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Compliance in der Korruptionsprävention - Transparency International

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172 WIRTSCHAFTSRECHT Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 4 | 22. Januar 2007<br />

Hauschka | Greeve | <strong>Compliance</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong> – was müssen, was sollen, was können die Unternehmen tun?<br />

schwerwiegenden Fällen selbst dann mit voller Konsequenz und<br />

mit Härte reagieren (müssen), wenn <strong>der</strong> anschließende Arbeitsgerichtsprozess<br />

nicht gewonnen werden kann. Bei e<strong>in</strong>er positiven<br />

Entwicklung über längere Zeiträume h<strong>in</strong>weg kann e<strong>in</strong>e Lockerung<br />

<strong>der</strong> verschärften Aufsicht <strong>in</strong> Betracht kommen 63 .<br />

Verständlich und wünschenswert wäre für betroffene Unternehmen,<br />

wenn die Geschäftsleitung wenigstens e<strong>in</strong>e Mitteilungspflicht<br />

für alle Mitarbeiter bezüglich möglicherweise korruptiver Sachverhalte<br />

e<strong>in</strong>seitig begründen könnte. Dem kann aber e<strong>in</strong> Mitbestimmungsrecht<br />

des Betriebsrats entgegenstehen 64 . Es verbleibt <strong>in</strong>soweit die<br />

Möglichkeit e<strong>in</strong>er Betriebsvere<strong>in</strong>barung, e<strong>in</strong>seitige Maßnahmen<br />

können nicht erzwungen werden. Der Versuch des Abschlusses e<strong>in</strong>er<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barung sollte aber unternommen werden.<br />

Alle Unternehmen, <strong>in</strong> denen es zu Korruptionsfällen gekommen<br />

ist, sollten e<strong>in</strong>en Korruptionsbeauftragten o<strong>der</strong> Ombudsmann bestellen.<br />

Den Mitarbeitern ist die Person und ihre Aufgabe durch Rundschreiben<br />

und im Intranet bekannt zu geben und zusätzlich im Rahmen<br />

von Schulungsmaßnahmen im E<strong>in</strong>zelnen mitzuteilen.<br />

Soweit Verträge mit Kunden, Nachunternehmern, Handelsvertretern<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en relevanten Personen konkrete Korruptionssachverhalte<br />

begünstigen o<strong>der</strong> auslösen können, s<strong>in</strong>d strafbewehrte<br />

„Ethikklauseln“ 65 <strong>in</strong> das Vertragswerk aufzunehmen, um<br />

auch die Geschäftspartner zu sensibilisieren und <strong>in</strong> die Pflicht<br />

nehmen zu können.<br />

b) Ergänzend für mittelständisch geprägte Betriebe<br />

(ca. 250 Beschäftigte und/o<strong>der</strong> 50 Mio. Umsatz)<br />

E<strong>in</strong> mittelständischer Betrieb, <strong>in</strong> dem es zu Korruptionsfällen gekommen<br />

ist, wird se<strong>in</strong>e Risikobestandsaufnahme durch Revision<br />

und/o<strong>der</strong> Controll<strong>in</strong>g weiter systematisieren und professionalisieren<br />

müssen. Es gibt mittlerweile e<strong>in</strong>e Reihe von Beratungsunternehmen<br />

aus dem Umfeld <strong>der</strong> Wirtschaftsprüfungen, aber auch auf Korruption<br />

spezialisierte Berater, die dabei Hilfestellung bieten können.<br />

Das Commitment <strong>der</strong> Mitarbeiter, welche dem „Hochrisikogeschäft“<br />

zuzurechnen s<strong>in</strong>d, sollte gezielt h<strong>in</strong>terfragt werden. Dazu<br />

kann sich die Personalabteilung entsprechen<strong>der</strong> Tests, vor allem<br />

aber auch <strong>in</strong>teraktiver Schulungen, bedienen, bei denen <strong>in</strong> regelmäßigen<br />

Abständen <strong>der</strong> Lernerfolg bei den Mitarbeitern abgefragt wird.<br />

E<strong>in</strong>fachere Varianten solcher Programme kann ggf. auch e<strong>in</strong>e versierte<br />

EDV-Abteilung <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten erstellen.<br />

Die Revision o<strong>der</strong> das Controll<strong>in</strong>g dürfen vor überraschenden<br />

Geschäftsprüfungen nicht zurückschrecken, wenn schwerwiegende<br />

Risiken im Unternehmen vermutet werden.<br />

Auf dieser Ebene wird man e<strong>in</strong>en umfassend <strong>in</strong>struierten und tätigen<br />

<strong>Compliance</strong>-Beauftragten <strong>der</strong> Unternehmensleitung erwarten.<br />

Dies muss ke<strong>in</strong> neu e<strong>in</strong>gestellter Mitarbeiter se<strong>in</strong>, die Aufgabe<br />

kann durchaus von e<strong>in</strong>em Unternehmensjuristen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em früheren<br />

und mittlerweile im Ruhestand bef<strong>in</strong>dlichen Geschäftführer<br />

o<strong>der</strong> Revisionsleiter wahrgenommen werden. Gute Kenntnisse<br />

<strong>der</strong> Unternehmung, das une<strong>in</strong>geschränkte Vertrauen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

<strong>in</strong> die persönliche Integrität und <strong>der</strong> Zugang zu fachlicher<br />

Unterstützung sollten diesen Beauftragten auszeichnen.<br />

c) Ergänzend für Großunternehmen und Konzerne<br />

An e<strong>in</strong> Großunternehmen, <strong>in</strong> dem sich Korruptionsfälle bereits<br />

ereignet haben, s<strong>in</strong>d die höchsten Anfor<strong>der</strong>ungen bezüglich <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong><br />

zu stellen. Man wird zwar nicht erwarten<br />

können, dass generell – wie dies bei <strong>der</strong> Deutsche Bahn AG und<br />

nun auch bei <strong>der</strong> Siemens AG gemacht wurde – Personal mit Erfahrung<br />

aus <strong>der</strong> Strafverfolgungstätigkeit (Polizei, LKA, BKA o<strong>der</strong><br />

StA) zur Risikoermittlung und Schadensbegrenzung e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wird. An die Ursachenforschung und an die Maßnahmen zur Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

von Wie<strong>der</strong>holungsfällen s<strong>in</strong>d aber erhebliche Anfor<strong>der</strong>un-<br />

gen zu stellen. Das schließt e<strong>in</strong>en gewissen krim<strong>in</strong>alistischen E<strong>in</strong>satz<br />

66 e<strong>in</strong>, etwa die Befassung mit Täterprofilen und Korruptionskarrieren<br />

67 , auch die Beauftragung privater Ermittlungsunternehmen sowie<br />

die Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>in</strong> nachfolgenden Schulungen<br />

durch erfahrene, externe Berater.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf Commitment und Organisation wird man e<strong>in</strong>e<br />

kont<strong>in</strong>uierliche, nachhaltige Vermittlung <strong>der</strong> Botschaft <strong>der</strong> Unternehmensleitung<br />

erwarten. Dies setzt regelmäßig das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

– wie auch immer beschaffenen – <strong>Compliance</strong>-Organisation voraus.<br />

Diese kann auch auf dieser Ebene aus <strong>in</strong>ternen Ressourcen<br />

wie beispielsweise <strong>der</strong> Rechtsabteilung, Revision, Controll<strong>in</strong>g und<br />

Vorstandsreferenten rekrutiert se<strong>in</strong>. Entscheidend ist, dass sich<br />

e<strong>in</strong>e hierfür gebildete E<strong>in</strong>heit im Unternehmen mit dem Thema <strong>Korruptionsprävention</strong><br />

dauerhaft und professionell befasst, die Mitarbeiter<br />

über neuere Entwicklungen und Gefahren <strong>in</strong>formiert, regelmäßig<br />

Schulungen abhält und sich mit entsprechenden Themen an regulären<br />

Fortbildungsveranstaltungen im Unternehmen beteiligt.<br />

Schließlich stellt sich die Frage nach <strong>der</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Whistleblower-Hotl<strong>in</strong>e<br />

68 , über die Mitarbeiter im Unternehmen anonym<br />

über Korruptionsvorgänge berichten können. Selbstverständlich ist es<br />

für jedes Unternehmen e<strong>in</strong>e schwere Entscheidung, dieser auch<br />

als För<strong>der</strong>ung von Denunziantentum verstandenen Form <strong>der</strong> Mitarbeiterbeteiligung<br />

e<strong>in</strong> Forum zu bieten. Solche Foren für Whistleblower“<br />

existieren aber ohneh<strong>in</strong> schon u. a. bei kommerziellen<br />

DR. GINA GREEVE<br />

Rechtsanwält<strong>in</strong>; Partner<strong>in</strong> <strong>der</strong> auf Wirtschaftsstrafrecht<br />

und Baurecht spezialisierten Kanzlei MGR Rechtsanwälte<br />

<strong>in</strong> Frankfurt a. M. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt ist das Wirtschaftsstrafrecht,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Zusammenhang mit<br />

Korruptionstaten. Mitherausgeber<strong>in</strong> des Handbuchs für<br />

Baustrafrecht. In 2005 erschien ihre Publikation „Korruptionsdelikte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis“. Dr. Greeve ist Mitglied des Strafrechtsausschusses<br />

des Deutschen Anwaltvere<strong>in</strong>s sowie des<br />

Geschäftsführenden Vorstandes <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Strafrecht des Deutschen<br />

Anwaltvere<strong>in</strong>s. Die Kanzlei MGR Rechtsanwälte wurde mit Dr. Greeve<br />

im Jahr 2005 als Kanzlei des Jahres im Wirtschaftsstrafrecht von Juve ausgezeichnet.<br />

DR. CHRISTOPH E. HAUSCHKA<br />

Jahrgang 1953. Studium <strong>in</strong> Regensburg. I. Staatsexamen<br />

1978, Promotion (bei Professor Dr. Re<strong>in</strong>hard Richardi)<br />

1980, II. Staatsexamen 1980. 1980 bis 1983 Rechtsanwalt<br />

bei Dr. Fiedler & Partner (heute CMS) <strong>in</strong> München. 1983<br />

bis 1986 Corporate Legal Counsel bei Mars Inc., London.<br />

1987 bis 1990 am Zentrum für <strong>International</strong>e Wirtschaft<br />

<strong>der</strong> Universität Konstanz. 1990 bis 1994 Rechtsanwalt bei<br />

Nörr, Stiefenhofer & Lutz, München und Brüssel, seit<br />

2006 zusätzlich Geschäftsführer <strong>der</strong> CLS Construction Legal Services GmbH,<br />

Köln. Herausgeber des ab Februar 2007 verfügbaren Handbuchs „Corporate<br />

<strong>Compliance</strong>.“ 1994 bis 1997 General Counsel und Director Legal bei Waste<br />

Management Deutschland Hold<strong>in</strong>g GmbH, Essen. Seit 1998 Chefsyndikus bei<br />

<strong>der</strong> Ed. Zübl<strong>in</strong> AG, Stuttgart.<br />

strafbaren Handlung und <strong>der</strong> Anhörung des Mitarbeiters, Überblick bei Müller-<br />

Glöge, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB 230, § 626, Rn. 208 ff.<br />

63 BayOLG, wistra 1988, 320,321.<br />

64 So für die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Formulars bei e<strong>in</strong>er Wirtschaftszeitung, mit dem die<br />

Redakteure zur Vermeidung von Insi<strong>der</strong>sachverhalten bestimmten Wertpapierbesitz<br />

melden sollten, BAG, NZA 2003, 166 („Handelsblatt“).<br />

65 E<strong>in</strong> Beispiel geben die Allgeme<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>kaufsbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> DB AG und <strong>der</strong><br />

mit ihr verbundenen Unternehmen – AEB Ausgabe 15. 11. 2003 –<br />

(164.0220V04).<br />

66 Am Markt gibt es EDV-Programme zur Aufdeckung wirtschaftskrim<strong>in</strong>eller Vorgänge<br />

durch „Rasterfahndung“ <strong>in</strong> (Massen-)Daten, wie z. B. FraudScan.<br />

67 Beides abrufbar beispielsweise unter www.bus<strong>in</strong>ess-keeper.com.<br />

68 Zu arbeits- und datenschutzrechtlichen Problemen im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>führung von Whistle-Blower-Hotl<strong>in</strong>es siehe Wisskirchen/Körber/Bissels, BB<br />

2006, 1567. Zu Vorteilen Bürkle, DB 2004, 2158.

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