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Compliance in der Korruptionsprävention - Transparency International

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170 WIRTSCHAFTSRECHT Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 4 | 22. Januar 2007<br />

Hauschka | Greeve | <strong>Compliance</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong> – was müssen, was sollen, was können die Unternehmen tun?<br />

2. Ergänzende Maßnahmen bei gesteigertem Branchenrisiko,<br />

Exportrisiko, konkreten Verdachtsmomenten („Stufe II“)<br />

a) Alle Unternehmen unabhängig von <strong>der</strong><br />

Unternehmensgröße<br />

Für e<strong>in</strong>ige Wirtschaftszweige und Tätigkeitsbereiche ist generell<br />

von e<strong>in</strong>em erhöhten Risiko auszugehen. Dem muss die Prävention<br />

Rechnung tragen. So weist e<strong>in</strong> Handelsunternehmen 45 zwangsläufig<br />

<strong>in</strong> überwiegenden Teilen se<strong>in</strong>er Tätigkeit beson<strong>der</strong>s gefährdete<br />

Tätigkeiten generell auf, wie eben im E<strong>in</strong>- und Verkauf.<br />

Als korruptionsanfällig gelten darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>ige Branchen,<br />

wie z. B. Teile des Gesundheitssystems, die Bauwirtschaft 46 und Entsorgungsbetriebe.<br />

Wer <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n mit hohem Korruptionsniveau –<br />

wie Irak, Myanmar o<strong>der</strong> Haiti 47 – geschäftlich tätig ist, kann den<br />

dort landestypischen For<strong>der</strong>ungen nach Bestechungsgel<strong>der</strong>n<br />

nicht entgehen 48 . Wer e<strong>in</strong>en konkreten Verdacht auf Korruptionsdelikte<br />

im Unternehmen hat o<strong>der</strong> haben sollte, wird ebenfalls verstärkt<br />

tätig werden müssen.<br />

Die Risikoanalyse wird sich selbstverständlich auf die konkret e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Problembereiche konzentrieren müssen. Der Handel<br />

wird beispielsweise auf die von den E<strong>in</strong>käufern erzielten Handelsspannen<br />

achten o<strong>der</strong> den Verbleib nicht mehr veräußerungsfähiger<br />

Ware prüfen. Die Bauwirtschaft wird private Freundschaften und<br />

Unternehmungen mit Mitarbeitern <strong>der</strong> Bauherren kritisch betrachten<br />

und die Exportwirtschaft die tatsächlich erbrachten Leistungen<br />

ausländischer Berater prüfen. Entsprechend auf das jeweilige Risiko<br />

gerichtet muss auch das „Commitment“ <strong>der</strong> Unternehmensleitung<br />

kommuniziert werden. Die Geschäftsleitung e<strong>in</strong>es Handelshauses<br />

wird auf die beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>der</strong> Integrität für die Reputation<br />

im Handel verweisen, das Bauunternehmen zusätzlich die Gefahr<br />

e<strong>in</strong>er Sperre von allen öffentlichen Aufträgen für die Existenz des<br />

Unternehmens <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund rücken, im Exportgeschäft wird<br />

man die Abschlüsse <strong>in</strong> problematischen Län<strong>der</strong>n und Geschäfte an<br />

off-shore Plätzen 49 <strong>in</strong> die Zuständigkeit <strong>der</strong> Geschäftsleitung verweisen.<br />

Dies s<strong>in</strong>d selbstverständlich nur Beispiele, die verdeutlichen<br />

sollen, dass es bei Commitment und Kommunikation entscheidend<br />

darauf ankommt, dass beides konkret auf das Ergebnis<br />

<strong>der</strong> Risikoanalyse bezogen wird.<br />

Die organisatorischen Maßnahmen folgen wie<strong>der</strong> dem Risiko. Die<br />

For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er Jobrotation <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kaufsabteilung (m<strong>in</strong>destens<br />

alle drei Jahre) wird sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Handelshaus, das im E<strong>in</strong>kauf<br />

zahlreiche Mitarbeiter mit ähnlichen Aufgaben beschäftigt,<br />

kaum von <strong>der</strong> Hand weisen lassen. Im Vertrieb können angrenzende<br />

Verkaufsgebiete mit ähnlicher Häufigkeit e<strong>in</strong>em Wechsel unterzogen<br />

werden. Die Bauwirtschaft und die Entsorgungsbranche<br />

werden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e verstärkt <strong>in</strong>terne Ansprechpartner (Ombudsleute,<br />

Beauftragte für Korruptionskämpfung) e<strong>in</strong>setzen. Am<br />

schwierigsten ist die organisatorische Prävention im Auslandsgeschäft,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den oben genannten Län<strong>der</strong>n mit extremen<br />

Korruptionsproblemen. Nachdem bis 1999 die „nützlichen Aufwendungen“<br />

im Ausland legal üblich waren, wird man sich <strong>in</strong>tensiv<br />

um Schulungen vor allem für die älteren Mitarbeiter bemühen<br />

müssen. (<strong>International</strong>e) Beraterfirmen können begrenzte Hilfestellung<br />

bieten 50 , Leistungen ausländischer Vermittler können zudem<br />

e<strong>in</strong>er Wertermittlung durch e<strong>in</strong>e Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

unterzogen werden. Bei großen Investitions- und Bauvorhaben<br />

<strong>in</strong> schwierigen Län<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> von <strong>Transparency</strong> entwickelte<br />

„Integritätspakt“ 51 e<strong>in</strong>e Hilfe. Trotzdem können unlösbare Probleme<br />

verbleiben 52 . Soweit diese Probleme zu unvertretbaren Risiken<br />

für das Unternehmen und die Organe führen, muss man dem Vorbild<br />

zahlreicher US-Unternehmen 53 und deutscher Konzerne folgen<br />

und sich aus diesem Geschäft zurückziehen.<br />

Das Personal für die korruptionsgefährdeten Bereiche muss mit<br />

beson<strong>der</strong>er Sorgfalt ausgewählt werden, auch wenn das Arbeits-<br />

recht den Aufklärungsmöglichkeiten enge Grenzen zieht 54 . Bei allen<br />

E<strong>in</strong>stellungen ist dies durch Fragebogen o<strong>der</strong> Personale<strong>in</strong>stellungsbogen<br />

zu dokumentieren. Für etwaige Hausdurchsuchungen,<br />

die sehr schnell angeordnet werden, sollten schriftliche Verhaltensregeln<br />

55 für die Mitarbeiter vorgehalten werden.<br />

Alle Unternehmen mit gesteigertem Risiko müssen e<strong>in</strong>en organisatorischen<br />

M<strong>in</strong>destrahmen <strong>der</strong> <strong>Korruptionsprävention</strong> nachweisen.<br />

In e<strong>in</strong>em Kle<strong>in</strong>betrieb kann es genügen, alle problematischen<br />

Vorgänge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für die Beschäftigten klar gefassten und lückenlosen<br />

Geschäftsanweisung zu beschreiben und <strong>in</strong> die alle<strong>in</strong>ige Zuständigkeit<br />

des Alle<strong>in</strong>geschäftsführers zu verweisen. Die Vorgänge sollten auf jeden<br />

Fall weit def<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong> und ke<strong>in</strong>e Zweifel begründen, dass<br />

von <strong>der</strong> Geschäftsleitung <strong>in</strong>sgesamt korruptives Verhalten missbilligt<br />

und geahndet wird.<br />

b) Ergänzend für mittelständisch geprägte Betriebe<br />

(ca. 250 Beschäftigte und/o<strong>der</strong> 50 Mio. Umsatz)<br />

E<strong>in</strong> Mittelstandsbetrieb wird mit Revision o<strong>der</strong> Controll<strong>in</strong>g die Instrumente<br />

zur Verfügung haben, um die Risikobestandsaufnahme<br />

vertiefter und gezielter anzugehen. So kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Handelshaus<br />

<strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong> bezogenen Ware h<strong>in</strong>terfragt werden. Dazu gehört<br />

auch, ob die Beschäftigten im Herstellerland überhaupt mit legal erzielbaren<br />

E<strong>in</strong>künften ihren Lebensunterhalt bestreiten können.<br />

Daneben wird man regelmäßig Beschaffungsvorgänge durchforsten,<br />

die Kundenveranstaltungen, Rabattaktionen, Werbegeschenke und<br />

Bewirtungsbelege prüfen und Anhaltspunkte für Kick-Back-Geschäfte<br />

suchen. Die Baubranche wird beispielsweise gezielt die Bündelung<br />

von Nachunternehmervergaben auf wenige Bieter und überhöhte For<strong>der</strong>ungen<br />

aufgrund so genannter „weicher Nachträge“ prüfen. Der<br />

baustellenferne E<strong>in</strong>satz von Gerät und Material und die Kalkulationsgrundlagen<br />

e<strong>in</strong>zelner Angebote (geeignet, ausreichend, Kalkulationsfehler,<br />

Massenungenauigkeiten), sowie Neben- und Alternativangebote<br />

werden ebenfalls Gegenstand näherer Betrachtung se<strong>in</strong>.<br />

Im Auslandsgeschäft ist die Erkennung offensichtlicher Schwachstellen<br />

meist weniger das Problem als die Lösung häufig schwieriger<br />

Rechtsfragen: Wer gilt im E<strong>in</strong>zelfall im Ausland als Amtsträger im<br />

S<strong>in</strong>ne des deutschen Strafrechts? Was ist e<strong>in</strong>e angemessene Ge-<br />

45 Zum hohen Anteil des Handels an den Korruptionsdelikten <strong>in</strong> 2005 oben<br />

Fn. 14. Gemäß dieser Quelle kamen 9,2 % <strong>der</strong> „Geber“ aus <strong>der</strong> Baubranche, 6 %<br />

aus dem Dienstleistungsgewerbe, aber jeweils nur 0,7 % aus den Bereichen Pharma/Gesundheit<br />

und Entsorgung.<br />

46 Zur Bauwirtschaft zuletzt die lesenswerte Entscheidung des BGH, NJW 2006,<br />

2864 – „Wuppertaler Korruptionsskandal“.<br />

47 Siehe oben Fn. 19. Die genannten Län<strong>der</strong> liegen 2006 auf den drei letzten Plätzen.<br />

48 Das entsprechende Risiko wird oft unterschätzt, zumal die Auslandsbestechung<br />

seit 15. 2. 1999 <strong>in</strong> Deutschland strafbar ist. Seit 30. 8. 2002 gilt § 299 StGB auch<br />

im <strong>in</strong>ternationalen geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 3 StGB).<br />

49 Zu den typischen off-shore-Geschäften zur Bildung schwarzer Kassen und backto-back-Geschäften<br />

(<strong>der</strong> Mailän<strong>der</strong> Staatsanwalt) Colombo <strong>in</strong> Pieth/Eigen<br />

(Fn. 43), S. 149.<br />

50 Vgl. etwa die Broschüre „Fac<strong>in</strong>g up to Corruption“ – A Practical Bus<strong>in</strong>ess Guide,<br />

<strong>der</strong> Control Risks Group, herausgegeben <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Bundesverband<br />

<strong>der</strong> Deutschen Industrie (BDI).<br />

51 Darüber <strong>in</strong>formieren Wiehen, <strong>in</strong>: Pieth/Eigen (Fn. 43), S. 304 sowie die Homepage<br />

von <strong>Transparency</strong> (Fn. 2).<br />

52 Man denke an das Beispiel des deutschen Spediteurs, dessen Fahrzeuge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

fernöstlichen Land <strong>der</strong> früheren Sowjetunion <strong>in</strong> Abständen von etwa 50 Kilometern<br />

immer wie<strong>der</strong> an Straßensperren von <strong>der</strong> lokalen Polizei „kontrolliert“<br />

werden, die e<strong>in</strong>e Weiterfahrt nur zuläßt, wenn dafür bezahlt wird.<br />

53 Der „Foreign Corrupt Practices Act“ <strong>in</strong> den USA mit se<strong>in</strong>en drastischen Folgen<br />

(<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Haft) <strong>der</strong> Auslandsbestechung für das US-Management war letztendlich<br />

e<strong>in</strong>e Konsequenz <strong>der</strong> Watergate-Affäre, während <strong>der</strong>er e<strong>in</strong>e unabhängige<br />

Kommission des US-Kongresses über 300 Bestechungsfälle von US-Unternehmen<br />

gegenüber ausländischen Regierungsbeamten aufdeckte, weitere Informationen<br />

unter www.worldpolicies.com.<br />

54 E<strong>in</strong>e „sachdienliche Auskunft über die Zuverlässigkeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zustellenden Person“<br />

verlangt Rebmann/Roth/Hermann (Fn. 8), § 130 OWiG, Rn. 15. Dafür sollte<br />

nach hiesiger Ansicht e<strong>in</strong> Zeugnis des vorherigen Arbeitgebers ausreichen.<br />

55 E<strong>in</strong> Beispiel ist abgedruckt bei Zimmer/Stetter, BB 2006, 1445, 1452.

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