Vitos Klinik Rheinhöhe Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie ...
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<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong>,<br />
Psychosomatik <strong>und</strong> Psychotherapie<br />
Ärztliche Direktion<br />
<strong>Vitos</strong> <strong>Klinik</strong> <strong>Rheinhöhe</strong><br />
<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong>, Psychosomatik<br />
<strong>und</strong> Psychotherapie<br />
Konzept<br />
Stand: 2010<br />
Gr<strong>und</strong>sätze des kinder- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen Arbeitens
Die Aufgaben der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong> sind: Erkennen, Behandlung,<br />
Prävention <strong>und</strong> Rehabilitation von psychischen Erkrankungen bzw. Fehlent-wicklungen.<br />
Dazu gehören emotionale Störungen (Angstsyndrome, Phobien, Depressionen,<br />
Zwangssyndrome), Störungen des Sozialverhaltens (Aggressivität, dissoziales<br />
Verhalten), hirnorganische Psychosyndrome, Psychosen, das Hyperkinetische Syndrom,<br />
Bewegungsstörungen (oft Tics, Stereotypien), psychische Störungen mit körperlicher<br />
Symptomatik (z.B. Anorexia nervosa, Enuresis, Enkopresis), Störungen der Sprache <strong>und</strong><br />
des Sprechens, Autismus, Deprivations- <strong>und</strong> Misshandlungssyndrome, sexuelle<br />
Störungen <strong>und</strong> geistige Behinderungen mit psychiatrischen Auffälligkeiten.<br />
Für die Bewältigung der daraus resultierenden Aufgaben ist es unerlässlich, Erwachsene<br />
in die Diagnostik <strong>und</strong> Behandlung miteinzubeziehen, die <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>e Entwicklung der<br />
Persönlichkeit <strong>und</strong> die soziale Integration des jungen Patienten Verantwortung tragen.<br />
Das sind die Eltern, andere gesetzliche Vertreter, ebenso auch Heimerzieher, Lehrer,<br />
Mitarbeiter der Jugendhilfe <strong>und</strong> andere Erziehungspersonen. Um dieses Prinzip<br />
umsetzen zu können, ist eine familiennahe Versorgung mit regional erreichbaren<br />
Behandlungsangeboten Voraussetzung. Die <strong>Klinik</strong> <strong>Rheinhöhe</strong> kann inzwischen das volle<br />
Spektrum an stationärer, teilstationärer <strong>und</strong> ambulanter Versorgung anbieten.<br />
In unserer <strong>Klinik</strong> erfolgt eine kinder- <strong>und</strong> jugendpsychiatrische Gr<strong>und</strong>versorgung mit<br />
Regel- <strong>und</strong> Intensivbehandlung <strong>für</strong> die unterschiedlichen Altersgruppen.<br />
Als Besonderheit des Fachgebietes <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong> gilt zu beachten,<br />
dass es neben der Indikationsstellung hinsichtlich stationärer, teilstationärer, ambulanter<br />
Therapie auch immer zu gewichten gilt, ob selbst bei gegebener z.B. stationärer<br />
Indikation die Behandlungsmaßnahme ausreichend Aussicht auf Erfolg hat. Dabei ist von<br />
großer Bedeutung die Haltung des Kindes <strong>und</strong> Jugendlichen selbst zur Behandlung,<br />
seine Motivation, ebenso auch die Einschätzung der Eltern. Für Behandlungen, die nicht<br />
aus einer akuten Notfallsituation entstehen (bei Selbst- oder Fremdgefährdung), ist es<br />
deshalb wesentlich, bereits ambulant einen Behandlungsauftrag zu erarbeiten <strong>und</strong> dies<br />
als gemeinsamer Prozess zwischen Patient, Eltern, Therapeuten.<br />
Dabei ist es Aufgabe des „Professionellen“ eine fachliche Einschätzung im Sinne einer<br />
Diagnostik abzugeben <strong>und</strong> eine erfahrungsbezogene Rückmeldung über die<br />
Angemessenheit der angestrebten Ziele zu machen. Wesentliche Voraussetzung <strong>für</strong><br />
eine therapeutische Beziehung ist eine wertschätzende Haltung den Familien, dem<br />
Patienten, den Eltern gegenüber. <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> jugendpsychiatrisches Arbeiten ist auf<br />
dieser Ebene betrachtet auch Dienstleistungsangebot <strong>und</strong> muss sich damit<br />
auseinandersetzen, welche Zufriedenheit das „Ergebnis“ bei den Nutzern erzeugt.<br />
Dazu gehört auch, dass Patienten <strong>und</strong> ihre Angehörigen das uneingeschränkte Recht<br />
haben, sich mit Beschwerden, Anfragen, Unsicherheiten, Anregungen an den Behandler,<br />
Mitarbeiter auf der Station zu wenden, sich ggf. auch mit Kritik direkt an die Ärztliche<br />
Leitung, den Patienten<strong>für</strong>sprecher zu wenden.<br />
Die Aufgaben von Eltern ihren <strong>Kinder</strong>n gegenüber sind, so sagt man, sich übrig zu<br />
machen. Ähnlich gilt <strong>für</strong> die <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong>, sich <strong>für</strong> Patienten <strong>und</strong><br />
Angehörige übrig zu machen.<br />
Im Prinzip muss gelten, dass gerade um die Familienbezogenheit <strong>für</strong> den jungen Patient<br />
zu erhalten <strong>und</strong> zu fördern, Diagnose <strong>und</strong> Therapie so ambulant wie möglich zu<br />
gestalten sind. Selbst während einer stationären Behandlung muss immer wieder geprüft<br />
werden, wie viel Nähe zur Familie über Telefonate, Gespräche, Beurlaubung ist möglich.<br />
Dabei sollten über den familiären Bezugsrahmen hinaus auch die Beziehungen zum
sozialen Herkunftsbereich erhalten werden: z.B. durch den Besuch der Herkunftsschule,<br />
durch Einbeziehung psychosozialer Helfer am Heimatort.<br />
Therapeutisches Arbeiten in der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong> besteht aus multiprofessionellem<br />
<strong>und</strong> mehrdimensionalem Tun: hier ist die Einbeziehung der Kompetenz<br />
verschiedener Berufsgruppen gefragt: Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Erzieher,<br />
Ergotherapeuten, Bewegungstherapeuten, Heilpädagogen, Logopäden,<br />
Musiktherapeuten, Bewegungstherapeuten, Maltherapeuten ... . Je nach diagnostischer<br />
Ausgangssituation sind die jeweiligen Schwerpunkte der Behandlung unterschiedlich.<br />
Sinn macht es, bei bestimmten Störungsbildern besondere psychotherapeutische<br />
Konzepte vorzuhalten, um zu erwartende „Klippen“ hilfreich zu bewältigen. Als<br />
Erläuterung hierzu sei im Anhang verwiesen auf unser Arbeiten mit schulphobischen<br />
<strong>Kinder</strong>n. Insgesamt ist die Aufgabe des verantwortlichen Behandlers aus den<br />
besonderen Gegebenheiten eines Schicksals einen individualisierten Behandlungsplan<br />
aufzustellen, um auf den Ebenen der individuellen Konstitution, der familiären<br />
Gegebenheiten, der schulischen Anforderungen, der sozialen Integration, Teilziele<br />
festzulegen. Das Erreichen dieser Ziele wird durch die verschiedenen<br />
Behandlungsmaßnahmen als Einzel-, Familien-, Gruppentherapie oder als<br />
Übungsprogramm realisiert.<br />
Wichtiger Wirklichkeitsfaktor im Kontext <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendpsychiatrie</strong> ist die Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema Schule. Die in den stationären Einrichtungen angegliederte<br />
Schule <strong>für</strong> Kranke hat hier eine doppelte Aufgabesituation: zum einen muss<br />
sie häufig genug die Schüler wieder gr<strong>und</strong>sätzlich zur Mitarbeit motivieren, zum anderen<br />
muss sie dosiert in Rücksprache mit den Behandlern Anforderungen gestalten. Dabei<br />
bewegt man sich häufig in Ambivalenz zwischen: Wieviel Schonraum braucht der Patient<br />
noch? Wieviel Wirklichkeit kann ihm schon zugemutet werden?<br />
Die Patienten unseres Fachbereiches sind <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche <strong>und</strong> benötigen als<br />
solche in der Alltagssituation pädagogische Begleitung <strong>und</strong> Förderung. Deren Gestaltung<br />
ist wesentliches Aufgabenfeld des Pflege- <strong>und</strong> Erziehungsdienstes. Entsprechend den<br />
unterschiedlichen Lebensaltern sieht auch die Pädagogik, die gelebt wird, sehr<br />
unterschiedlich aus. Für die jüngeren <strong>Kinder</strong> (eher unter 12) erfolgt das Handeln im<br />
Sinne einer zielorientiert am Erwachsenen ausgerichteten Pädagogik.<br />
Für die Jugendlichen gilt eine konfliktorientierte Pädagogik, in der der Erwachsene<br />
zunächst einmal nicht automatisch voraussetzen kann, dass er als richtungsweisend<br />
akzeptiert wird. Eine besondere Herausforderung, ein besonders spannender Teil der<br />
Arbeit, ist das immer wiederkehrende Ringen um eine therapeutische Beziehung, die<br />
notwendige Voraussetzung <strong>für</strong> psychotherapeutische Veränderung. Da<strong>für</strong> muss man den<br />
Patienten, seine Angehörigen dort abholen, wo sie stehen. Dies impliziert auch eine<br />
Auseinandersetzung mit Wertsetzungen, die nicht immer unserer eigenen Orientierung<br />
entsprechen.<br />
Insgesamt ist die Abteilung systemisch-familientherapeutisch orientiert, greift dabei<br />
allerdings auch auf Elemente tiefenpsychologischen Denkens zurück. Das vorgestellte<br />
Problem wird damit auf dem Hintergr<strong>und</strong> der jeweiligen Lebenssituation, der familiären<br />
Gegebenheiten betrachtet. Dabei gehen wir davon aus, dass es auch individuelle,<br />
konstitutionelle Gegebenheiten gibt, die ein Kind mitbringt, <strong>und</strong> die nicht per se Folge<br />
einer gestörten Familienkommunikation sind.<br />
Das familientherapeutisch-systemische Konzept stellt praktisch den Rahmen des<br />
Arbeitens dar. Daneben gibt es weitere therapeutische Richtungen, die abhängig von der
Person des Therapeuten, der Problemstellung der Familie genutzt werden. Dazu gehört<br />
z.B., dass im Umgang mit Angsterkrankungen auch ein verhaltenstherapeutisches<br />
Vorgehen gewählt wird, weil dies in vergleichenden Studien sich als effizienter als<br />
anderes erwiesen hat. Hilfreich <strong>und</strong> nützlich ist es, sich im therapeutischen<br />
Zusammenhang nicht einer Schule zu verschreiben, sondern offen zu bleiben <strong>für</strong> die<br />
spezielle Problemstellung <strong>und</strong> da<strong>für</strong> verschiedene Interventionsmöglichkeiten zur<br />
Verfügung zu halten. Konzeptionell wesentlich erscheint es uns, in eklektizistischer<br />
Weise unterschiedliche Behandlungselemente zusammenzuführen, um den Patienten<br />
am ehesten eine Therapie zu verschreiben, die ihm, seiner Geschichte <strong>und</strong> seiner<br />
Familie entspricht.<br />
Ziel, wie oben erwähnt, ist es dahin zu gelangen, den Therapeuten als Person zu<br />
erübrigen. Wir sehen uns als Helfer <strong>und</strong> Dienstleister in Krisensituationen, nicht als<br />
unentbehrlicher Magier. Zur Verbesserung <strong>und</strong> Reflexion unserer Arbeit nehmen wir<br />
begleitend Supervision in Anspruch.<br />
Dr. med. Dipl.-Psych. Doris Mallmann