Heft 2/2004 - Pro Tier
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Bei Gefahr:<br />
Schnabel halten!<br />
Vogeleltern warnen ihren Nachwuchs mit einem speziellen Warnruf<br />
vor Raubtieren. Ertönt der Ruf, verstummen die üblichen Bettelrufe<br />
sofort. Die Eltern können damit verhindern, dass das Geschrei der<br />
Kleinen das Versteck verrät. Sind die Eltern jedoch in unmittelbarer<br />
Nestnähe, reagiert der Nachwuchs kaum auf den Warnruf. Das haben<br />
Forscher von der Universität in Canberra (Australien) beobachtet.<br />
Junge Vögel betteln von morgens<br />
bis abends lautstark um<br />
Futter. Doch die Bettelrufe<br />
locken auch ungebetene Gäste an:<br />
Raubtiere. Deshalb gibt es spezielle<br />
Alarmrufe, mit denen die Eltern<br />
ihre Kleinen warnen. Sobald dieser<br />
Ruf ertönt, halten die Nestbewohner<br />
den Schnabel – jedoch nicht immer.<br />
Die australischen Forscher<br />
spielten dem Nachwuchs des australischen<br />
Weissbrauen-Sericornis,<br />
eines entfernten Verwandten des<br />
Hausspatzen, im Nest Aufnahmen<br />
der Alarmrufe vor und beobachteten<br />
die Reaktion der kleinen <strong>Tier</strong>e.<br />
Wie erwartet, waren die Vogelkinder<br />
sofort ruhig, wenn sie den<br />
Alarmruf hörten. Ertönte jedoch<br />
unmittelbar nach dem Warnruf zusätzlich<br />
ein Futterruf, den die Altvögel<br />
verwenden, um den Kleinen<br />
zu sagen «Ich habe Futter mitgebracht»,<br />
dann war es mit der vornehmen<br />
Zurückhaltung im Nest<br />
vorbei – trotz Alarmruf. Die Verhaltensforscher<br />
erklären diese Reaktion<br />
durch die vermeintliche Anwesenheit<br />
der Eltern.<br />
Der Vogelnachwuchs fühle sich<br />
sicher, wenn die Eltern in der Nähe<br />
sind, und Betteln sei in diesem Fall<br />
Gute Kumpels bei<br />
Esel, Schaf & Co.<br />
Kumpelhafte Beziehungen<br />
gibt es bei Eseln, Schafen<br />
und Pferden auch unter den<br />
nicht verwandten Mitgliedern einer<br />
Herde. Dies hat jetzt eine Biologin<br />
aus Marburg herausgefunden. Für<br />
ihre Doktorarbeit hatte sie mehr als<br />
1500 Stunden lang zehn Pferde,<br />
Esel-, Rinder- und Schafherden auf<br />
einer Farm im Südosten Englands<br />
beobachtet und deren Verhalten<br />
analysiert. Als Freundschaft wurde<br />
eine freiwillige Beziehung, die nicht<br />
sexuell motiviert ist und auch nicht<br />
auf Verwandtschaft beruht, definiert<br />
und räumliche Nähe, soziale Fellpflege,<br />
Körperkontakt und Futterteilen<br />
als deren Indikatoren herangezogen.<br />
Gekennzeichnet sei Freundschaft,<br />
so die Forscherin, durch<br />
Sympathie und in einer ständigen<br />
Bevorzugung eines anderen <strong>Tier</strong>es.<br />
Während Esel Zweierbeziehungen<br />
vorziehen, favorisieren Pferde<br />
dagegen grössere Cliquen. Besonders<br />
häufig schlossen gleich-<br />
biologisch sinnvoll, denn wer am<br />
lautesten bettelt, bekommt das meiste<br />
Futter. Die jungen Vögel wägen<br />
demnach sehr genau ab, ob es sich<br />
lohnt, lautstark um Futter zu betteln,<br />
oder ob es in einer gefährlichen Situation<br />
doch besser ist, den Schnabel<br />
zu halten. ■<br />
bdw<br />
altrige <strong>Tier</strong>e Freundschaften, zudem<br />
favorisierten Huftiere ihnen<br />
ähnliche Artgenossen. Bei einem<br />
Konflikt zwischen zwei Schafböcken<br />
etwa blieb ein unbeteiligtes <strong>Tier</strong><br />
trotz Verletzungsgefahr bei seinem<br />
Freund. Nach Beendigung des<br />
Kampfes half es, durch Wangenkontakt<br />
und Kopfreiben die Anspannung<br />
seines Gefährten abzubauen.<br />
Warum sich die Schafböcke derart<br />
uneigennützig verhalten, ist allerdings<br />
weiterhin ein Rätsel. Freundschaften<br />
könnten allerdings das<br />
Wohlbefinden und damit auch die<br />
Gesundheit der <strong>Tier</strong>e steigern.<br />
Bislang wurden Freundschaften<br />
wissenschaftlich nur unter Menschen,<br />
Delfinen und Affen anerkannt.<br />
■<br />
Nature News<br />
30 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Frank Hecker