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i n T e r n a T i o n a l<br />
48<br />
Die Weltwirtschaft vor<br />
einem neuen Wendepunkt?<br />
von Paula Bach (PTS, Buenos Aires)<br />
Eine der drei wichtigsten Rating-Agenturen weltweit, die angelsächsische<br />
Agentur Moody‘s, drohte damit, die Bonität<br />
von 87 Banken aus 15 Ländern der Europäischen Union herabzusetzen.<br />
Italien musste gestern zur Erlangung von Krediten auf<br />
den Märkten einen höheren Zinssatz zahlen, als Griechenland,<br />
Portugal oder Irland zu dem Zeitpunkt zahlen mussten, als diese<br />
Länder „gerettet“ wurden. Portugal zahlte heute einen Zinssatz,<br />
der diese Zahlen fast verdoppelte. Die EU bereitet sich auf einen<br />
neuen Gipfel am 9. Dezember vor, nachdem sie die Versprechen<br />
früherer Gipfel nicht gehalten hatte. Aus den Reihen des Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) verlautete eine Ankündigung,<br />
die später dementiert wurde, dass der IWF 600 Milliarden Dollar<br />
beisteuern würde, um den Kollaps der italienischen Wirtschaft,<br />
der drittgrößten der Eurozone, zu verhindern. Erst neulich hatten<br />
die Federal Reserve Bank der USA (Fed), die Europäische<br />
Zentralbank (EZB) und die Zentralbanken Englands, Japans, Kanadas<br />
und der Schweiz eine koordinierte Aktion angekündigt,<br />
um die Liquidität des weltweiten Finanzsystems zu garantieren.<br />
Die Börsen der wichtigsten ökonomischen Zentren der Welt befinden<br />
sich auf einer konstanten Achterbahnfahrt, ein Vorspiel<br />
der kommenden großen Ausbrüche.<br />
Es ist nicht nur Europa…<br />
Der Brennpunkt der Krise befindet sich zweifellos in der Eurozone<br />
und Europa ist schon in eine Situation leichter Rezession eingetreten.<br />
Dennoch: Die Wirtschaft der USA wächst mit mageren<br />
1,7% (gegenüber den schon schwachen 2,5%, die erwartet wurden<br />
und die überhaupt nicht ausreichen, um die Arbeitslosigkeit<br />
zu absorbieren und eine Antwort auf die Spannungen der Weltwirtschaft<br />
zu geben), und einige ihrer wichtigsten Banken sind<br />
in kritischem Zustand. Die USA sieht sich mit Insolvenzen wie der<br />
erst kürzlich angekündigten von American Airlines konfrontiert,<br />
genau wie mit Drohungen der Rating-Agenturen, ihre Bonität<br />
herabzusetzen aufgrund des Scheiterns der Kommission des Ka-<br />
Der Brennpunkt der Krise befindet<br />
sich zweifellos in der Eurozone,<br />
doch die Wirtschaft der<br />
USA wächst mit mageren 1,7%.<br />
pitols, Haushaltskürzungen für die nächsten Jahre zu vereinbaren.<br />
Die rezessiven Tendenzen und die tiefe Krise der Eurozone<br />
und Europas insgesamt genau wie die extreme Schwäche der<br />
Erholung der USA haben schon dazu geführt, dass die chinesischen<br />
Exporte in beide Regionen zurückgegangen sind. Als Konsequenz<br />
daraus hat sich in China ebenfalls das Wachstum des<br />
BIP verlangsamt – und obwohl das Wachstum weiterhin hoch ist<br />
(9,5% gegenüber 10,2% im Jahr 2010), stellt es die chinesische<br />
Wirtschaft mittelfristig vor schwerwiegende Probleme.<br />
Die Ungleichheiten, die 2010 dazu tendierten, sich relativ<br />
„heilsam“ für das Kapital zu kombinieren, drohen jetzt, sich zu<br />
seinem Verderb zu kombinieren und dadurch die wirklichen<br />
Grenzen der falsch genannten „Entkopplung“ 1 aufzuzeigen. Wir<br />
beziehen uns auf die Methode von Leo Trotzki, die vorschlägt,<br />
die allgemeinen Tendenzen der Wirtschaft nicht nur durch<br />
wirtschaftliche Indikatoren, sondern auch in Anbetracht der<br />
Beziehungen zwischen den Staaten zu analysieren. Diese hat<br />
sich, obwohl wir uns in einer Situation befinden, die von den<br />
1920er Jahren sehr verschieden ist, erneut gegenüber all denen<br />
als korrekt erwiesen, die sich vor etwas weniger als einem Jahr<br />
dazu hinreißen ließen, die Krise für beendet zu erklären.<br />
Deutschland und der EU-Gipfel<br />
In diesem allgemeinen Kontext muss die sehr kritische Situation<br />
Europas und der Eurozone interpretiert werden. Deutschland<br />
verdammt heute, nachdem es während des letzten Jahrzehnts<br />
von den schwächsten Ländern der Zone gelebt hat, genau diese<br />
Länder zu einer tiefen Rezession. Bisher weigert sich Deutschland<br />
zudem, Eurobonds einzuführen und steht einer massiven<br />
Intervention der EZB ablehnend gegenüber. Kombiniert mit<br />
der Schwäche der USA und der verringerten Kapazität Chinas,<br />
Importe zu absorbieren, eröffnen sich damit die Türen zum<br />
Untergang Deutschlands gemeinsam mit seinem Hinterhof.<br />
Angesichts dieses Sturms, der sich am nahen Horizont abzeichnet,<br />
entwickeln sich intensive Verhandlungen: Diese setzen<br />
– ohne allzu große Klarheit – den Versuch voraus, in Richtung<br />
einer Fiskalunion der stärksten Länder der Zone (aller diejenigen,<br />
die ein AAA-Rating haben) voranzuschreiten. Diese Union<br />
– die nicht nur die Kontinuität der brutalen „Rettungspakete“<br />
für die schwächsten Länder bedeuten würde, sondern auch<br />
verschärfte Kürzungsprogramme in den „stärkeren“ Ländern –<br />
würde gleichzeitig die Tore zu einer Art gemeinsamer Aktion<br />
und wahrscheinlich zu einer Art „Eurobonds“ öffnen. Diese speziellen<br />
Bonds würden aber nur von den „Starken“ ausgegeben<br />
werden und so die Kosten vermeiden, die Deutschland nach<br />
den jetzigen Modellen nicht zahlen will. Nach diesen würden<br />
sich nämlich auch die Zinssätze Deutschlands erhöhen, weil es<br />
dann eine Verbindung zu den „Schwachen“ in einer gemeinsamen<br />
Anleihe hätte. Wenn eine Fiskalunion einiger Länder zusätzlich<br />
zur Währungsunion geschaffen würde, hätte die EZB<br />
gleiche Bedingungen angesichts möglicher Bank Runs [etwa:<br />
„Ansturm auf eine Bank“] wie die anderen Zentralbanken. Die<br />
Zentralbanken der verschiedenen Länder haben ihre Staatskassen<br />
hinter sich, aber die EZB nicht. Eine Fiskalunion der stärksten<br />
Länder würde erlauben, dass die Staatskassen der Länder<br />
mit AAA-Rating für die EZB antworten, falls sich die Krise in eine<br />
ungünstige Richtung entwickelt. Offensichtlich ist die Frage der<br />
Fiskalunion ein Schlüsselelement, das Merkel durch bilaterale<br />
Abkommen zu lösen versucht, um die Notwendigkeit zu umgehen,<br />
dass alle 27 EU-Länder einer Änderung der Verträge von<br />
1. Mit Entkopplung ist die Vorstellung gemeint, die sogenannten aufstrebenden<br />
Länder, allen voran China, könnten den imperialistischen<br />
Ländern, allen voran der USA, den Rang als Motoren der Weltwirtschaft<br />
streitig machen und somit ihre wirtschaftliche Rolle übernehmen, also<br />
eine von der Krise der zentralen Länder „entkoppelte“ Entwicklung<br />
durchlaufen. Diese Theorie besagt somit explizit, dass es nicht zu einem<br />
Fall der Weltwirtschaft kommen kann, selbst wenn die USA fallen<br />
würden.