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Im Interview: Marc-Kevin Goellner

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22| RC Premium Nr. 2 - April 2008<br />

Lieber <strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong>, ich bin genauso<br />

erfreut wie verwundert, Dich bei uns<br />

begrüßen zu dürfen – ich habe Deinen<br />

Namen auf der Anmeldeliste gar nicht<br />

gelesen!<br />

GOELLNER (lacht): Also, lieber Matthias,<br />

wie Du sicherlich weißt, habe ich seit drei Jahren<br />

die Seite gewechselt. Auch wenn es<br />

ab und zu noch in den Fingern kribbelt,<br />

ich bin gerne Coach und habe i<br />

meine aktive Karriere mit gutem<br />

Gefühl beendet. Ich weiß, wie mein<br />

Weg nach der aktiven Profikarriere<br />

aussieht, und darüber bin ich ganz<br />

froh.<br />

Aber immerhin hast Du bei der<br />

inoffiziellen Team-Weltmeisterschaft<br />

der Tennis-Senioren im<br />

Düsseldorfer Burg-Wächter-Castello<br />

im vergangenen Dezember<br />

einige Matches hingelegt, die<br />

Dich durchaus qualifizieren, bei<br />

unserem MLP-Cup erfolgreich an<br />

den Start zu gehen.<br />

GOELLNER: Es gehört zu unserem<br />

Credo, uns fit zu halten. Ich denke<br />

schon, dass ich hier das ein oder<br />

andere Match noch gewinnen könnte.<br />

Primär wichtig aber ist: die Spieler<br />

unserer Tennisakademie „New<br />

Tennis Generation“ in Köln müssen<br />

uns erst einmal schlagen. Das<br />

gilt auch für meinen Partner<br />

Andreas Maurer, der in diesem Jahr<br />

seinen 50sten Geburtstag feiert<br />

und noch immer phantastisches<br />

Tennis spielt.<br />

<strong>Im</strong>merhin stand Andreas 1985<br />

an der Seite von Boris Becker im<br />

Davis Cup Finale.<br />

GOELLNER: Man kennt ihn als<br />

Becker´s Doppelpartner in der „frühen Bekkerzeit“.<br />

Dabei wird verkannt, dass Andreas 13<br />

Jahre lang auf der Tour war, davon neun Jahre zu<br />

den besten 100 Spielern der Welt gehörte, 10mal<br />

die deutsche Meisterschaft gewann und – was<br />

für mich besonders wichtig ist – ein wirklich<br />

herausragender Trainer ist.<br />

… der Dich „entdeckt“ hat.<br />

GOELLNER: Das kann man wohl so sagen. Ich<br />

war 19 und hatte gerade mal einen ATP Punkt.<br />

Er kam auf mich zu und bot mir an, mit mir zu<br />

www.racket-center.de<br />

“Ich gebe dem Tennissport gerne etwas zurück…”<br />

- <strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong> <strong>Goellner</strong> im persönlichen Gespräch -<br />

arbeiten. Schon da vermittelte er mir ein hohes<br />

Maß an Authentizität. Andreas glaubte an mich<br />

– mehr als ich selbst. Und immerhin war er der<br />

Davis-Cup-Spieler, ein Top-Bundesligaspieler,<br />

eine herausragende Tennispersönlichkeit.<br />

Schon allein das hat mir einen unheimlichen<br />

Schub gegeben.<br />

<strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong> <strong>Goellner</strong><br />

<strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong> <strong>Goellner</strong> war 14 Jahre lang als Tennisprofi auf der<br />

ATP Tour und gewann sechs Titel. Dabei schlug er große<br />

Namen wie Stefan Edberg, Ivan Lendl, Michael Chang,<br />

Petr Korda, Michael Stich, Mats Wilander, Alex Corretja,<br />

Felix Mantilla, Albert Costa, Sergi Bruguera, Richard Krajicek,<br />

Andrej Medvedev, Wayne Ferreira, Greg Rusedski und Tim<br />

Henman. Nummer 26 war sein Top-Rankung auf der ATP-<br />

Weltrangliste, auf der er sieben Jahre lang unter den<br />

besten 80 Spielern der Welt geführt wurde. Schon in seinem<br />

ersten Jahr als Nationalspieler gewann er 1993 den<br />

Davis Cup. Zu seinen größten Erfolgen gehört der Gewinn der<br />

Bronzemedaille im Doppel an der Seite von David Prinosil bei den<br />

Olympischen Sommerspielen in Atlanta 1996. Mit Prinosil stand<br />

er auch im Doppel-Finale der French Open 1993.<br />

www.newtg.com<br />

Dabei gab´s ja auch eine echte Zäsur zu<br />

Beginn Eurer Zusammenarbeit.<br />

GOELLNER (lacht): Das ist ein vornehmer<br />

Ausdruck für meinen Bänderriss, den ich mir<br />

bei einem Satellite Turnier 1989 zugezogen<br />

hatte. Mein Knöchel war ziemlich ramponiert<br />

und ich entsprechend frustriert – kannste Dir<br />

vorstellen. Da kommt der große Andreas Maurer<br />

auf einen zu und bietet einem die Chance<br />

zur Zusammenarbeit, und dann passiert das!<br />

Andreas hingegen meinte nur: „naja, lass es uns<br />

positiv sehen – dann können wir ja jetzt ganz<br />

von vorne anfangen“.<br />

<strong>Im</strong> <strong>Interview</strong><br />

Was schon einiges aussagt über seine<br />

Einstellung, und auch über seine Haltung<br />

zu Dir.<br />

GOELLNER: Genau! Er hat sich das gut überlegt.<br />

Von der Entscheidung, mit mir zu arbeiten,<br />

hat ihn mein Malheur keine Sekunde lang abrücken<br />

lassen. Andreas hat sich entschieden,<br />

Punkt! Mit dieser Einstellung nimmt<br />

er seinem Spieler den Zweifel, der<br />

einen ja gerne begleitet – und am<br />

Erfolg hindert. Das machte ihn für<br />

mich zu einem echten Mentor. Und<br />

ich bin froh, dass ich dem Glauben,<br />

den er an mich hatte, gerecht werden<br />

konnte. Für meinen Durchstart<br />

von einer Weltranglistenposition<br />

um die 900 in die Top 30 der Welt<br />

brauchte es nur zweieinhalb Jahre.<br />

<strong>Im</strong> Übrigen haben auch David<br />

Prinosil, Jens Wöhrmann und Dirk<br />

Dier mit Andreas gearbeitet und<br />

offensichtlich – ihre Entwicklung<br />

auf der Weltrangliste belegt das<br />

– davon enorm profitiert.<br />

Das klingt nach sehr viel Respekt<br />

und Zuneigung. Du sprichst von<br />

„Mentor“ und von „Partner“.<br />

Ist diese Entwicklung vom<br />

Mentor zum Partner ein wichtiger<br />

Faktor in einer Beziehung?<br />

GOELLNER: Das ist genau richtig<br />

interpretiert. Mein Respekt rührt<br />

daher, dass aus der Autorität eines<br />

Coaches ein tiefes Vertrauen, eine<br />

Freundschaft und nun auch eine<br />

geschäftliche Partnerschaft entstanden<br />

sind. Wir haben unseren<br />

Rollenwechsel sehr gut bewältigt.<br />

Das Leben ändert sich nun mal,<br />

man bleibt nicht ewig der Nachwuchsspieler<br />

auf der Tour oder der<br />

bestimmende Coach und Mentor.<br />

Ich habe schon früh während meiner Tenniskarriere<br />

geheiratet, habe zwei Kinder. Nina ist heute<br />

12, Yannick 10 Jahre alt. Dementsprechend<br />

habe ich auch meinen privaten Weg gewählt<br />

und gestaltet. Heute stehen Andreas und ich<br />

als gleichberechtigte Partner voll im Leben<br />

und im Beruf. Wir betreiben gemeinsam die<br />

Tennisakademie „New Tennis Generation“ in<br />

Köln und sprechen gegenüber unseren Schülerinnen<br />

und Schülern mit einer Sprache. Da<br />

gibt es kein Rangverhältnis, das täte unserer<br />

Arbeit nicht gut. Wir begreifen unsere Arbeit<br />

als einen pädagogischen Auftrag.


<strong>Im</strong> <strong>Interview</strong><br />

<strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong> <strong>Goellner</strong> beim <strong>Interview</strong> während des MLP-Cup 2008<br />

Die Charaktererziehung im Sport und durch<br />

den Sport ist ein ganz wichtiger Aspekt, den<br />

wir erfüllen möchten, und dazu ziehen wir<br />

konsequent an einem Strang.<br />

Da drängt sich eine ganz einfache, wenn<br />

gleich sehr persönliche Frage auf: was<br />

verbindet Euch?<br />

GOELLNER: Das ist für uns in der Tat eine<br />

einfache Frage: die Liebe zum Tennissport.<br />

Wir lieben Tennis, und wir leben Tennis. Ich<br />

möchte behaupten, wir haben die Dimension<br />

dieses Sports in vollem Umfang erfasst. Ein<br />

Leben ohne Tennis ist für uns unvorstellbar.<br />

Und natürlich haben wir dem Tennissport sehr<br />

viel zu verdanken. So ist es eigentlich nur die<br />

logische Konsequenz, dieses Wissen und<br />

diese Leidenschaft in eine Akademie einzubringen.<br />

Ich persönlich gebe dem Tennissport<br />

gerne etwas zurück. Darin liegt mein täglicher<br />

Antrieb, denn ich bin davon überzeugt, man<br />

kann keine guten Tennisspieler entwickeln,<br />

wenn man diese Einstellung zu Erfolg und<br />

Leistung nicht tagtäglich vorlebt.<br />

Da müssten die Tennisverbände eigentlich<br />

„Hurra“ schreien. Zwei ehemalige<br />

Profis engagieren sich, um den Tennissport<br />

voranzubringen.<br />

GOELLNER: „Ein Hurra“ wäre zu viel verlangt,<br />

das ist nicht unsere Erwartungshaltung. Wir<br />

haben uns entschieden, uns auf privater<br />

Basis aufzustellen und zu engagieren.<br />

Andreas war ja lange Zeit für den Verband<br />

tätig, was im übrigen auch mir die Tür in<br />

den B-Kader geöffnet hat. Ohne ihn hätte<br />

ich keine Chance gehabt. Er machte das<br />

damals zur Bedingung für die Übernahme<br />

dieses Traineramts. So war ich anfangs<br />

zumindest geduldet – was mein Vertrauen<br />

in die Förderkompetenz der klassischen<br />

Verbandsstrukturen nicht unbedingt gestärkt<br />

hat. Jetzt als Trainer auf privater Basis erlebe<br />

ich eine Art Parallele. Wir sind geduldet,<br />

mehr nicht.<br />

Eigentlich schade, aber was noch ist,<br />

kann ja noch werden?<br />

GOELLNER: Natürlich, wenn sich der<br />

Erfolg einstellt…. Aber, um es konstruktiv zu<br />

formulieren: es muss gelingen, ehemalige Profis<br />

früher in die Jugendausbildungsstrukturen zu<br />

integrieren, damit der Übergang ins Profitennis<br />

kompetent begleitet und dadurch<br />

vielleicht etwas weniger sprunghaft stattfinden<br />

kann. In der Konsequenz heißt<br />

dies eigentlich: die Verzahnung privaten<br />

Engagements mit den Förderstrukturen des<br />

institutionellen Sports. Soviel zur strukturellen<br />

Perspektive im deutschen Tennis. Inhaltlich<br />

allerdings – und darum geht es unserer<br />

Meinung nach ganz zentral - wird man sich<br />

dann auch ein wenig nach den pragmatischen<br />

Prinzipien und Verfahrensweisen der<br />

Profi-Trainer orientieren müssen. Insofern<br />

stehen wir einer Kooperation mit dem<br />

Verband offen gegenüber.<br />

Wie sieht es da in Sachen Kooperation<br />

mit anderen privaten Trainingseinrichtungen<br />

aus? Nun ist ja Frank Wintermantel<br />

als das Top Talent des BTV zu Euch<br />

gekommen, insofern gibt es damit ja<br />

quasi eine Brücke in unsere Region.<br />

Ich jedenfalls würde mich über einen<br />

Austausch mit Euch sehr freuen.<br />

RC Premium Nr. 2 - April 2008 | 23<br />

GOELLNER: Auch hier sind wir offen. Wobei<br />

für Euch die Kooperation mit einem Verband<br />

ja so zu sagen räumlich nahe liegend ist<br />

– das Landesleistungszentrum ist ja nur einen<br />

Katzensprung entfernt. Unser Credo heißt:<br />

Wir müssen für alle Maßnahmen offen sein,<br />

die dem Spieler zugute kommen. Die Trainer<br />

und die Akademien sind für die Spieler da<br />

– nicht umgekehrt. Und wenn Kooperationsprojekte<br />

den Spielern wirklich einen Nutzen<br />

bringen – und zwar den Spielern aller beteiligter<br />

Partner – dann kann ich mir das sehr gut<br />

vorstellen. Uns insofern sind wir diesbezüglich<br />

natürlich gerne kooperationsbereit.<br />

Mit der Wild Card für Frank Wintermantel<br />

haben wir dafür unseres Erachtens schon<br />

ein deutliches Zeichen gesetzt…<br />

GOELLNER: …und Eurer Turniervorbereitungslehrgang<br />

im Vorfeld des Turniers ist<br />

wirklich eine gute Idee. Auch wir haben bei<br />

uns ein Future-Turnier ins Auge gefasst und<br />

werden so eine Mischung aus Vorqualifikation<br />

und Vorbereitungscamp bestimmt durchführen.<br />

Dort schon im Vorfeld Spieler zusammen<br />

zu bringen ist wirklich eine wunderbare<br />

Sache. Ich weiß von Frank, dass er in den<br />

Vorjahren selbst an solchen Dreitageslehrgängen<br />

teilgenommen hat, die damals noch<br />

unter der Leitung des BTV standen. Hier<br />

habt ihr ja in dieser Sache sehr eng mit dem<br />

Verband zusammen gearbeitet.<br />

Das war immer auch unser Credo. Auch<br />

in diesem Jahr waren die Mehrzahl der<br />

Teilnehmer Mitglied des Förderkaders der<br />

Verbände Baden und Pfalz. Aber toll wäre<br />

natürlich auch eine Zusammenarbeit mit<br />

Euch. Ich denke, davon könnten nicht nur<br />

die Spieler profitieren, sondern auch die<br />

Trainer. Euer Standing aufgrund Eurer<br />

Karriere ist sicherlich herausragend, in<br />

Verbindung mit unserem konzeptionellen<br />

Input kann das sehr nutzbringend sein.<br />

GOELLNER: …also wenn das eine Einladung<br />

war, dann nehme ich die gerne an. Ich bin<br />

mir sicher, wenn Andreas morgen zu Eurem<br />

Turnier kommt, wirst Du damit bei ihm offene<br />

Türen einrennen.<br />

Das ist ja ein sehr viel versprechendes<br />

Schlusswort. In diesem Sinne, Dir lieber<br />

<strong>Marc</strong>-<strong>Kevin</strong>, herzlichen Dank für das<br />

Gespräch!<br />

Das Gespräch führte<br />

Dr. Matthias Zimmermann<br />

www.racket-center.de

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