aus / gezeichnet / zeichnen - Akademie der Künste

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wiederum warten selbst mit entschiedenen Formulierungen autonomen zeichnerischen Denkens auf. Die fotografischen Beiträge in der Ausstellung, u.a. von Valie Export, Thomas Florschuetz und Magdalena Jetelová, verdeutlichen, dass die anfängliche Bestimmung der Fotografie als "Photogenic Drawing" nach wie vor aktuell ist. Außerdem wird gezeigt, wie der zeichnerische Gestus auch unkonventionelle Materialien und alltägliche Fundstücke zu ergreifen vermag, wie bei Günther Uecker und Tacita Dean, oder in welcher Art Künstler, wie Jochen Gerz, die Nähe der Zeichnung zur Schrift ausloten. Das Zeichnen umfasst heute alle Facetten der künstlerischen Praxis. aus / gezeichnet / zeichnen ist die erste Ausstellung der Mitglieder der Sektion Bildende Kunst seit 1993, dem Jahr der Vereinigung der Ost- und West-Akademien. Auf rund 2.000 qm Ausstellungsfläche werden insgesamt 450 Werke von 66 Künstlern gezeigt. Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Texten von den Mitgliedern der Sektion Bildende Kunst Hubertus von Amelunxen, Wulf Herzogenrath, Jan Hoet, Werner Hofmann, Robert Kudielka und Jörn Merkert erschienen. Durch ein umfassendes Vermittlungsprogramm, das sich speziell an Schüler und Jugendliche wendet, sowie durch zahlreiche Führungen wird das Zeichnen als kreativer Denkraum einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Ausstellung wurde kuratiert von Robert Kudielka, Michael Schoenholtz und Inge Zimmermann. 02__Presseinformation
03__Robert Kudielka: Über Zeichnen (Beitrag aus dem Ausstellungskatalog) Man muss nicht gleich an Bleistift, Papier und die Meister des disegno denken. Es gibt ein altes Photo, das, etwas undeutlich, aus beträchtlicher Entfernung aufgenommen, einen älteren Herrn mit einer großen Zeichenmappe unterm Arm vor dem Hintergrund einer gotischen Kirchenfassade zeigt. Die zielstrebig ausschreitende Gestalt ist Jacob Burckhardt, der auf dem Weg zu seiner Vorlesung den Basler Münsterplatz überquert. Da die Aufnahme ungefähr auf das Jahr 1890 datiert wird, ist anzunehmen, dass sich in der Mappe eine der Besprechung von Kunstwerken dienliche Auswahl von Photographien befand. Doch vielleicht waren auch noch einige Zeichnungen darunter, die Burckhardt auf seinen ersten Kunstreisen anfertigte, teils zur eigenen Vergewisserung, teils als Unterrichtsmaterial für seine Lehrtätigkeit. Erst ab Mitte der 1870er Jahre scheint er vorbehaltlos, mit einer für ihn ungewöhnlichen Erwerbsgier Photographien gesammelt zu haben. Dieser „Bildersumpf“, wie er sein Archiv liebevoll-ironisch nannte, diente freilich nicht schlechthin als Ersatz für die Übung des Zeichnens. An die Stelle des unmittelbaren zeichnerischen Zugriffs trat in Burckhardts Kunst der Betrachtung vielmehr eine sprachliche Darstellungsform, deren stilistische Prägnanz die Schule des akademischen Zeichnens verrät: die ständige, wenn auch meist unsichtbare Gegenwart des Lots; die entschiedene Disposition der großen, die Details tragenden Linien; und die kleinen losen Striche, die Schatten und Volumen anzeigen oder den größeren, über das Sujet hinaus reichenden Raum andeuten. Die Praxis des Zeichnens würde unzulässig verkürzt, wenn sie nur als eine Domäne der Künstler angesehen würde. Baldassare Castiglione hat bei seinem Versuch, neben der Ausübung der Musik auch die des Zeichnens als eine für die Bildung des Hofmanns unentbehrliche Fertigkeit zu etablieren, ausdrücklich auf den „großen Nutzen“ verwiesen, den es „zumal im Kriege“ bringen kann, „Orte, Landschaften, Flüsse, Brücken, Burgen, Festungen und ähnliche Dinge zu zeichnen“1. Wo immer es erstrebenswert ist, etwas möglichst genau zu kennen, scheint eine Zeichnung ratsam. Leonardo und Dürer waren in diesem Sinne für ihre Zeitgenossen als Ingenieure und Entwerfer wohl mindestens ebenso wichtig, wie sie für uns als Künstler bedeutsam sind. Der dem Zeichnen eigentümliche Gestus des Zeigens bringt eine primäre menschliche Kondition ans Licht: Wirklich gegenwärtig ist uns offenbar nur derjenige Sachverhalt, der noch einmal eigens vergegenwärtigt wird. Die einfache Präsenz allein genügt nicht, selbst das direkte Zeigen mit dem Finger oder der mentale Akt des Memorierens von Vorstellungen bleiben unzulänglich angesichts der Dichte und Konturlosigkeit unserer unmittelbaren Auffassungen, der inneren wie der äußeren. Um etwas in zureichendem Maße präsent zu haben, bedarf es der Repräsentation, wie sie in einer elementaren Form das Zeichnen leistet: als ein Wiederfinden, ein Erfassen des Gesehenen oder Gedachten auf einer anderen, der ursprünglichen Veranlassung entrückten Ebene. Das gilt für den Mathematiker, der sich durch die geometrische Demonstration auf einer Tafel gesetzmäßiger Zusammenhänge vergewissert, die als solche niemals vollkommen darstellbar sind, ebenso wie für den Aktzeichner, der beim Umsetzen seines Motivs in die Bildfläche Aspekte und Bezüge entdeckt, die der bloßen Anschauung verborgen geblieben wären. Was dem einen eine ungenaue, aber unerlässliche Konkretion von Wissbarem ist, gerät dem anderen durch die Abstraktion der Mittel zur Enthüllung verborgener Merkmale des Sichtbaren. In beiden Fällen scheint die Verrückung der Erkenntnisebene grundlegend. Zeichnen im weitesten Sinne ließe sich demnach als indirekte Vergegenwärtigung von etwas Abwesendem, seien es Ideen, Wahrnehmungen oder Empfindungen, auf einer frei gewählten Projektionsfläche definieren, mag diese ein Blatt Papier oder eine Höhlenwand, eine Mauer, 25.4. – 14.6.2009 www.adk.de
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