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Compliance in der Korruptionsprävention - Transparency International

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168 WIRTSCHAFTSRECHT Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 4 | 22. Januar 2007<br />

Hauschka | Greeve | <strong>Compliance</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong> – was müssen, was sollen, was können die Unternehmen tun?<br />

Wenn die Geschäftsführung diese Vorkehrungen mit e<strong>in</strong>em generellen<br />

Streben nach <strong>in</strong>nerbetrieblicher Transparenz verb<strong>in</strong>det, sollten<br />

die erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen zur <strong>Korruptionsprävention</strong> im<br />

Normalfall getroffen se<strong>in</strong>. Ausdrücklich nicht für erfor<strong>der</strong>lich gehalten<br />

wird auf dieser Stufe e<strong>in</strong>e schriftliche Verpflichtung <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter im H<strong>in</strong>blick auf die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> geltenden Gesetze,<br />

zumal Gesetze ohne beson<strong>der</strong>e Unterwerfungserklärung ohneh<strong>in</strong><br />

gelten 30 . An<strong>der</strong>seits muss auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Stufe I nachweislich<br />

sichergestellt werden, dass erfor<strong>der</strong>liche (Rechts-)Kenntnisse<br />

und Informationen weitergegeben werden und vorhanden<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

b) Ergänzend für mittelständisch geprägte Betriebe<br />

(ca. 250 Beschäftigte und/o<strong>der</strong> 50 Mio. Umsatz)<br />

In e<strong>in</strong>er mittelständisch geprägten Unternehmung ist e<strong>in</strong>e als „Revision“<br />

o<strong>der</strong> „Controll<strong>in</strong>g“ bezeichnete Person o<strong>der</strong> Abteilung zu erwarten<br />

31 , die <strong>der</strong> Korruptionsrisikoerkennung dient. Sie wird ihr<br />

Augenmerk regelmäßig auch auf die wichtigsten Punkte richten<br />

müssen, die <strong>in</strong> so genannten „Indikatorenlisten“ 32 für die Erkennung<br />

von Korruptionsrisiken genannt werden. Beson<strong>der</strong>s häufig<br />

s<strong>in</strong>d auffälliges Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>fallen von E<strong>in</strong>kommen und Lebensstandard<br />

bei Beschäftigten 33 o<strong>der</strong> generell Auffälligkeiten im privaten<br />

Umfeld (vor allem solche, die auf Abhängigkeitsverhältnisse<br />

schließen lassen) 34 o<strong>der</strong> die gezielte Bevorzugung o<strong>der</strong> auffällige Son<strong>der</strong>konditionen<br />

bei e<strong>in</strong>zelnen Geschäftspartnern, mangelnde o<strong>der</strong><br />

auffällige Dokumentation von Geschäftsvorfällen, die Umgehung <strong>in</strong>terner<br />

Anweisungen und Vorschriften und gezieltes Umgehen von Kontrollen,<br />

auffällige und unnötige Dienstreisen, erkennbar problematische<br />

Nebentätigkeiten, Abschottung und Verheimlichung von Vorgängen,<br />

formale Defizite (Poste<strong>in</strong>gang über „Nebenschiene“ und ohne<br />

E<strong>in</strong>gangsstempel, Häufung kle<strong>in</strong>er Unregelmäßigkeiten, Kompetenzüberschreitungen,<br />

Übernahme frem<strong>der</strong> Aufgaben, fehlende Aufsicht<br />

und Vorgangskontrolle).<br />

Das „Commitment“ <strong>der</strong> Geschäftsleitung ist klar zu formulieren<br />

und schriftlich <strong>in</strong> Rundschreiben o<strong>der</strong> Geschäftsanweisungen nie<strong>der</strong>zulegen.<br />

Bei entsprechenden Gelegenheiten (Nie<strong>der</strong>lassungsleitertreffen,<br />

Besprechungen im E<strong>in</strong>kauf, Schulungsveranstaltungen, sonstige Betriebsanlässe)<br />

ist die Position <strong>der</strong> Geschäftsleitung regelmäßig und unmissverständlich<br />

zu kommunizieren. Bei <strong>in</strong>ternen Schulungen ist das<br />

Thema Korruptionsrisiken zu behandeln, die Mitarbeiter s<strong>in</strong>d allgeme<strong>in</strong><br />

über die geltenden Rechtsvorschriften und über beson<strong>der</strong>e<br />

Risiken (etwa <strong>der</strong> Angestelltenbestechung) zu <strong>in</strong>formieren. ¾n<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Rechtslage müssen ebenfalls aktuell kommuniziert<br />

werden. Soweit die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> gesetzlichen Bestimmungen<br />

beson<strong>der</strong>es Fachwissen verlangt, ist dies den Mitarbeitern zu vermitteln.<br />

Informationsweitergabe und Belehrungen s<strong>in</strong>d zu dokumentieren.<br />

Gerade im Mittelstand, wo sich Geschäftsleitung und Mitarbeiter<br />

noch täglich „Auge <strong>in</strong> Auge“ gegenüberstehen, ist die unmissverständliche<br />

Grundhaltung des Managements <strong>der</strong> alles entscheidende<br />

Faktor <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong>. Wenn hier Defizite festgestellt<br />

werden, wird das beste Ethikmanagement-Programm und<br />

<strong>Compliance</strong>-Management <strong>der</strong> Geschäftsleitung nicht aus <strong>der</strong><br />

strafrechtlichen wie zivilrechtlichen Haftung helfen.<br />

Für die Ablauforganisation s<strong>in</strong>d wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>ige kaufmännische<br />

Grundsätze für die <strong>Korruptionsprävention</strong> beson<strong>der</strong>s wichtig.<br />

Dies gilt für die konsequente Durchhaltung des Vier-Augen-Pr<strong>in</strong>zips,<br />

für e<strong>in</strong>heitliche und unmissverständliche Kontenpläne sowie Regelungen<br />

für Abweichungen und für Nebenbuchhaltungen. Investitionsgenehmigungen<br />

s<strong>in</strong>d ab e<strong>in</strong>em bestimmten Betrag <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

vorzubehalten, <strong>der</strong> Ablauf des Investitionsprozesses<br />

(Realisierung, Verbuchung, Zahlungsabwicklung etc.) ist zu regeln,<br />

ebenso die Abgabe von Angeboten. Beschaffungsvorgänge (e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>der</strong> Erstellung von Leistungsverzeichnissen und Aus-<br />

schreibungen) s<strong>in</strong>d ausschließlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kaufsabteilung vorzubehalten.<br />

Genehmigungsvorbehalte für bestimmte Wertgrenzen s<strong>in</strong>d<br />

ebenfalls vorzugeben. Das Controll<strong>in</strong>g o<strong>der</strong> die Revision sollte regelmäßige<br />

Überprüfungen durchführen, die Korruptions<strong>in</strong>dikatoren<br />

zum Ziel haben und erkannte Gefahren systematisch prüfen.<br />

c) Ergänzend für Großunternehmen und Konzerne<br />

An das Commitment großer Unternehmen zur Korruptionsbekämpfung<br />

s<strong>in</strong>d aufgrund <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Unternehmen und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Vielzahl an Mitarbeitern weitergehende Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu stellen. E<strong>in</strong>e grundsätzliche und unmissverständliche Kommunikation<br />

<strong>der</strong> Position <strong>der</strong> Unternehmensleitung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Geschäftsanweisung<br />

und von (regelmäßigen) Rundschreiben an alle<br />

Mitarbeiter ist zu erwarten.<br />

In gefährdeten Abteilungen, wie beispielsweise im E<strong>in</strong>kauf und Vertrieb<br />

sowie <strong>in</strong> Market<strong>in</strong>gabteilungen, s<strong>in</strong>d Informationsweitergaben und<br />

Schulungen regelmäßig vorzunehmen, um dort gezielt die Sensibilität<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter für Korruptionsrisiken immer wie<strong>der</strong> zu erhöhen.<br />

Neben <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Face-to-Face-Schulung kann ergänzend<br />

auf bereits existierende, spezielle e-Learn<strong>in</strong>g-Programme<br />

zurückgegriffen werden 35 .<br />

In organisatorischer H<strong>in</strong>sicht ist erneut auf kaufmännische<br />

Grundsätze zu achten, die für das Thema Korruption generell beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung haben. Es s<strong>in</strong>d alle Handlungsfunktionen im Unternehmen<br />

von sämtlichen Überwachungsfunktionen strikt zu trennen.<br />

Die Abhängigkeit von e<strong>in</strong>zelnen Lieferanten und Kunden ist zu überprüfen<br />

und möglichst zu vermeiden, es s<strong>in</strong>d regelmäßig unterschiedliche<br />

Angebote von verschiedenen Anbietern e<strong>in</strong>zuholen. Die Revision<br />

o<strong>der</strong> das Controll<strong>in</strong>g haben die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> Anweisungen <strong>der</strong><br />

30 Dass die Eigenverantwortlichkeit <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong> diesem Zusammenhang zu<br />

beachten ist, bezweifelt auch die Rechtsprechung nicht, so BGH, wistra 1986,<br />

222.<br />

31 Die Rechtsprechung hat gelegentlich bei größeren Betrieben die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er<br />

Revisionsabteilung verlangt, BGH, wistra 1982, 34; weitere Nachweise bei<br />

Rebmann/Roth/Hermann (Fn. 8), § 130 OWiG, Rn. 18. Hier wird die unternehmens<strong>in</strong>terne<br />

Bezeichnung als „Revision“ o<strong>der</strong> „Controll<strong>in</strong>g“ für unerheblich<br />

gehalten, teilweise wird dies aber enger gesehen und ausdrücklich e<strong>in</strong>e „Revision“<br />

verlangt.<br />

32 Lediglich als weiteres Beispiel sei hier die „Indikatorenliste“ zur Erkennung von<br />

Korruption aus dem Forschungsbericht <strong>der</strong> Bundeskrim<strong>in</strong>alamtes (oben Fn. 5),<br />

S. 46 zitiert: Unerklärliche Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Angebotssumme bzw. auffällige<br />

Abweichungen vom (vorher) kalkulierten Idealangebot, Abschottung von<br />

Arbeitsbereichen und Vorgängen mit hoher Selbstverantwortung, „Unabkömmlichkeit“<br />

im Betrieb (z. B. Verzicht auf Urlaub, Anwesenheit auch im<br />

Krankheitsfall) sowie Mitnahme von bestimmten Vorgängen nach Hause (Vermeidung<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>sichtnahme durch Vorgesetze o<strong>der</strong> durch dessen Vertreter; Auffälligkeiten<br />

(Abweichen vom üblichen Proze<strong>der</strong>e) bei Vergabeverfahren und Eröffnungsterm<strong>in</strong>en,<br />

Beschäftigung von Familienangehörigen des Mitarbeiters<br />

bei (Vertrags-) Fremdfirmen, „ruhige“ Branchen bzw. Arbeitsbereiche wegen bestehen<strong>der</strong><br />

Kartelle, Beraterverträge, aus denen sich beson<strong>der</strong>e Vertrauensverhältnisse<br />

entwickeln können, Empfehlungen e<strong>in</strong>es Sachbearbeiters, ganz bestimmte<br />

Unternehmen zu bevorzugen o<strong>der</strong> zu meiden, langjährige Geschäftsbeziehungen<br />

zu bestimmten Vertragsunternehmen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit unerklärlichem<br />

Gew<strong>in</strong>nrückgang, häufige mündliche Absprachen zwischen Sachbearbeitern<br />

und Fremdfirmen entgegen schriftlichen Absprachen, unüblicher<br />

Umgang mit Lieferanten und Vertretern von Fremdfirmen. Weitere Indikatoren<br />

bei Stierle (Fn. 4), S. 115 ff.<br />

33 So trivial das kl<strong>in</strong>gt, so häufig kommt es vor. Siehe z. B. den Korruptionsskandal<br />

um den Mitarbeiter <strong>der</strong> BAF<strong>in</strong>, <strong>der</strong> bundesweit Schlagzeilen machte, <strong>in</strong>: Der<br />

Spiegel v. 11. 9. 2006, S. 125.<br />

34 Siehe die „Indikatorenliste“ des Forschungsberichtes des Bundeskrim<strong>in</strong>alamtes<br />

(oben Fn. 5), S. 47: Aufwendiger (auch sich plötzlich än<strong>der</strong>n<strong>der</strong>) Lebensstil, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> auffallendem Missverhältnis zum E<strong>in</strong>kommen steht; „Zur-Schau-Stellen“<br />

von Statussymbolen aller Art; persönliche Schwächen (z. B. Spielleidenschaft)<br />

o<strong>der</strong> aufwendige Hobbies (z. B. Jagd), die nur schwer mit dem Gehalt zu f<strong>in</strong>anzieren<br />

s<strong>in</strong>d; (private) Nutzung von hochwertigen Kraftfahrzeugen, die auf e<strong>in</strong>e<br />

(Vertrags-) Firma zugelassen s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> von dort f<strong>in</strong>anziert werden; hochwertige<br />

Geschenke zur Weihnachtszeit, die <strong>in</strong> auffallendem Missverhältnis zur geschäftlichen<br />

Position o<strong>der</strong> Tätigkeit stehen; kostenlose o<strong>der</strong> günstige Nutzung von<br />

Angeboten, die von Verantwortlichen e<strong>in</strong>er Fremdfirma ausgehen (z. B. Ferienhaus);<br />

häufige Essen o<strong>der</strong> Reisen bzw. privater Umgang mit bestimmten Mitarbeitern<br />

von Fremdfirmen.<br />

35 Siehe z. B. unter www.digital-spirit.de.

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