Künstler-Magazin 02-2013
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Verbandsnachrichten / Tipps<br />
Skurill oder Wegweisend<br />
Hat der EuGH das Ende der Gema-Pflicht für Hintergrundmusik<br />
eingeläutet und keiner hat es gemerkt?<br />
Im letzten Jahr gab es ein Urteil<br />
des Europäischen Gerichtshofs<br />
EuGH, das aus meiner Sicht<br />
viel zu wenig beachtet wurde: Im<br />
März 2012 entschied er über die<br />
Berechtigung des italienischen<br />
Pendants zur deutschen GEMA,<br />
von einem italienischen Zahnarzt<br />
Gebühren für das Abspielen von<br />
Tonträgern in seiner Praxis zu fordern.<br />
Bekanntlich kassiert die GE-<br />
MA für solche Musikwerknutzungen<br />
in Deutschland auch. Ein Turiner<br />
Berufungsgericht hatte den<br />
Rechtsstreit dem EuGH vorgelegt,<br />
damit dieser feststellen möge, ob<br />
der Begriff "öffentliche Wiedergabe"<br />
in den internationalen Übereinkünften<br />
mit dem Begriff im Unionsrecht<br />
übereinstimmt und ob<br />
davon insbesondere die kostenlose<br />
Wiedergabe von Tonträgern in<br />
einer Zahnarztpraxis erfasst. Interessanterweise<br />
entschied der<br />
EuGH, das Abspielen von Musik<br />
für Patienten im Wartezimmer<br />
eines Zahnarztes sei nicht "öffentliche<br />
Wiedergabe" im Sinne des<br />
Urheberrechts. Das müsste aber<br />
der Fall sein, um urheberrechtliche<br />
Vergütungen einziehen zu<br />
dürfen. Der EuGH begründete<br />
seine Entscheidung damit, dass<br />
die Patienten eines Zahnarztes<br />
eine abgegrenzte Gruppe von<br />
Personen sind, die zudem eher<br />
klein ist und daher nicht "Personen<br />
allgemein", also eine "Öffentlichkeit"<br />
abbildet. Die Patienten<br />
werden auch unabhängig von<br />
ihrem Willen beschallt und suchen<br />
ihren Zahnarzt nicht zwecks Musikgenuss,<br />
sondern ausschließlich<br />
aus medizinischen Gründen auf.<br />
Diese Argumentation kann natürlich<br />
zwanglos auf Arztpraxen allgemein<br />
übertragen werden, es<br />
stellt sich die Frage einer weiteren<br />
Ausdehnung auf Dienstleister, die<br />
in ihren Geschäftsräumen Musik<br />
abspielen. Bislang hat die GEMA<br />
nachvollziehbarerweise das<br />
EuGH-Urteil tief gehängt bzw. seine<br />
Bedeutung für ihre eigene Praxis<br />
geleugnet. So soll es ihrer<br />
Meinung nach lediglich "die individuelle<br />
Auslegung des Begriffs der<br />
öffentlichen Wiedergabe im Sinne<br />
des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie<br />
92/100" für Tonträgerhersteller<br />
und ausübende <strong>Künstler</strong> betreffen,<br />
auf das Wiedergaberecht des<br />
Urhebers sei es hingegen nicht<br />
übertragbar. Das alles sind freilich<br />
Nebelkerzen, die eher verschleiern<br />
als erläutern sollen. Tatsache<br />
ist nämlich, dass der EuGH den<br />
Begriff der öffentlichen Wiedergabe<br />
einheitlich für das Unionsrecht<br />
auslegt und in seinem Urteil auch<br />
explizit eine EU-Richtlinie aus<br />
2001 zur "Harmonisierung bestimmter<br />
Aspekte des Urheberrechts<br />
und der verwandten<br />
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft"<br />
in Bezug nimmt, wo<br />
also sehr wohl von den Rechten<br />
Pressekritiken und Urheberrecht:<br />
Auch hier gilt: Einfach mal<br />
abschreiben ist nicht !<br />
Mit Problemen aus dem Bereich<br />
des Urheberrechts haben<br />
wir uns in den letzten Jahren immer<br />
stärker beschäftigen müssen.<br />
Das liegt daran, dass die modernen<br />
Medien -digitale Reproduktion,<br />
Internet etc.- die Verbreitungsdichte<br />
von Werken ganz<br />
massiv gesteigert haben. Damit<br />
einher geht eine größere Wachsamkeit<br />
der Urheber und Leistungsschutzberechtigten,<br />
wer<br />
wo wann ihre Werke wie nutzt.<br />
Eines der einschlägigen Spannungsfelder<br />
sind Pressekritiken.<br />
Was liegt näher, als mit positiven<br />
Pressestimmen zum eigenen erfolgreichen<br />
Event zu werben? Der<br />
Journalist kann sich doch nur<br />
freuen, wenn sein Artikel weiter<br />
verbreitet, das will er ja schließ-<br />
34<br />
lich. Und es nutzt dem eigenen<br />
Unternehmen. Also wird die Kritik<br />
im Wortlaut zitiert, versehen mit<br />
der Bezeichnung von Name und<br />
Ausgabe der Zeitung, in der sie<br />
erschienen ist. So ist es dann im<br />
Internet-Auftritt des so nett Gelobten<br />
zu lesen. Und kurz darauf bekommt<br />
der etwas weit Unerfreulicheres<br />
zu lesen: Es meldet sich<br />
zumeist nicht der Journalist, sondern<br />
der Verlag, gerne über seinen<br />
Anwalt mit einer Abmahnung<br />
wegen unerlaubter Verbreitung<br />
eines geschützten Werks. Wie<br />
kann das sein? Man hat doch<br />
nur korrekt zitiert…<br />
Wie ist die Rechtslage?<br />
Das UrhG regelt in seinem § 51,<br />
wann und unter welchen Prämissen<br />
Zitate zulässig sind. Dabei<br />
ist voraus zu schicken, dass die<br />
Quelle sowieso zu nennen ist,<br />
was jedoch bei Pressespiegeln<br />
schon wegen der Werbewirksamkeit<br />
der Quelle nie ein praktisches<br />
Problem ist. Darüber hinaus gilt:<br />
§ 51 Zitate<br />
Zulässig ist die Vervielfältigung,<br />
Verbreitung und öffentliche Wiedergabe,<br />
wenn in einem durch<br />
den Zweck gebotenen Umfang<br />
1. einzelne Werke nach dem<br />
Erscheinen in ein selbständiges<br />
wissenschaftliches Werk zur<br />
Erläuterung des Inhalts aufgenommen<br />
werden,<br />
2. Stellen eines Werkes nach der<br />
Veröffentlichung in einem selbständigen<br />
Sprachwerk angeführt<br />
werden,<br />
3. einzelne Stellen eines erschienenen<br />
Werkes der Musik in einem<br />
selbständigen Werk der Musik<br />
angeführt werden.<br />
In Betracht kommt hier nur Nr. 2.,<br />
wobei der "durch den Zweck<br />
www.kuenstler-magazin.de<br />
Roland Voges<br />
der Urheber die Rede ist, nicht<br />
nur von den Leistungsschutzrechten<br />
der ausübenden <strong>Künstler</strong> oder<br />
Tonträgerherstellern.<br />
Es bleibt also spannend. Die<br />
deutschen Gerichte werden auf<br />
Grundlage der EuGH-Rechtsprechung<br />
sicher in <strong>2013</strong> Klarheit<br />
schaffen. Was das für die GEMA-<br />
Tarifpolitik im weiteren Sinne bedeutet,<br />
ist noch spannender.<br />
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Rechtsanwalt Roland Voges<br />
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Tel: 040/30 99999 10<br />
Mail: ravoges@web.de<br />
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gebotene Umfang" nicht missverstanden<br />
werden darf. Es ist in der<br />
Tat nicht etwa gestattet, Zeitungskritiken<br />
in Zitat zu übernehmen,<br />
weil man durch das Originalzitat<br />
in besonders authentischer Weise<br />
den Leser über die Meinung des<br />
Autors informieren will und in der<br />
Regel damit eine positive Bewertung<br />
als Bewerbung der kritisierten<br />
Aufführung anstrebt.<br />
Was ist zu tun?<br />
Entweder man macht sich die<br />
Mühe und verarbeitet die Pressekritiken<br />
zu einem eigenen Artikel.<br />
Dann dürfen (kenntlich gemachte)<br />
Zitate ohne Weiteres einbezogen<br />
werden. Allerdings muss schon<br />
ein eigener Gedankeninhalt erkennbar<br />
sein, es genügt keine<br />
rein aufzählende, verbindende<br />
oder sonst bloß formale Gestaltung.<br />
Oder aber: Wenn Pressekommentare<br />
als reines Zitat verwendet<br />
werden sollen, so bedarf<br />
es der Genehmigung durch denjenigen,<br />
der die Rechte inne hat.