Kongress-Dokumentation Nr. 6 (2002) herunterladen - Renovabis
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Dr. Maria Martens MdEP, Straßburg/Brüssel:<br />
Die Frage ist natürlich sehr wichtig, aber leider auch schwer zu beantworten.<br />
Im Parlament sitzen 626 Mitglieder aus 15 verschiedenen Ländern<br />
mit unterschiedlichen Kulturen und unterschiedlichen Traditionen. Die<br />
Werte, die man für wichtig hält, werden ganz unterschiedlich begründet.<br />
Für mich wurzeln sie im christlichen Glauben. Die Politik in einer Demokratie<br />
kann man aber nicht über die Ursachen und Hintergründe von Werten<br />
entscheiden. Ich für mich habe da kein Problem damit, denn wir leben<br />
in einer pluralistischen Gesellschaft. Die Grundrechtecharta bietet doch<br />
immerhin viele wichtige Ansätze, auch wenn sie natürlich nicht ausgesprochen<br />
christlich argumentiert.<br />
Peter Kujath, München:<br />
Sie machen also in gewisser Weise einen Unterschied zwischen der<br />
persönlichen Sicht und den politischen Sachzwängen. Können Sie, Herr<br />
Professor Juros, das noch etwas vertiefen?<br />
Prof. Dr. Helmut Juros, Warschau:<br />
Wenn man kirchliches Gedankengut zugrunde legt, dann ist das Naturrecht<br />
nicht nur metaphysisch-philosophisch, sondern auch theologisch<br />
aus der Allmacht Gottes heraus begründbar. Genauso können wir die Basis<br />
der Werte im christlichen Glauben verankern, jedoch können Politiker<br />
in einer pluralistischen Gesellschaft, wie Frau Dr. Martens das gesagt hat,<br />
nicht so einfach argumentieren. Sie berufen sich vielmehr auf eine Übereinstimmung<br />
bei der Anerkennung mancher Werte, die in unserer Kultur<br />
als Grundwerte bezeichnet werden. Meines Erachtens war das in der<br />
Charta von Nizza ein mutiger Schritt, wenn bereits dort von den geistigmoralischen<br />
oder spirituellen Wurzeln der Werte die Rede ist. Darüber<br />
ist, wie wir alle wissen, ein großer Streit entstanden, denn manche wollten<br />
hier genau die Religiosität ausdrücklich erwähnt haben. Die Europäische<br />
Union hat sich dann damit heraus geredet, dass jedes Mitgliedsland<br />
das in der eigenen Sprache ausdrücken sollte. So kam es dazu, dass in der<br />
deutschen Übersetzung expressis verbis die religiösen Wurzeln genannt<br />
werden, in anderen Fassungen spricht man von spirituellen oder von moralischen<br />
Grundlagen. Als Christen und Theologen können wir natürlich<br />
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