Centraltheater - Schauspiel Leipzig
Centraltheater - Schauspiel Leipzig
Centraltheater - Schauspiel Leipzig
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2011<br />
<strong>Centraltheater</strong><br />
2012<br />
aus <strong>Leipzig</strong>, 3 Jahre
<strong>Centraltheater</strong><br />
Fanny und Alexander<br />
nach dem Drehbuch von Ingmar Bergman<br />
Es ist Bergmans Opus magnum und sollte<br />
sein letzter Film sein. Ein Vermächtnis an<br />
das Kino, eine Hommage an die eigene<br />
Kindheit und an seine große Liebe: das<br />
Theater. Bergman selbst bezeichnete<br />
„ Fanny und Alexander“ als die Essenz<br />
seines Schaffens. Ein psychologisches<br />
Meisterwerk über die großen Fragen<br />
und Themen unserer Existenz: Es ist der<br />
bedingungslose Gang in das Innere der<br />
menschlichen Seele und die schonungs lose<br />
Suche nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit<br />
in der Auseinandersetzung mit Leben und<br />
Tod, Glauben und Atheismus, Liebe und<br />
Hass.<br />
Mit Bergmans Epos über die Geschichte<br />
der Theaterdynastie Ekdahl führt Sebastian<br />
Hartmann das mit „Eines langen Tages<br />
Reise in die Nacht“ in der ersten Spielzeit<br />
erarbeitete und als „<strong>Leipzig</strong>er Handschrift“<br />
titulierte Spielprinzip weiter fort.<br />
Regie Sebastian Hartmann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 22. September 2011<br />
Penthesilea<br />
von Heinrich von Kleist<br />
2011 ist Kleist-Jahr. Um aber mit Kleists<br />
„Penthesilea“ auf das Schlachtfeld der<br />
Liebe vor die Tore von Troja zu ziehen,<br />
braucht es im Grunde genommen keinen<br />
gesonderten Anlass: Die Angstlust, mit der<br />
wir den waffenbewehrten Liebeswahn zwischen<br />
der Amazone Penthesilea und dem<br />
Krieger Achill als blutige Unterwerfungsphantasie<br />
und Todestrieb erleben, und die<br />
Faszination darüber, mit welcher brutalen<br />
Poetik Kleist uns das vermittelt – dies greift<br />
tief in unser Unbewusstes. Wenn hier am<br />
Ende die Frau den Mann bezwingt und<br />
sich selbst vernichtet, liegen zwei Verlierer<br />
am Boden eines romantischen Albtraums,<br />
und Kleist hat den ursprünglichen Mythos<br />
schicksalhaft umgeschrieben. Mit der<br />
inneren Erschütterung der Menschen gerät<br />
auch die äußere Ordnung durcheinander.<br />
Schon das Erscheinen des Amazonenheers<br />
auf dem Kriegsschauplatz zwingt die<br />
Männer auf beiden Seiten der Schlacht<br />
zur Neuordnung der Verhältnisse: denn<br />
plötzlich werden sie zur Kriegsbeute, sollen<br />
als Gefangene neuen Nachwuchs für den<br />
Frauenstaat zeugen, ihr eigentlicher Kampf<br />
um Troja wird irrelevant. Als dann noch die<br />
Liebe zwischen Penthesilea und Achill erwacht<br />
und die beiden aus ihren feindlichen<br />
Formationen heraustreten, die Bedürfnisse<br />
ihres Volkes gegen ihre privaten einlösen<br />
wollen, durchbricht diese irrationale Front<br />
alle Kampflinien und Staatsdoktrinen. Doch<br />
diese Liebenden sind blutige Anfänger. Sie<br />
wollen das kollektive Schicksal gegen das<br />
eigene tauschen und werden doch nur zum<br />
Schicksalsschlag für den anderen.<br />
Regie Robert Borgmann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 27. Oktober 2011
Nackter Wahnsinn –<br />
Was ihr wollt<br />
(Ich will nicht dass mir jemand sagt<br />
welche Rolle ich zu spielen habe!)<br />
nach Shakespeare/Anderen/Hartmann<br />
William Shakespeare hat in seiner klugen<br />
Komödie WAS IHR WOLLT die Frage, ob<br />
wir alle nur in der Verstellung zum eigenen<br />
Wesenskern vorzudringen im Stande sind,<br />
spielerisch elegant mit einem klaren „jein“<br />
beantwortet. Seine Gestrandeten, Liebespaare<br />
und kommentierenden Witz figuren<br />
probieren alle immer sich selbst – im<br />
Gegenüber – aus. Ihre „Rolle“ komponiert<br />
das unbekannte ICH.<br />
Was macht ein <strong>Schauspiel</strong>er? Er verstellt er<br />
sich in Menschen hinein, die man dann<br />
„Figur“ nennt. Er spielt seine Rolle, mehr<br />
oder weniger überzeugend, denen vor,<br />
die das für bare Münze nehmen sollen.<br />
Die Rolle zu spielen ist schwer. Noch<br />
schwerer ist es, ihr zu entgehen. Wie im<br />
richtigen Leben besteht die Identität des<br />
Künstlers damit im permanenten Rollenwechsel.<br />
Er hat seine Identität gleichsam in<br />
der Nicht-Identität.<br />
Entwerfen wir die folgende Struktur:<br />
Ein Schau spielerensemble probiert<br />
Shakespeares WAS IHR WOLLT. Das ist<br />
naturgemäß NACKTER WAHNSINN und<br />
MUSS scheitern, wenn alle allen anderen<br />
einschließlich sich selbst ein X für ein U<br />
vormachen wollen. Ist das da oben nur die<br />
Generalprobe vor der Premiere, was Autor,<br />
Regisseur und Ensemble da treiben?<br />
Oder ist dies alles eine Probe auf die<br />
Wirklichkeit, die wir vermeintlich im Griff<br />
zu haben scheinen? Wenn irgendwo da<br />
draußen ein Selbst ist, das mir gehört und<br />
sich zu verwirklichen lohnt: Wo ist dieses<br />
Selbst hin? Kommt es eines Tages wieder?<br />
Was in uns ist es dann, das fühlt, liebt<br />
und am Ende stirbt? Also sind all das nur<br />
Rollen, die mich jemand zu spielen zwingt?<br />
Das <strong>Centraltheater</strong>, Komödienautoren wie<br />
Shakespeare und Andere, Sebastian Hartmann<br />
und sein Ensemble bastardisieren<br />
lustvoll – durchaus als Gegenstück zur<br />
Reise nach innen mit „Fanny und Alexander“<br />
von Bergman - das Scheitern und<br />
den Triumph von Theater als Satyrspiel:<br />
Eine Eröffnung.<br />
Regie Sebastian Hartmann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 19. November 2011<br />
Dornröschen<br />
von Martina Eitner-Acheampong<br />
nach Jacob & Wilhelm Grimm<br />
Wiederaufnahme<br />
Nach dem großen Erfolg und auf vielfachen<br />
Wunsch wird das <strong>Centraltheater</strong> „Dornröschen“<br />
als Weihnachtsmärchen wiederaufnehmen.<br />
Das vielleicht schönste Zaubermärchen<br />
der Brüder Grimm begeisterte<br />
mit seinen guten und bösen Feen, dem<br />
verwunschenen Schloss, der 100 Jahre<br />
schlafenden Prinzessin, einem Frosch, den<br />
niemand küssen will, und vor allem mit viel<br />
Poesie und Musik das <strong>Leipzig</strong>er Publikum<br />
von jung bis alt gleichermaßen.<br />
Regie Martina Eitner-Acheampong<br />
Wieder ab 24. November 2011<br />
im <strong>Centraltheater</strong>
Wer hat Angst vor<br />
Virginia Woolf?<br />
von Edward Albee, deutsch von Alissa und<br />
Martin Walser<br />
Das Akademikerpaar George und Martha<br />
kommt angetrunken von einer Universitätsfeier<br />
nach Hause – und erwartet noch<br />
Besuch: den neuen Biologieprofessor<br />
Nick und dessen Frau. Ungewollt werden<br />
diese beiden Zeugen eines seit Jahren<br />
andauernden Ehekrieges, der extrem klug<br />
und häufig mit Witz und Ironie zwischen<br />
den Gastgebern geführt wird. Nick und<br />
seine Frau werden bald mit in den Konflikt<br />
hineingezogen und müssen Stellung beziehen<br />
– dabei bröckelt langsam auch die<br />
Fassade ihrer eigenen Liebesbeziehung.<br />
Edward Albees Stück ist gnadenlos ehrlich.<br />
In der Begegnung von zwei Ehepaaren in<br />
einer Nacht zeigt der amerikanische Autor<br />
den gesamten Kosmos an Macht- und<br />
Ohnmachtsgefühlen, an Liebessehnsucht<br />
und Todesangst, an Traumhoffnungen und<br />
Realitätsverweigerungen. Der brodelnde<br />
Beziehungskessel zwischen George und<br />
Martha kocht so lange über, bis alles<br />
Wasser aufgebraucht ist. Die beiden geben<br />
fast alles über sich preis – nur nicht, dass<br />
sie eine tiefe, innige Liebe verbindet.<br />
Das Stück wurde durch die Verfilmung mit<br />
Elizabeth Taylor und Richard Burton in den<br />
Hauptrollen zum Welterfolg und ist nicht<br />
nur ein virtuos gezeichnetes Beziehungsdrama,<br />
sondern auch ein gefundenes<br />
Fressen für starke <strong>Schauspiel</strong>er: Unter der<br />
Regie von Amina Gusner spielen Katja<br />
Riemann, Peter René Lüdicke, Anne Haug<br />
und Karim Cherif.<br />
Koproduktion mit Theater und Komödie am<br />
Kurfürstendamm Berlin<br />
Regie Amina Gusner<br />
<strong>Leipzig</strong>er Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 18. Januar 2012<br />
Von morgens<br />
bis mitternachts<br />
von Georg Kaiser<br />
„Ein Kassierer, durch die Erscheinung<br />
einer schönen Bankkundin aus der Bahn<br />
des Alltäglichen geworfen, läuft mit einem<br />
Betrag von 60.000 RM auf und davon.<br />
Ein Versuch, die Unbekannte zu seiner<br />
Komplizin zu machen, scheitert. Nun<br />
gibt er sich dem Bedürfnis hin, sein Geld<br />
auszugeben. Innerhalb eines Tages erliegt<br />
er Entzückung, Zweifeln, Gier, Genugtuung<br />
und einer Einsicht, die zu spät kommt. Er<br />
wird verraten und verhaftet.“<br />
„Von morgens bis mitternachts“ erzählt<br />
vom Grundmotiv kapitalistischer Lebensweise:<br />
dem Schneller, Größer, Mehr! und<br />
damit scheinbar unantastbaren Konsens<br />
unsrer modernen Gesellschaft. Ausgehend<br />
vom milieuhaften, noch wilhelminischverschämt<br />
stattfindenden Sündenfall<br />
finden wir in Kaisers expressionistischem<br />
Stationendrama ein Gegenbild zu der<br />
Welt, wie wir sie uns vorstellen: Etwas (Das<br />
Geld? Die Liebe?) hat die herkömmlichen<br />
Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt.<br />
Wahnsinn. Im dritten Teil implodiert Kaisers<br />
„Reigen“ in szenischen Momentaufnahmen,<br />
Drohbildern, im fliegenden Wechsel<br />
der Szenen. Dann, spätestens, sind alle<br />
zwischenmenschlichen Netzwerke zerrissen,<br />
alle Bindungen lose oder verbraucht.<br />
Das Ende bei Kaiser ist: die Einsamkeit.<br />
Regie Christiane Pohle<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 9. Februar 2012
Gespenster<br />
von Henrik Ibsen<br />
Das nicht gelebte Leben, verdrängte<br />
Geschichten, alte Lebensgefährten und<br />
Ansichten – Gespenster, sagt Gutsherrin<br />
Helene Alving dazu, und meint Wiedergänger.<br />
Denn diese Dinge sind nicht tot,<br />
nur weil wir sie zu Grabe getragen haben.<br />
In Ibsens Drama GESPENSTER vergehen<br />
keine 24 Stunden, doch werden die<br />
Anwesenden von drei Jahrzehnten totgeschwiegener<br />
Familien geschichte heimgesucht.<br />
Begierden und Depressionen<br />
der Vergangenheit sickern durch die Risse<br />
einer bürgerlichen Fassade, zeichnen ein<br />
Bild heillos verstrickter Lebensläufe,<br />
von Resten von Familie, gespickt mit<br />
Spekulationen auf ein neues Leben.<br />
Ein Landgut, ein Tag, eine lange durchwachte<br />
Nacht, über deren Katastrophe<br />
die Sonne schließlich unerbittlich aufgeht.<br />
Regie Robert Borgmann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong>/Hinterbühne<br />
am 3. März 2012<br />
Der Trinker<br />
nach dem Roman von Hans Fallada<br />
Subtil und subversiv spiegelt Hans Fallada<br />
die schleichende Tragödie seines Antihelden<br />
S. mit der immer betriebsamer sich<br />
inszenierenden Nachkriegsgesellschaft<br />
Deutschlands. Die Gesellschaft und der<br />
Staat als kalte, lückenlos organisierte,<br />
immer destruktive Maschine, in der das<br />
moderne Leben Schuld verteilt und Sühne<br />
fordert, vom Einzelnen, dessen Schicksal<br />
nicht mehr in eigener Hand liegt. Mit seiner<br />
Schilderung der psychologischen Abgründe<br />
von Sucht rückt Fallada in die Nähe zu<br />
Dostojewskijs „Spieler“.<br />
Der Geschäftsmann Erwin Sommer hat<br />
in letzter Zeit nicht viel Glück gehabt.<br />
Geschäftlich läuft es nicht gut, und als<br />
auch noch durch eigene Unachtsamkeit<br />
sein junger Konkurrent einen großen Erfolg<br />
landen kann, kompensiert er seine auch<br />
das Privatleben attackierenden Probleme<br />
mit Alkohol. Auf Wunsch seiner Frau soll<br />
er eine Entziehungskur antreten, kann auf<br />
der Fahrt dorthin aber fliehen. Zunehmend<br />
verstrickt er sich in kriminelle Handlungen,<br />
landet in Untersuchungshaft. Sein bürgerliches<br />
Leben bricht vollends auseinander,<br />
als seine Frau ihn mit dem einstigen<br />
Konkurrenten betrügt.<br />
Hans Fallada schreibt „Der Trinker“ 1944<br />
in Haft. Er muss drei Monate in der Landesanstalt<br />
Strelitz einsitzen, nachdem sich<br />
in einem Streit mit seiner Exfrau Anna ein<br />
Schuss löst. Der Vorfall wird als versuchter<br />
Totschlag gewertet. Fallada wird als unzurechnungsfähig<br />
eingestuft. „Der Trinker“<br />
ist eines seiner persönlichsten Bücher<br />
und enthält viele autobiographische<br />
Züge. Es wird erst nach seinem Tod 1950<br />
veröffentlicht.<br />
Koproduktion mit dem<br />
Maxim Gorki Theater Berlin<br />
Regie Sebastian Hartmann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 17. März 2012
Hamlet Vers. 6<br />
nach William Shakespeare<br />
Modell Hamlet. Sechs Spieler arbeiten sich<br />
an einem Theaterstoff ab, überschreiben<br />
ein „Stück über eine Staatskrise, über den<br />
Riß zwischen zwei Epochen und über einen<br />
jungen Mann, der in diesem Riß steckt“<br />
(Heiner Müller). Der Zweifel Hamlets stellt<br />
alle Systeme in Frage, aber eben auch den<br />
Menschen selbst. Vater, Mutter, Liebhaber<br />
und dazwischen der Sohn. Der Geist von<br />
Hamlets Vater findet keine Ruhe, denn die<br />
Geschichte spuckt ihre Kinder wieder und<br />
wieder auf die Bühne, die Welt bedeuten<br />
muss: Zu Beginn die Geburt – oder sind<br />
diese sechs nackten Kreaturen nur gefangen<br />
im Kostümfundus aller je gespielten<br />
Hamletdramen? Wer und was ist Hamlet<br />
heute? Der Hofstaat hat seinen Platz<br />
verloren, das Drama braucht die Episoden<br />
nicht mehr. Volkloses Drama, Volk wollten<br />
wir und wurden ein trauriges Ich. Wo der<br />
Diskurs aufhört, fängt der Totschlag der<br />
Jugendfreunde an, kalt lächeln die neuen<br />
Väter ihre neuen Söhne an. Die Erbengeneration<br />
generiert kein Kapital mehr, nur noch<br />
Unglück in himmelloser Welt.<br />
Regie Sascha Hawemann<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong>/Hinterbühne<br />
am 30. März 2012<br />
Grimms Märchen<br />
Uraufführung<br />
von und mit Rainald Grebe<br />
Seit der ersten <strong>Centraltheater</strong>Spielzeit hat<br />
Rainald Grebe mit uns an der Idee und der<br />
Form der großen TheaterRevue gearbeitet,<br />
und auch in der vierten Spielzeit planen<br />
wir miteinander. Was mit der „Klimarevue“<br />
begann, soll weiter – möglicherweise zu<br />
einer neuen Konzentration geführt werden.<br />
Back to the roots steht über allem, was<br />
wir als „Schönes neues Projekt“ planen.<br />
Back to Rainald Grebe am Klavier oder an<br />
dem Instrument, auf das er gerade Lust<br />
hat – und zurück zu den Mysterien, Mythen,<br />
Märchen, Sagen, in denen wir uns alle zu<br />
Hause fühlen dürfen. Was kommt nach<br />
dem Konzert in der Berliner Waldbühne?<br />
Vielleicht das Tingeln als Straßenmusikant<br />
oder eben, die Theaterversion davon, das<br />
Wühlen im Urschlamm des Erzählens.<br />
Regie Rainald Grebe<br />
Premiere im <strong>Centraltheater</strong><br />
am 17. Mai 2012
Krieg und Frieden<br />
nach Lew Tolstoi<br />
„Ohne falsche Bescheidenheit – es ist wie<br />
die Ilias.“ So Lew Tolstoi über sein größtes<br />
Werk, das Weltgeschichte und privates<br />
Leben in monumentaler Absicht zusammenführt.<br />
Sein zwischen 1863 und 1869<br />
entstandenes episches Gemälde vereint<br />
einen Familien-, Historien- und Bildungsroman<br />
über Europa, den Menschen und die<br />
Welt. Über allem die Metaphysik des Titels,<br />
die stets mit ALLEM spielt. Mit der Geburt<br />
der europäischen Idee aus dem Geist der<br />
Unterwerfung, mit der Tragödie des Menschen<br />
und dessen Beziehungsunfähigkeit<br />
und – mit der Welt. Eine Überforderung.<br />
Unsere Überforderung, die uns übrig bleibt,<br />
zwischen tragischem Heldenepos,<br />
Märtyrerpose und der prosaischen<br />
Wirklichkeit. Zwischen Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft, bis heute.<br />
Koproduktion mit den Ruhrfestspielen<br />
Recklinghausen<br />
Regie Sebastian Hartmann<br />
Premiere in Recklinghausen<br />
am 10. Mai 2012<br />
<strong>Leipzig</strong>er Premiere in der Spielzeit<br />
2012/2013<br />
Zerschossene Träume<br />
(AT)<br />
Uraufführung<br />
von Wolfram Lotz und Martin Laberenz<br />
Von der Presse wird Wolfram Lotz als eines<br />
der größten und originellsten Talente unter<br />
den Nachwuchsdramatikern gefeiert. In<br />
seinen Texten will der 1981 in Hamburg<br />
geborene Autor „das Unmögliche wieder<br />
denken, den Tisch von Zuschreibungen<br />
abräumen, um Platz zu schaffen für das<br />
Neue. Nicht den Arm entfesseln, sondern<br />
das Auge!“. Wolfram Lotz studiert seit 2007<br />
Literarisches Schreiben am Deutschen<br />
Literaturinstitut <strong>Leipzig</strong> und ist u. a. Träger<br />
des Kleist-Förderpreises.<br />
Mit diesem „Abend“ soll kein Theatertext<br />
im klassischen Sinn zur Aufführung kommen,<br />
sondern ein gemeinsamer Konzeptabend,<br />
dessen Themen heute noch nicht<br />
feststehen. Die Zusammenarbeit Autor/<br />
Regisseur sucht im Schreiben wie im<br />
Überschreiben eine Radikalisierung der<br />
jeweils eigenen Haltung, und sie bedient<br />
sich dabei ausdrücklich unterschiedlicher<br />
Literaturformen.<br />
Koproduktion mit den Ruhrfestspielen<br />
Recklinghausen<br />
Konzeption Wolfram Lotz, Martin Laberenz<br />
Premiere in Recklinghausen<br />
am 1. Juni 2012<br />
<strong>Leipzig</strong>er Premiere in der Spielzeit<br />
2012/2013
Skala<br />
Zorn und Zärtlichkeit<br />
(Reicht es nicht zu sagen ich will leben)<br />
Uraufführung<br />
von Claudia Grehn und Darja Stocker<br />
Was sind die Möglichkeiten des Aufbegehrens<br />
in unserer heutigen Gesellschaft?<br />
Wie kann Widerstand formuliert oder wann<br />
muss man zum Handelnden werden? Aus<br />
zahlreichen Gesprächen mit Menschen aus<br />
Weimar und <strong>Leipzig</strong> auf der Suche nach<br />
Antworten haben die beiden Autorinnen<br />
Figuren und Geschehnisse herauskristallisiert.<br />
Ein Kaleidoskop unterschiedlichster<br />
Biographien und Lebensentwürfe. Der<br />
Text ist eine Arbeitsgrundlage. Das Weiter<br />
Schreiben auf der Bühne ist Prozess.<br />
Während der Probenarbeit mit dem Ensemble<br />
aus Weimar und <strong>Leipzig</strong> wird das<br />
Stück vollendet. Am Ende wird man auf<br />
Figuren treffen, die von ihren persönlichen<br />
Geschichten zwischen Sehnsüchten und<br />
Rebellion erzählen.<br />
Koproduktion mit dem<br />
Deutschen Nationaltheater Weimar<br />
Regie Nora Schlocker<br />
Premiere in der Skala<br />
am 28. September 2011<br />
Das Ende der Selbstverwirklichung<br />
Ein Selbstüberbietungsparcours als<br />
begehbare Konzertinstallation<br />
Uraufführung<br />
von und mit Schorsch Kamerun<br />
Was einmal notwendige Befreiung aus<br />
autoritärer Daseinsbegrenzung war, ist zu<br />
strapaziösem Dauermanagement in Ich<br />
Fabrik und Individualextremismus verkommen.<br />
In immer originelleren Auftrittswettläufen<br />
drehen wir uns wie MultiAttrappen<br />
im permanenten Bewerbungsmodus – privat<br />
und in aller Öffentlichkeit. Als (selbst geschaffene)<br />
Kreativunikate beschleunigen wir<br />
atemlos zu gleichzeitigen Massenkopien.<br />
In einem Musiktheaterexperiment will<br />
Regisseur und Sänger Schorsch Kamerun<br />
gemeinsam mit Kunststudenten, Musikern,<br />
Gamern, <strong>Schauspiel</strong>ern, Enttäuschten<br />
und Begeisterten gemeinsam entworfene<br />
Selbstoptimierungszustände durchspielen.<br />
Nach Beteiligung strebende<br />
<strong>Leipzig</strong>er/innen werden sich hierbei blendend<br />
veröffentlichen, um herauszufinden,<br />
ob und was sie davon haben: so richtig<br />
gut präsentiert oder wieder nur schlicht<br />
online sein.<br />
Schorsch Kamerun ist dem musikinteressierten<br />
<strong>Centraltheater</strong>Gänger vor allem<br />
als Frontmann der legendären Hamburger<br />
Punkband „Die Goldenen Zitronen“<br />
bekannt. Seit einigen Jahren hat sich<br />
Kamerun aber auch einen Namen als<br />
Theater regisseur gemacht. Er hat in Zürich,<br />
Hamburg und Berlin inszeniert und kommt<br />
jetzt nach <strong>Leipzig</strong>.<br />
Regie Schorsch Kamerun<br />
Premiere in der Skala<br />
am 7. Oktober 2011
Die dritte Generation<br />
nach dem Film von<br />
Rainer Werner Fassbinder<br />
In aller Munde sind die Wutbürger, die<br />
Aufständigen, die Empörten, Europa<br />
spricht über neue „revolutionäre Zellen“<br />
und andere außerparlamentarische Formen<br />
der Opposition. Vier Jahre nach dem<br />
sogenannten „Deutschen Herbst“ stellte<br />
Rainer Werner Fassbinder 1979 mit „Die<br />
dritte Generation“ seine analytisch brillante<br />
Sicht auf das Thema vor. Eine Komödie in<br />
6 Teilen um Gesellschaftsspiele voll Spannung,<br />
Erregung und Logik, Grausamkeit<br />
und Wahnsinn, ähnlich den Märchen, die<br />
man Kindern erzählt, ihr Leben zum Tod<br />
ertragen zu helfen. Terrorismus ist hier<br />
zum Selbstzweck verkommen, das Erleben<br />
des Rauschs, der Gefahr. Eine Gruppe<br />
gelangweilter junger Menschen inszeniert<br />
sich unter dem Codewort Welt als Wille und<br />
Vorstellung als Terrorgruppe. Eine Entführung<br />
wird geplant. Es wird getötet. Es wird<br />
verraten. Am Ende ist nicht mehr klar, wer<br />
hier eigentlich wen in der Hand hat und<br />
wie Terror, Staat und Kapital miteinander<br />
verwoben sind. „Die dritte Generation“ ist<br />
Ausgangspunkt für eine Auseinadersetzung<br />
mit dem Phänomen „Terrorismus“ heute.<br />
Regie Sascha Hawemann<br />
Premiere in der Skala<br />
am 25. November 2011<br />
Willkommen im ewigen<br />
Leben<br />
Ein Abend von und mit Günther Harder<br />
nach Motiven von Michel Houellebecq<br />
„Von den Sturmhöhen haben wir uns<br />
weit entfernt, das ist das Mindeste, was<br />
man sagen kann.“ – Michel Houellebecq<br />
betrachtet die westliche Welt aus seiner<br />
Perspektive: scharf, gnadenlos, zynisch,<br />
sehnsüchtig, mit bitterem Humor. Gegen<br />
die Welt, gegen das Leben. In seinen<br />
Romanen zeichnet er mit quälend sezierender<br />
Schärfe das provokante Bild<br />
unserer narzisstischen Konsumgesellschaft.<br />
Seine Protagonisten leiden unter<br />
ihrer Egozentrik, ihrem emotionalen<br />
NichtErfülltsein und ihren Schwierigkeiten,<br />
in einer kontakt und gefühlsgehemmten<br />
Gesellschaft Nähe zu erleben. Nur<br />
scheinbar ein Paradoxon: Gerade in der<br />
auf geklärten, freien, gerade in der freizügigen<br />
Gesellschaft finden Houellebecqs<br />
Protago nisten dauerhaft weder sexuelle<br />
Erfüllung – noch Liebe. Aber sie suchen<br />
immer weiter, denn Houellebecqs Anti<br />
Helden ist die Lücke in ihrer Existenz<br />
schmerzlich bewusst.<br />
Der französische StarAutor ist in seinem<br />
Heimatland der meistgelesene – aber auch<br />
der umstrittenste Autor der Gegenwart.<br />
Auch in Deutschland sorgte jeder seiner<br />
Romane für Diskussionen, zuletzt „Karte<br />
und Gebiet“, in dem sich der Autor selbst<br />
auf bestialische Weise umbringen lässt.<br />
Günther Harder zeigt ein Konzentrat aus<br />
drei Romanen von Houellebecq. Die Skala<br />
wird zur Bar. WILLKOMMEN IM EWIGEN<br />
LEBEN, ein KneipenTreffen mit einem der<br />
genialsten Quälgeister unserer Epoche.<br />
Regie Felix Mannheim<br />
Premiere in der Skala<br />
am 2. Dezember 2011
Von nun an ging’s<br />
bergab!<br />
Ein Liederabend mit dem „Studio <strong>Leipzig</strong>“<br />
„Mit fünfzehn hatte ich eine Idee, / ich<br />
wollt’ zum Theater, Mama sagte Nee, /<br />
man hätt’ mich enterbt, doch wir hatten<br />
kein Geld, / und ich folgte dem Ruf auf<br />
die Bretter der Welt / von nun an ging’s<br />
bergab.“ Stellen Sie sich vor, Hildegard<br />
Knefs wunderbar bissiger und ironischer<br />
musikalischer Rückblick auf die eigene<br />
Weltkarriere, gesungen von einer der<br />
berühmtesten Frauengestalten in der<br />
Geschichte der Malerei: Leonardo da<br />
Vincis Mona Lisa! Ein Liederabend<br />
als Parforceritt quer durch die Kunstgeschichte.<br />
Michelangelos David oder<br />
Rodins Denker singen einträchtig Songs<br />
von George Gershwin, Tamara Danz oder<br />
Rainald Grebe. Dabei ergeben sich die<br />
aberwitzigsten Situationen, in denen die<br />
ansonsten stummen „Stars“ der bildenden<br />
Kunst endlich über ihre Träume, Wünsche<br />
und Sehnsüchte fabulieren dürfen. Guido<br />
Lambrecht und Frank Raschke haben<br />
zusammen mit den Studenten des<br />
„Studio <strong>Leipzig</strong>“ einen Liederabend<br />
voller Absurdität und schrägem Humor<br />
ent wickelt, der uns die Werke der alten<br />
Meister einmal aus einer ganz anderen<br />
Perspektive näherbringt.<br />
Regie Guido Lambrecht<br />
Musikalische Leitung und Einstudierung<br />
Frank Raschke<br />
Premiere in der Skala<br />
am 8. Dezember 2011<br />
Wir sind nicht das Ende<br />
von Carsten Brandau<br />
Drei Jahre lang waren sie verheiratet,<br />
lebten zusammen. Er war ihre große Liebe.<br />
Bis er am 11. September 2001 in den USA<br />
ein Passagierflugzeug in Pennsylvania<br />
auf einen Acker abstürzen lässt. Auf ihrer<br />
Mailbox dreimal das Gleiche, dreimal<br />
„Ich liebe dich“. Am 13. November 2001<br />
übergibt ihr ein Beamter des BKA ein<br />
Paket von dem mittlerweile als Terrorpilot<br />
identifizierten Ziad. Unterschrieben hatte<br />
er mit „Dein Mann für immer“. Sie hatte<br />
nichts gewusst. Nichts?<br />
Eine Nacht im Leben der Frau, die mit<br />
Ziad Jarrah verheiratet war. Das Stück<br />
basiert auf einer wahren Begebenheit.<br />
Der Autor Carsten Brandau wurde mehrfach<br />
aus gezeichnet und zu allen großen<br />
Schreibwerkstätten Deutschlands und<br />
Österreichs, u. a. vom Wiener Burgtheater,<br />
Deutschen Theater Berlin und Düsseldorfer<br />
<strong>Schauspiel</strong>haus, eingeladen. Für seine<br />
Hörspielbearbeitung von WIR SIND NICHT<br />
DAS ENDE wurde er unter anderem mit<br />
dem 1. Preis beim Kurzhörspielwettbewerb<br />
„heimspiel“ von 1LIVE (WDR) und dem<br />
1. Preis beim „<strong>Leipzig</strong>er Hörspielsommer“<br />
(MDR) in der Kategorie „Bester Autor“<br />
prämiert.<br />
WIR SIND NICHT DAS ENDE wurde von<br />
Manuel Harder 2008 in Dortmund uraufgeführt,<br />
für das Wiener Theater Nestroyhof/<br />
Hamakom hat er es jetzt mit Birgit Unterweger<br />
und Günther Harder neu inszeniert.<br />
Regie Manuel Harder<br />
Premiere in der Skala<br />
am 15. Dezember 2011
Hilbig lesen 1/Alte<br />
Abdeckerei<br />
Lecture Performance von und mit<br />
Andrej Kaminsky<br />
Jemand geht durch die Landschaft<br />
seiner Kindheit, entlang eines kleinen<br />
Flüsschens, und lauscht dem „Geraun<br />
aus der Dunkelheit“, erzählt von seinem<br />
Eintauchen ins düstere Revier „jenseits der<br />
Kohlen bahnlinie“ mit der alten Abdeckerei,<br />
„derweil das bestialische Land, von dem<br />
ich umgeben war, die scheußlichen Wahrheiten<br />
einer Unterwelt heraufbeschwor,<br />
die nur wenige Zentimeter unter dem<br />
Gras begann … Gras, darüber immer ein<br />
Wandern war, der unablässige Schritt<br />
eines Unsichtbaren, der gepreßte Lauf<br />
eines Atemlosen, das fliegende Hasten<br />
eines Kindes …“<br />
Es ist eine surreale Landschaft des<br />
Verfalls, die Wolfgang Hilbig in „Alte<br />
Abdeckerei“ beschreibt. Eine Landschaft,<br />
durchtränkt von Geschichte, die in Bildern<br />
und Erinnerungsmomenten dem Wanderer<br />
begegnet. „Alte Abdeckerei“, 1990<br />
entstanden, gibt dem Gefühl der frühen<br />
Nachwendejahre kongenial eine Gestalt<br />
und gießt es in eine sprachlich überwältigende<br />
Form. Vielen gilt deswegen<br />
die Erzählung als ein Schlüsseltext des<br />
Meuselwitzer Dichters und Autors<br />
Wolfgang Hilbig, der 2007 mit sechsundsechzig<br />
Jahren verstarb.<br />
ALTE ABDECKEREI ist der erste Teil einer<br />
Reihe, in der sich der <strong>Schauspiel</strong>er Andrej<br />
Kaminsky auf die Spur von Hilbigs Texten<br />
begibt. Eine Wanderung durch ein „Gebiet,<br />
welches der Osten war“.<br />
Premiere in der Skala<br />
am 11. Februar 2012<br />
Aufzeichnungen aus<br />
dem Kellerloch<br />
von Fjodor M. Dostojewski<br />
Ein Angestellter verweigert sich dem<br />
Diktat der Masse und zieht die Konsequenz:<br />
Angewidert von Zeit, Fortschritt<br />
und Gesellschaft will er nicht länger in der<br />
‚Komödie des Lebens‘ mitspielen. Sein<br />
Entschluss ist so einfach wie radikal: Fern<br />
von der Welt das eigene Dasein in einem<br />
Kellerloch fristen. Das ist die Grundsituation<br />
von Dostojewskis brillanter Erzählung<br />
„Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“,<br />
die Friedrich Nietzsche als „wahren<br />
Geniestreich der Psychologie“ feierte.<br />
Dostojewski stellt darin Fragen zum<br />
Leben in einer auf Effizienz getrimmten<br />
Gesellschaft. Fragen, die in unserem vom<br />
Kapitalismus geprägten Zusammenleben<br />
nichts von ihrer Radikalität verloren haben,<br />
denn Dostojewski propagiert angesichts<br />
der Lebensumstände nichts anderes als<br />
die Verneinung des Willens zum Leben.<br />
Regie Martin Laberenz<br />
Premiere in der Skala<br />
am 17. Februar 2012
www.schauspiel-leipzig.de