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Nummer <strong>30</strong> · Winter 2012/13<br />
www.renovabis.de<br />
Zum neuen Vorsitzenden<br />
des Verwaltungsrates<br />
von <strong>Renovabis</strong> ist<br />
im Oktober der Jurist<br />
und langjährige<br />
Diplomat Dr. Michael<br />
Jansen (links) gewählt worden. Jansen engagiert sich<br />
ebenso bei der Maximilian-Kolbe-Stiftung und der<br />
bischöflichen Kommission Justitia et Pax. mehr: Seite 4<br />
Rundbrief der Solidaritätsaktion<br />
der deutschen Katholiken<br />
mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa<br />
Sie lesen in dieser Ausgabe:<br />
„Veränderung braucht Begegnung“<br />
Zum zwanzigsten Mal haben sich im Dezember in Freising die<br />
Partnerschaftsgruppen des katholischen Osteuropa-Hilfswerks<br />
<strong>Renovabis</strong> getroffen. Schwerpunkt beim bundesweiten Partnerschaftstreffen<br />
war die Situation behinderter Menschen im<br />
Im Mittelpunkt des zwanzigsten<strong>Renovabis</strong>-Partnerschaftstreffens<br />
stand die Situation behinderter<br />
Menschen im Osten<br />
Europas. Das Thema wird in vielen<br />
Ländern noch immer verdrängt<br />
oder stiefmütterlich behandelt.<br />
Zwar kam es mit der<br />
Wende auch dort zu Veränderungen;<br />
dennoch ist die Situation<br />
für behinderte Menschen häufig<br />
erheblich schwieriger als in<br />
Deutschland. Am 7. und 8. Dezember<br />
waren Fachleute aus Mittel-<br />
und Osteuropa auf dem Freisinger<br />
Domberg zu Gast und berichteten<br />
den <strong>Renovabis</strong>-Partnerschaftsinitiativen<br />
über die Situation<br />
in ihren Heimatländern.<br />
Die Folgen der sozialistischenBehindertenpolitik<br />
seien<br />
in Rumänien, aber<br />
auch in anderen<br />
Teilen Osteuropas,<br />
heute noch spürbar,<br />
so lautete die Einschätzung<br />
von Cari-<br />
Caritasdirektor<br />
Dr. András Márton<br />
tasdirektor Dr. András<br />
Márton aus<br />
Eine besondere Zahl: Kürzlich<br />
ist bei <strong>Renovabis</strong> die Projektnummer<br />
20.000 vergeben worden!<br />
Das Projekt „UKR 20.000“ ist<br />
für Fortbildungen der Ordensoberinnen-Konferenz<br />
in der Ukraine<br />
bestimmt. Es handelt sich dabei<br />
aber nicht um den 20.000-sten<br />
Projektantrag bei <strong>Renovabis</strong>; die<br />
Projektdatenbank der Länderabteilung<br />
enthält insgesamt knapp<br />
<strong>30</strong>.000 Projekte. Folgeprojekte er-<br />
Alba Iulia. „Die Menschen<br />
mit Behinderung<br />
wurden systematisch<br />
an den Rand<br />
und aus der Gesellschaft<br />
gedrängt.“ Er<br />
machte klar, dass<br />
Veränderungen in<br />
diesem Bereich zwar<br />
stattgefunden haben,<br />
dass die Erwartungen<br />
häufig allerdings<br />
zu optimistisch<br />
seien. „Die Veränderung<br />
der Strukturen,<br />
die in mehr<br />
als fünfzig Jahren sozialistischerVerdrängungspolitik<br />
im Umgang<br />
mit Behinderten<br />
gewachsen sind,<br />
wird ebenfalls fünfzig Jahre dauern“,<br />
erklärte Márton zur Perspektive<br />
in den osteuropäischen Staaten.<br />
Damit sollten die Menschen<br />
allerdings keineswegs entmutigt<br />
werden, sondern vielmehr solle<br />
eine nachhaltige Solidarität entstehen.<br />
Dies sei eine wichtige<br />
Grundlage für Veränderung, denn<br />
„Projekt Zwanzigtausend“<br />
halten keine neue Projektnummer,<br />
sondern werden durch einen<br />
angehängten Buchstabe kenntlich<br />
gemacht. So sind auch über<br />
längere Zeit hin Zusammenhänge<br />
zu erkennen. Die Projektpartner<br />
bitten <strong>Renovabis</strong> immer wieder,<br />
den Spenderinnen und Spendern<br />
in Deutschland ihren großen<br />
Dank auszusprechen: Ein herzliches<br />
,Vergelt’s Gott‘ für Ihre Solidarität!<br />
Viele Straßenkinder in Charkow im Nordosten der Ukraine leben in Kellern<br />
und unterirdischen Heizungsschächten. Polnische Schwestern nehmen sich Zeit<br />
für die Kinder und versorgen sie mit Essen, Medikamenten und Kleidung.<br />
Fotos: Simon Korbella<br />
Foto: <strong>Renovabis</strong>-Archiv<br />
Solidarisch mit behinderten<br />
Menschen im Osten Europas<br />
Osten Europas. Damit nahmen die rund 140 Teilnehmer aus<br />
Pfarrgemeinden und katholischen oder kirchennahen Organisationen<br />
bereits das Thema der <strong>Renovabis</strong>-Pfingstaktion 2013<br />
in den Blick.<br />
so Márton: „Veränderung<br />
braucht Begegnung“.<br />
Schwester<br />
Maria Bob row ska aus<br />
Opole/ Oppeln in<br />
Polen zeichnete ein<br />
ähnliches Bild von<br />
der Situation in Polen.<br />
Die drastische Arbeitslosigkeit<br />
unter<br />
behinderten Menschen<br />
ist in ihrem<br />
Heimatland ein gravierendes<br />
Problem. In diesem<br />
Bereich habe bis heute noch kein<br />
konsequentes Umdenken stattgefunden.<br />
Der Organisator des Partnerschaftstreffens,<strong>Renovabis</strong>-Dialogreferent<br />
Thomas Müller-Boehr berichtete<br />
über Projekte mit Leuchtturmcharakter<br />
wie die integrierte<br />
„Versme-Schule“ im litauischen<br />
Vilnius in der behinderte und<br />
nicht-behinderte Kinder gemeinsam<br />
die Schulbank drücken. Dieses<br />
Projekt wird von <strong>Renovabis</strong><br />
bereits seit 1994 unterstützt. Außerdem<br />
fördert der litauische<br />
Staat seinerseits nach diesem Beispiel<br />
Projekte darauf bezieht sich<br />
Müller-Boehr: „Unsere Arbeit<br />
kann als Vorbildfunktion für die<br />
Politik dienen, wenn staatliche<br />
Behörden unsere Impulse aufnehmen<br />
und nachahmen.“<br />
Pfingstaktion 2013<br />
bereits in den Blick<br />
genommen<br />
Ein besonderes Zeugnis gab Pfarrer<br />
Meinolf Wacker, der mit einer<br />
Jugendgruppe aus Kamen in<br />
Nordrhein-Westfalen angereist<br />
war. Seit mittlerweile 16 Jahren<br />
engagieren sich Jugendliche aus<br />
16. Internationaler Kongress <strong>Renovabis</strong> Seite 2<br />
Diskussion über Rechtsextremismus in Osteuropa Seite 2<br />
Erinnerungen an das Aktionsjahr 2012 Seite 3<br />
Fachtagung zur Situation der Opfer von Frauenhandel Seite 4<br />
Für die Situation von Menschen mit Behinderung<br />
interessierten sich beim 20. <strong>Renovabis</strong>-Partnerschaftstreffen<br />
auf dem Freisinger Domberg rund<br />
140 Teilnehmer aus ganz Deutschland. Schwester<br />
Maria Bobrowska erzählte von ihrer Arbeit mit<br />
behinderten Menschen.<br />
Deutschland beim Wiederaufbau<br />
von Häusern, Schulen und anderen<br />
Einrichtungen in Bosnien<br />
und Herzegowina. Die bittere Armut,<br />
die starke Zerstörung aber<br />
auch die ständige Präsenz von<br />
Militärs hätten bei den Jugendlichen<br />
immer wieder ganz existenzielle<br />
Fragen aufgeworfen, sagte<br />
Wacker.<br />
Pater Stefan Dartmann SJ,<br />
Hauptgeschäftsführer von <strong>Renovabis</strong>,<br />
dankte allen Ehrenamtlichen,<br />
die sich für die Menschen<br />
in Osteuropa einsetzen, für ihr<br />
Engagement und ermutigte sie<br />
den Weg des direkten Austausches<br />
und der Begegnung weiterzugehen.<br />
Das Partnerschaftstreffen<br />
nahm thematisch bereits die<br />
kommende Pfingstaktion von<br />
<strong>Renovabis</strong> in den Blick, bei der es<br />
ebenfalls um die Situation behinderter<br />
Menschen in Osteuropa<br />
gehen wird. Musikalisch wurde<br />
das Treffen vom Ensemble „Psallite“<br />
aus Miercurea Ciuc (Rumänien)<br />
gestaltet. Simon Korbella<br />
Auf den Punkt gebracht<br />
Diskriminierte Roma<br />
„Holt die Wäsche rein, die Zigeuner<br />
kommen“ – eine alte Warnung, doch<br />
ganz ähnlich hören sich die ak tuellen<br />
Klagen in Deutschland<br />
an, wenn Migranten<br />
aus Osteuropa<br />
– vor allem<br />
Roma – zu uns<br />
kommen. „Wirtschaftsflüchtlinge<br />
müssen draußen<br />
Dr. Monika Kleck<br />
ist Länder- und<br />
Projektreferentin<br />
bei <strong>Renovabis</strong> für<br />
Albanien, die Republik<br />
Moldau<br />
und Rumänien<br />
bleiben“, „BeschleunigtesAsylverfahren<br />
für Roma<br />
aus Mazedonien<br />
und Serbien“, „Verdreckte<br />
Wohnblocks<br />
im Ruhrgebiet“ –<br />
dies sind nur einige der Schlagzeilen<br />
und Parolen der letzten Monate.<br />
Doch wie sieht die Realität aus?<br />
Die Roma sind die größte Minderheit<br />
in Osteuropa. Rund elf Millionen<br />
Roma leben im Osten Europas, davon<br />
über sechs Millionen in den EU-Staaten.<br />
Dabei handelt es sich jedoch<br />
nicht um eine einheitliche Gruppe,<br />
sondern um viele verschiedene Gruppierungen<br />
mit unterschiedlichen Traditionen,<br />
Kulturen und Sprachen.<br />
Eines ist ihnen jedoch gemeinsam:<br />
die Diskriminierung nämlich, die sie<br />
überall erfahren. Die Lebenserwartung<br />
der Roma ist, im Vergleich zur<br />
übrigen Bevölkerung, in vielen Ländern<br />
mehr als zehn Jahre geringer.<br />
Viele Kinder (zum Teil über die<br />
Hälfte) werden grundlos in Sonderschulen<br />
eingewiesen und der Zugang<br />
zum Gesundheitssystem ist deutlich<br />
eingeschränkt. Roma erhalten keine<br />
feste Anstellung und werden in Tätigkeiten<br />
wie Müll- oder Eisensammeln<br />
gedrängt. Die Arbeitslosigkeit unter<br />
den Roma ist höher als in der übrigen<br />
Bevölkerung, die Schulabschlüsse sind<br />
niedriger, auch weil in Romaschulen<br />
qualifiziertes Lehrpersonal fehlt. Die<br />
Wohnbedingungen sind trostlos. Die<br />
Zukunft scheint hoffnungslos.<br />
Das Flüchtlingswerk der Vereinten<br />
Nationen hat festgestellt, dass diese<br />
Diskriminierungen ein Asylgrund sein<br />
können. In den Ländern Osteuropas<br />
arbeiten unsere Partner – Ordensleute,<br />
Pfarrer oder die örtliche Caritas – mit<br />
den Roma zusammen, um ihre Lebenssituation<br />
im Heimatland zu verbessern<br />
und ihnen dort eine Zukunft zu geben.<br />
Kinder werden dabei unterstützt, zur<br />
Schule zu gehen und einen qualifizierenden<br />
Abschluss zu machen. Die Gesundheitsversorgung<br />
wird verbessert<br />
und es gibt eine Rechtsberatung. Gerade<br />
die pastoralen Angebote, die allen<br />
gleich offen stehen, bieten eine Basis<br />
miteinander zu sprechen, gemeinsam<br />
Lösungsansätze zu suchen und Gottesdienst<br />
zu feiern. Weil unsere Partner<br />
nachhaltig arbeiten, können sie nach<br />
vielen Jahren positive Entwicklungen<br />
sehen, die es zu verstärken gilt.<br />
<strong>Renovabis</strong> wird seine Projektpartner<br />
auch weiter nach Kräften unterstützen.<br />
Gemeinsam mit den Menschen<br />
vor Ort müssen wir uns langfristig<br />
engagieren. Monika Kleck<br />
Herausgeber: <strong>Renovabis</strong> · Domberg 27 · 85354 Freising · (0 81 61) 53 09-49 · E-Mail: presse@renovabis.de · © Dezember 2012 · Redaktion: Simon Korbella, Thomas Schumann (verantw.) · Auflage: <strong>30</strong>.000 · Satz: Vollnhals · Produktion: MVG<br />
<br />
Im Jahr 2013 findet das<br />
<strong>Renovabis</strong>-Partnerschaftstreffen<br />
am 6. und 7. Dezember<br />
auf dem Freisinger<br />
Domberg statt.<br />
Print kompensiert<br />
Id-<strong>Nr</strong>. 1224710<br />
www.bvdm-online.de PEFC/04-31-1812<br />
1
„Hörende, dienende<br />
und pilgernde Kirche“<br />
Verkündigung im ökumenischen Miteinander<br />
Ganz im Zeichen des von Papst Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres<br />
des Glaubens“ hat der 16. Internationale Kongress <strong>Renovabis</strong><br />
gestanden. Über das Thema „Heute den Glauben entdecken –<br />
Neue Wege der Evangelisierung in Europa“ diskutierten rund 370<br />
Teilnehmer aus <strong>30</strong> Ländern Europas. Dabei ging es um die Situation<br />
der Kirche in Europa und die „Probleme der Glaubensweitergabe<br />
in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft“. Erzbischof<br />
Dr. Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,<br />
eröffnete den Kongress und machte klar, dass<br />
nur eine „hörende, dienende und pilgernde Kirche“ die Angst vor<br />
Veränderungen in Europa überwinden kann.<br />
„W<br />
as ist die Krankheit und<br />
was ist die Therapie?“ –<br />
Diese Frage, im Hinblick auf die<br />
zunehmende Säkularisierung in<br />
Europa, begleitete die rund 370<br />
Teilnehmer während des dreitägigen<br />
Kongresses. Pater Stefan<br />
Dartmann SJ, Hauptgeschäftsführer<br />
von <strong>Renovabis</strong>, machte<br />
bereits in seiner Begrüßung klar,<br />
dass einer gelingenden Neuevangelisierung<br />
zwangsläufig die aufmerksame<br />
und aufrichtige Analyse<br />
der aktuellen Situation vorausgehen<br />
müsse. Die Referate<br />
und Arbeitskreise, die beim 16.<br />
Internationalen Kongress <strong>Renovabis</strong><br />
vorgestellt wurden, vermittelten<br />
lebendige Einblicke in die<br />
Situation und die Perspektiven<br />
der Kirchen im Osten Europas.<br />
Vor dem Hintergrund von atheistischen<br />
und säkularen Strömun-<br />
Die demokratische Grundordnung<br />
wird vielerorts von<br />
„rechts“ bedroht. Unabhängig<br />
von der geographischen Himmelsrichtung<br />
treten Parteien und<br />
Gruppierungen in der Öffentlichkeit<br />
auf und finden mehr<br />
oder weniger starken Zulauf, weil<br />
sie scheinbar klare und eingängige<br />
Antworten für die meisten<br />
Probleme anbieten: Schuld an<br />
Eurokrise, Arbeitslosigkeit und<br />
Armut sind „die Anderen“, und<br />
die Lösung besteht darin, sie<br />
zu entfernen, am besten in ein<br />
gen, erörterten die Experten das<br />
Kongressthema aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven. Tomásˇ Halík,<br />
Religionssoziologe und Psychotherapeut,<br />
der auch als Priester in<br />
Tschechien lange Zeit im Untergrund<br />
tätig war, betonte, dass die<br />
Stoßrichtung einer neuen Evange-<br />
„Wie viel Solidarität wollen wir leisten? – Hier<br />
können die Kirchen und Glaubensgemeinschaften<br />
ihren Beitrag zur Bewältigung der<br />
Krise leisten. Solidarität ist eine zentrale Botschaft<br />
des christlichen Glaubens. Mehr denn<br />
je, brauchen wir auch die Stimmen der Kirchen<br />
im öffentlichen Raum, um die Werte<br />
hochzuhalten, die friedvolles und fruchtbares Miteinander<br />
in Europa erst möglich machen.“ José Manuel Barroso<br />
Präsident der Europäischen Kommission<br />
Foto: EU-Kommission 16. Internationaler Kongress <strong>Renovabis</strong><br />
Ghetto zu stecken oder noch besser<br />
ganz aus dem jeweiligen Land<br />
abzuschieben. Länder wie Ungarn<br />
oder Russland stehen am<br />
Pranger, weil es immer wieder<br />
spektakuläre Vorfälle von Rassendiskriminierung<br />
gibt, die vereinzelt<br />
sogar in Brandstiftung oder<br />
blanken Mord übergehen. Doch<br />
ist Vorsicht geboten – wer mit<br />
dem Finger auf andere zeigt, vergisst<br />
oft, dass drei Finger in die<br />
entgegengesetzte Richtung weisen.<br />
Gerade in Deutschland ist es<br />
wichtig, an die belastete Vergan-<br />
lisierung nach innen gehen<br />
müsse. Evangelisierung bedeutet<br />
für ihn nicht „Expansion des<br />
Christentums“ oder „Bekehrung<br />
der Heiden“, sondern viel mehr<br />
die „Bekehrung der Christen“. Dagegen<br />
legte Hanna-Barbara Gerl-<br />
Falkovitz den Schwerpunkt auf die<br />
Rechtsextreme in Osteuropa auf dem Vormarsch?<br />
Podiumsdiskussion der <strong>Renovabis</strong>-Zeitschrift „OST-WEST. Europäische Perspektiven“<br />
mit Deutscher Gesellschaft für Osteuropakunde und Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
OST-WEST<br />
Europäische Perspektiven<br />
Verlag Friedrich Pustet<br />
Foto: Simon Korbella<br />
Pressekonferenz mit dem Prager Priester, Religionssoziologen und Psychotherapeuten<br />
Tomásˇ Halík (2.v.l.), dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,<br />
Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (Mitte), der Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz<br />
und <strong>Renovabis</strong>-Hauptgeschäftsführer Pater Stefan Dartmann SJ<br />
Foto: CDU/Laurence Chaperon<br />
Foto: Daniela Schulz<br />
genheit und die problematische<br />
Gegenwart zu erinnern.<br />
Frank Priess, stellvertretender<br />
Leiter der Hauptabteilung Europäische<br />
und Internationale Zusammenarbeit<br />
der Konrad-Adenauer-Stiftung,<br />
beschrieb die aktuelle<br />
Situation in Mittel- und<br />
Osteuropa mahnte trotz aller Besorgnis<br />
zur Besonnenheit und<br />
warnte vor vorschnellen Verurteilungen.<br />
Dr. Heike Dörrenbächer,<br />
Geschäftsführerin der Deutschen<br />
Gesellschaft für Osteuropakunde,<br />
hob in ihrem Grußwort hervor,<br />
wie wichtig gerade an einem Ort<br />
wie Berlin die Durchführung eines<br />
solchen Podiums sei. Burkhard<br />
Haneke, Geschäftsführer<br />
von <strong>Renovabis</strong>, stellte die Verbindung<br />
zum Auftrag des Osteuropahilfswerks<br />
der deutschen Katholiken<br />
her, zu dessen Anliegen auch<br />
die <strong>Info</strong>rmation über politische<br />
und gesellschaftliche Entwicklungen<br />
in Mittel-, Ost- und Süd-<br />
www.renovabis.de<br />
Verbindung von Glaube und Vernunft.<br />
Sie zeigte die unterschiedlichen<br />
Verbindungen der beiden<br />
Begriffe auf, die vielen heute als<br />
Gegensatz gelten. Für eine neue<br />
Evangelisierung sei es wichtig, auf<br />
die vernünftigen Aspekte des<br />
Glaubens zu verweisen und den<br />
sinnstiftenden Charakter der Religion<br />
herauszuarbeiten.<br />
Ein wichtiger Austausch fand<br />
auch im Rahmen einer ökumenischen<br />
Dimension heutiger Glaubensverkündigung<br />
statt. Dabei<br />
waren sich die katholischen,<br />
evangelischen und orthodoxen<br />
Diskussionsteilnehmer einig,<br />
dass es wichtig sei, „ein gemeinsames<br />
Glaubenswort an die Welt“<br />
zu richten. Weihbischof Gzegorz<br />
Rys´ aus Krakau unterstrich, dass<br />
entscheidend für das ökumenische<br />
Verhältnis sei, „aufeinander<br />
Aus den Grußworten zum 16. Internationalen Kongress <strong>Renovabis</strong><br />
13. Jahrgang 2012, Heft 4<br />
Fremder Nachbar<br />
Schwerpunkt:<br />
Die Tschechische<br />
Republik<br />
Historische Eckpunkte<br />
Fakten und Klischees<br />
Deutsch-tschechische Befindlichkeiten<br />
So hat 13 Jahre lang (links) die<br />
vom Zentralkomitee der Deutschen<br />
Katholiken zusammen mit<br />
der Solidaritätsaktion <strong>Renovabis</strong><br />
herausgegebene Fachzeitschrift<br />
OST-WEST. Europäische Perspektiven<br />
(OWEP) ausgesehen. Beim<br />
Verlag Friedrich Pustet in Regensburg<br />
verlegt, kommt OWEP ab<br />
Januar 2013 in neuem Gewand<br />
daher: Den Titel ziert jetzt jeweils<br />
ein Bildmotiv.<br />
„Der Mauerfall ist ein starkes Signal: Freiheit<br />
lässt sich auf Dauer nicht einsperren, die urmenschliche<br />
Sehnsucht nach Selbstbestimmung<br />
lässt sich nicht unterdrücken. Im Umgang<br />
mit dieser Freiheit, spielt die Kirche eine<br />
wichtige Rolle. Der Öffentlichkeitsauftrag der<br />
Kirchen und ihr Wächteramt sind für eine verantwortungsgeleitete<br />
gesellschaftliche Entwicklung unverzichtbar.“<br />
Angela Merkel<br />
Bundeskanzlerin der Bundes republik Deutschland<br />
osteuropa gehört.<br />
Wenn es<br />
darum geht,<br />
dass Menschen<br />
in ihrer Entfaltung gefährdet<br />
sind, ja sogar ihr Leben bedroht<br />
ist, dann muss ein Hilfswerk<br />
wie <strong>Renovabis</strong> für sie einstehen,<br />
vor allem durch Hilfsprojekte<br />
für Minderheiten, wie etwa<br />
die Roma im Donauraum.<br />
Der in Belgrad und Budapest<br />
tätige dpa-Korrespondent Gregor<br />
Mayer schilderte Eindrücke zur<br />
Situation in Ungarn. Nicht unwidersprochen<br />
blieb seine These,<br />
unter Ministerpräsident Orbán<br />
habe sich der Staat und die Gesellschaft<br />
dem Rechtspopulismus<br />
geöffnet, „die Grenzen zum<br />
Rechtsextremismus verschwimmen,<br />
und das ist das Bedenkliche“.<br />
Die Wirtschaftskrise und<br />
in ihrem Gefolge ein Anstieg der<br />
Arbeitslosigkeit und drohende<br />
Massenverarmung sind kein auf<br />
„Wir haben eine Kultur der<br />
Toleranz und des Dialogs,<br />
aber auch eine Kultur des<br />
Herzens, in der die Ehrfurcht<br />
vor Gott und die aus tiefer<br />
religiöser Überzeugung kommende<br />
Achtung vor der<br />
Würde des Menschen zentrale Manifestationen<br />
sind.“ Horst Seehofer<br />
Ministerpräsident des Freistaats Bayern<br />
2 <strong>Renovabis</strong>-Spendenkonto 94 bei der Bank für Kirche und Caritas eG Paderborn (BLZ 472 603 07)<br />
Foto: CSU<br />
zu hören“. Der gemeinsamen<br />
Glaubensweitergabe müsse eine<br />
„Evangelisation nach innen“ vorausgehen:<br />
aus der echten Überzeugung<br />
des Glaubens erwachse<br />
erst eine überzeugende „Evangelisation<br />
nach außen“.<br />
Jede Neuevangelisierung brauche<br />
vor allem „vom Geist ergriffene<br />
Menschen“ – mit diesem<br />
Wort verabschiedete <strong>Renovabis</strong>-<br />
Hauptgeschäftsführer Pater Stefan<br />
Dartmann die Kongressteilnehmer.<br />
Bei allen Überlegungen<br />
zu „Neuen Wegen der Evangelisierung<br />
in Europa“ werde uns –<br />
so Dartmann – die „Anstrengung<br />
des persönlichen Weges<br />
nicht erspart bleiben, nämlich<br />
selber in der Welt Zeugnis für unseren<br />
Glauben abzulegen“.<br />
C. Dahm, B. Haneke,<br />
S. Korbella, T. Schumann<br />
Ungarn beschränktes Phänomen,<br />
rechtfertigen aber noch<br />
lange nicht die breite Ausgrenzung<br />
der Roma und die Zunahme<br />
des Antisemitismus. Im<br />
Blick auf Russland ergeben sich<br />
nach Ansicht von Natalja Zorkaya,<br />
Mitarbeiterin des Levada-<br />
Instituts für Meinungsforschung<br />
in Moskau, durchaus ähnliche<br />
Grundmuster: Viele Menschen<br />
leiden unter dem wirtschaftlichen<br />
Niedergang der letzten<br />
Jahre und sehen einerseits in den<br />
„Anderen“ (Kaukasiern, Asiaten)<br />
als äußerlich erkennbar „Fremden“,<br />
andererseits aber auch<br />
pauschal im „Westen“ die Ursache<br />
für die alltägliche Misere.<br />
Christof Dahm<br />
MEHR: www.renovabis.de<br />
Foto: Konrad-Adenauer-Stiftung
Im Aktionsjahr 2012<br />
„Und er stellte ein Kind in ihre Mitte“<br />
Waisenkinder-Projekt in der Ukraine bietet Perspektiven<br />
Mischa, Maxim und Igor<br />
stammen aus zerrütteten<br />
Familien. Nach einer schwierigen<br />
Zeit in den staatlichen Kinderheimen,<br />
bietet sich den drei<br />
Brüdern jetzt eine neue Perspektive.<br />
Ein Projekt in der Ukraine,<br />
unterstützt von <strong>Renovabis</strong>, dem<br />
Kindermissionswerk und der<br />
Deutschen Botschaft, bietet für<br />
Waisenkinder ein neues Zuhause.<br />
Zwei Pallotiner-Patres<br />
und drei Missions-Benediktinerinnen<br />
kümmern sich künftig als<br />
dauerhafte Bezugspersonen um<br />
bis zu zehn Kinder und Jugendliche<br />
aus der Region.<br />
„Toll, ein Haus mit Ohren!“<br />
Mit großen Augen starrten die<br />
drei Brüder bei ihrer Ankunft in<br />
Bilohirja auf<br />
die backsteinerne<br />
Kirche.<br />
Dann folgte der<br />
Satz, an den sich<br />
Pater Pavlo Goraj,<br />
einer der Pallotiner-Patres<br />
vor<br />
Ort, noch gut erinnern<br />
kann. „Toll, ein Haus mit<br />
Ohren!“, entfuhr es dem sechsjährigen<br />
Igor, dem Ältesten der<br />
drei Geschwister. Es waren die<br />
zwei Kirchtürme, die den Brüdern<br />
Familiäre Atmosphäre bei den Pallotiner-Patres und Missions-<br />
Benediktinerinnen im ukrainischen Bilohirja<br />
sofort ins Auge stachen, denn sie<br />
sind keineswegs selbstverständlich<br />
für das vom Kommunismus<br />
immer noch stark gezeichnete<br />
kirchliche Leben in der Ukraine.<br />
Systematisch wurden die Kirchen<br />
in der Sowjetzeit unkenntlich gemacht,<br />
indem man die Türme<br />
abtrug. So auch bei der Kirche in<br />
Bilohirja, die im 17. Jahrhundert<br />
als Dominikanerkloster erbaut<br />
wurde und zwischenzeitlich als<br />
Kulturhaus, Feuerwehrhaus und<br />
als Unterkunft für Milizen diente.<br />
Rund 100.000 Kinder leben in<br />
der Ukraine ohne elterliche Betreuung.<br />
Ein Drittel von ihnen<br />
<strong>Renovabis</strong>-Spendenkonto 94 bei der Pax-Bank eG (BLZ 370 601 93)<br />
wartet auf eine Adoption und<br />
lebt in den großen staatlichen<br />
Heimen mit bis zu 200 Kindern.<br />
Es ist unmöglich, die Kinder hier<br />
individuell zu betreuen und vor<br />
allem, ihnen eine angemes-<br />
sene psychologische Aufarbeitung,<br />
ihre häufig traumatischen<br />
Erlebnisse zu ermöglichen, erklärt<br />
<strong>Renovabis</strong>-Projektreferent<br />
Joachim Sauer.<br />
Ein Kinder-Projekt von vielen<br />
die <strong>Renovabis</strong> in den letzten 19<br />
Jahren und besonders im Jahr<br />
2012 gefördert hat. Unter dem<br />
biblischen Leitwort „Und er<br />
stellte ein Kind in ihre Mitte“<br />
(Mk 9,36) brachte <strong>Renovabis</strong> in<br />
diesem Jahr die Situation benachteiligter<br />
und Not leidender<br />
Kinder im Osten Europas ins Gespräch.<br />
„Im Osten Europas gehören<br />
Kinder häufig zu den Verlierern<br />
der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Umbrüche. Sie leiden unter Ausgrenzung,<br />
Gewalt und Hunger.<br />
Oft ist die Versorgung bei Krankheit<br />
und Behinderung schlecht.<br />
Ausbildungschancen sind rar. Vor<br />
allem Waisen- und Straßenkinder<br />
haben kaum eine Zukunftsperspektive“,<br />
dies betonten auch die<br />
deutschen Bischöfe in ihrem Hirtenwort<br />
zu Pfingsten.<br />
<strong>Renovabis</strong> fördert in den 29<br />
Ländern Mittel- und Osteuropas<br />
mit rund vier Millionen Euro<br />
pro Jahr Hilfsmaßnahmen wie<br />
Straßenkinderprojekte, Waisenhäuser<br />
und Tageszentren, Integrationsprojekte<br />
für Roma-Kinder,<br />
Einrichtungen für Kinder<br />
mit Behinderungen, Kindergärten,<br />
Schulen und Ausbildungswerkstätten<br />
sowie katechetische<br />
Projekte, religiöse Ferienfreizeiten<br />
und Familienberatungs-Projekte.<br />
Simon Korbella<br />
Die <strong>Renovabis</strong>-Pfingstaktion in Osnabrück, Aachen und Mannheim<br />
<strong>Renovabis</strong>-<strong>Info</strong>stand zur<br />
Pfingstaktion 2012<br />
Bischof Dr. Franz-Josef<br />
Bode von Osnabrück mit<br />
Pater Stefan Dartmann SJ<br />
<strong>Renovabis</strong>-Netzwerk I: Engagierte<br />
Es ist eine besondere Partnerschaft,<br />
die im Jahr 2007 in<br />
Wunstorf begonnen hat und bis<br />
heute andauert. Jugendliche aus<br />
der Pfarrei Sankt Bonifatius beschäftigten<br />
sich bei ihrer Firmvorbereitung<br />
mit den Folgen von<br />
Krieg und Vertreibung in Bosnien<br />
und lernten die Situation der<br />
Menschen dort kennen. Das<br />
Bischof<br />
Franjo Komarica<br />
von<br />
Banja Luka<br />
in Bosnien<br />
begrüßte<br />
die WunstoferJugendlichen.<br />
Viele Menschen in Deutschland<br />
ließen sich von der <strong>Renovabis</strong>-Pfingstaktion<br />
ansprechen. Zwischen Ostern<br />
und Pfingsten wurde das Motto<br />
„Und er stellte ein Kind in ihre Mitte“<br />
in vielen Pfarreien aufgegriffen.<br />
<strong>Renovabis</strong> war in den Bistümern<br />
Osnabrück und Aachen sowie beim<br />
Mannheimer Katholikentag mit Gästen<br />
aus Mittel- und Osteuropa präsent.<br />
Gottesdienste, eine Fotoausstellung<br />
und Konzerte kamen gut an.<br />
Die Gruppe „F6“ aus der<br />
Slowakei musizierte<br />
in Aachen<br />
Thema ließ die Jugendlichen<br />
nicht mehr los und sie beschlossen<br />
aktiv zu werden. Gemeinsam<br />
mit ihrem Gemeindereferenten,<br />
Winfried Gburek, und unterstützt<br />
durch <strong>Renovabis</strong> organisierten sie<br />
zahlreiche Aktionen in ihrer Heimatpfarrei<br />
und spendeten den Erlös<br />
für die Menschen in Simici in<br />
Bosnien. Als der Bischof von Banja<br />
Luka, Franjo Komarica, von dem<br />
Engagement der Jugendlichen aus<br />
Deutschland erfuhr, lud er sie zu<br />
sich nach Bosnien ein. <strong>Renovabis</strong><br />
hat die Fahrt im Rahmen des Go-<br />
East-Programms gefördert.<br />
MEHR: www.renovabis.de<br />
Die Gruppe „Tuto“<br />
aus Litauen spielte<br />
in Osnabrück<br />
Die <strong>Renovabis</strong>-Stipendiaten<br />
treffen sich seit 2010 einmal<br />
im Jahr in Freising. Dabei<br />
geht es vor allem darum, sich<br />
untereinander auszutauschen<br />
und zu vernetzen, aber auch darum,<br />
die Menschen bei <strong>Renovabis</strong><br />
und ihre Arbeit kennen zu<br />
lernen. In diesem Jahr stand für<br />
die 24 Stipendiaten aus elf Ländern<br />
auch das <strong>Renovabis</strong>-Kongressthema<br />
„Heute den Glauben<br />
entdecken – Neue Wege der<br />
Evangelisierung in Europa“ auf<br />
dem Programm. Ende November<br />
waren die Stipendiaten zu Gast<br />
in Freising. Einige von ihnen<br />
nahmen auch am „Jugendkorbi-<br />
Fotos: Archiv<br />
Ganz schön schnell:<br />
Teilnehmer des Reno-<br />
vabis-Spendenlaufs<br />
Der Dom zu<br />
Osnabrück „bekannte<br />
Farbe“<br />
Er teilt unsere Anliegen<br />
Kurt Beck,<br />
Ministerpräsident von<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Im März kommenden Jahres feiert<br />
<strong>Renovabis</strong> sein zwanzigjähriges<br />
Bestehen. Es wird der richtige Zeitpunkt<br />
sein, um Bilanz<br />
über zwei<br />
Jahrzehnte der Arbeit<br />
zu ziehen. Ich<br />
will diesem Ereignis<br />
nicht vorgreifen.<br />
Und doch ist<br />
schon heute festzu-<br />
Kurt Beck, Ministerpräsident<br />
von<br />
Rheinland-Pfalz<br />
stellen: <strong>Renovabis</strong><br />
hat sich in dieser<br />
Zeit zu einer unverzichtbarenInstitu-<br />
tion für die pastorale und soziale Entwicklung<br />
in den Staaten Mittel- und<br />
Osteuropas entwickelt.<br />
Die von <strong>Renovabis</strong> geleistete Arbeit<br />
ist in ihrer Vielfalt und Intensität<br />
wahrlich beeindruckend. In einer<br />
Welt des Umbruchs bietet <strong>Renovabis</strong><br />
Hoffnung und gibt Vertrauen in den<br />
Sinn des persönlichen Engagements.<br />
Damit wird ein ganz wesentlicher<br />
Beitrag dazu geleistet, dass die Menschen<br />
in Mittel- und Osteuropa ihre<br />
Heimat als Ort der Zukunft betrachten,<br />
für den es sich einzusetzen lohnt.<br />
Zukunft im Sinne des eigenen Fortkommens,<br />
Zukunft zugleich im Miteinander<br />
– beides bedingt einander,<br />
wenn sich eine Gesellschaft in politischer<br />
und sozialer Hinsicht im<br />
Gleichklang entwickeln will.<br />
Gerade wir Deutschen empfinden<br />
gegenüber Mittel- und Osteuropa zu<br />
Recht eine besondere Verantwortung<br />
dafür, aus der Vergangenheit die Brücke<br />
in die Zukunft zu schlagen. Solidarität,<br />
tätige Nächstenliebe und Hilfe<br />
zur Selbsthilfe sind entscheidende<br />
Grundstoffe für unser gemeinsames<br />
Haus Europa. <strong>Renovabis</strong> ist dabei ein<br />
ganz wichtiger Baumeister. Sie alle,<br />
die dem Geist und dem Werk von<br />
<strong>Renovabis</strong> verbunden sind, gestalten<br />
aktiv ein auf Versöhnung und Verständigung<br />
basierendes Zusammenleben<br />
der Menschen und Völker.<br />
<strong>Renovabis</strong>-Netzwerk II: Stipendiaten trafen sich<br />
nian“ teil; das ist die Jugendwallfahrt<br />
der Erzdiözese München<br />
und Freising. Dabei stellten sie<br />
ihre Heimatländer vor.<br />
Fotos: Archiv<br />
<strong>Renovabis</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />
Pater Stefan Dartmann SJ<br />
Fotos: Simon Korbella<br />
3
Foto: Daniela Schulz<br />
4<br />
Netzwerk III: Freiwillige berichten<br />
„Mein Jahr im Osten Europas“<br />
Nach ihrer Rückkehr im September<br />
2012 haben wir die<br />
Freiwilligen des Jahrgangs<br />
2011/2012 nach ihren Erfahrungen<br />
gefragt. Was hat ihnen<br />
während ihres Einsatzes in einer<br />
sozialen Einrichtung besonders<br />
gefallen? Was werden sie<br />
weniger vermissen? Mit wel-<br />
chen Schwierigkeiten mussten<br />
Sie umgehen, was hat sie bewegt?<br />
Und welche Tipps geben<br />
sie den zukünftigen Freiwilligen<br />
mit auf den Weg?<br />
Lesen Sie auch „Netzwerk I“<br />
und „Netzwerk II“ auf Seite 3.<br />
Alle Interviews der Freiwilligen:<br />
www.renovabis.de<br />
Auschwitz – einzigartiges<br />
Symbol methodischperfektionierten<br />
Grauens und zugleich<br />
Zielort alltäglicher<br />
Touristenströme.<br />
Wie kann eine Begegnung<br />
mit diesem Ort<br />
der Banalität einer Besichtigung<br />
entgehen? Die Frage stellt sich<br />
der New Yorker Zen-Meister<br />
Roshi Bernhard Glassman.<br />
Seine Antwort: „Das Auschwitz-<br />
Retreat“. Er lädt Menschen ver-<br />
Gespür für Bedeutung der Vergangenheit<br />
Ziel eines Workshops der Maximilian-Kolbe-Stiftung in Auschwitz<br />
war es, Sensibilität und Ausdrucksfähigkeit in Bezug auf<br />
Gewalterfahrungen im vergangenen Jahrhundert zu fördern.<br />
Die <strong>Renovabis</strong>-Öffentlichkeitsarbeit ermöglichte es ihrer Volontärin<br />
Barbara Dreiling daran teilzunehmen. Hier ihr Bericht:<br />
Ein besonderes Augenmerk<br />
wurde auf die Rolle der Kirche<br />
in Versöhnungsprozessen<br />
und die damit verbundenen Herausforderungen<br />
gelegt. Dazu referierte<br />
unter anderem Erzbischof<br />
Wiktor Skworc von Katowice,<br />
der Ko-Vorsitzende der<br />
deutsch-polnischen Kontaktgruppe<br />
der beiden Bischofskonferenzen.<br />
Durch die gemeinsame Vergegenwärtigung<br />
der Geschichte<br />
von Auschwitz und ihren Folgen<br />
sollte die Veranstaltung einen<br />
Beitrag zum tieferen Verständnis<br />
für das Zusammenleben in Europa<br />
leisten. Dabei kam der Begegnung<br />
mit dem Ort des Geschehens<br />
bei Vorträgen, Führungen<br />
und insbesondere in Gesprächsrunden<br />
mit Überlebenden<br />
eine zentrale Rolle zu.<br />
Außerdem machten sich die<br />
Teilnehmer aus Kirche, Politik<br />
und Gesellschaft anhand ausgewählter<br />
Länderbeispiele gegenseitig<br />
mit der jeweiligen Aufar-<br />
Im Angesicht der Dunkelheit<br />
Eine spirituelle Begegnung mit Auschwitz –<br />
Ein Film von Christof Wolf SJ – Empfehlung<br />
Das „Zentrum für Dialog<br />
und Gebet“ in Auschwitz<br />
ist mit maßgeblicher<br />
Unterstützung von <strong>Renovabis</strong><br />
in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft des ehemaligenKonzentrationslagers<br />
errichtet worden.<br />
beitung des Zweiten Weltkriegs<br />
und von Auschwitz vertraut<br />
und gingen der Bedeutung von<br />
Unterschieden nach. Jörg Lüer,<br />
stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />
der Maximilian-Kolbe-<br />
Stiftung, erklärte: „Der nationenübergreifende<br />
Austausch<br />
liegt uns am Herzen. Für die gemeinsame<br />
Zukunft ist entscheidend,<br />
dass wir ein gutes und zu-<br />
<strong>Renovabis</strong>-Spendenkonto 94 bei der LIGABANK eG (BLZ 750 903 00)<br />
www.renovabis.de<br />
schiedenster Herkunft<br />
und Weltanschauung<br />
ein, sich Auschwitz ungeschützt<br />
zu stellen. Es<br />
begegnen sich Christen,<br />
Juden, Muslime<br />
und Buddhisten. Nachkommen<br />
von Opfern<br />
treffen auf Nachkommen von<br />
Tätern. Der Film portraitiert<br />
fünf Teilnehmer und folgt aus<br />
der Nähe ihrer inneren Entwicklung.<br />
<strong>Renovabis</strong> hat die Produktion<br />
des Films gefördert.<br />
gleich kritisches Gespür für die<br />
gegenwärtige Bedeutung der<br />
Vergangenheit entwickeln.“<br />
Der heilige Maximilian Kolbe<br />
hat sein Leben stellvertretend<br />
für einen Mithäftling im Konzentrationslager<br />
Auschwitz hingegeben<br />
und setzte damit ein<br />
Zeichen, dass Hass und Gewalt<br />
nicht das letzte Wort haben.<br />
MEHR: www.renovabis.de<br />
Fachtagung: Opfer von Frauenhandel – sprach- und rechtlos?<br />
Die Opfer des Frauenhandels standen im Mittelpunkt einer Fachtagung<br />
des Aktionsbündnisses gegen Frauenhandel, die <strong>Renovabis</strong><br />
in Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung ausrichtete.<br />
Die Referentinnen und Referenten<br />
beleuchteten verschiedene<br />
Perspektiven: Barbara<br />
Abdallah-Steinkopff von Refugio<br />
in München zeigte die psychischen<br />
Folgen der oftmals<br />
lang anhaltenden Gewalterfahrungen<br />
auf. Es gebe Vorurteile,<br />
die vor Gericht oder bei Befra-<br />
13,4 Millionen Euro für 549 Projekte bewilligt<br />
Ausblick: Pfingstaktion 2013 zum Thema „Menschen mit Behinderung“<br />
<strong>Renovabis</strong> unterstützt weiterhin<br />
seine mittel-, ost- und<br />
südosteuropäischen Partner. Bei<br />
der Trägerkreis-Sitzung Ende Oktober<br />
in Köln unter Vorsitz des<br />
Generalsekretärs des Zentralkomitees<br />
der deutschen Katholiken,<br />
Stefan Vesper, sind mehr als<br />
13,4 Millionen Euro für 549 Projekte<br />
bewilligt worden. Gefördert<br />
werden kirchlich-seelsorgerische,<br />
soziale und Bildungsprojekte.<br />
Alle Vorhaben in den unterschiedlichen<br />
Ländern und Regionen<br />
werden von den Partnern<br />
vor Ort realisiert und auf ihren<br />
Wunsch hin gefördert; die finanzielle<br />
Unterstützung aus deutschen<br />
Spendengeldern ist also<br />
eine „Hilfe zur Selbsthilfe“.<br />
Unter den jetzt beschlossenen<br />
Projekten sind abermals einige<br />
von den seit 18 Jahren<br />
nachhaltig geförderten „Schulen<br />
für Europa“ in mehreren Orten<br />
Bosnien-Herzegowinas und<br />
gungen zum Aufenthaltsrecht<br />
zu<br />
falschen Urteilen<br />
führen, stellte die<br />
Psychotherapeutin<br />
klar. So sei die lückenlose, chronologische<br />
Erinnerung keineswegs<br />
selbstverständlich. Die Opfer<br />
von Zwangsprostitution erin-<br />
in der Republika Srbska: 340.000<br />
Euro sind diesmal für die „Europaschulen“<br />
bewilligt worden.<br />
Das Franziskaner-Gymnasium<br />
in Visoko beispielsweise erfreut<br />
sich bei der größtenteils muslimischen<br />
Bevölkerung der Kleinstadt<br />
hoher Beliebtheit. Auffallend<br />
ist, dass der Mädchenanteil<br />
unter den Schülern bei mehr als<br />
50 Prozent liegt – wie auch bei<br />
den anderen kirchlichen Schulen<br />
in Bosnien und Herzegowina.<br />
Seit 2009 wurde das Schulgebäude<br />
in Visoko, das jahrzehntelang<br />
als Kaserne genutzt<br />
worden war, generalsaniert und<br />
ist 2011 innen fertig geworden.<br />
Die Schule soll nun wieder in<br />
kirchlicher Trägerschaft eingerichtet<br />
werden. Dies bedeutet,<br />
dass die Unterrichtsinhalte und<br />
die pädagogische Grundausrichtung<br />
die Standards der „Schulen<br />
für Europa“ aufgreifen: Kinder<br />
unterschiedlicher Volks- und<br />
Rund 100 Interessierte und Experten von Fachberatungsstellen,<br />
Hilfsorganisationen, Polizei und Politik diskutierten darüber, wie<br />
die Situation der betroffenen Frauen verbessert werden könnte.<br />
nerten sich oft<br />
noch detailliert an<br />
die erlittene Gewalt,<br />
nicht aber an<br />
die Orte, Tageszeiten<br />
oder andere vermeintliche<br />
Selbstverständlichkeiten.<br />
Besonders problematisch<br />
seien diese Fehleinschätzungen<br />
Religionszugehörigkeit sollen<br />
miteinander lernen, spielen,<br />
sich auseinandersetzen und achten<br />
lernen. Die Nachhaltigkeit<br />
bei diesem Projekt wird durch<br />
die Übernahme der laufenden<br />
Kosten durch Projektträger oder<br />
offizielle Stellen deutlich: In<br />
Visoko übernehmen die kantonalen<br />
staatlichen Verwaltungsstellen<br />
die Lehrergehälter und<br />
den Unterhalt.<br />
Schließlich wurden auch die<br />
ersten Planungen zur <strong>Renovabis</strong>-Pfingstaktion<br />
2013 vorgestellt.<br />
Die bundesweite Aktion<br />
zur Vermittlung der Sorgen in<br />
unseren östlichen Nachbarländern<br />
nimmt im kommenden<br />
Jahr die Situation von Menschen<br />
mit Behinderungen in<br />
den Partnerländern in den Blick:<br />
„Das Leben teilen – Solidarisch<br />
mit behinderten Menschen im<br />
Osten Europas“, heißt das Leitwort.<br />
Thomas Schumann<br />
beim Thema Aufenthaltsrecht,<br />
betonte Renate Hofmann von<br />
der Fachberatungsstelle Solwodi.<br />
Die Opfer von Zwangsprostitution<br />
aus Nicht-EU-Staaten dürften<br />
meist nur für die Zeit ihres<br />
Gerichtsverfahrens in Deutschland<br />
bleiben, weil sie als Zeugen<br />
dringend benötigt werden, danach<br />
allerdings müssten sie in<br />
ihre Heimatländer zurückkehren<br />
– für viele eine schwierige Situation,<br />
denn durch die Aussage vor<br />
Gericht bringen sie sich nicht<br />
selten in Gefahr. Denn die Menschenhändler<br />
verfügten meist<br />
über gute Kontakte in die jeweiligen<br />
Länder, aus denen die Frauen<br />
verschleppt wurden. Auch für die<br />
Juristin Naile Tanis vom „Koordinierungskreis<br />
gegen Frauenhandel<br />
und Gewalt an Frauen<br />
(KOK)“, steht fest, dass es in diesem<br />
Punkt dringend einer neuen<br />
gesetzlichen Regelung bedarf.<br />
Die Theologin Barbara Haslbeck<br />
vom Bildungszentrum Kardinal<br />
Döpfner Haus der Erzdiözese<br />
München und Freising betonte<br />
die ethisch-moralische Perspektive.<br />
„Opfer brauchen Ebenbürtigkeit“,<br />
lautete eine ihrer<br />
Kernthesen. Es sei wichtig, dass<br />
die Betroffenen wieder selbst ihr<br />
Leben gestalten lernen. Das Gefühl<br />
der Ohnmacht werde verstärkt,<br />
wenn sie sich auch nach<br />
der Zwangsprostitution noch<br />
ausgeliefert fühlten.<br />
Simon Korbella<br />
Foto: Archiv<br />
Foto: Thomas Schumann<br />
Foto: Simon Korbella<br />
persönlich<br />
Ein gutes Signal für Europa<br />
ist nach Einschätzung<br />
von <strong>Renovabis</strong> die<br />
Verleihung des Friedensnobelpreises<br />
an die<br />
Europäische Union.<br />
Als einen „Kontinent<br />
des Friedens, der durch die EU maßgeblich<br />
stabilisiert“ worden sei, bezeichnet das<br />
Nobelkomitee Europa. Wünschenswert<br />
wäre laut <strong>Renovabis</strong> aber, dass dieses Europa<br />
„nicht nur eine stabile Friedensgemeinschaft,<br />
sondern eine echte Solidargemeinschaft<br />
seiner Bürgerinnen und Bürger<br />
wird“.<br />
MEHR: www.renovabis.de<br />
Der Journalistenpreis Osteuropa<br />
zeichnet herausragende Reportagen zu<br />
Themen aus Mittel- und Osteuropa aus.<br />
Er wird gemeinsam verliehen von <strong>Renovabis</strong>,<br />
der Solidaritätsaktion der deutschen<br />
Katholiken mit den Menschen in<br />
Mittel- und Osteuropa, und „Brot für die<br />
Welt“, dem Hilfswerk der evangelischen<br />
Kirchen und Freikirchen. Ausgezeichnet<br />
wurden im Sommer mit jeweils 3.000<br />
Euro Nina Rybik (rechts) aus Weißrussland<br />
für ihren Beitrag über das Sperrgebiet<br />
um<br />
Tscher nobyl<br />
und Nicola<br />
Abé aus<br />
Deutschland,<br />
die in ihrem<br />
Beitrag über<br />
junge rumänische<br />
Sexarbeiter in Berlin schrieb. Die<br />
Laudatio hielt Ina Ruck, Korrespondentin<br />
und Leiterin des ARD-Studios Moskau.<br />
MEHR: www.renovabis.de<br />
Der Jurist, Wirtschafts-<br />
und Verwaltungsexperte<br />
Dr. Michael Jansen ist<br />
jetzt von der Mitgliederversammlung<br />
von <strong>Renovabis</strong><br />
zum Vorsitzenden<br />
des Verwaltungsrates gewählt<br />
worden. Der 71-jährige Spitzendiplomat<br />
wurde jetzt außerdem Vorsitzender<br />
des <strong>Renovabis</strong>-Stiftungsrates. Michael<br />
Jansen arbeitete im Bundes prä sidial amt<br />
und für Bundesaußenminister Hans-Dietrich<br />
Genscher. Später wechselte Jansen in<br />
die Privatwirtschaft zur Degussa AG, wo er<br />
„Internationale Konzernaufgaben“ übernahm.<br />
Er war an der Gründung der Stiftung<br />
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“<br />
(EVZ) beteiligt. 2004 berief ihn Bundespräsident<br />
Horst Köhler ins Bundespräsidialamt.<br />
Nach dessen Ausscheiden übernahm<br />
er im Juli 2006 erneut die Leitung der<br />
Stiftung EVZ bis zum Ende der Auszahlungen<br />
2007. Im Jahr 2008 berief Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel ihn zum Vorsitzenden<br />
des Kuratoriums der Stiftung EVZ.<br />
Derzeit ist er von der Deutschen Bischofskonferenz<br />
berufenes Mitglied der Deutschen<br />
Kommission Justitia et Pax und Mitglied<br />
des Stiftungsrates der Maximilian-<br />
Kolbe-Stiftung.<br />
Martha Schauer, die zu den<br />
allerersten Mitarbeitenden in<br />
der Freisinger Geschäftsstelle<br />
von <strong>Renovabis</strong> gehört hat, beendete<br />
jetzt ihre aktive Dienstzeit.<br />
Geschäftsführer Burkhard<br />
Haneke verabschiedete sie im<br />
Kollegenkreis und bedankte<br />
sich für ihr Engagement im Referat Partnerschafts-<br />
und Dialogarbeit und für die<br />
Inlandsabteilung in mehr als 18 Jahren.<br />
Aus Anlass des 60.<br />
Geburtstags von<br />
<strong>Renovabis</strong>-Geschäftsführer<br />
Dr.<br />
Gerhard Albert<br />
haben Gäste aus<br />
vielen Ländern<br />
Mittel-, Ost- und<br />
Südosteuropas,<br />
dem seit 16 Jahren<br />
in Freising für die<br />
Solidaritätsaktion Tätigen, ihre dankbaren<br />
Glückwünsche entboten. Auch der Erzbischof<br />
von München und Freising,<br />
Reinhard Kardinal Marx, gratulierte<br />
ihm persönlich.<br />
Fotos: Thomas Schumann<br />
Foto: Archiv