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Download - Fachtag Impulsreferat D' Amelio - Dr. Loew

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Grundlagen der Psychoedukation für<br />

Menschen mit Doppeldiagnosen<br />

3. <strong>Fachtag</strong>ung <strong>Dr</strong>. Löw:<br />

- Doppeldiagnose „Psychose und Sucht“: Eine Herausforderung für die Helfersystem -<br />

Donnerstag, den 10.03.2011/ Markt Lichtenau<br />

Dipl. Psych. R. D’<strong>Amelio</strong><br />

Neurozentrum, Geb. 90.3<br />

Universitätsklinikum des Saarlandes<br />

D – 66421 Homburg/Saar


Schloss Saarbrücken<br />

Saarschleife<br />

Campus Homburg<br />

Universitätsklinikum<br />

Neurozentrum<br />

Weltkulturerbe<br />

Völklinger Hütte


“Basics” zur DD<br />

Sucht & Psychose


WHO-Definition Doppeldiagnose<br />

gleichzeitiges Auftreten von 2 Störungen:<br />

Suchtmittel-Missbrauch oder Abhängigkeit<br />

UND<br />

eine andere psychiatrische Störung<br />

Depressions- und<br />

Angst-Störungen<br />

20 – 60%<br />

Psychotische<br />

Störungen<br />

15 – 20%<br />

Persönlichkeitsstörungen<br />

50 – 90%


DD- Diagnostik<br />

• Das Vorliegen der psychischen<br />

Störung muss substanzunabhängig<br />

sein.<br />

• Dafür müssen die psychotischen<br />

Symptome nach Absetzen der<br />

Substanz persistieren.


Prävalenz & Risiko ein<br />

Suchtmittelkonsum zu entwickeln<br />

• Die Lebenszeit-Komorbidität schizophrener<br />

Patienten für <strong>Dr</strong>ogenmissbrauch beträgt 47%<br />

[Regier et al. 1992, Krausz et al. 1998]<br />

• Bei Patienten aus psychiatrischen Kliniken und<br />

komplementären Einrichtungen liegen die<br />

Prävalenzraten mit 40 bis zu 70% noch höher<br />

[Hubbard & Martin 2001]<br />

• Patienten mit schizophrener Psychose haben<br />

ein 8x höheres Risiko zur Entwicklung eines<br />

<strong>Dr</strong>ogenabusus als Gesunde [Boyd et al. 1986, Krausz & Haasen<br />

1999]


Konsumverhalten dieser Patienten in<br />

Deutschland:<br />

• [95% Nikotin]<br />

• 52,2% Alkohol (F 10.01; F10.02)<br />

• 25% Cannabis (F 12)<br />

• 4,1% Opiaten (F 11)<br />

• 0,5 % Kokain (F 16)<br />

• 55% aller Patienten betreiben eine Politoxikomanie<br />

Betroffene mit Schizophrenie<br />

weisen , gegenüber der<br />

Allgemeinbevölkerung, ein<br />

4,6x höheres Risiko für die<br />

Entwicklung einer<br />

Substanzabhängigkeit auf<br />

[Lambert M, Haasen C, Mass R, Krausz M (1997) Consumption patterns and motivation for use of addictive drugs in schizophrenic<br />

patients. Psychiatrische Praxis, 24 (4): 185-189, Kollektiv von N= 222 Patienten]


Missbrauch:<br />

Kriterien Missbrauch &<br />

Abhängigkeit nach DSM IV<br />

Wiederholter, unangepasster<br />

Substanzkonsum (12 Monate)<br />

und klinisch bedeutsame(s)<br />

Leiden/ Beeinträchtigung<br />

Versagen bei Rollenaufgaben<br />

körperliche Gefährdung<br />

Gesetzliche Probleme<br />

Fortsetzung des<br />

Gebrauchsmusters trotz<br />

substanzbezogener sozialer und<br />

zwischenmenschlicher Probleme<br />

Abhängigkeit:<br />

Unangepasster<br />

Substanzkonsum und<br />

klinisch bedeutsame(s)<br />

Leiden/ Beeinträchtigung<br />

Toleranzentwicklung<br />

Entzugssymptome<br />

Kontrollverlust<br />

erfolglose Versuche<br />

zu verringern<br />

Hoher Zeitaufwand<br />

Versagen bei<br />

Rollenaufgaben<br />

Fortgesetzter<br />

Gebrauch trotz<br />

körperlicher/psychis<br />

cher Probleme


Patienten mit DD Psychose und Sucht<br />

sind<br />

• Überwiegend männlich, jünger als der<br />

Altersdurchschnitt der restlich<br />

schizophren Erkrankten und eine geringere<br />

Schulbildung bzw. Ausbildungsstand<br />

[Moeser KT, Yarnold PR, Levinson DF et al. (1990) Prevalence of substance abuse in schizophrenia:<br />

demographic and clinical correlates. Schizophrenia Bulletin, 16: 31-56]


Verlaufscharakteristika von Patienten mit<br />

Doppeldiagnose<br />

• Hohe Rückfallfrequenz, häufige notfallmäßige Arztkontakte und stationäre<br />

Aufnahmen<br />

• Schlechte Compliance, mehr Schwankungen in der Medikation und intermittierend<br />

hohe Neuroleptikadosen<br />

• Mehr extrapyramidale Nebenwirkungen<br />

• häufiger tardive Dyskinesien<br />

• Durchschnittlich mehr alltagspraktische Schwierigkeiten, stärkere familiäre und<br />

finazielle Probleme, schlechtere Wohnverhältnisse, Obdachlosigkeit<br />

• Häufiger aggressiv/ gewalttätiges Verhalten, Konflikte mit dem Gesetz,<br />

Inhaftierungen<br />

• Häufiger Suizidversuche/ Suizide<br />

[Gouzolis-Mayfrank 2006]


Auswirkungen des <strong>Dr</strong>ogenabusus<br />

auf den Krankheitsverlauf<br />

Medikamenten-Compliance<br />

• <strong>Dr</strong>ogenabusus führt zu einem schnelleren Rezidiv<br />

(Ø 10 Monaten vs. Ø 37 Monaten bei<br />

Medikamenten-Compliance)<br />

Medikamenten-Noncompliance:<br />

• Bei fortgesetztem <strong>Dr</strong>ogenabusus und<br />

Medikamenten-Noncompliance findet ein Rezidiv<br />

nach Ø 5 Monaten statt (Medikamenten-<br />

Noncompliance ohne <strong>Dr</strong>ogenabusus Ø 10 Monate)


Vulnerabilitäts-Hypothese<br />

• Der Substanzmissbrauch ist ein<br />

Risikofaktor für den (frühen) Ausbruch von<br />

Schizophrenie ohne ein direkter Auslöser<br />

für diese zu sein [Sevy et al. 2001]<br />

• Ein enger zeitlicher Zusammenhang<br />

zwischen der Manifestation von<br />

psychotischen Zeichen und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

besteht beim Konsum von Amphetaminen,<br />

Kokain, Halluzinogene und Cannabis [Holtmann et al.<br />

2002]


Cannabis: Risikofaktor für die Entwicklung<br />

einer Schizophrenie?<br />

• Andreasson-Studie<br />

– 2.4-faches Risiko für gelegentliche THC-<br />

Konsumenten<br />

– 6.0-faches Risiko für regelmässige THC-<br />

Konsumenten<br />

– THC-Konsum als „live-event-stressor“ für<br />

Individuen, die Vulnerabilität für Schizophrenie<br />

zeigen<br />

[Zammit et al., 2002]


Modelle für die Komorbidität Psychose und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

1. Modelle gemeinsamer Faktoren<br />

1.1 Genetische Faktoren<br />

1.2 Antisoziale Persönlichkeit (APS)<br />

2. Modelle sekundärer Substanzstörung<br />

2.1 Psychosoziale Risikofaktoren<br />

2.1.1 Selbstmedikationsmodell<br />

2.1.2 Dysphorieverringerung<br />

2.1.3 Social <strong>Dr</strong>ift Hypothese<br />

2.1.4 Multiple Risikofaktoren<br />

2.2 Supersensitivität<br />

2.3 Iatrogene Vulnerabilität<br />

3. Sekundäre psychiatrische Erkrankung<br />

4. Bidirektionale Modelle


Konsum-Motive<br />

DD Patienten nehmen <strong>Dr</strong>ogen ein... [Goff & Evins 1998]<br />

• um durch Krankheit oder durch<br />

Medikamente bedingte Symptome zu<br />

lindern<br />

• um dysphorische Lebensumstände/<br />

psychosoziale Stressoren zu mildern<br />

• um schöne Momente zu „intensivieren“ oder<br />

zu „verschönern“<br />

• Aus Gewohnheit


Kurzfristig:<br />

häufig<br />

angenehm<br />

Auslöser (z.B.):<br />

Mir ist langweilig<br />

Ich kann nicht schlafen<br />

Ich höre “Stimmen”<br />

Ich hab Angst<br />

<strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

Auswirkungen<br />

langfristig:<br />

immer<br />

schädlich


Fazit<br />

• Psychose als Hochrisikosituation für<br />

Suchtmittelkonsum<br />

• der <strong>Dr</strong>ogenkonsum hat einen negativen Einfluss auf<br />

den Verlauf der schizophrenen Psychose<br />

• Suchtmittelgebrauch als subjektiver<br />

Bewältigungsversuch<br />

• Alternative Bewältigungsmöglichkeiten finden<br />

• Therapieziel: Schadensbegrenzung, Stabilisierung,<br />

befriedigende Lebensqualität und Abstinenz [nach<br />

Bachmann et al. 1997]


DD Patienten…


Der „typische“ DD-<br />

• IST…<br />

Patient…<br />

• VERHÄLT sich …<br />

• UNTERSCHEIDET sich von<br />

anderen …


“besonders<br />

schwierig”<br />

„bad“ not „mad“<br />

“System-<br />

Sprenger”<br />

„double trouble“<br />

“Behandlungs-<br />

Verweigerer”


Arbeitshypothese<br />

Doppeldiagnose =<br />

die Patienten & deren Angehörige<br />

haben es doppelt schwer,<br />

denn Sie müssen mit der Psychose &<br />

mit der Sucht klar kommen


Stadien der Veränderung<br />

&<br />

Motivational Interviewing


Alles nur ein<br />

Motivationsproblem?<br />

• „Das Problem vieler <strong>Dr</strong>ogen-Konsumenten<br />

scheint es zu sein, dass sie zwar heute<br />

<strong>Dr</strong>ogen konsumieren wollen, nicht aber in<br />

Zukunft. Ist die Zukunft erst Gegenwart<br />

geworden, wollen sie erneut heute <strong>Dr</strong>ogen<br />

konsumieren und in Zukunft nicht.“<br />

(abgewandelt nach B. U. Wigger)


„bad“ oder „mad“<br />

Dilemma<br />

Will er nicht<br />

oder kann er<br />

nicht damit<br />

aufhören?


„Motivations-Schwankungen“<br />

Kennen wir DAS nicht alle?


Ambivalenz ist „normal“<br />

„Soll ich es lieber<br />

machen oder lass ich es<br />

lieber sein?<br />

♫Die Antwort heißt...<br />

JEIN


Motivational Interviewing“<br />

(MI) nach MILLER & ROLLNICK<br />

Zentrale Annahmen:<br />

• Suchtabhängige Menschen sind nicht<br />

änderungsresistent sondern ambivalent<br />

• Ambivalenzen können zur Förderung<br />

von Veränderungsmotivation genutzt<br />

werden<br />

(„Zwei Seelen, ach, sind in meiner<br />

Brust“, Goethe)


„Gute Rat-Schläge“<br />

oder auch:<br />

wie motiviert müssen Betroffenen sein, dass wir Ihnen helfen können?


Die Veränderungsstadien<br />

- Das „transtheoretische Modell“ -


Stadienmodell der Veränderung<br />

nach<br />

Prochaska & DiClemente (1996)


Konsequenz aus dem MI-Modell für<br />

die Behandlung von DD-Patienten<br />

Das Therapie-Procedere sollte auf den<br />

individuellen Patienten abgestimmt<br />

und<br />

die Behandlung dem jeweiligen<br />

Motivationsstadium angepasst sein


Stadium<br />

PRECONTEMPLATION<br />

„Change talk“<br />

CONTEMPLATION<br />

„Change talk“<br />

„Confidence talk“<br />

Zweifel wecken<br />

Motivationsaufgabe<br />

des Therapeuten<br />

Erhöhung der Wahrnehmung von Risiken und Gefahren des<br />

aktuellen Problemverhaltens<br />

Gründe für Veränderung erfragen, Risiken bei Beibehalten<br />

des Problemsverhaltens entwickeln lassen<br />

Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung für Veränderung<br />

des aktuellen Verhaltens<br />

PREPARATION Unterstützung bei dem Herausfinden der besten<br />

Handlungsstrategie<br />

ACTION Unterstützung des Klienten bei wichtigen<br />

Veränderungsschritten<br />

MAINTENANCE Unterstützung beim Finden und Implementieren von<br />

Strategien, um einen Rückfall zu verhindern


Coaching + Cheer-Leading<br />

Fokussiere auf die Gegenwart und nahe Zukunft des<br />

Klienten<br />

Fokussiere auf die (psycho-sozialen) Ressourcen des<br />

Klienten<br />

Sei Handlungs-zentriert, Ziel- und Lösungs-orientiert<br />

Baue Demoralisierung & Resignation ab<br />

Entwickele Perspektiven


Integrative<br />

Behandlung


Therapie bei Doppeldiagnose<br />

Erste Störung<br />

Zweite Störung<br />

UND<br />

Wechselwirkung/ Zusammenhänge zwischen<br />

Störung 1 und Störung 2


• Direktiv<br />

• Konfrontativ<br />

Therapie-Prinzipien<br />

Sucht:<br />

• Abstinenz Orientierung<br />

• Straffer Tagesablauf<br />

• Gruppenzentriert<br />

• Klinikzentriert<br />

DD:<br />

Nicht konfrontativ<br />

[Expressed Emotions!]<br />

• Ausgerichtet auf<br />

Schadensbegrenzung<br />

• Abstinenz als langfristiges<br />

Ziel<br />

• Flexibles Konzept<br />

• Niederschwelliges Angebot<br />

• Mit Fokus auf ambulante<br />

Versorgung


„Expressed emotions“<br />

Für den Verlauf der Erkrankung ungünstige<br />

Kommunikationsmuster<br />

Dysfunktionale Kommunikationsmuster +<br />

Interaktionsstile haben einen Einfluss auf den<br />

Verlauf der Erkrankung.<br />

• Bspw. Wenn sich Bezugspersonen abwertend,<br />

überbesorgt, einengend oder zu aufopfernd<br />

verhalten►wirkt als Stressor<br />

günstig: Kommunikation die einerseits<br />

akzeptierend und rücksichtsvoll, aber auch Raum<br />

gibt für persönliches Wachstum (Validierung –<br />

Fördernd + fordernd)


Merkmale einer<br />

Integrativen Behandlung<br />

von Patienten mit Doppeldiagnose Psychose und Sucht<br />

• Ein Team behandelt beide Erkrankungen<br />

• Niederschwelliges Angebot<br />

• Langfristige Ausrichtung der Behandlung<br />

• Flexibilität des Programms<br />

• Schadensbegrenzung/<br />

Abstinenzorientierung<br />

• Einbezug der Angehörige<br />

[<strong>Dr</strong>. S. Hornung-Knobel]


Wirksamkeit DD-spezifischer<br />

Behandlungsprogramme<br />

• ambulante integrierte Behandlungsprogramme in<br />

multidisziplinären Einheiten, z.B. Institutsambulanzen, mit<br />

Anbindung an stationären Behandlungsangeboten<br />

• Motivationsbasiert, niederschwellig, mit aufsuchenden<br />

Angeboten<br />

• Behandlungsplan langfristig angelegt (mehrere Monate bis zu<br />

2 Jahren)<br />

• „harm reduction“ im Vordergrund, Abstinenz als<br />

langfristiges Ziel<br />

• mit sozialem und beruflichen Rehabilitationsangebot


• Effekte:<br />

Wirksamkeit DD-spezifischer<br />

Behandlungsprogramme<br />

Niedrige <strong>Dr</strong>op out raten (bis max. 25%)<br />

Allmähliche Abnahme der Konsummenge in 40-65%<br />

der Patienten<br />

Stabilisierung der Psychose, Rückgang in der<br />

Frequenz von Notfallvorstellungen und stationären<br />

Aufnahmen<br />

• <strong>Dr</strong>ake RE, Mueser KT, BrunetteMF, McHugo GJ (2004) A review of Trestments in for people with severe mental Illness<br />

and co-occurring substance use disorders. Psychiatr Rehabil J , 27, 360-374;<br />

• <strong>Dr</strong>ake RE, Mercer-McFaddden C, Mueser KT, Brunette MF, McHugo GJ, Bon GR (1998) Review of integrated mental<br />

helath and substance abuse treatment for patient with dual disorders. Schizoph Bull, 24, 589-608


ONE SIZE fits all?


„<strong>Dr</strong>eifachdiagnosen“<br />

• Betroffene mit schizophrener Psychose<br />

und <strong>Dr</strong>ogenkonsum sowie<br />

• mit Antisozialer Persönlichkeitsstörung<br />

(APS)<br />

ODER<br />

• mit Supersensitivität gegenüber <strong>Dr</strong>ogen<br />

(SST)


APS SST<br />

Alter bei Beginn der Substanzstörung früher später<br />

Anzahl konsumierter Suchtmittel größer kleiner<br />

Körperliche Abhängigkeit von Suchtmittel stärker schwächer<br />

Familiengeschichte in Bezug auf Suchtmittel belastet unbelastet<br />

Alter bei Beginn der Schweren psychischen<br />

Störung<br />

früher später<br />

Prämorbide soziale Funktionsfähigkeit Randständig gut<br />

Aktuelle soziale Funktionsfähigkeit schlecht gut<br />

Anzahl psychiatrischer Symptome mehr weniger<br />

Aggresivität größer kleiner<br />

Prognose ungünstig günstig<br />

[Mueser et al. 2002]<br />

APS = Antisoziale Persönlichkeitsstörung<br />

SST = Supersensitivität gegenüber <strong>Dr</strong>ogen


Therapeutische Implikation - SST<br />

[nach Mueser et al. 2002]<br />

• Für Patienten mit Supersensitivität<br />

scheinen psychoedukative Methoden<br />

geeignet sein, mit Fokus auf:<br />

• Information über ihre gesteigerte<br />

Sensitivität bezüglich <strong>Dr</strong>ogen und<br />

• Implementierung von Alternativen zum<br />

Substanzmittelabusus.


Therapeutische Implikation - APS<br />

[nach Mueser et al. 2002]<br />

• Interventionen bei Patienten mit<br />

Doppeldiagnose und APS sollten eine:<br />

• aufsuchende Strategie<br />

• bzw. ein stationäres Setting und<br />

• ein dichtes Monitoring beinhalten.


Psychoedukation


Ursprung des Kunstwortes<br />

“Psychoedukation”<br />

►Psycho-logy & „Education“ = Bildung<br />

►Ziel: Adaption an & Management von chronischen<br />

Erkrankungen<br />

„Trialog“ unter Partnern: Betroffener ↔<br />

Professionelle ↔ Angehöriger<br />

Betroffener =<br />

Experte in eigener Sache


Inhalte von Psychoedukativen Programmen für Betroffene mit<br />

schizophrener Psychose<br />

Psychosen: Ursachen, Frühwarnzeichen, Akutsymptome, Prognose<br />

Grundlagen der Pharmakotherapie (Wirkungen und Nebenwirkungen<br />

Schwerpunkt liegt zumeist auf Krankheitsinformation sowie<br />

Rezidivprophylaxe („Frühwarnsymptome“)<br />

Das Thema: Psychose und Sucht wird nur „kurz“ angesprochen<br />

Dies bedeutet:<br />

DD Patienten brauchen darüber hinaus spezifische Therapieprogramme.<br />

Diese sollten auf die Wechselwirkung von Psychose und Sucht fokussieren,<br />

mit den (langfristigen) Zielen:<br />

Förderung von Therapiemotivation & Behandlungscompliance<br />

Vermittlung von Fertigkeiten zu Rückfallmanagement & Rückfallprophylaxe<br />

Aufbau und Festigung von Alternativverhalten zum Suchmittelkonsum


Grundsätze einer integrativen psychoedukativen Behandlung<br />

von Patienten mit Schizophrenie und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

[nach Bachmann et al. 2002]<br />

1. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Schizophrenie<br />

2. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Abhängigkeits-Problematik<br />

3. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Doppeldiagnose-Problematik


Grundsätze einer integrativen psychoedukativen Behandlung<br />

von Patienten mit Schizophrenie und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

[nach Bachmann et al. 2002]<br />

1. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Schizophrenie:<br />

✔ Erhöhung von Krankheitseinsicht und<br />

Medikamenten-Compliance<br />

✔ Erhöhung von Fähigkeiten zur<br />

Früherkennung psychotischer Prozesse<br />

✔ Erwerb von Strategien zur Bewältigung<br />

von Rückfallsituationen<br />

✔ Motivierung zu einer weiterführenden<br />

bzw. kontinuierlichen Behandlung


Grundsätze einer integrativen psychoedukativen Behandlung<br />

von Patienten mit Schizophrenie und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

[nach Bachmann et al. 2002]<br />

2. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Abhängigkeits-Problematik:<br />

✔ Erkennung der eigenen Abhängigkeit<br />

✔ Aufbau und Stabilisierung von<br />

Abstinenzmotivation<br />

✔ Prävention und Bewältigung von Rückfällen<br />

✔ Unterstützung eines befriedigenden<br />

Lebensstil ohne Suchtmittel


Grundsätze einer integrativen psychoedukativen Behandlung<br />

von Patienten mit Schizophrenie und <strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

[nach Bachmann et al. 2002]<br />

3. Maßnahmen zur Stabilisierung der<br />

Doppeldiagnose-Problematik:<br />

✔ Vermitteln der Zusammenhänge zwischen<br />

Sucht und Schizophrenie<br />

✔ Motivierung zu einer weiterführenden<br />

bzw. kontinuierlichen Behandlung<br />

✔ Steigerung von Lebensqualität, der<br />

sozialen Situation und sozialen<br />

Integration


Aktuell verfügbare<br />

deutschsprachige Therapiemanuale


Gesund und Ohne<br />

Abhängigkeit Leben<br />

Das GOAL<br />

Behandlungsprogramm


Montag<br />

14.00-15.00<br />

GOAL-<br />

Psychoedukation<br />

für Patienten<br />

15.15-16.00<br />

GOAL-Sport<br />

Stundenplan des<br />

GOAL-Behandlungsprogramms<br />

Dienstag<br />

14.00-15.00<br />

GOAL-<br />

Praxis<br />

15.15-16.00<br />

GOAL-Sport<br />

Donnerstag<br />

14.00-15.00<br />

GOAL-<br />

Kreativ<br />

15.15-16.00<br />

GOAL-Sport<br />

17.00-18.30<br />

Angehörigen-Gruppe<br />

Freitag<br />

14.00-15.00<br />

GOAL-<br />

Psychoedukation<br />

für Patienten<br />

15.15-16.00<br />

GOAL-Sport


Überblick über den Inhalt der einzelnen Stunden einer<br />

DD-spezifischen Psychoedukativen Gruppe für Patienten (D’<strong>Amelio</strong> et al. 2006)<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Was will ich hier erreichen?<br />

Sich auf Kurs bringen<br />

Ich (mit und besser) Ohne <strong>Dr</strong>ogen<br />

Wirkungen und Auswirkungen von<br />

<strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

Bin ich wirklich süchtig?<br />

Kriterien für Missbrauch und<br />

Abhängigkeit von <strong>Dr</strong>ogen<br />

Warum auch noch Öl ins Feuer gießen?<br />

Fakten zu <strong>Dr</strong>ogenkonsum und Psychose<br />

Was mich in große Gefahr bringt!<br />

Identifikation von Hochrisiko-<br />

Situationen und Alarm-Signalen<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Einmal schadet nicht?<br />

Schadensbegrenzung bei erneutem<br />

<strong>Dr</strong>ogenkonsum<br />

Zur schnellen Erinnerung!<br />

Erstellung einer persönlichen<br />

Notfallkarte und Benennung<br />

einer Vertrauensperson<br />

Alles was mir gut tut<br />

Gesundheitsförderliche Aktivitäten,<br />

Hobbies und Vorlieben<br />

Wirklich? Kurs halten!<br />

Abstinenz lohnt sich<br />

Beste Wünsche fürs Leben<br />

Ausklang und Verabschiedung


Frühzeitig<br />

Aufhören<br />

GOAL - Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben -<br />

Motto: Sag „Nein!“ zu <strong>Dr</strong>ogen und<br />

„Ja!“ zu Allem was sicher ist und deine Gesundheit erhält<br />

Rückfallprophylaxe<br />

Rückfallmanagement<br />

Verlassen/<br />

Umkehr<br />

Vollständiger Rückfall<br />

Gegen-<br />

Steuern<br />

Ausrutscher<br />

Abstinenz<br />

Hoch-Risiko<br />

Situationen<br />

Alarmsignale


Name:<br />

Telefonnummer der Klinik:<br />

Notfallkarte<br />

Vertrauensperson (Name, Adresse, Telefonnummer):<br />

Behandelnder Therapeut (Name, Adresse, Telefonnummer):<br />

Was muss ich tun, wenn ich erneut <strong>Dr</strong>ogen konsumiert habe?<br />

Sofort wieder aufhören <strong>Dr</strong>ogen zu konsumieren!<br />

Sofort Kontakt aufnehmen mit meiner Vertrauensperson!<br />

Mit meinem Arzt und mit meinem Therapeuten beraten, was jetzt zu tun ist!<br />

Mir Mut machen, das ich es schaffe!<br />

Mich daran erinnern, warum ich aufhören will!<br />

Ich habe beschlossen aufzuhören, weil:<br />

Was mich in große Gefahr bringt:<br />

Hochrisiko-Situationen und<br />

Alarm-Signale<br />

Personen:<br />

•Orte:<br />

Gedanken:<br />

Gefühle:<br />

Verhaltensweisen:<br />

Aktivitäten, die mir gut tun:<br />

Was ich in bei Alarm-Signalen und<br />

in Hochrisiko-Situationen tun kann:<br />

1. Auf Gefahrenhinweise achten!<br />

2. Nachlesen, was mich in Gefahr bringt!<br />

3. Hochrisiko-Situation sofort verlassen!<br />

4. Bei Alarm-Signalen schnell handeln<br />

5. Mit meiner Vertrauensperson darüber<br />

sprechen<br />

Motto: „Immer umkehren , weggehen<br />

und gegensteuern wenn mich die<br />

<strong>Dr</strong>ogen in Gefahr bringen!“<br />

Was ich tun kann<br />

um einen Rückfall zu vermeiden:<br />

• Meine Vertrauensperson anrufen!<br />

• Die Anspannung aushalten, mich<br />

beschäftigen und mich ablenken!<br />

• Nachlesen warum ich aufhören will!<br />

• Noch folgendes tun:


Rückfälle gehören dazu<br />

- Aufhören wird jedesmal leichter -


Zusammenfassung…


Zusammenfassung<br />

• Psychose und Sucht ist unter den schizophrenen<br />

Patienten weit verbreitet<br />

• ungünstigen Verlauf der Psychose mit häufigen<br />

Rezidiven und stationären Aufenthalten<br />

• Die erfolgreichsten Therapiemodelle bieten die<br />

Behandlung beider Störungen zeitlich parallel und<br />

integriert in einem Setting durch ein<br />

Behandlungsteam.<br />

• Schwerpunkt der Behandlung im ambulanten<br />

Sektor mit Pharmakotherapie, motivationale<br />

Interventionen und Psychoedukation<br />

[Gouzoulis-Mayfrank: Komorbidität von Psychose & Sucht. Psychiatr. Psychother. up2date 2010; 4(2): 81-95]


Welches Behandlungs-Setting ist günstig?<br />

• Doppeldiagnosepatienten fällt es eher schwer,<br />

unverbindliche „Komm-Strukturen“ für sich zu nutzen<br />

• Konsequenz: „Nachgehende“ Betreuung; Aufsuchende<br />

Betreuung; „home treatment“-Konzepte<br />

• Idealerweise Setting übergreifende Beziehungs- und<br />

Behandlungskontinuität<br />

• Langzeitorientierter Behandlungsansatz mit Schwerpunkt<br />

im ambulanten Bereich: niedrigschwellige, wohnortnahe<br />

Behandlung über mehrere Jahre<br />

• Hohes Maß an Flexibilität! Eher fordernde und eher<br />

stützende Elemente sollten flexibel gewichtet werden<br />

• Schadensbegrenzung („Harm Reduction“) Ansatz:<br />

Abstinenz keine Behandlungsvoraussetzung


Bücher & Therapiemanuale


Vielen Dank für Ihre<br />

Aufmerksamkeit!<br />

roberto.d.amelio@uks.eu

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