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Kurzreferat: Rechtssystem Ungarn - RheinAhrCampus

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<strong>Ungarn</strong><br />

<strong>Ungarn</strong>: Hauptstadt: Budapest<br />

Einwohnerzahl: 10,2 Mio.<br />

Fläche: 93.036 qkm<br />

Arbeitslosigkeit: 3,8 %<br />

EU-Mitglied seit: 1. Mai 2004<br />

Einführung:<br />

Seit dem 1. Mai 2004 ist die Republik <strong>Ungarn</strong> ein offizielles Mitgliedsland der Europäischen<br />

Union. Nach der politischen Wende 1989/1990 und den folgenden ersten freien Wahlen 1 wird<br />

das, in 7 Regionen und 19 Komitate unterteilte <strong>Ungarn</strong> 2 , demokratisch verwaltet.<br />

<strong>Ungarn</strong>s Hauptwirtschaftspartner ist Deutschland. Mit Gesamtinvestitionen von 10 Mrd. Euro<br />

(entspricht etwa einem Drittel aller Auslandsinvestitionen) seit der Wende hat sich die<br />

Bundesrepublik stark und erfolgreich engagiert 3 . Mit einer Einwohnerzahl von 10.2 Millionen<br />

Menschen und einer Fläche von 93.036 qkm zählt <strong>Ungarn</strong> zu den Größeren der neuen<br />

Beitrittsländer der europäischen Union. Die Arbeitslosenquote von 5.8 % gehört zu den<br />

niedrigsten der neuen Mitgliedstaaten und liegt auch im Vergleich zur Arbeitslosensituation<br />

der gesamten EU unter dem Durchschnitt. Budapest die Hauptstadt <strong>Ungarn</strong>s ist nach Moskau<br />

und Leningrad die bevölkerungsreichste sowie wirtschaftlich und kulturell bedeutendste<br />

Metropole Ostmitteleuropas 4 . Das ungarische Gesellschaftsrecht ist dem österreichischen,<br />

durch die historisch enge Verbundenheit, sehr ähnlich 5 . Im Folgenden sollen die Einzelheiten<br />

der in Frage stehenden Rechtsgebiete erläutert werden:<br />

1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen bei Verträgen und wenn ja, welche?<br />

Der Grundsatz für die Formerfordernisse bei Verträgen ergibt sich aus dem § 216 I<br />

Zivilgesetzbuch <strong>Ungarn</strong> 6 der besagt, dass Verträge grundsätzlich formfrei, d. h. sowohl<br />

mündlich als auch schriftlich, abgeschlossen werden können. Eine Ausnahme für diese<br />

Regelung besteht allerdings, wenn eine entgegengesetzte Bestimmung einer anderen<br />

Rechtsvorschrift vorliegt, die die Schriftform gesetzlich anordnet. Wie im deutschen Recht<br />

gilt diese Ausnahme vor allem für den Grundstückskaufvertrag gemäß § 365 III ZGB <strong>Ungarn</strong>,<br />

den Schenkungsvertrag gemäß § 579 II ZGB <strong>Ungarn</strong>, den Bürgschaftsvertrag gemäß § 272 II<br />

ZGB <strong>Ungarn</strong> und den Kreditdarlehensvertrag gemäß 522 II ZGB <strong>Ungarn</strong>. Aber auch der, in<br />

<strong>Ungarn</strong> gesetzlich geregelte Forschungsvertrag gemäß § 412 II ZGB <strong>Ungarn</strong> und der<br />

Pfandvertrag gemäß § 254 II ZGB <strong>Ungarn</strong> unterfallen den spezialgesetzlichen Ausnahmen.<br />

1<br />

http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />

2<br />

http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-Leitfaden<strong>Ungarn</strong>.pdf<br />

3<br />

http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />

4<br />

http://www.balatonreisen.de/vandv/budapest-info.htm<br />

5<br />

http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-Leitfaden<strong>Ungarn</strong>.pdf<br />

6<br />

Im folgenden: ZGB <strong>Ungarn</strong>


<strong>Ungarn</strong><br />

Den Vertragsparteien bleibt es jedoch gemäß § 217 I ZGB <strong>Ungarn</strong> grundsätzlich überlassen,<br />

ob sie auch für einen formfreien Vertrag die Schriftform vereinbaren wollen. Festzustellen<br />

bleibt folglich, dass auch in <strong>Ungarn</strong> der Grundsatz der Privatautonomie gilt, welcher lediglich<br />

durch gesetzliche Ausnahmen beschränkt wird.<br />

2) Gibt es ein Sonderrecht für Kaufleute?<br />

Hierzu gibt es in <strong>Ungarn</strong> das Gesetz Nr. V/1990 über die Einzelunternehmung 7 . Ziel dieses<br />

Gesetzes ist es, die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft – unter Berücksichtigung der<br />

Bestimmungen der Verfassung der Republik <strong>Ungarn</strong> über die Gleichberechtigung des<br />

öffentlichen Eigentums und des Privateigentums, die Garantien des Privateigentums und den<br />

Schutz der unternehmerischen Investitionen – durch die Regelung der Einzelunternehmungen<br />

sowie die Gewährleistung der Unternehmensfreiheit und der gleichen<br />

Wettbewerbsbedingungen zu fördern 8 .<br />

Mit Inkrafttreten des GEU am 1. April 1990 ist die in <strong>Ungarn</strong> traditionelle Unterscheidung<br />

zwischen „Handwerkern“ und „Einzelhändlern“ aufgehoben und die Gewerbefreiheit<br />

eingeführt worden. Der neue Begriff des „Einzelunternehmers“ ist primär eine gewerbe-,<br />

steuer- und bilanzrechtliche Kategorie, die aber neuerdings auch eine zivilrechtliche<br />

Bedeutung erhalten hat 9 . Gemäß § 1 GEU regelt dieses Gesetz die Vorraussetzungen der<br />

Gründung, Betätigung und Beendigung von Einzelunternehmungen. Die Einzelunternehmung<br />

wird gesetzlich als eine geschäftsmäßige, d. h. im eigenen Namen und auf eigenes Risiko,<br />

regelmäßig und in Erwerbsabsicht betriebene Wirtschaftstätigkeit eines Deviseninländers<br />

definiert (§ 2 I GEU). Der Begriff des „Einzelunternehmers“ steht dem Begriff des<br />

„Kaufmanns“ im deutschen Recht nahezu gleich. Grundregelungsgedanke des GEU ist die<br />

wirtschaftliche Tätigkeit von natürlichen Personen. Grundberechtigung für die Ausübung<br />

einer Einzelunternehmertätigkeit ist der in § 4 GEU geregelte Unternehmerausweis, der einer<br />

notariellen Beurkundung bedarf. Diese Vorraussetzung für das gewerbliche Tätigwerden ist<br />

mit der deutschen Eintragung im Handelsregister gemäß § 2 S. 1 HGB vergleichbar. Damit<br />

existiert ein ungarisches Sonderrecht für Kaufleute, welches Gewerbefreiheit garantiert.<br />

3) Wo und wie ist der Verbraucherschutz verankert?<br />

Der Verbraucherschutz in <strong>Ungarn</strong> wird vor allem durch das Gesetz Nr. CLV/1997 über den<br />

Verbraucherschutz 10 als auch durch einzelne Bestimmungen aus dem Gesetz Nr. LVII/1996<br />

über das Verbot des unlauteren Wettbewerbs- und der Wettbewerbsbeschränkung 11 geregelt.<br />

7 Im Folgenden: GEU<br />

8 WOS, <strong>Ungarn</strong>, III 2, S. 1<br />

9 WOS, <strong>Ungarn</strong>, Einführung, S. 22<br />

10 Im Folgenden: GVS<br />

11 Im Folgenden: GWett


<strong>Ungarn</strong><br />

Das GVS enthält Regelungen, welche den Schutz der Verbraucherinteressen - insbesondere<br />

der Interessen an der sicheren Ware und Dienstleistung (Kap. II GVS), an dem Schutz der<br />

Vermögensinteressen (Kap. III GVS) , an einer entsprechenden Information (Kap. IV GVS)<br />

und Unterrichtung (Kap. V GVS) bzw. an effizienten Rechtsmitteln (Kap. VI GVS) und<br />

ferner an einer über die gesellschaftlichen Organisationen erfolgenden Interessenvertretung<br />

der Verbraucher (Kap. VII GVS) – sowie die Weiterentwicklung des zu ihrer<br />

Geltendmachung erforderlichen Systems von Institutionen gewährleistet 12 . Der<br />

Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt sich laut §1 GVS auf sämtliche, auf dem Territorium<br />

der Republik <strong>Ungarn</strong> ausgeübten Tätigkeiten natürlicher und juristischer Personen sowie von<br />

Wirtschaftsgesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit und ferner der Niederlassungen von<br />

Unternehmen mit ausländischem Sitz in <strong>Ungarn</strong>, welche die Verbraucher berühren oder<br />

berühren könnten. Ergänzende Regelungen zum Verbraucherschutz enthält außerdem das<br />

GWett. Bezüglich des Verbraucherschutzes enthält dieses Gesetz Regelungen, die die<br />

geschäftliche Lauterkeit, Sauberkeit und Freiheit des wirtschaftlichen Wettbewerbs<br />

sicherstellen. Hier sind vor allem die Regelungen aus Kapitel III dem Verbot der unlauteren<br />

Beeinflussung von Verbraucherentscheidungen zu erwähnen, welche insbesondere die<br />

Verbrauchertäuschung behandeln, vgl. § 8 – 10 GWett (zum weiteren Inhalt des GWett<br />

vergleiche Antwort zu Frage 9). Somit ist der Verbraucherschutz mit Hilfe verschiedener<br />

Gesetze fest im <strong>Rechtssystem</strong> der ungarischen Republik verankert.<br />

4) Gibt es Regelungen zur Gewährleistung im Kaufrecht und wie sind diese<br />

ausgestaltet?<br />

Regelungen über die Gewährleistung im Kaufrecht finden sich in den §§ 305 ff ZGB <strong>Ungarn</strong>.<br />

Anknüpfungspunkt für die Gewährleistung sind die gesetzlichen oder im Vertrag bestimmten<br />

Eigenschaften der Leistung. Gemäß § 305 II ZGB <strong>Ungarn</strong> haftet der Schuldner dafür, dass die<br />

geleistete Sache diesen Eigenschaften entspricht (Sachmängelhaftung). Die Art der Haftung<br />

bemisst sich nach der Regelung aus § 306 I ZGB <strong>Ungarn</strong>, wonach der Schuldner die Wahl<br />

zwischen der Ausbesserung (mit der deutschen Nacherfüllung vergleichbar KV: § 439 BGB,<br />

WV: § 635 BGB) und der Herabsetzung des Preises (mit der deutschen Minderung<br />

vergleichbar KV: § 441 BGB, WV: § 638 BGB) hat. Wie im deutschen Recht wird dem<br />

Gläubiger aus § 306 III ZGB <strong>Ungarn</strong> bei erloschenem Interesse an der mangelfreien Erfüllung<br />

ein Rücktrittsrecht eingeräumt. Im ungarischen Recht existiert ebenfalls ein<br />

Schadensersatzanspruch aus § 310 ZBG <strong>Ungarn</strong>. Im Übrigen gelten die allgemeinen<br />

Regelungen, die auch für das Kaufrecht gelten für alle Verträge bei denen eine Leistung<br />

erfüllt werden muss. Bis auf wenige Einzelheiten, wie z. B. die fehlende<br />

Rechtsmängelhaftung sind die Grundstrukturen des ungarischen Gewährleistungsrechts mit<br />

denen des deutschen vergleichbar.<br />

12 WOS, <strong>Ungarn</strong>, IV 4 h, S. 1


<strong>Ungarn</strong><br />

5. Welche Kreditsicherungsmittel sieht die Rechtsordnung für bewegliches (z. B.<br />

Eigentumsvorbehalt) und unbewegliches Vermögen (z. B. Grundschuld) vor?<br />

Die Kreditsicherung im ungarischen Recht wird vor allem durch die Regelungen des<br />

Pfandrechts gewährleistet. Ziel des ungarischen Pfandrechts ist es nämlich dem Gläubiger<br />

seine in Geld bestimmte oder bestimmbare Forderung zu sichern, wenn der Schuldner nicht<br />

leistet. Gegenstand des Pfandrechts kann gemäß § 252 I ZGB <strong>Ungarn</strong> jede besitzfähige Sache,<br />

jedes übertragbare Recht oder jede übertragbare Forderung sein. Das Pfandrecht an einer<br />

beweglichen Sache wird in der Regel als Hypothek bestellt, d. h. die Sache bleibt im Besitz<br />

des Schuldners, welcher nutzungsberechtigt ist (vgl. §1204 I BGB: Hiernach kann eine<br />

bewegliche Sache zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der<br />

Gläubiger das Recht hat, die Befriedigung aus der Sache zu erlangen). Zur Begründung der<br />

Hypothek an einer beweglichen Sache sind- wenn eine Rechtsvorschrift nichts abweichendes<br />

bestimmt – die notarielle Beurkundung des Pfandvertrags und die Eintragung der Hypothek in<br />

ein Register erforderlich, das bei der ungarischen Landesnotarkammer nach den<br />

Bestimmungen eines besonderen Gesetztes geführt wird (Pfandrechtsregister). Das Pfandrecht<br />

an einer unbeweglichen Sache muss als Hypothek begründet werden, vgl. § 262 ZGB <strong>Ungarn</strong>.<br />

Zur Begründung einer Hypothek an einer Immobilie ein diesbezüglicher Vertrag und die<br />

Eintragung ins Immobilienregister notwendig. Weitere Kreditsicherungsmittel sind aus dem<br />

ungarischen Recht nicht ersichtlich.<br />

6) Gibt es Regelungen über die Zulässigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen?<br />

In <strong>Ungarn</strong> gibt es Regelungen über die so genannten allgemeinen Vertragsbedingungen, die<br />

ihrer Art nach mit den deutschen AGB entsprechen. Als allgemeine Vertragsbedingungen<br />

gelten laut § 209/C die Bedingungen die von einer Partei zum Abschluss mehrerer Verträge<br />

einseitig, im Voraus bestimmt werden und an deren Bestimmung die andere Partei nicht<br />

mitwirken kann. Sie werden laut § 205 III ZGB <strong>Ungarn</strong> Bestandteil des Vertrages, wenn ihr<br />

Anwender es ermöglicht hat, dass die andere Partei ihren Inhalt zur Kenntnis nimmt, und die<br />

andere Partei diese ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten angenommen hat. Diese<br />

verschiedenen Klauseln unterliegen Inhaltsvorschriften und können somit gemäß § 209 I ZGB<br />

<strong>Ungarn</strong> bei Unlauterkeit von der beschwerten Partei angefochten werden. Für die Anfechtung<br />

gelten die §§ 5,12 EGV II. Eine Klausel ist unlauter, wenn ihr die Rechte und Pflichten der<br />

Parteien aus dem Vertrag unter Verstoß gegen die Anforderungen von Treu und Glauben<br />

einseitig und ungerechtfertigt zum Nachteil der einen Partei festgelegt werden. Somit ähneln<br />

auch die Regelungen über die allgemeinen Vertragsbedingungen den deutschen Regelungen<br />

über allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff BGB.


<strong>Ungarn</strong><br />

7) Wie wird das Eigentum an Grundstücken übertragen?<br />

Das Eigentum an einem Grundstück wird gemäß § 117 III ZGB <strong>Ungarn</strong> durch<br />

diesbezüglichen Vertrag oder einen anderen Rechtstitel und die Eintragung der<br />

Eigentumsänderung im Grundbuch übertragen. Aus dieser Vorschrift lassen sich zwei<br />

interessante Schlüsse ziehen. Zum einen wird die Eigentumsübertragung eines Grundstücks<br />

sowohl in <strong>Ungarn</strong> als auch in Deutschland erst mit der Eintragung im Grundbuch<br />

rechtswirksam, vgl. § 311 b I S. 2 BGB. Zum anderen lässt sich aus der Vorschrift schließen,<br />

dass das ungarische <strong>Rechtssystem</strong> ohne das Abstraktionsprinzip funktioniert, d. h. ohne<br />

Trennung der schuldrechtlichen und der sachenrechtlichen Ebene.<br />

8) Welche Stellung haben die Gläubiger im Insolvenzfall?<br />

Dem Gläubiger stehen in <strong>Ungarn</strong> im Insolvenzfalle zwei verschiedene Verfahrensarten zur<br />

Verfügung. Das ungarische Insolvenzrecht bestimmt die Person des Gläubigers im<br />

Vergleichs- und im Konkursverfahren teilweise unterschiedlich. Sowohl im<br />

Vergleichsverfahren als auch im Konkursverfahren ist derjenige Gläubiger, der eine<br />

rechtskräftige und vollstreckbare bzw. eine fällige und vom Schuldner nicht bestrittene<br />

Forderung besitzt. Ferner ist im Vergleichsverfahren auch derjenige Gläubiger, dessen Geld<br />

bzw. Vermögensforderung zum Beginn des Vergleichsverfahrens zwar noch nicht fällig ist,<br />

aber vom Schuldner anerkannt wird. Nach der Eröffnung des Konkursverfahrens wird nur<br />

derjenige als Gläubiger anerkannt, der durch den Konkursverwalter auf die Gläubigerliste<br />

aufgenommen wurde 13 . Hauptsächlicher Unterschied zwischen den beiden Verfahren, ist die<br />

Möglichkeit des Schuldners ein Moratorium zu erlangen, welches es ihm nur mit Zustimmung<br />

des Gläubigers erlaubt, die Fälligkeit der Leistung zu verschieben. Im Konkursverfahren<br />

hingegen wird das in Rede stehende Vermögen des Schuldners aufgelöst.<br />

9) Gibt es ein geschriebenes Wettbewerbsrecht und wie sind dessen Grundstrukturen?<br />

Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines Marktwettbewerbs, welcher der<br />

wirtschaftlichen Effizienz und dem Fortkommen der Gesellschaft dient, sowie das Interesse<br />

der Unternehmen, die die Erfordernisse der geschäftlichen Lauterkeit einhalten und der<br />

Verbraucher (siehe Antwort zu Frage 3) erfordern es, das der Staat durch gesetzliche<br />

Regelung die Sauberkeit und Freiheit des wirtschaftlichen Wettbewerbs sicherstellt. Dazu gibt<br />

es in <strong>Ungarn</strong> das GWett, welches gegen die Erfordernisse des lauteren Wettbewerbs<br />

verstoßendes bzw. ein den wirtschaftlichen Wettbewerb beschränkendes Marktverhalten<br />

verbietet, sowie eine für den Wettbewerb nachteilige Verflechtung von Unternehmen<br />

verhindert und dabei auch für die notwendigen organisatorischen und verfahrensrechtlichen<br />

Vorraussetzungen Sorge trägt. Das GWett wurde den Rechtsregeln der Europäischen Union<br />

angenähert.<br />

13 Jahn, Insolvenzen in Europa, S.383.


<strong>Ungarn</strong><br />

Als Grundstruktur sind die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Unternehmen<br />

untereinander zu erkennen, wobei als oberstes Ziel die Chancengleichheit gewahrt werden<br />

soll. Die im GWett enthaltenen Regelungen zum Verbraucherschutz besitzen vor allem<br />

Klarstellungscharakter und gehören somit nicht zur Grundstruktur. Zu den Kernpunkten des<br />

GWett gehört das Verbot des unlauteren Wettbewerbs (Kap. II GWett), Verbot von<br />

Vereinbarungen die den wirtschaftlichen Wettbewerb beschränken (Kap. IV GWett) und das<br />

Verbot des Missbrauchs wirtschaftlicher Übermacht (Kap. V GWett). Eine Parallelität zu den<br />

Wettbewerbsregelungen aus Art. 81 ff EG-Vertrag ist unverkennbar 14 .<br />

10) Gilt das UN-Kaufrecht in <strong>Ungarn</strong>?<br />

<strong>Ungarn</strong> ist seit 01.01.1988 Vertragsstaat des Wiener UN-Übereinkommens über Verträge<br />

über den internationalen Wareneinkauf (CISG. Das Übereinkommen geht allgemein im<br />

Rahmen seines Anwendungsbereiches dem ungarischen Zivilrecht vor. Neben dem<br />

Zustandekommen des grenzüberschreitenden Kaufvertrages (Art. 14 bis 24) regelt das CISG<br />

die Pflichten des Käufers/Verkäufers und die Rechtsfolgen bei nicht ordnungsgemäßer<br />

Erfüllung der Verkäufer-/Käuferpflichten (Vertragsverletzungen) 15 . Für <strong>Ungarn</strong> gilt jedoch<br />

bei der in Art. 11 CISG geregelten Formfreiheit für Verträge eine Einschränkung. Laut Art.<br />

96 CISG ist es den Mitgliedsstaaten gestattet, eigene Vorbehalte zur Gültigkeit bestimmter<br />

Teile des Vertrages zu verfassen. So erklärt <strong>Ungarn</strong> nach den Art. 12 und 96 CISG, dass die<br />

Bestimmungen der Art. 11 und 29 oder des Teils II CISG, die für den Abschluss eines<br />

Kaufvertrages, deren Änderung oder Aufhebung durch Vereinbarung oder für ein Angebot<br />

eine Annahme oder sonstige Willenserklärung eine andere als die schriftliche Form nicht<br />

gestatten, nicht gelten, wenn eine Partei ihre Niederlassung in der Ungarischen Volksrepublik<br />

hat 16 . Allerdings ist im Hinblick auf die Entwicklung der Rechtsaufassung <strong>Ungarn</strong>s, seit dem<br />

Beitritt anzumerken, das diese Formvorschriften vor vielen Gerichten nicht unbedingt<br />

durchgesetzt werden können, vor allem dann nicht, wenn diese Formvorschriften selbst in den<br />

betreffenden Staaten mittlerweile in Frage gestellt werden 17 . Folglich gilt das UN-Kaufrecht<br />

auch für die ungarische Republik, allerdings mit der Beschränkung der Formfreiheit für<br />

ausländisch-ungarische Kaufverträge.<br />

14 http://www.sidiblume.de/info-rom/europa/egv.htm<br />

15 http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634.html<br />

16 Piltz, Internationales Kaufrecht<br />

17 http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634.html


<strong>Ungarn</strong><br />

Quellen:<br />

1. WorldWideWeb: http://szenarien.fgje.de/laender/hu.htm<br />

http://www.balatonreisen.de/vandv/budapest-info.htm<br />

http://www.myksv.at/ksv_edit/KSV/download_de/947-<br />

Leitfaden<strong>Ungarn</strong>.pdf<br />

http://www.sidiblume.de/info-rom/europa/egv.htm<br />

http://www.bfai.com/botdb_rec_MKT20030923100634. html<br />

2. Literatur: WOS – Wirtschaftsrecht der osteuropäischen Staaten, <strong>Ungarn</strong><br />

Burghard Piltz, Internationales Kaufrecht, Das UN-Kaufrecht<br />

(Wiener Übereinkommen von 1980 in praxisorientierter<br />

Darstellung),München 1993<br />

Uwe Jahn, Insolvenzen in Europa, 3. Aufl., Bonn 1998

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