheilbaren Krankheit leide. <strong>Ich</strong> vergoss viele Tränen vor<br />

Kummer und verkroch mich. Doch <strong>dann</strong> fand ich einen Verein, <strong>der</strong> meine Hilfe<br />

brauchte und plötzlich stand ich wie<strong>der</strong> mitten im Leben. Heute betreue ich Patien-<br />

ten, die auf eine Organspende warten o<strong>der</strong> auch ein Organ bekommen haben. <strong>Ich</strong><br />

mache teilweise auch Trauerbegleitung, denn nicht alle Patienten überleben die<br />

Transplantation o<strong>der</strong> bekommen nicht rechtzeitig ein Organ. Es ist sehr anstrengend<br />

und vielseitig und verlangt sehr viel Fingerspitzengefühl. Deshalb kommt <strong>dann</strong> auch<br />

ein<strong>mal</strong> im Jahr <strong>der</strong> Spruch von mir: <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>. Einfach abschalten und<br />

nur an sich denken, die Seele baumeln lassen.<br />

Es ist für mich immer wie<strong>der</strong> eine neue Erfahrung, wie häufig <strong>der</strong> Mensch sich im<br />

Leben verän<strong>der</strong>t. <strong>Ich</strong> kann nur sagen, jedes Alter hat seine schönen Seiten und ich<br />

<strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, das sagt wohl je<strong>der</strong> ein<strong>mal</strong>, egal ob alt o<strong>der</strong> jung. Wichtig dabei<br />

ist, dass man sich wohl fühlt und entspannt.<br />

Marion Jäcks<br />

Hamburg<br />

16


Gott hat einen Weg<br />

17


Liebe Leserinnen und Leser <strong>der</strong> Osternacht<br />

15.<br />

Oktober<br />

2008<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>……<br />

.... aber nicht aus <strong>der</strong> Welt<br />

Immer und immer wie<strong>der</strong> <strong>bin</strong> ich in den vergangenen Monaten gefragt worden, wieso ich eigentlich<br />

von <strong>Münsterschwarzach</strong> <strong>weg</strong> nach Damme gehe. Mir ist wichtig, dass ich im Gehorsam<br />

auf meine innere Stimme gehe. <strong>Ich</strong> hätte auch Nein sagen können. Monatelang habe ich<br />

mich gegen den Gedanken zu gehen gewehrt und mir gedacht: „<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> doch nicht bescheuert.<br />

Da geh ich nicht rauf.“ Aber immer deutlicher habe ich <strong>dann</strong> diese innere Stimme gehört,<br />

die gesagt hat: „Bitte sag nicht Nein, ich brauch Dich jetzt dort“. So deutlich habe ich das<br />

nicht <strong>mal</strong> bei meinem Klostereintritt gespürt. Und da ich selber in unzähligen Predigten und<br />

Gesprächen immer Vertrauen auf die innere Stimme vermitteln wollte, kann ich jetzt nicht<br />

meine eigene unterdrücken wenn sie sich meldet, nur weil mir ihre Botschaft nicht in den<br />

Kram passt…<br />

Zunächst werde ich mit eigenen Kursangeboten und persönlicher Begleitung im großen Gäste-<br />

und Exerzitienhaus des Priorates einsteigen. <strong>Ich</strong> werde sicher auch viel zu tun haben mit<br />

seelsorgerlichen Aushilfen in <strong>der</strong> näheren und weiteren Umgebung des Priorates.<br />

Der Schwerpunkt meiner Aufgabe wird jedoch in <strong>der</strong> Berufepastoral liegen, das heißt, dass<br />

ich versuche, in jungen Männern das Interesse für den benediktinisch-klösterlichen Weg zu<br />

wecken. Die Altersspanne reicht dabei von <strong>der</strong> Jugend ab vierzehn Jahren bis Mitte Dreißig<br />

Anfang Vierzig <strong>Ich</strong> würde gerne junge Menschen über ein entsprechendes gemeinschaftliches<br />

Miteinan<strong>der</strong> auf ein aufrichtiges und ehrliches Leben vorbereiten. Das Menschliche und Aufrichtige<br />

ist dabei meine Leitlinie. Taizé gefällt mir da als Vorbild beson<strong>der</strong>s, weil dort die<br />

Kraft des Vorläufigen und des Provisorischen nicht abgewertet, son<strong>der</strong>n ganz real gelebt<br />

wird und wirken darf.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> mir nicht sicher, ob ich die Erwartungen alle erfüllen kann, die mit dieser Aufgabe<br />

und Vision verbunden sind. Auch wenn viele denken „Ja klar, <strong>der</strong> Jonathan macht das schon,<br />

wer sonst?!“. Eigentlich <strong>bin</strong> ich sogar ein sehr zögerlicher Mensch, aber mein Gottvertrauen<br />

ist <strong>dann</strong> doch immer wie<strong>der</strong> größer. (Manche halten es sogar für unverschämt groß.) Auch<br />

wenn ich mir selbst vieles gar nicht zutraue, glaube ich daran, dass Gott schon wissen wird,<br />

was er mit mir vorhat.<br />

So glaube ich auch, dass die Nöte <strong>der</strong> Menschen in unserer heutigen Gesellschaft nicht durch<br />

politische Reformen o<strong>der</strong> Maßnahmen allein gelöst werden können. Was heute bei all den<br />

Aktionen und dem an den Tag gelegten Aktionismus immer mehr verloren geht. ist die geistliche<br />

Tiefe. Was es braucht ist eine im Glauben verwurzelte konkrete und auch authentisch gelebte<br />

Antwort auf diese Nöte – und hier meine ich vor allem die Not <strong>der</strong> Respektlosigkeit, die<br />

unsere Gesellschaft und ihre wertvollen sozialen Errungenschaften in die menschliche Katastrophe<br />

treibt.<br />

<strong>Ich</strong> weiß, dass es viele junge Menschen gibt (vielleicht gehörst Du ja auch selbst dazu..?), die<br />

diese Not sehen und mit dazu beitragen wollen, auf eine positive Weise nach Lösungen zu<br />

suchen. Gerade die Nöte einer Gesellschaft waren über die Jahrhun<strong>der</strong>te hin immer auch ein<br />

Zündfunke für klösterliche Gemeinschaften, sich genau diesen Problemen auf an<strong>der</strong>e Art und<br />

weise zu widmen und Abhilfe zu schaffen. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> sicher, dass dies auch für die Not <strong>der</strong> heutigen<br />

Respektlosigkeit Gültigkeit hat.<br />

18


An <strong>der</strong> Aufgabe reizt mich, dass ich noch überhaupt keine Ahnung habe wie ihre Verwirklichung<br />

aussehen könnte und ich sie von daher mit unverschämtem Gottvertrauen angehen<br />

muss. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> sehr gespannt, ob die Ahnung, dass da in Damme etwas Neues geschehen will<br />

sich als Vision o<strong>der</strong> als Illusion entpuppt. <strong>Ich</strong> möchte wissen, ob ich mit meinem Gottvertrauen<br />

ein unverbesserlicher Naivling <strong>bin</strong> o<strong>der</strong> Realist in Anlehnung an ein Wort Che Guevarras:<br />

„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!“<br />

Natürlich würde ich mich riesig freuen, wenn sich die Ahnung als wirkliche Vision entpuppt –<br />

und <strong>dann</strong> wünsche ich mir, dass sich ganz viele junge Männer dafür begeistern und aus dem<br />

Kloster in Damme ein Ort inspirieren<strong>der</strong> Hoffnung wird.<br />

<strong>Ich</strong> werde dabei ganz sicher die Menschen vermissen, die mir in <strong>Münsterschwarzach</strong> durch<br />

die tägliche Arbeit und Begleitung ans Herz gewachsen sind – allen voran die Schülerinnen<br />

und Schüler unseres Gymnasiums mit Ihrer Lebendigkeit, ihrem Lachen und Weinen, ihrem<br />

Hoffen und Bangen, ihrem Toben und ihrer Aufmerksamkeit. Meine Kolleginnen und Kollegen<br />

werde ich vermissen, die Solidarität, das Engagement, das gemeinsame Auf dem Weg sein.<br />

Und auch die Schülereltern werden mir abgehen, das tiefe Vertrauen, das mir geschenkt wurde<br />

in so manchen schweren Stunden. Die Zeit am Egbert-Gymnasium war für mich LEBEN<br />

PUR und ich <strong>bin</strong> voll von Dankbarkeit für diese wun<strong>der</strong>vollen Jahre als Erzieher, Lehrer und<br />

Schulseelsorger.<br />

Dazu gehören auch die vielen jungen Sinnsucherinnen und Sinnsucher, die mir in den 19 Jahren<br />

<strong>der</strong> Jugendarbeit in den Kursen begegnet sind. Gerade sie haben mich aus <strong>der</strong> inneren<br />

Reserve gelockt und gerade ihnen habe ich es auch zu verdanken, dass ich auf meine Zeit und<br />

Tätigkeit in <strong>Münsterschwarzach</strong> – im September dieses Jahres werden es 25 Jahre – Tag für<br />

Tag neu immer wie<strong>der</strong> ungläubig aber dankbar staunend auf ein wirklich randvolles und erfülltes<br />

Leben schauen darf. Mit zu den wichtigsten Erfahrungen gehört wohl die tiefe Überzeugung,<br />

dass sich für den Schutz und die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lebendigkeit, eigener wie frem<strong>der</strong>,<br />

je<strong>der</strong> Einsatz lohnt, je<strong>der</strong> zu überwindende Zweifel, sogar jede Ratlosigkeit und je<strong>der</strong><br />

Schmerz.<br />

Was natürlich ebenso zu meinem persönlichen Weg dazugehört ist die Übung des Aikido, gerade<br />

auch zu meinem geistlichen Weg als Mönch. Wenn es nach mir geht, würde ich das gerne<br />

noch intensivieren. Der Aufbau einer eigenen Aikido-Gruppe im Dammer Kloster ist bereits<br />

vorbesprochen und wird sicher nicht lange auf sich warten lassen.<br />

Was ich auf meinem Weg auch noch mitnehme ist die Erinnerung, dass das Frankenland eine<br />

wun<strong>der</strong>schöne Heimat ist mit Menschen, die man einfach gerne haben muss. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> dankbar<br />

für die wun<strong>der</strong>schönen Jahre, die ich hier leben durfte, für meine Eltern, meine Geschwister,<br />

meine Verwandten und Freunde und Brü<strong>der</strong>. Ohne sie und ohne viele von Euch wäre ich nicht<br />

zu dem geworden, <strong>der</strong> ich heute <strong>bin</strong>: Ein rundum dankbarer Mensch, <strong>der</strong> sich auf die Zukunft<br />

freut – egal was sie bringt.<br />

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen, dass auch Ihr das volle Leben spüren dürft – zumindest<br />

immer wie<strong>der</strong>. Macht Euch auf den Weg dort hin – es lohnt sich wirklich. Auf diesem<br />

Pilger-Weg werden wir sicher auch in Zukunft immer wie<strong>der</strong> von einan<strong>der</strong> hören.<br />

In diesem Sinne <strong>bin</strong> ich <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> -- aber nicht aus <strong>der</strong> Welt.<br />

19<br />

Euer P. Jonathan


Für Stephanie<br />

Gedanken zu :<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong><br />

Von mir ?<br />

Von Dir ?<br />

Von Gott ?<br />

Wenn ich rückblickend schaue, <strong>bin</strong> ich oft <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> gewesen.<br />

Als kleines Kind, absichtslos und neugierig<br />

In <strong>der</strong> Pubertät aus Protest<br />

Und <strong>dann</strong> als Jugendlicher <strong>bin</strong> ich Jahre meiner Sucht gefolgt.<br />

Im nachhinein war es ein Weglaufen von mir Selbst .<br />

Jahrelang habe ich keinen Boden unter meine Füße bekommen.<br />

( Irgendwie komisch <strong>der</strong> Ausdruck : keinen Boden unter den Füßen zu haben.<br />

Dann kann man ja gar nicht laufen, irgendwohin kommen und erst Recht nicht<br />

Irgendwo ankommen )<br />

<strong>Ich</strong> war nicht bei mir; ich war nicht bei meinen Eltern, nicht bei meiner Freundin;<br />

Und hatte von mir aus auch keinerlei Beziehung zu Gott.<br />

<strong>Ich</strong> glaube heute aber, Gott hat die Beziehung zu mir nicht abgebrochen.<br />

Lange Jahre nach Beendigung des Auslebens meiner Spielsucht konnte ich die Beziehung zu<br />

Gott wie<strong>der</strong> aufnehmen. ( u.a in <strong>der</strong> dunklen Kirche von <strong>Münsterschwarzach</strong> )<br />

Nach Therapie und massiven Än<strong>der</strong>ung meiner Lebensumstände habe ich wie<strong>der</strong> Beziehung<br />

zu mir aufnehmen können, Beziehung zu einer Frau, Kin<strong>der</strong>n und zum Leben.<br />

Auch zur Institution Kirche, aber mehr zu den Menschen <strong>der</strong> Kirche.<br />

<strong>Münsterschwarzach</strong> als Beginn einer langen Abstinenz von Kirche . <strong>Münsterschwarzach</strong> und<br />

Damme mit seinen Brü<strong>der</strong>n ist immer ein Ort des Angekommenseins und ein Stück Zuhause.<br />

Heute fahre ich leidenschaftlich Motorrad und laufe.<br />

Letztes Jahr hatte ich meinen Laufhöhepunkt und habe mich von meiner Frau mit den Worten:<br />

„ <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> Mal <strong>weg</strong> „ verabschiedet.<br />

Nach 42.195 Metern durch Berlin hatte ich einen fast nicht gekannten Frieden erreicht;<br />

körperlich war ich an meine Grenzen gekommen;<br />

Aber ich war nicht <strong>weg</strong>!<br />

<strong>Ich</strong> war ganz bei mir !<br />

<strong>Ich</strong> war ganz eins mit mir und ich fühlte mich ganz eins mit Gott !<br />

10 Minuten nach Zieleinlauf rief mein Bru<strong>der</strong> an ( die Frage hatte ich ihm nicht zugetraut )<br />

und fragte mich ob ich <strong>der</strong> glücklichste Mensch zur Zeit sei und ich habe ohne zu überlegen<br />

mit JA geantwortet.<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> heißt heute oft :<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> bei mir !<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> bei Dir !<br />

<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> bei Gott !<br />

Georg aus Flensburg<br />

20


Meine Zeit in Indien<br />

„Einfach wird <strong>der</strong> Weg nicht immer sein, auch das wirst du schnell feststellen, aber du wirst er-<br />

fahren, in Gottes Fußspuren lohnt sich das Leben.“... stand auf <strong>der</strong> Postkarte, die ich von einer<br />

guten Freundin zum Abschied bekam, als ich nach Indien flog.<br />

Wäre ich nicht losgeflogen...wäre ich vielleicht nie in meinem Leben frei lebenden Papageien,<br />

Wildschweinen, Streifenhörnchen und Affen begegnet, von den heiligen Kühen, die ich den gan-<br />

zen Tag beobachtete, <strong>mal</strong> ganz abgesehen.... vieles gäbe es zu berichten von <strong>der</strong> Indian culture:<br />

Stromausfälle, kein Licht, keine Ventilatoren, für ein paar Stunden kein Wasser aus den Leitun-<br />

gen; Blitze und Donner wie Weltuntergangsstimmung zum Ende <strong>der</strong> Regenzeit; leckeres, aber<br />

scharfes Essen, alles in allem: I enjoy my life.<br />

Die Straßenkin<strong>der</strong>, die ich täglich im Projekt besuchte, gehen nicht zur Schule, sie verdienen sich<br />

Geld am Bahnhof, putzen Schuhe, verkaufen Wasser o<strong>der</strong> fegen Zugabteile, ihr Zuhause ist die<br />

Straße. Die Namen ihrer Eltern und Geschwister erinnern sie kaum, sie wissen, wann die großen<br />

Züge nach Delhi und Bombay fahren, <strong>dann</strong> müssen sie am Bahnhof sein...<br />

Gelebt habe ich das Jahr über im Kloster. Essen, Arbeit und Gebet strukturierten meine Tage.<br />

„Glaubst du, dass Gott dich liebt?“, fragte mich einer <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong>, mit denen ich im Kloster lebte.<br />

Oft war ich überrascht über die Fragen, Gedanken und Gespräche, die sich im Kloster mit den<br />

Brü<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Schwestern ergaben. Aber ich habe es genossen, ganz ehrlich und offen über Glau-<br />

bensfragen und –zweifel zu sprechen, miteinan<strong>der</strong> und füreinan<strong>der</strong> zu beten, Angst und Freude<br />

gemeinsam vor Gott zu bringen, im Glauben zu wachsen und Vertrauen zu üben.<br />

Immer <strong>mal</strong> wie<strong>der</strong> konfrontiert mit <strong>der</strong> Frage, woher ich den Mut und die Zuversicht nahm, für<br />

ein Jahr nach Indien zu fliegen, kann ich nur mit meinem Tagebuch, geschrieben in Indien, ant-<br />

worten: „dass Zweifel, ganz ganz viele mich begleiten, aber heute kann ich sagen und glauben,<br />

dass diesen Schritt zu wagen, alles hinter mir zu lassen, aufzubrechen, Abschied zu nehmen und<br />

loszugehen nur möglich ist und war im Vertrauen auf Gott, dass Gott mich begleite, wohin ich<br />

auch gehe und dass seine Zusage den Menschen da<strong>mal</strong>s auch mir heute gilt: Fürchte dich nicht!“<br />

The way we go, depends not on Got, but on how we respond to his call!<br />

Wiebke<br />

21


Weg sein – mit Perspektive<br />

„<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>“ ist kein Spruch den Hape Kerkeling erfunden hat. So viel<br />

ist sicher. Natürlich lässt er sich jetzt automatisch mit dem Jakobs<strong>weg</strong> in Ver<strong>bin</strong>-<br />

dung bringen, muss aber nicht sein.<br />

<strong>Ich</strong> habe mich gefragt, was ich da eigentlich sage, wenn ich diesen Spruch ver-<br />

wende. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>weg</strong>, <strong>bin</strong> also nicht mehr hier, son<strong>der</strong>n irgendwo an<strong>der</strong>s, o.k. Da-<br />

zu fällt mir gleich noch ein, dass es nicht körperlich gemeint sein muss, das „<strong>weg</strong><br />

sein“. Oft versucht man ja geistig zu entspannen, indem man z.B. inmitten <strong>der</strong><br />

Menge ein Buch liest. Das hab’ ich schon oft in <strong>der</strong> U-Bahn gesehen und muss<br />

aber gestehen, dass ich das überhaupt nicht kann. <strong>Ich</strong> brauche dazu echte Ruhe<br />

und die habe ich in <strong>der</strong> U-Bahn nicht wirklich...<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit ist ja inzwischen weit verbreitet, sich mittels mp3-Player<br />

aus dem jetzt und hier akustisch <strong>weg</strong> zu „beamen“. Das bedeutet <strong>dann</strong> eben,<br />

dass ich körperlich da bleibe, aber mein Kopf (und vielleicht auch mein Herz) ist<br />

<strong>mal</strong> eben <strong>weg</strong> (-getreten?). Nun gut – geistig <strong>weg</strong>treten ist sicherlich eine Mög-<br />

lichkeit. Wir machen das heutzutage ziemlich oft, allein dadurch, dass wir uns die<br />

niveaulosesten Shows im Fernsehen reinziehen. Wie, ich <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> und<br />

merke es gar nicht? Ja, soll es wohl geben.<br />

Spannen<strong>der</strong> finde ich aber, wann und warum vor allem wir real <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> sind –<br />

<strong>weg</strong> sein wollen. Ein Auslöser für dieses Thema gerade zur Ferienzeit ist wirklich<br />

ganz simpel. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, weil ich Erholung brauche und glaube, dass<br />

ich die woan<strong>der</strong>s besser finde als hier, wo ich tagaus tagein am Schaffen <strong>bin</strong>.<br />

Dass da je<strong>der</strong> Mensch an<strong>der</strong>s gestrickt ist und entsprechend die unterschiedlichs-<br />

ten Ansichten existieren, was wohl erholsam ist, darüber müssen wir nicht reden.<br />

Obwohl es vielleicht ein sinnvoller Anfang ist, in das Wegsein einzusteigen.<br />

Was tut mir gut? Was brauche ich jetzt? Warum brauche ich jetzt genau das?<br />

Ganz oft mache ich mir darüber nicht bewusst Gedanken, aber im Nachhinein<br />

stelle ich am ausgewählten Erholungsort fest, dass es passt (gilt auch für die Ur-<br />

laubsart...).<br />

<strong>Ich</strong> glaube, dass es ganz wichtig ist <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> zu sein, <strong>mal</strong> auszusteigen – um<br />

Kraft zu tanken, Ruhe zu finden, sich neu zu orientieren. Und irgendwie ist auch<br />

immer ein WEG mit dabei. Wenn ich in den Urlaub fahre/fliege/laufe, <strong>dann</strong> ma-<br />

che ich mich auf den Weg dahin. Wenn ich <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> <strong>bin</strong>, um mich neu zu orien-<br />

tieren, <strong>dann</strong> kann <strong>der</strong> Weg auch noch ein ganzes Stück länger sein und an<strong>der</strong>s.<br />

Vielleicht ist <strong>dann</strong> Verän<strong>der</strong>ung angesagt, ein Lebensortswechsel, ein Wirkens-<br />

ortswechsel – da <strong>bin</strong> ich <strong>dann</strong> eben auch <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>, aber halt an<strong>der</strong>s.<br />

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Mal <strong>weg</strong> sein bedeutet immer auch, dass ich mich auf den Weg mache – an einen<br />

an<strong>der</strong>en Ort, zu mir selbst, zu Gott. Das kann ein echter Weg sein, wie <strong>der</strong> Ja-<br />

kobs<strong>weg</strong>, das kann auch ein geistlicher Weg sein, wie ihn jemand einschlägt, <strong>der</strong><br />

ins Kloster eintritt beispielsweise. Dieser Mensch ist <strong>dann</strong> für sein gewohntes Le-<br />

bensumfeld auch erst <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>.<br />

Ein Punkt am Wegsein ist für mich beson<strong>der</strong>s bedeutsam:<br />

„<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>dann</strong> <strong>mal</strong> <strong>weg</strong>“ muss für mich eine Perspektive sein, mit <strong>der</strong> Chance auf<br />

positive Erlebnisse. Weg sein als Hilfe zur reinen Verdrängung von irgendwelchen<br />

Problemen ist nur scheinbar positiv. Irgendwann stehen die Probleme nämlich<br />

wie<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Tür...<br />

Für mich steht im August an, <strong>mal</strong> <strong>weg</strong> zu sein, auf einem Weg zu sein, nämlich<br />

den in den Urlaub mit <strong>der</strong> Perspektive, mit vielen Eindrücken, gut erholt und vol-<br />

ler Elan für die Arbeit und mein sonstiges Leben wie<strong>der</strong>zukehren und <strong>dann</strong> wie-<br />

<strong>der</strong> ganz da zu sein.<br />

Und das wünsche ich uns allen!<br />

In diesem Sinne,<br />

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Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon<br />

Wie in jedem Jahr, so gab es auch dieses Mal das Pfingstkapitel <strong>der</strong> Ordensleute für<br />

den Frieden (IOF). Da sich <strong>der</strong> Katholikentag für unsere Aktionen anbot, reisten wir<br />

nach Osnabrück.<br />

Seit Monaten beschäftigten wir uns mit dem Thema für dieses Jahr.<br />

So stand <strong>der</strong> erste Tag unserer Aktion, es war an Fronleichnam, unter dem Thema:<br />

„Ja zum Brot, nein zum Götzen Kapital.“ Es ist unverkennbar, dass das Kapital heute<br />

an erster Stelle steht.<br />

So entstand die Idee zu einer etwas an<strong>der</strong>en Fronleichnamsprozession. Aus eigenen<br />

Reihen entstand eine selbst gefertigte Monstranz, die strahlenförmig das Euro-<br />

Zeichen darstellte und ein Euro-Geldstück enthielt. Die vier TrägerInnen des Balda-<br />

chins hatten jeweils ein Schild umgehängt mit Kirche, Militär, Politik und Wirtschaft.<br />

Diese Schil<strong>der</strong> symbolisieren die heutigen Spitzen <strong>der</strong> Gesellschaft. So zogen wir<br />

von <strong>der</strong> Deutschen Bank durch die Kirchenmeile. Zwei noch mitgebrachte Transpa-<br />

rente durften allerdings auf <strong>der</strong> Kirchenmeile nicht entrollt werden. Den Abschluss<br />

dieser ca. 2 stündigen Prozession bildete eine Agapefeier mit Ausgegrenzten.<br />

Am nächsten Tag gab es eine Mahnwache vor <strong>der</strong> Deutschen Bank. Die Großban-<br />

ken pflegen oft nach außen hin ein Image, das nicht verraten soll, wie viel Unrecht, ja<br />

Blut, sprich Tod an dem Geld klebt. In einem günstigen Moment lagen <strong>dann</strong> plötzlich<br />

drei „Leichen“ in <strong>der</strong> Schalterhalle. Sie hatten sich mit Blut überschüttet, welches<br />

auch auf den Boden lief. Das sollte deutlich machen, das <strong>der</strong> Kapitalismus buchstäb-<br />

lich über Leichen geht. Schnellstens wurde die Polizei gerufen und die drei Personen<br />

schleunigst und auch rabiat aufgeräumt. Bis jetzt hat die Deutsche Bank aber von<br />

einer Anzeige <strong>weg</strong>en Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung abgesehen, wahr-<br />

scheinlich um keinen Imageschaden davonzutragen.<br />

Am Samstag ließen wir uns vor dem Dom nie<strong>der</strong>. Auf einem großen Transparent von<br />

5 x 13 Metern war zu lesen: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ Auf<br />

dem Transparent sitzend hielten wir eine Gebetswache. Dass bei <strong>der</strong> Aktion vor dem<br />

Dom auch die Polizei präsent war, lässt stark vermuten, dass wir doch ein Stachel im<br />

Fleisch sind und es durch unsere Aktionen auch sein wollen.<br />

Marianne Lang<strong>weg</strong><br />

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ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICH-<br />

TEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACH-<br />

RICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + ABTEINA CHRICHTEN+ ABTEINACHRICHTEN + ABTEI-<br />

NACHRICHTEN + ABTEINACH RICHTEN+ ABTEINACHRICHTEN + ABTEINACHRICHTEN + AB<br />

Noviziatsaufnahme von Florian Oberle und Frank Möhler<br />

Am Freitag vor Pfingsten versammelten sich die Mönche von <strong>Münsterschwarzach</strong> in<br />

<strong>der</strong> Krypta <strong>der</strong> <strong>Abtei</strong>kirche zu einem beson<strong>der</strong>en Ereignis. Am Reliquiengrab <strong>der</strong> Hei-<br />

ligen Felizitas wurden dem<br />

Kloster <strong>der</strong> Heiligen Felizitas<br />

zwei neue Söhne zugeführt.<br />

Abt Michael nahm die Postu-<br />

lanten Florian Oberle und<br />

Frank Möhler in das Noviziat<br />

auf. Im Blick auf die<br />

Noviziatsaufnahme erläuterte<br />

Abt Michael den Heilig-Geist-<br />

Hymnus, den die Mönche<br />

zwischen Himmelfahrt und<br />

Pfingsten täglich singen. Der<br />

Geist führte die beiden auf<br />

ihrem Weg ins Kloster und gibt auch die Kraft und den (langen) Atem, den man auf<br />

seinem Weg durchs Leben braucht. Am Ende seiner Ansprache verkündete <strong>der</strong> Abt<br />

dem Konvent, dass Florian Oberle in Zukunft Br. Simeon und Frank Möhler Pater<br />

Frank heißen werden. Beide bekamen die Ordensregel des Heiligen Benedikt und<br />

das Skapulier, einen Überwurf zum Ordensgewand mit Kapuze. Bru<strong>der</strong> Simeon aus<br />

Stockstadt bei Aschaffenburg ist studierter Wirtschaftspädagoge. Pater Frank ist ge-<br />

boren in Bad Mergentheim und aufgewachsen in Schöntal/Marlach. Nach dem Theo-<br />

logiestudium und <strong>der</strong> Priesterweihe war er Kaplan/Vikar in Ulm und Ludwigsburg. Vor<br />

seinem Eintritt war er Pfarrer in Heilbronn.<br />

Mögen Sie sich also mit Glauben und Treue im Guten gürten und unter <strong>der</strong> Führung<br />

des Evangeliums Seine Wege gehen, damit sie Ihn schauen dürfen. (Prolog <strong>der</strong> Benediktusregel)<br />

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290 Priesterjahre gefeiert<br />

Die <strong>Abtei</strong> feiert ihre Jubilare - 50 Jahre Priester Abt Odo Haas, Abt Siegfried Hertlein,<br />

Pater Gottfried Rhein, Pater Placidus Berger, Pater Guntram Keuling, 40 Jahre Pries-<br />

ter Pater Franziskus Büll<br />

In <strong>der</strong> Benediktiner-<strong>Abtei</strong> <strong>Münsterschwarzach</strong> konnten am Sonntag fünf Patres auf<br />

50 Jahre Priestertum und Pater Franziskus Büll auf 40 Priesterjahre zurückblicken.<br />

Diese Jubiläen wurden mit einem festlichen Gottesdienst in <strong>der</strong> <strong>Abtei</strong>kirche gefeiert.<br />

Abt Michael hielt das Pontifikalamt. Er begrüßte die zahlreich erschienenen Verwand-<br />

ten, Landsleute und Freunde <strong>der</strong> Jubilare. Er dankte seinen Mitbrü<strong>der</strong>n für ihre jahr-<br />

zehntelange Treue zum Orden des Hl. Benedikt, <strong>der</strong> Missonsbenediktiner von St.<br />

Ottilien, zur <strong>Abtei</strong> <strong>Münsterschwarzach</strong> und für den Einsatz in den Missionen. Alle<br />

sechs Jubilare wurden vor 40 und 50 Jahren in <strong>der</strong> <strong>Abtei</strong>kirche <strong>Münsterschwarzach</strong><br />

vom da<strong>mal</strong>igen Würzburger Bischof Josef Stangl zum Priester geweiht.<br />

die Priesterjubilare (von links nach rechts) Pater Gottfried Rhein, Pater Guntram Keuling, Abt Odo<br />

Haas, Abt Michael, Abt Siegfried Hertlein, Pater Plazidus Berger, Pater Franziskus Büll.<br />

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