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Blitzschutz Reetdach

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1. Einleitung<br />

Reetdächer, die auch als Reith- oder Rieddächer<br />

bezeichnet werden, sind vorwiegend in Norddeutschland<br />

vorzufinden. Sie gehören zur Kategorie<br />

der Weichdächer.<br />

Bild 1:<br />

Typisches reetgedecktes Gebäude<br />

Weichgedeckte Dächer haben eine große Bedeutung<br />

im ortsgebundenen, landwirtschaftlichen Bauwesen,<br />

bei Einzelhäusern, die sich in die Landschaft<br />

einfügen sollen und in Gebieten, in denen<br />

man ausdrücklich auf das <strong>Reetdach</strong> als typisches<br />

Gestaltungsmerkmal setzt (z.B. auf Sylt). Zudem<br />

ist das Reet beliebt als Dachdeckungsmaterial für<br />

Schutzhütten, zur Überdachung von Hinweistafeln<br />

unter anderem in Erholungs- und Naturschutzgebieten.<br />

Das zur Dachdeckung verwendete Material bietet<br />

hervorragende Wärmedämmungseigenschaften,<br />

stellt jedoch durch seine Entzündlichkeit ein hohes<br />

Brandrisiko dar.<br />

Bei Blitzeinschlägen in Gebäude ohne Äußere<br />

<strong>Blitzschutz</strong>anlage entstehen fast immer Vollschäden,<br />

da das gesamte Gebäude innerhalb kurzer<br />

Zeit in Flammen steht. Die besonders hohe<br />

Packungsdichte der Reetbunde verhindert ein<br />

Eindringen des Löschwassers von außen, wodurch<br />

das Dach oftmals von innen her aufbrennt. Ein<br />

zusätzliches Risiko entsteht durch das Flugfeuer,<br />

das den Schaden auf umliegende Gebäude ausweiten<br />

kann.<br />

Zur Beherrschung dieser Risiken sind besondere<br />

Maßnahmen des <strong>Blitzschutz</strong>es zu beachten. Der<br />

Errichter des <strong>Blitzschutz</strong>systems sollte daher<br />

Kenntnis von den besonderen Eigenschaften dieser<br />

Dacheindeckung besitzen.<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Allgemeines -<br />

2. Grundsätzlicher Aufbau<br />

Die Dachunterkonstruktion besteht wie bei Ziegeldächern<br />

aus einem Tragwerk aus Holzbalken mit<br />

Sparren, auf denen die Lattung befestigt wird. Auf<br />

dieser Lattung werden dann einzelne Reetbunde<br />

befestigt. Der Fachmann bezeichnet dies als Bindung.<br />

Bild 2:<br />

Reetbunde vor der Verarbeitung<br />

14.9<br />

Seite 1 von 12<br />

In Deutschland ist das "gebundene" <strong>Reetdach</strong> weit<br />

verbreitet. Bei dieser Verlegeart werden die einzelnen<br />

Decklagen unter Verwendung eines Vorlegedrahtes,<br />

dem sogenannten Bandstock, mit Bindedraht<br />

an der Lattung befestigt. Geeignete Bandstöcke<br />

sind verzinkter Stahldraht oder Kupferdraht<br />

mit einem Durchmesser von ca. 5 mm. Aus<br />

Brandschutzgründen darf die Bindung nur mit<br />

einem nicht brennbarem Material (verzinkter Draht<br />

1 - 1,5 mm oder Kupferdraht) ausgeführt werden.<br />

Bild 3:<br />

Gebundes <strong>Reetdach</strong><br />

a - Bandstock - b - Bindedraht - c - Latte<br />

Stand 04/03


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Bei der Bindung der einzelnen Decklagen liegt der<br />

Bandstock etwa in der Mitte der Deckung. Bei einer<br />

typischen Gesamtdicke der Reetbunde von ca.<br />

30 cm liegen Bandstock und Bindedrähte somit ca.<br />

15 cm unterhalb der Oberfläche. Weiterführende<br />

Sekundärliteratur findet der interessierte Leser im<br />

Literaturverzeichnis.<br />

3. Firstarten von Reetdächern<br />

Als Abschluss des Daches ist der First den härtesten<br />

Witterungseinflüssen ausgesetzt. Seine Ausführung<br />

hat sehr sorgfältig zu erfolgen. Der Errichter<br />

des <strong>Blitzschutz</strong>systems muss vor der Eindeckung<br />

des Firstes die für die Fangeinrichtung<br />

erforderlichen Firstmaste setzen, so dass der verantwortliche<br />

Dachdecker diese Durchdringungen<br />

sorgfältig abdichten kann. Müssen Firstmaste z.B.<br />

bei einem bestehenden Gebäude nachträglich<br />

installiert werden, so ist der First behutsam zu öffnen<br />

und wieder abzudichten. Diese Arbeiten sollten<br />

aus Gewährleistungsgründen immer vom zuständigen<br />

Dachdecker-Fachbetrieb ausgeführt<br />

werden.<br />

Bei der Gestaltung des Firstes bedient man sich<br />

verschiedener Materialien und Methoden, die sich<br />

je nach Region und Geldbeutel deutlich unterscheiden.<br />

Gängige Methoden den First einzudecken<br />

sind der Heide- oder Sodenfirst.<br />

3.1 Heidefirst<br />

Bild 4: Gesteckter Heidefirst<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Allgemeines -<br />

Der Heidefirst wird aus geschnittenem, erdfeuchten<br />

Heidekraut geformt. Von der Firstspitze, an der<br />

der Heidefirst etwa 30 cm dick ist, verjüngt er sich<br />

zur unteren Kante auf etwa 10 cm. Zur Befestigung<br />

des Heidefirstes werden Holzpflöcke aus gespaltenem<br />

Weichholz, welche einseitig angespitzt werden,<br />

verwendet. Die Länge dieser Holzpflöcke sollte<br />

0,3 - 0,6 m, ihr Querschnitt etwa 15 - 20 mm<br />

betragen.<br />

14.9<br />

Seite 2 von 12<br />

Eine zusätzliche Bespannung des Firstes z.B. mit<br />

Kunststoffnetzen ist möglich. Je Meter Heidefirst<br />

sind etwa 100 Holzpflöcke zu verwenden. Der Errichter<br />

des <strong>Blitzschutz</strong>systems hat zu beachten,<br />

dass die Verwendung von Drahtgeflechten wie z.B.<br />

Maschendraht in Verbindung mit <strong>Blitzschutz</strong> an<br />

Gebäuden nicht zulässig ist.<br />

3.2 Sodenfirst<br />

Bild 5: Sodenfirst (Schnitt)<br />

Bild 6: Sodenfirst (Seitenansicht)<br />

Der Sodenfirst besteht aus gewachsenen Grassoden,<br />

die etwa 5 cm dick, zwischen 30 und 40 cm<br />

breit und etwa 1,30 bis 1,50 m lang sind. Auf 1 m<br />

First sollen etwa 7 bis 9 Soden verlegt werden. Der<br />

Anlegewinkel liegt zwischen 60° und 70°. Die Befestigung<br />

der einzelnen Soden erfolgt durch Hartholzpflöcke<br />

von etwa 20 bis 30 cm Länge. Jede<br />

Sode soll gepflockt sein; wenn eine zusätzliche<br />

Netzabdeckung am First vorhanden ist, ist jede<br />

zweite Sode zu pflocken. Die Verwendung von<br />

Drahtgeflechten wie z.B. Maschendraht ist in Verbindung<br />

mit <strong>Blitzschutz</strong> an Gebäuden nicht zulässig.<br />

Die Unterlage für den Sodenfirst besteht aus<br />

einer abgerundeten Reetlage. Darauf folgt eine Abdeckung<br />

aus z.B. einer besandeten Bitumenbahn<br />

oder einer Kunststoffbahn.<br />

Stand 04/03


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3.3 Ziegelfirst<br />

In einigen Regionen Norddeutschlands wird der<br />

First mit einem gesonderten Firstdachstuhl ausgestattet,<br />

der über der letzten Reetlage angebracht<br />

ist. Dieser dient dazu den First mit Ziegeln oder<br />

einem geeigneten Wellplattenmaterial einzudecken.<br />

Bild 7:<br />

Firstdachstuhl mit Ziegeleindeckung<br />

3.4 Kupferfirst<br />

Eine Firsteindeckung, die der Vermoosung des<br />

<strong>Reetdach</strong>es entgegenwirken soll, ist die Eindeckung<br />

mit Kupferblech. Wie beim Ziegelfirst wird<br />

auch hier eine Holzkonstruktion auf der letzten<br />

Reetschicht am First benötigt, an der dann die<br />

Kupferbleche befestigt werden. Aus dekorativen<br />

Gründen, oder um der Vermoosung effektiver entgegenzuwirken,<br />

werden diese Kupferbleche oftmals<br />

auch an anderen Stellen des Daches verwendet,<br />

beispielsweise am Ortgang oder an der<br />

Kehle.<br />

Die These, dass durch das Auswaschen von Kupferionen<br />

die Vermoosung des Daches wirksam verlangsamt<br />

bzw. verhindert werden kann, ist unter<br />

den Fachleuten des Dachdeckerhandwerks umstritten.<br />

Bild 8:<br />

Vermoosung eines <strong>Reetdach</strong>es<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Allgemeines -<br />

4. <strong>Blitzschutz</strong> von Reetdächern<br />

4.1 Grundsätzlicher Aufbau<br />

14.9<br />

Seite 3 von 12<br />

Bild 9:<br />

Schemadarstellung<br />

1 Fangstange auf Holzpfahl<br />

2 Giebelstange<br />

Abstand vom Weichdach mindestens 0,4 m,<br />

Höhe über First mindestens 0,6 m<br />

3 Ableitung mit Leitungsstütze<br />

4 Traufenstütze. Entfernung<br />

vom Weichdach mindestens 0,15 m<br />

5 Spannkloben<br />

Die VDE V 0185 Teil 3 (11.02) fordert für Gebäude<br />

mit weicher Bedachung eine besondere Verlegung<br />

der Fangeinrichtung. Die Fangleitungen sind auf<br />

isolierenden Stützen frei gespannt zu verlegen. Die<br />

Abstandsmaße aus Bild 9 sind als Mindestmaße<br />

einzuhalten.<br />

Ein <strong>Blitzschutz</strong>system, das für Schutzklasse III ausgelegt<br />

ist, entspricht den normalen Anforderungen<br />

für reetgedeckte Gebäude. In besonderen Einzelfällen<br />

muss das Erfordernis zusätzlicher Maßnahmen<br />

nach VDE V 0185 Teil 2 geprüft werden.<br />

Der typische Abstand zwischen den einzelnen Ableitungen<br />

ergibt sich in Abhängigkeit von der<br />

Schutzklasse gemäß VDE V 0185 Teil 3 (11.02),<br />

Hauptabschnitt 1, Tabelle 5. Die Ausführung der<br />

Erdungsanlage ist in der VDE V 0185 Teil 3<br />

(11.02), Hauptabschnitt 1, Kapitel 4.4 festgelegt.<br />

Die Ausführung des Inneren <strong>Blitzschutz</strong>es ist in der<br />

VDE V 0185 Teil 3 (11.02), Hauptabschnitt 1, Kapitel<br />

5 festgelegt.<br />

Stand 04/03


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14.9<br />

Seite 4 von 12<br />

Reetdächer - Normative und gesetztliche Vorgaben -<br />

4.2 Normative Verweise<br />

Gebäude mit Reetdächern gelten als besondere<br />

bauliche Anlagen. Die VDE V 0185 Teil 3 (11.02)<br />

legt im Hauptabschnitt 2, Kapitel 3.1.2 fest:<br />

"Ein <strong>Blitzschutz</strong>system, das für Schutzklasse III<br />

ausgelegt ist, entspricht den normalen Anforderungen<br />

für Gebäude mit weicher Bedachung. In<br />

besonderen Einzelfällen muss das Erfordernis<br />

zusätzlicher Maßnahmen nach VDE V 0185 Teil 2<br />

geprüft werden.<br />

3.1.2.1 Bei Dachdeckungen aus Reet, Stroh oder<br />

Schilf müssen die Fangleitungen auf isolierenden<br />

Stützen (Holzpfählen nach DIN 48812) gespannt<br />

verlegt werden. Der Abstand zwischen den Leitungen<br />

und dem First muss mindestens 0,6 m, zwischen<br />

den übrigen Leitungen auf dem Dach und<br />

der Dachhaut mindestens 0,4 m betragen. Diese<br />

Mindestabstände gelten für neuwertige Dächer. Bei<br />

der Montage eines <strong>Blitzschutz</strong>systems auf einem<br />

vorhandenen Dach sind die Abstände entsprechend<br />

größer zu wählen, so dass nach einer Neueindeckung<br />

oben angegebene Mindestabstände in<br />

jedem Fall eingehalten werden. Der Abstand von<br />

der Weichdachtraufe zur Traufenstütze darf 0,15 m<br />

nicht unterschreiten. Da die Stützen eine Schwachstelle<br />

darstellen, sind bei Firstleitungen Spannweiten<br />

bis etwa 15 m und bei Ableitungen Spannweiten<br />

bis etwa 10 m ohne zusätzliche Abstützungen<br />

anzustreben.<br />

3.1.2.2 Spannpfähle müssen mit der Dachkonstruktion<br />

(Sparren und Querhölzer) mit Durchgangsbolzen<br />

und Unterlegscheiben fest verbunden<br />

werden.<br />

3.1.2.3 Oberhalb der Dachfläche befindliche metallene<br />

Teile (wie Windfahnen, Berieselungsanlagen,<br />

Leitern) müssen so befestigt werden, z. B. auf<br />

nicht leitenden Stützen, dass ein ausreichender<br />

Trennungsabstand s nach 5.3 in Hauptabschnitt 1<br />

eingehalten wird. Zuleitungen zu Berieselungsanlagen<br />

dürfen im Bereich der Durchführung durch<br />

die Dachhaut auf mindestens 0,6 m ober- und unterhalb<br />

nur aus Kunststoff bestehen.<br />

3.1.2.4 Bei Weichdächern, die mit einem metallenen<br />

Drahtnetz überzogen sind, ist ein wirksamer<br />

<strong>Blitzschutz</strong> nach 3.1.2.1 bis 3.1.2.3 nicht möglich.<br />

Das metallene Drahtgeflecht ist zu entfernen oder<br />

durch ein UV-beständiges Kunststoffnetz zu ersetzen.<br />

Ein wirksamer <strong>Blitzschutz</strong> ist ebenso wenig<br />

möglich, wenn Abdeckungen, Berieselungsanlagen,<br />

Entlüftungsrohre, Schornsteineinfassungen,<br />

Dachfenster, Oberlichter und dergleichen aus Metall<br />

vorhanden sind.<br />

In diesen Fällen ist ein wirksamer <strong>Blitzschutz</strong> nur<br />

durch einen getrennten Äußeren <strong>Blitzschutz</strong> mit<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Fangstangen neben den Gebäuden bzw. mit Fangleitungen<br />

oder Fangnetzen zwischen Masten<br />

neben den Gebäuden zu erreichen.<br />

3.1.2.5 Grenzt ein Weichdach an eine Dacheindeckung<br />

aus Metall und soll das Gebäude mit einem<br />

Äußeren <strong>Blitzschutz</strong> versehen werden, so<br />

muss zwischen dem Weichdach und dem übrigen<br />

Dach eine elektrisch nicht leitende Dacheindekkung<br />

von mindestens 1 m Breite, z. B. aus Kunststoff,<br />

eingefügt werden.<br />

3.1.2.6 Zweige von Bäumen sind in mindestens<br />

2 m Abstand vom Weichdach zu halten. Wenn<br />

Bäume dicht an einem Gebäude stehen und es<br />

überragen, muss an dem den Bäumen zugewandten<br />

Dachrand (Traufkante, Giebel) eine Fangleitung<br />

angebracht werden, die mit der <strong>Blitzschutz</strong>anlage<br />

zu verbinden ist. Die Abstände nach 3.1.2.1<br />

sind dabei einzuhalten.<br />

3.1.2.7 Antennen und Elektrosirenen sind auf<br />

weichgedeckten Dächern nicht zulässig. Antennen<br />

und elektrische Anlagen unter Dach müssen von<br />

dem Äußeren <strong>Blitzschutz</strong> den erforderlichen Trennungsabstand<br />

s einhalten.”<br />

5. Gesetzliche Vorgaben /<br />

Forderungen der Sachversicherer<br />

Ob ein <strong>Blitzschutz</strong>system zwingend vorgeschrieben<br />

ist, entscheidet die Baubehörde, die für die<br />

Genehmigung eines Bauvorhabens verantwortlich<br />

ist. Als Grundlage für diese Entscheidung dienen<br />

die Bauordnungen (BauO) der jeweiligen Bundesländer,<br />

die sich zum Thema <strong>Blitzschutz</strong> kaum voneinander<br />

unterscheiden.<br />

So führt z.B. die Niedersächsische Bauordnung<br />

(NBauO) zu diesem Thema aus:<br />

" § 20 Brandschutz<br />

(3) Bauliche Anlagen, bei denen nach Lage, Bauart<br />

oder Benutzung Blitzschlag leicht eintreten<br />

oder zu schweren Folgen führen kann, müssen<br />

mit dauernd wirksamen <strong>Blitzschutz</strong>anlagen<br />

versehen sein.”<br />

Viele Sachversicherer fordern beim Abschluss<br />

neuer bzw. bei der Anpassung bestehender<br />

Versicherungsverträge Maßnahmen des Blitz-<br />

und Überspannungsschutzes. Grundlage hierfür<br />

ist die Richtlinie zur Schadenverhütung VDS 2010<br />

(07-02).<br />

Bestehen keine behördlichen Auflagen oder<br />

Forderungen der Sachversicherer, so liegt es im<br />

Ermessen des Bauherrn ein <strong>Blitzschutz</strong>system<br />

installieren zu lassen.<br />

Stand 04/03


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6. Besondere Gefahrenpunkte bei<br />

Reetdächern<br />

6.1. Maschendrahtüberzug<br />

Reetdächer - Gefahrenpunkte -<br />

Zum Schutz vor Vogelabtragungen werden Heide-<br />

und Sodenfirsten oftmals mit einem Maschendraht<br />

überzogen. Bei älteren Dächern ist dieser Draht<br />

leicht zu erkennen, da er dem natürlichen Verdichtungsprozeß<br />

des Materials und dem damit verbundenen<br />

Absacken des Firstes nicht folgt. Wenn der<br />

Maschendraht kunststoffumhüllt ausgeführt ist, ist<br />

er vor allem bei neueren Dächern aufgrund seiner<br />

Einfärbung oftmals schwer zu erkennen (Bild 10).<br />

Bild 10:<br />

Metallener Maschendraht am Heidefirst<br />

Gemäß VDE V 0185 Teil 3 (11.02), Hauptabschnitt<br />

2, Kapitel 3.1.2.4 ist ein wirksamer <strong>Blitzschutz</strong> nicht<br />

möglich, wenn das Dach mit einem metallenen<br />

Drahtnetz ganz oder teilweise überzogen ist. Die<br />

Fachregel für Dachdeckungen mit Reet, herausgegeben<br />

durch das Deutsche Dachdeckerhandwerk<br />

weist auf diese Problematik in Abs. 4.3.2. (4) ausdrücklich<br />

hin:<br />

"Eine zusätzliche Bespannung mit z.B. Kunststoffnetzen<br />

ist möglich. Die Verwendung von<br />

Drahtgeflechten ist in Verbindung mit <strong>Blitzschutz</strong><br />

an Gebäuden nicht zulässig.".<br />

Abschnitt 8 dieses Beitrags liefert Lösungsansätze<br />

zur Verminderung dieser Problematik.<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

14.9<br />

Seite 5 von 12<br />

6.2 Metallene Durchführungen u. Installationen<br />

Metallene Durchführungen sind nach VDE V 0185<br />

Teil 3 (11.02), Hauptabschnitt 2, Kapitel 3.1.2.3 und<br />

3.1.2.4 nicht zulässig. Neben dieser klaren Auslegung<br />

gibt es Grenzfälle, die z.B. bei einer Kaminsanierung<br />

eintreten. Wird ein gemauerter Kamin<br />

saniert, weil eine neue Heizungsanlage installiert<br />

wurde, so geschieht dies zunächst nach den Richtlinien<br />

der FEUVO (Feuerungsverordnung). Diese<br />

schreibt die Sanierung des Kamins mit einem geeigneten<br />

Werkstoff vor, der oftmals aus einem<br />

Edelstahlrohr besteht, das durch den bestehenden<br />

Kamin eingezogen wird. Hier wird eine metallene<br />

Durchführung erzeugt, die allerdings einen Abstand,<br />

entsprechend der Dicke des gemauerten<br />

Kamins, zum Weichdach aufweist.<br />

Bild 11:<br />

Sanierter Kamin mit Edelstahlrohren<br />

Abschnitt 8 dieses Beitrags liefert Lösungsansätze<br />

zur Verminderung dieser Problematik.<br />

Stand 04/03


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6.3 Kupferbleche auf Reetdächern<br />

Die zunehmende Verwendung von Kupferblechen<br />

am First oder in der Dachfläche stellen für den Errichter<br />

eines <strong>Blitzschutz</strong>systems ein ernsthaftes<br />

Problem dar. Diese Problematik ist analog zu der<br />

des Maschendrahtüberzugs, der in der VDE V<br />

0185 Teil 3 im Hauptabschnitt 2, Kapitel 3.1.2.4<br />

einen wirksamen <strong>Blitzschutz</strong> nicht ermöglicht.<br />

Bei einem Blitzeinschlag in das <strong>Blitzschutz</strong>system<br />

und dem damit entstehenden elektrischen Feld zwischen<br />

der Fangleitung und dem Erdpotential, das<br />

z.B. in Form von Niederspannungsleitungen direkt<br />

unter dem Dach liegt, wird der Kupferfirst, der zwischen<br />

dieser Anordnung liegt, dem elektrischen<br />

Feld voll ausgesetzt. Zwischen den Kupferblechen<br />

und den Niederspannungsleitungen können Teilentladungen<br />

und Überschläge erfolgen, die eine<br />

Funkenbildung zur Folge haben. Dies alles geschieht,<br />

ohne dass ein Durchschlag von der Fangleitung<br />

oder vom Ableitungsdraht auf den Kupferfirst<br />

stattgefunden hat.<br />

Bild 12:<br />

<strong>Reetdach</strong> mit Kupferfirst<br />

Reetdächer - Gefahrenpunkte -<br />

Abschnitt 8 dieses Beitrags liefert Lösungsansätze<br />

zur Verminderung dieser Problematik.<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

6.4 Binde- und Vorlegedrähte<br />

14.9<br />

Seite 6 von 12<br />

Die großflächig auf dem Dach verteilten Binde-<br />

und Vorlegedrähte weisen einen größeren Abstand<br />

zu den Fangeinrichtungen auf als die metallenen<br />

Komponenten aus den Abschnitten 6.1. und 6.3.<br />

Da die Bindedrähte vom Vorlegedraht bis unter die<br />

Lattung reichen, durchschneiden sie das bei einem<br />

Blitzeinschlag auftretende elektrische Feld senkrecht.<br />

Bei einer unmittelbar an der Lattung geführten<br />

Niederspannungsleitung sind Teilentladungen<br />

und Überschläge zwischen Bindedraht und Elektroinstallation<br />

nicht vollständig auszuschließen.<br />

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle<br />

erwähnt, dass die für den Dachstuhl verwendeten<br />

Schrauben und Nägel das gleiche Phänomen aufweisen.<br />

Bild 13:<br />

Bindedrähte an der Lattung<br />

Abschnitt 8 dieses Beitrags liefert Lösungsansätze<br />

zur Verminderung dieser Problematik.<br />

Stand 04/03


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14.9<br />

Seite 7 von 12<br />

Reetdächer - Allgemeine Ausführungshinweise -<br />

7. Allgemeines<br />

Der wirksame <strong>Blitzschutz</strong> von reetgedeckten Gebäuden<br />

stellt sehr hohe Anforderungen an den Errichter.<br />

Aufgrund des erhöhten Brandrisikos eines<br />

Weichdaches sind besondere Maßnahmen für einen<br />

wirksamen <strong>Blitzschutz</strong> erforderlich.<br />

Ein Äußerer <strong>Blitzschutz</strong> für reetgedeckte Häuser<br />

muss nach VDE V 0185 Teil 3 (11.02) getrennt aufgebaut<br />

sein. Alle Fangleitungen und Ableitungen<br />

müssen auf Isolierstützen angebracht werden und<br />

zum Dach einen Mindestabstand von 60 cm für die<br />

Fangleitungen und 40 cm für die Ableitungen aufweisen.<br />

Die Mindestabstände von 60 bzw. 40 cm<br />

zum Dach gewährleisten einen Abstand zwischen<br />

den Dachdeckerdrähten und dem <strong>Blitzschutz</strong>system<br />

von mindestens 55-60 cm. Diese Abstände<br />

müssen je nach Beschaffenheit des Daches (z.B.<br />

Kupferfirst) vergrößert werden, und zwar in dem<br />

Maße, dass stets Abstände vom <strong>Blitzschutz</strong>system<br />

zu den Metallteilen von 60 cm gewährleistet sind.<br />

7.1 Erdungsanlage. Zusätzliche Hinweise<br />

Bei einem Neubau ist der Fundamenterder gemäß<br />

VDE V 0185 Teil 3 (11.02) Hauptabschnitt 1,<br />

Kapitel 4.4 und der DIN 18014 zu verlegen. Anschlussfahnen<br />

sind aus nichtrostendem Bandstahl<br />

30 x 3,5 mm (Werkstoff-Nr. 1.4571), Kabel NYY-<br />

I 50 mm² oder nichtrostendem Rundstahl Ø 10 mm<br />

(Werkstoff-Nr. 1.4571) auszuführen.<br />

Bei der Installation des <strong>Blitzschutz</strong>systems an<br />

einem bestehenden Gebäude ist eine Ringleitung<br />

aus verzinktem Bandstahl 30 x 3,5 mm, verzinktem<br />

Rundstahl Ø 10 mm oder vorzugsweise aus nichtrostendem<br />

Bandstahl 30 x 3,5 mm (Werkstoff-Nr.<br />

1.4571) in einem Erdgraben von 0,5 m Tiefe zu verlegen.<br />

Ist eine geschlossene Ringleitung aus baulichen<br />

Gründen nicht möglich, so sind Teilringleitungen<br />

zu verlegen und bei Bedarf durch Erderanordnung<br />

des Typs A (Tiefenerder) zu verbessern. Ein<br />

geschlossener Ring kann auch durch Verbindungsleitungen<br />

(z.B. durch den Keller) erfolgen.<br />

Es wird empfohlen eine einzige integrierte Erdungsanlage<br />

auszuführen, die für alle Zwecke<br />

(<strong>Blitzschutz</strong>-, Niederspannungs- und Fernmeldeanlagen)<br />

geeignet ist. Der Wert des Erdausbreitungswiderstandes<br />

sollte höchstens 10 Ohm betragen.<br />

Bei Moor-, Marsch- und Lehmböden sind<br />

Erdausbreitungswiderstände kleiner oder gleich<br />

2 Ohm möglich und daher anzustreben.<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

7.2 Fangeinrichtung. Zusätzliche Hinweise<br />

Bei Firstleitungen sind Spannweiten von 8 bis<br />

10 m, bei Ableitungen Spannweiten von 4-6 m<br />

ohne zusätzliche Abstützungen anzustreben. Die<br />

Stützen stellen aus folgenden Gründen eine<br />

Schwachstelle dar:<br />

l ihr Isolierfaktor (km) ist geringer als der einer<br />

Luftstrecke<br />

l herablaufendes Regenwasser kann die<br />

Kriechstrecke verringern<br />

Die Fangleitung sollte in verzinktem Runddraht<br />

oder Rundkupfer (beide in Ø 8 mm) ausgeführt werden.<br />

Kupfer ist zu bevorzugen, da es in seiner<br />

Wertigkeit besser zu einem <strong>Reetdach</strong> passt. Von<br />

der Verwendung von Rundaluminium (Ø 8 mm)<br />

wird abgeraten, da dieser aufgrund seines höheren<br />

Ausdehnungskoeffizienten reißen und / oder bei<br />

Windeinwirkung Geräusche verursachen kann.<br />

Die Isolierstützen bestehen im allgemeinen aus<br />

einem witterungsfesten Hartholz (z.B. Bongossi,<br />

90x90 mm). Es ist auch möglich, andere Isolierstoffe<br />

(z.B. PVC) zu verwenden. Die Firststützen<br />

sind mit der Dachkonstruktion gemäß folgender<br />

Bilder fest mit Durchgangsbolzen zu verbinden.<br />

Bild 14: Befestigung an der Firstfette<br />

Bild 15: Detail Halteschutz zu Bild 14<br />

Stand 04/03


© Vervielfältigung und Veröffentlichung nur mit Genehmigung vom<br />

14.9<br />

Seite 8 von 12<br />

Reetdächer - Allgemeine Ausführungshinweise -<br />

7.4 Ableitungen<br />

Die Anzahl der Ableitungen richtet sich nach der<br />

Schutzklasse des <strong>Blitzschutz</strong>systems. Wird die<br />

Schutzklasse III ausgeführt, so sind die Ableitungen<br />

im typischen Abstand von 15 m zu verlegen.<br />

Sie sind so anzuordnen, dass sie auf kürzestem<br />

Wege zur Erdungsanlage führen. Die Anordnung<br />

der Ableitungen ist so zu gestalten, dass sie ausgehend<br />

von den Ecken des Gebäudes möglichst<br />

gleichmäßig auf den Umfang verteilt sind. Je nach<br />

den baulichen Besonderheiten (Veranden, Gauben<br />

u.a.) dürfen die gegenseitigen Abstände unterschiedlich<br />

groß sein.<br />

Bild 16:<br />

Befestigung am Hahnebalken<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

7.5 Innerer <strong>Blitzschutz</strong><br />

Da es sich bei Reetdächern um besondere Anlagen<br />

mit hohem Brandrisiko handelt, ist dem Inneren<br />

<strong>Blitzschutz</strong> gemäß VDE V 0185 Teil 3, Hauptabschnitt<br />

1, Kapitel 5 besondere Beachtung zu<br />

schenken. Besonders im Hinblick auf die Einhaltung<br />

der Trennungsabstände ("Näherungen") ist<br />

der Innere <strong>Blitzschutz</strong> fester Bestandteil eines<br />

<strong>Blitzschutz</strong>systems von Reetdächern.<br />

Hierzu zählt u.a. der Einbau eines Blitzstromableiters<br />

(Überspannungsschutzgerät der Klasse I, ehemals<br />

Anforderungsklasse B). Weitere Ausführungsbestimmungen<br />

sind im Kapitel 9.1 dieses Handbuches<br />

enthalten.<br />

Stand 04/03


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8. Fallbeispiele<br />

8.1 <strong>Reetdach</strong> mit Heide- oder Sodenfirst<br />

Bild 17:<br />

<strong>Reetdach</strong> mit Heidefirst<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Fallbeispiele -<br />

Bei der Installation des <strong>Blitzschutz</strong>systems dürfen<br />

die Mindestabstände der isolierten Fangleitung<br />

(60 cm Abstand zum First) und der Ableitungen<br />

(40 cm Abstand zur Dachfläche) nach VDE V 0185<br />

Teil 3 zu keinem Zeitpunkt unterschritten werden.<br />

Da das Firstmaterial einem natürlichen Verrottungsprozess<br />

unterliegt, muss bei der Nachrüstung<br />

einer <strong>Blitzschutz</strong>anlage beachtet werden, dass alle<br />

8 bis 10 Jahre der First "aufgefrischt" werden<br />

muss. Auch nach dieser Nachbessern des Firstes<br />

mit Heidekraut oder Grassoden dürfen die o.g. Abstände<br />

nicht unterschritten werden.<br />

Zum Schutz des Firstes vor Vogelabtragungen ist<br />

dieser oftmals mit einem metallenen Maschendraht<br />

abgedeckt. Der Errichter des <strong>Blitzschutz</strong>systems<br />

hat darauf hinzuweisen, dass dieses metallene<br />

Drahtgeflecht entfernt oder gegen ein Kunststoffnetz<br />

ausgetauscht wird. Neben der VDE V 0185<br />

Teil 3, Hauptabschnitt 2, Kapitel 3.1.2.4 ergibt sich<br />

diese Verpflichtung auch aus der Fachregel für<br />

Dachdeckungen mit Reet des Deutschen Dachdeckerhandwerkes<br />

gemäß Abschnitt 4.3.2.(4). Der<br />

Heide- oder Sodenfirst kann mit einem UV-beständigem<br />

Kunststoff- bzw. Nylonnetz geschützt werden.<br />

Ein Beispiel für ein solches Firstschutznetz ist<br />

das Netz SN 50/2 aus hochfestem Nylonnetzwerk,<br />

olivgrün, UV-stabilisierend imprägniert und mit<br />

Flammschutzfaktor ausgerüstet.<br />

14.9<br />

Seite 9 von 12<br />

Bild 18:<br />

UV-beständiges Kunststoffgeflecht als Ersatz des<br />

metallenen Maschendrahtes<br />

8.2. <strong>Reetdach</strong> mit Ziegelfirst<br />

In einigen Regionen Norddeutschlands ist es weit<br />

verbreitet, den First des <strong>Reetdach</strong>es mit 3 bis 4<br />

Reihen Ziegeln einzudecken, den sogenannten<br />

Ziegelfirst. Der Ziegelfirst darf blitzschutztechnisch<br />

nicht als Hartbedachung gedeutet werden. Würde<br />

er als eine solche gelten, wären die Mindestabstände<br />

nach VDE V 0185 Teil 3 nicht erforderlich,<br />

und auf dem First könnte die Fangleitung unmittelbar<br />

auf den Firstpfannen montiert werden.<br />

Da sich unmittelbar unter dem Ziegelfirst das Reet<br />

mit seinen Dachdeckerdrähten befindet, ist es<br />

auch aus Sicht des <strong>Blitzschutz</strong> als Weichdach bzw.<br />

Weichdachfirst anzusehen. Das bedeutet, dass die<br />

Mindestabstände nach VDE V 0185 Teil 3 (Fangleitungen<br />

60 cm Abstand zum First und Ableitung 40<br />

cm Abstand zur Dachfläche) einzuhalten sind.<br />

Bild 19:<br />

<strong>Reetdach</strong> mit Ziegelfirst<br />

Stand 04/03


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8.3. <strong>Reetdach</strong> mit Kupferblechen<br />

Zunehmend finden sich Reetdächer, bei denen<br />

Kupferbleche am First und auf der Dachfläche verlegt<br />

sind. Diese Bleche sollen neben ihrer dekorativen<br />

Wirkung der Vermoosung des <strong>Reetdach</strong>es entgegenwirken.<br />

Bild 20:<br />

<strong>Reetdach</strong> mit Kupferfirst<br />

Beim <strong>Blitzschutz</strong> für derartige Gebäude mit Kupferfirst<br />

ist folgendes zu beachten:<br />

l Näherungen zu geerdeten Teilen sind unter<br />

allen Umständen auszuschließen. Dies betrifft<br />

im besonderen die Näherungen zu innen verlegten<br />

geerdeten Installationen (Heizungsrohre,<br />

Niederspannungsleitungen). Diese sind unter<br />

keinen Umständen im Gebäude in Bereichen<br />

der Fangleitungen zu verlegen<br />

l Die einzelnen Kupferbleche sind elektrisch leitend<br />

miteinander zu verbinden. Hier genügt es<br />

die einzelnen Bleche durch Schrauben untereinander<br />

zu verbinden.<br />

l Der Kupferfirst darf auf keinen Fall direkt mit<br />

der Fangleitung des <strong>Blitzschutz</strong>systems verbunden<br />

werden.<br />

l Die Mindestabstände für die Fangleitungen<br />

und für die Ableitungen sind zu erhöhen. Für<br />

die Fangleitung wird mindestens 80 cm Abstand<br />

zum Kupferfirst und bei den Ableitungen wird<br />

mindestens 60 cm Abstand von Ableitung zum<br />

Kupferfirst empfohlen.<br />

l Der Einsatz von Isolierstützen wird empfohlen,<br />

siehe Abschnitt 9.<br />

8.4 Saniertes Wellblech-<strong>Reetdach</strong><br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Fallbeispiele -<br />

Reetdächer werden mit der Zeit undicht. Je nach<br />

Pflege des Daches und den Witterungsbedingungen<br />

soll ein <strong>Reetdach</strong> in Abständen von 40 bis 60<br />

Jahren erneuert werden. Da dies eine kostspielige<br />

Angelegenheit ist, werden diese Dächer nicht selten<br />

aus Kostengründen mit einem preiswerteren<br />

Material saniert. Auf das schon bestehende Weichdach,<br />

das wegen seiner hervorragenden wärme-<br />

14.9<br />

Seite 10 von 12<br />

dämmenden Eigenschaften bestehen bleibt, werden<br />

ca. 1 - 1,5 mm dicke kunststoffbeschichtete<br />

Wellblechplatten (Aluminium oder Stahlblech) befestigt.<br />

Bild 21:<br />

Wellblech-saniertes <strong>Reetdach</strong><br />

Beim <strong>Blitzschutz</strong> für derartige Gebäude mit Wellblech<br />

ist folgendes zu beachten:<br />

l Näherungen zu geerdeten Teilen sind unter<br />

allen Umständen auszuschließen. Dies betrifft<br />

im besonderen die Näherungen zu innen verlegten<br />

geerdeten Installationen (Heizungsrohre,<br />

Niederspannungsleitungen). Diese sind unter<br />

keinen Umständen im Gebäude in Bereichen<br />

der Fangleitungen zu verlegen<br />

l Die einzelnen Wellblechplatten sind elektrisch<br />

leitend miteinander zu verbinden. Es genügt die<br />

einzelnen Bleche durch Blechschrauben miteinander<br />

zu verbinden.<br />

l Das Wellblechdach ist mit einer Kupferleitung<br />

der Querschnittsfläche von 16 mm² am Tiefpunkt<br />

an den Potentialausgleich anzubinden.<br />

Bei großen Dächern ist es ratsam, das Blechdach<br />

von zwei Stellen aus an den Potentialausgleich<br />

anzubinden.<br />

l Das Wellblechdach darf auf keinen Fall direkt<br />

mit der Fangleitung oder der Ableitung des<br />

<strong>Blitzschutz</strong>systems verbunden werden.<br />

l Die Mindestabstände für die Fangleitung und<br />

für die Ableitung sollten erhöht werden. Für die<br />

Fangleitung sollte mindestens 80 cm Abstand<br />

zum Wellblech und bei den Ableitungen mindestens<br />

60 cm Abstand zwischen Ableitung und<br />

Wellblech eingehalten werden.<br />

Eine bessere Methode der kostengünstigen Sanierung<br />

ist es auf Wellblechplatten zu verzichten und<br />

stattdessen PVC oder andere nichtmetallische Materialien<br />

zu verwenden. Bei diesen Materialien tritt<br />

keine Näherungsproblematik auf. Bei der Verwendung<br />

von PVC-Wellplatten für die Installation des<br />

<strong>Blitzschutz</strong>systems sind die Abstände nach VDE V<br />

0185 Teil 3 (Fangleitung 60 cm, Ableitung 40 cm<br />

über dem Dach) ausreichend.<br />

Stand 04/03


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8.5 Der Kamin<br />

Der Kamin tritt bei Weichdächern immer am First<br />

aus dem Dach heraus und soll gemäß Feuerungsverordnung<br />

(FEUVO) mindestens 80 cm über dem<br />

First liegen. Dies bedeutet für den <strong>Blitzschutz</strong>,<br />

dass die Fangleitung an beiden Seiten um den<br />

Kamin herumgeführt werden muss. Solange am<br />

oder im Kamin keine Metallteile vorhanden sind, ist<br />

es auch problemlos möglich, die Fangleitung direkt<br />

am Kamin zu befestigen.<br />

Bild 22:<br />

Leitungsführung am Kamin<br />

Zum Schutz vor Direkteinschlägen ist es erforderlich,<br />

den Kamin mit einer Fangstange zu versehen.<br />

Diese Fangstange überragt den Kamin. Der<br />

Schutzwinkel nach VDE V 0185 Teil 3 ist einzuhalten.<br />

8.6 Kaminsanierung<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Fallbeispiele -<br />

Alte Kamine werden saniert, indem durch den bestehenden<br />

gemauerten Kamin ein Edelstahlrohr<br />

eingezogen wird. Dieses Rohr, das eine metallene<br />

Dachdurchführung darstellt, stellt an das <strong>Blitzschutz</strong>system<br />

besondere Anforderungen. Wird<br />

eine Kaminsanierung durchgeführt, so ist zugleich<br />

ein bereits vorhandenes <strong>Blitzschutz</strong>system angemessen<br />

zu verändern.<br />

Folgende Punkte sind dabei zu beachten:<br />

l Das Edelstahlrohr ist am Tiefpunkt (Erdgeschoss,<br />

Keller) an den Potentialausgleich anzuschließen.<br />

l Auf keinen Fall darf das Edelstahlrohr mit den<br />

Fangleitungen oder mit den Ableitungen des<br />

<strong>Blitzschutz</strong>systems direkt verbunden werden.<br />

l Die Fangleitung auf dem First ist in ausreichend<br />

großem Abstand (60 cm) an dem Edelstahlrohr<br />

vorbeizuführen. Wenn die Dicke der Kaminmauer<br />

nicht ausreicht, sind Isolierstützen zu<br />

14.9<br />

Seite 11 von 12<br />

verwenden, an denen die Fangleitung befestigt<br />

und auf Abstand gehalten wird. Als Isolierstützen<br />

sollten bevorzugt Kunststoff- oder GFK-<br />

Stützen (Glasfaser verstärkter Kunststoff) verwendet<br />

werden.<br />

l Ebenfalls in ausreichendem Sicherheitsabstand<br />

(60 cm) ist eine Fangstange zu montieren, die<br />

an die Fangleitung angeschlossen wird und den<br />

gesamten Kaminbereich schützt (vgl. Schutzbereich<br />

einer Fangstange).<br />

8.7 Näherungsprobleme durch nicht fachgerechte<br />

Installation der Niederspannungskabel<br />

Näherungen, die durch Kreuzungen der Ableitungen<br />

des <strong>Blitzschutz</strong>systems und der elektrischen<br />

Installation des Hauses hervorgerufen werden,<br />

sind ein nicht zu unterschätzendes Problem. Die<br />

Näherungen treten häufig an der Traufe auf. Die<br />

metallenen Traufenstützen, die die Ableitungsdrähte<br />

spannen, werden direkt an der Hauswand<br />

befestigt. Werden Niederspannungsleitungen z.B.<br />

für Außenbeleuchtungen, Alarmtechnik oder<br />

Brandmeldeanlagen so geführt, dass der Trennungsabstand<br />

unterschritten wird, so ist im Fall einer<br />

Blitzentladung mit direkten Überschlägen und<br />

Funkenbildung bzw. Einkopplungen in diese Leitungen<br />

zu rechnen. Um dies zu vermeiden, ist es<br />

dringend erforderlich, einen Trennungsabstand zwischen<br />

den Leitungen und dem Ableitungsdraht<br />

bzw. der Traufenstütze einzuhalten. Dieser Trennungsabstand<br />

kann nach VDE V 0185 Teil 3<br />

berechnet werden, in der Praxis gilt als Faustformel<br />

der Mindestabstand von 0,5 m. Da derartige<br />

Installationen häufig nachträglich durchgeführt werden,<br />

sind regelmäßige Sichtprüfungen erforderlich.<br />

Bei einer solchen Sichtprüfung können Fehler, die<br />

sich im Laufe der Zeit eingestellt haben, erkannt<br />

und behoben werden, was den einwandfreien<br />

Betrieb des <strong>Blitzschutz</strong>systems gewährleistet.<br />

Eine Entschärfung dieser Näherungsproblematik<br />

an der Traufe ist durch den Einsatz von Traufenstützen<br />

mit einer eingebauten Isolierstrecke möglich<br />

(siehe Abschnitt 9).<br />

Stand 04/03


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9. Entwicklung neuer Stützen und<br />

Abstandshalter<br />

Verfasser: Dipl.-Ing. Reyno Thormählen<br />

Reetdächer - Isolierstützen -<br />

Ein wesentlicher Aspekt eines isolierten <strong>Blitzschutz</strong>systems<br />

sind die Isolierstützen auf dem<br />

Dach. Das sind die <strong>Blitzschutz</strong>maste zur Befestigung<br />

der Fangleitung auf dem First, die Schrägstützen<br />

zur Befestigung der Ableitung auf dem<br />

Dach und die Traufenstützen zum Spannen der<br />

Ableitung unter der Traufe. Bei den Dach- und<br />

Firststützen handelt es sich ausschließlich um<br />

Holzstützen aus Hartholz (Eichen- oder Bongossiholz).<br />

Wenn das Holz durchnässt ist und das<br />

Wasser infolge starken Regens an den Seiten dieser<br />

Stützen herunterläuft, ist die Isolationswirkung<br />

dieser "Holzisolatoren" relativ schlecht.<br />

Die Traufenstützen, die aus einem verzinkten Stahl<br />

hergestellt sind, weisen überhaupt keine Isolationswirkung<br />

auf. Dies kann im Fall eines Blitzeinschlags<br />

zu Näherungen führen.<br />

Aufgrund dieser Erkenntnisse hat der Autor in<br />

Verbindung mit einem namhaften Hersteller an der<br />

Verbesserung der Wirksamkeit dieser <strong>Blitzschutz</strong>bauteile<br />

gearbeitet. Um die Gefahr von direkten<br />

Überschlägen zu reduzieren, wurden die Firststützen,<br />

Schrägstützen und die Traufenstützen mit<br />

Isolierstrecken versehen.<br />

Bild 23:<br />

Traufenstütze mit 1kV-Stützisolator<br />

Bild 24:<br />

Firststütze mit 20kV-Stützisolator<br />

14.9<br />

Seite 12 von 12<br />

Die Hersteller arbeiten an Stützen aus glasfaserverstärktem<br />

Kunststoffen (GFK), die folgende Eigenschaften<br />

aufweisen:<br />

l Verbesserung des Isolierfaktors k m<br />

l Hohe Zugbelastbarkeit<br />

l Geringeres Gewicht als bei den Holzstützen<br />

(Montageerleichterung)<br />

Bis zum Redaktionsschluss lagen seitens der<br />

Hersteller noch keine handelsüblichen Bauteile<br />

vor.<br />

Stand 04/03

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