Overspray-Abscheidung im Zyklon – Erfahrungen aus dem ...
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NASSLACKIEREN<br />
<strong>Overspray</strong>-<strong>Abscheidung</strong> <strong>im</strong> <strong>Zyklon</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Erfahrungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Praxisbetrieb<br />
Die <strong>Zyklon</strong>technik wurde vor einigen<br />
Jahren für die Trockenabscheidung<br />
von <strong>Overspray</strong> entdeckt<br />
und hat sich mittlerweile in<br />
der Praxis durch einfache Handhabung<br />
und einen hohen Wirkungsgrad<br />
bewährt.<br />
50<br />
Wie scheide ich den <strong>Overspray</strong><br />
ab? Diese Frage stellt sich in<br />
den Lackierereien aller Größenordnungen.<br />
Die Bandbreite, wie sie in der<br />
betrieblichen Praxis zu beobachten ist,<br />
reicht von sehr einfachen Abscheidetechniken<br />
in kleinen handwerklich<br />
geprägten Betrieben bis zur Auswa-<br />
Praxisanwendung: <strong>Zyklon</strong>-Abscheider einer Lackieranlage für Motoren<br />
Bilder: AB<br />
schung <strong>im</strong> Wasserschleier oder aufwendigen<br />
Konstruktionen bei Serienproduktion<br />
mit großen Lackdurchsätzen.<br />
Während <strong>im</strong> Bereich der trockenen<br />
<strong>Abscheidung</strong> des <strong>Overspray</strong>s bisher für<br />
geringere Lackdurchsätze beispielsweise<br />
Filtermatten verbreitet waren,<br />
existieren inzwischen auch selbstreinigende<br />
Systeme wie Lamellen oder<br />
Umlauffilter mit höherer Kapazität.<br />
Seit einiger Zeit wurde auch die bekannte<br />
und bewährte <strong>Zyklon</strong>technik<br />
auf die <strong>Abscheidung</strong> von Lackoverspray<br />
angewandt.<br />
Der vorliegende Artikel stellt<br />
<strong>Erfahrungen</strong> <strong>aus</strong> Installationen von<br />
Trockenabscheidungsanlagen mit <strong>Zyklon</strong>en<br />
vor und zeigt technische sowie<br />
wirtschaftliche Effekte, die sich <strong>aus</strong><br />
Praxisprojekten ergeben haben und in<br />
eventuelle Kalkulationen einbezogen<br />
werden sollten.<br />
Nach<strong>dem</strong> sich zu diesem Thema die<br />
Diskussion anhand einer Kurzveröffentlichung<br />
entzündet hat (JOT<br />
11/1999, S. 70 und 1/2000 S. 11), sollen<br />
hier als Beitrag zu einer sachlichen Diskussion<br />
Kriterien dargestellt werden,<br />
die dazu begeitragen haben, Betriebe<br />
zur Entscheidung zugunsten der<br />
Trockenabscheidung zu motivieren.<br />
Im folgenden wird über Fallkonstellationen<br />
berichtet, bei denen <strong>–</strong> allein<br />
aufgrund des Lackdurchsatzes betrachtet<br />
<strong>–</strong> ebenso eine Nassabscheidung<br />
infrage gekommen wäre. Es wird<br />
deutlich, welche Gründe es auch für<br />
Betriebe mit keineswegs <strong>aus</strong>gesprochen<br />
niedrigem Lackdurchsatz für den<br />
Einsatz einer Trocken- anstelle einer<br />
Nassabscheidung gab.<br />
Eingefahrene „klassische“ Spritzkabinen<br />
mit Nassabscheidung des<br />
<strong>Overspray</strong>s <strong>im</strong> Wasserschleier stellen<br />
vor allem bei größeren Lackdurchsätzen<br />
technisch und wirtschaftlich vernünftige<br />
Lösungen dar, bergen allerdings<br />
erfahrungsgemäß oft noch zahl-<br />
JOT 3|2000
eiche Opt<strong>im</strong>ierungsmöglichkeiten.<br />
Diese sollen bewusst nicht Gegenstand<br />
dieses Artikels sein, ebensowenig<br />
wie andere Behandlungsmethoden<br />
des <strong>Overspray</strong>s wie die inzwischen eingeführte<br />
innerbetriebliche Rückgewinnung.<br />
Ein erstes Modellprojekt<br />
Einer der ersten Anwender der<br />
Trockenabscheidung durch <strong>Zyklon</strong>e<br />
bei mittlerem Lackdurchsatz war ein<br />
Produktionsbetrieb, der Aluminiumteile<br />
lackiert. Die Aufgabe, unterschiedlichste<br />
Kleinteile in teilweise<br />
kleinen Serien in zahlreichen Farbtönen<br />
zu lackieren, erforderte eine Anlage<br />
mit drei Spritzkabinen, alle <strong>aus</strong>gerüstet<br />
mit konventioneller Nassabscheidung<br />
und automatischem Schlamm<strong>aus</strong>trag.<br />
Der Betrieb hatte sich entschlossen,<br />
<strong>im</strong> Rahmen eines größeren Umb<strong>aus</strong><br />
der Lackiererei seine Spritzkabinen<br />
mit Nassabscheidung nicht wieder<br />
zu installieren und statt dessen eine<br />
neue Lackieranlage mit Trockenabscheidung<br />
einzubauen. Lacksystem<br />
(lösemittelhaltige Einbrennlacke) und<br />
Applikation (manuell elektrostatisch)<br />
wurden auch nach der Umstellung beibehalten.<br />
Der Umbau wurde von <strong>dem</strong><br />
Planungsbüro AB Anlagenplanung,<br />
Ach<strong>im</strong>, konzipiert und betreut. Besonders<br />
bewährt hat sich - auch vor den<br />
Hintergrund einer möglichen finanziellen<br />
Förderung <strong>–</strong> eine enge Abst<strong>im</strong>mung<br />
von Betrieb, Anlagenplaner und<br />
der Niedersächsischen Gesellschaft<br />
zur Endablagerung von Sonderabfall<br />
(NGS), Hannover, als begleitender<br />
Institution und Berater.<br />
Ein wesentliches Ziel der Maßnahme<br />
bestand darin, die Koagulierung<br />
des <strong>Overspray</strong>s durch ein Verfahren zu<br />
ersetzen, das die Entstehung von<br />
Lackschlamm vermeidet. Dieser Teil<br />
des Vorhabens wurde von der niedersächsischen<br />
Landesregierung <strong>im</strong> Interesse<br />
einer Vermeidung besonders überwachungsbedürftiger<br />
Abfälle („Sonderabfälle“)<br />
finanziell gefördert, und<br />
zwar als Investition, deren Amortisati-<br />
JOT 3|2000<br />
on nicht aufgrund der eingesparten<br />
Entsorgungskosten zu erwarten war.<br />
Eng verbunden mit diesem Umbau<br />
war die Opt<strong>im</strong>ierung der Abluftanlage<br />
der Spritzkabinen, die bis dahin ein<br />
sehr großes Volumen zu bewältigen<br />
hatten. Als Beispiel einer Installation<br />
in der betrieblichen Praxis wurde nach<br />
einiger Zeit des Routinebetriebs das<br />
Vorhaben von der NGS dokumentiert<br />
(NGS-Empfehlung 23). Im Modellbetrieb<br />
war die Entscheidung für ein Verfahren<br />
ohne Koagulierung, Wasserbad<br />
und dergleichen schon in einem frühen<br />
Stadium gefallen, so dass sich die Frage<br />
nach anderen Ansätzen zur Opt<strong>im</strong>ierung<br />
der Lackiererei nicht mehr<br />
stellte, sondern nun die Daten der neuen<br />
Anlage mit denjenigen der früheren<br />
zu vergleichen waren. Alle Zahlen wur-<br />
Beispiel einer Lackierkabine mit <strong>Zyklon</strong>abscheidung<br />
den von <strong>dem</strong> Betrieb ermittelt und als<br />
Basis für die Dokumentation zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Die frühere Nasslackieranlage des<br />
Betriebes war charakterisiert durch<br />
einen Lackeinsatz von etwa 12 t/a, <strong>aus</strong><br />
<strong>dem</strong> wiederum 9 t/a <strong>aus</strong>getragener<br />
Lackschlamm sowie 18 m3 verbrauchtes<br />
Kabinenwasser resultierten. Im<br />
Hinblick auf die Koagulierung wurde<br />
eine extrem kostenintensive Situation<br />
NASSLACKIEREN<br />
von etwa 40 000 DM/a für mehrere<br />
Chemikalien angetroffen, die wiederum<br />
in relativ hoher Lackschlammenge<br />
resultierte. Dies illustriert eine häufige<br />
Konstellation in Betrieben, nämlich<br />
eine Koagulierung, deren Kosten durch<br />
opt<strong>im</strong>ale Abst<strong>im</strong>mung von Lacksystem,<br />
Koaguliermittel und dessen<br />
Dosierung häufig noch bedeutende<br />
Kostensenkungspotentiale birgt. Dennoch<br />
gibt es auch best<strong>im</strong>mte Konstellationen,<br />
wo <strong>aus</strong> betrieblichen Gründen<br />
nicht genau dosiert werden kann, so<br />
dass das Opt<strong>im</strong>ierungspotential geringer<br />
als erwartet <strong>aus</strong>fallen kann.<br />
Nach <strong>dem</strong> Umbau bestehen zwei 6m-Kabinen<br />
mit Trockenabscheidung<br />
durch <strong>Zyklon</strong>e mit jeweils einer nachgeschalteten<br />
Filtermatte als Polizeifilter.<br />
Insgesamt spart der Betrieb in der<br />
Lackiererei jährlich etwa 60 000 DM an<br />
Material- und Energiekosten sowie<br />
etwa 20 000 Mark an Entsorgungskosten<br />
ein. Neben diesen ökonomischen<br />
Effekten ergab sich als ein wesentliches<br />
Kriterium die Verbesserung des<br />
Arbeitsumfeldes für die Mitarbeiter:<br />
Es entfällt die gesamte Koagulierung<br />
mit allen Zusatzaufgaben wie <strong>dem</strong><br />
Umgang mit Chemikalien und lösemittelhaltigem<br />
Lackkoagulat.<br />
51
NASSLACKIEREN<br />
Lackschlamm entsteht überhaupt<br />
nicht mehr; als einzige Abfälle <strong>aus</strong> der<br />
Lackierung fallen lediglich Lackstaub<br />
<strong>aus</strong> den <strong>Zyklon</strong>en sowie die beladenen,<br />
verbrauchten Filtermatten an;<br />
beides zusammen schlägt insgesamt<br />
mit jährlich zirka 2,5 t zu Buche und<br />
wird zusammen mit <strong>dem</strong> Gewerbeabfall<br />
auf der Siedlungsabfalldeponie<br />
entsorgt.<br />
Als „Bonbon“ des Projektes ließ das<br />
Unternehmen von seinem Lackhersteller<br />
prüfen, ob die abgeschiedenen<br />
Lackpartikel <strong>aus</strong> der Trockenabscheidung<br />
wieder in den Produktionsprozess<br />
des Lackherstellers <strong>im</strong> Sinne einer<br />
echten Kreislaufführung eingearbeitet<br />
werden können. Tatsächlich lässt sich<br />
dar<strong>aus</strong> grundsätzlich ein lösemittelhaltiger<br />
1-K-Acryl-Recycling-Lack in<br />
einem Grauton herstellen. Derzeit<br />
akzeptiert der Markt ein solches Produkt<br />
jedoch kaum, so dass von einem<br />
geregelten Vertriebsweg (noch) nicht<br />
gesprochen werden kann.<br />
52<br />
Aktuelle <strong>Erfahrungen</strong><br />
und Resümee<br />
In einigen Lackierereien, in denen<br />
<strong>aus</strong> Sicht des Lackdurchsatzes auch die<br />
Nassabscheidung des <strong>Overspray</strong>s in<br />
Frage kommt, wurden Spritzkabinen<br />
mit Nassabscheidung des <strong>Overspray</strong>s<br />
<strong>im</strong> Wasserschleier gegen Trockenabscheidungsanlagen<br />
mit <strong>Zyklon</strong>en <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht.<br />
Die <strong>Erfahrungen</strong> zeigen,<br />
dass sich insbesondere in folgenden<br />
Bereichen Effekte ergeben:<br />
◆ Arbeitsumfeld<br />
◆ Betriebs- und Entsorgungskosten.<br />
Aus Sicht der Betriebsführung<br />
zeichnet sich diese Technik durch problemlose<br />
Handhabung und geringen<br />
Wartungsaufwand <strong>aus</strong>. Die robusten<br />
<strong>Zyklon</strong>-Abscheidesysteme <strong>–</strong> eine Entwicklung<br />
der AB Anlagenplanung<br />
GmbH <strong>–</strong> arbeiten mit einem Wirkungsgrad<br />
von etwa 99 %, sind gut<br />
zugänglich und damit leicht zu reinigen.<br />
Als Intervalle für den Filterwechsel<br />
haben sich in der Praxis übliche<br />
Zeiträume von durchschnittlich 4<br />
Wochen her<strong>aus</strong>gebildet; manche Be-<br />
Funktionsprinzip; der <strong>Zyklon</strong>abscheider<br />
arbeitet mit einem Wirkungsgrad<br />
von 99%<br />
triebe wechseln <strong>aus</strong> Sicherheitsgründen<br />
alle zwei Wochen, es dürften aber<br />
mit zunehmender Erfahrung auch<br />
noch längere Wartungsintervalle zu erzielen<br />
sein.<br />
Gegenüber einer Nassabscheidungsanlage<br />
entfallen der Umgang mit<br />
Koagulierungschemikalien sowie deren<br />
Lagerung, es entsteht auch kein<br />
Aufwand für die Pflege des Wasserbades<br />
mehr <strong>–</strong> ganz abgesehen von möglichen<br />
Geruchsbelästigungen aufgrund<br />
von Fäulnisprozessen in der Anlage.<br />
Auch entstehen keine Lackschlämme,<br />
so dass in diesem Punkt ebenfalls<br />
Lagerung, Behandlung und Entsorgung<br />
komplett entfallen. Bei Bedarf<br />
lässt sich der Lackstaub sortenrein <strong>im</strong><br />
<strong>Zyklon</strong> abscheiden; interessant könnte<br />
dies zukünftig vor <strong>dem</strong> Hintergrund<br />
eines möglichen Recyclings der Lackteilchen<br />
werden. Aufgrund der gegenwärtig<br />
unproblematischen Entsorgung<br />
der Lackstäube und Filtermatten - in<br />
der Regel als Gewerbeabfall - besteht<br />
hierfür derzeit kaum Motivation.<br />
Die <strong>Zyklon</strong>e sind in der Lage, den<br />
<strong>Overspray</strong> der verschiedensten Lacktypen<br />
abzuscheiden, so dass bei Ein-<br />
satz eines anderen Lacksystems keine<br />
erneute oder angepasste Einstellung<br />
vorgenommen werden muss. Das<br />
Spektrum der bereits eingesetzten und<br />
problemlos abgeschiedenen Lacksysteme<br />
erstreckt sich beispielsweise von<br />
lösemittelhaltigen Lacken (1K und 2K)<br />
für Armaturenteile, Lampen und<br />
medizinische Geräte über lufttrocknende<br />
Lacke für Motorenteile bis hin<br />
zu Wasserlacken für Armaturen. Auch<br />
zur <strong>Abscheidung</strong> des Klebers von<br />
Autoinnenteilen wurde die <strong>Zyklon</strong>technik<br />
bereits erfolgreich eingesetzt.<br />
Vergleicht man in puncto Wirtschaftlichkeit<br />
die Nassabscheidung <strong>im</strong><br />
Wasserschleier (inklusive Peripherie<br />
wie Koagulierung, Lackschlammbehandlung<br />
und Bodenwanne) mit der<br />
<strong>Zyklon</strong>technik, so bewegen sich die<br />
Investitionskosten in einer ähnlichen<br />
Größenordnung. Bei den Betriebskosten<br />
fallen bei der beschriebenen<br />
Trockanabscheidung vor allem die<br />
niedrigeren Kosten der Entsorgung<br />
und der Koagulierung des <strong>Overspray</strong>s<br />
ins Gewicht, eventuell auch noch weitere<br />
betriebsspezifische Faktoren. Diese<br />
Kosten sind individuell höchst<br />
unterschiedlich und kaum zu verallgemeinern.<br />
Allein hierdurch lässt sich in<br />
der Regel eine betriebswirtschaftlich<br />
interessante Amortisation nicht erreichen,<br />
auch angesichts der Kosten einer<br />
Anlage bis <strong>–</strong> je nach Größe <strong>–</strong> über<br />
100 000 Mark.<br />
Für die Betriebe, die sich für die<br />
Trockenabscheidung entschieden<br />
haben, erwiesen sich als ebenso interessant<br />
und nutzbringend wie niedrige<br />
Betriebskosten aber auch diejenigen<br />
Faktoren, die sich nicht unmittelbar in<br />
Mark und Pfennig <strong>aus</strong>drücken lassen.<br />
Dazu muss ein Betrieb individuell<br />
abwägen, in welcher Weise er diese<br />
beschriebenen „weichen“ Faktoren<br />
für sich bewertet. So sollte vor allem<br />
dann, wenn eine Lackieranlage <strong>–</strong> beispielsweise<br />
in der Größenordnung des<br />
Modellbetriebes <strong>–</strong> komplett erneuert<br />
werden soll, die Trockenabscheidung<br />
durch <strong>Zyklon</strong>e in Betracht gezogen<br />
werden. ■<br />
Der Autor: Dr. Christoph Semisch<br />
JOT 3|2000