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PROJEKT INFORMATION<br />

Herausgegeben von <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> e.V.<br />

Jahrgang 16, Nr.1 Januar / Februar 2008<br />

Betroffene informieren Betroffene<br />

Die Schweizer Revolution<br />

- Entlastung für Paare mit unterschiedlichem HIV-Serostatus<br />

Die Veröffentlichung Schweizer HIV-Experten sorgt für heftige Diskussionen.<br />

Doch Vorsicht ist angebracht - zu leicht lassen sich die revolutionären Schlussfolgerungen missverstehen.<br />

Und damit wäre niemandem gedient............................................................................Seite 3<br />

Zur Wiederbelebung des Therapiekonzeptes<br />

"Eradikation von HIV"<br />

“Eradikation”, also die endgültige Heilung einer<br />

HIV-Infektion, ist so etwas wie der heilige Gral der<br />

Aids-Forschung. Zwar sind noch viele Hindernisse<br />

zu überwinden, aber die Entwicklungen der letzten<br />

Jahre machen Mut...........................................Seite 5<br />

Stressmanagement<br />

und HIV-Infektion<br />

In der Fortsetzung aus der letzten Ausgabe geht es<br />

diesmal um die verschiedenen Formen der<br />

Stressbewältigung..........................................Seite 7<br />

Editorial<br />

von Peter Lechl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

Medizin und Forschung<br />

Neues aus der Industrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

HIV/Hep B-Koinfizierte Patienten: von Therapiepausen wird<br />

abgeraten, wenn Truvada® in der ART enthalten ist . . . . . . . 10<br />

Chronische Hepatitis C: experimenteller Polymerase-Hemmer<br />

HCV-796 zeigt Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Insulinresistenz durch Nukleosidanaloga?. . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Resistente Bakterienart auf dem Vormasch . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Grundlegend & Wissenswert<br />

Warum Impfungen gegen HIV und Krebs nicht wirken . . . . . 12<br />

Beschneidung HIV-positiver Männer – präventiv oder nicht? 13<br />

Die Rolle von HIV-Positiven bei der PEP. . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Alendronat wirkt gegen Osteopenie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Leben mit HIV<br />

Die HAART senkt signifikant das Risiko für NHL . . . . . . . . . 15<br />

Wirkstoffspiegelbestimmung verdoppelt fast die Wahrscheinlichkeit,<br />

Zielwerte zu erreichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Aktuelles zur HIV-Übertragung in der Schwangerschaft . . . . 17<br />

Politik & Soziales<br />

Änderungen im Sozial- und Gesundheitswesen . . . . . . . . . . 18<br />

Unruhe unter Ärzten- Sind HIV-Patienten die Leidtragenden?19<br />

Sozialpolitische Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> e.V.<br />

Termine<br />

Positive Perspektiven- Wochenende für HIV-Positive! . . . . . 23<br />

Termine der Münchner Aids-Hilfe& des FGZ . . . . . . . . . . 23,24<br />

Herausgeber: <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> e.V. - Ickstattstraße 28 - 80469 München - www.projektinfo.de<br />

Telefon: 089 / 21 94 96 20 - Fax: 089 / 21 03 12 35 - email: info@projektinfo.de<br />

Kto. 88 45 500 bei Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00


Januar / Februar 2008<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

nach der Ruhe des Jahresbeginns ist der Alltag wieder<br />

eingekehrt mit Arzt- und Laborterminen.<br />

Unsere letzte Ausgabe war von recht optimistischen<br />

Tönen geprägt: die neuen hoffnungsvollen Entwicklungen<br />

im HIV-Bereich. Es ist sogar wieder erlaubt,<br />

von Eradikation zu sprechen, ob in<br />

absehbarer Zeit realistisch oder auch nicht. Je mehr<br />

weltweit intensiv an Problemlösungen gearbeitet<br />

wird, umso eher gibt es vielleicht einen überraschenden<br />

Durchbruch.<br />

Für viele der intensivst vorbehandelten Patienten,<br />

bisher noch mit sehr begrenzten oder keinen weiteren<br />

Therapieoptionen, bietet sich jetzt die<br />

Chance mit der Kombination aus drei wirksamen<br />

Substanzen endlich den ersehnten Therapieerfolg<br />

zu erreichen.<br />

Seit längerer Zeit rückt die Problematik „Altern mit<br />

HIV“ noch mehr in den Vordergrund. In den USA<br />

ist die Zahl der HIV-Infizierten über 50 von 2001<br />

bis 2005 um 77 % angestiegen und beträgt nun<br />

mehr als ein Viertel aller Fälle. Viele der Patienten,<br />

die in der Vergangenheit unter Nebenwirkungen<br />

der HAART litten, erhalten mittlerweile eine gut<br />

verträgliche Kombination. Aber zusätzliche Erkrankungen<br />

können auch die gegenwärtige HIV-Therapie<br />

verkomplizieren.<br />

Es stellt sich die Frage, ob wir zukünftig ein Szenario<br />

von Leiden und Gebrechen bei älteren HIV-Infizierten<br />

erleben, früher und häufiger als bei nicht<br />

HIV-Infizierten.<br />

Die Acria-Studie mit 1000 „long-term survivers“ in<br />

New York veröffentlichte 2006 eine Untersuchung<br />

zu psychologischen, nicht medizinischen Fragen<br />

und fand ungewöhnlich hohe Raten von Depression<br />

und Isolation unter älteren HIV-infizierten<br />

Menschen. Die große MACS-Kohorte will in den<br />

nächsten fünf Jahren klären, welche Gesundheitsprobleme<br />

ein direktes Ergebnis des üblichen Alterns,<br />

welche ein Resultat von HIV sind und welche<br />

Rolle die HIV-Medikamente spielen.<br />

Manche ältere HIV-Infizierte in den USA fühlen sich<br />

von den zusätzlichen Erkrankungen mit zunehmendem<br />

Alter in schwerwiegenderer Weise geplagt<br />

2<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> Jahrgang 16, Nr.1<br />

als von der HIV-Infektion vor vielen Jahren. Auch<br />

in Deutschland startet die DAGNÄ eine Studie zu<br />

zwei Patientengruppen über 50 Jahre, jeweils mit<br />

und ohne HAART.<br />

Älterwerden und von mehreren gesundheitlichen<br />

Problemen geplagt zu werden, bedeutet generell<br />

eine beeinträchtigende Lebenssituation. Was tun?<br />

Sicherlich ist es besser, nicht resigniert auf zunehmende<br />

Schwierigkeiten zu reagieren. Vieles ist<br />

möglich, dazu beizutragen, trotz mancherlei Einschränkungen<br />

aktiver und körperlich fitter zu werden,<br />

sich wohler zu fühlen.<br />

Eine strukturierte Tageseinteilung und mehr gemeinsam<br />

mit Freunden oder in Gruppen zu unternehmen,<br />

verbessert die Psyche und verdrängt die<br />

Einsamkeit.<br />

Vom 14. bis 16. März sind in Berlin die 12. Münchner<br />

AIDS-Tage zu erleben. Den Wechsel von München<br />

nach Berlin empfinden wir von <strong>Projekt</strong><br />

<strong>Information</strong> als eine anregende Abwechslung. Die<br />

Münchner AIDS-Tage sind seit jeher ein besonderer<br />

Mix von interessanten Schwerpunkten und Themen,<br />

die sonst nicht so beachtet werden. Wir<br />

freuen uns auf ein Wiedersehen und Kennenlernen<br />

mit vielen von Ihnen in Berlin.<br />

Ihr Peter Lechl


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Die Schweizer Revolution<br />

- Entlastung für Paare mit<br />

unterschiedlichem HIV-Serostatus<br />

Eigentlich ist die Schweiz ja nicht berühmt für umstürzlerische<br />

Aktivitäten, aber soeben hat eine Gruppe<br />

schweizer HIV-Fachleute in der „Schweizer Ärztezeitung“<br />

einen Artikel veröffentlicht, der weit über die<br />

schweizer Grenzen hinaus für anhaltende Diskussionen<br />

sorgen dürfte. Der Titel: „HIV-infizierte Menschen<br />

ohne andere STD (sexuell übertragbare<br />

Krankheiten) sind unter wirksamer antiretroviraler<br />

Therapie sexuell nicht infektiös“.<br />

Ein Knaller, zweifellos. Aber bevor jetzt die ersten<br />

losstürmen um endlich mal wieder Sex ohne Gummi<br />

zu haben, sollte man sich die Argumente und Schlussfolgerungen<br />

in dieser Arbeit doch etwas genauer ansehen.<br />

„icht-Infektiosität“ kann nie bewiesen werden!<br />

Zitat: „Der Nichteintritt eines unwahrscheinlichen,<br />

aber denkbaren Ereignisses ist nicht beweisbar.“ Soll<br />

heißen: Wenn es in der Wüste in den letzten 100 Jahren<br />

nicht geschneit hat, heißt das noch lange nicht,<br />

dass es dort auch nie schneien wird. Wenn es aber einmal<br />

geschneit hat, ist die These „in der Wüste schneit<br />

es nie“ sofort widerlegt.<br />

Bezogen auf die HIV-Infektion: Bis heute ist kein Fall<br />

einer HIV-Übertragung durch Küssen dokumentiert<br />

worden (deshalb gilt Küssen als „sicher“), ein echter<br />

Beweis ist dies aber nicht.<br />

Nun gehen die Autoren einen Schritt weiter: Seit Beginn<br />

der hochaktiven antiretroviralen Therapie gab es<br />

keine dokumentierte Übertragung von HIV durch<br />

einen Patienten mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze,<br />

der folgende Kriterien erfüllte:<br />

- Die Viruslast liegt seit mindestens sechs Monaten<br />

unter der achweisgrenze<br />

- Es bestehen keine Infektionen mit anderen sexuell<br />

übertragbaren Erregern (aktiver Herpes, Syphilis,<br />

Tripper, Chlamydien…)<br />

- Die antiretrovirale Therapie wird durch den<br />

HIV-Infizierten zuverlässig eingenommen und<br />

der Erfolg durch den behandelnden Arzt regelmäßig<br />

kontrolliert.<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Die Erfüllung dieser drei Kriterien soll im Folgenden<br />

kurz als „erfolgreiche ART“ (antiretrovirale Therapie)<br />

bezeichnet werden.<br />

Die Erfahrung der Ärzte ist das eine. Aber es wäre<br />

doch schön, wenn man diese Erfahrung auch etwas<br />

wissenschaftlich untermauern könnte.<br />

In Studien keine HIV-Übertragung bei nicht nachweisbarer<br />

Viruslast<br />

Dazu zitieren die Schweizer Studien, die (1. Einschränkung)<br />

vor allem in Afrika und (2. Einschränkung)<br />

bei heterosexuellen Paaren durchgeführt<br />

wurden.<br />

In allen diesen Studien mit leider recht geringen Fallzahlen<br />

(jeweils nur einige –zig bis maximal 400<br />

Paare) kam es bei Partnern von Patienten mit nicht<br />

nachweisbarer Viruslast zu keiner einzigen Infektion.<br />

In der Schweizer gibt es das Programm „License to<br />

love“, bei dem Paare mit Kinderwunsch ungeschützten<br />

Sex haben, um ein Kind zu bekommen (<strong>Projekt</strong><br />

<strong>Information</strong> berichtete in der Ausgabe Sept/Okt ´07)<br />

– auch hier bisher (62 Paare) ohne Übertragungen von<br />

HIV auf Mutter oder Kind.<br />

Für schwule Paare ist die Datenlage sehr viel dünner,<br />

aber immerhin fand man in einer Studie aus San Francisco<br />

in den Jahren 1994-1996 (vor HAART) 0,12<br />

HIV-Infektionen pro Partnerschaft, in den Jahren<br />

1996-1999 (seit 1996 ist die „hochaktive antiretrovirale<br />

Therapie, kurz HAART, verfügbar) sank diese<br />

Zahl auf 0,048, wobei bei weitem nicht alle Infizierten<br />

eine Therapie bekamen. Zumindest ein Hinweis<br />

darauf, dass die Infektiosität durch die Therapie verringert<br />

wird.<br />

Virus in den Genitalsekreten<br />

Verschiedene Untersuchungen, die nach freien (d.h.<br />

infektiösen) HI-Viren in Sperma bzw. Vaginalsekret<br />

gesucht haben, fanden einen recht deutlichen Zusammenhang<br />

mit der Viruslast im Blut. War die Viruslast<br />

im Blut nicht nachweisbar, fanden sich normalerweise<br />

auch keine Viren in den Genitalsekreten. In einigen<br />

Studien konnten zwar Virusbestandteile oder Viruserbmaterial<br />

gefunden werden, diese werden aber von<br />

den meisten Experten als nicht infektiös eingestuft.<br />

Eine Ausnahme gab es bei Patienten, die gleichzeitig<br />

eine Geschlechtskrankheit oder eine Infektion des<br />

Harntraktes hatten. Hier kann vorübergehend die Viruslast<br />

in den Genitalsekreten leicht ansteigen, ohne<br />

3


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

dass die Viruslast im Blut ansteigt.<br />

Eine besonders hohe Viruslast findet man in den Genitalsekreten<br />

frisch Infizierter. Dies erklärt, warum die<br />

Infektiosität gerade in der frühen Infektionsphase sehr<br />

hoch sein kann.<br />

Aus allen diesen Daten folgern die Autoren, dass das<br />

Risiko einer HIV-Übertragung beim Sex ohne Kondom<br />

bei nicht nachweisbarer Viruslast kleiner ist als<br />

1:100.000 (!). Natürlich bleibt immer das berühmte<br />

„Restrisiko“ aber dies ist nach Ansicht der Autoren<br />

„vernachlässigbar klein“.<br />

Umsetzung in die Praxis<br />

Die Autoren sind sich bewusst, dass ihre Aussagen<br />

missverstanden werden könnten und geben gleich<br />

selbst einige „Gebrauchsanleitungen“:<br />

Ärzte sollen die Kriterien kennen, um zu beurteilen,<br />

ob ein Patient „sexuell nicht infektiös“ ist. Dazu müssen<br />

die drei eingangs aufgeführten Kriterien erfüllt<br />

sein.<br />

Nach wie vor gelten jedoch für den Zeitpunkt des<br />

Therapiebeginns medizinische Gründe, d.h. niemand<br />

sollte zu einer HIV-Therapie gedrängt werden, damit<br />

er/sie weniger infektiös ist.<br />

Feste Partnerschaften<br />

Die größte Bedeutung hat die Botschaft der Schweizer<br />

sicher für feste Beziehungen. HIV-Infizierte unter<br />

erfolgreicher ART ohne weitere sexuell übertragbare<br />

Krankheiten sollen wissen, dass sie ihren Partner nicht<br />

gefährden. Die Entscheidung, ob beim Sex auf Kondome<br />

verzichtet werden soll, obliegt nach eingehender<br />

<strong>Information</strong> und Beratung dem HIV-negativen<br />

Partner.<br />

Vertrauen und Ehrlichkeit spielen in diesem Zusammenhang<br />

eine unverzichtbare Rolle. Denn wenn es zu<br />

Kontakten außerhalb der Partnerschaft (und damit<br />

möglicherweise zu sexuell übertragbaren Infektionen<br />

kommt), muss der Partner informiert werden und entsprechende<br />

Maßnahmen ergriffen werden, da die<br />

HIV-Infektiosität während einer anderen Infektion ja<br />

möglicherweise erhöht ist.<br />

Sex mit wechselnden Partnern<br />

Für den Sex in der „freien Wildbahn“ ändert sich eigentlich<br />

am wenigsten. Wer keine große Lust hat mit<br />

seinem Partner über das Thema zu diskutieren, macht<br />

weiterhin Safer Sex.<br />

4<br />

Auch wenn das Gegenüber versichert, er/sie sei „HIVnegativ“<br />

oder „unter der Nachweisgrenze“ ist immer<br />

die Frage,<br />

a) wie ehrlich und<br />

b) wie aktuell<br />

diese Aussage ist. Seit dem letzten negativen HIV-Test<br />

oder der letzten Viruslastkontrolle kann viel passiert<br />

sein und gerade frisch Infizierte mit anfänglich hoher<br />

Viruslast gelten als besonders infektiös.<br />

Hat man aber selbst eine erfolgreiche ART und ist anderweitig<br />

gesund, so muss man keine Angst haben,<br />

sein Gegenüber möglicherweise zu infizieren.<br />

Die Prävention wird schwieriger<br />

Die Zeiten, in denen einfache Botschaften wie „Kondome<br />

schützen“ bzw. in der Schweiz „kein Bums<br />

ohne Dings“ ausreichten, dürften damit endgültig vorbei<br />

sein. Jetzt sind Regeln gefragt, die auf die individuelle<br />

Situation des Ratsuchenden zugeschnitten sind.<br />

Die Beratung wird schwieriger und die Eigenverantwortung<br />

wird dadurch noch wichtiger als bisher.<br />

Rechtssprechung<br />

In letzter Zeit kam es vermehrt zu Verurteilungen von<br />

HIV-Positiven, die mit HIV-Negativen ungeschützten<br />

Sex hatten, auch wenn es dabei zu keiner Infektion<br />

gekommen ist. Nach Auffassung der Schweizer kann<br />

ungeschützter Sex zwischen einem HIV-Infizierten<br />

mit erfolgreicher ART und einem HIV-Negativen<br />

weder den Tatbestand der versuchten Verbreitung<br />

einer gefährlichen Krankheit noch den Tatbestand der<br />

versuchten gefährlichen Körperverletzung (beides Begriffe<br />

aus dem Schweizer Strafgesetzbuch) erfüllen.<br />

Es bleibt abzuwarten, wie lange es dauert, bis diese<br />

Erkenntnis auch bei den Juristen angekommen ist.<br />

Erste Reaktionen<br />

Es sei nicht verschwiegen, dass die Schweizer Veröffentlichung<br />

auch in der HIV-Community zu heftigen<br />

Diskussionen geführt hat, die sicher noch eine Weile<br />

andauern werden.<br />

Mittlerweile hat sich in einem anonymen Forum auch<br />

ein schwuler Mann gemeldet, der sich bei seinem<br />

Freund angesteckt hat, obwohl dieser seit längerer<br />

Zeit eine erfolgreiche Dreifachkombination einnahm<br />

und keine andere sexuell übertragbare Krankheit<br />

hatte. Eine genetische Untersuchung ergab, dass beide<br />

den selben Virustyp hatten. Da dieser Patient bisher


Jahrgang 16, Nr.1<br />

anonym geblieben ist, ist eine Nachprüfung seiner Angaben<br />

schwierig.<br />

Offene Fragen<br />

Noch sind viele Fragen ungeklärt. Speziell das Risiko<br />

der HIV-Übertragung beim Analverkehr wurde bisher<br />

noch viel zu wenig untersucht. Außerdem beziehen<br />

sich die meisten Studien immer noch auf Heterosexuelle.<br />

Somit sind Aussagen zu möglichen Risiken<br />

bestenfalls Schätzungen auf der Basis von Grundlagenforschung.<br />

Hier sind weitergehende Untersuchungen<br />

dringend nötig, um das leidige „Restrisiko“<br />

genauer bestimmen zu können.<br />

Quelle:<br />

http://www.saez.ch/pdf_d/2008/2008-05/2008-05-089.PDF<br />

Wer sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen<br />

möchte, dem sei die detaillierte Darstellung von Bernd<br />

Vielhaber empfohlen:<br />

http://www.hivreport.de/media/de/2008_01_HIVReort.pdf<br />

S. Schwarze<br />

Zur Wiederbelebung des Therapiekonzeptes<br />

"Eradikation von HIV"<br />

In den letzen 10 Jahren konnte man fast nur hinter<br />

vorgehaltener Hand über die Möglichkeit, HIV durch<br />

antiretrovirale Therapie zu eliminieren und damit eine<br />

"Heilung" der Infektion herbeizuführen, diskutieren.<br />

Dieses für die Behandlung einer jeden Infektionskrankheit<br />

eigentlich zwingende Ziel ließ sich – so<br />

musste man immer deutlicher erkennen – mit den verfügbaren<br />

Medikamenten nicht erreichen. Dennoch hat<br />

in letzter Zeit dieser Gedanke wieder verstärkte Beachtung<br />

gefunden.<br />

Warum? Zum einen sind die Bemühungen um eine effektive<br />

Prävention (Entwicklung von Impfstoffen und<br />

wirksamen Mikrobiziden) im letzten Jahr erneut gescheitert,<br />

zum anderen hat die Zulassung neuer Medikamente<br />

die Hoffnung angefacht, das Ziel der<br />

Eradikation auch bei chronischen HIV-Infektionen<br />

mit den neuen Medikamenten vielleicht doch erreichen<br />

zu können.<br />

Insbesondere die Zulassung des ersten Integrase-Inhibitors,<br />

der den Einbau der viralen DNA in das Zell-<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

genom und damit die bleibende Infektion einer Zelle<br />

verhindern kann, hat wieder Hoffnungen geschürt.<br />

Im Dezember 2007 wurde in der Karibik eine "HIV-<br />

Eradication- Conference im Rahmen des 3. Internationalen<br />

Workshops on "HIV-Persistance during<br />

Therapy" durchgeführt. David Margolis aus North<br />

Carolina hat sich der Aufgabe unterzogen, einen detaillierten<br />

Bericht dieser Konferenz zu publizieren.<br />

Wie immer, wenn man ein großes Ziel erreichen will,<br />

muss man die Hürden erkennen und überwinden, die<br />

das Erreichen dieses Zieles verhindern können. Bis<br />

heute ist im Hinblick auf die Entwicklung von Impfstoffen<br />

nicht völlig klar, welche Immunitätslage erforderlich<br />

ist um das "Angehen" einer Infektion nach<br />

Exposition zu verhindern. Nicht weniger dürftig ist<br />

unser Kenntnisstand zum Zusammenwirken notwendiger<br />

Faktoren, um das dauerhafte Überleben des<br />

Virus (Persistenz) in der Zelle, bzw. ebenso wichtig<br />

den Ruhezustand des Virus (Latenz) zu ermöglichen.<br />

Viele Einzelfaktoren sind bekannt, doch das Gesamtbild<br />

bleibt verschwommen, unter welchen Umständen<br />

es zur Viruslatenz kommt, d. h. trotz HIV-Infektion<br />

bleibt der Immunstatus intakt und eine Virusvermehrung<br />

findet kaum statt. Vier Untersuchungsmodelle<br />

könnten helfen, die notwendigen Schritte zu verstehen<br />

und dann beim Infizierten auch einzuleiten, die<br />

vom Stadium der viralen Latenz zur Eradikation des<br />

Virus führen könnten.<br />

Zunächst müssen die Unterschiede in den Gewebereservoirs<br />

bei Menschen, bei denen die HIV-Erkrankung<br />

fortschreitet (“Progressors”) und solchen, bei<br />

denen sie über längere Zeit eben nicht fortschreitet<br />

(“Nonprogressors”) miteinander verglichen werden.<br />

Geeignet erscheint das Modell der Infektion von Makaken<br />

mit einem pathogenen Stamm von SIV (Simian<br />

Immunodeficiency Virus, eine Art “Affen-HIV”), da<br />

etwa ein Drittel der infiziertenTiere long- term-nonprogressors<br />

werden. Die Untersuchung verschiedener<br />

Gewebekompartimente (Blut, Lymphknoten, Darm<br />

ect.) ergab, dass insbesondere der Darm der Ort starker<br />

viraler Persistenz und Replikation selbst bei den<br />

Tieren war, die eine niedrige oder sogar nicht messbare<br />

Viruslast im Blut hatten. Das Ausmaß der viralen<br />

Replikation in den Geweben war direkt korreliert<br />

mit der Höhe der zellulären Aktivierung in diesen Geweben.<br />

Eine Eradikations-Strategie muss also auch<br />

die unterschiedlichen (Virus-)Belastungen in verschiedenen<br />

Gewebekompartimenten berücksichtigen.<br />

5


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Der Nachteil dieses Modells besteht vor allem darin,<br />

dass die in der Humanmedizin verfügbaren antiretroviralen<br />

Substanzen auf SIV z.T. wenig wirksam sind.<br />

Der Einsatz neuer Integrase-Inhibitoren in Kombination<br />

mit NRTIs führte zwar im Modell zu einer erheblichen<br />

Reduktion der Viruslast auf weniger als 100<br />

Kopien/ml, doch ließ sich bei den meisten Tieren in<br />

dieser Untersuchung dennoch eine Kopienzahl von<br />

über 50/ml messen. Selbst eine Vierfach-Therapie erreichte<br />

keine Suppression unter 50 Kopien/ml. Eine<br />

vollständige Unterdrückung der Virusreplikation ist<br />

jedoch zwingend erforderlich, um das Ziel "Eradikation"<br />

möglich zu machen.<br />

Ein anderes Tiermodell könnte FIV (Feline Immunodeficiency<br />

Virus; “Katzen-HIV”) sein. Nach vorläufigen<br />

Daten scheint mit einer Kombinationstherapie<br />

tatsächlich eine vollständige Suppression der Virusneubildung<br />

in diesem Modell erreichbar zu sein.<br />

Grundlagenwissenschaftliche Untersuchungen zur<br />

Rolle bestimmter Zellfaktoren (des nukleären Faktors<br />

NF-κB) für die Virusreplikation haben interessante<br />

Befunde ergeben. NF-κB ist eine Schlüsselsubstanz<br />

für die Virusvermehrung. Zelluläre Stimulation induziert<br />

die Bildung von NF-κB, das in kleinen Mengen<br />

die Virusexpression behindert, in größeren<br />

Mengen diese jedoch stark stimuliert. Die Konsequenz<br />

aus diesen Befunden spricht für eine vorsichtige<br />

und dauerhafte Stimulation der infizierten<br />

Zellen, aber um Gottes Willen nicht so stark, dass der<br />

antivirale Effekt der ART verloren geht oder gar das<br />

Immunsystem geschädigt wird.<br />

Eine mögliche Etappe auf dem Wege zur Eradikation<br />

von HIV könnte die Verminderung der mit HIV<br />

ruhenden CD4-T-Zellen darstellen. In einer Pilotstudie<br />

mit Valproinsäure konnte bei immerhin 3 von 4<br />

Freiwilligen dieser Effekt erreicht werden. Weitere<br />

Substanzen, die auf diesen Mechanismus abzielen,<br />

sind in der Entwicklung.<br />

Dabei ergab sich als Problem, wie denn reproduzierbar<br />

das Reservoir an latent infizierten Zellen, also die<br />

in die Zelle integrierten HIV-Genome quantitativ in<br />

einer Einzelzelle oder im Gewebe gemessen werden<br />

könnte. Hier wird in verschiedenen Labors weltweit<br />

die Entwicklung von messbaren Surrogatmarkern vorangetrieben.<br />

Der Entwicklungsstand solcher Testsysteme<br />

ist jedoch noch weit von der klinischen<br />

Einsetzbarkeit entfernt.<br />

Auch im Immunsystem gibt es offenbar Probleme, die<br />

einer Eradikation des Virus durch kontinuierliche an-<br />

6<br />

tiretrovirale Therapie entgegen stehen könnten. So<br />

wurde beobachtet, dass wahrscheinlich vor allem in<br />

Lymphknoten eine Zell-zu- Zell-Transmission von<br />

HIV erfolgt. Bei einem solchen Übertragungsweg<br />

sind möglicherweise bestimmte Klassen der antiretroviralen<br />

Therapie z. B. Entry-Inhibitoren unwirksam.<br />

In San Francisco wurden "Elite-Controllers" untersucht,<br />

eine – leider – sehr kleine Gruppe von Patienten<br />

mit einer Viruslast von weniger als 50 Kopien/ml<br />

ohne Behandlung. Solche Patienten langfristig zu untersuchen,<br />

könnte sehr sinnvoll sein im Hinblick auf<br />

eine HIV-Eradikation. Die Mehrheit dieser Controller<br />

hat eine sehr niedrige Viruslast, die sich über die Zeit<br />

kaum verändert. Starke HIV-spezifische Immunantworten<br />

wurden bei vielen dieser Patienten gefunden<br />

mit einer mäßigen T-Zellaktivierung, die aber ein<br />

ungewönliches Muster aufweist.<br />

In einer weiteren Untersuchung an Elite-Controllers<br />

mit einem hochempfindlichen Test mit der Nachweisgrenze<br />

von 1 Kopie RNA/ml konnte nach Beginn<br />

einer ART eine 4. Phase des Virusabfalls festgestellt<br />

werden. Wenn die Halbwertszeit des Abfalls der<br />

Viruslast in den Phasen 1-3 zwischen 1 ½ Tagen und<br />

39 Wochen lag, war die in der Phase 4 nach Woche<br />

180 unbestimmbar lang. 77% dieser Patienten hatten<br />

in 7 Jahren der Beobachtung eine niedrige Virämie<br />

zwischen 1 und 99 HIV-Kopien und sämtliche Patienten<br />

hatten mindestens eine Viruslast von mehr als<br />

1 Kopie/ml messbar. Der Virusabfall in Phase 3 und<br />

4 war eng korreliert mit der Baseline-Viruslast vor<br />

Therapiebeginn.<br />

Daraus wurde geschlossen, dass die verbleibende<br />

Virusproduktion während einer erfolgreichen Therapie<br />

wohl aus Zellen stammt, die bereits vor Therapiebeginn<br />

infiziert waren. Diese Virämie kommt<br />

offenbar aus mindestens zwei Zellkompartimenten,<br />

einem, dessen Virusabfall über die Zeit erfolgt, und<br />

einem zweiten, in dem die Virusproduktion stabil<br />

bleibt für mindestens 7 Jahre.<br />

Ein weiteres Problem für die Eradikation könnte die<br />

Infektion des Zentralen Nervensystems darstellen.<br />

Keineswegs immer ist die Viruslast in diesem Kompartiment<br />

vergleichbar hoch wie die im Blut.<br />

In einer weiteren Sitzung wurde diskutiert, was aus<br />

der frischen (primären) HIV-Infektion und ihrer Behandlung<br />

für die Eradikation gelernt werden könnte.<br />

In New York wurde eine Patientengruppe mit akuter<br />

oder – etwas später – früher HIV-Infektion (AEI) mit


<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1 Januar / Februar 2008<br />

einer Darmspiegelung (endoskopisch) untersucht. Innerhalb<br />

von 2 – 4 Wochen nach der Infektion kam es<br />

zu einem dramatischen Abfall der CD4-positiven<br />

Zellen um 60% im Dickdarm. 18 von 54 AEI hatten<br />

wiederholte Darmbiopsien über 3 Jahre unter<br />

HAART, 22 weitere wurden noch einmal untersucht<br />

nach 1–7 Jahren erfolgreicher, ununterbrochener<br />

Therapie. 70% der untersuchten Patienten behielten<br />

eine Minderung von 50 – 60% der Lymphozyten in<br />

der Darmschleimhaut trotz ART über 1-7 Jahre. Eine<br />

mäßige Erholung trat meist 1-3 Jahre nach Therapiebeginn<br />

auf, etwas mehr noch nach 3-7 Jahren.<br />

Die Zellzahlen der gesunden Kontrollpersonen wurden<br />

jedoch bei keinem einzigen Patienten trotz Therapie<br />

erreicht.<br />

Bevorzugt kam es im Darm zum Verlust von Lymphozyten<br />

mit CCR5- und CXCR4-Rezeptoren, das<br />

Ausmaß der Immunaktivierung der peripheren<br />

Blutzellen ging zurück auf das Niveau der nicht infizierten<br />

Kontrollen, blieb jedoch erhöht im Magen-<br />

Darmtrakt bei allen Patienten mit dauerhafter<br />

CD4-T-Zellverminderung trotz Therapie. Es ergaben<br />

sich Hinweise darauf, dass eine geringere CD4-Zellaktivierung<br />

im Magen-Darmtrakt mit einer<br />

verbesserten CD4-Zellerholung im Darm korrelierte.<br />

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen,<br />

dass auch im SIV-Makakenmodell nach Infektion ein<br />

dramatischer Verlust der CD4-positiven Lymphozyten<br />

im Darm zu beobachten war. Die Erholung unter ART<br />

war im Tiermodell komplett bei einem Therapiebeginn<br />

innerhalb von 2 Wochen nach Infektion, nicht<br />

mehr jedoch, wenn der Therapiebeginn erst nach mehr<br />

als 4 Wochen erfolgte.<br />

Die letzte Sitzung dieser Konferenz befasste sich mit<br />

neuen Medikamenten zur Erzielung der Eradikation.<br />

Mitarbeiter von pharmazeutischen Firmen, denen man<br />

vielleicht nicht sofort höchstes Interesse an der Entwicklung<br />

von Eradikationsstrategien unterstellt,<br />

berichteten von den vielfältigen Bemühungen um<br />

medikamentöse Neuentwicklungen zu diesem Problem.<br />

Dabei konzentriert sich das Interesse auf Hemmstoffe<br />

der Histon-Deazetylase (HDAC) (z.B.<br />

Valproinsäure oder Derivate) Diese HDAC haben sich<br />

als sinnvolle biologische Ziele erwiesen. Vorläufig<br />

werden diese Hemmstoffe in in vitro-Systemen (mit<br />

allen beschriebenen Problemen) getestet.<br />

Des weiteren wurden auch andere Angriffspunkte<br />

diskutiert, z.B. monoklonale Antikörper gegen Oberflächenstrukturen<br />

von HIV, die mit einem Zellgift<br />

(Doxorubicin) zur Elimination HIV-infizierter Zellen<br />

gekoppelt wurden. In vitro und im Mausmodell erwies<br />

sich diese Strategie als effektiv. Auch ein alter Bekannter,<br />

das Acidokarbonamid (ADA) kommt als Zinkfingerinhibitor<br />

wieder ins Bild.<br />

Wie nicht anders zu erwarten ist der Weg zur Eradikation<br />

steinig. Das beste ist, dass man dieses Ziel wieder<br />

ins Visier nimmt. Wie auch bei der gesamten Entwicklung<br />

der ART bisher bringen vor allem grundlagenwissenschaftliche<br />

Untersuchungen der<br />

molekularen Mechanismen das Problem einer Lösung<br />

näher. Klar ist, dass noch viel Zeit bis zum Erfolg<br />

vergehen wird. Dennoch könnte geschehen, dass eine<br />

Eradikation von HIV mit Medikamenten eher gelingt<br />

als die Einführung einer erfolgreichen Impfung.<br />

Quelle:<br />

Margolis, D. : A band of optimists considers the world towards<br />

a distant goal: Eradication. Report from HIV-Eradication<br />

Conference, 3rd. International Workshop on HIV<br />

Persistence during Therapy, West Indies, St. Maartin<br />

http://www.natap.org/2007/HIV/121107_03.htm<br />

F.-D. Goebel<br />

Stressmanagement<br />

und HIV-Infektion<br />

Chronischer Stress und Depression können negative<br />

Auswirkungen auf Lebensqualität und Krankheitsprogression<br />

bei HIV-Infizierten haben (vgl. <strong>Projekt</strong><br />

<strong>Information</strong> Nov./Dez. 2007). Aber gerade HIV-positive<br />

Menschen sind von einer Vielzahl vonStressauslösern<br />

(Stressoren) betroffen und leiden<br />

entsprechend häufig an Depressionen und Angststörungen.<br />

Ob Stressoren, also Belastungen und Anforderungen,<br />

zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen führen,<br />

hängt stark davon ab, wie mit diesen Stressoren umgegangen<br />

wird. Studien konnten zeigen, dass verschiedene<br />

neuroendokrine (nervliche und hormonelle)<br />

Reaktionen des Körpers auf Stressoren abhängig von<br />

der Bewertung des Stressors als kontrollierbar oder<br />

unkontrollierbar und von der Art der Bewältigungsstrategie<br />

(aktiv oder passiv) waren. Typische Reaktionen<br />

und Verhaltensweisen, die mit negativen<br />

Auswirkungen verbunden sind, sind Schwarz-Weiß-<br />

Denken, Hoffnungslosigkeit, Katastrophisieren, Verleugnen.<br />

Dagegen wirken sich aktive problembezogene Be-<br />

7


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

wältigungsstrategien, Optimismus und das Gefühl<br />

persönlicher Kontrolle über die Stressoren eher positiv<br />

aus.<br />

Bei der Bewältigung von Stress und Depression können<br />

verschiedene Techniken und Maßnahmen sehr<br />

hilfreich sein. Die positiven Auswirkungen auf Lebensqualität<br />

und Wohlbefinden, und zum Teil auch<br />

auf immunologische Parameter, der nachfolgenden<br />

Interventionen sind in wissenschaftlichen Studien erforscht<br />

und belegt worden.<br />

Entspannungstechniken: Entspannungstechniken<br />

dienen dazu, Ängste, Anspannungen und andere Arten<br />

von Stressreaktionen zu reduzieren. Die wichtigste<br />

Entspannungstechnik ist die Progressive Muskelentspannung,<br />

in der ein Entspannungszustand durch das<br />

systematische An- und Entspannen der wichtigsten<br />

Muskelgruppen hergestellt wird. Eine andere Entspannungstechnik<br />

ist das Autogene Training, das auf<br />

dem Prinzip der Autosuggestion basiert.<br />

Massage: Die Massage ist eine passive Entspannungstechnik<br />

mit positiven Auswirkungen auf Wohlbefinden,<br />

neuroendokrine und immunologische<br />

Parameter. In einer Studie mit HIV-Infizierten wurden<br />

signifikant Ängste reduziert und Entspannung gesteigert.<br />

Die Anzahl natürlicher Killerzellen wurde<br />

gesteigert und der Kortisolspiegel im Urin gesenkt.<br />

Sportliche Aktivität: Sport und Bewegung zählt zu<br />

den wichtigsten und effektivsten Maßnahmen der<br />

Stresskontrolle. Verschiedene Studien mit HIV-positiven<br />

Probanden konnten zeigen, dass sich sportliche<br />

Aktivität positiv auf Ängste und Depressionen auswirkt,<br />

und Immunparameter und Krankheitsprogression<br />

positiv beeinflusst. So konnte in einer Studie<br />

gezeigt werden, dass schwule HIV-infizierte Männer,<br />

die ihren Serostatus noch nicht kannten und auf ihr<br />

HIV-Testergebnis warteten, nicht mit einem Anstieg<br />

von Angst und Depression auf das Testergebnis reagierten,<br />

wenn sie an einem zehnwöchigen Bewegungstraining<br />

teilnahmen, im Gegensatz zu einer<br />

Kontrollgruppe von Männern, die nicht an diesem<br />

Training partizipierten. Darüber hinaus zeigten die<br />

trainierenden Männer bessere Werte in verschiedenen<br />

immunologischen Parametern. Selbst zwei Jahre später<br />

hatten weniger der trainierenden HIV-positiven<br />

eine AIDS-Diagnose als Männer aus der nicht-trainierenden<br />

Kontrollgruppe.<br />

Kognitiv-behaviorale Stressmanagement-Techniken:<br />

Diese Techniken dienen dazu, negative und un-<br />

8<br />

angebrachte Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen<br />

in Reaktion auf Anforderungen und Belastungen<br />

zu verändern. Beim Kognitiven Restrukturieren wird<br />

z.B. gelernt, selbstschädigende negative gedankliche<br />

Bewertungen von Stressoren zu erkennen und zu ersetzen<br />

durch angebrachte Bewertungen, die eine passende<br />

Reaktion auf den Stressor ermöglichen. Beim<br />

Training von Bewältigungstechniken werden angemessene<br />

Verarbeitungsstrategien für unterschiedliche<br />

Arten von stressreichen Situationen erlernt. Weitere<br />

Beispiele für diese Stressmanagementtechniken sind<br />

Aggressionsbewältigungs- und Selbstbehauptungstrainings.<br />

Wer diese Techniken erlernen möchte:<br />

Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung<br />

und Autogenes Training werden von<br />

Krankenkassen, Volkshochschulen, aber auch niedergelassenen<br />

Psychologen und z.T. Ärzten angeboten.<br />

Die kognitiv-behavioralen Stressmanagement-Techniken<br />

finden vor allem in verhaltenstherapeutisch ausgerichteten<br />

Psychotherapien Einsatz. Psychotherapien<br />

sind vor allem dann angezeigt, wenn bereits eine Depression<br />

vorliegt, die Kosten werden in der Regel von<br />

den Krankenkassen übernommen. Die Überweisung<br />

zu einem Psychotherapeuten kann der HIV-Schwerpunktarzt<br />

übernehmen.<br />

Quelle:<br />

Antoni, M.H. (2005). Behavioural interventions and psychoneuroimmunology.<br />

In K. Vedhara & M. Irwin (Eds.),<br />

Human psychoneuroimmunology (285-318). ew York: Oxford<br />

University Press.<br />

Autor: Jochen Drewes<br />

HIV-Therapie-Hotline<br />

ACHTUNG:<br />

NEUE TELEFONNUMMER<br />

Telefon: 089 - 54 333 - 123<br />

Montag - Donnerstag 16 - 19 Uhr<br />

therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de<br />

Betroffene infomieren Betroffene<br />

zu Therapiefragen


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Medizin & Forschung<br />

Neues aus der Industrie<br />

Erste „eine Tablette, einmal täglich“-HIV-<br />

Kombination in der EU zugelassen.<br />

Am 17.12.2007 wurde in den Ländern der EU die Fixkombination<br />

aus Efavirenz (Sustiva®), Tenofovir (Viread®)<br />

und Emtricitabine (Emtriva®) unter dem<br />

Handelsnamen Atripla® zugelassen. Die Kombination<br />

aus Viread® und Emtriva® ist schon länger als<br />

Truvada® erhältlich.<br />

Atripla® darf laut der Zulassung nur eingesetzt werden,<br />

wenn der Patient zuvor schon mit den Einzelsubstanzen<br />

behandelt worden war und keine<br />

Resistenzen gegen einen Bestandteil der Kombination<br />

hat. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass<br />

für die Zulassung lediglich Bioäquivalenzstudien gemacht<br />

wurden, d.h. es wurde untersucht, ob die aus<br />

der Gabe der Kombinationstablette resultierenden<br />

Medikamentenspiegel vergleichbar sind mit denen der<br />

Einzelsubstanzen.<br />

Auch wenn bezweifelt werden darf, ob die Reduktion<br />

der Pillenzahl von zwei Tabletten einmal täglich (Sustiva®<br />

+ Truvada®) auf nur eine (Atripla®) tatsächlich<br />

die Compliance verbessern kann, so ist doch ein<br />

gewisser psychologischer Effekt dabei. Der Nachteil<br />

ist, dass in besonderen Fällen keine Dosisanpassung<br />

der einzelnen Substanzen erfolgen kann.<br />

Eine besondere Bedeutung hat Atripla® auch deshalb,<br />

weil hier erstmalig die Medikament zweier Hersteller<br />

in eine Pille gepackt wurden (Sustiva®: BMS, Viread®/Emtriva®:<br />

Gilead). Dies hatte entsprechende<br />

Diskussionen um die haftungsrechtliche Situation zur<br />

Folge, die die Zulassung erheblich verzögerten.<br />

Quelle: finanzen.net<br />

Erster Integrasehemmer in der EU zugelassen<br />

Am 21.12.2007 wurde der erste Vertreter der HIV-Integrasehemmer,<br />

Raltegravir (Isentress®) in den Ländern<br />

der EU zugelassen. Die Entwicklung der<br />

Integrasehemmer begann praktisch zeitgleich mit der<br />

Entwicklung der Proteasehemmer, erwies sich aber<br />

als ungleich schwieriger. Doch die Anstrengungen<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

haben sich gelohnt. In den bisherigen Studien hat sich<br />

Isentress® als außerordentlich wirksam und gleichzeitig<br />

gut verträglich erwiesen. Mit dieser Substanz<br />

gelang es bei vielen Patienten trotz zahlreicher Vorbehandlungen<br />

und mehrfacher Resistenzen die Viruslast<br />

wieder unter die Nachweisgrenze zu senken.<br />

Allerdings sollte auch Raltegravir möglichst mit zwei<br />

weiteren, (voll) wirksamen Substanzen gegeben werden,<br />

um eine Resistenzentwicklung zu verhindern,<br />

denn nach bisherigen Erfahrungen reichen bereits ein<br />

bis zwei Resistenzmutationen gegen Raltegravir aus<br />

um die Wirksamkeit aufzuheben.<br />

Besonders hervorzuheben ist, dass Isentress® nicht<br />

mit Ritonavir geboostet werden muss und auch nicht<br />

über das Cytochrom-System der Leber abgebaut wird.<br />

Dies ist wichtig für Patienten, die Ritonavir nicht vertragen,<br />

oder die Begleitmedikamente einnehmen müssen,<br />

die ihrerseits das Cytochrom-System<br />

beeinflussen oder darüber abgebaut werden.<br />

Bisher ist Isentress® nur zum Einsatz bei vorbehandelten<br />

Patienten mit nachweisbarer Viruslast zugelassen.<br />

Das heißt aber auch, dass streng genommen eine<br />

Umstellung auf eine Kombination mit Isentress® nur<br />

wegen eines Therapieversagens erfolgen kann, nicht<br />

z.B. wegen Unverträglichkeit der bisherigen Kombination.<br />

Die Studien zum Einsatz bei unvorbehandelten<br />

Patienten laufen derzeit.<br />

Quelle: Merck USA<br />

Erster RTI der 2. Generation in den USA<br />

zugelassen<br />

Am 18.01.2008 wurde in den USA der nicht nukleosidische<br />

Reverse Transkriptase Inhibitor (NNRTI)<br />

Etravirine (Intelence®, vormals TMC-125) zugelassen.<br />

Etravirine ist teilweise auch noch wirksam gegen HI-<br />

Viren, die bereits Resistenzen gegen Nevirapin (Viramune®)<br />

oder Efavirenz (Sustiva®) haben.<br />

In den Zulassungsstudien (DUET-1 und -2) waren<br />

erstmals zwei neue, d.h. noch nicht zugelassene Substanzen<br />

(Etravirine und Darunavir) erlaubt.<br />

Die Zulassung erstreckt sich auf den Einsatz bei vorbehandelte<br />

Patienten mit messbarer Viruslast und Resistenzmutationen<br />

gegen Sustiva® oder Viramune®.<br />

Die häufigsten Nebenwirkungen in den Studien waren<br />

Ausschlag (16,9% der Patienten) und Übelkeit<br />

(13,9%).<br />

Quelle: FDA<br />

9


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

HIV/Hep B-Koinfizierte Patienten:<br />

von Therapiepausen wird abgeraten,<br />

wenn Truvada® in der ART enthalten ist<br />

Truvada®, die Kombination aus Tenofovir (Viread®)<br />

und Emtricitabin (Emtriva®), wird in der antiretroviralen<br />

Therapie (ART) eingesetzt. Bei HIV-Patienten<br />

sind die in Truvada® enthaltenen Substanzen auch zur<br />

Kontrolle einer zusätzlichen chronischen Hepatitis B-<br />

Infektion (HBV) sehr wirksam. Therapiepausen bei<br />

HIV/HBV-koinfizierten Patienten sind sehr kritisch,<br />

weil das Absetzen der relevanten Substanzen zum<br />

Aufflammen einer akuten Hepatitis bis hin zum Leberversagen<br />

führen kann.<br />

In STACCATO, einer Studie zu CD4-gesteuerten<br />

Therapiepausen, war es möglich, den Einfluss von<br />

Therapieunterbrechungen bei HIV/HBV koinfizierten<br />

Patienten, die eine ART inklusive Truvada® einnahmen,<br />

zu studieren. Bei der hier untersuchten Gruppe<br />

handelte es sich um thailändische Patienten, die an<br />

STACCATO teilnahmen. In Thailand tritt die<br />

HIV/HBV-Koinfektion häufig auf.<br />

Die internationale, randomisierte (zufällige Verteilung)<br />

Studie verglich die fortlaufende Therapie mit<br />

CD4-gesteuerten Pausen mit einem Schwellenwert<br />

von 350 CD4-Zellen/mm³. Bei den HIV/HBV-koinfizierten<br />

Thai-Patienten, die eine Therapie inklusive Viread®<br />

starteten, erfolgten wiederholte Bestimmungen<br />

der Leberwerte (Transaminasen) GOT und GPT und<br />

Hepatitis B-Viruslasten in der 4., 8., 12. Woche und<br />

alle 12 Wochen danach, bis zum Ende von STAC-<br />

CATO. Bei den Patienten mit Therapiepausen, deren<br />

Transaminasen jeweils um das fünffache und mehr<br />

über dem oberen Normalwert lagen, wurde sofort die<br />

ART inklusive Viread® wiedergestartet. Unter den<br />

362 Thai-Patienten in der STACCATO-Studie waren<br />

16 mit einem nachweisbaren HBs-Antigen, als die Viread®-Behandlung<br />

begonnen wurde. Sechs Patienten<br />

waren im Studienarm kontinuierliche Therapie, 10 im<br />

CD4-gesteuerten Pausenarm. Sechs dieser letztgenannten<br />

Patienten unterzogen sich ein bis zwei (Mittel<br />

1,3) der Pausen/Therapiewiederbeginn-Zyklen.<br />

Die Transaminasenwerte zu Studienbeginn waren bei<br />

acht Patienten normal. Sechs Patienten hatten eine<br />

zweifache Erhöhung des oberen Normalwertes, zwei<br />

eine dreifache Erhöhung. Sieben Patienten wiesen ein<br />

positives HBe-Antigen auf.<br />

10<br />

Truvada® drückte die Hepatitis B-Virusvermehrung<br />

nach 4 – 24 Wochen bei 15 von 16 Patienten unter die<br />

Nachweisgrenze. Die kontinuierliche Behandlung<br />

verminderte die GOT- und GPT-Werte. Bei den Studienteilnehmern<br />

mit Therapie-Pausen verursachte die<br />

Therapieunterbrechung einen Anstieg der Hepatitis B-<br />

Viruslasten im Mittel um 2,52 log (0,49 – 4,70), GPT<br />

um durchschnittlich 13 U/l (10 – 130) und GOT um 7<br />

U/l (-11 – 350). In einem Fall wurde ein sofortiger<br />

Therapie-Neubeginn notwendig, weil das klinische<br />

Bild einer akuten Hepatitis auftrat mit GOT 408 U/l,<br />

GPT 218 U/l und einer Hepatitis B-Viruslast 7,61 log<br />

Kopien/mm³.<br />

Bei allen Patienten mit Therapieunterbrechung erwies<br />

sich der Neubeginn der Therapie als voll wirksam.<br />

Trotzdem, der kontinuierliche Behandlungsarm in<br />

STACCATO führte zu einem stärkeren Rückgang der<br />

GOT, der GPT und der Hepatitis B-Viruslast. Da die<br />

meisten Patienten zu Studienbeginn normale Transaminasen<br />

hatten, erreichte der Unterschied zwischen<br />

den Behandlungsarmen mit und ohne Pausen keine<br />

statistische Signifikanz. Bei dem Patientenarm mit<br />

strukturierter Pause stieg die Hepatitis B-Viruslast<br />

wieder über die Nachweisgrenze und nachfolgend die<br />

Transaminasen-Werte.<br />

Therapieunterbrechungen, die zu einer Hepatitis B-<br />

Virusvermehrung führen, gefährden möglicherweise<br />

günstigere Therapieergebnisse. So zeigte sich nur bei<br />

kontinuierlicher Behandlung bei einem Patienten eine<br />

Serokonversion von HBe-Antigen zu HBe-Antikörpern,<br />

bei einem anderen war das HBs-Antigen nicht<br />

mehr nachweisbar.<br />

Die antiretrovirale Therapie mit gleichzeitig HBVwirksamen<br />

Medikamenten sollte bei HIV/HBV koinfizierten<br />

Patienten nicht unterbrochen werden. Trotz<br />

aufmerksamen Monitoring kann das Bild einer akuten<br />

Hepatitis auftreten und das Hepatitis B-Therapieergebnis<br />

generell beeinträchtigen.<br />

Quelle: Tenofovir/emtricitabine-containing ART is highly<br />

effective in controlling chronic HIV/HBV co-infection but<br />

treatment should not be interrupted.<br />

www.natap.org; 2007/HIV/121207<br />

Übersetzung: Peter Lechl


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Insulinresistenz durch<br />

Nukleosidanaloga?<br />

Bisher ging man davon aus, dass für Störungen im<br />

Blutzuckerstoffwechsel (die Insulinresistenz gilt als<br />

Vorstufe zum Diabetes, also zur Zuckerkrankheit) vor<br />

allem die Proteasehemmer verantwortlich sind. Für<br />

einige der älteren Proteasehemmer wie Indinavir (Crixivan®)<br />

gibt es experimentelle Befunde, die einen<br />

solchen Zusammenhang vermuten lassen.<br />

Nun wurde in einer Studie gefunden, dass auch Nukleosidanaloga,<br />

in diesem Fall die Kombination aus<br />

Lamivudin und Zidovudin (Epivir® / Retrovir®, bzw.<br />

als Fixkombination Combivir®) zur Insulinresistenz<br />

beitragen können. In dieser Studie wurden die Kombinationen<br />

aus Lopinavir/Ritonavir (Kaletra®) mit<br />

entweder Nevirapin (Viramune®) oder eben Combivir®<br />

untersucht. Nach drei Monaten war zwar keine<br />

„Veränderung der Körperzusammensetzung“ (d.h. Lipodystrophie)<br />

feststellbar, aber die durch Insulin bedingte<br />

Glukoseaufnahme war in der<br />

Combivir®-Gruppe um 25% verringert – ein Anzeichen<br />

für eine Insulinresistenz.<br />

Über welchen Mechanismus dies geschieht ist noch<br />

unklar, ebenso welche langfristigen Konsequenzen<br />

sich möglicherweise daraus ergeben.<br />

Allerdings wurden im Rahmen dieser Studie lediglich<br />

20 Patienten (elf in der Combivir®-Gruppe, neun in<br />

der Viramune®-Gruppe) untersucht, was die Aussagekraft<br />

erheblich einschränkt.<br />

Quelle: Blümer R. et al.: „Zidovudine/lamivudine contributes<br />

to insulin resistance within 3 months of starting combination<br />

antiretroviral therapy“, AIDS 2008,22:227-236<br />

S. Schwarze<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Chronische Hepatitis C:<br />

experimenteller Polymerase-Hemmer<br />

HCV-796 zeigt Wirkung<br />

HCV-796 stellt eine neue Wirkstoff-Klasse, einen<br />

Hemmer der RNA-Polymerase des Hepatitis C-Virus<br />

(HCV), dar. In einer Phase I-Studie zeigte HCV-796<br />

eine gute Wirkung gegen verschiedene HCV-Genotypen<br />

in Kombination mit pegylierten Interferonen.<br />

In der randomisierten, doppelblinden Phase I-Studie<br />

wurde die Sicherheit und antivirale Wirksamkeit von<br />

HCV-796 in Kombination mit PegIntron® oder Pegasys®<br />

bei nicht vorbehandelten Patienten mit chronischer<br />

Hepatitis C bewertet. Die mittlere HCV-RNA<br />

lag bei 6,4 bis 6,5 log Kopien in jeder Gruppe. 71 %<br />

der Patienten wiesen Genotyp 1 auf. In einer Gruppe<br />

wurden die Patienten in die Arme 500 mg oral HCV-<br />

796 oder Placebo alle 12 Stunden für 14 Tage randomisiert.<br />

In beiden Armen erhielten die Patienten 1,5<br />

µg/kg PegIntron® einen Tag vor dem Beginn mit<br />

HCV-796 oder Placebo (-Tag 1) und am Tag 7. In der<br />

weiteren Gruppe war das Studiendesign gleich, außer<br />

dass die Patienten 180 mcg Pegasys® am Tag -1 und<br />

Tag 7 erhielten. In jeder Gruppe waren es 12 – 16 Patienten,<br />

die jeweils einem Arm mit HCV-796 in Kombination<br />

mit einem Typ von pegyliertem Interferon<br />

zugeteilt waren.<br />

Ergebnisse:<br />

- Mit beiden Typen von pegyliertem Interferon<br />

wurde in Kombination mit HCV-796 die HCV<br />

RNA-Viruslast stärker gesenkt, als jeweils mit<br />

PegIntron® oder Pegasys® allein.<br />

- Am Tag 14 betrug die mittlere Senkung der HCV<br />

RNA mit HCV-796 plus PegIntron® 3,4 log versus<br />

1,60 log mit PegIntron® allein.<br />

- Die mittlere Senkung für HCV-796 plus Pegasys®<br />

lag bei 3,7 log versus 1,1 log mit Pegasys® allein.<br />

- In beiden Gruppen zeigten sich je nach HCV-Genotyp<br />

unterschiedliche Senkungen der HCV RNA<br />

am Tag 14:<br />

- Genotyp 1: 2,9 log10 mit HCV-796 plus PegIntron®<br />

und 3,2 log10 mit HCV-796 plus Pegasys®.<br />

- Nicht Genotyp 1: 4,4 log10 in der PegIntron®-<br />

Kombination und 4,7 log10 in der Pegasys®-<br />

Kombination.<br />

- Im allgemeinen wurden HCV-796 mit beiden<br />

Typen des pegylierten Interferons gut vertragen.<br />

11


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Die Nebenwirkungen in allen Gruppen waren typisch<br />

für die Beschwerden, die mit Interferon verbunden<br />

sind, einschließlich Kopfschmerzen, Schüttelfrost und<br />

Muskelschmerzen.<br />

Diese Ergebnisse rechtfertigen klinische Langzeitstudien<br />

zu dem Einsatz von HCV-796 mit PegIntron®<br />

oder Pegasys®.<br />

Kommentar von <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong>:<br />

Die neuen Substanzklassen gegen das HC-Virus, z.B.<br />

Protease- und Polymerasehemmer, bedeuten einen<br />

Lichtblick für die mit chronischer Hepatitis C infizierten<br />

Menschen. Allerdings ist es noch ein langer<br />

Weg bis verschiedene Kombinationen mit der Therapiegrundlage<br />

pegyliertem Interferon zum klinischen<br />

Einsatz kommen. Mit den neuen Therapien wird es in<br />

ferner Zukunft evtl. möglich sein, Ribavirin mit zusätzlich<br />

erheblichen ebenwirkungen zu ersetzen.<br />

Quelle: www.hivandhepatitis.com /2007/120707<br />

Übersetzung: Peter Lechl<br />

12<br />

Grundlegend & Wissenswert<br />

Warum Impfungen gegen HIV und<br />

Krebs (bisher) nicht wirken<br />

Forscher von Universitäten in England und den USA<br />

haben einen möglichen Grund gefunden, warum bisher<br />

alle Versuche Impfungen gegen HIV und bestimmte<br />

Krebsarten zu entwickeln, erfolglos blieben.<br />

Eine Ursache des Problems ist wahrscheinlich die<br />

Fortpflanzung. Während der frühen Lebensphase<br />

eines Kindes durchläuft das Immunsystem eine Entwicklung,<br />

in der es alle Bestandteile des eigenen Körpers<br />

zu identifizieren und tolerieren lernt. Alles andere<br />

wird in Zukunft als „fremd“ erkannt und vom Immunsystem<br />

bekämpft. Allerdings mit einer wichtigen<br />

Ausnahme: Kommen männliche Spermien in den<br />

weiblichen Körper, dürfen sie natürlich nicht bekämpft<br />

werden, sonst würde die Fortpflanzung nicht<br />

funktionieren. Auch der entstehende Embryo, der sich<br />

ja genetisch von der Mutter unterscheidet, darf vom<br />

Immunsystem nicht angegriffen werden.<br />

Nach neuesten Forschungen verpasst der männliche<br />

Organismus den Spermien eine Art „Tarnkappe“ aus<br />

Zuckermolekülen, die sogenannten Lewis-Sequenzen.<br />

Auch das werdende Kind im weiblichen Körper wird<br />

vermutlich auf ähnliche Art vor Attacken des mütterlichen<br />

Immunsystems geschützt.<br />

Dummerweise machen auch einige Krankheitserreger<br />

von dieser Tarnkappen-Methode Gebrauch: So kann<br />

der Keim Helicobacter pylori weitgehend unbehelligt<br />

im Magen sein Unwesen treiben oder können Schistosomen<br />

(eine bestimmte Art parasistischer Würmer)<br />

in der menschlichen Blutbahn leben ohne vom Immunsystem<br />

erkannt zu werden.<br />

Genau diese Lewis-Sequenzen haben die Forscher<br />

nun auch bei HIV-infizierten Zellen und bei den Zellen<br />

einiger Krebsarten gefunden. Dies würde eine<br />

weitere Erklärungsmöglichkeit liefern, warum das Immunsystem<br />

diese Krankheiten in den meisten Fällen<br />

langfristig nicht bekämpfen kann.<br />

Die Forscher wollen nun die Mechanismen, die zur<br />

Täuschung des Immunsystems führen, weiter untersuchen<br />

um Methoden zu finden, wie man die „getarnten“<br />

Krankheitserreger wieder für das<br />

Immunsystem sichtbar machen kann. Dies wäre<br />

gleichzeitig auch eine weitere Voraussetzung für eine<br />

wirksame Impfung – neben zahlreichen anderen Hürden,<br />

die ebenfalls noch überwunden werden müssen.<br />

Quelle: www.natap.org<br />

S. Schwarze<br />

Resistente Bakterienart auf dem<br />

Vormasch bei schwulen Männern<br />

Eigentlich gehört das Bakterium Staphylococcus aureus<br />

zu den harmlosen „Mitbewohnern“, die auf unserer<br />

Haut und den Schleimhäuten leben. Doch durch<br />

den ungezügelten Einsatz von Antibiotika in den letzten<br />

Jahrzehnten veränderten sich manche dieser Bakterien<br />

zu Krankheitserregern, die oft auch gegen<br />

mehrere Antibiotika resistent sind.<br />

Bis vor wenigen Jahren war dies vor allem ein Problem<br />

in den Intensivstationen der Krankenhäuser, wo<br />

immer wieder bereits geschwächte Patienten einer In-


Jahrgang 16, Nr.1<br />

fektion mit diesen Keimen erlagen. Zunehmend findet<br />

man solche Bakterien aber auch in der „freien Wildbahn“.<br />

Eine Studie aus den USA berichtet nun über<br />

einen besonders fiesen Bakterienstamm aus der<br />

Gruppe der „methicillin-resistenten Staphylococcus<br />

aureus“ (MRSA) Erreger. Die Art „USA300“ verursacht<br />

vor allem Abszesse und Hautgeschwüre, kann<br />

aber unter Umständen auch zur Zertstörung ganzer<br />

Muskelareale führen und in Einzelfällen auch Lungenentzündung,<br />

Herzschäden und Blutvergiftung auslösen.<br />

Das Besondere an diesen Fällen war, dass sie hauptsächlich<br />

bei schwulen Männern in San Francisco, Los<br />

Angeles, New York und Boston auftraten (also in den<br />

schwulen Metropolen der Ost- und Westküste). HIV-<br />

Infizierte scheinen besonders anfällig für eine Infektion<br />

mit „USA300“ zu sein. Der Errgeger wird vor<br />

allem durch Analverkehr übertragen (und verursacht<br />

dann vor allem Abszesse im Anal- oder Genitalbereich),<br />

aber man kann sich auch durch direkten Haut-<br />

Haut-Kontakt oder durch Kontakt mit<br />

erreger-behafteten Oberflächen infizieren.<br />

„USA300“ gehört zu den besonders aggressiven Erregern<br />

und ruft schwerere Symptome hervor wie normale<br />

Staphylokokken. Gleichzeitig ist diese Art<br />

resistent gegen eine Vielzahl der üblicherweise eingesetzten<br />

Antibiotika wie Clindamycin, Tetracyclin<br />

und Mupirocin. Deshalb wird empfohlen, vor der Behandlung<br />

einen Resistenztest durchzuführen um von<br />

Anfang an eine wirksame Behandlung zu haben und<br />

um der Entwicklung noch weiterer Resistenzen vorzubeugen.<br />

Quelle: Diep et al.: „Emergence of Mulidrug-Resistant<br />

Community-Associated, Methicillin-Resistant Staphylococcus<br />

aureus (MRSA) Clone USA300 in Men who have<br />

Sex with Men“, Ann Int Med, 19.02.2008, Vol 148 o 4<br />

S. Schwarze<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Beschneidung HIV-positiver<br />

Männer – präventiv oder nicht?<br />

Seit 2006 wurde in mehreren Studien bestätigt, dass<br />

die männliche Beschneidung das Risiko von Männern,<br />

sich beim heterosexuellen Sex anzustecken, um<br />

fast die Hälfte reduzieren kann. Über den Einfluss der<br />

Beschneidung HIV-positiver Männer auf das Risiko,<br />

ihre Partnerin zu infizieren, war aber bis jetzt nichts<br />

bekannt.<br />

Erste Ergebnisse einer Studie in der ugandischen<br />

Rakai-Provinz wurden gerade auf einer Pressekonferenz<br />

zur Eröffnung der 15. CROI (Conference on Retroviruses<br />

and Opportunistic Infections) in Boston<br />

dargestellt – und waren hinsichtlich der HIV-Prävention<br />

leider eher enttäuschend.<br />

Über 1000 Männer waren in zwei Gruppen eingeteilt<br />

worden. Die einen wurden sofort beschnitten, bei den<br />

anderen wurde die Beschneidung um zwei Jahre aufgeschoben.<br />

In der Gruppe der beschnittenen Männer<br />

wurden über 2 Jahre 14.4% der Partnerinnen infiziert,<br />

bei den unbeschnittenen Männern waren es 9,1%. Das<br />

Ergebnis war allerdings nicht statistisch signifikant.<br />

Der Kondomgebrauch war in beiden Gruppen gleich.<br />

Die Gründe werden in der Forschergruppe noch diskutiert,<br />

z.B. die Möglichkeit, dass die beschnittenen<br />

Männer nicht bis zur völligen Ausheilung der Operationswunde<br />

warteten, bis sie wieder Sex hatten. Es<br />

scheint, dass die Zirkumzision bei den HIV-positiven<br />

Männern etwas schlechter heilte als bei den HIV-negativen.<br />

Sechs bis acht Wochen sollte mit dem Sex<br />

gewartet werden, so einer der Forscherinnen.<br />

Auf die Infektion mit anderen sexuell übertragbaren<br />

Erkrankungen kann die Beschneidung aber sehr wohl<br />

einen Einfluss haben, wie diese und eine weitere vorgestellte<br />

Studie – an HIV-negativen Männern in Rakai<br />

- zeigten.<br />

Quelle: Gus Cairns, Aidsmap news, www.aidsmap.com,<br />

03.02.2008<br />

CROI: Circumcising HIV positive men may increase HIV<br />

infections in female partners, but fewer STIs seen.<br />

Ulrike Sonnenberg-Schwan<br />

13


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Die Rolle von HIV-Positiven bei der<br />

Inanspruchnahme der<br />

Post-Expositions-Prophylaxe<br />

Mit der Post-Expositions-Prophylaxe, kurz PEP genannt,<br />

existiert seit der Einführung der HAART die<br />

Möglichkeit, eine HIV-Infektion auch nach einem<br />

Kontakt mit dem HI-Virus zu verhindern. Das Prinzip<br />

dieser Prophylaxe beruht auf einer einmonatigen<br />

Einnahme von antiretroviralen Medikamenten, sozusagen<br />

einer Kurzzeit-HAART. Wird mit dieser Maßnahme<br />

zeitnah nach einer (potenziellen) Übertragung<br />

des HI-Virus begonnen (über das genaue Zeitfenster<br />

existiert keine Übereinkunft, es variiert je nach Land<br />

zwischen 36 und 72 Stunden) und werden die Einnahmevorschriften<br />

trotz eventueller Nebenwirkungen<br />

eingehalten, wird die HIV-Infektion effektiv in den allermeisten<br />

Fällen verhindert, dies legen jedenfalls<br />

Studien zur Wirksamkeit der PEP nahe.<br />

Die PEP ist damit zumindest theoretisch ein bedeutender<br />

Baustein wirksamer HIV-Prävention, eine medizinisch-präventive<br />

Maßnahme, die andere<br />

Präventionsansätze ergänzt. In der Praxis sieht die<br />

Rolle der PEP jedoch ganz anders aus. Bochow findet<br />

in seinen umfangreichen, aber nicht-repräsentativen<br />

Befragungen schwuler Männer in Deutschland für das<br />

Jahr 2003 zwar einen Anteil von einem Drittel der Befragten<br />

mit mindestens einem Risikokontakt mit<br />

einem Partner mit unbekanntem oder diskordantem<br />

Serostatus in den letzten 12 Monaten, aber nicht einmal<br />

1 % hatten jemals eine PEP durchgeführt. Insgesamt<br />

ist die Größenordnung durchgeführter<br />

Post-Expositions-Prophylaxen nach sexuellen Risikokontakten<br />

in Deutschland vernachlässigbar, genaue<br />

Zahlen dazu liegen zurzeit nicht vor. Aber auch in anderen<br />

Länder werden Post-Expositions-Prophylaxen<br />

nur selten verabreicht, jedenfalls bezogen auf den potenziellen<br />

Bedarf.<br />

Eine der wichtigsten Barrieren zur Nutzung der PEP<br />

ist ohne Zweifel die mangelnde Bekanntheit dieser<br />

Option gerade auch in den Hochrisikogruppen. Bochow<br />

berichtet aus seinen Befragungen einen Bekanntheitsgrad<br />

der PEP von gerade einmal 48 %<br />

(1999) und 40 % (2003), wobei er den Rückgang auf<br />

den höheren Anteil jüngerer Befragter in der Befragung<br />

von 2003 zurückführt. Selbst unter HIV-infizierten<br />

Personen ist die Kenntnis der PEP erstaunlich<br />

gering. Eine 2003 durchgeführte nicht-repräsentative<br />

14<br />

Befragung von über 2.000 HIV-Positiven in Frankreich<br />

zeigte, dass nur 70 % der Befragten die PEP kennen,<br />

mit großen Variationen in den<br />

Hauptbetroffenengruppen. Am besten informiert war<br />

die Gruppe der MSM mit 83 % und am schlechtesten<br />

die Gruppe der MigrantInnen mit 39 %.<br />

Ein weiterer Grund für die Nichtinanspruchnahme der<br />

PEP nach sexuellen Risikokontakten liegt wahrscheinlich<br />

auch in der Tendenz der Betroffenen, diese<br />

Risikokontakte zu verdrängen, anstatt sich aktiv damit<br />

auseinanderzusetzen, was die Nutzung der PEP erst<br />

ermöglicht. In einer australischen Interview-Studie<br />

zeigte sich entsprechend, dass der durchschnittliche<br />

Nutzer aufgrund eines „Ausrutschers“ die PEP in Anspruch<br />

nimmt, jedoch normalerweise ein ausgeprägtes<br />

Schutzverhalten an den Tag legt und sich aktiv mit<br />

dem singulären risikobehafteten Ereignis auseinander<br />

gesetzt hatte.<br />

Diese Umstände thematisiert Catherine Dodds in<br />

einem Beitrag im Journal “Sexually Transmitted<br />

Diseases”, in dem sie, basierend auf den Ergebnissen<br />

einer Interview-Studie mit PEP-Nutzern, zu dem<br />

Schluss kommt, dass HIV-Positive eine wichtige<br />

Rolle bei der Inanspruchnahme der PEP spielen. Von<br />

ihren 30 Interviewpartnern, die eine PEP aufgrund<br />

eines sexuellen Risikokontakts durchgeführt hatten,<br />

wussten 15 Personen, dass der Sexualpartner HIV-infiziert<br />

war. Nur 5 davon hatten davon jedoch bereits<br />

vor dem Risikokontakt Kenntnis, die restlichen 10 erfuhren<br />

davon im Nachhinein. Die Offenlegung des<br />

positiven Serostatus ging nicht immer direkt vom Sexualpartner<br />

selber aus, wurde jedoch teilweise mit<br />

einem Hinweis auf die Existenz der PEP begleitet.<br />

Diese Post-hoc-Offenlegungen, die vielleicht Serokonversionen<br />

verhinderten, waren für die Autorin sehr<br />

überraschend gerade angesichts jüngster Fälle von<br />

Strafverfolgungen nach erfolgten Virustransmissionen<br />

in Großbritannien.<br />

Aufgrund der Bedeutung, die HIV-Infizierten bei der<br />

Inanspruchnahme der PEP zukommen kann, schlussfolgert<br />

die Autorin, dass <strong>Information</strong>en über die PEP<br />

nicht nur an HIV-negative und ungetestete Personen,<br />

sondern auch an HIV-positive Menschen gerichtet<br />

werden sollten.<br />

Quelle:<br />

Dodds, C.A. (2007). Positive benefits: preventive impact of<br />

PEP awareness among those with diagnosed HIV. Sexually<br />

Transmitted Diseases, online first, veröffentlicht am 30. Oktober<br />

2007. (doi:10.1136/sti.2007.026211)<br />

Autor: Jochen Drewes


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Leben mit HIV<br />

Die HAART senkt signifikant das<br />

Risiko an Non-Hodgkin-Lymphom<br />

zu erkranken<br />

Die antiretrovirale Therapie vermindert in enormen<br />

Maß das Auftreten des Non-Hodgkin-Lymphoms<br />

(NHL) und diese nutzbringende Wirkung bleibt auch<br />

nach 10 Jahren der Behandlung bestehen. Das ergab<br />

die bisher größte und längste Studie zu den Auswirkungen<br />

der hochaktiven antiretroviralen Therapie<br />

(HAART) auf die Häufigkeit dieser AIDS-definierenden<br />

Krebserkrankung. Vorher gab es nur wenige<br />

Daten zu den Wirkungen der Langzeit-HAART in<br />

Bezug auf NHL.<br />

Wissenschaftler der Schweizer HIV-Kohortenstudie<br />

analysierten ihre Datenbank. Diese wurde 1984 begonnen<br />

und beinhaltete für diese Analyse Daten von<br />

12.959 Personen bis zum 31. März 2006. Damit stehen<br />

Daten für insgesamt 75.222 Personenjahre, davon<br />

36.787 Jahre für die Zeit auf HAART, zur Verfügung.<br />

Insgesamt wurden 429 NHL-Fälle zwischen 1984 und<br />

2006 identifiziert. Von den 3.870 Kohortenpatienten,<br />

die in der Folgezeit AIDS entwickelten bedeutete bei<br />

201 Patienten (5,2 %) das NHL die AIDS-definierende<br />

Erkrankung.<br />

Das häufigste Auftreten von NHL (13,6 pro 1000) ereignete<br />

sich in der Vor-HAART-Ära (1993 – 1995).<br />

Von 2002 bis 2006 sank die Häufigkeit auf 1,8 Erkrankungen<br />

pro 1.000 Kohortenpatienten. Die Patienten<br />

mit HAART hatten ein vermindertes Risiko<br />

für NHL von 0,26 verglichen mit Kohortenteilnehmern<br />

ohne HAART. Signifikante Faktoren, die das<br />

Risiko von NHL bei Patienten ohne HAART erhöhten<br />

waren z.B. männliches Geschlecht (1,94), älter als 45<br />

Jahre (2,71) und HIV-Infektion erworben durch Sex<br />

zwischen Männern (1,81 – im Vergleich zu intravenös<br />

Drogengebrauchenden).<br />

Eine besonders wichtige Erkenntnis besteht darin,<br />

dass der Einsatz von HAART das Risiko von NHL<br />

minderte, unabhängig von der CD4-Zellzahl der Patienten.<br />

Im Gegensatz dazu ergaben Vor-HAART-<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Studien, dass die NHL-Raten steil mit dem Niedergang<br />

der CD4-Zellen anstiegen. Patienten ohne<br />

HAART mit weniger als 50 CD4-Zellen/mm³ hatten<br />

eine 12-fach höhere Wahrscheinlichkeit der NHL-<br />

Diagnose als HIV-Infizierte mit mehr als 350 Zellen/mm³.<br />

Der Einsatz der HAART verminderte das<br />

Risiko von NHL innerhalb der ersten fünf Monate auf<br />

die Hälfte. Das NHL-Risiko minderte sich kontinuierlich,<br />

so dass das Risiko nach 35 – 59 Monaten auf<br />

HAART 0,1 betrug. Auch nach 10 Jahren HAART<br />

blieb das Risiko mit dem Faktor 0,12 extrem niedrig.<br />

Allerdings waren für die Analyse keine Adhärenz-<br />

Daten verfügbar. D.h. möglicherweise könnte der<br />

Nutzen der HAART noch höher liegen, weil auch die<br />

Patienten mit Unterbrechung der Therapie als<br />

HAART-Patienten in der Analyse geführt wurden.<br />

Tatsächlich ergab sich, dass 22 % von NHL bei<br />

„HAART-Gebrauchern“ auftraten, die zum Zeitpunkt<br />

der Krebsdiagnose nicht mehr auf einer HAART<br />

waren.<br />

Diese Studie zeigt, dass die HAART die Mehrheit von<br />

NHL-Fällen verhindert, sogar bei Patienten mit starker<br />

Schwächung des Immunsystems.<br />

Quelle: Edwin J. Bernard, HAART significantly lowers risk<br />

of non-Hodgkin`s lymphoma for up to ten years, regardless<br />

of nadir CD4 count, www.aidsmap.com, 16.01.2008<br />

Übersetzung: Peter Lechl<br />

Alendronat plus Kalzium und<br />

Vitamin D wirkt gegen Osteopenie<br />

Mehrere Studien haben gezeigt, dass HIV-Infizierte<br />

zu Osteopenie (Verminderung der Knochendichte)<br />

oder zu der noch ernsteren Osteoporose, einer Verminderung<br />

der Knochensubstanz mit erhöhtem Risiko<br />

von Brüchen, neigen. Es ist nicht klar, ob die HIV-Infektion<br />

selbst, die antiretrovirale Therapie oder andere<br />

Faktoren Ursache sind.<br />

Dank wirksamer Anti-HIV-Therapie werden HIV-Positive<br />

entschieden älter und auch damit steigt das Risiko<br />

von Osteopenie und Osteoporose.<br />

Bisphosphonate, z.B. Alendronat (Fosamax®) sind<br />

die Hauptstütze der Behandlung von HIV-negativen<br />

Menschen. Bei HIV-Positiven gab es aber dazu bisher<br />

keine breiteren Studien. In AIDS, Ausgabe vom<br />

15


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

30. November 2007, wurden die Ergebnisse einer Studie<br />

mit 82 HIV-positiven Teilnehmern mit niedriger<br />

Knochendichte und Alendronatbehandlung präsentiert.<br />

In der prospektiven, multizentrischen, randomisierten<br />

und placebokontrollierten Studie wurde die<br />

Wirksamkeit von Kalzium und Vitamin D mit und<br />

ohne Alendronat zur Verbesserung der Knochendichte<br />

bei Patienten unter stabiler antiretroviraler Therapie<br />

untersucht.<br />

Alendronat wurde einmal pro Woche verabreicht.<br />

71% waren Männer und 77% weißer Ethnie. Das<br />

Durchschnittsalter betrug 48 Jahre. Die mittlere CD4-<br />

Zellzahl lag bei 469 Zellen/mm³, 91% der Teilnehmer<br />

hatten eine HI-Viruslast unter 400 Kopien/ml. In der<br />

Bewertungsskala der Dichte der Lendenwirbelsäule<br />

hatten die Patienten einen Wert von – 2,1. Alle<br />

DEXA-Ergebnisse (Untersuchungsverfahren zur<br />

Dichtemessung) wurden zentral analysiert und blieben<br />

bis zum Studienende verblindet.<br />

Ergebnisse nach 48 Wochen Studiendauer:<br />

- Alendronat plus Kalzium und Vitamin D ergab signifikante<br />

Verbesserungen der Knochendichte der<br />

Lendenwirbelsäule, der gesamten Hüfte und des<br />

Trochanter, Teil des Oberschenkelknochens nahe<br />

dem Hüftgelenk, aber nicht am Oberschenkelhals<br />

im Vergleich zum Studienbeginn.<br />

- Im Kalzium/Vitamin D-Arm ergaben sich Trends<br />

zu signifikanter Verbesserung der Knochendichte<br />

der Lendenwirbelsäule, der Hüfte und des Oberschenkelhalses.<br />

- Es zeigten sich keine geschlechtsabhängige Unterschiede<br />

in Bezug auf die Therapiewirksamkeit.<br />

- Alendronat wurde gut vertragen, ohne signifikante<br />

Nebenwirkungen.<br />

Quelle: Liz Heghleyman, Alendronat plus Calzium and Vitamin<br />

D is safe and effective for the treatment of bone loss<br />

in people with HIV, www.hivandhepatitis.com /<br />

2007/112707<br />

Übersetzung: Peter Lechl<br />

16<br />

Wirkstoffspiegelbestimmung<br />

verdoppelt fast die<br />

Wahrscheinlichkeit, Zielwerte zu<br />

erreichen<br />

Die Messung der individuellen Plasmaspiegel von antiretroviralen<br />

Substanzen wird als „Therapeutisches<br />

Drug Monitoring“ (TDM) bezeichnet. Gefährlich<br />

niedrige Konzentrationen antiretroviraler Substanzen<br />

können bei nahezu zwei Drittel der Patienten auftreten,<br />

so die Aussage von Wissenschaftlern in der Dezemberausgabe<br />

von AIDS. Außer für bestimmte<br />

Situationen ist aber das TDM ein bisher nur begrenzt<br />

eingesetztes Werkzeug. Die Akzeptanz wird durch<br />

verschiedene Faktoren beeinträchtigt: z.B. die<br />

Schwankungen von Medikamentenspiegel im Blut bei<br />

Patienten, ein Mangel an Referenzstandards für verschiedene<br />

Substanzen und ein Defizit an soliden<br />

Daten, welche Patienten am meisten von der relativ<br />

teuren und aufwendigen Methode profitieren könnten.<br />

Eine Studie der California Collaborative Treatment<br />

Group 578 sollte zwei fundamentale Fragen<br />

klären:<br />

- welche Patienten haben Plasmaspiegel von Proteasehemmern<br />

oder NNRTI über oder unter den<br />

beabsichtigten Werten?<br />

- welche Faktoren können vorhersagen, wer die<br />

Zielwerte nicht erreicht?<br />

Die randomisierte, kontrollierte, offene Studie rekrutierte<br />

230 Patienten, die entweder erstmals eine Therapie<br />

begannen oder die Behandlung wechselten. Die<br />

Teilnehmer wurden in zwei Arme, entweder mit TDM<br />

oder Standardbehandlung randomisiert (zufällige Verteilung).<br />

In der zweiten Woche erfolgte bei allen Patienten<br />

eine Plasmaspiegelmessung. Bei allen<br />

Arztterminen bis zum Studienende 48 Wochen erfolgten<br />

weitere Blutproben für das TDM. Allerdings<br />

wurden nur bei den Teilnehmern im TDM-Arm Ergebnisse<br />

und Empfehlungen ihren Ärzten mitgeteilt.<br />

Ein Spezialistenkomitee wählte als Zielwerte für jede<br />

Substanz eine höhere mittlere Konzentration als die<br />

sonst üblichen kalkulierten Durchschnittswerte aus<br />

veröffentlichten Angaben.<br />

Von den 199 Teilnehmern zu Studienbeginn waren<br />

zwei Drittel vorbehandelt. Die Patienten dieser<br />

Gruppe waren in einem fortgeschrittenen Erkrankungsstadium,<br />

eine mittlere HI-Viruslast etwas unter


Jahrgang 16, Nr.1<br />

160.000 Kopien/ml und eine mittlere CD4-Zellzahl<br />

von 176 Zellen/mm³. Von 190 Teilnehmern in der<br />

Analyse wiesen 74 (39%) Konzentrationen außerhalb<br />

des Zielbereichs in der Woche 2 auf. Über den Verlauf<br />

von 48 Wochen hatten 122 (64%) der Patienten<br />

mindestens einmal Abweichungen von den angestrebten<br />

Plasmaspiegeln. Insgesamt erfolgten 170<br />

Empfehlungen des Expertenkomitees zur Änderung<br />

der Proteasehemmer- oder NNRTI-Plasmaspiegel bei<br />

122 Patienten. Fast alle, nämlich 166 Empfehlungen<br />

dienten dazu, die Medikamentenkonzentration zu erhöhen.<br />

Die üblichste Maßnahme war die Erhöhung<br />

der Dosierung neben spezifischeren Initiativen wie<br />

eine Veränderung der Ernährung, Wechsel von begleitenden<br />

Medikationen oder Verbesserung der Adhärenz.<br />

Die Ärzte folgten in 76% der Fälle den<br />

Empfehlungen. Die Wissenschaftler schrieben diese<br />

hohe Akzeptanz den für jeden individuellen Patientenfall<br />

maßgeschneiderten Empfehlungen zu. Von den<br />

Teilnehmern im TDM-Arm, deren Plasmaspiegel<br />

nicht im Zielbereich lagen und deren Ärzte den Empfehlungen<br />

folgten, erreichten 60% die Zielwerte bei<br />

der nächsten Visite. Im Gegensatz dazu wurden nur<br />

bei 36% der Patienten im Arm Standardbehandlung<br />

ohne <strong>Information</strong> der Ärzte die Zielwerte erreicht.<br />

Insgesamt konnten bei TDM-Teilnehmern mit Plasmaspiegeln,<br />

die nicht die Zielwerte erreichten, in 65%<br />

der Studienzeit die angestrebten Konzentrationen erreicht<br />

werden, verglichen mit 45% der Zeit bei den<br />

Teilnehmern im Standardbehandlungsarm (nicht signifikanter<br />

Unterschied, p=0,09).<br />

Die Wissenschaftler identifizierten drei Faktoren, die<br />

unabhängig voneinander eine Vorhersage für ein<br />

Nichterreichen der angestrebten Plasmaspiegel erlaubten:<br />

ein größeres Körpergewicht, der Gebrauch<br />

von Efavirenz (Sustiva®) und Lopinavir/Ritonavir<br />

(Kaletra®). In einer Analyse betrug der Risikofaktor<br />

1,019 für jedes Kilo mehr Körpergewicht, 4,131 für<br />

den Einsatz von Sustiva® und 4,102 für Kaletra®.<br />

Auf Grund der Ergebnisse wird geraten, dass schwerere<br />

Patienten und Patientinnen, die Sustiva® oder<br />

Kaletra® erhalten, als Kandidaten in das TDM einbezogen<br />

werden sollten. Die Wissenschaftler resümieren,<br />

dass die Studie als Ausgangspunkt für weitere<br />

TDM-Studien zur Klärung der Toxizität und Wirksamkeit<br />

benutzt werden könnte.<br />

Quelle: David Mc Lay, www.aidsmap.com, 25.12.2007<br />

Übersetzung: Peter Lechl<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Aktuelles zur HIV-Übertragung in<br />

der Schwangerschaft<br />

Eine niedrige Viruslast spielt bei der Verhinderung der<br />

Mutter-Kind-Übertragung der HIV-Infektion die<br />

größte Rolle, wie Daten aus der großen französischen<br />

„French Perinatal Cohort“ bestätigen. Ausgewertet<br />

wurden die Daten von 5.271 HIV-positiven Müttern,<br />

die zwischen 1997 und 2004 entbunden und ihre Kinder<br />

nicht gestillt hatten. Die HIV-Transmissionsrate<br />

lag bei 1,3%.<br />

Die Größe der Kohorte machte es möglich, verschiedene<br />

Einflüsse wie unterschiedliche Prophylaxe-Regime<br />

in der Schwangerschaft, die Dauer der<br />

(vorbeugenden) Behandlung oder die Art der Entbindung<br />

genauer zu untersuchen.<br />

Die mit 0,4% geringste Übertragungsrate zeigte sich<br />

bei Müttern, die termingerecht und bei einer Viruslast<br />

unter 50 Kopien/ml ihr Kind bekamen, unter 400 Kopien/ml<br />

waren es 0,6%. Die Viruslast, eine kurze<br />

Dauer der antiretroviralen Prophylaxe und ausgeprägte<br />

Frühgeburtlichkeit waren am deutlichsten mit<br />

einer HIV-Übertragung verbunden. Bei Kindern, die<br />

vor der 33 Woche geboren wurden, lag die Übertragungsrate<br />

bei 6,6%, ab der 37 Woche bei 1,2%. Auch<br />

das Geschlecht des Babys spielte eine Rolle: Wie<br />

schon in einigen früheren Studien festgestellt wurde,<br />

haben Mädchen ein größeres Infektionsrisiko als Jungen.<br />

Warum das so ist, bleibt bisher im Dunkeln.<br />

Die Art der antiretroviralen Behandlung oder Prophylaxe<br />

war nicht mit einem unterschiedlichen Transmissionsrisiko<br />

verbunden. Nur in der Gesamtkohorte<br />

zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Entbindungsmodus<br />

und der HIV-Übertragung: Hier hatte<br />

der Kaiserschnitt einen Vorteil gegenüber der vaginalen<br />

Entbindung. Wurden aber die Mütter untersucht,<br />

die zum Geburtstermin eine Viruslast von unter 400<br />

Kopien/ml hatten und die ihr Kind termingerecht zur<br />

Welt brachten, hatte nur noch die Dauer der antiretroviralen<br />

Therapie einen Einfluss.<br />

Die Behandlung in der Schwangerschaft hat sich seit<br />

1997 deutlich geändert: Während 1997 lediglich 3%<br />

der Mütter eine HAART erhielten, stieg der Anteil in<br />

2001 auf 53% und in 2004 auf 79%. Insgesamt hatte<br />

die Hälfte der Mütter 2004 bei der Entbindung keine<br />

nachweisbare Viruslast mehr. Fast die Hälfte der<br />

17


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Frauen erhielt zum Zeitpunkt der Geburt eine<br />

HAART, meist zwei NRTI und ein PI. Während der<br />

Geburt erhielten 96% der Frauen eine Prophylaxe.<br />

Die Kaiserschnittrate stieg von 14% im Jahr 1997 auf<br />

56% in Jahr 2000, dann machte sich aber wieder ein<br />

Abwärtstrend bemerkbar: 2004 wurden 41% der<br />

Frauen per elektivem Kaiserschnitt entbunden. Insgesamt<br />

brachte ungefähr ein Drittel der Mütter die Kinder<br />

durch vaginale Geburt auf die Welt. Unterhalb<br />

einer Viruslast von 400 Kopien/ml hatte der Kaiserschnitt<br />

keinen Vorteil mehr gegenüber der vaginalen<br />

Geburt. Die Vorteile der Kaiserschnittentbindung<br />

müssten gegenüber den Risiken abgewägt werden,<br />

schließen die AutorInnen. Ebenso sollten auch die<br />

Vorteile einer noch längeren oder aggressiveren Prophylaxe<br />

gegenüber den Risiken von Nebenwirkungen,<br />

einer erhöhten Frühgeburtlichkeitsrate oder Schädigungen<br />

der Kinder gewichtet werden.<br />

Die Daten zeigen, dass es möglich ist, die Transmissionsrate<br />

unter optimalen Bedingungen – nicht nachweisbare<br />

Viruslast und keine Frühgeburtlichkeit - auf<br />

unter 1 % zu senken. Dazu gehört auch ein frühzeitiger<br />

Zugang zu einer spezialisierten Behandlung in der<br />

Schwangerschaft und die Unterstützung der Adhärenz.<br />

Die AutorInnen plädieren für einen früheren Beginn<br />

der antiretroviralen Prophylaxe spätestens in der<br />

28 Woche.<br />

Quelle: Warszawski J, Tubiana R, Le Chenadec J, Blanche<br />

S et al., for the ARS French Perinatal Cohort. Motherto-child<br />

HIV transmission in the ARS French Perinatal<br />

Cohort. AIDS 2008, 22:289-299<br />

Kommentar von <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong>:<br />

Diese Ergebnisse werden hoffentlich dazu beitragen,<br />

die Diskussion um elektiven Kaiserschnitt und vaginale<br />

Geburt weiter anzuregen. Während außer in<br />

Frankreich auch in anderen europäischen Ländern<br />

und in den USA HIV-positive Mütter vaginal entbinden<br />

können, wenn ihre Viruslast gut kontrolliert ist<br />

und keine anderen Risiken vorhanden sind, ist in<br />

Deutschland die Zurückhaltung nach wie vor sehr<br />

groß. Ausnahmen vom elektiven Kaiserschnitt werden<br />

nur in sehr seltenen Fällen gemacht.<br />

Ulrike Sonnenberg-Schwan<br />

18<br />

Politik & Soziales<br />

Neues im Neuen Jahr<br />

Änderungen im<br />

Sozial- und Gesundheitswesen<br />

Das Neue Jahr bringt im Gesundheitssystem einige<br />

Änderungen, die bei HIV und AIDS bedeutsam sind.<br />

In Zukunft haben gesetzlich Krankenversicherte ab 35<br />

Jahren alle zwei Jahre Anspruch auf ein Hautkrebs-<br />

Screening; extra geschulte Haus- und Hautärzte übernehmen<br />

die Vorsorgeuntersuchung. Präzisiert wurde<br />

darüber hinaus die Förderung der Selbsthilfegruppen;<br />

Kassen müssen nun 55 Cent pro Versicherten und Jahr<br />

verbindlich ausschütten. Abgeschwächt wurde die<br />

Vorsorgepflicht, die nach der letzten Gesundheitsreform<br />

jene Chroniker von der Ein-Prozent-Regel ausnahm,<br />

die nicht zur Vorsorgenuntersuchung gingen;<br />

hier gilt in Zukunft nur noch eine Beratungspflicht,<br />

Altersgrenzen wurden eingeführt, und bei Menschen,<br />

die bereits Chroniker sind, findet der Vorsorgeparagraph<br />

25 grundsätzlich keine Anwendung mehr.<br />

2008 erreicht die Riester-Rente ihre höchste Förderstufe.<br />

Maximal 2100 Euro werden jährlich gefördert,<br />

die Zulage steigt von 114 auf 154 Euro, Kindergeldberechtigte<br />

erhalten mehr. Für eine volle Förderung<br />

müssen vier Prozent des rentenversicherungspflichtigen<br />

Bruttogehaltes in einen Riester-Vertrag fließen.<br />

Behinderte haben ab 2008 Anspruch auf ein persönliches<br />

Budget. Sie können statt Sach- auch Geldleistungen<br />

erhalten, um sich zum Beispiel<br />

Pflegeleistungen einzukaufen. Örtliche Beratungsstellen<br />

helfen bei Antrag und Umsetzung (www.rehaservicestellen.de).<br />

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt von<br />

4,2 auf 3,3 Prozent. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes<br />

I wird für ältere Arbeitnehmer rückwirkend<br />

zum 1. Januar 2008 erhöht, außerdem haben sie einen<br />

Rechtsanspruch auf einen Eingliederungsgutschein<br />

der Arbeitsagentur, mit dem sich diese ein Jahr lang<br />

zur Integration in einen Arbeitsprozess verpflichtet.<br />

Dazu zählen vermutlich auch Ein-Euro-Jobs. Im Gegenzug<br />

wird die so genannte 58er-Regelung gestrichen,<br />

die Arbeitslosen über 58 Jahren weiterhin<br />

Arbeitslosengeld I zusprach.


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Eine kleine Pflegereform erhöht die Mittel der Pflegestufen,<br />

verbessert die Versorgung der Demenzpatienten<br />

und wird mittelfristig Pflegestützpunkte<br />

einrichten. Ein Anstieg der Beiträge um 0,25 Prozent<br />

stellt den Pflegekassen rund 2,5 Milliarden Euro mehr<br />

zur Verfügung.<br />

Stefan Boes<br />

Unruhe unter Ärzten<br />

Sind HIV-Patienten die Leidtragenden?<br />

Unter Ärzten herrscht Unruhe. Eine neue Honorarverodnung<br />

wird umgesetzt und führt zu geringeren<br />

Einnahmen. Gleichzeitig steigen die Nebenkosten, die<br />

eine Praxis für Miete oder Gehälter aufbringen muss.<br />

Protest allerorten!<br />

Hausärzte (vor allem auf dem Land) verdienen brutto<br />

mit gesetzlich Versicherten oft deutlich unter 100.000<br />

Euro im Jahr, darüber hinaus vielleicht noch 40.000<br />

Euro mit privat Versicherten. Die betriebsbedingten<br />

Ausgaben belaufen sich im Gegenzug auf bis zu<br />

90.000 Euro. Was wie eine beliebige Fallrechnung<br />

klingt, ist statistisch erfasst. Durchschnittlich liegt das<br />

Bruttojahreseinkommen aller deutschen Haus- und<br />

Fachärzte zurzeit vor Abzug der Steuern und Betriebskosten<br />

bei knapp 170.000 Euro. Tendenz fallend,<br />

die Marge wird geringer, die Luft dünner!<br />

HIV-Patienten könnte das kalt lassen – doch das wäre<br />

ein Fehler! Denn was Haus-, Fach- und Schwerpunktärzte<br />

in Zukunft weniger oder gar nicht mehr erhalten,<br />

kann nicht nur zu betriebswirtschaftlichen,<br />

sondern auch zu therapeutischen Verschlechterungen<br />

führen. Alle Ärzte unterliegen den Einheitlichen Bewertungs-Maßstäben<br />

(EBM), nach denen einzelne<br />

Leistungen abgerechnet werden. Diese werden von<br />

den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), in denen<br />

sich niedergelassene Ärzte in ihren Bundesländern<br />

selbst organisieren, sukzessive gekürzt. Vor allem<br />

kündigen die KVs nach und nach die HIV-Vereinbarung,<br />

wonach Schwerpunktärzte besser abrechnen<br />

können als „normale“ Hausärzte. Das hat vermutlich<br />

Folgen!<br />

Fast alle Schwerpunktärzte klagen darüber, dass die<br />

komplexe HIV-Versorgung in Zukunft nicht mehr zu<br />

gewährleisten ist. Konnten früher langfristige Be-<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

handlungen und individuelle Therapiegespräche gesondert<br />

abgerechnet werden, erhält der Schwerpunktarzt<br />

rückwirkend zum 1. Januar 2008 nur noch eine<br />

Pauschale pro Patient, die je nach Bundesland zwischen<br />

vierzig und siebzig Euro pro Quartal liegt. Auf<br />

den ersten Blick viel, letztlich aber zu wenig, um beispielsweise<br />

auf Resistenzprobleme zu reagieren oder<br />

mehrwöchige Infusionen durchzuführen.<br />

Darüber hinaus wird die Pauschale einem weiteren<br />

Aspekt nicht gerecht. Eine Schwerpunktpraxis hat<br />

auch wichtige Aufgaben im Bereich der Therapiebegleitung<br />

zu erfüllen. Die Bearbeitung vieler Formulare<br />

und Anträge fällt genauso darunter wie die<br />

psychosoziale Betreuung oder eine erste Ernährungsberatung.<br />

Dafür ist Zeit erforderlich, ratsam ist ein<br />

größerer Mitarbeiterstab, auch (oder gerade) in Zeiten<br />

besserer und erfolgreicher Therapien.<br />

Eine Pauschale bricht da die Arbeit einer Schwerpunktpraxis<br />

zu sehr übers Knie. Sie verringert die Flexibilität<br />

des Arztes; dessen Bereitschaft zum<br />

Besonderen wird sinken. Die Ursachen liegen im<br />

Grundsätzlichen der neuen Honorarverrechnung. Im<br />

Rahmen dessen haben nur Ärzte einen Vorteil, die<br />

viele Patienten haben und über die Quantität ihren<br />

Einnahmen sichern können. Nachteile haben dagegen<br />

alle Ärzte, die auf Qualität setzen, weil sie wenigen<br />

Patienten, zum Beispiel chronisch Kranken, verhältnismäßig<br />

viel Zeit widmen müssen.<br />

Dazu zählen natürlich alle Schwerpunktärzte in der<br />

HIV-Versorgung. Ihre Möglichkeit, das Komplexe zu<br />

betreuen, wird abnehmen. Ihre Bereitschaft, schwierige<br />

Fälle in die integrierte Versorgung oder eine klinische<br />

Ambulanz „abzuschieben“, wird zunehmen.<br />

Darüber hinaus fürchten einige Schwerpunktärzte –<br />

analog zu vielen Kollegen ohne HIV-Ausrichtung –<br />

um ihre Existenz. Das Netz der freien, nicht-klinischen<br />

HIV-Versorgung könnte mittelfristig, wenn zum<br />

Beispiel kleinere Praxen schließen, schlechter werden..<br />

Ob Menschen mit HIV und AIDS die letztlich Leidtragenden<br />

sind, ist abschließend nicht zu beurteilen.<br />

Leichter wird es für HIV-Patienten nicht – so viel ist<br />

sicher.<br />

Stefan Boes<br />

19


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Sozialpolitische Nachrichten<br />

Beiträge – Altersicherung – Arbeitslosengeld I –<br />

Arbeitslosengeld II – Betriebsrente –<br />

Transplantation – Arzneimittel –<br />

Bundeshaushalt – Pflegereform<br />

Obwohl die Gesetzlichen Krankenkassen das vergangene<br />

Jahr mit Überschüssen abschlossen, werden die<br />

Beiträge nicht gesenkt. Grund ist in erster Linie der<br />

für 2009 geplante Gesundheitsfonds, der geringere<br />

Einnahmen erwarten lässt. Die Gesetzlichen wollen<br />

bis dahin schuldenfrei sein. Prognosen zur Folge<br />

könnten die Beiträge im kommenden Jahr sogar ansteigen.<br />

Ähnlich die Privaten, wenn auch aus anderen<br />

Gründen: Anfang 2008 setzen sie die Beiträge zum<br />

Teil hinauf, wegen der höheren Lebenserwartung, den<br />

steigenden Versorgungskosten und dem Allgemeinen<br />

Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Beispielsweise<br />

müssen Männer in Zukunft für Schwangerschaften<br />

mitzahlen, was zur Folge hat, das vor allem die Beiträge<br />

für Männer steigen, während die für Frauen eher<br />

stabil bleiben.<br />

20<br />

*****<br />

Die gesetzliche Altersicherung erlebt weitgehend stabile<br />

Beiträgssätze. Zurzeit werden 19,9 Prozent für<br />

die Rente einbehalten. Der aktuelle Rentenversicherungsbericht,<br />

den die Bundesregierung dem Bundestag<br />

kürzlich vorlegte, geht davon aus, dass dieser<br />

Beitragssatz erst 2011 auf 19,4 und 2012 auf 19,1 Prozent<br />

sinken wird, bevor er dann zwischen 2017 und<br />

2021 auf 20,2 Prozent ansteigt. Desweiteren geht der<br />

Bericht bis 2023 von einer jährlichen Rentenerhöhung<br />

um durchschnittlich 1,7 Prozent aus. Gegenwärtig<br />

gibt es etwa zwanzig Millionen Renter in Deutschland.<br />

*****<br />

Ende Januar beschloss der Bundestag mit den Stimmen<br />

der Großen Koalition beim Arbeitslosengeld I die<br />

längere Bezugsdauer für ältere Arbeitslose. Sie steigt<br />

zwischen 50 und 54 Jahren von zwölf auf 15 Monate,<br />

sofern zuvor dreißig Monate einbezahlt wurde. Ab 55<br />

haben Erwerbslose Anspruch auf 18 Monate, ab 58<br />

auf 24 Monate Auszahlung, wenn vorher 36 beziehungsweise<br />

48 Monate Sozialversicherungsbeiträge<br />

geleistet wurden. Darüber hinaus können ältere Arbeitslose<br />

einen Eingliederungszuschuss erhalten. Die<br />

Neuregelung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2008.<br />

Die Bundesagentur für Arbeit geht von 755 Millionen<br />

Euro Mehrkosten aus, außerdem müssen 400.000<br />

Fälle nachträglich geprüft werden.<br />

*****<br />

Über 150.000 Klagen wurden 2007 an bundesdeutschen<br />

Sozialgerichten gegen die Auslegung des Sozialgesetzbuches<br />

beim Arbeitslosengeld II erhoben, ein<br />

Drittel mehr als im Jahr zuvor. Im Rahmen dieser Verfahren<br />

entschied zum Beispiel das Bundessozialgericht,<br />

dass Empfängern des Arbeitslosengeldes II die<br />

Fahrtkosten zu Pflichtterminen in Jobcentern erstattet<br />

werden müssen und Grundstückserben auch dann<br />

Regelzahlungen bekommen, wenn Eltern noch ein lebenslanges<br />

Nutzungsrecht haben. Desweiteren entschied<br />

das Gericht vor Kurzem, dass<br />

Existenzgründungszuschüsse und Verletztenrenten<br />

auf das Einkommen anzurechnen sind. Um die Klageflut<br />

zu bewältigen, wurde ein eigener Senat gegründet.<br />

*****<br />

Der Bundesrat billigte eine Vorlage des Bundestages,<br />

wonach Beiträge zur Betriebsrente sozialabgabenfrei<br />

bleiben. Ursprünglich war vorgesehen, ab 2009 die<br />

betriebliche Altersvorsorge mit Beiträgen zur Arbeitslosen-,<br />

Renten- sowie Kranken- und Pflegeversicherung<br />

zu belegen, was den Sozialkassen<br />

Mehreinnahmen in Millionenhöhe einbringen sollte.<br />

Das hätte das Modell der Betriebsrente aber unattraktiv<br />

gemacht. Nun kann weiterhin im Rahmen der Entgeltumwandlung<br />

ein Teil des Bruttogehaltes<br />

sozialabgabenfrei in den Aufbau einer betrieblichen<br />

Altersvorsorge fließen.<br />

*****<br />

Knapp ein Sechstel aller transplantierten Organe erhalten<br />

privat Versicherte. Aber nur ein Zehntel der<br />

bundesdeutschen Bevölkerung ist nicht bei einer gesetzlichen,<br />

sondern bei einer prvaten Krankenkasse.<br />

Privat Versicherte werden also bei Transplantationen<br />

bevorzugt, so eine Studie des Instituts für Gesundheitsökonomie<br />

der Universität Köln. Wer überhaupt<br />

neue Organe erhält, wird erst seit vier Jahren von der<br />

Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) erfasst.<br />

Über weitere Bevor- und Benachteiligungen<br />

(zum Beispiel chronisch Kranker) ist nichts bekannt.<br />

*****


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Die Kosten für Arzneimittel steigen weiter an. Mittlerweile<br />

werden dafür jährlich 27 Milliarden Euro<br />

ausgegeben, so die Angaben des Bundesverbandes der<br />

Betriebskrankenkassen für 2007. Grund ist einerseits<br />

die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Andererseits werden<br />

zunehmend neue und teure Arzneien verschrieben.<br />

Gleichzeitig sank die Summe der Zuzahlungen<br />

um 320 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Diese Entwicklung<br />

geht darauf zurück, dass preisgünstigere<br />

Arzneimittel zuzahlungsfrei sind, was allerdings HIV-<br />

Patienten in der Regel nicht hilft, da sie relativ schnell<br />

über der Befreiungsgrenze sind. Auch auf steigende<br />

Arzneimittelkosten haben sie keinen Einfluss, wohl<br />

aber müssen sie mit immer restriktiveren Kontrollen<br />

der Kassen leben.<br />

*****<br />

Die Mittel für die AIDS-Bekämpfung werden erhöht.<br />

Im Bundeshaushalt des Jahres 2008 wurden dafür<br />

15,76 Millionen Euro eingestellt, drei Millionen mehr<br />

als im Jahr zu vor. Damit will die Bundesregierung<br />

auf die anwachsende Zahl der Neuinfektionen antworten.<br />

Ebenfalls erhöht wurden die Haushaltstitel<br />

der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,<br />

des Robert-Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-<br />

Instituts, das für die Zulassung von Impfstoffen verantwortlich<br />

ist.<br />

*****<br />

Die Pflegereform wurde dem Bundestag vorgelegt.<br />

Demnach werden die Pflegesätze in den kommenden<br />

Jahren schrittweise angehoben. Erstmals können altersverwirrte<br />

Menschen auch dann Leistungen erhalten,<br />

wenn ihnen keine Pflegestufe zugesprochen<br />

wurde. Pflegestützpunkte sollen die wohnortnahe Versorgung<br />

verbessern. Die Pflegezeiten wurden konkretisiert,<br />

eine Kostenübernahme ist nicht vorgesehen.<br />

Zur Qualitätssicherung ist eine öffentliche Regelprüfung<br />

in Heimen vorgesehen. Der Beitragssatz steigt<br />

zum 1. Juli 2008 auf 1,95 Prozent beziehungsweise<br />

2,2 Prozent für Kinderlose.<br />

Stefan Boes<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Der direkte Draht zu <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong>:<br />

Sie erreichen uns in unserem Münchner Büro in der<br />

Ickstattstr. 28 persönlich oder telefonisch:<br />

Mo - Do: 10:00 - 12:00 und 13:00 - 16:30<br />

Fr : 10:00 - 12:00 und 13:00 - 14:00<br />

21


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Wichtiger Hinweis:<br />

Für Interessenten und Vereinsmitglieder:<br />

Bei einem nachgewiesenen monatlichen<br />

Netto-Einkommen bis EUR 766,94 reduziert<br />

sich der Monatsbeitrag auf EUR 3,83.<br />

22<br />

Termine<br />

Lesben, Schwule und<br />

Transgender in der Arbeitswelt<br />

Workshop zum Umgang mit der eigenen Identität<br />

in einem überwiegend heterosexuell geprägten<br />

Arbeitsumfeld<br />

Angebot für alle Beschäftigten (auch für nicht städtische<br />

Beschäftigte)<br />

Inhalte:<br />

• Aspekte der Entscheidungsfindung strukturieren<br />

und bewusster machen (Kolleginnen und Kollegen,<br />

Unternehmenskultur, eigene Wünsche, Bedürfnisse,<br />

Vorstellungen, Ängste)<br />

• Gemeinsame Erarbeitung konkreter Handlungsmöglichkeiten<br />

• Wie können Lesben/Schwule/Transgender an<br />

ihrem Arbeitsplatz ihre persönlichen Vorstellungen<br />

einbringen?<br />

• Wie können sie sich, ob offen lebend oder nicht,<br />

wohlfühlen?<br />

• Möglichkeiten, das Coming Out zu gestalten<br />

• Verhalten in Mobbing-Situationen<br />

• Wünsche und Ideen der Teilnehmenden<br />

<strong>Information</strong> und Anmeldung:<br />

Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen,<br />

Angertorstr. 7,<br />

80469 München (Eingang Müllerstraße), Fax 23 00<br />

19 82<br />

Heike Franz, Tel. 23 00 09 57, h.franz@muenchen.de<br />

Andreas Unterforsthuber, Tel. 23 00 09 42, a.unterforsthuber@muenchen.de<br />

Termine:<br />

Workshop: Samstag, 12.04.2008, 10.00 Uhr bis 18.00<br />

Uhr<br />

Follow-Up: Donnerstag, 25.09.2008, 19.00 Uhr bis<br />

22.00 Uhr<br />

Ort:<br />

Lesbenberatungsstelle Letra, Angertorstr. 3, 80469<br />

München


Jahrgang 16, Nr.1<br />

Gebühr:<br />

45 Euro für beide Termine für nicht städtische Beschäftigte<br />

Anmeldeschluss:<br />

31.03.2008<br />

Positive Perspektiven-<br />

Wochenende für HIV-Positive!<br />

Die Münchner Aidshilfe bietet von 24.-27. April 2008<br />

wieder ihr beliebtes Wochenende für Menschen mit<br />

HIV an.<br />

Auf dem Rathgebhof/Chiemgau verbringen wir in<br />

schöner Umgebung 4 Tage. Hier werden die Themen,<br />

die den Teilnehmern wichtig sind, als angeleitete<br />

Selbsterfahrung bearbeitet.<br />

Mögliche Themen sind Partnerschaft, Sexualität, Familie<br />

und Freunde, Arbeitsplatz, Stärkung des Immunssystems,<br />

Lebensplanung, Leben mit dem Virus,<br />

Rente und viele mehr.<br />

Dadurch, dass das Angebot für alle HIV-Positiven<br />

offen ist (d.h. unabhängig vom Geschlecht, Art der Infektion<br />

oder Infektionsdauer), werden auch z.B. Nebenwirkungen<br />

und deren Management, Sport,<br />

Kombinationstherapie u.a. behandelt. Erstteilnehmer<br />

werden bevorzugt mitgenommen.<br />

Jeweils morgens und abends wird die Möglichkeit für<br />

Sport/Yoga angeboten.<br />

Durchgeführt wird das Wochenende<br />

von unseren beiden Gruppenleitern<br />

Christopher Knoll<br />

(Dipl.Pysch.).) und Engelbert<br />

Zankl (HIV-Therapie-Hotline),<br />

sowie unserem Sportlehrer.<br />

Termin: 24,-27.April (Donnerstag<br />

16 Uhr- Sonntag 17 Uhr)<br />

Unkostenbeitrag: einkommensabhängig<br />

gestaffelt 50/100/150 €<br />

Mehr Info unter www.muenchner-aidshilfe.de<br />

Anmeldung bis 30. März bei<br />

Engelbert<br />

Tel. 54 333-100<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Januar / Februar 2008<br />

Angebote des<br />

FrauenGesundheitsZentrums München<br />

– <strong>Projekt</strong> „Positive Frauen“<br />

Offene Gruppenabende für Frauen mit HIV/AIDS<br />

Vierzehntägig, Montag 18.30 – 20.30 Uhr<br />

Neue Frauen sind herzlich willkommen<br />

Aktiv gegen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen:<br />

Grundkurs „Jonglieren“, 2 Abende<br />

03.03. und 17.03.2008, 18.30 – 20.30 Uhr<br />

Kostenbeitrag: €5,-<br />

Zeit für Fragen – 4. Gesprächsabend für Frauen mit<br />

HIV/AIDS<br />

21.04.2008, 18.30 – 21.00 Uhr<br />

Thema: Frauen und HIV – was gibt es Neues aus Forschung<br />

und Praxis?<br />

Mit Dr. Claudia Levin<br />

Anmeldung für alle Angebote im FGZ bei Ulrike Sonnenberg-Schwan,<br />

Tel. 089-1291195 oder E-mail: positivefrauen@fgzmuc.de<br />

Veranstaltungsort: FrauenGesundheitsZentrum, Nymphenburger<br />

Str. 38/Rgb., 80335 München<br />

23


Januar / Februar 2008 <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

Jahrgang 16, Nr.1<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> e.V., Ickstattstraße 28, 80469 München, Telefon (089) 21 94 96 20,<br />

Fax: (089) 21 03 12 35, email: info@projektinfo.de. Vereinsregister: AG München Nr. 12575; Gemeinnützigkeit<br />

anerkannt: FA München, St.Nr.844/29143<br />

Vorstand: Paul Glatt, Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Klaus Streifinger.<br />

Redaktion: Stefan Boes, Phil C. Langer, Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Ulrike Sonnenberg-Schwan.<br />

Hinweis:<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong> versucht durch eine breite Auswahl von Themen, dem Leser einen Überblick zu den<br />

derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten, Entwicklungen und dem Stand der Forschung zu geben. Zum<br />

größten Teil verwenden wir hierbei Übersetzungen aus ähnlichen Publikationen in den USA und Großbritannien.<br />

Sie geben nicht die Meinung des Herausgebers und der Redaktion wieder. Ob die besprochenen Medikamente,<br />

Therapien oder Verfahren tatsächlich erfolgversprechend oder erfolglos sind, entzieht sich unserer<br />

Beurteilung. Sprechen Sie immer mit dem Arzt Ihres Vertrauens. Namentlich gezeichnete Artikel<br />

verantwortet der betreffende Autor. Soweit es um Zitate aus wissenschaftlichen Publikationen geht, werden<br />

die Leser gebeten, die angegebenen Referenztexte zu konsultieren.<br />

24<br />

Termine der Münchner Aids-Hilfe<br />

Positiver Stammtisch<br />

Termin: jeden Dienstag, ab 19.30<br />

Ort: Cafe Regenbogen<br />

<strong>Information</strong>: Engelbert Zankl, Tel.: 089-54 333-123<br />

Regelmäßige Sportangebote<br />

Yoga (Sivananda)<br />

Termin: Jeden Dienstag, 19.00 – 20.30 Uhr<br />

Ort: Münchner AIDS-Hilfe e.V., 2. Stock<br />

Yoga (Iyengar)<br />

Termin: Jeden Mittwoch, 19.00 – 20.30 Uhr<br />

Ort: Münchner AIDS-Hilfe e.V., 2. Stock<br />

Sport - Anfänger , sanfte Gymnastik<br />

Termin: Jeden Donnerstag, 19.00 – 20.00 Uhr<br />

Sport - Gymnastik, Kondition<br />

Termin: Jeden Donnerstag, 20.00 – 21.00 Uhr<br />

Ort: Max-Planck-Institut, Kraepelinstr. 10<br />

Anschließendes Schwimmen ( 27°C Wassertemperatur)<br />

möglich!<br />

<strong>Information</strong>: Engelbert Zankl,<br />

therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de,<br />

Tel.: 089-54 333-0<br />

Heterotreff<br />

jeden 4.Mittwoch, 19.30 Uhr im Café Regenbogen<br />

<strong>Information</strong>: Antje Sanogo Tel: 089- 54 333 -0<br />

Engelbert Zankl, HIV-Therapie-Hotline,<br />

089/54 333-123, Mo-Do 16-19 Uhr,<br />

mail: therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de<br />

Wenn Sie auch Termine in <strong>Projekt</strong> <strong>Information</strong><br />

veröffentlichen wollen, kontaktieren<br />

Sie uns doch. Am besten per E-Mail,<br />

aber auch per Fax oder telefonisch:<br />

E-Mail: info@projektinfo.de<br />

Fax: 089 / 21031235<br />

Tel.: 089 / 21949620<br />

Wir behalten uns jedoch eine Veröffentlichung<br />

vor - abhängig vom verfügbaren<br />

Platz und der Relevanz für unseren Leserkreis.

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