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Chancen und Grenzen der integrierten Versorgung aus der Sicht ...

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Thesenpapier von Frie<strong>der</strong>ike Nawroth<br />

<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Grenzen</strong> <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> des Managements<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Regelungen zur <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> im Jahr 2000 <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Weiterentwicklung<br />

im Jahr 2004 im SGB V wurde <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>stein für eine berufsgruppen-, organisations-<br />

<strong>und</strong> sektorenübergreifende <strong>Versorgung</strong> im Ges<strong>und</strong>heitswesen gelegt. Eine Ausweitung erfährt<br />

die integrierte <strong>Versorgung</strong> mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im Jahr 2007, seitdem<br />

neben Kranken- auch Pflegekassen Verträge zur <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> mit zugelassenen<br />

Pflegeeinrichtungen <strong>und</strong> den weiteren Vertragspartnern nach § 140b Abs. 1 des Fünften Buches<br />

abschließen können. Die Ausgestaltung <strong>der</strong> Verträge obliegt den Vertragspartnern <strong>und</strong> somit den<br />

Leistungserbringern auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>und</strong> den Leistungsfinanzierern auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite.<br />

Durch die Abkopplung <strong>der</strong> Verträge zur <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> von bisherigen Regelungen<br />

stehen den Vertragspartnern große Gestaltungsräume zur Verfügung.<br />

Zunehmend obliegt den Leistungserbringern neben <strong>der</strong> fachlichen auch die ökonomische Verantwortung<br />

<strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong> für die an <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> teilnehmenden Versicherten.<br />

Die ökonomische Verantwortung <strong>der</strong> Leistungserbringer bringt ihnen zusätzliche Freiräume,<br />

führt aber auch zu Gefahren.<br />

<strong>Chancen</strong> <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> des Managements<br />

- Die Möglichkeit <strong>der</strong> Steuerung kompletter Behandlungsfälle durch die Leistungserbringer<br />

führt dazu, dass ein Denken in Behandlungssequenzen abgelöst wird. Potentiale <strong>der</strong> Effizienzsteigerung<br />

können <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Perspektive des gesamten Behandlungsfalls bewertet werden.<br />

- Durch die freie Gestaltung <strong>der</strong> Vergütungsvereinbarungen können finanzielle Anreize für<br />

die Leistungserbringer hinsichtlich <strong>der</strong> Umsetzung kostensparen<strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong>smodelle gesetzt<br />

werden. Unternehmerisches Denken <strong>und</strong> Handeln kann so stärker geför<strong>der</strong>t werden.<br />

- Zusätzliche Effizienzgewinne werden hierbei vorrangig durch die Bündelung <strong>der</strong> Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> dem „Lernen vom Besseren“ gesehen. Das Einbringen eigener Kompetenzen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong> kann sich positiv auf die Motivation <strong>der</strong> Leistungserbringer<br />

<strong>aus</strong>wirken.<br />

Die Entfaltung <strong>der</strong> <strong>Chancen</strong> setzt eine gemeinsame Planung, Steuerung <strong>und</strong> Überwachung <strong>der</strong><br />

Leistungsbeiträge <strong>der</strong> einzelnen Leistungserbringer <strong>und</strong> somit ein gemeinsames Management<br />

vor<strong>aus</strong>. Dem Management integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle sind <strong>Grenzen</strong> gesetzt, insbeson<strong>der</strong>e<br />

dann, wenn nicht kleinteilige Lösungen zur Behandlung <strong>aus</strong>gewählter Erkrankungen, son<strong>der</strong>n<br />

eher ganzheitliche Programme für eine Vielzahl <strong>der</strong> Versicherten umgesetzt werden sollen.<br />

<strong>Grenzen</strong> <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> des Managements<br />

- Die einzelnen an <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> beteiligten Leistungserbringer verfolgen stets<br />

eigene Ziele, welche sich nicht immer mit den Zielen des gemeinsam angebotenen <strong>integrierten</strong><br />

<strong>Versorgung</strong>smodells vereinbaren lassen. Das Handeln Einzelner kann sich somit kontraproduktiv<br />

auf die Gesamtzielerreichung <strong>aus</strong>wirken.<br />

- Entwicklungen im Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Pflegewesen <strong>der</strong> vergangenen Jahre haben zu einem<br />

Ausbau wettbewerbsför<strong>der</strong>licher Strukturen <strong>und</strong> somit einer Verstärkung des Konkurrenzdenkens<br />

unter den Leistungserbringern geführt. Die Umsetzung <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong><br />

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erfor<strong>der</strong>t jedoch ein gemeinsames Handeln, welches nur auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage gegenseitigen<br />

Vertrauens realisierbar ist.<br />

- Der oftmals angestrebte Erhalt <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Leistungserbringer bedingt einen begrenzten<br />

Einsatz steuerungswirksamer Maßnahmen. So lassen sich beispielsweise hierarchische<br />

Weisungen nur in geringem Umfang umsetzen <strong>und</strong> können zu Demotivation bis hin zur<br />

Beendigung <strong>der</strong> Teilnahme an <strong>der</strong> <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong> führen.<br />

- Das vorhandene Expertentum <strong>der</strong> Leistungserbringer wird häufig genutzt, um die Alleinstellung<br />

<strong>und</strong> somit die eigene Existenz zu festigen. Dies führt dazu, dass Wissen ungern weitergegeben<br />

wird. Es hilft auch erfahrungsgemäß, sich von An<strong>der</strong>en abzugrenzen <strong>und</strong> die eigene<br />

Unabhängigkeit zu bewahren. Die Beurteilung <strong>der</strong> Leistungen ist somit für Personen, die<br />

nicht über dieses Wissen verfügen, schwierig. Eine unabhängige <strong>und</strong> zentrale Überwachung<br />

integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle stößt damit an ihre <strong>Grenzen</strong>.<br />

Eine erfolgreiche Umsetzung integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle erfor<strong>der</strong>t einen ganzheitlichen<br />

betriebswirtschaftlichen Ansatz. Ein Konzept, welches die gesamte Komplexität von Organisationen<br />

beachtet <strong>und</strong> die Beson<strong>der</strong>heiten integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle im Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />

Pflegewesen berücksichtigen vermag, ist das Konzept des <strong>integrierten</strong> Managements von Knut<br />

Bleicher (Das Konzept integriertes Management. Visionen, Missionen, Programme. 8. Auflage.<br />

Frankfurt am Main 2011). Aufbauend auf <strong>der</strong> systemorientierten Managementlehre werden Organisationen<br />

in Teilsysteme mit bestimmten Aufgaben zerlegt. Die Aufgaben <strong>der</strong> Führung werden<br />

unterglie<strong>der</strong>t in Aufgaben des normativen, strategischen <strong>und</strong> operativen Managements.<br />

Empfehlungen für das Management integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle<br />

- Innerhalb des normativen Managements ist die generelle Absicht des <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong>smodells<br />

festzulegen. Es kann von <strong>der</strong> gemeinsamen Vision aller Beteiligten gesprochen<br />

werden. Diese ermöglicht einen gemeinsamen Gr<strong>und</strong>konsens zu schaffen, an dem je<strong>der</strong><br />

Einzelne sein Handeln orientieren kann. Neben <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong> als gemeinsame Aufgaben<br />

schafft die gemeinsame Vision ein verbindendes Element <strong>und</strong> hilft, Vertrauen unter den Beteiligten<br />

aufzubauen.<br />

- Das strategische Management konkretisiert die Vision des <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong>smodells<br />

durch die Festlegung eines gemeinsamen Zielsystems. Hierbei sind sowohl leistungs- als<br />

auch finanzwirtschaftliche Ziele zu beachten. Neben <strong>der</strong> Verwirklichung <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

Vision sind innerhalb des Zielsystems auch die Ziele <strong>der</strong> einzelnen beteiligten Leistungserbringer<br />

sowie die Zwecke, welche das integrierte <strong>Versorgung</strong>smodell für die zu versorgenden<br />

Personen erfüllen soll, zu berücksichtigen. Hierbei bedarf es einer stetigen Anpassung<br />

des Zielsystems, insbeson<strong>der</strong>e wenn diese <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong>saufgabe als originären<br />

Zweck des <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong>smodells dienlich ist.<br />

- Die Aufgabe des operativen Managements besteht in <strong>der</strong> Herbeiführung zielgerichteter<br />

Handlungen. Hierzu sind Anreize (z.B. finanzielle o<strong>der</strong> soziale Anreize) zu schaffen, die zu<br />

einem gewünschten Handeln <strong>der</strong> einzelnen Leistungserbringer führen. Zur Steuerung sollten<br />

innerhalb des <strong>integrierten</strong> <strong>Versorgung</strong>smodells vorwiegend „weiche“ Instrumente Einsatz<br />

finden, um nicht die Autonomie <strong>und</strong> Handlungsfreiräume <strong>der</strong> Einzelnen infrage zustellen.<br />

Stets ist zu berücksichtigen, dass sich <strong>der</strong> Erfolg integrierter <strong>Versorgung</strong>modelle im konkreten<br />

Einzelfall zeigt. Die Anfor<strong>der</strong>ungen einzelner Personen sind vielfältig <strong>und</strong> ergeben sich <strong>aus</strong> ihren<br />

Bedarfslagen <strong>und</strong> <strong>Versorgung</strong>sansprüchen. Eine Integration <strong>der</strong> Betroffenen <strong>und</strong> ihrer Angehörigen<br />

bzw. ihrer Vertreter sind nicht nur bei <strong>der</strong> Leistungserstellung, son<strong>der</strong>n bereits im Vorfeld<br />

bei <strong>der</strong> Gründung <strong>und</strong> Konzeption integrierter <strong>Versorgung</strong>smodelle von Bedeutung.<br />

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