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Einfluss eines Kalium-Eisen-Phosphat-Citrat- Komplexes ... - SGSM

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70 Originalartikel<br />

G. Neumann 1 , M. Diefenbach 2 und P. Böhme 1<br />

1 Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Leipzig, FG Sportmedizin<br />

2 Hessisch Oldendorf, Dreluso Pharmazeutika<br />

<strong>Einfluss</strong> <strong>eines</strong> <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-<br />

<strong>Komplexes</strong> auf metabole Messgrössen<br />

bei Fahrradergometrie<br />

Zusammenfassung<br />

Untersucht wurden 24 Ausdauersportler im Durchschnittsalter von<br />

26 Jahren (183,2 cm und 75,3 kg) in einem randomisierten Doppelblindversuch<br />

unter der Einnahme <strong>eines</strong> <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-<strong>Komplexes</strong><br />

(KEPC). Die Verum- (V) und Placebogruppe<br />

(P) führten jeweils zwei erschöpfende Fahrradergometerbelastungen<br />

durch. Die Einnahme des KEPC führte bei V zu einer<br />

signifikanten Verringerung der Laktatkonzentrationszunahme und<br />

zu einem geringeren Unterschied der Differenz des pH-Wertes<br />

im Doppelblindversuch. Die Messwertveränderungen waren bei<br />

VO 2max und der maximalen Herzfrequenz zufällig verändert.<br />

Die Einnahme von 200 Tropfen des KEPC bewirkte eine geringere<br />

Laktatzunahme beim Ergometerstufentest und wahrscheinlich auf<br />

dieser Grundlage eine Fahrzeitverlängerung bzw. Leistungszunahme<br />

auf dem Ergometer.<br />

Schlüsselwörter:<br />

Laktat, Alkalisierung, <strong>Eisen</strong>, <strong>Phosphat</strong>, Säurebasenstatus, Ergometrie<br />

Einleitung<br />

Intensive sportliche Belastungen beeinflussen den Säurebasenstatus<br />

wesentlich. Das während der Belastung anfallende Laktat reduziert<br />

die Bikarbonatkonzentration im Blut. Durch die Pufferung<br />

nimmt die Bicarbonatkonzentration ab und die CO 2-Bindungskurve<br />

verläuft flacher. Durch Hyperventilation übersteigt die CO 2-<br />

Abgabe die Sauerstoffaufnahme bei intensiver Kurzzeitbelastung<br />

und führt zur Abnahme des PCO 2. Die Abnahme PCO 2 begrenzt<br />

den Laktatanstieg und die Zunahme der Osmolarität (Böning et al.<br />

1993, Böning und Maassen, 1983). Das Plasmabikarbonat ist ein<br />

weiteres sehr wirksames Puffersystem, welches die belastungsbedingte<br />

Akkumulation von H + -Ionen abschwächt (Siggaard-<br />

Andersen, 1974). Intensive sportliche Belastungen übersteigen die<br />

natürliche Pufferkapazität des Organismus und führen infolge des<br />

Lactatanstiegs zu einer starken Azidose.<br />

In der Beeinflussung der Pufferkapazität des Blutes und damit<br />

Verminderung der «Blutsäuerung» durch Verabreichung alkalisierender<br />

Substanzen wurde bereits in den 30er Jahren eine Leistungsreserve<br />

vermutet. Durch Gaben von Natriumcitrat, Natriumbikarbonat<br />

und <strong>Kalium</strong>citrat wurde eine Zunahme der Dauerleistungsfähigkeit<br />

erreicht (Denning, 1937). Die gastrointestinale<br />

Summary<br />

Neumann G. et al.<br />

Influence of a Potassium-Ferrum-<strong>Phosphat</strong>e-<strong>Citrat</strong>e-Complex on<br />

metabolic parameters during cycle ergometry<br />

This randomised placebo-controlled double-blind test examined<br />

the influence of a special Potassium-Ferrum-<strong>Phosphat</strong>e-<strong>Citrat</strong>e-<br />

Complex (KEPC) on the ergometric performance of 24 endurancetrained<br />

male athletes with an average age of 26 years (183.2 cm;<br />

75.3 kg). Two exhaustive incremental endurance tests on cycle<br />

ergometers were carried out. The double-blind tests showed that<br />

the intake of KEPC let to a significant reduction of lactate concentration<br />

in the verum group (V) and to less difference in the pHvalues.<br />

VO 2max and max. heart frequency did not change significantly.<br />

The intake of 200 drops of KEPC caused a reduction of lactate<br />

accumulation during a gradually increasing stress cycle ergometer<br />

test and probably as a result of this let to a prolonged exercise time<br />

as well as to an improvement of the performance on the ergometer.<br />

Key words:<br />

Schweizerische Zeitschrift für «Sportmedizin und Sporttraumatologie» 48 (2), 70–75, 2000<br />

Sonderdruck aus:<br />

Schweizerische Zeitschrift für «Sportmedizin und Sporttraumatologie», Heft 2/2000<br />

Lactate, Alkalisation, Ferrum, <strong>Phosphat</strong>e, Acid-Base Balance,<br />

Ergometry<br />

Unverträglichkeit grosser Mengen von Puffersubstanzen unterbrach<br />

die Untersuchungen zu dieser Problematik. Erhalten blieb<br />

der Grundgedanke, eine zu starke Säuerung des Blutes und der<br />

Muskulatur im Leistungssport zu vermeiden und durch geeignete<br />

physiologische Substanzen zu vermindern. In der Aufnahme unterschiedlicher<br />

Nahrungsmittel wurde eine weitere Möglichkeit in<br />

der Beeinflussung des Säurebasenhaushaltes vermutet und untersucht.<br />

Durch eine erhöhte Proteinaufnahme wurden nahrungsbedingte<br />

Auswirkungen auf den Säurebasenhaushalt belegt (Camienen<br />

et al., 1969). Insbesondere kann durch eine kohlenhydratarme<br />

sowie protein- und fettreiche Diät die Pufferkapazität im Muskelgewebe<br />

beeinflusst werden, und diese Säuerung wirkte sich auf<br />

die nachfolgende Belastung negativ aus (Greenhaff et al., 1987,<br />

1988). Die erreichte Säuerung im Säurebasenhaushalt durch protein-<br />

und fettreiche Diät hatte aber ihre Ursache im Anstieg der<br />

freien Fettsäuren (FFS), der Ketonkörper, der Harnsäure und der<br />

Plasmaproteine. Der Anstieg der Proteinoxidation erhöht die Freisetzung<br />

von H + -Ionen. Nach wie vor ist die wissenschaftliche<br />

Meinung zur Auswirkung der Alkalose auf die sportliche Leistungsfähigkeit<br />

unterschiedlich. Durch eine induzierte metabole<br />

Alkalose wurde die Kurzzeit-Leistungsfähigkeit nicht beeinflusst<br />

(Kindermann et al., 1977, Parry-Billings und MacLaren, 1986,


<strong>Einfluss</strong> <strong>eines</strong> <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-<strong>Komplexes</strong> auf metabole Messgrössen bei Fahrradergometrie 71<br />

Kelso et al., 1987, Horswill et al., 1988, Brien und McKenzie,<br />

1989, Kowalchuk et al., 1989). Im Gegensatz zu diesen Untersuchungen<br />

fanden andere Autoren, dass durch Bikarbonatgaben eine<br />

Zunahme der Leistungsfähigkeit bei intensiven Belastungen von<br />

2–5 min Dauer zu erreichen ist (Sutton et al., 1981, Wilkes et al.<br />

1983, Costill et al. 1984, Wijnen et al. 1984, Maughan et al., 1986,<br />

1997, Bouissou et al., 1988, Goldfinch et al., 1988 u.a.). Im<br />

Ergebnis dieser Untersuchungen wurden die alkalisierenden Substanzen<br />

den Mitteln mit ergogener Wirkung zugeordnet (Williams,<br />

1983). Aus wissenschaftlicher Sicht ist noch unklar, ob ein Sprinttraining<br />

die muskuläre Pufferkapazität erhöht. Während Sahlin<br />

und Hendrikson (1984) sowie Bell und Wenger (1988) einen Anstieg<br />

der muskulären Pufferkapazität für anfallende H+-Ionen fanden,<br />

negierten Nevill et al. (1989) diesen Regulationszustand. Die<br />

Pufferung der H + -Ionen wird in der veränderten Ionen-Freisetzung<br />

aus der Verstoffwechselung von Glucose und freien Fettsäuren<br />

(FFS) gesehen.<br />

Der Abbau des Laktates kann während der Belastung nur sehr<br />

begrenzt in der beanspruchten Skelettmuskulatur erfolgen, auch<br />

die Nieren und das Herz spielen eine untergeordnete Rolle. Das in<br />

der beanspruchten Skelettmuskulatur entstehende Laktat wird<br />

zum grossen Teil über den H + /Laktat-Transporter aus der Zelle<br />

geschleust (Juel, 1997). Das aerobe Leistungsniveau in der nicht<br />

belasteten Muskulatur hat einen grossen Anteil an der Protonenelimination<br />

(Bonen et al., 1997). Der H + /Laktat-Transporter ermöglicht<br />

die Lactataufnahme aus dem Extrazellulärraum in weniger<br />

belastete, schnell und langsam kontrahierende Muskelfasern<br />

(McCullagh et al., 1996) sowie in Herz, in Nieren und vor allem<br />

Leber. Laut Zander (1995) kann die Leber über den Abbau organischer<br />

Säuren pro Tag bis zu 24 000 mmol Protonen eliminieren,<br />

wobei der Umsatz von der Substratkonzentration und dem Sauerstoffangebot<br />

begrenzt ist. Der Leber, welche auch in Ruhe einen<br />

Grossteil des Laktats abbaut, kommt während der Belastung eine<br />

besondere Bedeutung bei der Laktatelimination aus dem Blut zu.<br />

Grundsätzlich könnte der Laktatabbau während der Belastung<br />

über eine Beeinflussung des Leberstoffwechsels verbessert werden,<br />

mit dem Effekt der Senkung des Blutlaktatspiegels.<br />

Die im Zusammenhang mit einem Leberarzneimittel beschriebenen<br />

positiven Erfahrungen im Leistungssport könnten diesen<br />

<strong>Einfluss</strong> der Leber auf den Laktatspiegel während der sportlichen<br />

Belastung bestätigen (Ziegler, 1995, Diefenbach, 1996, Pottkämper,<br />

1996; Oldörp, 1996). Der Wirkstoff dieses Arzneimittels, ein<br />

<strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-Komplex (KEPC-Komplex), soll<br />

im Darm Ammoniak binden und die Leber dadurch soweit entlasten,<br />

dass ihr bei gleicher Durchblutung mehr Sauerstoff für<br />

andere metabole Vorgänge zur Verfügung steht, u.a. den Abbau<br />

von Laktat.<br />

Ob es durch dieses Leberarzneimittel möglich ist, den Laktatspiegel<br />

während der Belastung zu senken, und ob sich daraus<br />

Konsequenzen für die sportliche Leistungsfähigkeit ergeben, sollte<br />

mit der nachfolgenden doppelblinden Untersuchung wissenschaftlich<br />

geprüft werden.<br />

Methode<br />

Untersucht wurden 24 gut trainierte Ausdauersportler (Radsport,<br />

Triathlon) im Alter von durchschnittlich 26 ± 6 Jahren. Die durchschnittliche<br />

Körpermasse aller Probanden betrug 75,3 ± 8,9 kg<br />

und die Körperhöhe 183,2 ± 5,4 cm. Der Body-Mass-Index (BMI)<br />

betrug 22,42 kg/m2 . Die Versuche erfolgten prospektiv, randomisiert<br />

und doppelblind. Die Sportler wurden im Vorversuch auf<br />

einem Lode-Fahrradergometer ansteigend belastet. Nach einer Erwärmung<br />

von 40, 70 und 100 Watt (W) über jeweils 3 Minuten<br />

begann die Testbelastung bei 130 Watt und wurde alle 5 Minuten<br />

um jeweils 30 W, bis zur subjektiven Erschöpfung, gesteigert. Im<br />

Anschluss an die Voruntersuchungen wurden die Sportler nach<br />

dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen beim Hauptversuch eingeteilt.<br />

Die eine Gruppe erhielt ein codiertes Prüfmedikament mit<br />

Wirkstoff und die andere ein codiertes Prüfmedikament ohne<br />

Wirkstoff (Placebo: Wasser mit HCl auf pH 3 eingestellt und mit<br />

Lebensmittelfarbstoff versetzt). Am Abend des Zwischentages<br />

nahmen die Sportler 100 Tropfen in 200 ml Mineralwasser auf.<br />

Am 3. Tag erfolgte die erneute Belastung zur gleichen Tageszeit,<br />

also 48 Stunden nach dem ersten Belastungstest. Eine Stunde vor<br />

diesem Versuch wurden weitere 100 Tropfen des Prüfmedikamentes<br />

eingenommen. Der Versuch wurde von der Zentralen Ethikkommission<br />

Sachsen genehmigt und nach den Kriterien der Helsinki-Deklaration<br />

durchgeführt. Während der Ergometrie wurden<br />

alle 5 Minuten die Laktatkonzentration und der Säurebasenstatus<br />

aus dem hyperämisierten Ohrblut bestimmt. Die Herzschlagfrequenz<br />

(Hf) wurde fortlaufend und die Sauerstoffaufnahme fraktioniert<br />

bestimmt (Eos Sprint, Fa. Jäger). Aus dem Ohrkapillarblut<br />

wurde das Laktat elektrochemisch-enzymatisch (ESAT) bestimmt<br />

und der Säurebasenstatus mit einem Gerät der Fa. Radiometer. Vor<br />

der Belastung, unmittelbar danach und nach 30 Minuten Erholung<br />

wurden aus dem venösen Armblut das Ferritin, <strong>Eisen</strong>, Calcium,<br />

<strong>Kalium</strong>, Transferrin, Chlorid, Leukozytenzahl und Glucose in einem<br />

Speziallabor bestimmt. Als Hauptzielkriterium zum Nachweis<br />

der Wirksamkeit des KEPC wurde eine Rechtsverschiebung<br />

der Laktatleistungskurve im Prüfplan festgelegt. Alle weiteren<br />

Messparameter wurden explorativ als Begleitvariablen ausgewertet.<br />

Für jede Messgrösse wurde in der Gruppe der Mittelwert und<br />

die Standardabweichung bestimmt. Die statistische Prüfung erfolgte<br />

für die einzelnen Messwerte auf den Belastungsstufen mit<br />

dem Wilcoxon und U-Test. Die Parameter der Regressionsgleichung<br />

für die Differenzverläufe wurden mit dem jeweiligen t-Test<br />

geprüft. Eine Signifikanz wurde mit p < 0,05 angenommen.<br />

Ergebnisse<br />

Das Verhalten der Mittelwerte von <strong>Eisen</strong>, Glucose, Herzschlagfrequenz<br />

und Sauerstoffaufnahme bei der Ergometerbelastung unterschieden<br />

sich im Gruppenvergleich nicht. Die Laktatkonzentration<br />

und die Messgrössen des Säurebasenhaushaltes für ausgewählte<br />

Messpunkte sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Fahrzeit und die<br />

Leistung auf dem Ergometer sind in Tabelle 2 angegeben. Die<br />

Beurteilung der Unterschiede im Placebo- und Verumversuch<br />

mit dem U-Test erbrachte bei einzelnen Messpunkten (250 W und<br />

340 W bzw. Abbruch) aufgrund der geringen Anzahl der Probanden<br />

keine statistisch zu sichernden Unterschiede. Aufgrund der<br />

individuellen Charakteristik <strong>eines</strong> Stufenbelastungstests lassen<br />

sich nur einzelne Messpunkte direkt vergleichen. Um alle während<br />

des Experiments erhobenen Daten zu prüfen, wurden für jeden<br />

Probanden die intraindividuellen Differenzen für jedes einzelne<br />

Messwert-Paar gebildet und daraus Regressionsgeraden in der<br />

Form y = a + b · x (y = Messwertdifferenz; x = Belastung) für<br />

die Gruppen berechnet. Die Übersicht der Signifikanz der Unterschiede<br />

im Vergleich Vor- gegen Hauptversuch enthält Tabelle 3a,<br />

die Signifikanzen im Gruppenvergleich Tabelle 3b.<br />

Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,01 kam es nach<br />

der Einnahme des Prüfmedikaments (Verumversuch) zu einer<br />

langsameren Steigung der Laktatkonzentration, nicht jedoch im<br />

Placeboversuch (Abb. 2). In beiden Versuchsgruppen (Placebo und<br />

Verum) kam es zu einer leichten Alkalisierung zu Beginn des<br />

zweiten Belastungstests. Die Veränderung des pH-Wertes (Alkalisierung)<br />

war im Verumversuch kleiner. Ausserdem war die Differenz<br />

im pH-Wert bei der Verumgruppe signifikant kleiner als in<br />

der Placebogruppe (Tab. 3, Abb. 1). Eine Gegenüberstellung der<br />

Laktatkonzentration bei der jeweiligen Leistung auf dem Ergometer<br />

ergab, dass ausserhalb der biologischen Schwankung bei Versuchswiederholung<br />

nur im Verumversuch eine statistisch gesicherte<br />

Laktatverminderung (p < 0,01) vorlag (Abb. 2).<br />

Die Aufnahme des Prüfmedikaments beeinflusste die <strong>Eisen</strong>konzentration<br />

nur im Zufallsbereich, allerdings blieben die im<br />

Placeboversuch zu beobachtenden tendenziellen <strong>Eisen</strong>konzentrationsverminderungen<br />

im Verumversuch aus. Die Fahrzeit in den<br />

Einzelversuchen verlängerte sich unter dem <strong>Einfluss</strong> des Prüfmedikaments<br />

signifikant (p < 0,05). Ebenso stieg bei der Verumgruppe<br />

die Leistung bei Laktat 2 mmol/l (PL2) bzw. die Abbruchleistung<br />

signifikant (p < 0,05 bzw. p < 0,01) an. Die Veränderungen<br />

bei der Placebogruppe (P) waren zufällig (Tab. 2, 3a).


72<br />

Im Prüfplan war eine Befindensbeurteilung (z.B. Borg-Skala)<br />

nicht vorgesehen. Trotzdem wurden nach Aufhebung der Verblindung<br />

die Sportler nachträglich befragt. Die Athleten, die das<br />

Verumpräparat bekamen, berichteten, dass sie die höheren Belastungsstufen<br />

leichter bewältigten.<br />

Diskussion<br />

Die Regulation des Säurebasenhaushaltes bzw. des pH-Wertes<br />

erfolgt nach traditioneller Vorstellung durch Lunge und Nieren.<br />

Neue Erkenntnisse zur Entsorgung und Elimination von Stoff-<br />

Neumann G. et al.<br />

– Tabelle 1: Verhalten der Mittelwerte (je n = 12) von Laktat, Base Exzess (BE), pH-Wert, Standardbicarbonat (ST-HCO 3 )<br />

und pCO 2<br />

1 = 1. Stufenbelastungstest (Vorversuch), 2 = 2. Stufenbelastungstest am 3. Studientag (Hauptversuch)<br />

Laktat [mmol/l] Vorstart ± 250 W ± 340 W ± Abbruch ± 30 min nach Belastung ±<br />

Placebo 1 1,225 0,444 2,853 1,437 8,028 3,440 9,373 2,210 5,850 2,033<br />

Placebo 2 1,313 0,391 2,733 1,557 8,001 3,323 9,803 1,906 6,529 1,595<br />

Verum 1 1,300 0,674 3,848 2,242 8,890 2,496 9,910 2,128 6,215 2,019<br />

Verum 2 0,996 0,355 3,173 1,887 7,233 1,835 10,067 2,277 6,808 2,010<br />

BE [mmol/l] Vorstart ± 250 W ± 340 W ± Abbruch ± 30 min nach Belastung ±<br />

Placebo 1 –0,63 1,38 –2,93 2,47 –9,29 5,56 –11,09 3,86 –6,72 2,96<br />

Placebo 2 –0,53 2,09 –1,59 2,21 –7,39 4,95 –10,61 3,14 –7,47 2,36<br />

Verum 1 –0,22 0,95 –3,37 3,16 –8,71 3,01 –10,70 2,41 –7,08 2,53<br />

Verum 2 0,03 1,21 –2,92 3,06 –7,91 2,91 –11,73 3,20 –8,02 2,77<br />

pH–Wert Vorstart ± 250 W ± 340 W ± Abbruch ± 30 min nach Belastung ±<br />

Placebo 1 7,364 0,019 7,332 0,036 7,260 0,084 7,239 0,063 7,301 0,034<br />

Placebo 2 7,374 0,030 7,353 0,029 7,293 0,069 7,250 0,053 7,296 0,036<br />

Verum 1 7,370 0,018 7,335 0,042 7,286 0,044 7,253 0,045 7,298 0,029<br />

Verum 2 7,375 0,016 7,341 0,042 7,300 0,038 7,233 0,055 7,286 0,032<br />

– St–HCO 3 [mmol/l] Vorstart ± 250 W ± 340 W ± Abbruch ± 30 min nach Belastung ±<br />

Placebo 1 23,40 1,11 21,60 1,85 17,08 3,80 15,73 2,54 18,79 2,10<br />

Placebo 2 23,49 1,66 22,65 1,74 18,30 3,55 16,02 2,14 18,24 1,65<br />

Verum 1 23,73 0,75 21,28 2,30 18,04 2,96 16,37 2,58 18,52 1,86<br />

Verum 2 23,94 0,96 21,61 2,27 18,61 1,18 15,30 2,13 17,83 1,99<br />

PCO 2 [mmHg] Vorstart ± 250 W ± 340 W ± Abbruch ± 30 min nach Belastung ±<br />

Placebo 1 44,20 2,04 43,73 1,97 37,58 3,37 36,15 2,83 39,05 3,06<br />

Placebo 2 42,88 2,39 43,58 1,54 37,30 3,66 35,93 2,24 38,28 1,63<br />

Verum 1 44,34 2,38 41,97 2,50 35,83 3,37 35,40 2,88 38,37 2,82<br />

Verum 2 43,96 1,79 42,25 2,46 36,89 3,20 35,87 3,22 37,88 3,16<br />

Tabelle 2: Leistung auf dem Fahrradergometer<br />

wechselendprodukten, wie CO 2 und säuernde Metaboliten (Milchsäure<br />

bzw. Laktat) lenkten die Aufmerksamkeit zusätzlich auf<br />

die Leber (Häussinger, 1987; Zander, 1995; Nöldge-Schomburg,<br />

1995).<br />

Nach ihrer Durchblutung ist die Leber mit der Niere vergleichbar.<br />

Sie erhält etwa 25% des Herzminutenvolumens, wobei das<br />

Blut zu etwa 2 /3 über den Weg Vena portae – Vena hepatica und zu<br />

1/ 3 über den Weg Arteria hepatica – Vena hepatica die Leber durchströmt.<br />

Die jüngere Literatur zeigt deutlich, dass der Leber, entgegen<br />

der vorherrschenden Lehrmeinung, eine entscheidende Rolle<br />

im Säure-Basen-Haushalt zukommt (Zander, 1995). Die Leber<br />

kann in einer Stunde soviel H + -Ionen eliminieren und damit Bikar-<br />

Vorversuch Hauptversuch Signifikanz<br />

Fahrzeit (min) Placebo 40,6 ± 4,7 41,8 ± 5,6 n.s.<br />

Verum 38,6 ± 5,7 39,9 ± 6,23 < 0,05<br />

Leistung bei Laktat 2 mmol/l Placebo 3,10 ± 0,55 3,11 ± 0,48 n.s.<br />

(PL2) in W/kg<br />

Verum 2,86 ± 0,37 3,03 ± 0,43 < 0,05<br />

Abbruchleistung (Pmax) in W/kg Placebo 4,62 ± 0,44 4,70 ± 0,46 n.s.<br />

Verum 4,37 ± 0,37 4,48 ± 0,45 < 0,01<br />

Maximale Sauerstoffaufnahme Placebo 60,7 ± 5,5 61,3 ± 5,0 n.s.<br />

(ml/kg·min)<br />

Verum 57,1 ± 5,8 57,5 ± 6,3 n.s.<br />

Maximale Herzfrequenz (Schl./min) Placebo 188,2 ± 6,6 187,5 ± 8,2 n.s.<br />

Verum 190,1 ± 16,3 190,0 ± 14,8 n.s.


<strong>Einfluss</strong> <strong>eines</strong> <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-<strong>Komplexes</strong> auf metabole Messgrössen bei Fahrradergometrie 73<br />

Abbildung 1: Vergleich der pH-Wertdifferenz im Doppelblindansatz für Placebo- und im Verumversuch. Im Verumversuch wurde ein <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<br />

<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-Komplex aufgenommen, der zu einer signifikanten Abnahme (p < 0,001) der pH-Wertdifferenz gegenüber dem Vorversuch über die<br />

Belastung führte. Dargestellt sind die individuellen Differenzen der pH-Werte zwischen Haupt- und Vorversuch und eine aus diesen Differenzen<br />

berechnete Gerade.<br />

Abbildung 2: Vergleich der Laktatdifferenz bei der Ergometerbelastung in dem Doppelblindversuch. Nach Aufnahme von KEPC war die Laktatdifferenz<br />

signifikant niedriger, d. h. es kam nach Aufnahme von KEPC zu einem geringeren Laktatanstieg. Die Abbildung zeigt die individuellen Differenzen der<br />

Laktatkonzentrationen zwischen Haupt- und Vorversuch und eine aus diesen Differenzen berechnete Gerade.<br />

Abbildung 3: Postulierte chemische Struktur des KEPC-<strong>Komplexes</strong> und<br />

ein mögliches Reaktionsprodukt.


74<br />

Tabelle 3a: Vergleich zwischen Vor- und Hauptversuch<br />

innerhalb der Einzelansätze auf signifikante<br />

Veränderungen (n. s. = nicht signifikant)<br />

Irrtumswahrscheinlichkeiten<br />

p im<br />

Wilcoxon-Test<br />

Placebo Verum<br />

Fahrzeit n. s. < 0,05<br />

PL2 n. s. < 0,05<br />

Pmax n. s. < 0,01<br />

VO 2max n. s. n. s.<br />

Hf max n. s. n. s.<br />

Irrtumswahrscheinlichkeiten<br />

p im t-Test<br />

Für die Parameter<br />

a und b der Geraden<br />

y = a + b · x<br />

p(a) p(b) p(a) p(b)<br />

BE n. s. n. s. n. s. n. s.<br />

Glucose n. s.


<strong>Einfluss</strong> <strong>eines</strong> <strong>Kalium</strong>-<strong>Eisen</strong>-<strong>Phosphat</strong>-<strong>Citrat</strong>-<strong>Komplexes</strong> auf metabole Messgrössen bei Fahrradergometrie 75<br />

Bonen A., Baker S.K., Hatta H.: Lactate transport and lactate transporters<br />

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