Umwandlung von Berufsausübungsgemeinschaften
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<strong>Umwandlung</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>Berufsausübungsgemeinschaften</strong> (Gemeinschaftspraxen)<br />
in Praxisgemeinschaften<br />
nicht immer „nebenwirkungsfrei“<br />
Um vermeintliche Abrechnungsvorteile zu realisieren, überlegen manche Zahnärzte,<br />
ihre Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxen) in Praxisgemeinschaften<br />
umzuwandeln. Durch eine solche Entscheidung werden häufig bewährte Strukturen<br />
zerschlagen. Die nachfolgenden Überlegungen sollen Problemfälle aufzeigen,<br />
die häufig nicht oder nicht ausreichend bedacht werden:<br />
1. Verpflichtung zur zahnärztlichen Verschwiegenheit<br />
Die Schweigepflicht gilt auch im Verhältnis <strong>von</strong> Zahnärzten untereinander. 1 Ist<br />
die Führung einer gemeinschaftlichen Patientenkartei in einer Berufsausübungsgemeinschaft<br />
(Gemeinschaftspraxis) regelmäßig unproblematisch, gilt<br />
dies für eine Praxisgemeinschaft nicht in der gleichen Weise. Die Behandlungsverträge<br />
werden jeweils selbständig mit den einzelnen Praxen abgeschlossen.<br />
Es muß sichergestellt sein, daß die Patientenunterlagen so organisiert<br />
sind, daß der Zahnarzt der anderen Praxis - auch wenn dieselben Räume<br />
genutzt werden - nicht ohne Einwilligung des Patienten Einsicht in die Unterlagen<br />
nimmt. 2 Die Zahnärzte müssen sich bewußt sein, daß die Verletzung<br />
der zahnärztlichen Schweigepflicht gemäß § 203 Absatz 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch<br />
geahndet werden kann.<br />
2. Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung - Vertretungsregelungen<br />
Ein wesentlicher Vorteil der zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft<br />
(Gemeinschaftspraxis) besteht darin, daß sich die Gesellschafter bei der Behandlung<br />
der Patienten jederzeit vertreten können. In der Praxisgemeinschaft<br />
bleibt jeder Zahnarzt in seiner Berufsausübung selbständig und ist alleiniger<br />
Vertragspartner des Patienten. Hiermit ist eine beliebige Austauschbarkeit der<br />
zahnärztlichen Leistungserbringer gegenüber den Patienten nicht vereinbar. 3
3. Praxisgemeinschaft und Wettbewerbsverbot<br />
2<br />
In Berufsausübungsgemeinschaftsverträgen (Gemeinschaftspraxisverträgen)<br />
findet sich regelmäßig eine Bestimmung, wonach es dem ausscheidenden<br />
Gesellschafter untersagt ist, für eine festgelegte Zeit innerhalb eines bestimmten<br />
Umkreises vom bisherigen Praxissitz eine Konkurrenzpraxis zu eröffnen.<br />
Die grundsätzliche Zulässigkeit <strong>von</strong> Konkurrenzschutzklauseln bei Berufsausübungsgemeinschaft<br />
(Gemeinschaftspraxen) ist anerkannt. 4 Bei Praxisgemeinschaften<br />
wird die Frage der Zulässigkeit unter Juristen kontrovers diskutiert.<br />
5 Teilweise wird argumentiert, daß das Wettbewerbsverbot unzulässig sei,<br />
weil es einen Vertrag zu Lasten der betreuten Patienten darstelle. Da die<br />
Rechtslage ungeklärt ist, besteht das Risiko, daß das Wettbewerbsverbot mit<br />
<strong>Umwandlung</strong> der Rechtsform unwirksam wird.<br />
4. Gewinnpooling<br />
Die Praxisgemeinschaft stellt eine BGB-Innengesellschaft dar, sie tritt als solche<br />
nicht nach außen in Erscheinung. Gegenüber den Patienten und gegenüber<br />
der Kassenzahnärztlichen Vereinigung rechnet der jeweilige Zahnarzt ab.<br />
Gleichwohl entspricht es häufig dem Wunsch, die bisherigen Beteiligungs- und<br />
Gewinnverteilungsverhältnisse beizubehalten. In Betracht kommt insofern ein<br />
sogenanntes Gewinnpooling, bei welchem die Gewinne oder Verluste nicht<br />
auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters, sondern gemeinschaftlich realisiert<br />
werden. Die Gewinne - oder Verluste - könnten dann nach dem Verteilungsschlüssel<br />
der ehemaligen Gemeinschaftspraxis individuell zugerechnet<br />
werden, so daß sich auf der finanziellen Ebene keine Unterschiede zum bisherigen<br />
Status ergeben. Es wird dringend empfohlen, vor Realisierung der<br />
<strong>Umwandlung</strong> die steuerlichen Auswirkungen - eventuell durch Einholung einer<br />
verbindlichen Auskunft der für den Praxissitz zuständigen<br />
Oberfinanzdirektion - zu klären.<br />
5. Sanktionen bei Umgehung<br />
Die <strong>Umwandlung</strong> einer Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis)<br />
in eine Praxisgemeinschaft ist dann problematisch, wenn das Vorhandensein<br />
selbständiger Einzelpraxen nach außen vorgetäuscht wird, sich in Wirklichkeit<br />
außer der geänderten Benennung und Auswechslung des Praxisschildes an<br />
der Praxissituation nichts ändert. Werden die zahnärztlichen Leistungen
3<br />
nahezu beliebig ausgetauscht und erfolgt bei Beibehaltung der bisherigen<br />
Gewinnverteilungsregelung keine Trennung der Patientendokumentation,<br />
spricht vieles für das Vorliegen einer faktischen Gemeinschaftspraxis. Das gezielte<br />
Einwirken auf Patienten, die einzelne Ärzte der Praxisgemeinschaft aufzusuchen,<br />
um auf diese Weise eine „Scheinvermehrung oder - verdünnung“<br />
zu realisieren, kann z. B. als Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten<br />
disziplinarrechtliche Maßnahmen provozieren. 6<br />
Liegt faktisch eine gemeinsame Berufsausübung vor und soll die formale <strong>Umwandlung</strong><br />
lediglich zu Honorarvorteilen führen, kann unter Umständen sogar<br />
ein so schwerwiegender Gestaltungsmißbrauch anzunehmen sein, daß die<br />
Eignung des Zahnarztes zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung<br />
hinterfragt werden muss. Soweit die Kassenzahnärztliche Vereinigung<br />
durch das Vorliegen einer Scheinpraxisgemeinschaft getäuscht und zu erhöhten<br />
Honorarzahlungen veranlaßt wird, kann der Tatbestand des Betruges<br />
(§ 263 StGB) erfüllt sein.<br />
6. Fazit<br />
Die <strong>Umwandlung</strong> einer Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis)<br />
in eine Praxisgemeinschaft muß sehr gut überlegt werden. Vermeintliche Abrechnungsvorteile<br />
sind gegen den Aufwand der <strong>Umwandlung</strong> und hierdurch<br />
bedingte Nachteile abzuwägen. Nachdrücklich ist vor dem Gestaltungsmißbrauch<br />
zu warnen, der darin besteht, daß unter Vorspiegelung einer Praxisgemeinschaft<br />
tatsächlich eine Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis)<br />
ausgeübt wird. Der finanziell motivierten vorschnellen <strong>Umwandlung</strong><br />
sei mit einem deutlichen „CAVE!“ begegnet.<br />
Rechtsanwalt<br />
Dr. K.-H. Möller<br />
Pfeifferstraße 6<br />
40625 Düsseldorf<br />
1<br />
vgl. Ratzel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO) 1997,<br />
2. Auflage, 1998, § 9 Rn. 8<br />
2<br />
Die Weitergabe <strong>von</strong> Krankenunterlagen an andere Ärzte ist begrenzt durch die Schweigepflicht;<br />
vgl. Rieger, Lexikon des Arztrechts, 1984, Rn. 1092<br />
3<br />
Narr, Ärztliches Berufsrecht, Bd. II, 2. Auflage, Stand: Januar 1997, B 435; Ehmann,<br />
Praxisgemeinschaft/Gemeinschaftspraxis, MedR 1994, 141<br />
4<br />
Nach OLG Stuttgart, Urteil vom 20. November 1998, 2 U 204/96 ist ein Wettbewerbsverbot auch ohne<br />
ausdrückliche Vereinbarung dem Gemeinschaftspraxisvertrag „immanent“ (nicht rechtskräftig)<br />
5<br />
Zu Konkurrenzschutzklauseln zwischen niedergelassenen Ärzten vgl. Narr, a.a.O., B 413; zu<br />
Konkurrenzschutzklauseln zwischen einem Nichtarzt (Vermieter in einem Gesundheitszentrum) und<br />
einem Arzt vgl. Taupitz, MedR 1993, 367<br />
6<br />
vgl. LSG Bad.-Württ., MedR 1997, 563: Das beliebige Hin- und Herwechselnlassen der Patienten<br />
innerhalb einer Praxisgemeinschaft rechtsfertigt Honorarkürzungen; siehe auch LG Heidelberg,<br />
MedR 1998, 273.