Viskosität (VIS) 1 Stichworte 2 Literatur 3 Grundlagen
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Mechanik<br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
1 <strong>Stichworte</strong><br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
Themengebiet: Mechanik<br />
Stand: 26.03.09<br />
Seite 1<br />
Laminare und turbulente Strömung, Reynoldsche Zahl, Hagen-Poiseuillesches Gesetz, Stokesches<br />
Gesetz<br />
2 <strong>Literatur</strong><br />
L. Bergmann, C. Schäfer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 1, de Gruyter<br />
D. Meschede, Gerthsen Physik, Springer<br />
W. Walcher, Praktikum der Physik, Teubner<br />
3 <strong>Grundlagen</strong><br />
3.1 Definition der <strong>Viskosität</strong><br />
Betrachten Sie folgendes Gedankenexperiment: Zwischen zwei parallelen, gleich großen<br />
Platten im Abstand x befindet sich eine Flüssigkeit (vgl. Abb. 1). Man denkt sich den Raum<br />
zwischen den Platten in Flüssigkeitsschichten zerlegt und bewegt die Platte 1 mit einer konstanten<br />
Geschwindigkeit v. Die Flüssigkeit soll an den Platten haften, d.h. die direkt an der<br />
ruhenden Platte 2 befindliche Flüssigkeitsschicht ruht auch, und die an der bewegten Platte<br />
1 haftende Schicht hat die Geschwindigkeit v. Die dazwischen befindlichen Flüssigkeitsschichten<br />
gleiten dann aneinander vorbei, wobei die Geschwindigkeit von der ruhenden zur<br />
bewegten Platte zunimmt, im einfachsten Fall linear.<br />
Die unterste, an der bewegten Platte haftende Schicht übt eine Tangentialkraft auf die über<br />
ihr Liegende aus, die sich als Folge davon mit einer Geschwindigkeit v1 fortbewegt. Diese<br />
Flüssigkeitsschicht wirkt wiederum auf die über ihr Liegende, die dann die Geschwindigkeit<br />
v2 hat. So beschleunigt jede Schicht die Folgende und wird von dieser - nach dem<br />
Reaktionsprinzip - gebremst.<br />
Es zeigt sich im Experiment, dass die Kraft F, die nötig ist, um die Platte zu bewegen,<br />
proportional ihrer Fläche A und ihrer Geschwindigkeit v und umgekehrt proportional dem<br />
Abstand x der Platten ist:<br />
F = η ·<br />
Die auftretende Proportionalitätskonstante η (grch. eta) heißt dynamische <strong>Viskosität</strong>, meist<br />
einfach nur <strong>Viskosität</strong> genannt. Die <strong>Viskosität</strong> ist eine Eigenschaft, die auf die innere Reibung<br />
der Flüssigkeit zurückzuführen ist.<br />
A · v<br />
x<br />
c○ 2008, TU-München, Physikalisches Praktikum<br />
(1)
Mechanik<br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
v 4<br />
v 3<br />
v 2<br />
v 1<br />
Platte 2, Geschwindigkeit v=0<br />
Platte 1, Geschwindigkeit v<br />
Die Einheit der <strong>Viskosität</strong> η ist die Pascal-Sekunde (Pa s)<br />
1 Pa s = 1<br />
x<br />
N · s kg<br />
= 1<br />
m2 m · s<br />
Stand: 26.03.09<br />
Seite 2<br />
Abbildung 1:<br />
Flüssigkeitsschichten<br />
In Tabellenwerken findet man auch noch die (alte) Einheit Poise (Zeichen P),<br />
1 P = 0,1 Pa s bzw. 1 cP = 1 mPa s (3)<br />
Analog zur obigen Herleitung und Definition der <strong>Viskosität</strong> von Flüssigkeiten lässt sich<br />
auch die <strong>Viskosität</strong> von Gasen erklären.<br />
In der Tabelle 1 sind die <strong>Viskosität</strong>en einiger Flüssigkeiten und Gase aufgelistet. Zu beachten<br />
ist, dass die <strong>Viskosität</strong> einer Flüssigkeit bei Temperaturerhöhung zumeist sinkt, die<br />
von Gasen steigt. Die Angabe eines <strong>Viskosität</strong>swertes ohne Temperatur ist daher wenig<br />
aussagekräftig und sollte in ihrer Auswertung nicht vorkommen<br />
Der Quotient von dynamischer Zähigkeit η und Dichte ρ heißt kinematische <strong>Viskosität</strong><br />
(2)<br />
ν := η/ρ (4)<br />
(ν ist hier der griechische Buchstaben ny). ν hat die Einheit (m 2 /s), die ältere Einheit ist<br />
Stokes (1 St = 10 −4 m 2 /s)<br />
Falls η unabhängig von der Geschwindigkeit v ist, so spricht man von einer Newtonschen<br />
Flüssigkeit; wir erhalten bei diesen das oben angesprochene, lineare Geschwindigkeitsprofil.<br />
Newtonsche Flüssigkeiten sind die meisten reinen Flüssigkeiten, z.B. Wasser. Erweist<br />
sich η als nichtkonstante Funktion von v, dann heißt die Flüssigkeit nicht-Newtonsch.<br />
Von der physikalischen Theorie lassen sich die Newtonschen Flüssigkeiten leichter behandeln,<br />
aber weiter verbreitet sind die Nicht-Newtonschen. Margarine gehört beispielsweise<br />
zur Gruppe der thixotropen Flüssigkeiten, das bedeutet, ihre <strong>Viskosität</strong> nimmt unter dem<br />
Einfluss der Schubkraft ab. Thixotrop sind auch Ketchup, Rasiercreme und einige Malerfarben.<br />
Tabelle 1: <strong>Viskosität</strong>en von Flüssigkeiten und Gasen bei 20 ◦ C und Normaldruck<br />
Stoff <strong>Viskosität</strong> (mPa s)<br />
Diäthyläther 0,240<br />
Wasser 1,002<br />
Motoröl 100-600<br />
Glyzerin (rein) 1480 (mit Wasser: Faktor 10 und mehr kleiner)<br />
Luft 0,0182<br />
Wasserstoff 0,0088<br />
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Mechanik<br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
(a) (b)<br />
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Seite 3<br />
Abbildung 2: Veranschaulichung laminarer Strömung (a) und turbulenter Strömung (b)<br />
Nicht-Newtonsch und auch nicht thixotrop sind z.B. Honig, Kondensmilch, Druckerschwärze,<br />
Kugelschreibertinte, Blut und Motoröl.<br />
3.2 Laminare und turbulente Strömung<br />
Gleiten die Schichten einer Flüssigkeitsströmung aneinander vorbei, ohne sich gegenseitig<br />
zu stören, d.h. ohne Wirbel zu verursachen, spricht man von einer Schicht- oder Laminarströmung.<br />
Abbildung 2a zeigt Beispiele von laminaren Flüssigkeitsströmungen zwischen<br />
zwei horizontalen Glasplatten an verschiedenen Hindernissen. An Kanten nicht stromlinienförmiger<br />
Körper, oder wenn die Strömungsgeschwindigkeit zu groß wird, reißen die<br />
Stromlinien ab, es entstehen Wirbel (vgl. Abb. 2b). Man spricht von turbulenter Strömung,<br />
ihr Strömungswiderstand ist viel größer, als der einer laminaren Strömung.<br />
3.3 Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz<br />
Der deutsche Ingenieur Hagen (1839) und der französische Arzt Poiseuille (1840 in einer<br />
Untersuchung über den Blutkreislauf) stellten unabhängig voneinander fest, dass die<br />
Stromstärke i (pro Zeiteinheit ausfließendes Volumen) durch ein Rohr mit der Länge l und<br />
dem Radius r umgekehrt proportional zur <strong>Viskosität</strong> η und zur Länge l, und direkt proportional<br />
zur Druckdifferenz ∆p = p2 − p1 an den Rohrenden und zur vierten Potenz des<br />
Rohrradius r ist (Herleitung siehe Lehrbücher). Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz lautet:<br />
i = V<br />
t = π · r4 · ∆p<br />
8 · η · l<br />
Man kann sich die Flüssigkeitsschichten bei der Strömung durch ein Rohr als ineinander<br />
liegende Zylinder vorstellen, deren innerster die höchste Geschwindigkeit hat. Lässt man<br />
angefärbtes Wasser hinter klarem Wasser mit anfangs ebener Grenzschicht durch ein Rohr<br />
fließen, so hat man zunächst eine Strömung wie in Abbildung 3a. Nach einiger Zeit stellt<br />
sich die Strömung so ein, wie in Abbildung 3b wiedergegeben. Das Geschwindigkeitsprofil<br />
ergibt sich parabelförmig.<br />
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(5)
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a) b)<br />
Abbildung 3: Geschwindigkeitsprofile im Rohr<br />
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Seite 4<br />
Die Teilchengeschwindigkeit ist in der Mitte des Rohres am größten. Die Stromstärke i ist<br />
gleich der mittleren Strömungsgeschwindigkeit vmittel mal der Querschnittfläche A.<br />
i = A · vmittel<br />
Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz gilt allerdings nur unter folgenden idealisierten Bedingungen<br />
(sonst nur als Näherung):<br />
1. Es treten nur Reibungskräfte auf, keine Trägheitskräfte. Das bedeutet, die Flüssigkeitsteilchen<br />
werden während der Bewegung im Rohr nicht mehr beschleunigt, die<br />
gesamte aufgebrachte Arbeit ist Reibungsarbeit. Man spricht auch von stationärer<br />
Strömung, d.h. eine zeitlich sich nicht ändernde Strömung.<br />
2. Es gilt v = 0 an der Rohrwand. Es wird nur die innere Reibung der Flüssigkeit berücksichtigt.<br />
3. Es ist η = const. es handelt sich um eine Newtonsche Flüssigkeit, das Stromstärke-<br />
Druckdifferenz-Diagramm ist eine Gerade.<br />
4. Das Medium ist inkompressibel, d.h. ρ = const. Für Flüssigkeiten ist dies meist<br />
gültig, für Gase jedoch nicht.<br />
5. Der Rohrradius ändert sich also über die Strecke nicht, also r = const.<br />
6. Es herrscht laminare Strömung. Einlaufstörungen, die den Strömungswiderstand erhöhen,<br />
werden nicht berücksichtigt.<br />
Bei zu hoher Strömungsgeschwindigkeit reißt die laminare Strömung ebenso ab. Als<br />
Kriterium kann hier die Reynoldszahl gelten, die als<br />
Re = L · ρFlüssigkeit · vmittel<br />
η<br />
definiert ist, mit der charakteristichen Länge des Systems L. Für Rohrströmungen ist<br />
L = d = 2 · r der Innendurchmesser des durchströmten Rohrs.<br />
Die Strömung ist meist laminar, solange Re < 2300 ist. Für Re < 1160 tritt mit Sicherheit<br />
laminare Strömung auf, zwischen 1160 und 2300 können Einlaufstörungen zu<br />
turbulenter Strömung führen, wodurch der Strömungswiderstand beträchtlich größer<br />
wird (dies gilt aber nur für Rohrströmungen!).<br />
7. Es wirken keine äußeren Kräfte (waagrechtes Rohr, oder geschlossener Kreislauf).<br />
Da in der Hagen-Poiseuille-Formel für das Durchströmen eines Rohres alle Größen bis auf<br />
η messbar sind, kann man so die <strong>Viskosität</strong> experimentell bestimmen.<br />
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(6)<br />
(7)
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<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
3.4 Strömungswiderstand<br />
Das Hagen-Poiseuille-Gesetz (5) lässt sich umformen zu<br />
∆p = W · i mit W =<br />
8 · ηl<br />
π · r 4<br />
Stand: 26.03.09<br />
Seite 5<br />
W heißt der Strömungswiderstand. Er ist nicht nur abhängig von der Geometrie des Rohrs,<br />
sondern auch von der <strong>Viskosität</strong> der durchströmenden Flüssigkeit. Für Newtonsche Flüssigkeiten<br />
ist W gerade die Steigung im Druckdifferenz-Stromstärke-Diagramm ∆p(i).<br />
Den Strömungswiderstand kann man analog zum ohmschen Widerstand in der Elektrik behandeln.<br />
Es entsprechen sich die Druckdifferenz ∆p und die Spannung U, die (Volumen)-<br />
Stromstärke i und die Stromstärke I, der Strömungswiderstand W und der ohmsche Widerstand<br />
R, sowie die Leitwerte L = 1/W und L = 1/R. Bei Parallelschaltungen ergibt sich der<br />
Gesamtleitwert aus der Summe der Einzelleitwerte, bei Reihenschaltungen der Gesamtwiderstand<br />
als Summe der Einzelwiderstände.<br />
3.5 Das Stokessche Gesetz<br />
Bisher wurde der Fall behandelt, dass eine Flüssigkeit in einem Rohr fließt. Aber auch bei<br />
der Bewegung eines Körpers in einer Flüssigkeit spielt die <strong>Viskosität</strong> eine zentrale Rolle.<br />
Betrachtet man eine Kugel mit Radius r, die in einem unendlich ausgedehnten zähen Medium<br />
mit konstanter Geschwindigkeit v nach unten fällt, so wirken folgende Kräfte (vgl. Abb. 4):<br />
1. Gravitationskraft: FG = m · g<br />
2. Auftriebskraft: FA = VKugel · ρFlüssigkeit · g<br />
3. Reibungskraft: FR<br />
Sie ist immer der Bewegung entgegengerichtet. Die Reibungskraft lässt sich über die<br />
Stokessche Formel<br />
FR = 6 · π · η · r · v (9)<br />
berechnen, sofern laminare Strömung herrscht. Dies heißt hier, dass die Reynoldszahl<br />
Re < 1 sein muss (im Unterschied zur Rohrströmung).<br />
Der Umschlagpunkt von laminarer zur turbulenten Strömung ist extrem abhängig<br />
von der Geometrie der betrachteten Objekte.<br />
F R<br />
2 r<br />
F A<br />
F G<br />
Abbildung 4:<br />
Kräfte auf eine fallende Kugel im zähen Medium<br />
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Mechanik<br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
Im Kräftegleichgewicht<br />
ergibt sich mit (9) für die dynamische <strong>Viskosität</strong> η<br />
η = 2 · r2 · g<br />
9 · v<br />
Stand: 26.03.09<br />
Seite 6<br />
|FG| = |FA| + |FR| (10)<br />
<br />
ρKugel − ρFlüssigkeit<br />
Bewegt sich die Kugel nicht in einem unendlich ausgedehnten Medium, sondern in einem<br />
unendlich langen Zylinder mit dem Radius R, so muss zum Berechnen von η eine korrigierte<br />
Formel benutzt werden:<br />
2 · r<br />
η =<br />
2 · g<br />
<br />
9 · v · 1 + 2,4 r<br />
<br />
R<br />
<br />
ρKugel − ρFlüssigkeit<br />
Für einen endlich langen Zylinder kommen weitere, kleinere Korrekturen dazu, die aber<br />
hier vernachlässigt werden sollen.<br />
4 Versuchsaufbau<br />
4.1 Kugelfallviskosimeter<br />
Als Fallrohr für die Kugelfallviskosimetrie wird ein durchsichtige Zylinder mit zwei Messmarken<br />
verwendet, in dem sich die zu untersuchende Flüssigkeit befindet. Der Einwurftrichter<br />
sorgt dafür, dass die Falllinie der Kugeln möglichst gut mit der Zylinderachse zusammenfällt<br />
(s. Abb. 5).<br />
In diesem Versuch werden Kugeln aus Glas verwendet, deren Größe (Durchmesser) mit<br />
einem Messschieber und deren Masse mit einer Analysewaage bestimmt wird.<br />
Weiteres Versuchszubehör sind ein Aräometer zur Bestimmung der Flüssigkeitsdichte, außerdem<br />
Thermometer, Handstoppuhr und Metermaß.<br />
4.2 Kapillarviskosimeter mit Injektionskanüle<br />
Als Kapillaren werden bei diesem Versuchsteil medizinische Injektionskanülen verwendet,<br />
die es in vielerlei Ausführungen gibt.<br />
Aus einem in der Höhe verschiebbaren Gefäß läuft die Flüssigkeit durch einen Schlauch<br />
und einen Hahn bis zur Kanüle (s. Abb 6).<br />
Die Höhendifferenz zwischen Flüssigkeitsspiegel im Vorratsgefäß und Kanüle ist ein Maß<br />
für den Druck. Die Volumenstromstärke durch die Kanüle bestimmt man durch Messen<br />
des in einer bestimmten Zeit ausströmenden Flüssigkeitsvolumens. Bestimmt man noch<br />
Länge und Durchmesser der Kanüle, verfügt man über alle Daten, um die <strong>Viskosität</strong> der<br />
Flüssigkeit berechnen zu können.<br />
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(11)<br />
(12)
Mechanik<br />
<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
Einwurftrichter<br />
Thermometer<br />
Marke<br />
Flüssigkeit<br />
Kugel<br />
Marke<br />
Abbildung 5:<br />
Kugelfallviskosimeter<br />
4.3 Viskosimeter nach Ubbelohde<br />
Vorratsgefäß<br />
Hahn<br />
Schlauch<br />
Kanüle<br />
Messzylinder<br />
Abbildung 6:<br />
Kapillarviskosimeter<br />
Stand: 26.03.09<br />
Seite 7<br />
Vorlauf−<br />
kugel<br />
Marke M1 Messgefäß<br />
Marke M 2<br />
Kapillare<br />
Niveau−<br />
gefäß<br />
Vorrats−<br />
gefäß<br />
Abbildung 7:<br />
Ubbelohde-Viskosimeter<br />
Bei diesem Gerät handelt es sich um ein Präzisionsviskosimeter. Das Funktionsprinzip entspricht<br />
dabei dem eines Kapillarviskosimeters (s. Abb. 7). Aus dem Messgefäß läuft die<br />
Flüssigkeit durch die Kapillare in das Niveaugefäß. Man misst die Zeit, in der der Flüssigkeitsspiegel<br />
von der Messmarke M1 bis zur Messmarke M2 fällt. Durch diese Markierungen<br />
ist sowohl das Durchflussvolumen der Probe als auch der mittlere Druckunterschied festgelegt.<br />
Das Gerät ist so geeicht, dass man durch Multiplikation der gemessenen Zeit t mit der<br />
Gerätekonstanten K die kinematische <strong>Viskosität</strong> erhält.<br />
ν = K ·t (13)<br />
Mit der Dichte der Flüssigkeit kann dann die dynamische <strong>Viskosität</strong> η berechnet werden.<br />
5 Versuchsdurchführung und Auswertung<br />
5.1 Kugelfallviskosimeter<br />
Es sind alle Größen zu bestimmen, die nötig sind, um die <strong>Viskosität</strong> der Flüssigkeit im<br />
Fallrohr nach den Gleichungen (11) und (12) zu bestimmen.<br />
Wählen Sie zunächst eine Kugelgröße und suchen Sie (mindestens) zehn Kugeln gleicher<br />
Größe. Bestimmen Sie dann die Größe aller Kugeln und ihre Masse. Es kann günstig sein,<br />
die Masse aller Kugeln gemeinsam zu bestimmen und dann durch die Anzahl der Kugeln<br />
zu teilen.<br />
Lassen Sie die Kugeln nun im Fallrohr fallen und messen Sie jeweils die Zeit, die die<br />
Kugeln für die Strecke zwischen den beiden Markierungen benötigt.<br />
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Seite 8<br />
Entfernen Sie die Kugeln anschließend mit dem Auffangsieb wieder aus dem Fallrohr und<br />
reinigen Sie sie mit destilliertem Wasser.<br />
Messen Sie die Dichte der Flüssigkeit mit dem Aräometer.<br />
Überlegen Sie sich zu allen Messgrößen, welche systematischen und statistischen Unsicherheiten<br />
berücksichtigt werden müssen.<br />
Auswertung<br />
Berechnen Sie zur Auswertung die <strong>Viskosität</strong> des Glyzerin-Wasser-Gemischs bei Raumtemperatur<br />
sowohl nach Gleichung (11) als auch nach (12) inklusive der Unsicherheiten.<br />
Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit <strong>Literatur</strong>angeben (z.B. Abb. 8).<br />
Berechnen Sie auch die Reynoldszahl und entscheiden Sie, ob laminare Strömung vorliegt.<br />
5.2 Kapillarviskosimeter<br />
Ihr Betreuer gibt Ihnen zwei Kanülen. Notieren Sie die Daten der Aufreißpackung.<br />
5.2.1 Vorversuch<br />
Ziehen Sie den Kolben einer 50 ml-Spritze heraus, verschließen Sie die Spritze am Ende mit<br />
Ihrem Finger möglichst dicht und drücken mit Ihrem Daumen den Kolben möglichst weit<br />
hinein. Lesen Sie das erreichte Volumen ab. Falls der Kolben in der Spritze schwergängig<br />
ist, geben Sie etwas Silikonöl auf die Gummilippen.<br />
Messen Sie anschließend die Zeit, die Sie benötigen, um 5 ml Wasser bzw. 50 ml Luft<br />
schnellstmöglich durch die beiden Messkanülen zu drücken. Schätzen Sie die Längen der<br />
Kanülen (die auf der Aufreißpackung angegebene Länge bezieht sich auf den sichtbaren<br />
Teil der Kanüle). Der Innendurchmesser ist etwa gleich der Hälfte des Außendurchmessers<br />
der Kanüle (der Außendurchmesser ist auf der Aufreißpackung angegeben).<br />
Auswertung sofort im Praktikum<br />
Berechnen Sie den beim Spritzen erzielbaren Überdruck ∆p mit dem Boyle-Mariotteschem<br />
Gesetz und bestimmen Sie dann mit dem Hagen-Poiseuilleschen Gesetz die <strong>Viskosität</strong> von<br />
Wasser und Luft. Vergleichen Sie Ihre Werte mit den <strong>Literatur</strong>werten. Diskutieren Sie (qualitativ)<br />
die Unsicherheiten.<br />
5.2.2 Strömungswiderstand zweier Kanülen<br />
Befestigen Sie die Kanüle am unteren Ende des Schlauchs. Überprüfen Sie, ob das Voratsgefäß<br />
mit ausreichend deionisiertem Wasser gefüllt ist.<br />
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<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
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Seite 9<br />
Messen Sie den Höhenunterschied zwischen Flüssigkeitsspiegel im Vorratsgefäß und der<br />
Kanüle.<br />
Messen Sie die in einer definierten Zeit durch die Kanüle laufende Flüssigkeitsmenge. Da<br />
sich das Volumen des Wassers in den Messzylindern nur relativ ungenau bestimmen lässt,<br />
ist es günstiger, die Gesamtmasse des Messzylinders vor und nach der Messung auf der<br />
Analysenwaage zu bestimmen. Aus der Differenz kann man dann mit Hilfe der Dichte des<br />
Wassers auf das Volumen schließen.<br />
Messen Sie für mindestens vier weitere, deutlich unterschiedliche Höhen des Vorratsgefäßes<br />
ebenfalls Zeit und Volumen. Nutzen Sie dabei die Länge der Stativstange voll aus.<br />
Wiederholen Sie diese Messungen für die zweite Kanüle.<br />
Erhitzen Sie zum Schluss die Injektionskanülen mit einem Feuerzeug dort, wo die Kanüle<br />
im Plastikanschluss sitzt und ziehen sie mit einer Zange aus dem Plastikanschluss heraus.<br />
Messen Sie die Länge l der Kanüle mit dem Messschieber (von wo bis wo ist es sinnvoll?),<br />
und den Innendurchmesser d mit dem Messmikroskop (Maßstab beim Mikroskop notieren<br />
und beachten). Das Bild der Kanüle im Mikroskop zu finden kann lange dauern, wenn man<br />
überhaupt keine Methode dabei anwendet. Bestimmen Sie auch die Unsicherheiten für l<br />
und d.<br />
Achtung: Gebrauchte Kanülen in den speziellen Abfallbehälter, und nicht in den normalen<br />
Papierkorb werfen!<br />
Auswertung<br />
Tragen Sie grafische die zu den jeweiligen Stromstärken gehörigen Druckdifferenzen auf.<br />
Zeichnen Sie eine Ausgleichsgerade durch die Punkte und bestimmen Sie deren Steigung<br />
inklusive Unsicherheit. Mit der Steigung hat man den Strömungswiderstand W bestimmt.<br />
Die Auswertung über die Steigung hat zwei Vorteile: zum einen wird dabei ein Mittelwert<br />
gebildet, zum anderen werden Fehler, die sich als Konstante zum Druck addieren (z.B.<br />
von der Oberflächenspannung herrührende Anteile oder eine falsche Ableseposition), eliminiert.<br />
Berechnen Sie die <strong>Viskosität</strong> mit Hilfe der Gleichung (8) und deren Unsicherheit. Vergleichen<br />
Sie Ihre Werte mit den <strong>Literatur</strong>werten.<br />
5.3 Viskosimeter nach Ubbelohde<br />
Dieser Versuch wird von allen Gruppen gemeinsam durchgeführt.<br />
Schalten Sie die Pumpe des Thermostaten ein. Regulieren Sie die Temperatur am Thermostaten<br />
so, dass Sie im Viskosimeter die gleiche Temperatur haben wie beim vorherigen<br />
Versuch. Warten Sie 15 Minuten für den Temperaturausgleich, wenn Sie den Thermostaten<br />
verstellt haben.<br />
Die Prüfflüssigkeit wird in das Rohr am Vorratsgefäß eingefüllt, bis sie zwischen den beiden<br />
Marken steht. Kontrollieren Sie die exakte vertikale Lage der Messkapillare im Viskosime-<br />
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<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
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Seite 10<br />
ter. Verschließen Sie das Druckausgleichsrohr (mittleres Rohr in Abb. 7) mit dem Finger<br />
und saugen Sie die Flüssigkeit mit der Wasserstrahlpumpe in die Vorlaufkugel. Schalten<br />
Sie die Pumpe ab, trennen Sie die Schlauchverbindung zwischen Wasserstrahlpumpe und<br />
Viskosimeter und öffnen Sie erst danach das Druckausgleichsrohr.<br />
Messen Sie (jeder Teilnehmer für sich) die Durchflusszeit zwischen den Marken M1 und<br />
M2. Aus allen Einzelmessungen bilden Sie dann den Mittelwert sowie die statistische Unsicherheit.<br />
Notieren Sie auch die Temperatur im Temperiermantel.<br />
Wiederholen Sie den Versuch für eine Temperatur, die Sie vom Betreuer erfragen! Am Ende<br />
des Versuchs schalten Sie den Thermostaten ab.<br />
Lesen Sie die auf dem Viskosimeter vermerkte Gerätekonstante K (Einheit cSt/s) ab.<br />
Auswertung (sofort im Praktikum)<br />
Berechnen Sie die kinematische <strong>Viskosität</strong> ν nach Gleichung (13).<br />
Berechnen Sie daraus die dynamische <strong>Viskosität</strong> η (Gl. (4)) Vergleichen Sie die Werte mit<br />
denen aus Versuch 5.2 und mit dem <strong>Literatur</strong>wert für die jeweilige Temperatur (s. Abb. 9).<br />
6 Fragen<br />
1. Wie sieht das Kräftegleichgewicht für eine Kohlendioxidblase im Mineralwasser<br />
aus?<br />
2. Welche <strong>Viskosität</strong> der Luft berechnen Sie aus der Höchstgeschwindigkeit eines Fallschirmspringers<br />
im freien Fall (ca. 200 km/h)? Machen Sie ergänzende Annahmen.<br />
Was fällt Ihnen auf? Berechnen Sie die Reynoldszahl!<br />
3. Berechnen Sie die Reynoldszahl bei normaler Atmung durch die Nase, indem Sie den<br />
Radius der Nasenlöcher schätzen. Bei normaler Ruheatmung atmet man ca. 15 mal<br />
pro Minute jedes Mal ca. 0,5 Liter Luft (Dichte von Luft ρLuft = 1,29 · 10 −3 g/cm 3 ).<br />
Versuchen Sie abzuschätzen, ob bei verstärkter Atmung turbulente Strömung in den<br />
Nasenlöchern erreicht wird.<br />
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<strong>Viskosität</strong> (<strong>VIS</strong>)<br />
η (mPa s)<br />
10000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0 o C<br />
20 o C<br />
40 o C<br />
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Seite 11<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Konzentration (%)<br />
Abbildung 8: Abhängigkeit der <strong>Viskosität</strong> eines Glyzerin-Wasser-Gemischs von der Glyzerinkonzentration<br />
η (mPa s)<br />
1,8<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Temperatur ( o 0<br />
C)<br />
Abbildung 9: Temperaturabhängigkeit der <strong>Viskosität</strong> von Wasser<br />
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