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Gestühl im Gespräch In Hufeisenform sind sie angeordnet und einer davon hat als Zeichen seiner Wichtigkeit eine erhöhte rückwärtige Abstützfläche. Die Rede ist vom wichtigsten Mobiliar im Gemeinderat, den Sitzeinrichtungen der Räte und des Bürgermeisters. Doch nicht von diesem Gestühl wollen wir berichten, sondern eher von denen, die darauf sitzen. Und zwar nicht von dieser Spezies im Allgemeinen, sondern von einem Problem, das diese in Lenting nervenaufreibend beschäftigt, nämlich von der Bestuhlung in der Alten Turnhalle. Nun ist es ja nicht so, dass man diese Angelegenheiten auf die leichte Schulter nehmen kann, schon die vielfältigen Wortkombinationen dieser Vorrichtungen, auf denen der Allerwerteste seinen Platz findet, weisen auf die Komplexität dieses Problems hin. Da gibt es einen elektrischen, einen gynäkologischen, einen Richter-, sogar einen Heiligen und eben auch den Wirtshaus- Stuhl. Und genau um letzteren geht es, über dessen sitzfreundliche Gestaltung sich die Gemüter erhitzen. Dabei fing alles ganz harmlos an. Nach der Renovierung der Alten Turnhalle hatte der Gemeinderat zu entscheiden, welches Sitzmobiliar den Saal vervollständigen sollte. Haushaltsberatungen hin oder her, millionenschwere Investitionen flugs abgefertigt: Die Frage des richtigen Sitzens musste gründlich behandelt werden. Folglich wurde eilends eine Musterkollektion in den Sitzungssaal geschafft, aus der sich der Rat nach ausgiebigem Probesitzen auf ein Exemplar zu einigen hatte. Je nachdem, ob der Tester ein Wirtshaushocker, Dauerfernsehzuschauer oder exklusiver Konzertgenießer war, wurden dabei durchaus verschiedene ergonomische Kriterien verwendet. Entsprechend emotional die Diskussion, genauso schwierig die Entscheidung. Doch eine Frühlingsfest ade - Juraherbstfest juche? Was sich schon über Jahre hinweg anbahnte, wurde jetzt vollzogen: Das <strong>Lentinger</strong> Frühlingsfest gibt es nicht mehr! Der Gemeinderat hatte ein Einsehen und erlöste das ausgehungerte und dahinsiechende Fest von seinem Leiden. Von der einstigen Blütezeit war nichts mehr übrig geblieben, nachdem von verschiedensten Seiten seit Jahren alles versucht wurde, diesem ungeliebten Stiefkind den Todesstoß zu versetzen. Jetzt ist dies endlich gelungen. Auf der Homepage der örtlichen SPD rühmt man sich sogar, dass Herzliche Glückwünsche zum 65. Geburtstag Klaus Köfler 75. Geburtstag Franz Händl KOMMENTARE - 5 - Kampfabstimmung ergab eine knappe Bevorzugung der hölzernen Exemplare, die man heute im <strong>Lentinger</strong> Festsaal vorfindet. Der Triumph währte nicht lange, harsche Kritik von den Benutzern kam hoch. Man sitze zu tief, zu hoch, die Sitzfläche sei unmöglich geformt und eine Polsterung wurde vermisst. Jahre der Nörgelei gingen ins Land und so kam der Gemeinderat nicht umhin, sich wiederum tiefschürfend mit dem Sitzkomfort des Volkes zu befassen. Dieses Mal minimalisierte sich der Problemkreis auf die Findung einer geeigneten wärmenden Auflage für den Podex. Man schritt erneut zum Testen (das Wort Stuhlgang wollen wir dabei nicht verwenden). Sitzproben, Stapelversuche wurden in der Februarsitzung durchgeführt. Man nahm sich Zeit. Dass weitere 18 Punkte auf der Tagesordnung standen, spielte dabei keine Rolle. Selbst der Pressemann beteiligte sich jenseits der Beratung innovativ mit dem Vorschlag, einfach die vorderen Stuhlbeine um drei Zentimeter zu kürzen, um eine günstigere Sitzhaltung zu kreieren. All das konnte nicht befriedigen. Als schließlich der Bürgermeister auch noch die Kosten von 23 Euro für jeden der 300 Hocker zu hören bekam, bereitete er der Diskussion ein jähes Ende. Die Verwaltung bekam den schwierigen Auftrag, eine kostengünstige, den Sitzansprüchen der Bürger gefälligere Lösung zu finden. „Und du machst auch mit“, wurde eine besonders wichtigtuerische Gemeinderätin vom Bürgermeister mit strengen Worten eingebunden. Und weil das Ganze letztendlich von vielen als Humoreske gesehen wird, dürfen wir auch thematisch noch Eugen Roth zitieren: „Nicht immer sind bequeme Stühle, ein Ruheplatz für die Gefühle. Wir säßen lieber in den Nesseln, als auf den wohlbekannten Sesseln“. Wie wahr! Allerdings schildert der Dichter dabei seine Empfindungen auf dem Behandlungsstuhl des Zahnarztes. man „nach 24 Jahren das Frühlingsfest wieder zu Fall gebracht hat“. Diese Entwicklung hatten wir schon lange prophezeit (siehe <strong>Lentinger</strong> <strong>Kurier</strong> / Nov. 2004). Seit Monaten versucht man jetzt krampfhaft, das Niveau beim nächsten Jura-Herbstfest wieder anzuheben, weil in den letzten Jahren für die Attraktivität auch dieses Festes wenig (oder nichts) getan wurde. Wir hoffen sehr, dass dies gelingen möge. Eine Ausrede hat man nun allerdings nicht mehr: die Schuld für einen schlechten Festverlauf kann man nicht mehr auf das Frühlingsfest abwälzen. WERBUNG / Druckerei Langer