Die Ruhr-Sporthalle - Yonex German Open
Die Ruhr-Sporthalle - Yonex German Open
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<strong>Die</strong> <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong><br />
Ein Blick zurück und nach vorn<br />
Von Claudia Pauli<br />
Uwe Seeler und Fritz Walter, Max Schmeling und Rolf Milser, Eberhard Gienger, die Boxer des<br />
BCRingfrei Mülheim und die Tischtennis-Asse des Post SV - für sie und zahlreiche andere<br />
hochkarätige Sport-Stars aus dem In- und Ausland, insbesondere aber auch für Mülheims Schulen<br />
und Vereine, war die <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>, besser bekannt unter ihrem früheren Namen "<strong>Sporthalle</strong> an<br />
der Carl-<strong>Die</strong>m-Straße", mehr als drei Jahrzehnte lang Bühne für große Auftritte und sportlicher<br />
Anziehungspunkt in der Stadt. Spitzensport wurde geboten, Show-Wettkämpfe veranstaltet,<br />
Interviews geführt, trainiert, geplaudert, gefeiert und gelacht.<br />
Fußball-Weltmeister Sepp Maier (r.) auf ungewohntem Terrain: Beim<br />
Sportehrentag 1981 ließ sich der frühere Nationaltorhüter zu einem<br />
Tennis-Match mit Wimbledon-Finalist Wilhelm Bungert überreden.<br />
Mit der Eröffnung der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> im Jahr 1970 hatte ein neues Sport-Zeitalter in Mülheim<br />
begonnen. <strong>Die</strong> Austragung internationaler Wettkämpfe und anderer bedeutsamer<br />
Sportveranstaltungen war plötzlich in der Stadt an der <strong>Ruhr</strong> möglich, Top-Stars aus der Welt des<br />
Sports gaben sich die Ehre, und der Sportehrentag, der seit seiner Einführung 1964 bis 1970<br />
alljährlich im Kammermusik- oder Festsaal der Stadthalle stattgefunden hatte, konnte im größeren<br />
Rahmen als Sport-Musik-Show bzw. später als <strong>Sporthalle</strong>nfest in der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> durchgeführt<br />
werden. Darüber hinaus stand den Mülheimer Schulen und Vereinen nun eine zusätzliche und gut<br />
ausgestattete Halle für den Unterricht und das tägliche Training zur Verfügung.<br />
Als Publikumsmagnete erwiesen sich in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere die Sport-<br />
Musik-Shows und <strong>Sporthalle</strong>nfeste zum Sportehrentag. Am 12. März 1994 wurden beim siebten<br />
<strong>Sporthalle</strong>nfest des MSB, der im selben Jahr sein 75-jähriges Bestehen feierte, 2324 Besucher<br />
registriert - bis heute ist das Zuschauerrekord. Aber auch die Box-Bundesliga-Kämpfe des<br />
mehrmaligen deutschen Mannschaftsmeisters BCRingfrei Mülheim mit dem Olympia-Dritten von<br />
1972 im Schwergewicht, Peter Hussing, sowie die Endspiele um die Stadtmeisterschaft im<br />
Hallenfußball zogen regelmäßig rund 1500 Sportfans an.<br />
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Großen Anklang fanden auch stets die zahlreichen Badminton-Turniere in der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>, an<br />
denen neben dem mehrmaligen deutschen Mannschaftsmeister 1. BV Mülheim die gesamte<br />
Weltelite inklusive der damaligen Nummer eins der Szene, Morten Frost aus Dänemark, teilnahm,<br />
sowie die zahlreichen Wettkämpfe, bei denen die Tischtennis-Asse des Post SV um nationale oder<br />
internationale Ehren kämpften. Jedes Jahr in der "fünften Jahreszeit" gingen zudem mehrere<br />
hundert Karnevalisten mit großer Begeisterung in der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> dem närrischen Treiben<br />
nach.<br />
Aufgrund des relativ geringen Fassungsvermögens der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> mit 1080 Zuschauerplätzen<br />
herrschte bei solch beliebten Veranstaltungen zumeist akuter Platzmangel. Vielen Fans blieb dann<br />
nur die Möglichkeit, durch die geöffneten Hallentüren einen Blick auf das Geschehen zu werfen.<br />
Was der Stimmung jedoch zu keiner Zeit Abbruch tat. Je nach Möglichkeit wurde bei einigen<br />
Veranstaltungen, wie beispielsweise den <strong>Sporthalle</strong>nfesten, auch eine zusätzliche Bestuhlung in den<br />
Innenraum gestellt, so dass mehr Fans in den Genuss kommen konnten, das dargebotene Spektakel<br />
aus nächster Nähe zu betrachten.<br />
• Sportehrentage mit viel Prominenz<br />
Insbesondere für die beim Publikum überaus beliebte Sport-Musik-Show schafften es die<br />
Organisatoren stets, prominente Gäste aus dem Sport- und Show-Business zu gewinnen, die mit<br />
ARD-Moderator Werner Zimmer über ihre Karriere plauderten. Leichtathletik-Olympiasiegerin<br />
Heide Ecker-Rosendahl, Handball-Trainer Vlado Stenzel, Rad-Weltmeister Rudi Altig,<br />
Zehnkämpfer Jürgen Hingsen oder die Dressur-Olympiasiegerinnen Nicole Uphoff und Gabriela<br />
Grillo gaben sich zum Teil gleich mehrmals die Ehre. Für musikalische Untermalung sorgten unter<br />
anderem die Gesangs-Duos Cindy und Bert, Adam und Eve sowie verschiedene Tanz- und Show-<br />
Bands.<br />
Moderator Werner Zimmer im Gespräch mit Box-Weltmeister Max<br />
Schmeling (r.) und Georg Biesenkamp bei der Sport-Musik-Show zum<br />
Sportehrentag 1974.<br />
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Insgesamt 19 Mal wurde die begehrte Veranstaltung, eine Idee des heutigen Sportdezernenten<br />
Cleven, zwischen 1971 und 1997 durchgeführt. 18 Sport-Musik-Shows moderierte Zimmer, die<br />
bislang letzte vor rund sieben Jahren wurde von Tagesschau-Sprecher Jan Hofer präsentiert. Aus<br />
Kostengründen wurde die Sport-Musik-Show ab 1982 in jedem zweiten Jahr durch das<br />
<strong>Sporthalle</strong>nfest ersetzt. Als Organisator der jeweiligen Veranstaltungen fungierte zunächst das<br />
Sport- und Bäderamt der Stadt Mülheim und später der Mülheimer SportService (MSS) in<br />
Zusammenarbeit mit dem Mülheimer Sportbund (MSB). Seit 1998 findet die Ehrung der<br />
erfolgreichen Mülheimer Sportler ausschließlich im Rahmen eines <strong>Sporthalle</strong>nfestes statt. Doch<br />
auch hierfür konnte der MSB stets Stars und Berühmtheiten gewinnen, die für Begeisterung unter<br />
den Zuschauern in der üblicherweise ausverkauften <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> bzw. Stadthalle und<br />
kurzweilige Unterhaltung sorgten. Mike Krüger und Karl Dall, Rex Gildo, Roberto Blanco, Ireen<br />
Sheer, Gottlieb Wendehals, die Spider Murphy Gang und zuletzt 2003 Stimmenimitator Jörg Knör<br />
kamen immer wieder gerne nach Mülheim.<br />
• Sanierung nicht rentabel<br />
Seit dem Frühjahr 2003 gehört die <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> der Vergangenheit an. Da sich die Sanierung<br />
des Gebäudes nicht rentiert hätte, wie eine Kosten-Nutzen-Analyse ergab, empfahl die vom<br />
Sportausschuss/Werksausschuss MSS gebildete interfraktionelle Arbeitsgruppe im Oktober 2001<br />
den Abriss der damals 31 Jahre alten Halle und den Bau einer neuen Mehrzweckhalle an gleicher<br />
Stelle. "<strong>Die</strong> Tatsache, dass eine Mindestinvestition von drei Millionen DM unter dem Strich<br />
lediglich eine unattraktive <strong>Sporthalle</strong> mit drei Übungseinheiten, hohen Betriebskosten und<br />
mittelfristig weiterem nicht abschätzbarem Unterhaltungsaufwand gebracht hätte, war<br />
ausschlaggebend für die Abrissempfehlung", sagt Sportdezernent Wilfried Cleven..<br />
Aufgrund der Baufälligkeit und nicht mehr zeitgemäßen technischen Ausstattung des einst rund 4,4<br />
Millionen Mark teuren Baus, der hohen Schadstoffbelastung sowie gravierender Mängel in Punkto<br />
Brandschutz war die <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> bereits seit Mitte 2001 nur noch bedingt für sportliche<br />
Zwecke nutzbar. <strong>Die</strong> Durchführung von Großveranstaltungen blieb der Stadt von Seiten des<br />
Bauordnungsamtes untersagt, der Betrieb der Halle war nur noch mit maximal 130 Personen<br />
zugelassen.<br />
Als Folge fehlte der Stadt Mülheim seitdem eine <strong>Sporthalle</strong>, in der regional und überregional<br />
bedeutsame Sportveranstaltungen durchgeführt und die generell als Versammlungsstätte genutzt<br />
werden konnte. So musste beispielsweise der traditionell seit 1971 in der <strong>Sporthalle</strong> an der Carl-<br />
<strong>Die</strong>m-Straße bzw. späteren <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> durchgeführte Sportehrentag zwischen 2002 und 2004<br />
in die Stadthalle umziehen, obwohl diese eigentlich nicht für Sport-Veranstaltungen geeignet ist.<br />
Mitte 2002 beschloss der Verwaltungsvorstand, der Abriss-Empfehlung der Arbeitsgruppe<br />
nachzukommen und den Neubau der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> und der <strong>Sporthalle</strong> an der Mintarder Straße<br />
europaweit im Paket auszuschreiben. Am 22. Dezember 2002 wurde der Betrieb der einst<br />
ruhmreichen <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> endgültig eingestellt. Seitdem fehlt es der Stadt Mülheim nicht nur an<br />
einer Halle zur Durchführung von Großveranstaltungen, sondern sie kann darüber hinaus auch ihrer<br />
gesetzlichen Verpflichtung aus dem Schulverwaltungsgesetz vorübergehend nicht mehr<br />
nachkommen, die für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Sportstätten<br />
bereitzustellen. Denn eine Verlegung des Schulsports in andere Hallen war aufgrund des im<br />
gesamten Stadtgebiet ohnehin schon bestehenden Fehlbedarfs an überdachten Sportanlagen nur<br />
bedingt möglich.<br />
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Im Januar 2003 wurde mit der Schadstoffentsorgung (Asbest, PCB, künstliche Mineralwollfasern)<br />
vor Ort begonnen. Ein 50 Tonnen schwerer Abbruchbagger brachte den Bau aus Beton, Stahl und<br />
Glas schließlich im Frühjahr 2003 zum Einsturz und machte Platz für eine neue, größere und hoch<br />
moderne Mehrzweckarena.<br />
Spätestens bis zum 31.12.2004 - nach einer Bauzeit von rund 18 Monaten - soll die neue <strong>Ruhr</strong>-<br />
<strong>Sporthalle</strong> betriebsbereit fertiggestellt sein und die lange Durststrecke insbesondere für Mülheims<br />
Schulen und Vereine ein Ende haben. Auch die ersten großen Veranstaltungen sind bereits geplant:<br />
Im Rahmen der nächsten World Games, die im Juli 2005 von der Stadt Duisburg in Kooperation<br />
mit den Städten Oberhausen, Bottrop und Mülheim ausgerichtet werden, sollen einige Wettkämpfe<br />
in Mülheims neuer Arena stattfinden.<br />
• Vierfachhalle mit Multifunktionscharakter für 2300 Zuschauer<br />
Ebenso wie die alte Halle soll auch die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> in erster Linie sportlichen Zwecken<br />
dienen und dabei insbesondere dem Schul- und Vereinssport helfen, der unter dem Mangel an<br />
überdachten Sportstätten in Mülheim am meisten leidet. Darüber hinaus steht der Stadt ab 2005<br />
eine zusätzliche und vor allem geräumige Halle zur Durchführung von Wettkämpfen und anderen<br />
Sportveranstaltungen zur Verfügung.<br />
Aufgrund ihrer Beschaffenheit als Mehrzweckhalle ist die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> jedoch auch für<br />
jegliche andere Indoor-Veranstaltungen wie Shows, Cabarett, Firmen-Präsentationen oder Konzerte<br />
geeignet. <strong>Die</strong> freie Zeit, in der weder Schul- oder Vereinssport noch Wettkämpfe oder andere<br />
Sportveranstaltungen durchgeführt werden, vermarktet die Stadt Mülheim/der Eigenbetrieb<br />
Mülheimer SportService deshalb in Zusammenarbeit mit der Mülheimer Stadtmarketing und<br />
Tourismus GmbH (MST).<br />
Auf vier Tribünen rings um die Hallenfläche, von denen drei automatisch einfahrbar sind, sowie<br />
einem Rundgang bietet die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> zukünftig insgesamt 2300 Menschen sitzend<br />
(2000) und stehend (300) Platz. Für die Stadt Mülheim mit ihren rund 173.000 Einwohnern, von<br />
denen 40.000 selbst in einem der 150 Vereine aktiv sind, und in der große Sportbegeisterung<br />
herrscht, keineswegs zu viel. "<strong>Die</strong> alte Halle mit ihren 1080 Zuschauerplätzen war immer eine<br />
Nummer zu klein für die Größenordnung unserer Stadt. Deshalb haben wir bei der Planung der<br />
neuen Halle großen Wert auf die Erhöhung der Zuschauerkapazität gelegt. Immerhin haben wir<br />
jetzt rund 1.000 Sitzplätze mehr als früher", sagt Cleven, der in 20 Jahren als Mit-Organisator der<br />
Sport-Musik-Shows und <strong>Sporthalle</strong>nfeste hautnah miterlebte, wie Mülheims größte überdachte<br />
Sportstätte bei hochkarätigen (Sport)Veranstaltungen regelmäßig aus allen Nähten platzte.<br />
• 50-m-Laufbahn, Kraft- und Mehrzweckräume inklusive<br />
Für Wettkämpfe steht in der neuen <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> zukünftig eine 20 mal 40 Meter große Fläche<br />
zur Verfügung, die hohen Ansprüchen genügt. Über die gesamte Hallenfläche erstreckt sich zudem<br />
eine 50-m-Laufbahn. Beispielsweise für den Schul- und Vereinssport ist die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong><br />
in vier Übungsfelder von jeweils 15 mal 27 Metern Größe teilbar, so dass verschiedene Kurse,<br />
Unterrichts- und Trainingseinheiten parallel stattfinden können.<br />
Zusätzlich zu der Vierfachhalle entstehen drei Mehrzweckräume, die für verschiedene Sportarten<br />
wie beispielsweise Gymnastik, Ringen und Judo genutzt werden können. Auch ein Kraftraum, eine<br />
kleine Sauna sowie Regie-Räume und VIP-Logen hat das Bochumer Unternehmen Goldbeck, das<br />
am 20. Februar 2003 den Zuschlag für den Neubau sowohl der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> als auch der Halle<br />
an der Mintarder Straße bekam, für Mülheims neue Sportstätte vorgesehen.<br />
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Neben den üblichen Einrichtungen wie Geräte- und Lagerräume werden zudem eine Küche für<br />
Catering, ein Presse- und Schulungsraum, Schiedsrichterräume sowie eigene Eingänge für<br />
Besucher, Sportler, Behinderte, VIPs und die Presse eingerichtet. Um beispielsweise für Show-<br />
Veranstaltungen eine Bühne in die Halle transportieren zu können, besteht darüber hinaus die<br />
Möglichkeit ebenerdig in die Halle hineinzufahren. Generell ist die gesamte Halle<br />
behindertengerecht angelegt.<br />
Bis zu drei Meter tief soll Mülheims neue Mehrzweckhalle in das vorhandene Gelände "An den<br />
Sportstätten" eingegraben werden, das im Rahmen einer Studie eines Architektenbüros aus Hürth<br />
als der optimale Standort auch für die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> ermittelt wurde. <strong>Die</strong> Grundfläche des<br />
Neubaus mit seinem massiven Sockelgeschoss, einem darauf aufsitzenden Stahl-Glas-<br />
Hallenkörper, großen Glasfronten und einem verglasten Eingangsbereich beträgt 75 mal 72,5<br />
Meter. "Der Bau besticht durch seine einfache und klare Gliederung und ist von der Optik her sehr<br />
ansprechend", sagt Cleven. Bei aller Konzentration auf hohe Qualität von Architektur, Gestaltung<br />
und städtebaulicher Einbindung der neuen <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> haben die Planer dabei nicht den<br />
Umweltaspekt außer Acht gelassen: Sowohl die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> als auch die Halle an der<br />
Mintarder Straße werden als Energiesparhallen ausgelegt und erhalten ein begrüntes Dach, dessen<br />
Oberlichter mit Solarzellen versehen werden können. Trotz der Euphorie über Mülheims neue<br />
Mehrzweckhalle gibt Heinz Moseler, Werkleiter des MSS, zu bedenken: "Das wird kein goldener<br />
Tempel, sondern eine Investition in eine optimale Lösung" Dem stimmt Sportdezernent Cleven zu.<br />
"Das Notwendigste wird realisiert, nicht etwa Luxus."<br />
• Erhebliche Beeinträchtigungen für Schulen und Vereine<br />
Bis die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> Ende 2004 betriebsbereit fertiggestellt sein wird, müssen allerdings<br />
insbesondere die Mülheimer Schulen und Vereine erhebliche Beeinträchtigungen in ihrem<br />
Sportbetrieb hinnehmen. "Während der Bauzeit sind Schul- und Vereinssport eingeengt und werden<br />
verlagert. Dabei genießen reine Hallensportarten Priorität. Das bedeutet, dass Sportarten wie<br />
beispielsweise Fußball, die normalerweise immer draußen stattfinden, in dieser Zeit auch<br />
ausschließlich draußen trainieren müssen", sagt Cleven. Aus Sicht der Verwaltung seien diese<br />
Beeinträchtigungen nicht vermeidbar, mit Blick auf die durch den Neubau der beiden Hallen <strong>Ruhr</strong>-<br />
<strong>Sporthalle</strong> und Halle an der Mintarder Straße eintretende Verbesserung der Gesamtsituation für den<br />
Mülheimer Sport aber temporär hinnehmbar. Zudem bemühe sich der MSS, die Belastung durch<br />
Belegungsverschiebungen gleichmäßig auf die Mülheimer Sportvereine zu verteilen. Zur<br />
Unterstützung des Schulsports erklärten sich einige Vereine bereit, in ihren vereinseigenen Hallen<br />
nicht genutzte Übungszeiten im Vormittagsbereich für den Unterricht zur Verfügung zu stellen. Im<br />
Hallenbad-Süd wurde als Ersatz für den Mehrzweckraum in der alten <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> außerdem<br />
ein Gymnastikraum eingerichtet, der auch zukünftig bestehen bleibt und damit zusätzliche<br />
Trainingsmöglichkeiten bietet.<br />
• Eigenfinanzierung durch die Stadt<br />
<strong>Die</strong> beiden Projekte <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> und <strong>Sporthalle</strong> an der Mintarder Straße werden vom MSS<br />
kreditfinanziert. <strong>Die</strong> Stadt Mülheim stellt das Geld für Tilgung und Zinsen zur Verfügung. Somit<br />
liegt die Finanzierung ausschließlich bei der Stadt, was sich letztendlich als die wirtschaftlichste<br />
Form herausstellte. Dennoch: "<strong>Die</strong> Realisierung des Projekts bedeutet eine riesige finanzielle<br />
Kraftanstrengung für die Stadt", sagt Cleven. <strong>Die</strong> Gesamt-Kosten für den Bau beider Hallen<br />
belaufen sich auf 13,8 Millionen Euro, wobei in der Summe bereits die Kosten für den Abriss der<br />
alten Bauten enthalten ist. Der reine Neubau der zwei Sportstätten kostet die Stadt etwa 12,5<br />
Millionen Euro.<br />
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• Europaweites Bieterverfahren ausgeschrieben<br />
Angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit, hervorgerufen durch den akuten Fehlbedarf an<br />
Sportstätten für den Schul- und Vereinssport, sowie vor dem Hintergrund der angespannten<br />
finanziellen Lage entschloss sich die Stadt zur Durchführung eines komplizierten Auswahl- und<br />
Vergabeverfahrens, das es zuvor noch nie in Mülheim gegeben hatte. Auf diese Weise konnte die<br />
Entscheidung über die Auftragsvergabe wesentlich schneller getroffen werden, als wenn zunächst<br />
ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden wäre. Von der Willensbildung im August 2002<br />
bis zur Entscheidungsfindung im Februar 2003 vergingen deshalb letztendlich nur wenige Monate.<br />
Im Rahmen eines europaweiten Teilnahmewettbewerbs sollte das wirtschaftlichste Konzept für den<br />
Neubau der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> und der Halle an der Mintarder Straße ermittelt werden. Aus diesem<br />
Grund wurde von der Stadt in diesem Bieterverfahren auch kein festes Bau-, Betriebs- und<br />
Finanzierungskonzept vorgegeben. Stattdessen umfasste die Ausschreibung sowohl Planung und<br />
Bau als auch Finanzierung und Betrieb der <strong>Sporthalle</strong>n. <strong>Die</strong> Auftragsvergabe sollte einheitlich für<br />
beide Hallen als Gesamtmaßnahme erfolgen.<br />
• Preis und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Auswahl entscheidend<br />
Da die Stadt nur begrenzte Haushaltsmittel für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb der beiden<br />
Hallen zur Verfügung hat, stand für die Auftragsvergabe die Wirtschaftlichkeit des Angebotes, d.h.<br />
die Kosten der Gesamtmaßnahme inklusive Planung, schlüsselfertiger Erstellung und Betrieb, im<br />
Vordergrund. Darüber hinaus spielten Umfang und Qualität der Planungs- und Bauleistungen sowie<br />
die zeitgerechte Fertigstellung der <strong>Sporthalle</strong>n eine Rolle. Unter der Maßgabe, dass der<br />
Kostenrahmen der Gesamtmaßnahme eingehalten würde, die Wirtschaftlichkeit und<br />
Finanzierbarkeit der Gesamtmaßnahme erreicht wird, strebte die Verwaltung zudem eine hohe<br />
Qualität von Architektur und Gestaltung sowie die städtebauliche Einbindung und sportfachliche<br />
Funktionalität der Projekte an.<br />
Nach Bekanntmachung der Ausschreibung am 23.8.2002 im Amtsblatt der Europäischen Union<br />
bekundeten 53 Unternehmen Interesse an dem Auftrag. Da viele der zunächst nur allgemein<br />
gehaltenen Angebote lediglich Teilbereiche des Projekts abdeckten oder der Stadt zu viel kosteten,<br />
wurden verwaltungsintern nach den Kriterien Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit acht<br />
Bewerber ausgewählt. Sieben Bieter reichten schließlich konkrete Entwürfe und Angebote ein.<br />
Nach Prüfung und Verhandlung der Vorschläge traf der Rat der Stadt am 20.2.2003 in nicht<br />
öffentlicher Sitzung die Vergabeentscheidung zugunsten des Bochumer Unternehmens Goldbeck.<br />
Der Generalunternehmervetrag zwischen der Stadt Mülheim und der beauftragten Firma wurde drei<br />
Wochen später unterzeichnet - kurz bevor die ersten Mauern der alten und einst ruhmreichen <strong>Ruhr</strong>-<br />
<strong>Sporthalle</strong> dem Abrissbagger zum Opfer fielen.<br />
• Überlegungen zum Bau einer Mehrzweckhalle bereits 1959<br />
Bereits 1959 hatte der Sportausschuss der Stadt Mülheim den Bau einer Mehrzweckhalle gefordert.<br />
Man wollte den Bürgerinnen und Bürgern neben der Stadthalle eine weitere Veranstaltungsstätte<br />
bieten und insbesondere eine Halle zur Verfügung haben, die für die Durchführung von<br />
Sportveranstaltungen jeglicher Art geeignet war. <strong>Die</strong> Überlegungen wurden jedoch immer wieder<br />
verworfen. Den Druck auf die Stadt erhöhte schließlich der Rasensportverein (RSV) durch sein<br />
Engagement in der Handball-Bundesliga. Da Mülheim damals noch keine wettkampfgerechte<br />
<strong>Sporthalle</strong> besaß, in der die Handballer ihre Heimspieler austragen konnten, stellte ihnen die Stadt<br />
Oberhausen eine entsprechende Sportstätte zur Verfügung. <strong>Die</strong>se Situation konnte und wollte man<br />
nicht länger hinnehmen, so dass sich die Stadt dann doch zum Bau einer eigenen Halle entschloss.<br />
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Uneins war man sich zunächst darüber, ob man aufgrund des Mangels an Schulsportstätten in<br />
Mülheim mehrere Schulsporthallen oder eine größere Veranstaltungshalle bauen sollte, in der -<br />
sozusagen als Kompromiss - auch Schulsport durchgeführt werden könnte. <strong>Die</strong> Stadt entschied sich<br />
schließlich für letztere Lösung.<br />
Erste Studien des städtischen Hochbauamtes wurden in den Jahren 1963 und 1964 vorgestellt.<br />
Daraufhin schrieb die Stadt einen Architektenwettbewerb aus, den der Hannoveraner Architekt<br />
Heinz Goesmann mit einem Entwurf für eine Halle gewann, die damals sechs Millionen DM<br />
gekostet hätte. Aufgrund der wirtschaftlichen Rezession und der damit verbundenen ersten<br />
größeren kommunalen Finanzkrise war der Stadt diese Summe jedoch zu hoch, so dass der Bau<br />
kurzfristig "auf Eis" gelegt und später neu geplant wurde.<br />
"Der Architekt Goesmann hatte einen tollen Entwurf einer wettkampfgerechten <strong>Sporthalle</strong> mit<br />
gutem Nebenraumprogramm geliefert. Doch der war der Stadt zu teuer, und man entschloss sich<br />
zum Bau einer preisgünstigeren Halle mit reduziertem Raumprogramm. Im Laufe der Zeit sind<br />
viele tolle Ideen dem Rotstift zum Opfer gefallen", sagt Cleven mit Bedauern.<br />
• Baubeginn schließlich 1969<br />
Realisiert wurde der Entwurf des Architekten Goesmann schließlich 1969/1970 in abgespeckter<br />
Form. <strong>Die</strong> Anzahl der geplanten Zuschauerplätze wurde auf 1080 reduziert, eine Kegelbahn, ein<br />
Ruderbecken sowie Räume für die Unterbringung des Sport- und Bäderamtes gestrichen. <strong>Die</strong><br />
"Minimallösung" (Cleven) mit einer Größe von 26 mal 44 Metern kostete rund 4,4 Millionen DM,<br />
wobei sich Bund und Land mit 690.000 DM beteiligten.<br />
Als Baugelände wurde 1969 unter anderem wegen seiner zentralen Lage das ehemalige<br />
Kasernengelände zwischen Kaiserstraße, Paul-Essers-Straße, Südstraße und Kämpchenstraße<br />
gewählt. Während der größte Teil der alten Kaserne vor Baubeginn bereits abgerissen worden war,<br />
standen die Gebäude an der Kämpchenstraße noch beim Richtfest am 5. September 1969. <strong>Die</strong>se<br />
beseitigte man erst, als das Straßenverkehrsamt und andere städtische Büros, die lange Zeit in den<br />
Bauten untergebracht waren, in neue Räumlichkeiten verlagert wurden.<br />
Seit ihrer Eröffnung 1970 war die „<strong>Sporthalle</strong> an der Carl-<strong>Die</strong>m-<br />
Straße“, die 1997 in „<strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>“ umbenannt wurde, mehr als<br />
drei Jahrzehnte lang Austragungsort hochkarätiger<br />
(Sport-)Veranstaltungen sowie Trainings- und Wettkampfstätte für<br />
Mülheimer Schulen und Vereine.<br />
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Nach nur elfmonatiger Bauzeit wurde die Halle an der Carl-<strong>Die</strong>m-Straße, Mülheims erste<br />
wettkampfgerechte <strong>Sporthalle</strong> mit zusätzlichem Gymnastikraum, Anfang 1970 fertiggestellt. <strong>Die</strong><br />
offizielle Eröffnung fand am 11. April 1970 mit zwei Showveranstaltungen statt, die vom<br />
damaligen WDR-Hörfunkmoderator Kurt Postel präsentiert wurden. Ihre sportliche Premiere<br />
feierte die größte überdachte Sportstätte Mülheims eine Woche später mit der Austragung der 18.<br />
Deutschen Badmintonmeisterschaft, bei der Horst Lösche vom 1. BV Mülheim den dritten Platz<br />
belegte. In den folgenden Jahren war die Halle an der Carl-<strong>Die</strong>m-Straße bzw. <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> für<br />
viele Vereine sportliche Heimat. Nur der Rasensportverein, wegen dessen Engagement in der<br />
Handball-Bundesliga sich die Stadt unter anderem zum Bau einer eigenen großen <strong>Sporthalle</strong><br />
entschlossen hatte, war bei Fertigstellung der Halle bereits aus dem Oberhaus abgestiegen.<br />
Am 13. Februar 1997, rund 27 Jahre nach ihrer Fertigstellung, wurde die "<strong>Sporthalle</strong> an der Carl-<br />
<strong>Die</strong>m-Straße", die im Volksmund fälschlicherweise immer "Carl-<strong>Die</strong>m-Halle" genannt wurde, in<br />
"<strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>" umbenannt. Vorausgegangen war die Umbenennung der "Carl-<strong>Die</strong>m-Straße" in<br />
"An den Sportstätten" am 12. Dezember 1996 aufgrund der zahlreichen Diskussionen über die<br />
Haltung Carl <strong>Die</strong>ms zum Nationalsozialismus. Zuvor war es in Mülheim generell nicht üblich,<br />
Namen für Sportstätten zu vergeben. Alle Sporteinrichtungen wurden lediglich nach ihrer<br />
postalischen Anschrift bezeichnet. Deshalb hieß auch die heutige <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> nach ihrem<br />
Standort offiziell immer "<strong>Sporthalle</strong> an der Carl-<strong>Die</strong>m-Straße". Das damalige Hallenfreibad Heißen<br />
war die erste Sportstätte, die bei ihrer Wiedereröffnung einen anderen Namen erhielt: Sie wurde<br />
nach ihrem Initiator Friedrich Wennmann benannt. "Man konnte die ‚<strong>Sporthalle</strong> an der Carl-<strong>Die</strong>m-<br />
Straße' aber schlecht in ‚<strong>Sporthalle</strong> an den Sportstätten' umbenennen. Deshalb entschied sich der<br />
Sportausschuss damals für ‚<strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>'", sagt Cleven.<br />
• Aufschwung für Sport in Mülheim erhofft<br />
Mülheims neue Mehrzweckhalle wird ebenfalls den Namen "<strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong>" tragen. Darüber<br />
herrscht ebenso Einigkeit wie über die Tatsache, dass 2005 der Sportehrentag wieder in bewährter<br />
Form, als Sport-Musik-Show, ins Leben gerufen werden soll. Dann auch erstmals seit 2001 wieder<br />
in der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> und nicht mehr in der Stadthalle. "<strong>Die</strong> Sport-Musik-Shows hatten wegen des<br />
attraktiven Programms immer die größte Resonanz. Außerdem stand dabei die ganze Hallenfläche<br />
zur Verfügung", sagt Cleven. Der Sportdezernent verknüpft mit dem Bau der erstklassig<br />
ausgestatteten Multifunktionshalle zugleich die Hoffnung auf einen Aufschwung für den<br />
Leistungssport in Mülheim. "Natürlich wird nicht automatisch mit dem Bau der neuen Halle der<br />
Sport in der Stadt wieder erstklassig, aber wir bieten damit zumindest die entsprechenden<br />
Möglichkeiten, dass Mülheim im Leistungssport wieder Anschluss gewinnen kann." Denn<br />
mittlerweile ist Mülheim nur noch in einigen wenigen Sportarten wie Hallenhockey, Squash,<br />
Bogenschießen und Unterwasserrugby in der Ersten Bundesliga vertreten. Dabei ist es noch gar<br />
nicht lange her, dass die <strong>Ruhr</strong>-Stadt auch im Badminton und Tischtennis Einzelakteure oder<br />
Mannschaften hatte, die in der höchsten deutschen Spielklasse um Punkte kämpften.<br />
Mit der Fertigstellung der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> soll auch der nationale und internationale Sport wieder<br />
nach Mülheim zurückkehren und bedeutsame Sportveranstaltungen durchgeführt werden. "Primär<br />
ist die <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> natürlich für den Schul- und Vereinssport sowie für Wettkämpfe der<br />
Mülheimer Vereine gedacht. Aber auch deutsche Meisterschaften, Europameisterschaften oder<br />
eben die World Games können und sollen durchaus dort stattfinden", sagt Cleven. Dann wäre auch<br />
die neue <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> bald Bühne für große Auftritte.<br />
Fotos (3): Walter Schernstein/ Stadt Mülheim an der <strong>Ruhr</strong><br />
Quelle: PAULI, Claudia (2003): „<strong>Die</strong> <strong>Ruhr</strong>-<strong>Sporthalle</strong> - Ein Blick zurück und nach vorn“.<br />
In: Mülheim an der <strong>Ruhr</strong> – Jahrbuch 2004, S. 347 – 358.<br />
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