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SPSG 3 (1999/2000) - Perspectivia.net

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Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

Band 3<br />

<strong>1999</strong>/<strong>2000</strong><br />

Copyright<br />

Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.<strong>net</strong>, der Online-<br />

Publikationsplattform der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute<br />

im Ausland (DGIA), zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das<br />

Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das<br />

Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf<br />

einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen<br />

ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine<br />

darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder<br />

Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch<br />

strafrechtlich verfolgt werden.


Korrigenda Bildnachweise<br />

für Jahrbuch Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

<strong>1999</strong>/<strong>2000</strong><br />

Bild S.83, Abbildungsnachweis S.102<br />

Johann Friedrich Eosander: Schloss Charlottenburg, Grundriss<br />

des Erdgeschosses, Berlin 1710 (Umzeichnung mit modernen<br />

Raumnummern) / Landesamt für Denkmalpflege Sachsen,<br />

Plansammlung, Inv. M 63. Bl. 18<br />

Bild S.53, Abbildungsnachweis S.17<br />

Kasel aus einer Stickerei von 1714 mit<br />

Stifterinnenmonogramm A.R.O P Engel auf der Kasel AROP<br />

14, Dom St. Marien zu Erfurt / Bischöfliches Ordinariat Erfurt,<br />

Dr. Günther Lucke, 1992<br />

Bild S.55, Abbildungsnachweis S.17<br />

Baldachin mit hl. Michael, Dom St. Marien zu Erfurt /<br />

Bischöfliches Ordinariat Erfurt, Dr. Günther Lucke, 1992<br />

Bild S.56, Abbildungsnachweis S.17<br />

Kaselkreuz mit Pietá, Cruciskirche zu Erfurt / Bischöfliches<br />

Ordinariat Erfurt, Dr. Günther Lucke, 1992<br />

Bild S.57, Abbildungsnachweis S.17<br />

Übertragene Stickerei mit Darstellung der Marienkrönung,<br />

Crusciskirche zu Erfurt / Bischöfliches Ordinariat Erfurt, Dr.<br />

Günther Lucke, 1992<br />

Bild S.4, Abbildungsnachweis S.17<br />

J.M. Pabst, Bildliche Darstellung der sonst berühmten und<br />

feierlichen Procession des grossen Frohnleichnamsfestes wie<br />

solches vom Jahre 1601 bis 1801 hier statt gefunden hat. /<br />

Stadtarchiv Erfurt 4-0/IV A-11


Jahrbuch<br />

Band 3 · <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>


Jahrbuch<br />

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Band 3·<strong>1999</strong>/<strong>2000</strong><br />

Herausgegeben im Auftrag des Stiftungsrates<br />

vom Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Akademie Verlag


Abbildung auf dem Schutzumschlag:<br />

Noël III Jouve<strong>net</strong> (Zuschreibung), Kurprinzessin Sophie Charlotte von Brandenburg.<br />

Um 1685, Öl auf Lw., 125 × 95 cm, GK I 3030<br />

Foto: Roland Handrich, <strong>1999</strong>, <strong>SPSG</strong><br />

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme<br />

Ein Titeldatensatz für diese Publikation<br />

ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.<br />

ISBN 3-05-003716-4<br />

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2002<br />

Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706.<br />

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf<br />

ohne Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein<br />

anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen,<br />

verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden.<br />

Redaktionsleitung: Jürgen Becher<br />

Redaktion: Holger Stoecker<br />

Gestaltung: Petra Florath, Berlin<br />

Druck: Primussolvero, Berlin<br />

Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer“, Bad Langensalza<br />

Printed in the Federal Republic of Germany


Zum Geleit<br />

Das vorliegende dritte Jahrbuch der Stiftung Preußische Schlösser und<br />

Gärten Berlin-Brandenburg gibt einen Überblick über die Arbeit und die Entwicklung der<br />

Stiftung in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong>. Es waren zwei sehr ereignisreiche und wichtige<br />

Jahre in unserer noch jungen Einrichtung, die auf den Traditionen und Vorarbeiten unserer<br />

Vorgängereinrichtungen, den beiden staatlichen Schlösserverwaltungen in Berlin (West)<br />

und Potsdam, basiert. Besonders deutlich wurde das anlässlich des Festaktes zum zehnjährigen<br />

Jubiläum der Aufnahme der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft in die UNESCO-<br />

Liste des Weltkulturerbes im Dezember <strong>2000</strong>. Die DDR hatte 1989 die Aufnahme der Potsdamer<br />

Schlösser und Gärten in die Liste des Weltkulturerbes beantragt. Die Bundesrepublik<br />

Deutschland zog im Juni 1990 mit einem entsprechenden Antrag für Glienicke und die<br />

Pfaueninsel nach. Nur wenige Wochen nach der Wiedervereinigung, am 12. Dezember<br />

1990, wurde die einzigartige Kulturlandschaft, die von der Insel Potsdam über die Pfaueninsel<br />

bis zum Schloss und Park Glienicke reicht, in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes<br />

eingetragen. Dies wäre ohne das jahrzehntelange aufopferungsvolle, allen Widrigkeiten,<br />

wie dem chronischen Mangel in der ehemaligen DDR, trotzenden Engagement der Potsdamer<br />

und Berliner Kollegen so nicht möglich gewesen.<br />

In diesem Band können wir über die Einbeziehung der Berliner Schlossgärten in Charlottenburg<br />

und Glienicke, über die Unterzeichnung eines neuen Finanzierungsabkommens<br />

zwischen den Zuwendungsgebern der Stiftung sowie über das Leitbild, welches sich die<br />

Stiftung erarbeitet hat, berichten.<br />

Das Jahrbuch ist in bewährter Weise in zwei Hauptteile gegliedert, in den Aufsatzteil,<br />

und in den Berichtsteil, der über die Arbeit der Stiftung und ihrer Abteilungen informiert<br />

und eine Chronik enthält, die die wichtigsten Daten aus den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> wiedergibt.<br />

Der Aufsatzteil blieb diesmal auf acht Beiträge begrenzt. Dennoch ist es gelungen, wieder<br />

Beiträge zusammenzustellen, die fast die gesamte Bandbreite der Stiftungsarbeit betreffen.<br />

Drei kunsthistorische Aufsätze von Christa-Maria Jeitner, Dagmar Neuland-Kitzerow


VI Zum Geleit<br />

und Uta-Christine Bergemann entstanden anlässlich eines wissenschaftlichen Symposiums<br />

über Stickereien am preußischen Königshof, das am Rande der Stiftungsausstellung »Mit<br />

Goldenem Faden. Stickereien für den preußischen Hof« im Sommer <strong>1999</strong> stattfand. Guido<br />

Hinterkeuser publiziert bislang unbekannte oder unbeachtet gebliebene Dokumente, die<br />

neue Erkenntnisse zur frühen Bau- und Ausstattungsgeschichte von Schloss Charlottenburg<br />

liefern. Astrid Fritsche widmet sich in ihrem Aufsatz am Beispiel des Belvedere auf<br />

dem Pfingstberg wichtigen denkmalpflegerischen Aspekten unserer Arbeit. Der Revierleiter<br />

des Parks Babelsberg, Karl Eisbein, gibt einen Überblick über die Geschichte der Wasseranlagen<br />

im Schlosspark Babelsberg seit der Einrichtung des Parks bis in die jüngste Zeit.<br />

Daniel Fitzenreiter, Mitarbeiter in der Potsdamer Restaurierungswerkstatt für Gemälde,<br />

befasst sich mit der Tätigkeit früherer Generationen von Gemälderestauratoren in den<br />

preußischen Schlössern. Schließlich folgen zwei Aufsätze von Kolleginnen der Abteilung<br />

Besucherbetreuung/Museumspädagogik. Silke Hollender wertet eine Besucherbefragung<br />

über die Sonderveranstaltungen der Stiftung im Jahr <strong>2000</strong> aus, und Wilma Otte thematisiert<br />

das besondere Bildungserlebnis eines Besuchs der Schlösser und Gärten.<br />

Breiteren Raum als bisher nehmen Berichte von den Tagungen und Kolloquien ein, die<br />

in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> durchgeführt wurden. Damit wird der Tatsache Rechnung<br />

getragen, dass die Stiftung nicht nur alltägliche Forschungsarbeit – z. B. in der Bauforschung,<br />

zur Erstellung denkmalpflegerischer Gutachten, bei der wissenschaftlichen Erarbeitung<br />

von Ausstellungskonzeptionen oder in wissenschaftlichen Publikationen – leistet,<br />

sondern als Forschungseinrichtung auch in der wissenschaftlichen Kommunikation wichtige<br />

Aufgaben wahrnimmt. Die wachsende Zahl wissenschaftlicher Veranstaltungen, teilweise<br />

mit internationaler Beteiligung, zeigt, dass dieser Aspekt der Stiftungsarbeit weiter<br />

an Profil gewonnen hat.<br />

Der Gesamtüberblick des Generaldirektors und die Berichte der Fachabteilungen dokumentieren<br />

die Arbeit der Stiftung im Bereich der Forschung, der Ausstellungstätigkeit, des<br />

Besucherservices und natürlich die denkmalpflegerischen und restauratorischen Maßnahmen<br />

in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong>. Dabei hat sich nicht nur in und an den Schlössern der<br />

Stiftung einiges getan. Auch in den Gärten und Parks konnten verschiedene Projekte abgeschlossen<br />

oder weitergeführt werden, die das Gesamtensemble der Schlösser und Gärten<br />

vervollständigen.<br />

Von der wissenschaftlichen und besucherorientierten Arbeit der Stiftung zeugt auch die<br />

anhängende Publikationsliste. Neben den Ausstellungskatalogen – sie bilden gewissermaßen<br />

das Korsett unserer Publikationstätigkeit – erschienen in <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> mehrere<br />

neue kleine amtliche Führer und verschiedene neubearbeitete Nachauflagen sowie diverse<br />

andere Publikationen. Besonders hervorzuheben ist das Erscheinen des ersten Bestandskataloges<br />

der Stiftung über Stickereien. Weitere Bestandskataloge zu den Kunstsammlungen<br />

der Stiftung (Gemälde, Skulpturen, Angewandte Kunst, Bestände der Planklammer,<br />

Historische Bibliotheken) werden in den nächsten Jahren folgen.<br />

Die erfolgreiche Arbeit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

wäre in den beiden hier dargestellten Jahren ohne das Engagement unserer Mitarbei-


Zum Geleit VII<br />

terinnen und Mitarbeiter, die Unterstützung unserer Zuwendungsgeber und die Spendenfreudigkeit<br />

unserer Mäzene, Sponsoren und Freunde nicht möglich gewesen. Allen gilt deshalb<br />

mein herzlicher Dank.<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg September 2001<br />

Generaldirektor der Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg


Inhalt<br />

Zum Geleit V<br />

I. Aufsätze<br />

Christa-Maria Jeitner<br />

Glanzlichter aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei. Beobachtungen<br />

an Stickereien des 18. Jahrhunderts aus dem Erfurter Neuwerk-Kloster 3<br />

Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

zwischen Disziplinierung und Kreativität 19<br />

Uta-Christiane Bergemann<br />

Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 33<br />

Guido Hinterkeuser<br />

Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer. Neue und wieder<br />

gelesene Quellen zur Baugeschichte von Schloss Charlottenburg (1694–1711) 65<br />

Astrid Fritsche<br />

Neue Erkenntnisse zum Belvedere auf dem Pfingstberg 103<br />

Karl Eisbein<br />

Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 109<br />

Daniel Fitzenreiter<br />

Gemälderestauratoren in den Preußischen Schlössern 131<br />

Silke Hollender<br />

Der begehrte Blick hinter die Kulissen.<br />

Auswertung einer Besucherbefragung über die Sonderveranstaltungen<br />

im Jahre <strong>2000</strong> 141


X Inhalt<br />

Wilma Otte<br />

Schlösser und Gärten – ein Erlebnis für alle Besucher 151<br />

Autoren 154<br />

Die Arbeit der Stiftung<br />

II. Die Arbeit der Stiftung Preußische<br />

Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in<br />

den Jahren <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> – Berichte und Chronik<br />

Bericht des Generaldirektors 157<br />

Berichte<br />

Generaldirektion 166<br />

Generalverwaltung 170<br />

Schlösserdirektion 174<br />

Gartendirektion 190<br />

Baudirektion 197<br />

Abteilung Restaurierung 203<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 209<br />

Chronik<br />

Neueinrichtungen 219<br />

Ausstellungen 220<br />

Tagungen 222<br />

Staatsbesuche und protokollarische Veranstaltungen 231<br />

Publikationen der Stiftung 234<br />

Publikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 237<br />

Nachruf Dr. Sibylle Harksen 243<br />

III. Struktur und Personal<br />

Leitbild 249<br />

Schlösser, Gärten und Sammlungen 252<br />

Organe und Gremien 254<br />

Organisation und Personal 256


IV. Die Fördervereine<br />

Inhalt XI<br />

Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. 265<br />

Studiengemeinschaft Sanssouci e.V.<br />

Verein für Kultur und Geschichte Potsdams 270<br />

Förderverein Pfingstberg e.V. 273<br />

Verein Historisches Paretz e.V 279<br />

Abkürzungen 288


I.<br />

Aufsätze


CHRISTA-MARIA JEITNER<br />

Glanzlichter aus<br />

Gold- und Silberfäden in<br />

bunter Nadelmalerei<br />

Beobachtungen an Stickereien des 18. Jahrhunderts<br />

aus dem Erfurter Neuwerk-Kloster<br />

Im Zusammenhang mit der zurückliegenden Restaurierung des Baldachins<br />

von 1688 im Erfurter Dom, der Arbeit am dortigen Gewänder- und Paramentenbestand<br />

sowie der Vorbereitung zur Ausstellung »Schätze aus Erfurter Kirchen« anläßlich des<br />

1250jährigen Bestehens der Stadt Erfurt im Jahre 1992 1 erschien es mir aussichtsreich, nach<br />

weiteren Stickereien einer Gruppe zu fahnden, die sich aufgrund außergewöhnlicher Sticktechniken<br />

als zusammenhängend erkennen ließen. Mein Anliegen war es, sie in der Ausstellung<br />

zusammenzuführen und die Zusammenhänge ihrer sticktechnischen Merkmale zu<br />

untersuchen. Durch die Entschlüsselung aufgestickter Versalien ließ sich die Herkunft der<br />

Stickereien auf eine Werkstatt im Neuwerk-Kloster zurückführen, wodurch sie auch in dessen<br />

Geschichte einzuordnen waren. Auch das Umfeld der Stickerinnen und deren ikonographische<br />

Orientierung wurde – soweit erhalten – faßbar und erschloß weiterführende<br />

Zusammenhänge. 2<br />

Der Marien-Dom zu Erfurt benutzt bis heute einen Baldachin von 1688 (Nr. 1, Abb. 1). 3<br />

Dessen streng symmetrischer Aufbau mit eingestickter Datierung wirkt repräsentativ. Auf<br />

rotem Samt tragen die Behänge die Wappen der Bistümer der Mainzer Erzdiözese, in der<br />

Abb. 1 Wappen des Kurfürst-Erzbischofs Anselm Franz von Ingelheim in der Mitte des vorderen<br />

sowie des hinteren Behanges am Baldachin von 1688, Dom St. Marien zu Erfurt


4 Christa-Maria Jeitner<br />

Abb. 2 J. M. Pabst: Fronleichnamsprozession, wie solche vom Jahre 1601–1801 hier stattgefunden<br />

hat, 1854 (Ausschnitt), Stadtarchiv Erfurt, Sign. 4-0/IV A 11<br />

vorderen und hinteren Mitte das des Kurfürsten und Erzbischofs Anselm Franz von Ingelheim<br />

(1679 –1695). Im Zentrum des Himmels steht eine Monstranz im Strahlenoval, flankiert<br />

von Engeln und Engelköpfen. Das Medaillon im oberen Aufbau mit einem eingearbeiteten<br />

kolorierten Kupferstich erinnert an Klosterarbeiten. 4 Eine bildliche Darstellung aus<br />

der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt, dass man eben diesen Baldachin bei der Fronleichnamsprozession,<br />

der so genannten Angerprozession, die von den Stiftsgeistlichen des<br />

Domes angeführt wurde, durch die Stadt trug. 5 An ihr nahm der Koadjutor des Bischofs als<br />

dessen Statthalter teil, was die Angerprozession zu einem Repräsentationsakt für Franz von<br />

Ingelheim als Erzbischof und als Kurfürst werden ließ. Dem war ein Prunkbaldachin mit<br />

seinem Wappen, gestickt in Gold und Silber auf Samt und Seide, angemessen. Die Wappen<br />

von Ingelheims sowie die eingestickte Datierung 1688 lassen auf eine Herstellung speziell<br />

für jene 1672 wieder eingeführte Fronleichnamsprozession schließen.<br />

Innerhalb des Dombestandes fällt die Ähnlichkeit der weihrauchfassschwingenden<br />

Engel auf diesem Baldachin zu denen auf einer Kasel (Nr. 2, Farbabb. 1) mit aufgestickten<br />

Kürzeln »A. R. O P« und der Zahl »14« sofort ins Auge. Jene Kasel ist deutlich als Zweitverwendung<br />

erkennbar, denn am Rand liegende Stickereien sind teilweise angeschnitten.<br />

Während der Restaurierung 1986 kam zutage, daß sie aus vielen, auch einander überlap-


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 5<br />

Abb. 4 Engel auf dem Baldachin von 4,<br />

Dom St. Marien zu Erfurt<br />

penden Teilen zusammengestückelt ist, von denen einige Seng- und Brandspuren aufweisen.<br />

6 Die Engel, einer Mitte ohne Bezugspunkt zugewandt, lassen dort wiederum an eine<br />

Monstranz denken, geht man von der Komposition des Baldachins von 1688 aus. 7 Offensichtlich<br />

war 1714 für das eigene Kloster ein Baldachin gestickt worden, in dem Teile des<br />

Kompositions- und Darstellungsmotivs des Dom-Baldachins von 1688 aufgenommen wurden,<br />

jetzt umgeben von großen, leuchtenden Blumen, wie sie als Vorlagen bis in den häuslichen<br />

Bereich verbreitet waren. 8 Da sogar die Engel mit geschliffenen Steinen geschmückt<br />

sind, dürfte auch hier das Mittelbild reich ausgestattet gewesen sein, möglicherweise mit<br />

Perlen bestickt wie beim ersten Baldachin. Nach einem Brandschaden wurden die noch verwendbaren<br />

Stücke zu einer Kasel zusammengesetzt.<br />

Die gleiche Abbreviatur »A. R. O P« wie auf der o. g. Kasel (Nr. 2, Farbabb. 1) findet sich<br />

auf einer weiteren Kasel (Nr. 4), die mit zwei Dalmatiken (Nr. 13) zu einem Ornat ergänzt<br />

wurde. Die Dalmatiken sind mit den Versalien »M F D P« und mit der Jahreszahl »1745«<br />

versehen. 9


6 Christa-Maria Jeitner<br />

Was verbirgt sich hinter dem verschlüsselnden Kürzel »A.R.O P«? Im Domarchiv befindet<br />

sich ein Inschriftblatt 10 , das 1904 beim Abfüttern der Goldstoffkasel entdeckt wurde:<br />

»Dißen Ornat hat lassen machen Venerabilis Mater Priorissa Anna Rosalia Osburgin. gestickt<br />

Durch Schwester Theodora Thomanin. Schwester Joanna Dorothea Rauchin. Schwester<br />

Maria Foelicitas Drägerin als Jungfrauen dieses Closters Zum H. Creuz genandt. Von Meister<br />

Nicolaus Bäumler verfertiget Den 3ten Septembris Anno 1729. Omnia ad Majorem Dei<br />

Gloriam.« 11<br />

Damit waren die Buchstaben aufgelöst als Monogramm der Stifterin Anna Rosalia<br />

Osburg Priorin. Gleichzeitig war als Entstehungsort der Stickereien eine Werkstatt im Neuwerk-Kloster<br />

gefunden, als deren Charakteristikum sich der gestochene Gold- und Silberfaden<br />

erweist. Diese Glanzlichter auf beleuchteten Farbflächen – Lichthöhung auf Blättern,<br />

Blüten, auf Gewandfalten, in Haarsträhnen – steigern deren malerische Valeurs und geben<br />

den Stickereien strahlende Lebendigkeit. Neben dieser spezifischen Technik gibt es eine<br />

Vielzahl besonderer handwerklicher und technischer Merkmale. Durch Klassifizierung und<br />

Zusammenstellung aussichtsreicher Merkmale konnte eine Tabelle erstellt werden, in der<br />

die Entwicklung der Sticktechniken in diesem Kloster anhand der datierten Stücke ablesbar<br />

wird (Abb. 4). Nach ihr ließen sich selbst undatierte Stickereien auf Grund ihrer Techniken<br />

zeitlich einordnen. So ist es möglich, etwa 70 Jahre Werkstattverhalten zu verfolgen,<br />

seine Konstanz wie seine Variabilität. Eine anfangs sehr breit angelegte Skala von Techniken<br />

verminderte sich im Laufe der Zeit, handwerkliche Gewohnheiten verlagerten sich. Die<br />

Aufstellung verdeutlicht sowohl die Verwendung von Techniken über lange Zeit, als auch<br />

das Auftreten neuer, auch bald wieder aufgegebener Methoden. Dahinter lassen sich<br />

stickende Hände vermuten, die ihre Fähigkeiten einbringen konnten, solange sie selbst<br />

stickten. Noch 1714 in den Granatäpfeln professionell ausgeführt, wurde die Anlegetechnik<br />

danach in naiven Bögen gestochen, eine Eigenart, an der sich spätere Stickereien aus<br />

dem Neuwerk-Kloster erkennen lassen. Die Weitergabe selten angewendeter Techniken<br />

wird ablesbar, so Noppenschlingen aus Gold- oder Silberfäden bzw. aus Frisé 12 oder Seidenzwirn,<br />

auch die vereinzelte Wiederkehr von Knötchenstichen oder schwarzer Kontur.<br />

In Nadelmalerei wird in sämtlichen Stücken gestickt, von der lediglich kolorierenden Zutat<br />

im Baldachin von 1688 über dekorative Flächigkeit bis hin zu barockem Naturalismus. Im<br />

Velum (Nr. 17), der letzten Stickerei, ist die Nadelmalerei bis zu einer Farbstilisierung getrieben,<br />

mit der ein geradezu überrealer Ausdruck erreicht wird. Auffallend ist das allmähliche<br />

Übergehen im Stickmaterial von ungesponnener zu gezwirnter Seide. Die Technik der<br />

gestochenen Gold- und Silberfäden wird geschickt beherrscht, kein Aufräufeln der Lahnumspinnung<br />

beim Durchstechen des Grundes, keine lockeren Stichlagen durch die Steife<br />

des Fadens. Der äußerst sorgfältigen Stickerei entsprechen Materialien bester Qualität.<br />

Gegenüber Manufakturarbeiten fällt eine besonders dichte, ausschmückende, liebevolle, ja<br />

übertreibende und lebendige Ausführung auf, zuweilen bis zu miniaturhaften Details verfeinert.<br />

Auch eigene Materialkombinationen werden hergestellt. An Klosterarbeiten erinnern<br />

aufgestickte Fingerringe, die Halskette aus Perlen sowie die Perlenreihe um ein brennendes<br />

Herz. Die Kombinationen von Techniken und Strukturen wie auch die Farbskala


✕ Auftreten<br />

❖ geringfügiges Auftreten<br />

▲ nur an Stola und Manipel<br />

anteiliges Auftreten ( 1 /3)<br />

anteiliges Auftreten ( 2 /3)<br />

ausschließliches Auftreten<br />

Abb. 4 Tabelle ausgewählter sticktechnischer Merkmale<br />

Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 7<br />

Baldachin 1688<br />

Stickerei A · R · O · P 14<br />

Velum 1719<br />

Kasel A · R · O · P 1729<br />

Zerschnittene Stickerei<br />

Velum<br />

Marienkrönung<br />

Kasel mit Vesperbild<br />

Fahne<br />

Kasel G · A · A · P 1738<br />

Baldachin hl. Michael<br />

Apokalyptische Madonna<br />

Dalmatika MFDP 1745<br />

Segensvelum 1755<br />

Kaselkreuz<br />

Vorsatzvelum<br />

Nr. der Zusammenstellung S. 13 f. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 17<br />

Schwarze Binnenkontur ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Knötchenstich ✕ ❖ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gespinst/Seide, geflechtartig ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Miniaturen ✕ ❖ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gezwirnte Seide ■ ■ ■ ■ ■ ■<br />

Nadelmalerei ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Netzförmige Spannstiche ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Goldfrisé ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Goldgespinst ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gestochen ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Silbergespinst ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Lichterhöhung ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Anlegetechnik ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Silberfrisé ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Besonderheiten ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gezwirntes Gold ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Steine ✕ ✕ ? ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gezwirntes Silber ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Dreistiche ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Metallknötchen ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Metallschlingen ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gebogene Körperanlegetechnik ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕ ✕<br />

Gefachte Seide ■ ■ ■ ■ ■<br />

Sprengstich ✕ ❖ ❖ ❖ ❖ ✕ ✕ ❖<br />

Relief ✕ ✕ ❖ ❖ ▲ ✕ ✕<br />

Anlegetechnik über Zwirn ✕ ✕ ❖ ✕ ▲ ✕<br />

Knottenketten ✕ ✕ ✕ ✕ ? ✕ ✕<br />

Perlen ✕ ✕ ? ✕ ✕<br />

Cantille ✕ ✕ ? ✕ ✕<br />

Koloriert ✕ ✕


8 Christa-Maria Jeitner<br />

lassen eine künstlerisch führende Persönlichkeit unter den stickenden Händen des Klosters<br />

vermuten.<br />

Zur Ausbildung in Klöstern gehörte, daß begabte Mädchen sticken lernten. Techniken<br />

und handwerkliche Eigenheiten wurden dort weitergegeben, wodurch sich eine fortlaufende<br />

Tradition entwickelte. Zu ihrem eigenen Stil gelangte die Werkstatt, weil sichtlich<br />

auf die künstlerische Darstellung ebenso großer Wert gelegt wurde wie auf handwerkliche<br />

Meisterschaft. Geübt wurde auch der Umgang mit Vorlagen, deren Umsetzung und Variation,<br />

schließlich wurde die Fähigkeit zu selbständigen Entwürfen entwickelt. Druckgraphik<br />

aus der Werkstatt Schongauers war schon Ende des 15. Jahrhunderts als Vorlage herangezogen<br />

worden. 13 Welche Drucke im Barock in das Kloster gelangten, Einfluß gewannen<br />

und damit möglicherweise auch Bildtypen für die Ausstattung der Kirche vorgaben, bleibt<br />

noch zu eruieren. Klosterfrauen blieben durch die Pflicht der Stabilitas loci auf ihr Kloster<br />

beschränkt. Bei neuen Entwicklungen waren sie auf Informationen angewiesen, die in ihr<br />

Kloster gelangten, das waren sowohl gedruckte Bildvorlagen als auch gemusterte Stoffe. In<br />

dieser begrenzten Welt muß der Neubau der Kirche als einzigartiger Einbruch zeitgenössischen<br />

künstlerischen Schaffens gewirkt haben. Er brachte die Chorfrauen in Kontakt mit<br />

Künstlern, die mit der Ausstattung beauftragt waren. Einflüsse und Wechselwirkungen verschmolzen<br />

zum Stil der Werkstatt, deren Stickereien ihrerseits das Kloster repräsentieren,<br />

weil dort in erster Linie für den eigenen Bedarf gearbeitet wird.<br />

Auf den eigenen Bereich verweisen die beiden vor dem Neubau der Kirche entstandenen<br />

Stickereien. Mit dem Typus der Engel mit Weihrauchfässchen, wie er auf dem Baldachin<br />

von 1688 (Nr. 1) und der Kasel »A.R. O P« »14« (Nr. 2, Farbabb. 1) erscheint, ist eher<br />

in früheren Kunstepochen zu rechnen. Tatsächlich finden sich Engel mit Weihrauchfässern<br />

über dem Giebel des Tabernakels aus der alten Kirche (Farbabb. 2). 14 Dieses Bild war für<br />

die Chorfrauen mit dem eucharistischen Brot verbunden. Das Motiv wurde von ihnen übernommen.<br />

15<br />

Der hl. Michael, als barock-antiker Held erscheinend, findet sich nicht nur als Stickerei<br />

auf der Unterseite des Baldachinhimmels (Nr. 11, Farbabb. 3 und 4), sondern auch auf dem<br />

Deckengemälde der Kapelle bei der Crucis-Kirche 16 , dessen Datierung »1735« im gleichen<br />

Duktus geschrieben ist wie die Jahresangaben auf den Stickereien. Das Gemälde trägt die<br />

Inschrift: »An dieser Kirchen ist der erste Stein gelegt den 8. Mai ao 1731 auff s. Michaels<br />

Erscheinung«. Die Malerei der Kapelle stammt wegen ihrer naiven Züge von anderer Hand<br />

als die Deckenmalereien der Kirche. Von dieser Hand könnten auch Fahnen gemalt sein.<br />

Das ziemlich grob in Ölfarben auf Leinwand gemalte Blatt in einer weinroten Seidendamastfahne<br />

im Besitz des Domes zeigt wiederum eine ähnliche Darstellung des hl. Michael.<br />

Derartige Fahnen sind auch für die Crucis-Kirche belegt: »S. Antonius de Padua 1740« 17<br />

sowie »S. JOANNES NEPUMUCENUS 1740«, auf deren Rückseite Maria auf der Weltkugel<br />

»S. Maria 1740« 18. Diese Immaculata steht einer weiteren Stickerei nahe, einer apokalyptischen<br />

Madonna mit Jesuskind (Nr. 12). 19 Die Komposition in silbernem Oval, umschlungen<br />

von einer Blumengirlande, in den Ecken Blumenbuketts mit silbernen Schleifen, ist<br />

identisch mit der des Baldachinhimmels mit hl. Michael.


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 9<br />

Das Motiv des Vesperbildes im gestickten Kaselkreuz (Nr. 8, Farbabb. 5), erweitert um<br />

den Aspekt der schmerzensreichen Mutter mit einem Schwert in der Brust, verbindet sich<br />

mit der Pietà über dem Hauptportal, die 1735 bei der Kirchweihe auf ihrem Platz stand.<br />

Außerdem führen die Kunstdenkmäler ein Gemälde mit Mater Dolorosa von 1741 an. 20 Auf<br />

einem dort vorhandenen Gemälde mit Pietà ist, wie auf der Stickerei, die Dornenkrone auf<br />

dem Boden abgelegt. 1735 wurde an der Kirche eine Bruderschaft der sieben Schmerzen<br />

Mariae gegründet. Für sie könnte die Kasel gestickt worden sein.<br />

Eine Marienkrönung (Nr. 7, Farbabb. 6), ist wieder in ein flammendes Oval gesetzt, das<br />

schon das Zentrum im ersten Baldachin von 1688 umgab. Diese Darstellung steht der Bekrönung<br />

des Hochaltars nahe, der vom Kloster in Auftrag gegeben und 1735 (spätestens 1737)<br />

fertiggestellt war. 21 Nachdem die Umsetzung schon einmal erarbeitet war, wurde der gleichen<br />

Komposition ein anderes Thema unterlegt, ähnlich dem Parodieverfahren im musikalischen<br />

Bereich. Als Dreifaltigkeit bildet sie das Zentrum eines weiteren Kaselkreuzes<br />

(Abb. 5) mit der Datierung 1738. 22 Wie auf dem Altar hält Christus ein langes Kreuz, doch<br />

hier erhebt er die Rechte. Geschickt ist der linke bloße Unterschenkel, im Altar das kompositorische<br />

Gegengewicht zum krönenden Arm, in der Stickerei in ein rechtes bloßes Bein<br />

verändert, das nun wiederum die Bewegung des Armes fortsetzt. Diese Lösung läßt auf<br />

künstlerisches Vermögen schließen, das leicht übersehen werden kann durch das etwas naiv<br />

schwingende Gewand Gottvaters. Die Beschreibung dieser Kasel aus der Lorenzkirche in<br />

den Kunstdenkmalen ergänzt die Abbildung: »Kasel mit Kreuz. […] Auf dem beigefarbenen<br />

Vorderstab Blumenmuster und Monogramm Christi. Das Rückenkreuz mit Seidenstickerei<br />

in Plattstich. In der Vierung die Dreifaltigkeit auf sepiafarbenen und silbergrauen Wolken.<br />

Christus in hellrotem, Gottvater in silbernem Mantel. Blumen rot, moosgrün und hellblau.<br />

Unten Wappen-Kartusche (geflügeltes Herz mit Anker) mit farbigen Glasflüssen. Überschrift<br />

IN DEO SPES MEA. Unterm Wappen G.A.S.P.1738«.<br />

Als durchaus mit der Welt verbunden erweisen sich die Stickerinnen in ihrer zeitgemäßen<br />

Stilorientierung. Trotz gewisser naiver Züge entspricht die Stickerei von 1714 (Nr. 2,<br />

Farbabb. 1) der Silhouettenhaftigkeit gleichzeitiger Gewebemuster. Die Dalmatiken von 1745<br />

(Nr. 13) lehnen sich an den Entwurf von 1729 (Nr. 4) an, in dem früh die großen Blüten des<br />

beginnenden Naturalismus der französischen Seidenweberei aufgenommen worden sind 23 .<br />

Die Veränderungen, die vom Barock zum Rokoko führen, lassen sich sowohl stilistisch<br />

als auch handwerklich ablesen. Entspricht die stark reliefierte Goldstickerei des Baldachins<br />

von 1688 mit ihrer Fülle von Strukturen, verschiedenen Goldfäden, Drähten, Lahnen<br />

ganz dem hochbarocken repräsentativen Anspruch, so ist 1729 das Relief fast gänzlich verschwunden<br />

zugunsten der Nadelmalerei. In der Kasel mit Vesperbild und in der Prozessionsfahne<br />

mit Jesusknaben (Nr. 9, Farbabb. 7) sind nicht einmal mehr Perlen oder Steine<br />

verwendet, die Blumen entfernen sich dort von dekorativer Flächigkeit und naturalistischer<br />

Auffassung.<br />

Im Segensvelum von 1755 (Nr. 14) sind mit gegenläufigen Wellenranken und überlagernden<br />

Zweigen mit zierlichen Blüten und Früchten wiederum sehr früh neue Tendenzen<br />

der Seidenweberei aufgenommen. Das späte Velum (Nr. 17) mag auf einen großrapportigen


10 Christa-Maria Jeitner<br />

Wandbespannungsstoff zurückgehen; es nimmt bereits exotische Pflanzenmotive auf, die<br />

mit vielschichtiger Symbolik kombiniert werden. 24<br />

Wenn 1777 im Visitationsbericht der Cruciskirche vierundzwanzig Festtagsgewänder<br />

genannt sind, so zählte dazu der Ornat bestehend aus der Kasel mit dem Stifterinnenmonogramm<br />

der Priorin Anna Rosalia Osburg und den Dalmatiken mit dem Monogramm »M<br />

F D P« »1745« (Nr. 13). Nochmals nahm man die großen Blüten von 1729 sowie inzwischen<br />

nicht mehr angewandte Techniken auf, sogar ein ähnlicher Goldstoff wurde beschafft. Die<br />

stiftende Maria Felicitas Draeger, auf dem Inschriftblatt von 1729 eine der stickenden<br />

Schwestern, ist nun Priorin. Die 1687 Geborene kam mit 13 Jahren in dieses Kloster, so steht<br />

es unter ihrem etwas grauen, sehr strengen, lebensgroßen Bildnis in der Crucis-Kirche<br />

geschrieben. 25 Mit 21 Jahren legte sie ihre Profeß ab und 1730 wurde sie Nachfolgerin der<br />

Priorin Osburg. Von 1731 bis 1735 erbaute sie die neue Crucis-Kirche. Bei deren Restaurierung<br />

von 1978 bis 1986 wurden viele manieristisch verspielte »M F D P«-Initialen freigelegt.<br />

Mit ihnen hat ein skurriler Stuckateur 26 , der auch andere Vexierbilder in die Marmorierung<br />

einließ, versteckte Huldigungen an den Kunstverstand der Erbauerin angebracht.<br />

Als sie 1747 starb, waren die bedeutenden figürlichen Stickereien geschaffen. Deren Stickerin<br />

war seit Mitte der vierziger Jahre des 18. Jh. nicht mehr tätig. Dalmatiken, Segensvelum,<br />

die Kasel mit großen Blumen und das Velum blieben ohne figürliche Darstellungen. War<br />

Maria Felicitas Draeger die Stickerin der hl. Magdalena (Nr. 4), der Pietà und des Antlitzes<br />

Jesu (Nr. 16), der Marienkrönung (Nr. 7, Farbabb. 6), der Kasel mit Dreifaltigkeit (Nr. 10,<br />

Abb. 5) und schließlich des Jesusknaben (Nr. 9, Farbabb. 7), vielleicht auch der Engel von<br />

1714 (Nr. 2, Farbabb. 1)? Schuf sie die Entwürfe für Stickereien? War ihre Hand die letzte,<br />

die barocke Goldstickereien auszuführen verstand?<br />

Auf den Behängen des Dombaldachins von 1688 repräsentieren die vorgegebenen Wappen<br />

der Suffraganbistümer den Bereich der Regentschaft des Mainzer Erzbischofs. Das Wappen<br />

des Franz von Ingelheim inmitten des vorderen und hinteren Behanges weist diesen<br />

als Stifter des Baldachins aus. Er war es, der den Klosterfrauen den Auftrag erteilte, was die<br />

Hochschätzung für die Goldstickerei der Augustinerinnen belegt.<br />

Die Kasel mit dem Monogramm »G.A.S.P.« – Gunter Abbas Sancti Petri 27 – lässt sich<br />

durch die typischen Initialen, nahezu wie ein Werkstattzeichen zu werten, wiederum als<br />

Arbeit des Neuwerk-Klosters erkennen. Der Wahlspruch Abt Günthers IN DEO SPES MEA<br />

sowie sein Wappen, das geflügelte Herz mit Anker 28 , Schlüssel und Schwert als Insignien<br />

Petri und Pauli, denen das Benediktinerkloster geweiht war, weisen die Kasel als seine Stiftung<br />

aus. Also wurde sie im Auftrag gestickt, wie gewiss auch das Segensvelum (Nr. 14) 29 ,<br />

beide sind in der Lorenzkirche als Erbe aus dem Peterskloster erhalten. Nach Aufhebung<br />

des Klosters bei der Säkularisierung 1819 pastorierten dessen Mönche in der Lorenzkirche.<br />

Sie brachten bewegliche Schätze wie Holzskulpturen, Schriften, das Messgewand Abt Günthers<br />

und weitere Stickereien mit 30, vermutlich auch die Gewänder aus kostbaren französischen<br />

Seidenstoffen, die heute noch dort zu finden sind.<br />

Wie ein Auftrag zwischen den Klöstern abgewickelt wurde, ist für Erfurt bisher nicht<br />

bekannt. In Böhmen arbeiteten die Prämonstratenserinnen von Chotěˇsov für den Abt des


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 11<br />

Abb. 5 Verlorene Kasel mit Stiftermonogramm G.A.S.P, ehemals Lorenzkirche zu Erfurt


12 Christa-Maria Jeitner<br />

Prämonstratenserklosters Teplá. Die hohen Kosten, die der Abt zu begleichen hatte, betrafen<br />

die teuren Materialien, nicht die Arbeit, die die Nonnen umsonst leisteten. 31 Doch ist<br />

nicht auszuschließen, daß die Erfurter Augustiner-Chorfrauen auch gegen Bezahlung stickten,<br />

denn seine Bauten mußte der Konvent aus eigenen Mitteln errichten. 32<br />

Ein Kelchvelum aus dem Ursulinenkloster weist das Charakteristikum gestochener Goldfäden<br />

auf, das in den eigenen Stickereien der Ursulinen nicht vorkommt. So ist das Kelchvelum<br />

von 1719 (Nr. 3) trotz des eingestickten Namens der hl. Ursula der Werkstatt der<br />

Augustinerinnen zuzuschreiben. 33 Die Girlanden und Engelchen mit Schleifchen auf dem<br />

zweiten Velum (Nr. 6) scheinen unter dem Einfluß der Stuckdecke der Crucis-Kirche entstanden<br />

zu sein. 34<br />

Der Baldachin im Dom, die Kasel Abt Günthers und die Velen im Ursulinen-Kloster belegen<br />

Aufträge – es könnten weit mehr gewesen sein. Gleichzeitig aber wurden, ungeachtet<br />

des Geldmangels für den Bau, ungeachtet der Unruhe durch den Abriß der Klostergebäude<br />

seit 1710 und der Kirche 1730 wie auch während des Kloster- und Kirchenneubaus fortgesetzt<br />

kostbare Stickereien für die Gottesdienste im eigenen Kloster gearbeitet. Der Sinn<br />

klösterlichen Arbeitens erfüllte sich im Tun selbst, nicht dem Erwerb hatte die Arbeit zu<br />

dienen, sondern zunächst dem Bedarf des eigenen Klosters. 35 Unter den 24 Festgewändern<br />

befanden sich nicht allein die von den Äbtissinnen Osburg und Draeger gestifteten 36 , sondern<br />

eine Reihe weiterer von den Nonnen gestickter. Das belegen jene bis heute in der<br />

Cruciskirche verbliebenen: eine umgearbeitete Kasel mit ausgeschnittenen Stickereien<br />

(Nr. 15) 37 , das übertragene Kaselkreuz mit Pietá und heute verborgenem Stiftermonogramm<br />

»M A H« (Nr. 8) 38 , die Marienkrönung, heute auf eine Kasel gesetzt (Nr. 7, Farbabb. 6), doch<br />

für eine andere Nutzung gearbeitet, eine Burse (Nr. 16) und schließlich ein Velum (Nr. 17).<br />

Gewiß für den Gebrauch im eigenen Kloster hatten sie 1714 einen Baldachin gestickt (Nr. 2,<br />

Farbabb. 1) und vermutlich später die Fahne mit Jesulein (Nr. 9, Farbabb. 7) 39 wie auch den<br />

Baldachin mit hl. Michael (Nr. 11, Farbabb. 3) 40 , wenn sich auch diese heute nicht mehr in<br />

der Cruciskirche befinden. 41<br />

Hat die Zuordnung der Stickereien zum Neuwerk-Kloster Zusammenhänge aufgedeckt,<br />

so begründet erst die Einordnung in den liturgischen Gebrauch in der Kirche des eigenen<br />

Klosters die bewußte Wiederholung bestimmter Bildtypen. 42 Sie dienten der Ausschmückung<br />

an Fronleichnam als dem Fest des Altarsakramentes, am Fest der Krönung Mariae.<br />

Für das Fest St. Michaels Erscheinung, den Tag der Grundsteinlegung zur Kirche, könnte<br />

eigens ein Baldachin gestickt worden sein, was auf eine Prozession innerhalb des Klosters<br />

schließen ließe. Wie die Bildwerke, so vergegenwärtigen auch die Paramente die vielfältigen<br />

Sinngehalte der Feste des Kirchenjahres. Deren vorhandene Bilder werden bestätigt,<br />

indem sie in den Stickereien aufgenommen werden. Ereignisse aus dem Marienleben, die<br />

Schmerzensmutter, die Krönung Marias und die apokalyptische Madonna, Engel, die hl.<br />

Maria Magdalena, das liebliche Jesulein und das gekrönte Haupt – diese Themen standen<br />

den Frauen im Augustinerinnen-Kloster nahe. Sie waren Teil des Lebens, das dieses Kloster<br />

entfaltet hatte und das in seinen Stickereien auf eine besonders persönliche Weise zum Ausdruck<br />

kommt.


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 13<br />

Zusammenstellung der Stickereien aus<br />

der Werkstatt des Neuwerk-Klosters<br />

Nr. 1. Baldachin, datiert 1688, Dom St. Marien zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 157, Kat.-Nr. 3.8. – Wilhelm Johann A. von Tettau: Beschreibende<br />

Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter<br />

Landkreises, Halle 1890 (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler<br />

der Provinz Sachsen, 13), S. 106, Nr. 42.<br />

Nr. 2. Kasel aus bestickten Atlasseidenstücken mit Stifterinnenmonogramm A.R.O P 14,<br />

Dom St. Marien zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1), S. 159,<br />

Kat.-Nr. 3.10. – Overmann, 1911 (Anm. 2), S. 349, Nr. 370. – Kunstdenkmale,<br />

Bd. 1 (Anm. 2), S. 316, Nr. 126, Abb. 260.<br />

Nr. 3. Kelchvelum, datiert 1719, Ursulinenkloster zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 160, Kat.-Nr. 3.11.<br />

Nr. 4. Kasel mit gesticktem Kreuz und Stab mit Stifterinnenmonogramm A.R.O.P und<br />

Schriftblatt von 1729, Dom St. Marien zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 158, Kat.-Nr. 3.9.<br />

Nr. 5. Chormantelschild, zusammengesetzt aus Goldstickerei, Lorenzkirche zu Erfurt,<br />

unpubliziert.<br />

Nr. 6. Kelchvelum, Ursulinenkloster zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992<br />

(Anm. 1), S. 162, Kat.-Nr. 3.13.<br />

Nr. 7. Neugotische Kasel mit übertragener Marienkrönung, Cruciskirche zu Erfurt. –<br />

Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1), S. 163, Kat.-Nr. 3.14. – Kunstdenkmale,<br />

Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 576, Nr. 38, Abb. 520.1.<br />

Nr. 8. Auf neugotische Kasel übertragenes Kreuz mit Pietà, Stiftermonogramm vorderseitig,<br />

Cruciskirche zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1),<br />

S. 164, Kat.-Nr. 3.15. – Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 576, Nr. 37.<br />

Nr. 9. Prozessionsfahne mit Jesusknaben (originales Fahnenblatt H. 58 x B 55 cm), Severikirche<br />

zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1), S. 165, Kat.-<br />

Nr. 3.16. – Kunstdenkmale, Bd. 1 (Anm. 2), S. 472, Nr. 51, Abb. 430, S. 477.<br />

Nr. 10. Verlorene Kasel mit Stiftermonogramm und Datierung G.A.S.P 1738 und Devise,<br />

ehem. Lorenzkiche zu Erfurt. – Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 428, Nr. 405a,<br />

Abb. 405.<br />

Nr. 11. Baldachin mit hl. Michael, Dom St. Marien zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 161, Kat.-Nr. 3.12. – Kunstdenkmale, Bd. 1 (Anm. 2), S. 316,<br />

Nr. 127. sowie 161, 3. 12.<br />

Nr. 12. Apokalyptische Madonna, Dom St. Marien zu Erfurt. – Kunstdenkmale, Bd. 1<br />

(Anm. 2), S. 293, Abb. 233.<br />

Nr. 13. Dalmatiken mit Stifterinnenmonogramm und Datierung MFDP 1745, Dom St. Marien<br />

zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1), S. 166, Kat.-Nr. 3.17.


14 Christa-Maria Jeitner<br />

Nr. 14. Segensvelum, datiert 1755, Lorenzkirche zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 168, Kat.-Nr. 3.19.<br />

Nr. 15. Übertragene Stickerei auf Neugotischer Kasel, unpubliziert.<br />

Nr. 16. Burse mit dornengekröntem Antlitz Christi, Cruciskirche zu Erfurt, unpubliziert.<br />

Nr. 17. Velum (Prozessionsfahne?), Cruciskirche zu Erfurt. – Schätze aus Erfurter Kirchen,<br />

1992 (Anm. 1), S. 167, Kat.-Nr. 3.18. – Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 579,<br />

Nr. 42, 477.<br />

Anmerkungen<br />

1 Schätze aus Erfurter Kirchen. Eine Ausstellung zum 1250jährigen Bestehen der Stadt Erfurt, bearb.<br />

v. Jörg-Heiko Bruns/Rolf-Günther Lucke/Karl-Heinz Meißner, Ausstellung, Erfurt, Galerie am<br />

Fischmarkt und Haus zum Roten Ochsen, 1992, Erfurt 1992.<br />

2 Alfred Overmann: Die älteren Kunstdenkmäler der Plastik, der Malerei und des Kunstgewerbes der<br />

Stadt Erfurt, Erfurt 1911. – Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, Bd. 1, hrsg. v. Max Ohle, Burg<br />

1929. – Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, Bd. 2.2, bearb. v. Ernst Haetge/Hermann Goern,<br />

Burg 1932.<br />

3 Im Anhang sind 17 aufgefundene Stickereien aufgeführt.<br />

4 Bezeichnung für Montierungen aus verschiedensten Materialien, oft als Schmuck in barocken Reliquiaren.<br />

– Vgl. auch: Eva Mühlbächer: Europäische Stickereien vom Mittelalter bis zum Jugendstil.<br />

Aus der Textilsammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums, Berlin 1995 (Bestandskatalog des<br />

Kunstgewerbemuseums, 20), S. 66 f., Kat.-Nr. 67, 68.<br />

5 Bildliche Darstellung der Fronleichnamsprozession der Jesuiten (Angerprozession) von J. M. Pabst<br />

von 1854 mit der Bezeichnung: »Fronleichnamsprozession, wie solches vom Jahre 1601–1801 hier<br />

stattgefunden hat.«, in: Stadtarchiv Erfurt, Sign. 0-4/IV A 11, wiedergegeben in: Kaspar Königshof:<br />

Zur Geschichte des geistlichen Theaters in der Stadt Erfurt und ihrer Umgebung, Leipzig 1992,<br />

S. 177–195. – Mein Dank für die Durchsicht des Manuskriptes und für Hinweise, besonders den<br />

auf Königshofs Publikation, gilt Gerhard Walter, Leipzig.<br />

6 Margit Reiter: Barocke Stickereitechniken an einer Kasel aus dem Erfurter Domschatz, in: Beiträge<br />

zur Erhaltung von Kunstwerken, 6, Berlin 1989, S. 63–70.<br />

7 Eine große konsekrierte Hostie in einer Strahlenmonstranz auszusetzen ist eines der Hauptmerkmale<br />

barocker Frömmigkeit. Prozessionen um die Kirche an Fronleichnam und durch die Stadt<br />

werden erneut gepflegt (Wolfgang Müller: Katholische Volksfrömmigkeit in der Barockzeit, in:<br />

Barock in Baden-Württemberg. Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Französischen Revolution,<br />

hrsg. v. Volker Himmerlein, Ausstellung, Badisches Landesmuseum, Land Baden-Württemberg,<br />

1981, Karlsruhe1981, S. 399–408, bes. 399–401).<br />

8 Ähnliche Streublumen finden sich in linearer Form auf einem zum Brautkissen verarbeiteten Stickmustertuch<br />

von 1669 im Deutschen Stickmustermuseum Celle. – Vgl. auch einen Vorläufer mit ähnlichen<br />

Streublumen aus dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts in: Kirchliche Schätze aus bayerischen<br />

Schlössern, hrsg. v. Lorenz Seelig, Ausstellung, München, Bayerische Verwaltung der<br />

Staatlichen Schlösser und Seen, 1984, München 1984, Nr. 26, S. 97 f.<br />

9 Die einzige frühe Stickerei im Neuwerk-Kloster, die Stammtafel Mariae aus dem letzten Viertel des<br />

15. Jahrhunderts, sie enthält ebenfalls Abbreviaturen (Margit Reiter: Ein spätmittelalterliches Antependium<br />

mit der Darstellung der Heiligen Sippe aus der Neuwerkskirche zu Erfurt, in: Beiträge zur<br />

Erhaltung von Kunstwerken, 5, Berlin 1993, S. 80–85).


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 15<br />

10 J(acob) Feldkamm: Geschichte der Probsteikirche BMV zu Erfurt, o. J., Ms. im Dom-Archiv zu<br />

Erfurt. – Mein herzlichster Dank gilt Elfriede Trott, Dom-Archiv Erfurt, für ihr inspirierendes Mitdenken,<br />

für das Beachten und Verfolgen aller Spuren, für Hinweise zur Geschichte des Domes und<br />

der Erfurter Kirchen, für die Mitteilung ihrer Kenntnis über Bestände und ihr Schicksal und schließlich<br />

für die Quellen. Sie identifizierte die Signatur A.R.O P, woraufhin dann der Inschriftenzettel<br />

im Manuskript gefunden werden konnte.<br />

11 Anna Rosalia Osburg (1666–1730) war seit 1704 Priorin des Neuwerk-Klosters der Augustinerinnen<br />

und erbaute zwischen 1710 und 1730 das Kloster neu (vgl. Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 572,<br />

Nr. 16).<br />

12 Ein in der Herstellung strukturierter Gold- bzw. Silberfaden, der dadurch stumpf wirkt. In der Kontrastwirkung<br />

ist er mattem bzw. tremoliertem Gold vergleichbar.<br />

13 Vgl. Anm. 9.<br />

14 Sakramentshaus, in: Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 559, Abb. 505.2. – Bauphasen: erster Kirchenbau<br />

vor 1196, Wiederaufbau vermutlich 1295 abgeschlossen, Umbau 1466–1473.<br />

15 Auch im Kloster Wienhausen ist das zentrale Andachtsbild, ein Auferstehender, in vielen Wiedergaben<br />

gegenwärtig, die aus den Werkstätten der dortigen Zisterzienserinnen stammen (Horst Appuhn:<br />

Kloster Wienhausen, Wienhausen 1986, S. 52, Abb. 37, 69. Zur Übernahme von Freskenmotiven<br />

aus dem Nonnechor in Stickereien vgl. ebenda, S. 34). – Einen Beleg der Herstellung von<br />

Kleinbildwerken durch Klosterfrauen entsprechend den ihnen vertrauten Vorbildern für mecklenburgische<br />

Klöster gibt Kristina Hegner: Kleinbildwerke des Mittelalters in den Frauenklöstern des<br />

Bistums Schwerin, vornehmlich im Zisterzienserinnenkloster zum Heiligen Kreuz in Rostock und<br />

im Klarissenkloster Ribnitz, Phil. Diss. Leipzig 1994, bes. S. 52.<br />

16 Deckengemälde mit hl. Michael (Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 563, Abb. 508).<br />

17 Fahne mit hl. Antonius (Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 577, Nr. 40. – Bereits 1719 waren<br />

Kunstwerke angeschafft worden, u. a. als Holzfiguren ein hl. Antonius von Padua und ein hl. Johannes<br />

von Nepomuk (ebenda, Abb. 513, S. 570 f.). – Aufblühende Verehrung des hl. Antonius de<br />

Padua, desgleichen Nepomuk wie auch der Immaculata, die der Schlange den Kopf zertritt (Barock<br />

in Baden Württemberg [vgl. Anm. 7]).<br />

18 Fahne mit hl. Johannes von Nepomuk (vgl. Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], Nr. 41, S. 579). Rückseite<br />

mit Madonna auf der Weltkugel (vgl. Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], Nr. 41, S. 579,<br />

Abb. 516, S. 571).<br />

19 Apokalyptische Madonna (Nr. 12), Dom St. Marien zu Erfurt (Kunstdenkmale, Bd. 1 [Anm. 2],<br />

Abb. 233, S. 293).<br />

20 Gemälde Mater Dolorosa (Kunstdenkmale, Bd. 2.2, S. 572, Nr. 15).<br />

21 Overmann, 1911 (Anm. 2), S. 220, Nr. 266. – Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 537–549, bes.<br />

S. 539 f.<br />

22 Verlorene Kasel mit Inschrift G.A.S.P 1738 (Nr. 10), ehemals Lorenzkirche zu Erfurt (Kunstdenkmale,<br />

Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 428, Nr. 405a, Abb. 405).<br />

23 Z.B. Nr. 33, Nr. 55, Nr. 64 in: Seelig, 1984 (Anm. 8). – Europäische Seidengewebe des 13.–18. Jahrhunderts,<br />

bearb. v. Barbara Markowsky, Ausstellung, Köln, Kunstgewerbemuseum der Stadt Köln,<br />

1976, Köln 1976 (Kataloge des Kunstgewerbemuseums Köln, 8), S. 323, Nr. 560.<br />

24 Seelig, 1984 (Anm. 8), Nr.58.<br />

25 Kunstdenkmale, Bd. 2.2 (Anm. 2), S. 573, Nr. 18.<br />

26 Die Stuckateure aus Italien arbeiteten wahrscheinlich unter Leitung Gottfried Gröningers, der vermutlich<br />

die Pietà über dem Hauptportal geschaffen hatte (Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 552).<br />

27 Mein Dank gilt wiederum Elfriede Trott, die Wappen und Wahlspruch erkannte und auf Abt<br />

Günther zu schließen wusste.


16 Christa-Maria Jeitner<br />

28 Oratio panegyrica gratulatoria (Handschrift zum Namenstag des Abtes Günther am 28. November<br />

1740), in: Domarchiv Erfurt, Hs. Erf. 23, abgedruckt in: Schätze aus Erfurter Kirchen, 1992 (Anm. 1),<br />

S. 185.<br />

29 Die Datierung ›1755‹ ist von der Seitenkante als Flicken versetzt, möglicherweise gingen dabei die<br />

Initialen verloren.<br />

30 Eine zerschnittene und zu einem Chormantelschild umgearbeitete Stickerei mit querlaufendem<br />

Goldfriségrund konnte in der Lorenzkirche entdeckt werden (Nr. 5). Statt großer Blüten ist sie feinteilig,<br />

symmetrisch gezeich<strong>net</strong>.<br />

31 Milena Zeminová: Barokní Textilie, Prag 1974, S. 20 f.<br />

32 Der Neubau musste weitgehend aus klostereigenen Mitteln finanziert werden. Die Chronik des Klosters<br />

Wienhausen berichtet um 1500, dass »die Steine womit besagte Kapelle überlegt« von der<br />

»Handarbeit der Jungfrn. zu wege gebracht« wurden (Chronik und Totenbuch des Klosters Wienhausen,<br />

Wienhausen 1986, S. 39). – Auch Hegner, 1994 (Anm. 15), bes. S. 49 und 53, vermutet die<br />

Herstellung zum Verkauf oder auf Bestellung.<br />

33 Für die Herz-Jesu-Darstellung mit Dornenkrone, Flammen, Kreuz und Leidenswerkzeugen, die den<br />

Bestimmungen der Ritenkongregation entspricht, wird eine grafische Vorlage benutzt worden sein.<br />

Das Herz mit Flammen ist ein Attribut des hl. Augustinus, beruhend auf seinem Ausspruch: »Mein<br />

Herz ist unruhig, bis es ruht in Dir«.<br />

34 Die Stuckaturen entstanden zwischen 1737–1739 (Kunstdenkmale, Bd. 2.2 [Anm. 2], S. 552, 579,<br />

Abb. 522. – Hinter den Velen könnte eine lokale Beziehung zwischen dem Neuwerk- und dem<br />

Ursulinen-Kloster stehen. Bevor die Augustinerinnen sich 1196 bei der Crucis-Kirche ihr Kloster<br />

erbauten, hatten sie sich etwa 1150 am Ort des späteren Magdalenerinnen- und heutigen Ursulinen-<br />

Klosters niedergelassen.<br />

35 Christa-Maria Jeitner: Fakten und Vermutungen zur Handarbeit in Frauenklöstern der Mark Brandenburg,<br />

in: Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Bd. 8 (in Vorbereitung).<br />

36 Wenn sich auch der Ornat heute im Dom befindet, so weist ihn der eingelegte Zettel als Stiftung<br />

für das Kloster aus. Der Dom könnte liturgische Textilien bei der Aufhebung des Neuwerkklosters<br />

am 11.3.1819 (nach vorbereitendem Erlass vom 19. 10. 1818) erworben haben, doch ließen sich<br />

keine Rechnungen in dem allerdings nicht vollständigen Bestand des Bistumsarchivs Erfurt finden.<br />

(Ich danke Herrn Dr. Michael Matscha für die erschöpfende Überprüfung der vorhandenen Bestände<br />

aus dem Zeitraum der Säkularisation.) Vergleichbare Vorgänge sind für die Residenzhofkapelle<br />

in München nachgewiesen (Seelig, 1984 [Anm. 8], S. 40 f.).<br />

37 »Messgewand 1892 in Paderborn neu gearbeitet, die Kreuzbalken mit großen Blumen sind alt. Sie<br />

sind mit neuer, goldener Schnur eingefasst. Dies ist jetzt das kostbarste Gewand.« (Alte Pfarrchronik,<br />

begonnen 1883, Pf. Oppermann, dann Bredemann. – vgl. auch Nr. 15.) – Die vorgefundenen<br />

Signaturen lassen vermuten, dass auch auf den übrigen Gewändern solche Signaturen angebracht<br />

waren, die bei späterer Übertragung verloren gegangen sein müssen.<br />

38 Nr. 8. – Die Suche nach möglichen Stifterinnen mit den Monogramm »M A H« führte zur 1747 nachfolgenden<br />

Priorin Maria Basilika Albertin, die laut Kirchenbuch den Glockenturm erbaut und Kirchenornate<br />

angeschafft hat. 1768 starb sie 71jährig. Ungeklärt bleibt dabei der Buchstabe »H.«<br />

Unter »H.« findet sich im Sterberegister des Klosters eine »geistliche Chorjungfrau Anna Magdalena<br />

Henkel«, auch Magdalena Anna genannt, die 1716 nach 50 Jahren die Profess feierlich erneuert<br />

hat und 1719 71jährig gestorben ist. Doch zeigt die Kasel nicht nur in der Pietà selbst, sondern<br />

ebenso im Bandelwerk Zusammenhänge mit der Ausstattung der Kirche.<br />

39 In der Folge der Verehrung des Prager Jesuleins, einer 1628 dem Prager Karmeliterkloster gestifteten<br />

spanischen Wachsfigur, die bald zum Gnadenbild wurde und Wallfahrer aus ganz Europa anzog<br />

(Josef Frobelsky/Jan Royt/Mojmír Horyna: Prazské Jezulátko, Prag 1992), wurden später in allen<br />

Karmelitenklöstern Nachbildungen aufgestellt. Damit verbunden wurde eine Novene zur Vorbe-


Glanzlichter Aus Gold- und Silberfäden in bunter Nadelmalerei 17<br />

reitung auf das Weihnachtsfest gehalten (in Regensburg erhielten sich Figur und Brauch). In der<br />

Pfarrchronik der Cruciskirche ist eine Jesuskindstatue genannt, die zu bestimmten Anlässen auf den<br />

Altar gestellt wurde. Ob Statue und Brauch auf das 18. Jahrhundert zurückgehen, ist ungeklärt.<br />

Ebenfalls auf dem Balken des IHS-Monogramms steht ein wiederum miniaturhafter Prager Jesulein<br />

mit Weltkugel auf einer vor 1700 datierten Stickerei, deren naive Züge die Herkunft aus einer Klosterwerkstatt<br />

nahe legen. Mitra und Wappen sowie ehemals vorhandene Initialen weisen auf einen<br />

Abt oder Bischof als Stifter hin (Zeminová, 1974 [Anm. 31], Nr. 23). Zum Besitz von Christkindfiguren<br />

in Frauenklöstern vgl. Marius Winzeler, in: Zeit und Ewigkeit, 128 Tage in St. Marienstern,<br />

hrsg. v. Judith Oexle/Markus Bauer/Marius Winzeler, Ausstellung, Marienstern, Kloster St. Marienstern<br />

und Sächsisches Landesamt für Archäologie mit dem Landesmuseum für Vorgeschichte,<br />

1998, Halle 1998, S. 102. – Zur vorreformatorischen Zeit vgl. Hegner, 1994 (Anm. 15), S. 50. – Auch<br />

persönlich besaßen Klosterfrauen Jesuskindfiguren, Seelentrösterlein oder Himmlischer Bräutigam<br />

genannt (Vgl. Boris Rothemund: Barocke Klosterarbeiten, Autenried 1982).<br />

40 In einem Visitationsbericht der Crucis-Kirche ist auch ein Himmel genannt. (Mein Dank gilt Pia<br />

Dölle, die mir kundig das Pfarrarchiv erschloss.) Ob der Baldachin und das gerahmte Marienbild<br />

(Nr. 12) für das eigene Kloster gestickt waren und später an den Dom übergingen, lässt sich ohne<br />

Inschrifthinweise nicht klären. Auch die gemalten Fahnenblätter blieben ohne Stifterinschriften,<br />

so dass sich nicht feststellen lässt, ob solche Fahnen für das eigene Kloster oder darüber hinaus auch<br />

für den Dom hergestellt wurden.<br />

41 Aufgehoben wurde das Kloster Neuwerk in Erfurt 1819 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu<br />

Erfurt, 11.3. 1819, in: Thüringisches Staatsarchiv Gotha). – Die Entscheidung war am 19. 10. 1818<br />

erfolgt, die Versteigerung des landwirtschaftlichen Besitzes wurde in der »Neuen Erfurter Zeitung«<br />

vom 23. März 1819, 6, 24, bekannt gegeben (freundliche Mitteilung des Stadt- und Verwaltungsarchivs<br />

Erfurt).<br />

42 Im 15. Jahrhundert wurde für den Brandenburger Dom eine Fahne gestickt, auf der Bildteile des<br />

älteren, so genannten Böhmischen Altars sowie Teile des Flügels eines weiteren Altars zitiert worden<br />

sind. Die auf dem ehemaligen Hauptaltar an hervorragender Stelle stehenden Dompatrone<br />

Petrus und Paulus waren als Bestandteil des Antependiums in der unteren Ebene noch einmal vorhanden,<br />

zudem ehemals als silberne Standfiguren (vgl. Bestandskatalog des Textilschatzes im Brandenburger<br />

Dom, in Vorbereitung). Im Zipser Kapitel ist die Verehrung der hl. Anna belegt, aus dem<br />

15. Jahrhundert ist eine Kasel mit Anna selbdritt im Kreuzzentrum erhalten. Das Museum in Leutschau<br />

bewahrt aus dieser Kathedrale eine gemalte Doppelblattfahne, auf der eine hl. Anna selbdritt<br />

dargestellt ist (Christa-Maria Jeitner: Klassifizierung der handwerklichen Merkmale böhmischer<br />

Stickereien und ihr Vergleich, in: Beiträge zur Erhaltung von Kunstwerken, 6, Berlin 1995,<br />

S. 68–96).<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1, 3: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Berlin. –<br />

Abb. 2: Stadt- und Verwaltungsarchiv Erfurt. – Abb. 5: Eduard Bissinger, Archiv des Thüringischen<br />

Landesamtes für Denkmalpflege Erfurt. – Farbabb. 1, 3, 5–6: Rolf-Günther Lucke, Erfurt. – Farbabb. 2,<br />

4, 7: Barbara Neumann, Erfurt.


DAGMAR NEULAND-KITZEROW<br />

Das Sticken der Frauen und<br />

Mädchen in der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts zwischen<br />

Disziplinierung und Kreativität<br />

Das Museum Europäischer Kulturen, hervorgegangen aus der Fusion des<br />

Museums für Volkskunde, Berlin, mit der Abteilung Europa des Museums für Völkerkunde,<br />

Berlin, beherbergt in seinem Bestand cirka 35.000 textile Objekte. Viele davon geben<br />

als Gebrauchs- und Ziergegenstände, als Lehr- und Übungsstücke, als Bestandteil von Kleidung<br />

und Tracht sowie als Zeichen einer jeweiligen kunsthandwerklichen Entwicklung<br />

Auskunft darüber, wie umfassend und auch kreativ die textilhandwerklichen Fähigkeiten<br />

der Produzenten und der Nutzer waren.<br />

Zur Sammlung gehören, als »Zeichen« für diese jeweiligen Handarbeitsfertigkeiten, auch<br />

nahezu 1.000 Stickmustertücher, über 100 Stopfmustertücher, und fast 200 Objekte an<br />

Mustertüchern für andere Textiltechniken. 1 Die Geschichte der Stickmustertücher ist<br />

bereits in zahlreichen Publikationen aufgearbeitet worden. 2<br />

Mein Blick in diesem Beitrag konzentriert sich deshalb vielmehr auf die Fragestellung,<br />

inwiefern Generationen von Frauen und Mädchen, die vor allem seit dem 19. Jahrhundert<br />

an die systematische Ausübung von Handarbeitstechniken herangeführt wurden, dadurch<br />

Disziplinierung und/oder Förderung der Kreativität, als Teil der Prägung von Frauenrollen,<br />

erfahren haben.<br />

Anhand eines großen Objektspektrums können wir ihre Arbeitsergebnisse heute zum<br />

einen als Zeichen der Entwicklung eines mehr oder minder professionellen Handarbeitsunterrichts,<br />

wie er sich im Laufe des 19. Jahrhunderts schrittweise durchsetzte, einordnen<br />

und werten. Zum zweiten ist interessant, welche Ebenen der Kenntnisvermittlung und<br />

Inspiration bzw. welche Arbeitsmöglichkeiten den Frauen und Mädchen bei der Ausübung<br />

von Handarbeiten in den unterschiedlichen Sozialschichten zugänglich waren.<br />

Zuvor ein kurzer Blick in unsere Sammlungsgeschichte: Vor dem Zweiten Weltkrieg<br />

umfasste allein die volkskundliche Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin eine<br />

Mustertuchsammlung zum Sticken, Stopfen und Nähen von nahezu 3.000 Objekten. Allein<br />

2.850 Stücke waren von dem leidenschaftlichen Sammler Friedrich Grossmann, dem ehemaligen<br />

Direktor des Oberversicherungsamtes in Potsdam, zusammengetragen worden und<br />

gelangten Anfang der 1930er Jahre in den Besitz des Museums. 3 1939 starb Friedrich Gross-


20 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

mann, ohne seine umfassenden Studien zur Geschichte des Stickmustertuches abgeschlossen<br />

zu haben. 4<br />

Während des Zweiten Weltkrieges erlitten die volkskundlichen Sammlungen starke<br />

Kriegsverluste; cirka 80 Prozent des Gesamtbestandes wurden vernichtet. Davon war auch<br />

die Sammlung Grossmann betroffen, so dass wir heute von dem ursprünglichen Bestand<br />

noch cirka 400 Stücke haben. Die in den letzten Jahrzehnten ergänzte Textilsammlung<br />

umfasst wieder viele sehr interessante und aussagekräftige Stücke. Sie geben uns heute<br />

Auskunft darüber, welche Handarbeits-Fertigkeiten, vor allem auch im Sticken, im sich herausbildenden<br />

Handarbeitsunterricht gelehrt, von Frauen und Mädchen gelernt und<br />

beherrscht und für den Haushalt und auch den Broterwerb angewandt wurden. Viele textile<br />

Zeugnisse sind lebendige Belege zur Geschichte des Handarbeitsunterrichts für den<br />

Zeitraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.<br />

Eine reichhaltige Sammlung von Textilvorlagen vom frühen 19. Jahrhundert bis nahezu<br />

in die Gegenwart, einschließlich der vielen Zeitschriften für Familie, Frauen und Haushaltsangelegenheiten,<br />

ergänzt diese Quellengruppe.<br />

Ausgehend davon, dass besonders in den protestantischen Ländern die Klosterschulen<br />

frühzeitig verschwanden und die in den Quellen erwähnten Strickschulen in den Wirren<br />

des Dreissigjährigen Krieges untergegangen waren, ist davon auszugehen, dass die Vermittlung<br />

von Handarbeitsfähigkeiten zum Ende 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

vor allem in den Händen von Privatschulen lag und in den Familien stattfand. Parallel dazu<br />

waren gegen Ende des 18. Jahrhunderts erste Industrie- oder Arbeitsschulen entstanden, in<br />

Berlin Erwerbsschulen genannt, in denen der weiblichen Jugend mit dem Erlernen von<br />

Handarbeiten Gelegenheit zum kleinen Broterwerb gegeben wurde. 5 Der Schwerpunkt dieser<br />

Wissensvermittlung bestand bereits in diesen Anfängen darin, praktische Gegenstände<br />

für den Hausgebrauch zu fertigen, diese zu verzieren und auch auszubessern. Deshalb wurden<br />

insbesondere Fähigkeiten wie das Stricken, Nähen, Sticken gelehrt, Techniken also,<br />

deren praktische Anwendung im Vordergrund stand. Angeleitet wurden die jungen Mädchen<br />

von in Handarbeiten erfahrenen Frauen, Lehrerinnen oder Näherinnen, deren Vermittlung<br />

jedoch häufig weder unterschiedliche Altersgruppen noch differenzierte Fähigkeiten<br />

Einzelner berücksichtigte. Häufig wird in der zeitgenössischen Literatur beschrieben,<br />

dass die Schülerinnen »mehr ein Abrichten für einzelne Handgriffe und Fertigkeiten« erlebten<br />

»als ein Unterrichten« 6 . Der Unterricht fand an schulfreien Nachmittagen statt. Da die<br />

Schülerinnen ihre Handarbeitsprodukte relativ strikt nach Anleitung fertigten, ist davon<br />

auszugehen, dass sie mehr der Disziplinierung und Wissensvermittlung dienten denn der<br />

Förderung der Kreativität des Einzelnen. Zeitgenössische Quellen beurteilen, dass diese<br />

Industrieschulen »in viele Familien Fleiß, Ordnung, Sauberkeit« oder gar »Wohlstand«<br />

brachten 7 ; Ansätze, die für die weitere Entwicklung des Handarbeitsunterrichts immer<br />

wieder eine große Rolle spielen sollten.<br />

Im 19. Jahrhundert wurden in einzelnen Ländern die Bemühungen verstärkt, den Handarbeitsunterricht<br />

als obligatorisches Fach einzuführen. Hinter diesen Bemühungen verbarg<br />

sich die Auffassung, dass dem Nadel- oder Handarbeitsunterricht ein hoher sittlicher und


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 21<br />

Abb. 1 Agnes Zschucke (14jährig): Stickmustertuch, Kreuzstich, rot, auf locker<br />

gewebtem Baumwollgewebe; gestickt im privaten Handarbeitsunterricht, Sachsen,<br />

1854, SMBPK Museum Europäischer Kulturen, MDV 18 B 258<br />

erzieherischer Wert zuzumessen und deshalb seine Verknüpfung mit der Schule sehr erstrebenswert<br />

sei. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts finden sich deshalb zahlreiche<br />

Initiativen, um einen systematischen Handarbeitsunterricht, insbesondere für Mädchen<br />

einzuführen. Kabi<strong>net</strong>tsordre von 1817 und in den Folgejahren, so 1830 im Regierungsbezirk<br />

Köln, gaben immer wieder Anstöße dafür und fanden in einigen öffentlichen Schulen<br />

auch schrittweise Anwendung. In der Sammlung sind auch etliche Schul-Mustertücher aus<br />

der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts enthalten. Sie zeigen vorwiegend Kreuzstichmuster,<br />

oft als Kombination von Alphabeten, Zahlen und Bildmustern gestaltet. Diese frühen Tücher<br />

dokumentieren die Übergangsperiode von den schmalen, langen hohen Stickmustertüchern<br />

des 18. Jahrhunderts zu den typischen Formmassen des 19. Jahrhunderts. Die Tücher wurden<br />

dann im Breitformat gearbeitet bzw. auf nahezu quadratischer Fläche. In jedem Fall<br />

verkleinerte sich die zu gestaltende Fläche für die Stickerin. Eine klare Gliederung zeich<strong>net</strong><br />

sie in der Mehrzahl aus: mehrere Muster sind in Reihen zueinander geord<strong>net</strong>, mehrere<br />

Alphabete stehen zueinander, eines davon wird besonders betont und einzelne Bildmotive<br />

schließen sich dem an. Die Gestaltung dieser kleinen Stickmotive scheinen der<br />

Stickerin Freiräume gegeben zu haben.


22 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

Neben der Veränderung des Formats im Laufe der Jahrzehnte bis cirka 1840/50 und<br />

einer Beschränkung der Zahl und Größe der Muster finden sich Materialveränderungen.<br />

Seide und Leinen werden nun schrittweise durch preiswertere Materialien wie z. B. Baumwollgarn<br />

verdrängt. Andere Kriterien für diese Vereinfachung zeigen sich in der Verwendung<br />

von Sticharten sowie in der Farbgebung. Waren zuvor Kreuz-, Platt und Knötchenstickerei<br />

parallel zum Einsatz gekommen, setzte sich bei der Mehrzahl der Tücher der<br />

»berechenbare« Kreuzstich durch, manchmal kombiniert mit einer zweiten Stichart. Auf<br />

naturfarbenem Kanevas entstanden nun diese Schultücher – in Preußen vor allem mit rotem<br />

–, in Baden mit blauem Baumwollgarn gestickt.<br />

In den darauffolgenden Jahrzehnten setzte sich – dies ergibt ein Blick auf die große<br />

Sammlung von Mustertüchern, und speziell auf die Stickmustertücher – generell eine Vereinfachung<br />

in der Gestaltung der Tücher durch. Grossmann, der große Sammler von Mustertüchern,<br />

beschreibt diesen Prozess als eine Folge der Einführung eines systematischen<br />

Handarbeitsunterrichts. »Denn die Schule drängte naturgemäß auf Gleichmäßigkeit und<br />

Vereinfachung der Sticktücher, dieses Bedürfnis befriedigten besser Alphabete und Zahlen<br />

als die größeren und kleineren bildlichen Darstellungen. Die letzteren dienten auch nur,<br />

wenn sie überhaupt verwendbar waren, der oft entbehrlichen Verzierung, die ersteren<br />

jedoch dem meist notwendigen Zeichnen der Wäsche.« 8<br />

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkten sich in verschiedenen Landesteilen die<br />

Bemühungen um die obligatorische Einführung eines systematischen Handarbeitsunterrichts<br />

für die verschiedensten sozialen Gruppen, insbesondere auch für die Volksschulausbildung.<br />

Die Verfechter dieser Reformierungsbestrebungen wiesen mit dem Argument, dass<br />

»die Industrieschulen« als Vorgänger bzw. Vorreiter dieser Entwicklung »ein wahrer Segen<br />

für das Volk, namentlich für die ärmere Volksklasse [sind …] und […] das Gemeinwohl in<br />

besonderem Masse fördern« daraufhin, »wie wichtig ist der Handarbeitsunterricht für die<br />

Gesellschaft, für Familien, für das einzelne Individuum« 9 . Vertreter von Industrieschulvereinen<br />

machten z. B. für Mecklenburg einen ganzen Katalog von Forderungen auf:<br />

1. »Der Handarbeitsunterricht sollte an allen Schulen obligatorisch sein«; 2. der »Handarbeitsunterricht<br />

sollte Massenunterricht sein […] und stufenmäßig nach einem geord<strong>net</strong>en<br />

Plan fortschreiten« 10 . Parallel zu diesen formalen Forderungen nach Disziplinierung wurden<br />

durchaus auch inhaltliche Ansprüche der kreativen Vermittlung erhoben: »die rein<br />

mechanische Nacharbeit ist zu verwerfen – denn Handarbeit ist eine geistig durchdachte<br />

Arbeit, […] die Auswahl der Arbeiten sollten an der Brauchbarkeit fürs praktische Leben<br />

orientiert sein sowie eine gut ausgebildete Handarbeitslehrerin muss Fertigkeiten aber auch<br />

methodische Kenntnisse besitzen […] und der Raum muss hell und geeig<strong>net</strong> ausgestattet<br />

sein« 11 .<br />

Diese Forderungen klingen sehr fortschrittlich, hatten aber als Kerngedanken vor allem<br />

die Erziehung der jungen Mädchen im Blick. Denn, diese Disziplinierung und Rollenfixierung,<br />

so wird im gleichem Atemzug hinzugefügt, lag im Interesse der Familie, der Kirche<br />

und des Staates, »wenn die weibliche Jugend, namentlich die der unteren Sozialschichten,<br />

von tüchtigen Lehrerinnen nicht nur in Handarbeit unterwiesen, sondern zugleich in und


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 23<br />

Abb. 2 Auguste Schulz (vermutlich 13jährig): Stickmustertuch, Kreuzstich, rot, auf Stramin, gestickt<br />

im Unterricht an der Potsdamer Gemeindeschule, 1883, SMBPK Museum Europäischer Kulturen,<br />

MDV 18 B 339<br />

zu edler Weiblichkeit erzogen wird«. Die »Industrieschule ist in Wahrheit eine Pflegestätte<br />

edler Weiblichkeit, die die Mutter aller Tugenden ist,« nämlich »der Ordnung, Sauberkeit,<br />

Sparsamkeit und Wohlanständigkeit« 12 .<br />

Die massenhafte Durchsetzung des Gruppenunterrichts hatte in den darauffolgenden<br />

Jahrzehnten zur Konsequenz, dass vereinfachte und standardisierte Formvorgaben für die<br />

Ausübung und Gestaltung der Arbeiten an die Schülerinnen ergingen, um in der Bewertung<br />

der Handarbeitsprodukte eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Für Preußen wurden die<br />

»Allgemeine[n] Bestimmungen vom 15. Oktober 1872« erlassen, die den weiblichen Handarbeitsunterricht<br />

als obligatorisches Lehrfach den anderen Fächern der Volksschule gleich-


24 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

Abb. 3 Margarete Rost: Stick-, Stopf- und Strickmustertuch,<br />

rot/weiß, auf Leinen; gestickt im privaten Handarbeitsunterricht,<br />

Schlesien, 1885, SMBPK Museum Europäischer<br />

Kulturen, MDV 18 C 5<br />

stellte; ein Meilenstein in diesen Bemühungen. Vorausgegangen waren dem verschiedene<br />

Schritte, die den Handarbeitsunterricht erst als fakultative Variante in die höheren Schulen,<br />

später in die Volksschulen Eingang finden ließ. Andere Länder wie Baden oder Österreich<br />

hatten bereits 1868 bzw. 1869 entsprechende Verordnungen erlassen, die dem Handarbeitsunterricht<br />

eine »seiner Bedeutung in der weiblichen Erziehung« entsprechende<br />

gleichberechtigte Position einräumte.<br />

Während die höheren Mädchen-Schulen das neue Fach Handarbeit schnell aufnahmen,<br />

gestaltete sich dieser Prozess in den Volksschulen sehr viel langsamer. Das war einerseits<br />

darauf zurückzuführen, dass die neuen Unterrichtsinhalte neue Personal-, Raum-, Material-<br />

und damit Finanzmittel für die Ausübung des Unterrichts erforderlich machten. Andererseits<br />

war die landesweite Durchsetzung des regelmäßigen Schulunterrichts von zumindest<br />

sechs Jahren in allen Sozialschichten generell ein über Jahrzehnte währender Prozess. 13<br />

Damit einher gingen Bemühungen um die Durchsetzung methodischer Prinzipien. Denn<br />

solange es beliebig war, was gelehrt wurde, konnte das Ziel einer einheitlichen und umfassenden<br />

Vermittlung von vielseitigen Handarbeitsfertigkeiten nicht erreicht werden. Erst<br />

mit den systematischen Bemühungen beispielsweise von Rosalie und Agnes Schallenfeld<br />

und anderen Vorkämpferinnen des Handarbeitsunterrichts, die für feste methodische Prinzipien<br />

in der Wissensvermittlung eintraten und somit auch durchsetzen konnten, dass es


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 25<br />

Abb. 4 Elisabeth M. (vermutlich 13jährig): Stopfmustertuch,<br />

Webmuster/Bindungsarten, rot/weiß, gefertigt<br />

in einer Privatschule, Potsdam, ca. 1906, SMBPK Museum<br />

Europäischer Kulturen, MDV 18 C 18<br />

schrittweise eine Ausbildung von Lehrerinnen der Handarbeiten und Hauswirtschaftskunde<br />

gab, wurde ein wesentlicher Schritt für die Profilierung desselben vollzogen. Handarbeit<br />

wurde also prinzipiell zum regulären Unterrichtsfach. Das hatte zur Folge, dass die jungen<br />

Mädchen, wenn sie die Schule verließen, Grundkenntnisse besaßen. Sie waren<br />

nunmehr in der Lage, mit einfachen Materialien Handarbeiten auszuführen. Das Spektrum<br />

reichte von Ausbesserungsarbeiten und Fertigen von Kleidungsaccessoires wie dem<br />

Stricken von Strümpfen bis zu einfachen Näh- und Gestaltungsarbeiten, wie sie auch auf<br />

Mustertüchern in verschiedener Qualität überliefert sind. Nur jene Mädchen, denen ein<br />

längerer Schulbesuch oder der Besuch einer Hauswirtschaftsschule möglich war, erwarben<br />

in diesen Jahren erweiterte Handarbeitskenntnisse.<br />

Wie aber zeigen sich diese Etappen der Entwicklung des Handarbeitsunterrichts in den<br />

uns zur Verfügung stehenden, vor allem textilen Quellen? In der Sammlung sind einige<br />

Schul-Mustertücher aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts enthalten. In der Mehrzahl<br />

sind es kleine Kunstwerke und Sampler für Muster, Sticharten, Bildmotive. Aber auch einige<br />

Übungstücher sind darunter. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich von den Bildtüchern.<br />

Die einfachen Übungstücher haben häufig ein kleines Grundformat, zeigen einfache<br />

Grundlinien und Sticharten sowie meist nur eine, seltener zwei Farben. Eine preiswerte<br />

Herstellung in Material, Garn und Aufwand stand offenbar im Vordergrund.


26 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

In den Volksschulen, hervorgegangen aus den Kommunalen Armen-Schulen, wo das<br />

Material für den Handarbeitsunterricht bereitgestellt wurde, nahm man diesen einfachen<br />

Anspruch an manuelle textile Fertigkeiten auf. Vielfach spiegelt die Gestaltung dieser Arbeiten<br />

die Vermittlung von Grundkenntnissen wider, deren Inhalte sich am praktischen Zweck<br />

orientierten. Allein die programmatischen zeitgenössischen Aufsätze 14 , Lehrpläne und vor<br />

allem Handarbeitsprodukte 15 zeigen, dass praktische Prämissen und Ideen der Disziplinierung<br />

in den Vordergrund rückten. Denn »Stricken und Nähen muss jedes Mädchen lernen,<br />

es sei von welchem Stand es wolle. […] Die weiblichen Handarbeiten gehören wesentlich<br />

zum Beruf des Weibes. […] kann sie aber keinen ordentlichen Strumpf stricken, kein Hemde<br />

selbständig anfertigen und schadhafte Strümpfe und Wäsche nicht schulgerecht ausbessern,<br />

so ist sie nicht imstande, einem Hauswesen so vorzustehen, wie sie sollte und mit<br />

dem Haushalt leidet ihr und ihrer Familie Wohlstand, Ruf und Charakter« 16 .<br />

In den Lehrplänen und Empfehlungen finden sich deshalb wiederholt und programmatisch<br />

die Forderungen nach der Ausübung vordergründig praktischer Arbeiten. Das Stricken<br />

und Nähen wurde favorisiert. Verzierende Handarbeitstechniken, wie das Sticken wurden<br />

zusätzlich als Grundwissen vermittelt. Oft wurden die textilen Handarbeiten an wirklich<br />

ausbesserungsbedürftigen Stücken, die die Mädchen zum Unterricht mitbrachten, vollzogen.<br />

Im Spagat zwischen praktischen Erfordernissen und kreativem Potential setzte es sich<br />

um 1870 durch, auch die Vermittlung von so genannten feinen Handarbeiten wie z.B. das<br />

Sticken, auf die praktisch nutzbaren Objekte auszurichten. Man kann in diesem Kontext<br />

von angewandten Mustertüchern sprechen, wurden doch z. B. verschiedene Sticharten<br />

und Gestaltungsideen an nutzbaren Einzelobjekten ausprobiert. Schürzen, Servietten,<br />

Hemden u. ä. waren nun Probe-Handarbeitsobjekte.<br />

Die Verfechterinnen des fortschrittlichen systematischen Handarbeitsunterrichts hatten<br />

bei der theoretischen Formulierung ihrer Prämissen jedoch hohe Ansprüche. Sie forderten,<br />

dass bei den Schülerinnen nicht nur »ein Grund zu allen weiblichen Handarbeiten zu legen«<br />

sei und dass »die Ausbildung so weit zu führen ist, dass jede unentbehrliche Handarbeit<br />

selbständig ausgeführt werden« könne, sondern dass die heranwachsenden Frauen ebenso<br />

zur sachkundigen »Beurteilung ihrer eigenen Arbeiten« und »zum Erfinden« 17 eigener<br />

Gestaltungsideen bei den Handarbeiten befähigt werden müssen. Die Realitäten, die auch<br />

an den in der Sammlung präsenten Textilien ablesbar sind, waren jedoch viel enger abgesteckt.<br />

Dabei hing es sicher ganz wesentlich von der jeweiligen Lehrerin, ihren Fertigkeiten<br />

und Vorlieben ab, welche Kenntnisse vermittelt wurden.<br />

Tatsache ist aber auch, dass bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts Mustertücher<br />

in den Schulen gearbeitet wurden, wenngleich es Auffassungen gab, dass diese<br />

»unnützen« Mustertücher nicht mehr zeitgemäß seien. 18<br />

Insbesondere die Monogrammstickerei wurde, allein zum Zeichnen von Wäsche und<br />

Kleidung, immer wieder geübt. Ab 1870 gewannen parallel dazu Wohntextilien an Bedeutung.<br />

Viele Kantenstiche, Zierlinien und modische Hohlsäume finden sich an Tüchern und<br />

anderen Textilobjekten. Eine Vielzahl gleichartiger Handarbeiten zeigen diese »standardisierten«<br />

Ergebnisse.


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 27<br />

Abb. 5 Tischdecke mit Germania-Darstellung, Titel: Auszug<br />

und Heimkehr unserer Truppen darstellend, Leinen auf<br />

Baumwolle, gestickt in einer großbürgerlichen Familie, Berlin,<br />

1871, SMBPK Museum Europäischer Kulturen, MDV 17 E 109<br />

Einzelnen Schülerinnen gelang es, ihren Arbeiten eine individuelle Note zu geben.<br />

Indem sie, sicher entgegen den grundsätzlichen schulischen Aufgaben, z. B. kleine Bilder<br />

in ihre Tücher stickten, die Ränder mit Akribie gestalteten und sich selbst hohe Qualitätskriterien<br />

setzten. Mit Geschmack und Einfühlungsvermögen, und sicher mit dem individuellen<br />

Spaß an Handarbeit kamen vorzeigbare kleine Kunstwerke zustande.<br />

Betrachtet man nun die textilen Arbeiten im Kontext ihrer Entstehung und des sozialen<br />

Zusammenhangs, so wird deutlich, dass die Kategorien Disziplinierung und Kreativität<br />

eindeutig eine soziale Dimension haben.<br />

Den grundsätzlichen Disziplinierungsstrategien unterlagen in dieser Zeit wohl alle Frauen<br />

und Mädchen. Angehörige wohlhabender Schichten wurden jedoch zu Handarbeiten<br />

angehalten, um standesgemäß die ihnen zugeschriebene Rolle der Weiblichkeit auszufüllen.<br />

Feine Handarbeiten galten als angemessene weibliche Beschäftigung und waren in<br />

erster Linie eben nicht an praktischen Notwendigkeiten ausgerichtet. Sie galten vielmehr<br />

als Tugend und in gehobenen Kreisen verwiesen die Frauen und Mädchen gern auf gute<br />

Handarbeitsergebnisse. Profane Handarbeiten, wie die Monogrammstickerei für die Aussteuer<br />

oder gar Ausbesserungsarbeiten wurden in diesen Familien als Dienstleistung in kleine<br />

Gewerbebetriebe oder später in die Kurzwarenabteilungen der Kaufhäuser gegeben.<br />

Andere Näharbeiten wurden von den Hausschneiderinnen erledigt. Individuelle Handar-


28 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

Abb. 6 Agnes Wolff (10jährig): Stickprobe, Kreuzstich auf Stramin, rot/weiß, Brandenburg, um<br />

1890, SMBPK Museum Europäischer Kulturen, MDV 18 A 20a,b<br />

beit als Ganzes scheint hier eine kreative Möglichkeit gewesen zu sein, selbst wenn Disziplinierungsbestrebungen<br />

den Hintergrund bildeten und das Ergebnis nach individuellem<br />

Vermögen sehr unterschiedlich ausfiel.<br />

Für die Frauen und Mädchen der unteren Sozialschichten hatte das Erlernen und Einüben<br />

von Handarbeitsfertigkeiten eine ganz andere Dimension. Denn zum einen waren sie<br />

nun in der Lage, wie es programmatisch in den Regularien für den Handarbeitsunterricht<br />

gefordert war, die Textilien in den Familien so auszubessern, dass sie dem »bürgerlichen<br />

Anspruch« nach Ordnung und Sauberkeit entsprachen. Nähfertigkeiten waren aber ebenso<br />

häufig die Grundlage des möglichen Broterwerbs für Frauen und Mädchen der unteren<br />

Sozialschichten. Viele arbeiteten als Näherinnen in gut gestellten Familien und in kleinen<br />

Gewerbebetrieben, nähten dort nach Auftrag, besserten aus, fertigten Aussteuern. Für Berlin<br />

wird die Zahl dieser Arbeitskräfte für das Jahr um 1885 auf cirka 103.000 Frauen angegeben.<br />

Wie viele Frauen und Mädchen außerhalb der Statistik im Textilgewerbe tätig<br />

waren, um zum Lebensunterhalt beizutragen, ist nicht exakt ermittelbar. Andere fanden in<br />

der sich rapide entwickelnden Konfektionsindustrie eine Arbeit, eig<strong>net</strong>en sich neben Fertigkeiten<br />

der Handnäherei auch den Umgang mit der Nähmaschine an. Zahlreiche Studien<br />

belegen, dass allein in den größeren Städten, wie Berlin, München oder Bielefeld Tausen-


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 29<br />

Abb. 7 Stickmuster in Form einer Schürze, Baumwollgarn auf<br />

Stramin, Stickerei- und Hohlsaumarbeiten, gefertigt im Handarbeitsunterricht,<br />

Berlin, um 1905, SMBPK Museum Europäischer<br />

Kulturen, MDV 18 A 49<br />

de weibliche Arbeitskräfte ihre Handarbeitsfertigkeiten zum Erwerb des Lebensunterhalts<br />

einsetzen mussten. 19 Diese Arbeiten, die zudem mit der Entwicklung industrieller Fertigungsmethoden<br />

einhergingen, eröff<strong>net</strong>en den Beschäftigten keine kreativen Möglichkeiten.<br />

Hier hatte der schulische Handarbeitsunterricht eher eine Basis für eine zweifache Disziplinierung<br />

der Mädchen und Frauen gelegt. Zum einen die Position der Frau in der Gesellschaft<br />

betreffend, zum anderen als Arbeitskraft. Handarbeit wurde hier zur schlechtbezahlten<br />

weiblichen Berufsarbeit.<br />

Umso erstaunlicher ist es, wenn wir zuweilen an Sammlungsobjekten, deren sozialer<br />

Kontext gut dokumentiert und überliefert ist, feststellen, dass sie Ausdruck kreativer Ideen<br />

sind, wobei hier sicher auch die Messlatte nach sozialen Kategorien unterschiedlich anzulegen<br />

ist. Begünstigend dafür wirkte sich sicher aus, dass mit der Vereinfachung der Drucktechniken<br />

eine Vielzahl von preiswerten Handarbeitsvorlagen für breite Bevölkerungsschichten<br />

zur Verfügung stand. Modejournale, Galanterie- und Textilfirmen übernahmen<br />

im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Verbreitung und den Vertrieb der einfachen<br />

Lithographien oder der noch billigeren Buchdruckerzeugnisse sowie Schablonen, deren<br />

Motive schrittweise einer Vereinfachung unterlagen.


30 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

Abb. 8 Monogramm-Stickmuster für Männerpaletots,<br />

Seide auf Wolle, Plattstich, gefertigt im Haushalt,<br />

o. O., um 1920, SMBPK Museum Europäischer Kulturen,<br />

MDV 18 A 14a<br />

Die Ausübung der Handarbeiten in Technik, Gestaltung und thematischer Anregung<br />

erfuhren damit zumindest eine Orientierung. Die Pflege weiblicher Tugenden, wie Ordnung<br />

und Sauberkeit sowie moralischer Wertorientierungen wie Treue und Fleiß standen<br />

dabei häufig im Mittelpunkt von zeitgenössischen textilen Gestaltungsvorgaben.<br />

Was zeigen also unsere einschlägigen Sammlungsstücke, wie: Haustextilien, Küchentücher,<br />

Vorhänge, Spruchtücher, Wandschoner, Gerätebeutel, Kissen- und andere Bezüge,<br />

Handarbeiten an Kleidung und die diversen Mustertücher für den Zeitraum von cirka 1875<br />

bis etwa um die Jahrhundertwende? Lassen Sie mich einige Thesen zu Disziplinierung und<br />

Kreativität formulieren, deren realer Gehalt perspektivisch noch systematischer an den eigenen<br />

Beständen sowie den anderer Sammlungen zu überprüfen wäre.<br />

1. Die Ergebnisse des Handarbeitsunterrichts scheinen eine klare Vereinfachung der<br />

Näh- und Verzierungsfertigkeiten gegenüber den Handarbeitsprodukten in der ersten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts aufzuweisen.<br />

2. Viele Arbeiten enthalten Momente einer inhaltlich-thematischen Vorgabe, die klar am<br />

gesellschaftlichen Umfeld orientiert ist.<br />

3. Viele Arbeiten reflektieren die Anregungen aus massenhaft publizierten Textilvorlagen<br />

und weisen, gemischt in der Ausführung als Hand- und Maschinenarbeit, eine sehr differenzierte<br />

Ausführungsqualität auf. Die massenhaften Textilvorlagen wurden von den ver-


Das Sticken der Frauen und Mädchen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 31<br />

schiedenen Sozialschichten genutzt. Ihre Anwendung orientierte sich vielfach am Vorbild<br />

des gutbürgerlichen Haushalts.<br />

4. Die Orientierung auf das Erlernen und Anwenden von Handarbeitstechniken an praktischen<br />

Objekten des Hausgebrauchs barg beide Aspekte: Disziplinierung und Kreativität.<br />

Kreative Momente scheinen dort deutlicher zu werden, wo u. a. durch Textilvorlagen<br />

Reflexionen auf aktuelle Moden erscheinen, d. h. neue Gestaltungsideen für Handarbeiten<br />

übertragen werden. Diese finden beispielsweise bei der Gestaltung von Kleidungsteilen<br />

Anwendung.<br />

Es bleibt zu vermuten, dass Mädchen mit höherer Schulausbildung bzw. aus wohlhabenden<br />

Haushalten eine höhere Qualität als Zeichen kreativen Potentials bei den Handarbeiten<br />

verwirklichen konnten, da sie mehr Zeit und Muße hatten, sich mit Handarbeiten<br />

zu beschäftigen. Viele Frauen und Mädchen aus unteren Sozialschichten nutzten das Erlernte<br />

aus dem Handarbeitsunterricht als Vorbildung für die weibliche Berufsarbeit sowie für<br />

individuelle Gestaltungsinteressen.<br />

Insofern sind auch die »profanen« Handarbeitsprodukte, wie wir sie aus den Haushalten<br />

in der Sammlung bewahren und neben den anspruchsvollen und kunstvoll ausgeführten<br />

Handarbeiten präsentieren können, Zeichen der Kulturgeschichte von Frauenleben zwischen<br />

Disziplinierung und Kreativität.<br />

Anmerkungen<br />

1 In den Sachkatalogen des Museums Europäischer Kulturen wird allein durch die Vielzahl der systematischen<br />

Sammlungsgruppen die Bestandsvielfalt deutlich.<br />

2 Friedrich Grossmann: Zur Geschichte der Stickmustertücher, in: Volkswerk. Jahrbuch des Staatlichen<br />

Museums für Deutsche Volkskunde, Jena 1942(a), S. 269–282. – Friedrich Grossmann: Das<br />

Stickmustertuch im 19. Jahrhundert, in: Die Neue Deutsche Schule, 16, 1942(b), S. 244–257,<br />

S. 292–313. – Irmgard Gierl: Gestickte Bilderbogen, Augsburg 1991. – Nina Gockerell: Stickmustertücher,<br />

München 1980. – Heidi Müller: Rosen, Tulpen, Nelken. Stickvorlagen des 19. Jahrhunderts<br />

aus Deutschland und Österreich, Berlin 1977. – Claudia Schirmer: Allgemein etwas zur<br />

Kulturgeschichte der Mustertücher, in: Textilkultur und Kreativität. Stickmustertücher, Falten und<br />

Perlenarbeiten, o. O. 1982. – Beate Schmuck: Mustertücher aus einer Dortmunder Schule im Hause<br />

Herbrecht. Dokumente schulischer Erziehung Dortmunder Mädchen im Spiegel sich wandelnder<br />

Lebensverhältnisse und Erziehungsvorstellungen in der Zeit von 1700–1850, in: Dortmunder Beiträge<br />

zur Pädagogik, 17, Bochum 1994.<br />

3 Friedrich Grossmann übereig<strong>net</strong>e in den 1930er Jahren seine Mustertuch-Sammlung dem damaligen<br />

Staatlichen Museum für Deutsche Volkskunde, Berlin.<br />

4 Grossmann, 1942(a) (Anm. 2), S. 269–282, und 1942(b), S. 244–257, S. 292–313.<br />

5 Langes Fädchen – Faules Mädchen. Textile Handarbeiten in Erziehung, Beruf und Freizeit, Ausstellung,<br />

Hannover, Historisches Museum, 1993, Hannover 1993 (Schriften des Historischen<br />

Museums, 3), S. 12 f.


32 Dagmar Neuland-Kitzerow<br />

6 Reorganisation des Unterrichts in den weiblichen Handarbeiten. Zwei Vorträge des Mecklenburgischen<br />

Industrieschulvereins Ludwigslust, Ludwigslust 1881, S. 16.<br />

7 Anna Mundorff/Elisabeth Altmann/Margot Grupe: Methodik des Nadelarbeitsunterrichts, Leipzig/Berlin<br />

1927, S. 94.<br />

8 Grossmann, 1942(b) (Anm. 2), S. 252.<br />

9 Reorganisation des Unterrichts in den weiblichen Handarbeiten, 1881 (Anm. 6), S. 1.<br />

10 Ebenda, S. 7.<br />

11 Ebenda.<br />

12 Ebenda, S. 12.<br />

13 Rosmarie Beier: Frauen-Heimarbeit in der Berliner Bekleidungsindustrie, Frankfurt a. M. 1984. –<br />

Heidi Müller/Brigitte Heck/Friederike Lindner/Guido Fackler: Zwischen Schule und Fabrik. Textile<br />

Frauenarbeit in Baden im 19. und 20. Jahrhundert, Ausstellung, Karlsruhe, Badisches Landesmuseum,<br />

1993; Berlin, Museum für Volkskunde, 1993/1994, Berlin 1993 (Schriften des Museums<br />

für Volkskunde Berlin, 18).<br />

14 Über den Unterricht in weiblichen Handarbeiten an den badischen Volksschulen, Karlsruhe 1869.<br />

– Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten. Nach der Methode der in Karlsruhe stattfindenden<br />

Kurse zur Ausbildung von Arbeitslehrerinnen, Karlsruhe 1877. – Die Förderung und Ausgestaltung<br />

der hauswirtschaftlichen Unterweisung, Berlin 1908 (Schriften der Zentralstelle für Volkswohlfahrt, 2,<br />

N. F.). – Der Unterricht in den weiblichen Handarbeiten unter besonderer Berücksichtigung einfacher<br />

Schulverhältnisse, in: Jahrbuch für hauswirtschaftliches und gewerbliches Wirken, 2, 1911/12.<br />

– Margot Grupe: Verzierungsarbeiten als Anregung zur eigenen Erfindung, Berlin 1960. – Mundorff/Altmann/Grupe,<br />

1927 (Anm. 7).<br />

15 Typische Handarbeitsprodukte waren z.B. bestickte Beutel für verschiedene Aufbewahrungszwecke,<br />

Wandschoner, Wäschestücke, Taschentuchbehälter, Schürzen.<br />

16 Reorganisation des Unterrichts in den weiblichen Handarbeiten, 1881 (Anm. 6), S. 13.<br />

17 Mundorff/Altmann/Grupe, 1927 (Anm. 7), S. 97. – Rosalie Schallenfeld: Der Handarbeits-Unterricht<br />

in Schulen. Werth, Inhalt, Lehrung und Methode desselben, 6. verbesserte Auflage, Frankfurt<br />

a. M. 1887. – Agnes Schallenfeld: Beleuchtung der von Rosalie Schallenfeld aufgestellten<br />

Behandlung des Handarbeitsunterrichts als Schullehrgegenstand, in: Rheinische Blätter für Erziehung<br />

und Unterricht, hrsg. v. Adolph Diesterweg, 21, Frankfurt a. M. 1868.<br />

18 Die vorhandenen Objekte in der Sammlung sprechen deutlich gegen eine Darstellung aus dem<br />

Jahr 1911, die behauptet, »auch der Unterrichtsbetrieb an sich ist ein wesentlich anderer geworden<br />

[…] Die Näh-, Stopf- und Flicktücher mit ihren zeitraubenden, teilweise überflüssigen und die<br />

Mädchen langweilenden Übungen sind verschwunden«, in: Frauenwirtschaft. Jahrbuch für das<br />

hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenwirken, 2, 1911/12, S. 27.<br />

19 Gertrud Dyhrenfurth: Die hausindustriellen Arbeiterinnen in der Berliner Blusen-, Unterrock-,<br />

Schürzen- und Tricotkonfektion, Leipzig 1898 (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen,<br />

67). – Johannes Feig: Hausgewerbe und Fabrikbetrieb in der Berliner Wäsche, Leipzig 1896.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1– 8: SMBPK Museum Europäischer Kulturen.


UTA-CHRISTIANE BERGEMANN<br />

Berliner Goldsticker<br />

im friderizianischen Rokoko<br />

Der Berliner Verleger Friedrich Nicolai, ein Zeitgenosse König Friedrichs<br />

II., berichtete in seiner »Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam«<br />

1786: »Seidene und reiche Stickerey wird in Berlin in so großer Mannigfaltigkeit und Vollkommenheit,<br />

als in irgend einem andern Orte innerhalb oder ausserhalb Deutschland<br />

(Frankreich nicht ausgenommen), verfertigt. Die schönsten Manns- und Damenkleider<br />

sowohl in Gold und Silber, als in Seide, nach allen Farben und Schattirungen, Stühle, Kaminschirme,<br />

ja ganze Tapeten, (wovon im K. Schlosse zu Potsdam Beyspiele sind) werden,<br />

nach dem besten Geschmacke, und sehr glänzend und dauerhaft verfertigt.« 1<br />

Diesem hohen Ansehen Berliner Gold- und Seidenstickereien, das Nicolai zum Ausdruck<br />

brachte, entsprach ihre Eintragung in die Berliner Adressbücher, dem jährlich erschienenen<br />

Publikationsorgan der wichtigsten Adressen in Berlin, das alle Mitglieder des Hofes,<br />

die wichtigsten Institutionen und Behörden, Spitäler, Gasthäuser und Künstler aufführte.<br />

Für die knapp vier Jahrzehnte von 1746 bis 1784 nannten sie in der schmalen Rubrik der<br />

sonstigen, besonders erwähnenswerten Adressen und Künstler u.a. die Berliner Goldsticker.<br />

2 Und in den Schatullrechnungen, der Privatkasse Friedrichs II., die aus seiner<br />

gesamten Regierungszeit von 1740 bis 1786 erhalten sind, erzielten die von den Goldstickern<br />

gelieferten Produkte die höchsten Preise. 3<br />

Trotz dieser offensichtlich hohen Bewertung, welche die Berliner Goldstickereien zu<br />

Kunstwerken von europäischem Rang emporhob, ist bislang wenig über diese bekannt,<br />

ebenso über ihre Werkstätten und deren Organisation. Es fehlen Studien zu ihrer Produktpalette,<br />

zu ihrem Auftraggeberkreis und zur Stellung, die sie unter den Kunsthandwerkern,<br />

in der Gesellschaft und bei Hof einnahmen. Hofgoldsticker wurden zwar häufig erwähnt,<br />

doch bleibt unklar, in welcher Form sie diesen Titel führten: Wurden sie fest besoldet,<br />

besaßen sie die Garantie einer exklusiven Auftragsvergabe oder hatten sie den privilegierten<br />

Titel ohne festes Arbeitsverhältnis inne? Goldsticker gab es in Deutschland seit dem Mittelalter,<br />

Hofsticker sind in Berlin seit dem 16. Jahrhundert bezeugt. 4 In den Adressbüchern, die<br />

seit 1701 erschienen, wurden sie aber lediglich in der Zeitspanne von 1746 bis 1784 eigens<br />

genannt. Wie ist dies zu erklären? Welche neue Bedeutung erhielten sie in dieser Zeit?


34 Uta-Christiane Bergemann<br />

Quellenlage<br />

Bisherige Forschungen zu Berliner Goldstickern bezogen sich meist auf<br />

Sticker hugenottischer Herkunft und gingen über kurze Katalogtexte nicht hinaus. 5 Der<br />

kürzlich fertig gestellte Bestandskatalog der Stickereien der <strong>SPSG</strong> bietet zwar eine vollständige<br />

Zusammenstellung der in ihrem Besitz erhaltenen Goldstickereien sowie eine Analyse<br />

über deren Gebrauch zur Ausstattung der königlichen Residenzen. Eine Studie über<br />

die Arbeitsverhältnisse der Goldsticker im 18. Jahrhundert konnte in diesem Rahmen jedoch<br />

nicht geleistet werden. Diese Lücke soll daher der vorliegende Aufsatz schließen.<br />

Aufgrund der bislang weitgehend fehlenden Sekundärliteratur ist eine Annäherung an<br />

die gestellten Fragen auf zeitgenössische Quellen angewiesen. Hierzu dienen diejenigen<br />

Stickereien im Besitz der <strong>SPSG</strong> und des Deutschen Historischen Museums in Berlin, die als<br />

Produkte Berliner Sticker zu verifizieren sind. Daneben treten Angaben aus Archivalien wie<br />

den Schlösserinventaren und aus Rechnungsbüchern des Hofes sowie aus zeitgenössischen<br />

Publikationen. 6 Quellen wie Meisterbücher und Lehrlingsaufdingbücher der Berliner Goldsticker<br />

fehlen allerdings, da sie nicht in einer Zunft verbunden waren. Somit entbehren wir<br />

die sonst für die Ausbildung der Handwerker und Künstler und für ihre Werkstattorganisation<br />

so aufschlussreichen Angaben über die Meisterwerdungen, über die Herstellung von<br />

Meisterstücken und über Lehrlings- und möglicherweise auch Gesellenzahlen. Immerhin<br />

bieten zwei zeitgenössische Autoren vertiefende Kenntnisse über den Herstellungsprozess<br />

von Goldstickereien in Berliner Stickerwerkstätten: der Berliner Autor Peter Nathanael<br />

Sprengel in seinem Buch »Handwerke und Künste in Tabellen« von 1769 und der Berliner<br />

Fabrikenaufseher Johann Carl Gottfried Jacobsen im »Schauplatz der Zeugmanufakturen in<br />

Deutschland« von 1775. 7<br />

Produktpalette<br />

Bei den Werken, welche die Berliner Goldsticker herstellten, handelte es<br />

sich um überwiegend aus Gold- und Seidenfäden hergestellte Luxusartikel. Ihr wichtigstes<br />

Arbeitsgebiet bildeten selbstverständlich Stickereien für die Kleidung. Ganz besonders die<br />

repräsentative, offizielle Hofkleidung war reich mit Stickereien verziert (Abb. 1, 2); leider<br />

haben sich gerade hiervon kaum Beispiele in den Berliner Museen erhalten. Darüber hinaus<br />

bezeugen die Akten des Hofes aufwändige, teils stark reliefiert gestickte Monogramme,<br />

Wappen, Kronen und Adler für die verschiedensten Repräsentationsobjekte der Monarchen<br />

wie Kutschen und Sänften, Krönungsmäntel und Throne (Farbabb. 8). Zudem werden dort<br />

verschiedene Objekte der Raumausstattung genannt wie reich bestickte Wandbespannungen<br />

in der unterschiedlichsten Ausführung, Himmelbetten, Möbel (Farbabb. 12, 14) und<br />

Decken, bestickte Uniformen für das Militär (Farbabb. 9) und Paradedecken für Pferde. Für<br />

Kirchen lieferten sie textile Ausstattungsstücke wie Antependien und Kelchvelen sowie<br />

Messgewänder. 8 Mit hohem künstlerischem Anspruch fertigten sie schließlich auch in Seide<br />

gestickte Bilder wie Stillleben und Landschaften. 9


Abb. 1 Antoine Pesne: Friedrich (II.) als Kronprinz,<br />

<strong>SPSG</strong>, HuD 1710 (GK I 479)<br />

Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 35<br />

Abb. 2 Antoine Pesne: Markgräfin Sophie von<br />

Brandenburg-Schwedt, geb. Prinzessin von Preußen<br />

in bestickter Hofkleidung, <strong>SPSG</strong>, GK I 5244<br />

Die ornamentale Gestaltung dieser Stickereien konnte sehr unterschiedlich ausfallen:<br />

Neben den Herrschaftssymbolen wie Wappen und Monogrammen gab es die zeitüblichen<br />

Ornamentformen mit Rocaillen, Blumenmotiven, Bündeln von Trophäen, Musikinstrumenten,<br />

Früchten und Blüten sowie Chinoiserien.<br />

Auftraggeberkreis<br />

Wie keine andere Herstellungsform entfalteten diese Goldstickereien –<br />

zumal solche mit bis zu 10 cm tiefem Reliefgrund – mit ihren verschiedenen Materialien,<br />

die das Licht in vielfältigster Weise brachen und reflektierten, das reichste Spiel an Wirkungsmöglichkeiten<br />

und den deutlichsten Widerschein von Pracht und Reichtum. Materiell<br />

waren sie aufgrund der Fäden aus Silber und Gold, meist in Kombination mit den ebenfalls<br />

überaus teuren Seidenstoffen, die kostspieligste Gestaltungsweise von Textilien. Dies<br />

führte dazu, dass in Preußen – wie in anderen Staaten auch – spätestens seit der Regierungszeit<br />

Friedrichs I. Anfang des 18. Jahrhunderts Goldstickereien als Schmuckelement<br />

von Kleidung und Ausstattung exklusiv dem Hof und hochgestellten adeligen Personen


36 Uta-Christiane Bergemann<br />

vorbehalten wurden. Per Verordnung war der Gebrauch von Gold-, Silber- und Seidenstickereien<br />

und das Tragen von seidenen Kleidern ausdrücklich den niederen Ständen gänzlich<br />

untersagt bzw. vermögenderen, höher stehenden Bürgern auf Teilbereiche der Kleidung<br />

einschränkt. Silberstickereien an Livreen und mit Samt bespannte und golden bestickte<br />

Kutschen und Sänften waren sogar ausschließlich dem König und seiner Familie vorbehalten.<br />

10<br />

Das Tragen von Goldstickereien bildete somit ein den Mitgliedern des Hofes und des<br />

Adels vorbehaltenes Privileg. Zugleich wurde dies aber auch eine Pflicht, denn Stickereien<br />

wurden zur unabdingbar vorgeschriebenen Ausstattung der offiziellen Hoftracht besonders<br />

für die Herren. Wer an den Hoftagen vorgelassen werden wollte, musste in bestickten Hofkleidern<br />

oder in – bestickter – Uniform erscheinen (vgl. Abb. 1, 2). Stickereien allgemein<br />

und Goldstickereien im Besonderen wurden zu einem Standessymbol in der absolutistischen<br />

Gesellschaft. Folglich gehörten auch Angehörige des Adels zum Auftraggeberkreis<br />

der Berliner Goldsticker sowie reiche Bürger, die gelegentlich die Verordnungen übertraten.<br />

Goldsticker in Berlin<br />

Für diesen Auftraggeberkreis standen in Berlin, einzelnen Nennungen aus<br />

dem frühen 18. Jahrhundert und aus den Berliner Adressbüchern zufolge, seit dem Anfang<br />

des 18. Jahrhunderts sechs Goldstickerwerkstätten zur Verfügung. Über die rechtliche Stellung<br />

der Goldsticker berichten Sprengel und Jacobsen, dass die Goldsticker nicht in einer<br />

Zunft organisiert waren, sondern als freie Künstler arbeiteten. 11 Dies bedeutete, dass sie<br />

trotz einer regulären, sehr langen Ausbildungsdauer von sieben Lehrjahren keine festgelegte<br />

Lehrzeit und keine vorgeschriebenen Wanderjahre hatten und dass sich jeder in Berlin als<br />

Goldsticker niederlassen und arbeiten konnte. So gab es neben den professionellen männlichen<br />

Goldstickern auch eine unbekannte Zahl von Frauen, welche das Sticken zum Broterwerb<br />

ausübten. Sie wurden als Mitarbeiter der Goldstickerwerkstätten genannt, konnten<br />

allerdings auch als Selbstständige arbeiten. Dies geht etwa aus den Rechnungslisten zu<br />

den Brautausstattungen der Schwestern Friedrichs II. hervor, wo mehrere Stickerinnen<br />

direkt für gelieferte Stickereien abrech<strong>net</strong>en. 12 Allerdings fanden sie im Zusammenhang<br />

mit kleineren Arbeiten für Kleidung Erwähnung wie etwa bei silbern bestickten Strumpfbändern<br />

der Brautausstattung. Für größere Aufträge wie aufwändig bestickte Kleider, Uniformen<br />

und Volants wurden ausschließlich professionelle Goldsticker herangezogen. Daher<br />

waren Frauen in Berlin wohl zwar eigenständig, aber nicht in mehrköpfigen Werkstätten<br />

organisiert, wohingegen Goldsticker in Werkstätten mit Personal arbeiteten.<br />

Die noch erhaltenen Goldstickereien, die der Ausstattung der Schlösser oder des Militärs<br />

dienten, stammten den Rechnungen und Friedrich Nicolai zufolge vornehmlich von der<br />

Hand der Hofgoldsticker. Zuerst waren dies seit dem frühen 18. Jahrhundert die Hofgoldsticker<br />

Pailly. 13 Die Adressbücher kennen für Pailly nur eine Adresse, zunächst in der Brüderstraße<br />

im eigenen Haus, ab 1767 auf der Neustadt unter den Linden im eigenen Haus,


Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 37<br />

Abb. 3 Detail aus Farbabb. 8 im Zustand vor der Restaurierung 1989<br />

wo ab 1771 von »Pally und Sohn« die Rede ist, die auch Papiertapeten fertigen, ab 1780<br />

wiederum nur von »Pally«. Dem Archiv der Französischen Kirche zufolge verbarg sich hinter<br />

dem Namen Pailly allerdings eine größere Goldstickerfamilie hugenottischer Herkunft,<br />

die in drei Generationen das gesamte 18. Jahrhundert hindurch in Berlin arbeitete, seit<br />

Anfang des 18. Jahrhunderts Elie Pailly (1664–1751), 14 dann in der Zeit Friedrichs II. seine<br />

Söhne Etienne (1703–1778) 15 und Jean Pailly (1710–1775) 16 und schließlich dessen Sohn<br />

Gabriel Guillaume Pailly (1741–1788) 17. Elie Pailly hatte bereits unter Friedrich Wilhelm I.


38 Uta-Christiane Bergemann<br />

den Titel des Hofgoldstickers, 18 später werden sowohl Jean und sein Sohn Gabriel Guillaume<br />

als auch Etienne Pailly als Hofgoldsticker bezeich<strong>net</strong>. Wer in der Zeit, als die beiden Brüder<br />

gleichzeitig arbeiteten, die genannte Werkstatt leitete und wer die in den Rechnungen<br />

aufgeführten Werke schuf, die vom »Hofgoldsticker Pally« berichten, ist nicht sicher zu entscheiden.<br />

Die wenigen erhaltenen Originalquittungen über Lieferungen von Pailly sind alle<br />

von Jean unterzeich<strong>net</strong>. 19 Auch deutet die Fortführung der Werkstatt durch »Pally und<br />

Sohn« auf Jean und dessen Sohn Gabriel Guillaume hin; somit scheint Jean Pailly der maßgebliche<br />

Goldsticker gewesen zu sein. Ob Etienne Pailly eine eigene Werkstatt führte oder<br />

in der seiner Familie mitarbeitete, lässt sich derzeit nicht feststellen.<br />

Der zweite Hofgoldsticker unter Friedrich II. war Mathias Immanuel Heynitschek<br />

(1708–1772). Er wurde vom König schon 1741, ein Jahr nach dessen Regierungsantritt, als<br />

Hofgoldsticker aus Bayreuth nach Berlin berufen. Die Adressbücher nennen Heynitschek<br />

zunächst in der Poststraße gegenüber den Fleischschrannen, ab 1749 an der Spittelbrücke<br />

im Hamannschen Haus, ab 1750 auf der Köpenicker Brücke und schließlich ab 1753 vor<br />

dem Köpenicker Tor in der Jacobstraße im eigenen Haus. 20<br />

Nach dessen Tod kam schließlich 1774 Joseph Genelli aus Kopenhagen nach Berlin; doch<br />

ist er vornehmlich für seine naturalistisch gestickten Seidenbilder berühmt; Goldstickereien<br />

von seiner Hand sind nicht überliefert. 21<br />

Über die Stellung dieser Hofgoldsticker bei Hof gibt es keine ausdrücklichen Rechtsbriefe.<br />

Im Gegensatz zu den Hofmalern und Hofbildhauern, die unabhängig von ihren Produkten<br />

eine feste vierteljährliche Pension unterschiedlicher Höhe erhielten, 22 bezogen die<br />

Hofgoldsticker kein regelmäßiges Gehalt. Auch arbeiteten sie nicht direkt bei Hofe, sondern<br />

hatten ihre Werkstätten wie ihre Handwerksgenossen in Berlin. Allerdings wurden sie<br />

bevorzugt für Aufträge bei Hof herangezogen. Hiervon zeugen zwar keine verbrieften Privilegien,<br />

doch führen die Schatullrechnungen Friedrichs II. für reiche Goldstickereien<br />

immer entweder Pailly oder Heynitschek auf. Lediglich im Zusammenhang mit Gold- und<br />

Seidenstickereien für Wäsche und Kleidung wurden mitunter Sticker und Stickerinnen<br />

genannt, die nicht höfisch privilegiert waren. 23<br />

Neben den Hofgoldstickern arbeiteten einige weitere Werkstätten in Berlin, die teils den<br />

Bedarf des Hofes, vorwiegend aber wohl den der zahlreichen Adeligen im preußischen<br />

Umland bedienten. Aus Verträgen vom Anfang des 18. Jahrhunderts lassen sich die Sticker<br />

Hennig Brandt, Ernst Langn, Jean Paveret, Pierre Paveret, Johan Steffan Hoffmann und<br />

Johan Gerhart Uhlender ermitteln. Außerdem gab es den Juden Salomon Isaak, dem Friedrich<br />

I. 1703 das Privileg einer Manufaktur für Stickereien verlieh. 24<br />

Jean (1671–1751) 25 und Pierre Paveret (1669–1717) 26 entstammten gleich den Paillys<br />

einer größeren Goldstickerfamilie, die als Hugenotten Ende des 17. Jahrhunderts aus Paris<br />

nach Berlin eingewandert waren. Neben Jean und Pierre waren auch Jacques (1642 bis<br />

1704) 27, Gilles (1692 erwähnt) 28 und Jacques-Antoine Paveret (1680–1729) 29 sowie Jacques<br />

Sohn Jean Paveret (1688–1715) 30 und Pierres Sohn Jacques Antoine (1708–1735) 31 Sticker<br />

in Berlin. Inwieweit sie in gemeinsamen oder eigenständigen Werkstätten arbeiteten, lässt<br />

sich bislang nicht feststellen.


Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 39<br />

Daneben wirkte in Berlin der Goldsticker Gottfried Guthmann, dessen Werkstatt bzw.<br />

Manufaktur bis zu 30 Personen beschäftigte. 32 Diese sporadischen Informationen über die<br />

städtischen Goldsticker lassen sich für die Zeit zwischen 1746 und 1784 dank der Berliner<br />

Adressbücher und weiterer Quellen vervollständigen. Sie nennen:<br />

Johann Andreas Barth von 1746 bis 1762 als Goldsticker an der Petrikirche;<br />

Johann Christian Barth von 1746 bis 1748 als Goldsticker in der Breiten Straße (später führte<br />

seine Witwe bis 1763 die Werkstatt an der Petrikirche im Krolliusschen Haus weiter);<br />

Christian Grand von 1746 bis 1762 als Goldsticker in der Poststraße im Beyerschen Haus;<br />

Johann Friedrich Kolbe von 1746 bis 1784 als Goldsticker zunächst auf dem Friedrichswerder<br />

gegenüber dem Roten Adler, ab 1753 auf der Jerusalemsbrücke;<br />

Christian Wilhelm Kolbe von 1768 bis 1784 als Goldsticker und Papiertapetenfabrikant hinter<br />

dem alten Packhof auf dem Werder;<br />

Johann Heinrich Ranspach 33 von 1746 bis 1778 als Goldsticker in der Königsstraße zunächst<br />

im la Gardischen Hause, ab 1749 im Haus des Schwertfegers Keil, ab 1759 im Haus neben<br />

Hr. Veronie, ab 1776 im eigenen Haus (1778–1784 wird seine Witwe als Goldstickerin weitergeführt);<br />

Carl Friedeberg von 1746 bis 1784 als Goldsticker zunächst in der Brüderstraße im Meyerschen<br />

Haus, ab 1753 auf der Friedrichstadt in der Cronenstraße im eigenen Haus;<br />

Frantz Friedrich Puppach 34 von 1763 bis 1784 als Gold- und Perlensticker gegenüber der<br />

Werderschen Mühle im Haus des Destillateurs Schultze;<br />

George Gottlieb Discher von 1763 bis 1784 als Goldsticker in der Brüderstraße im eigenen<br />

Haus;<br />

Andreas Fehrmann 1766 als königlicher Opernsticker zunächst am Spittelmarkt in Häbers<br />

Haus, ab 1778 am Dönhofschen Platz im Zierlschen Haus;<br />

Hurlin 35 von 1773 bis 1784 als Goldsticker zunächst in der Königstraße in des Zinngießers<br />

Claves Haus, ab 1782 in der Königsstraße im Haus des Bäckers Kölz und<br />

Carl Ludewig Morisson von 1773 bis 1784 als Goldsticker am Wasser, zwischen der Gertraudten-<br />

und Jungfernbrücke, in der Croßnerschen Bierniederlage, im Schröderschen<br />

Haus.<br />

Jean Barez (1694–1782), Sticker aus Amsterdam, ist seit 1724 in Berlin nachweisbar und<br />

wird in den Adressbüchern als Goldsticker an der Schleusen-Brücke, ab 1761 in der Brüderstraße<br />

im Rolletschen Haus genannt. 36<br />

Ab 1774 stellte auch die Berliner Manufaktur des aus Sachsen eingewanderten Kaufmanns<br />

Roitzsch mit 70 bis 80 Arbeiterinnen Stickereien in großem Umfang her, hauptsächlich<br />

Gold- und Seidenstickereien für Kleidung. 37


40 Uta-Christiane Bergemann<br />

Werkstattgrößen<br />

Nach beiläufigen Erwähnungen sowohl bei Sprengel als auch bei Jacobsen<br />

arbeiteten die Goldsticker gemeinsam mit ihrem weiblichen Personal. Abgesehen von<br />

dieser vagen Mitteilung und der für den Goldsticker Guthmann erwähnten Werkstattgröße<br />

von 30 Mitarbeitern bieten die Quellen keinerlei Auskünfte, wie die Werkstätten der Goldsticker<br />

organisiert waren, ob und wie viele Lehrlinge und Gesellen mitarbeiteten sowie ob<br />

und wie die Ausführung der größeren Stickereien auf die verschiedenen Mitglieder der<br />

Werkstatt oder zuliefernde Stickerinnen aufgeteilt wurde.<br />

Zumindest bei den Hofgoldstickern lässt jedoch allein der Umfang der gelieferten Werke<br />

auf ähnlich große Werkstätten wie bei Guthmann schließen. So lieferte Heynitschek in den<br />

Jahren von 1752 bis 1754 bestickte Wandbespannungen für drei von vier neu ausgestatteten<br />

Räumen des Potsdamer Stadtschlosses, die Friedrich Nicolai folgendermaßen beschreibt:<br />

Ein Wohnzimmer war »mit apfelgrünem Atlas tapeziert, worauf mit Gold erhöhete Dekorationen,<br />

und Fruchtgehänge von Blumen mit natürlichen Farben sehr reich und schön […]<br />

gestickt sind.« 38 Das Nebenzimmer hatte eine »Tapete von perlfarbenem Atlas, worauf chinesische<br />

Verzierungen, von Heinitscheck, erhoben mit Gold gestickt sind: eine sehr schöne<br />

Zeichnung, mit nach der Natur gestickten Blumen durchflochten.« Und schließlich folgte<br />

das chinesische Eckkabi<strong>net</strong>t mit Stickereien in einer von Heynitschek ausgeübten<br />

besonderen Technik aus Malerei und Stickerei. Für diese drei Räume erhielt der Hofgoldsticker<br />

im Zeitraum von knapp drei Jahren insgesamt 1<strong>2000</strong> Reichstaler; das war mehr als<br />

ein Drittel des Gesamtbetrages, der für die Ausstattung samt Möblierung der insgesamt vier<br />

Räume überhaupt ausgegeben wurde.<br />

Auch für den zweiten Hofgoldsticker, Pailly, lässt sich eine ähnliche Arbeitsauslastung<br />

feststellen. So lieferte er etwa 1742 sechs Pferdedecken und Schabracken für 3000 Reichstaler.<br />

Dabei betrug der Wert einer goldgestickten Schabracke 600 Reichstaler 39 – für ein<br />

Gemälde des Hofmalers Vanloo wurden gleichzeitig 250 Reichstaler veranschlagt. Im Monat<br />

März des darauf folgenden Jahres 1743 erhielt Pailly für 42 gestickte Hüte knapp 1000 Reichstaler,<br />

in den Monaten Juli bis Oktober für ungenannte Werke nochmals über 1200 Reichstaler.<br />

Diese Lieferungen wurden allein aus der Privatschatulle Friedrichs II. beglichen. 40<br />

Weitere anzunehmende Lieferungen, die aus anderen Hofkassen bezahlt wurden, sind<br />

dabei noch nicht erfasst. Besonders die Ausstattung der königlichen Leibgarde verschaffte<br />

den Hofgoldstickern nahezu jährlich Großaufträge für mehrere tausend Reichstaler. Es ist<br />

nicht denkbar, dass diese Großaufträge von einem einzigen Sticker hergestellt wurden. Man<br />

wird sich daher schon aufgrund der Auftragsvolumina wohl organisierte Werkstätten mit<br />

mehreren Gesellen, Lehrlingen und Frauen vorzustellen haben, welche die großen Goldstickereien<br />

in Arbeitsteilung fertigten (vgl. Abb. 4).<br />

Inwieweit diesem Bild der Hofgoldstickerwerkstätten auch das der einfachen städtischen<br />

Goldsticker entsprach, kann wegen fehlender diesbezüglicher Quellen nicht beantwortet<br />

werden. Möglicherweise arbeitete der eine oder andere allein oder nur mit Familienangehörigen.


Der Herstellungsprozess<br />

Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 41<br />

Abb. 4 Die Goldstickerwerkstatt, Abb. aus: Charles-Germain de Saint-Aubin: Die Stickerkunst, in der<br />

Übersetzung von Johann Samuel Halle, Berlin 1790, Tafel 2, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek,<br />

Göttingen, 8 TECHN I, 1820:18<br />

In den größeren Werkstätten führten die Werkstattangehörigen die Stickereien<br />

nach einem einheitlich vorgegebenen Entwurf aus. Laut Sprengel und Jacobsen war<br />

das Entwerfen der Stickereien die Aufgabe der Goldsticker selbst. Das Zeichnen sei auch<br />

»das vornehmste, welches der Lehrling erler<strong>net</strong>: daß er nemlich im Stande ist, durch die<br />

Zeichnung allerley Dessins zu entwerfen, worauf die Stickerey angebracht wird. Das<br />

Sticken selbst, ohngeachtet sie solches auch verstehen müssen, überlaßen sie denen Frauenzimmern,<br />

und diese erlernen es schon in ihren jungen Jahren« 41 .<br />

Die eigenständige Entwurfsleistung der Goldsticker wird vornehmlich auf die ganzheitlich<br />

von ihnen hergestellten Stickprojekte zu beziehen sein. Sicherlich etwa entwarfen<br />

sie die Stickereien z. B. für Kleidung selbst. Auch wird Mathias Immanuel Heynitschek die<br />

als seine Besonderheiten bezeugten chinoisen Stickereien in der Kombination mit Malereien<br />

selbst konzipiert haben, zumal wenn sie als ausschließlicher Dekor einen Raum ausgestalteten.<br />

Bildeten sie hingegen nur einen untergeord<strong>net</strong>en Teil eines größeren Werkes,<br />

etwa einer Gesamtraumgestaltung, konnten die Entwürfe wohl auch von anderen Künstlern<br />

wie den königlichen Innenraumdekorateuren geliefert werden.<br />

Ihre Entwürfe zeich<strong>net</strong>en die Goldsticker nach ihren eigenen Ideenskizzen oder nach<br />

denjenigen der Innenraumdekorateure, die sie im Kleinformat ausgeführt hatten, in einem<br />

zweiten Schritt exakt im Größenverhältnis 1:1 als Werkzeichnungen auf Papier (Abb. 5).<br />

Diese Zeichnungen übertrugen sie auf den Stickgrund, indem sie das Papier entlang den<br />

Zeichnungsumrissen perforierten und durch die Löcher Kreide- oder Kohlenstaub auf den<br />

Stoff wischten. 42 Die vorgezeich<strong>net</strong>en Formen füllten dann die Sticker aus bzw. nähten sie –


42 Uta-Christiane Bergemann<br />

bei den reliefierten Stickereien – aus zahlreichen einzeln gestickten Teilen zusammen und<br />

übereinander, wobei die auszuführenden Sticharten und anzuwendenden Materialien<br />

sicher schriftlich oder mündlich vorgegeben waren. Immer gleiche Massenprodukte wie die<br />

Stickereien der Uniformen wurden hingegen nach einem gestickten Muster gefertigt, wie<br />

dies das Tressenmusterbuch von 1754 für die Militärausstattung unter Friedrich II. (Farbabb.<br />

10, 11) oder die Anleitung zur Fertigung der Sterne des Schwarzen Adlerordens nahelegen.<br />

43<br />

Für die Herstellung von Goldstickereien stand den Goldstickern eine überaus reiche<br />

Palette verschiedenster Gold- und Silberfäden zur Verfügung, die in Berlin selbst zu beziehen<br />

waren. Die Berliner Gold- und Silbermanufaktur am Wilhelmsplatz, ein Großunternehmen,<br />

das über 800 Arbeiter beschäftigte, bot gemeinsam mit ihren Subunternehmern<br />

alle benötigten Materialien an. Im Haus der Gold- und Silbermanufaktur wurden alle Arbeiten<br />

verrichtet, »womit man das Gold und Silber bis zur Dicke eines Pfeiffenstiels ziehet«. 44<br />

Von dort erhielten es die Gold- und Silberdrahtzieher, Plätter und Spinner der Stadt zur Weiterverarbeitung<br />

und schließlich die Posamentierer zur Herstellung der Tressen, Schnüre<br />

und Fransen. Wie Nicolai berichtet, waren beim Flitterschläger (Paillettenschläger)<br />

Grimmann die Pailletten in zehn verschiedenen Größen sowie breite Lahnplatten zu beziehen.<br />

Verschieden farbige Folien machten die Posamentierer Neusetz und Korneul in der<br />

Leipziger Straße, Gold- und Silberkantillen die Geschwister Kalitsch in der Wilhelmstraße.<br />

Am Ende konnten die Goldsticker zwischen einer Vielfalt von Drähten, Lahnen (platt<br />

geschlagenen Drähten), Gespinstfäden (Goldfäden aus um Seidenfäden gewickelten Goldlahnen),<br />

Kantillen (verschieden lang geschnittene Stücke von dicht gewundenem Spiraldraht<br />

oder -lahn), Pailletten (Plättchen aus platt geschlagenen Drahtringen), Goldplättchen<br />

und Silberfolien in unterschiedlichster Stärke und Form auswählen (Abb. 5). So verarbeitete<br />

etwa die Hofgoldstickerwerkstatt von Heynitschek für die Thronrückwand Friedrichs<br />

II. über 70 verschiedene Fäden, Pailletten und Schnüre, die sie zu ganz unterschiedlichen<br />

Lichtreflexen und Wiedergaben von Materialien und Figuren nutzte (Farbabb. 8). 45<br />

Je nach der zu erzielenden Wirkung an Reichtum und je nach Verwendungszweck variierten<br />

die Goldsticker außer ihren Materialien auch die angewandten Sticktechniken. An<br />

Objekten zur Raumausstattung wie der Thronrückwand, an Wandbespannungen und<br />

Kaminschirmen kombinierten sie meist Anlegetechnik und Sprengtechnik. Bei der Anlegetechnik<br />

wurden Gespinstfäden flächig dicht aneinander gelegt und mit Seidenfäden in<br />

gleichmäßigen, verstreut oder musterförmig angeord<strong>net</strong>en Stichen festgehalten, wie dies<br />

auch am Körper der Wilden Männer und im Wappenschild der Thronrückwand zu beobachten<br />

ist (Abb. 3). Bei der Sprengtechnik wurden die Gespinstfäden über einen Pappgrund<br />

hin und her gelegt und an den Kanten mit Seidenfäden befestigt. In dieser Technik stellten<br />

sie z.B. Blätter, Rippen und Blüten her, die plastisch auf den in Anlegetechnik gestickten<br />

Grund aufgebracht wurden. Diese Formen bereicherten die Sticker mit Pailletten und Kantillen,<br />

die sie als Binnenstrukturen, Rippen von Blättern und Einzelakzente wirkungsvoll<br />

einsetzten (Abb. 3, Farbabb. 10). Kantillen konnten sie aber auch allein parallel gesetzt, rund<br />

gebogen oder in langen Stücken, eine Form umziehend, verwenden. Allein, meist aber


Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 43<br />

Abb. 5 Materialien der Goldsticker (Schnüre, Pailletten, Goldplättchen) und Schema einer<br />

Werkzeichnung in zwei Teilen, Abb. aus: Charles-Germain de Saint-Aubin: Die Stickerkunst, in<br />

der Übersetzung von Johann Samuel Halle, Berlin 1790, Tafel 5, Niedersächsische Staats- und<br />

Universitätsbibliothek, Göttingen, 8 TECHN I, 1820:18


44 Uta-Christiane Bergemann<br />

kombiniert mit den anderen Techniken brachten sie diese Goldstickereien auf flachen<br />

Grund oder auf bis zu 10 cm hohem Reliefgrund auf bzw. montierten die Einzelteile übereinander.<br />

Als Unterbauten verwendeten sie Unterstickungen oder Unterlagen aus Stoff und<br />

sogar aus Pappmaché, das eigens im Hohlgussverfahren hergestellt wurde (Abb. 3). In<br />

kraftaufwändiger Arbeit durchstachen die Sticker dabei die Befestigungsstiche durch den<br />

gesamten Reliefgrund hindurch. Häufig kombinierten die Goldsticker für ihre Werke die<br />

verschiedenen technischen Möglichkeiten und schufen in mehreren Lagen übereinander<br />

gestaffelte, stark reliefierte Werke von hohem künstlerischen Anspruch.<br />

Im Gegensatz zu diesen fest an der Wand oder in einen Rahmen montierten, reliefierten<br />

Werken stellten die Berliner Goldsticker ihre Stickereien an Kleidung meist flach in<br />

gestochener Arbeit her, wobei sie den Faden durch den Stoff stachen und hinter dem Stoff<br />

bis zum nächsten Ausstich zurückführten wie in der Plattstickerei. Auch hier bereicherten<br />

mit Seidenfäden aufgenähte Pailletten und Kantillen in vielfältiger Form die Wirkung (Farbabb.<br />

9–11).<br />

Neben diesen ganz aus Gold gefertigten Werken konnten Goldstickereien auch mit den<br />

verschiedensten Seidenfäden, entweder glatter Seide, Seidenzwirn, Chenille oder Seidenbändchen<br />

kombiniert werden.<br />

Entsprechend dem Wert der verwendeten Stickmaterialien wurden Goldstickereien –<br />

abgesehen von den Uniformröcken aus Tuch – auf kostbaren Seidenstoffen, auf Satin,<br />

Damast, Samt und Taft, aufgebracht. Hierfür standen den Stickern in der Zeit Friedrichs II.<br />

ebenfalls eine Vielzahl von einheimischen Seidenmanufakturen mit zusammen über 1100 Webstühlen<br />

als Lieferanten zur Verfügung, welche der König in großem Umfang förderte. 46<br />

Inwieweit die Techniken der Berliner Goldsticker sich von denjenigen anderer Regionen<br />

unterschieden, kann mangels umfassenderer Studien zu weiteren Stickzentren dieser<br />

Zeit bislang nicht beurteilt werden. Doch scheinen sich die grundlegenden technischen<br />

Fertigkeiten weitgehend geglichen zu haben, denn Charles-Germain de Saint-Aubin<br />

beschrieb in seinem Buch über »Die Stickerkunst« die Herstellung der Stickereien in den<br />

Pariser Werkstätten ganz ähnlich (Abb. 4, 5).<br />

Neben diesen allgemein üblichen Goldstickereien nannte Friedrich Nicolai eine weitere<br />

Art von Stickerei mit ausgefallenen Sticktechniken, die Berlin eigen war und die vom<br />

höchsten Raffinement der Stickfertigkeiten einheimischer Goldsticker zeugte. Er beschrieb<br />

diese im Zusammenhang mit der Wandbespannung des Chinesischen Eckkabi<strong>net</strong>ts im Potsdamer<br />

Stadtschloss: »Die Füllungen zwischen den Pilastern sind mit weißem Taffet tapeziert,<br />

worauf bunte chinesische Figuren und Lusthäuser […] erhaben gestickt sind. Die<br />

Wasser, die Luft und der Hintergrund ist gemalt, so daß diese Zusammensetzung von Malerey<br />

und Stickerey eine sehr gute Wirkung thut.« 47 Diese kombinierte Stickerei aus Malerei,<br />

Gold- und Seidenstickerei bildete geradezu eine Spezialität des Hofgoldstickers Heynitschek.<br />

Dabei waren meist chinesische Verzierungen oder bunte chinesische Figuren und<br />

Lusthäuser auf weißen Taft oder perlfarbenen Satin gestickt, welche Rahmen aus reliefierter<br />

Goldstickerei umfassten. Bei den bildlichen Darstellungen wurden der Hintergrund, das<br />

Wasser und die Luft von der Rückseite auf den durchscheinenden Stoff gemalt, die gegen-


Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 45<br />

Abb. 6 Mathias Immanuel Heynitschek zugeschrieben: Entwurf für die Dekoration des Chinesischen<br />

Zimmers im Potsdamer Stadtschloss mit bestickten Wandbespannungen, 1752, <strong>SPSG</strong>, Plankammer,<br />

Ornamentzchng. Nr. 79<br />

ständlichen Motive von vorne erhaben in verschiedenen Techniken aufgestickt. Das Erdreich,<br />

die Steine und andere Gegenstände, die matt erscheinen sollten, gab der Goldsticker<br />

durch sehr klein geschnittene Federn wieder, die er auf den klebrig angefeuchteten Grund<br />

streute. 48 Leider haben sich von diesen Stickereien außer den Beschreibungen Nicolais<br />

keine Werke erhalten. Lediglich zwei Entwurfszeichnungen für das Chinesische Eckkabi<strong>net</strong>t<br />

und ein – sehr viel simpler gefertigter – Kaminschirm mit chinoisen Malereien und<br />

Stickereien können einen vagen Eindruck davon vermitteln (Abb. 6). 49<br />

Hinsichtlich der Frage, wie stark der in einer Werkstatt vorgegebene Arbeitsstil alle Mitglieder<br />

einband bzw. wie weit die Gestaltungsmöglichkeiten der Werkstätten und ihrer<br />

Mitarbeiter waren, erlauben zwei Kaminschirme, die 1744 für die Wohnung Friedrichs II.<br />

im Stadtschloss zu Potsdam entstanden, weitergehende Überlegungen. 50 Der eine war in<br />

Goldstickerei auf zunächst gelbem, später grün erneuertem Samt passend zu dem grün-golden<br />

gestalteten Konzertzimmer ausgeführt (Farbabb. 12), der andere in Silberstickerei auf<br />

gelbem Samt stand im Schlaf- und Arbeitszimmer Friedrichs II. (Farbabb. 14). Beide sind<br />

nach demselben Entwurf gearbeitet. In einem geschweiften Rahmen ranken links und<br />

rechts aus Vasen, die auf Rocaillepodesten stehen, Weinzweige empor. Diese umziehen ein


46 Uta-Christiane Bergemann<br />

in der Mitte von einer Schleife herabhängendes Bündel mit Musikinstrumenten, einer Theatermaske<br />

und farbigen Blütenzweigen. Die auf den ersten Blick gleichen Motive verraten<br />

auf den zweiten Blick offensichtliche Unterschiede.<br />

Zunächst fällt auf, dass der Kaminschirm aus dem Arbeitszimmer Friedrichs II. zarter,<br />

dünngliedriger, weniger dicht und voluminös ausfällt als die Stickereien des Kaminschirms<br />

aus dem Konzertzimmer. Die einzelnen Blätter der Weinranken, die aus den Vasen emporsteigen,<br />

sind kleiner, schmaler, die Zahl der Windungen reduzierter. Deutlich unterscheiden<br />

sich die Kaminschirme auch technisch in vielen Details, die zum Teil – in den direkt<br />

aufgestickten Partien – wohl auf eine spätere Erneuerung des Samtes am Kaminschirm aus<br />

dem Konzertzimmer zurückgehen, nicht aber bei den separat gestickten und aufgenähten<br />

Teilen (Farbabb. 13, 15). Beispielsweise wurde die linke Vase beim Kaminschirm aus dem<br />

Arbeitszimmer mit verschiedenen Gespinstfäden, aber weitgehend in Anlegetechnik, die<br />

ovalen – godroniert gedachten – Wölbungen in Sprengtechnik ausgeführt. Dagegen besitzt<br />

die Vase des anderen Kaminschirms einen zweischichtigen Aufbau aus Anlegetechnik und<br />

einem rautenförmig darüber gelegten Lahngitter, dessen Schnittpunkte von Kantillen überfangen<br />

werden. Die godroniert gedachten Wölbungen sind zwar in Anlegetechnik, aber in<br />

bis zu drei verschiedenen Reliefebenen und Fadenrichtungen gestickt. Ähnlich unterscheidet<br />

sich die Stickerei der bunten Chenilleblüten, welche beim Kaminschirm aus dem<br />

Arbeitszimmer nicht mit Pappe unterlegt, sondern unterstickt und die Blüten direkt auf den<br />

Samtgrund aufgebracht wurden. Im Kaminschirm aus dem Konzertzimmer sind sie zunächst<br />

über Pappe auf ein separates Gewebe gestickt und dann auf den Samt aufgenäht.<br />

Die Masken in den Bündeln mit den Musikinstrumenten, die in eine Hohlform gegossene<br />

Pappmaché-Untergründe besitzen, zeigen eigenständige Formgebungen; d. h. sie wurden<br />

über Pappmaché-Untergründe gestickt, die aus zwei eigens gebildeten Hohlgussformen hergestellt<br />

worden waren.<br />

Diese und weitere Unterschiede an zwei gleichzeitig entstandenen Werken weisen deutlich<br />

auf zwei unterschiedlich gestaltende Hände hin. Entweder wurden sie von zwei verschiedenen<br />

Goldstickern in einer Werkstatt oder von zwei oder mehreren Goldstickern in<br />

zwei verschiedenen Werkstätten gestickt. Auf letzteres weist der Blick auf andere; große<br />

Werke wie die Thronrückwand Friedrichs II., die allein wegen ihrer Größe sicher von mehreren<br />

Stickern in Gemeinschaftsarbeit gefertigt wurde, aber keine stilistischen Unterschiede<br />

in den einzelnen Teilen aufweist (Farbabb. 8). Dies legt eine sehr strenge Stilgebundenheit<br />

einer Werkstatt nahe. Daher deuten die stilistischen und technischen Unterschiede,<br />

besonders auch die unabhängige Fertigung der Pappmachéformen, die bei der Herstellung<br />

in einer Werkstatt sicherlich aus derselben Gussform genommen worden wären, eher auf<br />

die Herkunft der Kaminschirme in zwei verschiedenen Werkstätten, die der beiden Hofgoldsticker,<br />

hin.<br />

Somit wurden die beiden Kaminschirme zwar nach demselben Entwurf, doch wohl von<br />

verschiedenen Goldstickern bzw. Goldstickerwerkstätten ausgeführt. Sie hatten sich in den<br />

Motiven und in der Farbgebung an die – hier wohl vom Innenraumarchitekten gelieferte –<br />

Vorgabe zu halten. In der technischen Ausführung, der Materialwahl, der Wahl der Stich-


techniken und der Reliefwirkung waren aber erhebliche Variationsbreiten möglich. Sie wurden<br />

genutzt und führen anschaulich vor, innerhalb welcher gestalterischen Möglichkeiten<br />

die Berliner Goldsticker ihre Werke ausführten.<br />

Stellung der Goldsticker<br />

in der Zeit Friedrichs II.<br />

Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 47<br />

Soweit es die überlieferten Quellen ermöglichen, machten die bisherigen<br />

Ausführungen deutlich, auf welchem Niveau und in welcher technischen und künstlerischen<br />

Spannbreite die Berliner Goldsticker ihre Werke schufen. Offen blieb aber noch die<br />

Frage, warum sie die eingangs beschriebene hohe künstlerische Bedeutung erst am Ende<br />

des absolutistischen Zeitalters während der Regierung Friedrichs II. erlangten und auch<br />

vorwiegend in diesen rund vier Jahrzehnten. Die Antwort liegt einerseits in der Preußen<br />

eigenen Geschichte, das erst im 18. Jahrhundert Königtum wurde, andererseits in der Person<br />

des Monarchen.<br />

Wie die Auflistung der Goldsticker deutlich machte, ist schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts,<br />

spätestens mit dem Anspruch Friedrichs I. auf die Königswürde, ein qualifiziertes<br />

Gewerbe der Gold- und Seidensticker in Berlin bezeugt, welches den rasch steigenden<br />

Anforderungen des selbst gekrönten Monarchen nach Symbolen seiner neuen königlichen<br />

Würde nachzukommen hatte und nachkam. Schon unter seiner Regierung gab es die<br />

erwähnten sechs Goldstickerwerkstätten, welche für Hof und Adel arbeiteten. Wie angesehen<br />

ihre Stellung zu dieser Zeit bereits war, lässt sich mangels aussagekräftiger Quellen<br />

allerdings nicht belegen. Auch haben sich nur wenige Goldstickereien aus dieser Zeit erhalten.<br />

51<br />

Unter Friedrichs I. Sohn und Nachfolger, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., verloren<br />

die Goldsticker ihren großen und anspruchsvollen Auftragsmarkt jedoch wieder –<br />

zumindest sofern es die Aufträge vom Hof selbst betraf. Denn der König lehnte bekanntlich<br />

die hohen Ausgaben und aufwändige Lebensweise seines Vaters ab und konzentrierte<br />

sein Interesse auf die Sanierung der Staatsfinanzen, den Aufbau einer starken Armee und<br />

seine Jagdvergnügen. Die zahlreichen Künstler und Kunsthandwerker, die unter Friedrich I.<br />

vielfältige Pensionen und Aufträge erhalten und die Erfordernisse eines anspruchsvollen<br />

kulturellen Lebens in der Stadt erfüllt hatten, zogen nun aus Berlin weg. Unter der Regierung<br />

Friedrich Wilhelms I. beschritt Preußen einen Sonderweg in der absolutistischen Herrschaftsform,<br />

in welcher der Adel weniger durch seine Angehörigkeit zur Hofgesellschaft mit<br />

ihren Repräsentationszwängen in das vom König dominierte Staatswesen eingebunden<br />

wurde als vielmehr durch seine Beteiligung am Militär. Die Goldsticker behielten zwar ein<br />

sicheres Einkommen, indem sie für die Ausstattung der Uniformen arbeiteten, bei welchen<br />

ebenfalls Goldstickereien zur Regimentsbezeichnung verwendet wurden. Die als eher<br />

bescheiden beschriebene Ausstattung des Hofes machte aber keine künstlerisch wertvollen<br />

Produkte möglich.


48 Uta-Christiane Bergemann<br />

Dies änderte sich unter Friedrich II. umgehend, wie die Berufung des Bayreuther Goldstickers<br />

Heynitschek im Jahr nach seinem Regierungsantritt belegt. Der junge König vereinigte<br />

die Machtstellung Preußens, welche er mit seinen militärischen Siegen ausbaute, mit<br />

dem an eine europäische Großmacht gestellten Repräsentationsgepflogenheiten und -pflichten.<br />

Nach der langen Durststrecke während der knapp drei Jahrzehnte währenden Regierung<br />

seines Vaters holte er das Defizit an standesgemäßen Schlossausstattungen nach, ließ<br />

die Stadtschlösser in Potsdam und Berlin teilweise neu gestalten, Anbauten und Schlösser<br />

wie den Neuen Flügel von Schloss Charlottenburg in Berlin und das Schloss Sanssouci in<br />

Potsdam errichten und stattete sie mit einer wechselvollen Vielfalt künstlerisch wertvoller<br />

Raumgestaltungen aus. Hierbei spielten Textilien aus Seide und Gold eine wichtige Rolle.<br />

Die seit der Einwanderung der Hugenotten am Ende des 17. Jahrhunderts einheimische Seidenweberei<br />

wurde in großem Stil von Friedrich II. gefördert, ausgebaut und zu einem Produktionszentrum<br />

in Europa entwickelt. Zahlreiche Räume erhielten mit Damast, Satin oder<br />

Taft ausgestattete Wandverkleidungen. Gerade die besonders repräsentativen Staatsräume<br />

wie Audienzsäle und Gästezimmer ließ der König mit Gold- und Seidenstickereien verzieren.<br />

Stickereien bildeten sogar die kostspieligste und raffinierteste Variante in der Dekoration<br />

der Räume. Nach dem Siebenjährigen Krieg in den sechziger Jahren wurden die<br />

Raumausstattungen im Neuen Palais durch einheimische Kunsthandwerker geradezu eine<br />

materielle Demonstration der künstlerischen Kapazitäten der Luxusindustrie des finanziell<br />

im Krieg stark mitgenommenen preußischen Staates. Mit dieser spezifischen außen- und<br />

kunstpolitischen Situation unter Friedrich II. ist es wohl zu erklären, dass die Goldsticker<br />

mit ihren für Standesrepräsentation besonders prädestinierten Produkten zu herausragenden<br />

Kunsthandwerkern unter den Hofhandwerkern und -künstlern wurden. Ihre Produkte<br />

waren besonders geeig<strong>net</strong>, von Friedrich II. zur visuellen Machtdemonstration des neuen<br />

preußischen Staates herangezogen zu werden.<br />

Dies änderte sich spätestens mit dem Tod Friedrichs II. und mit dem Geschmackswandel<br />

im Klassizismus. Mit einer einfacheren, aufgeklärten Lebensführung favorisierte man<br />

nun zarte Seidenstickereien in Nadelmalerei und Tambourierarbeit. Goldstickereien verloren<br />

schon am Ende der Regierungszeit des Königs ihre Bedeutung sowohl in der Raumausstattung<br />

als auch in der Kleidung. Zwar gab es in Berlin auch noch im 19. Jahrhundert Goldstickereien<br />

für bestickte Uniformen, Staatsroben, Throne und Kutschen und damit auch<br />

Goldsticker. Ihre große Zeit war aber vorbei. Dieser Veränderung entspricht, dass kurz vor<br />

dem Todesjahr Friedrichs II. und dem Regierungsantritt des modern-klassizistisch ausgerichteten<br />

Königs Friedrich Wilhelm II. die Nennungen der Goldsticker in der Liste der<br />

besonders erwähnenswerten Künstler aus den Berliner Adressbüchern verschwanden.


Anmerkungen<br />

Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 49<br />

1 Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst<br />

befindlicher Merkwürdigkeiten und der umliegenden Gegend, Bd. 2, Berlin 1786, S. 521 f. – Ähnlich<br />

auch Leopold von Zedlitz: Neuestes Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam, Berlin<br />

1834, S. 179: »Die Seiden-Stickerei hatte schon in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eine<br />

so große Mannigfaltigkeit und Vollkommenheit erreicht, dass man mit vollem Recht vielen der<br />

hiesigen Sticker den Namen von ausgezeich<strong>net</strong>en Künstlern beilegte, und die Lieferungen eines<br />

Hurlie, Pally, Chenelly u. s. w. wurden weit und breit berühmt; der Letztere stickte Blumen mit<br />

Farben nach der Natur, die schönen Gemälden gleichkamen.«<br />

2 Adres-Calender der Königl. Preuß. Haupt- und Residentz-Stadt Berlin, Berlin 1746–1784.<br />

3 GStAPK, BPH 47, G 9, vgl. auch G 11 und G 12.<br />

4 Laut Gustav Schmoller/Otto Hintze: Die Preußische Seidenindustrie im 18. Jahrhundert und ihre<br />

Begründung durch Friedrich den Großen, Bd. 3, Berlin 1892, S. 90. – Die Autoren bleiben einen<br />

archivalischen Nachweis dieser Feststellung schuldig. Aufgrund der vorliegenden Quellen sind derzeit<br />

als Hofsticker nachweisbar: 1617 Michael Steinhöffel, Hofsticker, Perlenhefter in Königsberg<br />

(GStAPK, I. HA, Rep. 36, Nr. 1936: Bestallung Michael Steinhöffels zum Perlenheffter Königsberg<br />

1617) und 1677 die Bestallung einer »Perlen- und Seidenstickerin für Leibgeschmücke der Markgräfin<br />

[Dorothea] u. ihrer beiden Töchter« (GStAPK, I. HA, Rep. 36, Nr. 1933: Aufstellung und<br />

Besoldung der Bettfrauen, der Spinnfrau und der Perlenstickerin 1577–1707).<br />

5 Bislang am ausführlichsten die Katalogtexte von Carola Paepke in: Das Edikt von Potsdam 1685.<br />

Die französische Einwanderung in Brandenburg-Preußen und ihre Auswirkungen auf Kunst, Kultur<br />

und Wissenschaft, hrsg. v. Udo Dräger/Hans-Joachim Giersberg, Ausstellung, Potsdam, Staatliche<br />

Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, 1985, Potsdam 1985, S. 87–91. – Vgl. auch Schmoller/Hintze,<br />

1892 (Anm. 4), Bd. 3, S. 90, 259. – Eduard Muret: Geschichte der Französischen<br />

Kolonie in Brandenburg-Preußen, unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde, Berlin<br />

1895, S. 43.<br />

6 Ausführliche Zusammenstellungen der Stickereien und Inventarbelege in: Uta-Christiane Bergemann:<br />

Stickereien. Mit Beiträgen von Susanne Evers/Ellen Hertrumpf/Jörg Kirschstein/Claudia<br />

Meckel, Berlin <strong>2000</strong> (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Bestandskataloge<br />

der Kunstsammlungen. Angewandte Kunst. Textilien, hrsg. v. Burkhardt Göres).<br />

7 Peter Nathanael Sprengel: Handwerke und Künste in Tabellen, Berlin 1769, S. 78–89. – Johann Carl<br />

Gottfried Jacobsen: Schauplatz der Zeugmanufakturen in Deutschland, Berlin 1775, S. 433–443. –<br />

Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 521 f. und Bd. 3, III. Anhang, S. 48. – Friedrich Nicolai: Beschreibung<br />

der Königl. Residenzstädte Berlin und Potsdam, Anhang; oder Nachrichten von den Baumeistern,<br />

Bildhauern, Kupferstechern, Malern, Stuckateuren und andern Künstlern, Berlin/Stettin<br />

1786, S. 144.<br />

8 Hierzu vgl. Bergemann, <strong>2000</strong> (Anm. 6), Kap. 1 und 2. – Klaus-Peter Merta: Das Heerwesen in Brandenburg<br />

und Preußen von 1640 bis 1806. Die Uniformierung, Berlin 1991, S. 42–55.<br />

9 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Anhang, S. 144. – Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen<br />

1786–1850, bearb. v. Helmut Börsch-Supan, Berlin 1971, Bd. 1, 1789, o. Nr., Sp. 57 (Bilder von<br />

Puppach und Heynitschek).<br />

10 Vgl. Bergemann, <strong>2000</strong> (Anm. 6), S. 3–9.<br />

11 Sprengel, 1769 (Anm. 7), S. 89. – Jacobsen, 1775 (Anm. 7), S. 443. – Dem entgegen schreiben zwar<br />

Schmoller/Hintze, 1892 (Anm. 4), Bd. 3, S. 90, es habe schon Ende des 17. Jahrhunderts »ein


50 Uta-Christiane Bergemann<br />

besonders privilegiertes Gewerk der Gold- und Silber-, Perlen-, Seiden- und Wollsticker« gegeben,<br />

doch leider ohne Angabe von Belegen. Der Existenz einer zünftigen Organisation der Berliner Goldund<br />

Seidensticker widersprechen jedoch nicht nur Sprengel und Jacobsen übereinstimmend, sondern<br />

es fehlen auch jegliche diesbezüglichen Quellen. Weder im Landesarchiv Berlin noch im Stadtarchiv<br />

Potsdam sind Zunftakten der Goldsticker erhalten. Im Stadtarchiv Potsdam belegen folgende<br />

Quellen vielmehr, dass es keine zünftig organisierten Sticker gab, da sie in den Gewerkslisten<br />

fehlen: Tabelle sämtlicher Gewerke für das Jahr 1780 (Stadtarchiv Potsdam, 1–3/28). – Acta betr.<br />

die Nachweisung der zünftigen Meister. Potsdam. Magistrats-Registratur 1848–1851 [Alle Gewerke<br />

mit kompletten Namensverzeichnissen] (Stadtarchiv Potsdam, 1–3/55). – Statistik des Innungswesens<br />

1893–1897 (Stadtarchiv Potsdam, 1–3/696). Auch in Berlin änderte sich daran im 19. Jahrhundert<br />

nichts; so wurden beispielsweise im »Plan zur Aufstellung der Gewerke beim Einzug<br />

Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelms IV.« (GStAPK, BPH, Rep. 50 L 1, Nr. 2) weder Goldsticker<br />

noch Sticker als eigenes Gewerk aufgeführt.<br />

12 So führen 1734 die Rechnungen für die Brautausstattung der Prinzessin Sophie, vermählte Markgräfin<br />

von Brandenburg-Schwedt, als Lieferantin der silbern gestickten Brautstrumpfbänder »Sophia<br />

Fliethin« auf, für zwölf Paar gestickte Kniebänder zeich<strong>net</strong>e »Gotton« und für »ein Marseillen Cottillon<br />

mit Broderie« die Stickerin »Schaubin« (GStAPK, BPH 46, Nr. W 3, Bd. 2, fol. 1, 31r, 36r).<br />

13 Schreibweise der Namen nach Ulrich Thieme/Felix Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden<br />

Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, hrsg. v. Hans Vollmer, Bd. 26, Leipzig 1932, S. 147.<br />

14 Archiv der Französischen Kirche, Berlin, Mar. I.192., Mrt. VI.225.<br />

15 Ebenda, Mat. II.331., Mar. II.459., Mrt. VII.319.<br />

16 Ebenda, Mrt. VII.265. – Thieme/Becker, Bd. 26, 1932 (Anm. 13), S. 147.<br />

17 Archiv der Französischen Kirche, Berlin, Bat. VI.328., Mar. III.164., Mrt. VII.507.<br />

18 Schmoller/Hintze, 1892 (Anm. 4), Bd. 1, S. 25.<br />

19 GStAPK, BPH 47, G 12, Belege von Neujahrspräsenten 1742–1749, nicht foliiert, Rechnungsquittungen<br />

vom 25.11.1743 und vom 2.11.1746.<br />

20 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Anhang, S. 144. – Thieme/Becker, Bd. 17, 1924 (Anm. 13), S. 39 f. – Burkhardt<br />

Göres: Berliner Prunkschlitten, Kutschen und Sänften des Barock, Staatliche Museen zu Berlin,<br />

Kunstgewerbemuseum, Berlin 1987, S. 9.<br />

21 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 3, S. 48. – Johann Gottfried Schadow: Kunstwerke und Kunstansichten.<br />

Ein Quellenwerk zur Berliner Kunst- und Kulturgeschichte zwischen 1780 und 1845. Kommentierte<br />

Neuausgabe der Veröffentlichung von 1849, hrsg. v. Götz Eckardt, Berlin 1987, Bd. 1,<br />

S. 11, 98. – Thieme/Becker, Bd. 13, 1920 (Anm. 13), S. 384.<br />

22 GStAPK, BPH 47, G 9.<br />

23 1744 lieferte Gottfried Guttmann für die Brautausstattung der Prinzessin Ulrike, vermählte Königin<br />

von Schweden, einen in Silber und bunter Seide gestickten Cotillon und Jean Barez Strumpfbänder<br />

(GStAPK, BPH 46, Nr. W 3, Bd. 2, fol. 57r–v, 77r, 87r–88r). Vgl. auch Anm. 12.<br />

24 GStAPK, I. HA, Rep. 36, Nr. 1993, nicht foliiert, darin: Vertrag über Fertigung eines gestickten Wappens,<br />

1705. – GStAPK, I. HA, Rep. 36, Nr. 1998, nicht foliiert, darin: Vertrag über die Fertigung von<br />

100 gestickten Adlern, 1705. In letzterem Vertrag wurde ein »Jude« genannt; er wird mit dem bei<br />

Schmoller/Hintze, 1892 (Anm. 4), Bd. 3, S. 90 erwähnten Manufakturisten Salomon Isaak zu identifizieren<br />

sein, zumal laut Vertrag der »Jude« innerhalb von nur acht Tagen 100 gestickte Adler liefern<br />

sollte. Diese Arbeitsleistung ist nur in einem Großbetrieb vorstellbar.<br />

25 Archiv der Französischen Kirche, Berlin, Mrt. V.217., Mar. II.84. – Vgl. auch Richard Béringuier:<br />

Die Colonieliste von 1699. Rôle général des françois refugiez dans les estats de sa sérénité electo-


Berliner Goldsticker im friderizianischen Rokoko 51<br />

rale de Brandenbourg, comme ils se sont trouvez au 31. Décembre 1699, Berlin 1888, Role des<br />

François refugiez a Berlin. 31. Decembre 1699, Nr. 54.<br />

26 Archiv der Französischen Kirche, Berlin, Mrt. III.13. – Vgl. auch Béringuier, 1888 (Anm. 25), Role<br />

des François refugiez a Cologne. 21. Decembre 1699, Nr. 373.<br />

27 Archiv der Französischen Kirche, Mrt. I.307.<br />

28 Ebenda, Mar. I.35 (Heirat der Tochter).<br />

29 Ebenda, Mrt. III.214.<br />

30 Ebenda, Bat. I.29., Mrt. II.338.<br />

31 Ebenda, Bat. II.259, Mrt. IV.207.<br />

32 Schmoller/Hintze, 1898 (Anm. 4), S. 259, Bd. 1, S. 351. – GStAPK, BPH 46, Nr. W 3, Bd. 2, fol. 77r:<br />

Guthmann lieferte 1744 das in Silber und Seide gestickte Brautkleid von Prinzessin Ulrike.<br />

33 Auch bei Nicolai, 1786 (Anm. 1), S. 522 erwähnt.<br />

34 Vgl. Anm. 8. – Auch bei Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 522 erwähnt.<br />

35 Auch bei Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 522 erwähnt. Er fertigte eine Parade-Pferdedecke (vgl.<br />

Das Edikt von Potsdam 1685, 1985 [Anm. 5], S. 90 f.). – Außerdem nennt Carola Paepke (ebenda,<br />

S. 87) einen Goldsticker Jacques Hurlin d. Ä. (gestorben 1722). Tatsächlich verzeichnen die Kirchenbücher<br />

des Archivs der Französischen Kirche in Berlin einen Jacques Hurlin, jedoch als<br />

»Moquette[Fußteppich]-Arbeiter, geb. zu Courcelles, Metzer Land, gestorben III.65. 28. 7. 1721,<br />

55 Jahre alt.« Als solcher wird er auch in den Kolonielisten aufgeführt: »Jacques Hurlin, de Metz,<br />

Faiseur de Moquette, sa famme, un enfant, sa belle mere, et une de ses belles soeures. Personnes<br />

5« (Béringuier, 1888 [Anm. 25], Role des François refugiez a Werder. 21. Decembre 1699, Nr. 698).<br />

Einen anderen zeitgleichen oder späteren Goldsticker namens Hurlin führen die Kirchenbücher<br />

nicht auf.<br />

36 Archiv der Französischen Kirche, Berlin, Mar. II.198., Mrt. VII.384.). Seine Tochter Jeanne Marie<br />

heiratete 1755 Daniel Chodowiecki (ebenda, Mar. III.74. ). – GStAPK, BPH 46, Nr. W 3, Bd. 2, fol.<br />

87: Quittung über weiß und golden bestickte Strumpfhalter für die Brautausstattung Prinzessin Ulrikes.<br />

37 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 524. – Schmoller/Hintze, 1898 (Anm. 4), Bd. 1, S. 162, 246, 270,<br />

354, Bd. 3, S. 259.<br />

38 Für diesen Raum gibt Nicolai fälschlich Pailly als Hersteller der bestickten Wandbespannungen an.<br />

Dieser Zuschreibung widerspricht die Angabe bei Heinrich Ludewig Manger: Baugeschichte von<br />

Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs des Zweiten, Bd. 1, Berlin/Stettin 1789,<br />

S. 131 f. betreffend der Ausstattung der vier Zimmer 1752 »Erstere drey Zimmer erhielten Seladon-<br />

Leibfarben- und perlfarbene gestickte Tapeten, welche von dem Goldsticker Matthias Immanuel<br />

Haynitscheck zu Berlin mit Einschluß aller Zuthaten für 16,000 Thaler verfertigt und befestigt worden,<br />

mit welchem dieserhalb bereits am 2ten November 1750 der Kontrakt war geschlossen worden.«<br />

Dementsprechend widersprach der Zuschreibung an Pailly auch Charles F. Foerster in seinem<br />

Artikel über Heynitschek in: Thieme/Becker, Bd. 17, 1924 (Anm. 13), S. 40. Die Zuschreibung<br />

an Heynitschek bestätigen zudem die noch erhaltenen Rechnungsvermerke, in welchen sämtliche<br />

Stickerarbeiten ausschließlich mit Heynitschek abgerech<strong>net</strong> werden (GStAPK, I. HA, Rep. 36,<br />

Nr. 3458, nicht foliiert).<br />

39 GStAPK, BPH 47, G 9, Bd. 1, fol. 11, Nr. 27.<br />

40 GStAPK, BPH 47, G 9, Bd. 2, fol. 3, Nr. 2, fol. 7, Nr, 37, fol. 8, Nr. 26, fol. 9, Nr. 36, fol. 10, Nr. 25.<br />

41 Jacobsen, 1775 (Anm. 7), S. 434. – Vgl. auch Sprengel, 1769 (Anm. 7), S. 84.


52 Uta-Christiane Bergemann<br />

42 Sprengel, 1769 (Anm. 7), S. 83. – Vgl. auch Charles-Germain de Saint-Aubin: Die Stickerkunst.<br />

Übersetzt v. Johann Samuel Halle, Berlin 1790, S. 6–10.<br />

43 Merta, 1991 (Anm. 8), S. 51–55. – Sprengel, 1769 (Anm. 7), S. 87. – Jacobsen, 1775 (Anm. 7),<br />

S. 437. – Gemäß den Schatullrechnungen Friedrichs II. wurden die Stickereien für die Uniformen<br />

des 1. Bataillon Leibgarde ausschließlich von Jean Pailly gefertigt (GStAPK, BPH 47, G 9, Bd. 6,<br />

1747, fol. 5, Bd. 7, 1748, fol. 10, Bd. 13, 1754, fol. 22r, Bd. 19, 1764, nicht foliiert, August, etc.).<br />

Daher liegt es nahe, ihm auch die Ausführung des in Abb. 8 gezeigten gestickten Musters zuzuschreiben.<br />

44 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 530–533, hier S. 532.<br />

45 Bergemann, <strong>2000</strong> (Anm. 6), Kat. Nr. 2.<br />

46 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 2, S. 510–518. – Ausführlich Schmoller/Hintze, 1892 (Anm. 4), zur Zahlenangabe<br />

u. a. Bd. 3, S. 226. – August Foerster: Das Textilgewerbe, in: Landeskunde der Provinz<br />

Brandenburg, Bd. 2, 1910, S. 454–475.<br />

47 Nicolai, 1786 (Anm. 1), Bd. 3, S. 1148.<br />

48 Ebenda, Anhang, S. 144.<br />

49 Abb. in: Bergemann, <strong>2000</strong> (wie Anm. 6), S. 34 und Kat. Nr. 14.<br />

50 <strong>SPSG</strong>, Inv. Nr. IX(3)-1 und 2, vgl. Bergemann, <strong>2000</strong> (Anm. 6), Kat. Nr. 10, 11.<br />

51 <strong>SPSG</strong>, Inv. Nr. IX(3)-9, vgl. Bergemann, <strong>2000</strong> (Anm. 6), Kat. Nr. 1.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1–3, 6: <strong>SPSG</strong>. – Abb. 4–5: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek,<br />

Göttingen. – Farbabb. 8: <strong>SPSG</strong>. – Farbabb. 9–11: Deutsches Historisches Museum, Berlin. –<br />

Farbabb. 12–15: <strong>SPSG</strong>.


Farbabbildungen 53<br />

Farbabb. 1 Kasel aus einer Stickerei von 1714 mit Stifterinnenmonogramm A. R. O P Engel auf der<br />

Kasel AROP 14, Dom St. Marien zu Erfurt


54 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 2 Tabernakel der älteren Kirche, Sakristei der Neuwerkskirche Erfurt


Farbabbildungen 55<br />

Farbabb. 3 Baldachin mit hl. Michael, Dom St. Marien zu Erfurt<br />

Farbabb. 4 Deckenmalerei mit hl. Michael von 1735, Sakristei der<br />

Neuwerkskirche Erfurt


56 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 5 Kaselkreuz mit Pietá, Cruciskirche zu Erfurt


Farbabbildungen 57<br />

Farbabb. 6 Übertragene Stickerei mit Darstellung der Marienkrönung, Cruciskirche zu Erfurt


58 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 7 Prozessionsfahne mit Jesusknaben, Severikirche zu Erfurt


Farbabbildungen 59<br />

Farbabb. 8 Mathias Immanuel Heynitschek zugeschrieben: Thronrückwand mit Wappen in Goldstickerei,<br />

Berlin um 1750, <strong>SPSG</strong>, Inv. Nr. IX (3)-8


60 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 9 Rock für Offiziere des Infanterie-Regiments No. 15, 1. Bataillon Leibgarde König Friedrichs<br />

II., Berlin um 1785, Deutsches Historisches Museum, Berlin, Inv. Nr. U.59.5


Farbabbildungen 61<br />

Farbabb. 10 vermutlich Jean Pailly: Stickmuster für das 1. Bataillon Leibgarde aus<br />

dem Tressenmusterbuch, Berlin 1754/1755, Deutsches Historisches Museum, Berlin,<br />

Sign. I/627<br />

Farbabb. 11 Stickmuster für das Kürassier-Regiment K 7 aus dem Tressenmusterbuch,<br />

Berlin 1754/1755, Deutsches Historisches Museum, Berlin, Sign. I/627


62 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 12 Kaminschirm aus dem Konzertzimmer<br />

des Potsdamer Stadtschlosses, <strong>SPSG</strong>,<br />

Inv. Nr. IX (3)-1<br />

Farbabb. 14 Kaminschirm aus dem Arbeitsund<br />

Schlafzimmer Friedrichs II. des Potsdamer<br />

Stadtschlosses, <strong>SPSG</strong>, Inv. Nr. IX(3)-2<br />

Farbabb. 13 Detail aus Farbabb. 12<br />

Farbabb. 15 Detail aus Farbabb. 14


Farbabbildungen 63<br />

Farbabb. 16 Ludwig Ferdinand Hesse:<br />

Maurisches Kabi<strong>net</strong>t, 1852, <strong>SPSG</strong>,<br />

Plansammlung Nr. 5789<br />

Farbabb. 17 Carl Ludwig Rundt: Stanza di Ruggero, 1842, <strong>SPSG</strong>,<br />

Aquarellsammlung 2699


64 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 18 Ludwig Ferdinand Hesse: Stanza<br />

di Ruggero, 1835, Privatbesitz<br />

Farbabb. 20 Kalkschlämme auf dem Ziegelmauerwerk<br />

des Turmes, 2001<br />

Farbabb. 19 Blick in die Kolonnade, 2001<br />

Farbabb. 21 Westturm mit Kalkschlämme, 2001


GUIDO HINTERKEUSER<br />

Ehrenpforten, Gläserspind und<br />

Bernsteinzimmer<br />

Neue und wieder gelesene Quellen zur<br />

Baugeschichte von Schloss Charlottenburg<br />

(1694–1711)<br />

Schriftliche Quellen und Architekturzeichnungen ermöglichen es, die<br />

frühe Geschichte von Planung, Bau und Ausstattung des Charlottenburger Schlosses – das<br />

im ersten Jahrzehnt seines Bestehens bis 1705 noch Lietzenburg hieß – zu rekonstruieren.<br />

Mit ihrer Hilfe lassen sich Befunde an der Bausubstanz, die auf Planwechsel oder Brüche<br />

in der Ausführung deuten, korrekt interpretieren. Die systematische Erfassung der Dokumente<br />

und Graphiken bildet eine wichtige Voraussetzung für die Erforschung der Planungsund<br />

Baugeschichte von Schloss Charlottenburg. In den vergangenen einhundert Jahren ist<br />

in dieser Hinsicht viel geleistet worden. Hier sind vor allem die Arbeiten von Wilhelm<br />

Gundlach und Margarethe Kühn zu nennen, die auch die nachfolgenden Bauphasen des<br />

18. und 19. Jahrhunderts berücksichtigen, sowie – bezogen auf die barocke Baugeschichte –<br />

ein Aufsatz Fritz-Eugen Kellers. 1 Zuletzt wurden anlässlich der <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> gezeigten Ausstellung<br />

»Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-<br />

Preußen« die frühe Baugeschichte des Schlosses nochmals unter strenger Berücksichtigung<br />

der bekannten Quellen und auf der Basis eines vollständigen Katalogs der Zeichnungen<br />

und Druckgraphik rekapituliert und die Innenausstattung in Einzeluntersuchungen gewürdigt.<br />

2<br />

Die im folgenden wiedergegebenen Dokumente sind im Ausstellungskatalog von<br />

<strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> noch nicht erwähnt. Einige Quellen wurden erst kürzlich publiziert. Auf sie soll<br />

hier nochmals gezielt aufmerksam gemacht werden. Andere Quellen wiederum sind zwar<br />

bereits lange veröffentlicht, gerieten jedoch bald wieder in Vergessenheit oder wurden bislang<br />

noch gar nicht dezidiert für die Charlottenburger Baugeschichte berücksichtigt. Sie<br />

werden hier erstmals in den Zusammenhang der Baugeschichte gestellt. Wieder andere<br />

Dokumente sind im vorliegenden Beitrag überhaupt zum ersten Mal publiziert. Die frühe<br />

Bau- und Ausstattungsgeschichte des Schlosses muss aufgrund der Dokumente nicht umgeschrieben<br />

werden. Sie geben jedoch neue Einblicke und erlauben wichtige Präzisierungen.


66 Guido Hinterkeuser<br />

1. Zur Gründung von<br />

Schloss Lietzenburg (1694/1695)<br />

Am 5. Juni 1694 gab Kurfürstin Sophie Charlotte ihrem Gemahl Friedrich<br />

III. Schloss Caputh zurück, das ihr 1690 als persönlicher Landsitz übertragen worden war. 3<br />

Sie suchte einen Landsitz, der näher an der Residenzstadt Berlin lag. Wenige Wochen später<br />

entschied sie sich für das in einem Spreebogen gelegene Gelände in der Nähe des Dorfes<br />

Lietze. 4<br />

Es ist bekannt, dass sich in die Planungen für einen Schlossneubau schon bald der schwedische<br />

Gouverneur von Vorpommern, Feldmarschall Graf Niels Bielke, einschaltete. 5 Im<br />

Juni oder Juli 1694 wurde ihm der vorgesehene Baugrund gezeigt. Bielke genoss als Abgesandter<br />

des schwedischen Königs hohes Ansehen in Brandenburg. Dies geht aus dem<br />

Bericht des französischen Gesandten Jean-Baptiste de la Rosière hervor, der sich damals<br />

ebenfalls in Berlin aufhielt. Ausdrücklich erwähnte er die Wertschätzung, die Bielke von<br />

Seiten der Kurfürstin erfuhr.<br />

»On a de grands égards à la cour de Berlin pour le roy de Suède. L’inclination<br />

que ce monarque témoigne pour la Ligue l’y fait extrêmement considérer. Le comte<br />

de Bielke, gouverneur de Stettin, y fut receu cet esté comme un prince. L’électeur l’accabla<br />

de caresses et de présents. Madame l’électrice mesme, qui commence à faire des réflexions<br />

et à n’estre plus jeune, luy fit des honneurs d’une grande distinction.« 6<br />

Bielke muss damals sofort den schwedischen Hofarchitekten Nikodemus Tessin d. J. informiert<br />

haben, denn schon in einem Brief vom 1. August 1694 äußerte dieser seine Bereitschaft,<br />

die Berliner Entwürfe zu der geplanten »maison de plaisance, mesme petite« zu<br />

begutachten. 7 Allerdings scheint der Berliner Hof Tessins Angebot zunächst nicht aufgegriffen<br />

zu haben. Erst 1697, als eine Lösung für das Treppenhaus gesucht wurde, wandte<br />

man sich an ihn. 8 Entwürfe wurden von Berlin nach Stockholm gesandt, worauf Tessin<br />

einen Vorschlag ausarbeitete. Seine Pläne fanden dann allerdings keine Berücksichtigung.<br />

Nur wenige Wochen nach Bielke besuchte auch der Abgesandte des Herzogs von Savoyen,<br />

Philibert Sallier, Graf de la Tour, den vorgesehenen Baugrund. Jüngst wurde in Auszügen<br />

ein Brief de la Tours an Sophie Charlotte publiziert, aus dem hervorgeht, dass sich dieser<br />

in seiner Heimatstadt Turin um Baupläne für das geplante Lustschloss bemühen wollte.<br />

Der vollständige Wortlaut des Briefes lautet:<br />

»Madame,<br />

Je me sentis comblé de joye et d’honneur la premiere fois que je fis la<br />

reverence à Vostre Altesse Electorale, et que je fus frappé de tout l’eclat qui l’environne,<br />

dont l’elevation de son rang fait la moindre partie et que Sa bonté tempere si obligemment.<br />

Ces mémes sentimens ont toujours augmenté à mesure qu’elle m’a permis de l’approcher<br />

plus souvent, mais la necessité ou je suis de m’en eloigner presentement fait un effet<br />

tout contraire, et me chagrine d’aucune plus que je ne saurois aller prendre longé de Vot.


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 67<br />

Abb. 1 C. Reichmann: Schloss Lietzenburg, Aufriss der Hoffassade (Zustand um<br />

1700), 1704, <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Planslg. 16174<br />

E. encor une fois comme je me l’estois proposé. Toute ma consolation en d’emporter avec<br />

moy l’admiration et le respect que son merite inspire à tous leur qui ont l’honneur de La<br />

voir, et qui ne S’effaceront jamais de mon esprit. Je fus hier avec Mons. Dankelman voir<br />

l’endroit ou V. A. E. a dessein de batir, la situation ne peut pas estre plus belle, mais la difficulté<br />

sera d’avoir le plan d’un Palais digne d’une si grande Princesse. J’ay ecri à Turin pour<br />

en faire venir un, et sitot que je l’aurai receu je prendrai la liberté de l’en voyer à V. A. E.<br />

et de Luy renouveller la protestation que je Luy fais maintenant d’estre toute ma vie avec<br />

un tres profond respect.<br />

Madame De V. A. E.<br />

Tres humble tres obeissant<br />

et tres fidele serviteur<br />

De La Tours<br />

Berlin 7./17. 7bre 1694.« 9<br />

Auch das Angebot de la Tours dürfte auf den Planungs- und Bauverlauf des Schlosses keinen<br />

Einfluss genommen haben. Es ist überhaupt recht zweifelhaft, ob aus Turin jemals ein<br />

Bauplan in Berlin eintraf. Am 9. Mai 1695 befahl der Kurfürst, die Vorbereitungen für die<br />

Übergabe des Dorfes Lietze an seine Gemahlin zu treffen. 10 Die offizielle Übereignung des<br />

Baugrundes fand am 30. Juli 1695 statt. 11 Den Ausführungsentwurf lieferte der langjährige<br />

brandenburgische Hofarchitekt Johann Arnold Nering. Noch vor seinem Tod am 21. Oktober<br />

1695 wurde mit dem Bau begonnen, den Martin Grünberg nach Nerings Plänen fortsetzte<br />

(Abb. 1, 2). 12


68 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 2 Martin Grünberg (?): Schloss Lietzenburg, Grundriss des Erdgeschosses, 1695/1699, ehem.<br />

Dresden, HStA, Ing. Corps. B. III. Charl. 2.b.; seit 1945 verschollen<br />

2. Schloss Schönhausen als zeitweiliger<br />

Sommersitz Sophie Charlottes<br />

(1694/1698)<br />

Aus dem Bericht de la Rosières geht hervor, dass die Kurfürstin im Sommer<br />

1694, also nachdem sie Caputh zurückgegeben hatte, zeitweilig Schloss Schönhausen<br />

(Abb. 3) als privates Lustschloss nutzte. Damals weilte gerade ihr Bruder, der hannoversche<br />

Kurprinz Georg Ludwig, zu Gast.<br />

»Je ne puis oublier une soirée que nous passasmes cet esté à Cheunhausen,<br />

maison de l’électrice de Brandebourg; l’électeur n’y estoit point. Tout le monde estoit<br />

en joie; quelque temps avant que de souper, ce prince proposa une mascarade pour réjouir<br />

l’électrice. […] Cheunhausen est une petite maison de plaisance à une lieue de Berlin,<br />

où l’électrice ne va jamais qu’avec un très petit train, afin d’y jouir plus tranquillement des<br />

douceurs et de la liberté de la campagne.« 13<br />

Womöglich stand Sophie Charlotte das Schloss Schönhausen bis zur Einweihung von Lietzenburg<br />

zur Verfügung. Der Hofprediger Daniel Ernst Jablonski teilte Leibniz in einem Brief<br />

vom 5./15. März 1698 mit:


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 69<br />

Abb. 3 Jean Baptiste Broebes: Schloss Schönhausen (Zustand um 1695), Ansicht von der Gartenseite<br />

und Grundriss des Erdgeschosses, 1733, Radierung, aus: Jean Baptiste Broebes: Vues des Palais<br />

et Maisons de Plaisance de Sa Majesté le Roy de Prusse, Augsburg 1733, Bl. 33<br />

»Da im verwichenen Jahr S e Churf. Durchl. in Preüssen abwesend waren,<br />

Ihre Churf. Dchl. Unsre Gd ste Fraw aber sich gefallen liessen die angenehme Frühlingszeit<br />

auf einem nahgelegenen Lusthauß beständig zu geniessen, da dann auch ich gelegenheit<br />

hatte, des Gottesdienstes halber offters zu sein, Und Ihro Churf. Dchl. über Taffel sich plaisir<br />

machten von allerhand Natürlichen Dingen, sonderlich die Ober-Welt betreffend,<br />

gespräche zu führen.« 14<br />

Erst 1691 hatte Friedrich III. Schloss Schönhausen erworben. 15 Zusammen mit Schloss Oranienburg<br />

avancierte Schönhausen zum bevorzugten Sommersitz des Kurfürsten. Im Januar<br />

1692 unternahm der Kurfürst eine Schlittenpartie an diesen Ort. 16 Laut dem Reisebericht<br />

John Tolands, der 1702 Berlin besuchte, nahm Schönhausen eine herausgehobene Stellung<br />

ein: »C’est à Schoonhausen, située à une lieue de Berlin, que le Roi fait sa résidence ordinaire<br />

en été.« 17 Zwischenzeitlich scheint das Schloss jedoch einige Jahre – dies legen die<br />

oben zitierten Dokumente nahe – der Kurfürstin als Sommersitz gedient zu haben. Damit<br />

tritt eine weitere eigenständige, wenn auch kurze Phase in der Nutzungsgeschichte des<br />

Schlosses hervor, wie sie bislang noch nicht bekannt war und für die sich möglicherweise<br />

weitere Belege finden lassen.


70 Guido Hinterkeuser<br />

3. Zu Ausstattung und Nutzung von<br />

Schloss Lietzenburg (1697–1704)<br />

1697 erschien der zweite Band der von Benjamin Neukirch herausgegebenen<br />

Anthologie Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und<br />

bißher ungedruckter Gedichte. In ihm befinden sich zwei Gedichte des brandenburgischen<br />

Zeremonienmeisters Johann von Besser. Sie sind Gemälden aus der Sammlung Sophie Charlottes<br />

gewidmet, genauer: weiblichen Porträts englischer Schönheiten, ihrer Ankunft in<br />

Berlin und ihrer Hängung in einem der Gemächer der Kurfürstin. Michael Wenzel geht auf<br />

diese Gedichte ausführlich ein. 18 Das erste lautet:<br />

»Uber die conterfeyen der schönsten von<br />

Engelland, die der Churfürstin zu Brandenburg<br />

von daher geschicket worden.<br />

Die schönen Engelländerinnen,<br />

Die man zum wunder überschickt,<br />

Entsatzten sich ob dem beginnen,<br />

Als sie Charlotten angeblickt.<br />

Was habt ihr, alle Königreich,<br />

(Sprach iede) dieser Fürstin gleich?<br />

Schickt ihr auch eure Königinnen,<br />

Ihr werdet dennoch nicht gewinnen.« 19<br />

Unmittelbar im Anschluss folgt ein zweites Gedicht Bessers.<br />

»Darüber, daß ihre Churfürstl. Durchl. diese<br />

conterfeyen in dero zimmer setzen lassen.<br />

Ihr schönen aus dem Engellande<br />

Seyd wol die glücklichsten der welt,<br />

Daß man euch, über eurem stande,<br />

In unser Fürstin zimmer stellt!<br />

Doch ist es auch bey eurem glücke<br />

Um euren gantzen ruhm geschehn,<br />

Wo bleiben eure schönen blicke,<br />

Sehn wir Charlotten bey euch stehn?« 20<br />

Tatsächlich lassen sich in der ersten Wohnung Sophie Charlottes in Schloss Lietzenburg<br />

mehrere englische Porträts nachweisen. Laut dem nach dem Tod der Königin angefertig-


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 71<br />

ten Nachlassinventar von 1705 befanden sich in der Vorkammer (Raum 103) zum Audienzgemach<br />

acht, im Vorgemach (Raum 117) zum Gläsernen Schlafgemach drei Porträts englischer<br />

Damen (Abb. 2, 4, 8). 21 Sie hingen dort zusammen mit einer Vielzahl weiterer Porträts.<br />

Außerdem war im Ovalen Saal (Raum 116) noch eine Schönheitengalerie französischer<br />

Damen vereint. Die englischen Damen sind namentlich benannt. Michael Wenzel fand heraus,<br />

dass es sich bei ihnen um Kopien handelte, deren Originale zum Bestand berühmter<br />

englischer Schönheitengalerien gehörten.<br />

Eines der Porträts weist die Jahreszahl 1698 auf. 22 Daraus lässt sich schließen, dass<br />

Sophie Charlotte außer der von Besser gewürdigten Lieferung noch weitere Porträts aus<br />

England bezog. Angesichts der erst im Juli 1699 erfolgten offiziellen Einweihung des Kernbaus<br />

von Schloss Lietzenburg ist es ohnehin unwahrscheinlich, dass die Porträts sogleich<br />

nach ihrer Ankunft dort aufgehängt wurden. Zwar wurde im Jahr 1697 nachweislich an der<br />

Innenausstattung des Schlosses gearbeitet, doch hätten gerade Leinwandgemälde an den<br />

Wänden diese Arbeiten behindert. Womöglich hingen die Damenporträts also zunächst<br />

noch zwei Jahre im Appartement der Kurfürstin im Berliner Schloss, ehe sie dann nach Lietzenburg<br />

transferiert wurden.<br />

Bereits im Sommer 1697 wurden nachweislich Malereien im Schloss ausgeführt. Am<br />

10. November 1697 werden einem italienischen Freskomaler 400 Reichstaler angewiesen.<br />

»Seine Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg p., unser gnädigster Herr,<br />

befehlen dero p. Ledoltt hirmit gnädigst. Zum […] baw zu Lüzenburg über die, auf dieses<br />

Jahr bereits bezahlte 8000. Rtlr: noch Vierhundert Rthlr: inbehuf der abfindung des Italianischen<br />

Fresco Mahlers N. N. hierauff und gegen des Bauschreiber Jänickens Quitung aus<br />

denen Postgeldern zu bezahlen. Signatum Cölln p. den 10. November 1697.« 23<br />

Oben links auf diesem Blatt findet sich noch folgender Vermerk:<br />

»Den 10. Novemb. 1697. Zum Lietzenburgischen bau sollen 400 tal.<br />

gezahlet werden.« 24<br />

Es steht also außer Frage, dass sich diese Nachricht auf Lietzenburg bezieht. 25 Nicht zu<br />

klären ist, um welchen Maler es sich handelt. Der italienische Reisende Alessandro Bichi,<br />

der ein Jahr zuvor in Berlin weilte, hat dort mehrere italienische Maler angetroffen. »In Berlin<br />

leben viele italienische und zwar größtenteils mailändische Kaufleute; außer diesen einige<br />

Maler, so Giovanni Battista Bangi, der Bruder des Antonio genannt lo Spadarino, ein<br />

Miniaturmaler aus Rom, und Domenico Cadorati aus Como, ein trefflicher Freskenmaler.« 26<br />

In dem 1768 von Carl Heinrich von Heinecken herausgegebenen Künstlerlexikon ist ein<br />

Maler namens Rossi genannt, der angeblich in Charlottenburg tätig war. »Rossi, ein Historien-Mahler<br />

aus Ragusa gebürtig, hat auch perspectivische und Architectur-Stücke gemahlet,<br />

war unter Friedrich des I. Regierung nach Berlin berufen worden, und hat daselbst<br />

sowohl als zu Charlottenburg gearbeitet.« 27<br />

Keiner der genannten Maler ist allerdings näher greifbar oder gar mit konkreten Werken<br />

in Verbindung zu bringen. Überhaupt ist unklar, was der italienische Freskomaler in


72 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 4 Schloss Charlottenburg, Vorkammer zum Audienzgemach<br />

in der Ersten Wohnung der Königin Sophie Charlotte, 1912<br />

Lietzenburg anfertigte. Die Deckenmalereien in den Haupträumen der Ersten Wohnung<br />

stammten von Augustin und Matthäus Terwesten und sind 1698 datiert (Abb. 4). Es wäre<br />

immerhin denkbar, dass sich die Rechnung auf eine Deckenausmalung im Obergeschoss<br />

bezieht, wie sie dort bis zur Zerstörung des Schlosses 1943 noch in zwei Räumen<br />

(Raum 205, 206) erhalten war. 28<br />

Schon ein Jahr vor seiner Einweihung wurde Lietzenburg vom Hof besucht. Johann Philipp<br />

Rebeur, der Erzieher des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (I.), notierte am 2. Mai 1698<br />

in sein Tagebuch, dass dieser im Garten Soldaten exerzieren ließ.<br />

»Il [d. i. der Kronprinz] fit exercer les soldats de son Regiment a Lutzelbourg,<br />

[…] Il est aussi tombé de cheval ce méme jour dans une cavalcade qui se fit au parc<br />

pour celebrer la fete de naiss. de Monseign. l’Electeur.« 29<br />

Am 23. Juli 1698 war der Kronprinz erneut in Lietzenburg, um dort Soldaten zu inspizieren.<br />

Ausdrücklich vermerkte Rebeur, dass der Junge kein Interesse für das Schloss, seine<br />

Ausstattung und den Park aufbrachte. Insbesondere die malerische Ausstattung scheint ihn<br />

gelangweilt zu haben.<br />

»Etant a Lutzelbourg, il temoignat plus de curiosite pour voir les soldats<br />

qui y étoient et examiner leur habillement et leurs armes que pour les Jardins, la maison ny<br />

la peinture disant qu’il ne se soucioit pas de toutes les fadaises de peintures.« 30


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 73<br />

Auch diese Aussage macht nur Sinn, wenn damals bereits an der Innendekoration gearbeitet<br />

wurde und erste Resultate sichtbar waren. Neben der genannten Arbeit des italienischen<br />

Freskenmalers, die bereits 1697 fertiggestellt war, waren im Sommer 1698 womöglich auch<br />

schon die in dieses Jahr datierten Deckengemälde der Ersten Wohnung zu sehen (Abb. 4).<br />

Ebenfalls Rebeur verdanken wir die Nachricht, dass Friedrich III. mit seinem leitenden<br />

Architekten Martin Grünberg, der seit Nerings Tod den Schlossbau fortsetzte, unzufrieden<br />

war. Zu diesem Zeitpunkt war Grünberg bereits von der Bauleitung des Zeughauses entbunden<br />

worden. Im Verlauf des Jahres 1699 trat er auch von seinen übrigen Aufgaben<br />

zurück. Rebeur berichtet am 1. September 1698:<br />

»Il [d. i. der Kronprinz] me dit sur cela que je lavertissoit qu’il étoit indigne<br />

d’un Prince de s’emporter jamais, il me dit que Mr. L’El, sétoit pourtant emporté contre<br />

Mr. Gruneberg parce qu’il n’avoit pas achevé les batiments comme il le devoit; mais je<br />

donnai a cela le tour qu’il luy falloit donner.« 31<br />

Die Unzufriedenheit mit Grünberg währte jedoch schon länger. Ein dreiviertel Jahr zuvor<br />

hatte der Architekt und Mathematiker Leonhard Christoph Sturm ähnliches an Leibniz<br />

geschrieben, allerdings ohne Grünberg namentlich zu erwähnen. Sturm wollte eine Anstellung<br />

als Architekt oder Universitätslehrer erreichen und bat zu diesem Zweck Leibniz um<br />

Unterstützung. Der bislang unpublizierte Brief ist für die Architekturgeschichte des Barock<br />

in Norddeutschland von allgemeinem Interesse und wird hier deshalb in voller Länge<br />

zitiert.<br />

»HochEdler Vester und Hochgelahrter<br />

Insonders Hochgeneigter Herr<br />

und geEhrter Patron !<br />

Daß Ew: Excellenz mein letztes wunderlich vorkommen ist, habe aus<br />

dero geneigten Schreiben ersehen; deswegen vor nöthig erachtet, meine intention in gegenwärtigen<br />

Zeilen deutlicher vorzustellen. Weil demnoch mein Verlangen sehr dahin stehet,<br />

aus Wolffenbüttel hinweg, und in andere dienste zu kommen, als habe mein Absehen auf<br />

verschiedene örther gerichtet, da einige Hoffnung vor mich seÿn mögte.<br />

Erstlich habe gehoffet in Hanover als Baumeister, und zugleich als Professor Matheseus,<br />

sonderlich beÿ dem jungen Printzen, gute und nützliche dienste thun zu können.<br />

Zum andern will mir auch Hoffnung anscheinen, zu der Employ noch einmahl zugelangen,<br />

welche mir in Berlin vor vierthalb Jahren versprochen worden, sonderlich weil<br />

mann itzo daselbst mit dem baumeister nicht zum besten zufrieden ist.<br />

Wann nun unter beiden Keines angehen wolte, so habe endlich wegen der Ruhe und<br />

Beständigkeit Lust zu dem universität Leben bekommen, und mein Absehen entweder auf<br />

Helmstadt, oder Auf Altorff, allwo mein Vatter nächst ab= und nach Tübingen ziehen wird<br />

gerichtet.<br />

In solchem Vorhaben gelanget nun an Ew: Exc: mein bitten, Ihrem mir geneigt gethanen<br />

Versprechen nach sich mei<strong>net</strong> wegen in Hanover wegen obgemeldeter baumeisterstelle,<br />

oder im fall diese nicht angehen wolte, wegen Helmstätt ferner zu bemühen, auch


74 Guido Hinterkeuser<br />

darauff, wie weit es zu bringen seÿn mögte, mir, so ferne es ohne Ihre beschwehrde geschehen<br />

kan, geneigte antwort zu ertheilen. Ich werde vor solche gütigkeit beflißen seÿn, mich<br />

in allen gelegenheiten nach meinem Vermögen würklich zu erweißen,<br />

als<br />

Ew Excellenz<br />

gehorsamer diener<br />

Leonh: Christ: Sturm. Math: Pr. P.<br />

Wolffenbl. dn 24 st. Dec:<br />

1697.« 32<br />

Es war dann allerdings nicht Sturm, der in Berlin Grünberg nachfolgte. Andreas Schlüter –<br />

erst am Zeughaus, dann vor allem am Berliner Schloss und womöglich für kurze Zeit auch<br />

in Lietzenburg tätig 33 – und wenig später Johann Friedrich Eosander und Jean de Bodt traten<br />

an Grünbergs Stelle. Sturm fand 1702 eine Anstellung als Mathematikprofessor an der<br />

Viadrina in Frankfurt/Oder.<br />

Über Aspekte der Nutzung des Kernbaus von Lietzenburg nach seiner vorläufigen Fertigstellung<br />

informieren zwei eher versteckt publizierte Dokumente, auf die hier nochmals<br />

aufmerksam gemacht werden soll. Das eine bezieht sich auf den unteren Ovalen Saal<br />

(Abb. 9), der häufig als Festsaal diente. Schon bei der Einweihung des Schlosses am 1./11.<br />

Juli 1699 war er aufwendig geschmückt gewesen. 34 Ein knappes Jahr später, am 6. Juni<br />

1700, als Lietzenburg in die mehrtägigen Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit von Luise<br />

Dorothea Sophie, der Tochter Friedrichs III. aus erster Ehe, mit Friedrich von Hessen-Kassel<br />

einbezogen wurde, fand hier ein Bankett statt:<br />

»Die Tafeln, daran man gespeiset, waren in einem Saale beysammen, und<br />

eine um die andere im halben Mond, oder in Form eines Amphitheaters herum gesetzet.<br />

Die Fürstliche stand in der Mitten, einige Stuffen erhöhet, und diejenige der Hof=Leute,<br />

von 80. Personen auf ebener Erden und um die Fürstliche: so daß beyde, weilen die gnädigste<br />

Herrschafft an ihrer Tafel inwendig, und die Hof=Leute hingegen an der Ihrigen auswerts<br />

herum sassen, sich gar füglich einander sehen und gleichsam nur eine Gesellschaft<br />

zusammen machen konten.« 35<br />

Es gehörte zum besonderen Charakter von Lietzenburg, dass die Wohnräume der Kurfürstin<br />

im Erdgeschoss lagen, die weniger bedeutenden Gästewohnungen hingegen das durch<br />

den architektonischen Apparat eigentlich als Piano Nobile ausgezeich<strong>net</strong>e Obergeschoss<br />

einnahmen. Diese Situation kommt sehr schön in einem Brief des englischen Advokaten<br />

und Reisenden Thomas Bur<strong>net</strong>t of Kemney (1656–1729) an Catharine Trotter Cockburn<br />

(1679–1749) vom 5. Dezember 1704 zum Ausdruck. Bur<strong>net</strong>t hielt sich von Juli 1704 bis Januar<br />

1705 als Gast Sophie Charlottes in Berlin und Lietzenburg auf. Danach begleitete er die<br />

Königin nach Hannover, wo diese bekanntlich am 1. Februar überraschend starb.


»Good Madam, Yours of the latter end of summer last was very acceptable<br />

to me, and that in a very sad time, when I was attacked with a most violent and searching<br />

fever, which seized me all on a sudden about the last days of August last. I continued<br />

in my little chamber of court at Lutzenbourg, not being able to come to town hither in<br />

that condition. And the queen thought it would be of no continuance, and sent so often to<br />

see where I was, that upon the least ceasing of this fever, I was willing to creep down stairs<br />

to the low apartments, where the queen and the court were, to present myself.« 36<br />

4. Ehrenpforten<br />

für Charlottenburg (1706)<br />

Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 75<br />

Im Jahr 1706 publizierte der Verleger und Buchdrucker Andreas Luppius<br />

(1654–1731) zwei Kupferstiche mit Darstellungen von Ehrenpforten (Abb. 5, 7). 37 Dabei<br />

handelt es sich nicht um die Wiedergabe tatsächlich aufgerichteter Triumphbogen, sondern<br />

um Widmungsblätter. Sie sind auf die Hochzeit zwischen Kronprinz Friedrich Wilhelm (I.)<br />

und Sophie Dorothea von Hannover bezogen. Deren Vermählung war am 14. November<br />

1706 in Hannover in Stellvertretung vollzogen worden. Die eigentlichen Feierlichkeiten<br />

begannen mit der Ankunft der Braut am 26. November 1706 in Spandau und wurden in<br />

den folgenden Tagen in Berlin und vom 4. bis 8. Dezember 1706 auch in Charlottenburg<br />

fortgesetzt. Der festliche Einzug des Paares in Charlottenburg am 4. Dezember wurde in<br />

einer zeitgenössischen Schrift mit dem Titel Die große Preußische und Lüneburgische Vermählungs-Freude<br />

ausführlich beschrieben. 38 An diesem Tag wollte Luppius auch seine beiden<br />

Stiche überreichen.<br />

Zur Herstellung des einen Blattes (Abb. 5) bediente sich Luppius offensichtlich zweier<br />

bereits zwölf Jahre alter Kupferplatten. Diese hatte er anlässlich der am 1. Juli 1694 erfolgten<br />

Einweihung der Universität Halle anfertigen lassen und zu einem Dedikationsblatt zusammengesetzt<br />

(Abb. 6). Die größere der beiden Platten bildet die Ehrenpforte ab. Entwurf und<br />

Zeichnung stammten von Luppius, die Übertragung auf die Kupferplatte besorgte, wie die<br />

Signatur am linken unteren Rand verrät, der Kupferstecher Elias Nessenthaler. 39 Über der<br />

Ehrenpforte sitzt die kleinere Platte mit der Widmung an Friedrich III. und dessen Porträt<br />

im Zentrum. Sie geht ebenfalls auf eine Idee und Zeichnung von Luppius zurück. Für die<br />

Ausführung des Stiches engagierte er den für Porträtdarstellungen bekannten Leipziger Stecher<br />

Martin Bernigeroth. 40 Das Hallenser Blatt war im Vorfeld in Amsterdam gedruckt worden<br />

und wurde dann Teil einer umfassenden Schrift über die Gründungszeremonien der Universität.<br />

41 Sie enthält neben der Ehrenpforte eine Widmung an den Kurfürsten, die Gründungsurkunde<br />

sowie die Statuten, Lobgedichte und eine Beschreibung der Einweihungszeremonien.<br />

Luppius’ Ehrenpforte war nur Konzept, das mit dem realen, von den künftigen<br />

Studenten errichteten Triumphbogen auf dem Hallenser Markt nichts zu tun hatte. 42<br />

Dem 1706 für Charlottenburg angefertigten Kupferstich (Abb. 5) liegen exakt dieselben<br />

Platten zugrunde. Doch hat Luppius einige Änderungen an Insignien und Inschriften vor-


76 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 5 Martin Bernigeroth und Elias Nessenthaler nach Andreas Luppius: Präsentationsblatt<br />

mit dem Entwurf einer Ehrenpforte, ursprünglich anlässlich der Einweihung<br />

der Universität Halle 1694, umgewidmet 1706 auf die Hochzeitsfeierlichkeiten<br />

des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (I.) und seiner Gemahlin Sophie<br />

Dorothea, 1694/1706, Kupferstich, GStAPK, I. HA, Rep. 21, Nr. 197(1705–1724),<br />

Bl. 722


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 77<br />

Abb. 6 Martin Bernigeroth und Elias Nessenthaler nach Andreas Luppius:<br />

Präsentationsblatt mit dem Entwurf einer Ehrenpforte anläßlich der Einweihung<br />

der Universität Halle, 1694, Kupferstich, aus: Andreas Luppius,<br />

Nova Mirabilia & Relatio Curiosa […], Halle 1694


78 Guido Hinterkeuser<br />

genommen, um der inzwischen erfolgten Rangerhöhung Friedrichs Rechnung zu tragen.<br />

Diese Änderungen und Ergänzungen fielen, wie der Vergleich offenlegt, überaus dilettantisch<br />

aus. In der Kopfleiste etwa ist das Schriftband um den Zusatz »REX Borussiae« erweitert<br />

worden. An die Stelle des Kurhuts tritt die Krone. Das Porträt Friedrichs verlor bei der<br />

nochmaligen Verwendung der Platte sehr an Schärfe. An der Ehrenpforte wurde das Kurwappen<br />

durch das königliche Wappen ersetzt. Auch die Inschrift im Bogen musste stellenweise<br />

aktualisiert werden. War der erste Stich in Amsterdam gedruckt worden, trat nun<br />

Charlottenburg an diese Stelle. Den Namen des Stechers Elias Nessenthaler, der auf dem<br />

Hallenser Blatt unten links angebracht war, beseitigte Luppius jetzt.<br />

Einen weiteren Triumphbogen konzipierte Luppius eigens für die kronprinzliche Hochzeit<br />

(Abb. 7). Er dürfte das Blatt auch allein gestochen haben. 43 Es ist von deutlich minderer<br />

Qualität als der zweitverwendete Stich (Abb. 5), für den er seinerzeit professionelle Stecher<br />

engagiert hatte. Die Thematik des Bogens ist nunmehr eigens auf das frisch vermählte<br />

Paar zugeschnitten, wie die Inschrift in der Bogenöffnung verrät: »Auf Ihro hoheit des<br />

Königlichē preuß Crohn-Prinzen Hn. Fridrich Wilhelms u der Crohn Prinzessin Dorothea<br />

Sophia Beÿlager Ao. 1706.« Auf der abschließenden Balustrade sitzen die bekrönten Porträts<br />

von Prinz und Prinzessin sowie in der Mitte König Friedrichs I.<br />

Die beiden Blätter brachten dem ohnehin streitbaren Luppius viel Ärger ein. Dies geht<br />

aus zwei Briefen hervor, die er im November und Dezember 1706 an König Friedrich I. richtete.<br />

Sie geben Einblick in das Leben in der am 5. April 1705 begründeten Stadt Charlottenburg.<br />

»Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König<br />

allergnädigster Herr<br />

Ewr Königl. Majestät Zum unsterblichen Ehren habe ich beÿkommende<br />

beÿde Ehrenpforten nach armen vermögen auf meine unkosten ausgefertiget und nebenst<br />

einigen gedrückten bogen und Glückwüntschung E. K. M. und Dero Crohnprinzen beÿ Ihro<br />

höchsterfreulichen Wiederkunfft aus Holland aus unterthänigster Devotion in Charlottenburg<br />

praesentiren wollen, weilen aber mir damahls gerathen worden, es würde sich beßer<br />

fügen auf den Einzug, als habe ichs biß dahin aufgeschoben, nachdem aber anitzo einige<br />

wenige Bürger zu Charlottenburg eine Ehrenpforte bauen wollen, und mir ehegestern<br />

Moritz Krüger solches gemeldet, so habe ich Ihm angezeiget daß ich zweÿ Ehrenpforten in<br />

Kupffer ausgefertiget hätte ümb selbige zum allerunterthsten. Willkommen zu praesentiren,<br />

auff deßen begehren habe ich auch beÿde nach Charlottenburg überbracht auch Ihme<br />

offeriret E. K. Majestät Bildnis, wie auch des Crohnprintzen und Crohnprinzeßin, zu ihrer<br />

Ehrenpforte zu begeben, auch was sonst mehr nöthig seÿn möchte. Es hat mich aber H.<br />

Cracau (welcher eben beÿm Trunck in Morizens Hause geseßen), mich so hart mit scheltworten<br />

angefahren daß ich dieses aus leichtfertigkeit gethan zum nachtheil ihrer der Bürger<br />

Ehrenpforte, da doch solches gantz falsch und erdichtet, indem solche Kupffer so bald<br />

nicht zu machen sind, ich auch mit viel Zeugen beweisen kan, daß selbige albereit vor<br />

3. Monathen verfertiget gewesen, und an dieser gegenwärtigen mit grünen Reisern ausge-


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 79<br />

Abb. 7 Andreas Luppius: Präsentationsblatt mit dem Entwurf einer Ehrenpforte anlässlich<br />

der Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (I.) und seiner Gemahlin<br />

Sophie Dorothea, 1706, Kupferstich, GStAPK, I. HA, Rep. 21, Nr. 197 (1705–1724), Bl. 426


80 Guido Hinterkeuser<br />

zierten Ehrenpforte, vor wenig tagen erst der anfang gemacht worden. Es rühret aber<br />

eigendlich des Hn Cracaus wiederwillen daher, daß er nebst Hn Schmieden mich durch den<br />

Landknecht hat Citiren laßen, ich bin aber eben in Berlin gewesen, bin aber dennoch, als<br />

ichs erfahren, zum Hn CammerSecretario Schmieden in sein Hauß gegangen, und habe Ihm<br />

Ewr Königl. Majestät allergndsten befehl und Privilegium gezeiget, daß alle diejenige die<br />

wieder mich etwas anbringen wolten, an das Königl. Cammer Gerichte verweisen in übrigen<br />

aber sich keiner Iurisdiction über mich anmaßen solten. als bitte Ew: Königl. Majestät<br />

ich allerunterthänigst mich nicht nur beÿ dero Königl. befehl und Privilegio fori, allergndst<br />

zu schützen, sondern auch diese meine wohlgemeinte ausgefertigte Ehrenpforten,<br />

welche doch viele verständige Leuthe gepriesen, allergndst. auffzunehmen, weilen mir es<br />

in Halle Anno 1694. beÿ der damahligen stifftung der Academie, wie auch des postmeister<br />

H. Madeweis in Kupfferstich ausgefertigte Ehrenpforte, nicht übel, sondern gndst. auffgenommen<br />

wurde, denn Ich opffere nach armen Vermögen meine Habe, so gut als ich sie<br />

habe, Nam ultra posse nemo obligatur. Ich ersterbe Ewr Königl. Majestät<br />

allerunterthänigster<br />

Andreas Luppius<br />

Berlin am 23. 9br. 1706.« 44<br />

Man erfährt von den Plänen der Charlottenburger Bürger, das Kronprinzenpaar bei deren<br />

Einzug mit einem Triumphbogen, einer, wie Luppius es nennt, »mit grünen Reisern ausgezierten<br />

Ehrenpforte« zu empfangen. Und tatsächlich war dieser Bogen am 4. Dezember<br />

1706 auch ausgeführt, wie die oben zitierte Schrift vermerkt: »So hatte auch eben diese Bürgerschaft<br />

eine recht schöne Ehrenpforte, welche wohl eine Admiration meritierte, aufführen<br />

lassen, auf welcher vierundzwanzig Trompeter und zwei Pauker placieret waren,<br />

die bei dem Durchzuge sich mit voller Lust hören ließen.« 45 Luppius vermutete, dass die<br />

Bürger seine Pforten auf Papier schon im Vorfeld als unliebsames Konkurrenzprojekt<br />

betrachteten. Schließlich wurden sie auch handgreiflich gegen ihn.<br />

»Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König<br />

allergnädigster Herr<br />

Diese zweÿ gegenwärtige Triumph und Ehrenpforten sind das Erste was<br />

ich in meiner Buchdruckerkunst zu Charlottenburg albereit vor 3. Monathen in Kupffer ausgefertiget,<br />

Gedruckt und zum allerunterthänigsten Willkommen Ewr Königl. Majestät<br />

gehorsamst praesentiren wollen, welches mir von einigen unverständigen wieder alle raison<br />

sehr übel genommen worden, sogar, daß der Türcke Assa gestern auf freÿer Straße<br />

getrauet mir für diese wohltat, anstatt der dancksagung, den buckel voll schläge zugeben;<br />

da doch allergnädigster Herr einem iedem solches freÿ stehet, Ich auch ao. 1694. zu Halle<br />

beÿ Einweÿhung der Academie ebenfalls dergleichen Ehrenpforte in Kupffer ausgefertiget,<br />

wie auch der Postmeister Hr. Madeweis und andre mehr gethan, welches Ewr: Königl.<br />

Majestät damahls allergnädigst auffgenommen auch niemand etwas dawieder gesprochen,<br />

da doch viel tausend kluge Geister daselbst beÿsammen gewesen und alles gar genau zu


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 81<br />

beurtheilen gewust; Bitte demnach Ew: Königl. Majestät allerunterthänigst diese meine<br />

wohlgemeinte Arbeit gnädigst aufzunehmen und mich vor aller boßheit und gewaltthätigkeit<br />

meiner feinde gndst. zuschützen. Ich wüntsche Ewr Königl. Maÿtt: langes leben,<br />

beständige Gesundheit und alles höchstglückliche von Gott geseg<strong>net</strong>e Wohlergehen und<br />

ich ersterbe<br />

Ewr Königlichen Majestät<br />

meines allergnädigsten Herren<br />

P. S.<br />

Ich habe auch einen Mann in meinem Hause darzugehalten der mit an der Charlottenburgischen<br />

Ehrenpforte gearbeitet, gewachet und so vielmahl auffgezogen als es von Ihm<br />

begehret worden, dennoch ist man damit nicht zufrieden gewesen, weilen Er sich nicht<br />

neu mundiren können und haben das Königl. Gewehr so mir gegeben worden mit Gewalt<br />

aus meinem Hause abgeholet, damit weder Ich weder mein Haußgenoße, beÿ dem Königl.<br />

Einzuge nicht mit aufziehen und meine allerunterthst. Dienste abstatten können.<br />

allerunterthänigster<br />

treuergebenster<br />

Andreas Luppius<br />

Königl. Preuß. HoffBuchdr:<br />

Berlin den 4. Dec. 1706.« 46<br />

Der hier genannte »Türcke Assa«, der Luppius malträtierte, ist Friedrich Wilhelm Hassan<br />

(1672–1728), der zusammen mit seinem Landsmann Friedrich Aly in Diensten Sophie Charlottes<br />

stand und seit 1704/1705 ein Freihaus in der Schloßstraße bewohnte. 47 Luppius<br />

beschwerte sich ferner darüber, dass ihm das Gewehr abgenommen worden war und er deshalb<br />

nicht am Einzug der königlichen Familie teilnehmen konnte. Der genannten Schrift<br />

über die Hochzeit ist zu entnehmen, dass »auch von der Bürgerschaft, die noch zur Zeit<br />

nicht über 50 Mann ausmachte, aber in guten Kleidern, mit gold=egal=bordierten Hüten<br />

und mit gleicher Art Bändern gezieret erschien, mit dem Gewehr, darinnen sie stunde, die<br />

unterthänigste Schuldigkeit abgestattet« wurde. 48<br />

An den Schwierigkeiten mit seinen Mitbürgern dürfte Luppius nicht unschuldig gewesen<br />

sein. Dies legt zumindest sein Lebenslauf nahe. Geboren wurde Luppius am 20. Dezember<br />

1654 im sächsischen Kyhna. 49 Von 1681 bis 1685 trat er als Buchhändler in Nimwegen<br />

in Erscheinung, ehe er 1685 nach Wesel übersiedelte. In den folgenden Jahren erwarb und<br />

begründete er Verlage mit Sitz in Duisburg, Amsterdam, Leipzig, Frankfurt a. M., Lüneburg,<br />

Osnabrück und Münster. Er machte sich als Verleger mystischer und pietistischer Literatur<br />

einen Namen. 1686 verlieh ihm Kurfürst Friedrich III. das Buchdruckerprivileg. Von da an<br />

ist er vor allem in Halle und Leipzig nachweisbar. Als er 1702 wegen Beleidigung aus Leipzig<br />

verwiesen wurde, ging er nach Berlin. 1703 ernannte ihn Königin Sophie Charlotte zum<br />

Hofbuchdrucker in Lietzenburg, wo er ein Freihaus bezog. Ab 1705 verlor er allmählich die<br />

Unterstützung des Hofes, dessen Erwartungen seine Arbeiten nicht erfüllen konnten. Die<br />

oben zitierten Briefe legen nahe, dass seine Druckprivilegien nicht unangefochten waren.


82 Guido Hinterkeuser<br />

1707 soll er auch in Berlin mit dem Gesetz in Konflikt geraten und kurze Zeit sogar inhaftiert<br />

gewesen sein. Sein Geschäft lief zunehmend schlechter und er verlor weitgehend seinen<br />

Besitz. 1731 starb Luppius. Wie die Kupferstiche der beiden Triumphbogen belegen,<br />

betätigte er sich nicht nur als Drucker und Verleger, sondern bisweilen auch als Zeichner<br />

und Radierer. Friedrich Nicolai schätzte ihn nicht: »Andreas Luppius, ein Kunsthändler, der<br />

auch selbst (obgleich schlecht) radirte. Er war vorher Buchhändler in Halle, und kam von<br />

da nach Berlin. Er legte 1704 in Charlottenburg (damals noch Lützeburg) eine Buchdruckerey<br />

an (die aber nicht lange dauerte). Seine eigne Arbeit ist nur sehr mittelmäßig.« 50<br />

5. Zu Ausstattung und Nutzung von<br />

Schloss Charlottenburg (1706–1708)<br />

Drei bislang unpublizierte Quellen werfen ein neues Licht auf die Ausstattung<br />

eines der beiden Ovalen Säle im Kernbau des Schlosses (Abb. 8). Markgraf Albrecht<br />

Friedrich, der während der Reise Friedrichs I. nach Kleve und Holland im Sommer 1706<br />

die Statthalterschaft in Berlin innehatte, hielt den König durch Briefe über den Fortgang<br />

der Bauarbeiten in seinen Schlössern auf dem Laufenden. Aus seinem Schreiben vom<br />

19. Juni 1706 geht hervor, dass er die Erweiterung der Stadt Charlottenburg vorantrieb.<br />

Zudem berichtete er, dass der berühmte Lackkünstler Gérard Dagly, der bereits seit 1687<br />

in Diensten des brandenburgischen Hofes stand, im Schloss die Arbeit an einer Glasvitrine<br />

aufgenommen hatte.<br />

»Ich habe Ew. May: unterthänigst berichten wollen, daß ich nacher Charlottenburg<br />

bin geweßen und habe etsliche platze der statt außgeteilet, und will hoffen daß<br />

wenn Ew. May: werden wiederkommen die Stat verändert werden finden, Dagelÿ hat an<br />

daß gläser spinde angefangen zu arbeiten verhoffe, daß es balde wird fertig werden« 51 .<br />

Knapp zwei Monate später kann Markgraf Albrecht dem Kurfürsten die Fertigstellung der<br />

Vitrine melden:<br />

»ich bin gestern zu Charlottenburg gewesen, und habe die Capelle gesehen<br />

welche sehr schön ist, daß gleser spinde ist auch fertich, und habe die gleser alle wieder<br />

eingesetzt, ich wünsche nichts mehr alß die genade balde wieder zu haben, Ew: May:<br />

die hände zu küssen« 52 .<br />

Außerdem existiert glücklicherweise noch ein Bericht des russischen Gesandten Boris Ivanovi˘c<br />

Kurakin (1676–1727), der genau in der Zwischenzeit am 27. Juli 1706 Charlottenburg<br />

besuchte und dabei ein Buffet erwähnt, bei dem es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um<br />

das von Dagly hergestellte »gläser spinde« handelt.


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 83<br />

Abb. 8 Johann Friedrich Eosander: Schloss Charlottenburg, Grundriss des Erdgeschosses,<br />

Berlin um 1710 (Umzeichnung mit modernen Raumnummern), Dresden,<br />

Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, M 63, Bl. 18<br />

»Dort befindet sich in einem runden Saal ein Ofen und diesem Ofen in<br />

Proportion gegenüber ist ein anderer Ofen, in welchem ein kleines Buffet gemacht ist und<br />

der Schlüssel von diesem Buffet befindet sich beim König selbst. Und alle seine geliebten<br />

Kristallgefäße stehen hier.« 53<br />

Bei dem erwähnten runden Saal kann es sich nur um einen der beiden zum Garten gelegenen<br />

ovalen Säle (Raum 116, 211) handeln. Die davor gelegenen runden Säle (Raum 115,<br />

210) entstanden erst mit der Errichtung des Kuppelturms ab 1710. 54 Zudem sind sie nicht<br />

beheizbar. Ob Kurakin nun den Ovalen Saal im Erdgeschoss (Raum 116) oder denjenigen<br />

im Obergeschoss (Raum 211) sah, ist dagegen nicht ganz eindeutig zu entscheiden (Abb. 9,<br />

10). Zwei Gründe sprechen jedoch für das Erdgeschoss: Zum einen lagen hier auch die<br />

königlichen Gemächer, so dass der König damit die geschätzte Gläsersammlung in seiner<br />

Nähe gehabt hätte. Zum zweiten ist noch für die Zeit um 1770/1780 in diesem Saal tatsächlich<br />

ein Ofen nachgewiesen. 55<br />

Kurakin beschrieb eine ungewöhnliche Situation: Die Vitrine habe die Gestalt eines<br />

Ofens besessen und als Pendant habe auf der anderen Seite ein wirklicher Ofen gestanden.<br />

Diese Beobachtung deckt sich mit den baulichen Verhältnissen im unteren Ovalen Saal<br />

(Abb. 9). Von den beiden dort heute vorhandenen Kaminen ist nur der westliche (der auf<br />

Abb. 9 rechte) tatsächlich beheizbar. Der östliche ist als Attrappe ausgeführt, denn der Mau-


84 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 9 Schloss Charlottenburg, Unterer Ovaler Saal, um 1930<br />

erkern dahinter ist durch eine Wendeltreppe ausgehöhlt, so dass der Platz für einen Kaminabzug<br />

fehlt (vgl. Abb. 2, 8). Dementsprechend befand sich also 1706 auch nur ein Ofen in<br />

diesem Raum, eben an der Südwestseite, während im Südosten die Glasvitrine gestanden<br />

haben dürfte.<br />

Wann der Ofen in diesen Raum kam, ist nicht ganz klar. Das unmittelbar nach dem Tod<br />

von Sophie Charlotte angefertigte Inventar vom April 1705 vermerkt weder Kamine noch<br />

einen Ofen. Daraus kann man schließen, dass der Ofen womöglich erst danach, also 1705<br />

oder in der ersten Hälfte des Jahres 1706 und damit in einer Konzeption mit dem Gläserspind<br />

entstand. Die Baugeschichte der beiden ovalen Säle ist ohnehin überaus kompliziert<br />

und längst noch nicht in allen Teilen erforscht. Dies zeigt sich jetzt erneut, denn bislang<br />

war unbekannt, dass im unteren Saal bis ins ausgehende 18. Jahrhundert ein Ofen stand.<br />

Der Gläserspind hingegen dürfte bereits früher umgesetzt worden sein. Im Bericht des<br />

Kastellans Daun von 1760, der detailliert die Verwüstungen und Plünderungen russischer<br />

Truppen im Schloss verzeich<strong>net</strong>, ist im unteren Ovalen Saal kein solcher Spind mehr vermerkt.<br />

56 Stattdessen findet sich in seiner Schilderung des ehemaligen Schlafzimmers des<br />

Königs (Raum 96) folgende Notiz: »Das Laquirte Spinde ist zerschlagen.« 57 Hierbei könnte<br />

es sich sehr wohl um Daglys 1706 angefertigtes »gleser spinde« handeln, das in jedem Fall,


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 85<br />

Abb. 10 Schloss Charlottenburg, Oberer Ovaler<br />

Saal, um 1970<br />

eben weil es von Dagly stammte, eine Lackarbeit gewesen sein muss. 58 Die Frage nach dem<br />

Verbleib des Möbels ist durch Dauns Bericht ebenfalls hinlänglich beantwortet.<br />

Ob hinter Ofen und Glasvitrine bereits von Anfang an Kaminöffnungen lagen, lässt sich<br />

beim derzeitigen Forschungsstand nicht klären. Die jetzigen Kaminumrahmungen aus Arabescato-Marmor<br />

sind jedenfalls erst im 19. Jahrhundert im Stil des Neorokoko angefertigt<br />

worden und nicht, wie bislang angenommen, bereits 1735. 59 Dieser Schluss ergibt sich aus<br />

stilistischen Gründen. 60 Zudem stand hier ja bis mindestens 1770/1780 noch der Ofen, der<br />

sicherlich entfernt worden wäre, hätte man tatsächlich 1735 den Kamin erneuert. Die hier<br />

kurz skizzierten Beobachtungen und Überlegungen zeigen, wie ungenau unsere Kenntnis<br />

von einem der wichtigsten Räume im Schloss Charlottenburg gegenwärtig noch ist. Das<br />

gleiche dürfte für den Ovalen Saal im Obergeschoss gelten. Es erscheint zumindest fraglich,<br />

ob der Raum ursprünglich nicht doch beheizbar gewesen war. Die ehemalige Schlösserdirektorin<br />

Margarete Kühn datierte die Kamine gänzlich ins 19. Jahrhunderts und ließ sie<br />

bei der Wiederherstellung des Raums nach dem Krieg 1961/1962 entfernen (Abb. 10).<br />

Beispiele für Glasvitrinen mit kostbaren Exponaten sind im Berliner Schloss überliefert.<br />

Ebenfalls ein russischer Reisender, Andrej Matvěevič Apraksin, sah dort 1699 »kleine<br />

Schränke: einer mit Kristallgefäßen, der zweite mit Glasgefäßen, der dritte mit Jaspisgefäßen,<br />

4 goldenen, viele mit Diamanten« 61. Es dürfte sich hierbei um die pyramidenförmigen<br />

Vitrinen handeln, die eine Darstellung im Thesaurus Brandenburgicus zeigt (Abb. 11).<br />

Auch hier zeigt sich eine besondere Wertschätzung des Kurfürsten, der die Sammlung in<br />

einer Art Geheimkabi<strong>net</strong>t aufbewahrte. Im zugehörigen Text ist die Rede von »quatuor


86 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 11 Ansicht des »geheimsten Kabi<strong>net</strong>ts« Friedrichs<br />

III. in der Kunstkammer des Berliner Schlosses mit Vitrinen<br />

in Pyramidenform, 1696, Kupferstich, aus: Lorenz<br />

Beger: Thesaurus Brandenburgicus, Bd. 1, Cölln/Spree<br />

1696, S. 226<br />

Abb. 12 Schloss Tamsel, Ofen aus<br />

Eisen und Messing in Gestalt eines Spiegelsekretärs,<br />

1727, Zustand vor 1945<br />

illas Pyramides […] quae intimum Electoris Conclave exornant« 62 . Im Charlottenburger<br />

Schloss war das Paar aus Ofen und Glasschrank formal eng aufeinander abgestimmt. Kurakin<br />

bezeich<strong>net</strong> die Vitrine als »Ofen, in welchem ein kleines Buffet gemacht«. Nimmt man<br />

Kurakins Bericht ernst, so gab in diesem Fall also die Gestalt des Ofens diejenige des Glasschranks<br />

vor. Dabei bleibt unklar, ob es sich um einen Kachelofen oder einen Ofen aus<br />

Eisen handelte. Umgekehrt sind Beispiele für Öfen bekannt, die die Form von Möbeln<br />

annahmen. Im Tafelgemach des Berliner Schlosses, der zweiten Paradevorkammer, befand<br />

sich zumindest bis 1700 ein Kachelofen in der Architektur eines Buffetschranks, der das<br />

exakte Pendant zu einem wirklichen Silberbuffet bildete (beide nach 1690). 63 In Schloss<br />

Tamsel stand ein Ofen in Gestalt eines barocken Spiegelsekretärs, der in das Jahr 1727<br />

datiert ist (Abb. 12). 64<br />

Der oben erwähnte Bericht Kurakins gibt einen Eindruck vom Zustand des Schlosses im<br />

Jahr 1706.<br />

»27. Juli. Aus Berlin fuhr ich nach ˇ Sarlotenburch, dieses Dorf befindet<br />

sich von Berlin in einer Entfernung von einer Meile oder 4 Moskauer Werst, zwischen<br />

Wäldchen, an einem niedrig gelegenen Ort/Stelle.


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 87<br />

[…]<br />

Die Gemächer sind schön gemacht, nur noch nicht vollendet, und in ihnen befindet sich<br />

eine sehr reiche Ausstattung, wo ich einen Saal sah, ausgestattet mit Porzellan [iz porcelinu]<br />

und Spiegeln, was ich so [noch] nirgends gesehen habe. In diesem Haus sah ich das Bildnis<br />

[persona] eines griechischen Bischofs im Ornat und neben ihm das Bild [persona] der Frau<br />

von Andrej Matvfev zwei[fach], eines [der Bilder] mit einer Krone [Kopfschmuck] und im russischen<br />

Putz und das andere in einem französischen Kleid und vielen wunderbaren Applikationen<br />

[»pisem«; pis’mo eigentlich Brief, Schreiben; Schrift, -zeichen] und reichem Putz.<br />

Das Dorf ist ein ausgesprochenes Lustdorf, und besitzt einen ausgezeich<strong>net</strong>en Garten,<br />

nur ist er noch nicht fertiggestellt; und durch den Garten sind vom Fluß aus Kanäle gezogen<br />

und bei diesen Kanälen hat man – zur Belustigung – Kähne gebaut, mit denen man<br />

fährt. Dort befindet sich in einem runden Saal ein Ofen und diesem Ofen in Proportion<br />

gegenüber ist ein anderer Ofen, in welchem ein kleines Buffet gemacht ist und der Schlüssel<br />

von diesem Buffet befindet sich beim König selbst. Und alle seine geliebten Kristallgefäße<br />

stehen hier.« 65<br />

Besonders das Porzellankabi<strong>net</strong>t am westlichen Ende der Enfilade beeindruckte Kurakin<br />

(Raum 95). Dass seine Ausstattung damals schon weit fortgeschritten war, belegen die<br />

bereits bekannten Dokumente. 66 Des weiteren wurden Kurakin auch die Räume der Zweiten<br />

Wohnung der verstorbenen Königin gezeigt. Er erwähnt drei Gemälde, von denen noch<br />

zwei existieren: Schon das Inventar von 1705 verzeich<strong>net</strong> im Toilettezimmer (Raum 110)<br />

die Porträts von Neofilo Vidola, Erzbischofs von Philipopel, und der Frau des russischen<br />

Gesandten Matvěev, wo sie noch heute hängen. 67 Kurakin erwähnte noch ein zweites Porträt<br />

von Matvěevs Frau, das sich im Inventar von 1705 allerdings nicht eindeutig identifizieren<br />

lässt. Vielleicht ist es identisch mit einem der zahlreichen Damenporträts in der Ersten<br />

Wohnung, von denen – abgesehen von den oben beschriebenen englischen Porträts – nur<br />

wenige identifiziert sind. 68<br />

Kürzlich wurde außerdem der Bericht eines anonymen Venezianers veröffentlicht, der<br />

sich im Jahr 1708 in Berlin aufhielt und dabei am 21. Oktober auch einen Abstecher nach<br />

Charlottenburg unternahm.<br />

»Domenica 21 andai á Ciarlotemburgh luogho di delitia, Ia strada é un<br />

Viale dritissimo dá Berlino sino al Palazzo, subito fuori della porta ultima della Cittá si entra<br />

in un‘ amenissimo Boscho che ripieno di Cervi e Daini dá un grandissimo passatempo a’<br />

viandanti, a’ fianchi della Strada sono collone di legno con un Ferale di Vetro Nella Cima,<br />

che continuano tutta la lontananza della Strada che é longa quatro miglia e questi sono acesi<br />

tutte le notti quando il Ré si ritrova á Ciarlottemburgh p comodo di chi Stá continuamente<br />

alla Corte. il Palazzo é Fabricha nova di gran Faciata con due Iongissimi Bracci, oltre altri<br />

due che ripiglian la Faciata stessa, e Formano dalla parte del Giardino una sola Fronte, parte<br />

del Corpo di mezzo é terminato il restante al di dentro ricerca I’ultima mano, Ii apartamenti<br />

Reali sono richi di Razzi á seta, et oro, lumiere, Torciere Cavioni ‘d Argento in ogni Camera,<br />

frá le altre Una né fú á Damasci co’ Fogliami di ricamo ‘d Oro si ben compartiti che spi-


88 Guido Hinterkeuser<br />

cavano molto la Camera dove il Ré dorme há tutto il suo regio bisogno sopra il Tavolino ‘d<br />

Oro puro e cosi et in altri 30 luoghi che tiene vicino si vede una cifra tutta Diamanti et altre<br />

simili rarittá á torno il muro; oltre 4 gabi<strong>net</strong>ti con Ritrattini in picolo de Prencipi che certo<br />

sono rarissimi, oltre poi un Camerone tutto di robba chinese, con gran Vasi altissimi, má<br />

credo di Delft. il Giardino há Stradoni che stracano I’Ochio, Laghi con bellissime Barche<br />

guardati da 12 Canoni di Bronzo oltre molti piciolini. Strade coperte tutte di Iegno dipinte<br />

con erbe che serpegiano, Vasi indorati di bellissima inventione donai buona mano e partij<br />

p Berlino […].« 69<br />

Der Bericht trägt zur Baugeschichte des Schlosses wenig Neues bei. Im Äußern wie im<br />

Innern waren die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Immerhin überliefert er ein allgemeines<br />

Bild vom Reichtum der Ausstattung in den königlichen Gemächern (»apartamenti<br />

Reali«). An konkreten Räumen werden zum einen das Schlafgemach Friedrichs I. (Raum 96)<br />

genannt, in dem ein goldener Tisch (»il Tavolino ‘d Oro puro«) hervorstach. Außerdem sah<br />

der Venezianer das anschließende Porzellankabi<strong>net</strong>t (Raum 95), das er als «Camerone tutto<br />

di robba chinese, con gran Vasi altissimi, má credo di Delft« charakterisiert. Er irrt allerdings,<br />

wenn er die großen Vasen für Delfter Fayencen hält. Bei den schließlich 1717 zusammen<br />

mit weiteren Exemplaren aus Oranienburg an August den Starken gegen 600 Reiter<br />

getauschten Vasen – daher der Name »Dragonervase« – handelte es sich tatsächlich um chinesisches<br />

Porzellan.<br />

Für die Baugeschichte bedeutend ist der bislang unpublizierte Bericht des Bauschreibers<br />

Peter Jänicke vom 18. Dezember 1708. Darin geht es um die Vergoldung des Treppengeländers<br />

(Abb. 13).<br />

»Supplicirender Mahler Weißhuth, hat das Eÿßerne Geländer auf der<br />

Treppe zu Charlottenburg, zwart in dießem Frühjahre Vergüldet Daß Er sich aber darauf<br />

beziehet, Eß wehren Gipser=Bildt=hauer undt Klein[?]schmiede, mehrentheils, Undt Er<br />

nicht, bezahlet, ist die ursache, weilen jene, Ihre arbeit albereits beylebzeiyten Ihro Mayst.<br />

der Höchstseel. Königin, Die Ihnen die Zahlung thun laßen, Verfertiget, Er aber die seinige<br />

allererst Vor 3/4 jahren Verrichtet hat, Daher Er so woll dieser Wegen, als auch waß Er<br />

Wegen der, beÿm Cronprintzen Beÿlager angestelleten Illumination, zufordern hat, an diejenige<br />

gelder, welche zu abführung der alten Bauschulden, in 4. nacheinanderfolgenden jahren<br />

die kommen sollen, Verwiesen worden, Von welcher Er dann auch Seine Befriedigung<br />

zu gewarthen haben Wirdt. Berlin, den 18. Xbr. 1708. Pjänick.« 70<br />

Aus dem Bericht geht eindeutig hervor, dass der – ansonsten unbekannte – Maler Andreas<br />

Weißhuth zu Anfang des Jahres 1708 (»Vor 3/4 jahren«) das Treppengeländer vergoldete.<br />

Weiter ist dem Text zu entnehmen, dass Weißhuth die Arbeit nicht etwa an einer jüngst<br />

erst errichteten Treppe ausführte. Vielmehr wird gesagt, dass andere an der Treppe beteiligte<br />

Künstler »Ihre arbeit albereits beylebzeiyten Ihrer Mayst. der Höchstseel. Königin« verrichtet<br />

hätten. Es handelt sich also um dieselbe Treppe, die im Inventar von 1705 als »neue<br />

treppe« bezeich<strong>net</strong> wird. 71


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 89<br />

Abb. 13 Johann Friedrich Eosander: Schloss Lietzenburg, Entwurf für den unteren Treppenarm mit<br />

Schnitt durch den ersten Wendepodest, Berlin 1701/1704, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und<br />

Universitätsbibliothek Dresden, Archit. 261, Bl. 5<br />

6. Die Anfänge des Bernsteinzimmers<br />

Es ist seit langem bekannt, dass die Ursprünge des legendären Bernsteinzimmers<br />

(Abb. 15) in Charlottenburg liegen. 72 Eine Akte im Geheimen Staatsarchiv Preußischer<br />

Kulturbesitz enthält hierzu zahlreiche Dokumente. 73 Schon früher wurde vermutet,<br />

dass der hierfür vorgesehene Raum die Rote Kammer (Raum 100) gewesen sein könnte<br />

(Abb. 14), denn den Quellen ist zu entnehmen, dass es sich um einen galerieartigen Raum<br />

handelte. 74 Diese Vermutung wird nun durch eine bislang unbekannte und unveröffentlichte<br />

Quelle zur Gewissheit. Eine Liste aus dem Jahr 1710 führt die ein Jahr zuvor durchgeführte<br />

Neuausstattung einiger Räume im Charlottenburger Schloss auf. Im November 1708<br />

hatte Friedrich I. zum dritten Mal geheiratet. Im Anschluss daran wurden auch in den Lustschlössern<br />

einige Räume für die Bedürfnisse der neuen Königin hergerichtet.<br />

»Anno 1709 ist auff Seiner Königl. Mayst. Lüsthäuser nachfolgende Tapezier<br />

arbeit gemacht worden<br />

[…]


90 Guido Hinterkeuser<br />

Abb. 14 Schloss Charlottenburg, Rote Kammer, <strong>1999</strong><br />

zu charlottenborg<br />

2 Cameren Vor die Königin beschlagen<br />

die eine mit goldt die ander mit silber<br />

aus gemacht wie aug ein neü bette<br />

die bernstein Camer mit Carmosin damast<br />

und güld brelatebanden beschlagen<br />

3 Cameren Vor die Hoffmeisterin Von die<br />

Königin beschlagen aug etliche fenster<br />

gardinen gemacht daran 2 gesellen gearbeit<br />

10 tage, ieder den tag 3 gr. Kostgelt … 2 [Tlr.] 12 [Gr.]« 75<br />

Der Liste ist zu entnehmen, dass 1709 endgültig die Idee einer »bernstein Cammer« in<br />

Charlottenburg aufgegeben wurde. Nun wurde der Raum mit »Carmoisin Damast und güld<br />

brelatebanden beschlagen«. Diese Wandbespannung behielt er – nach dem letzten Krieg<br />

freilich rekonstruiert – bis heute. Im bereits genannten Bericht des Kastellans Daun über


Abb. 15 Zarskoje Selo, Bernsteinzimmer, um 1924<br />

Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 91<br />

die Zerstörungen im Schloss im Jahr 1760 wird der Raum als »roth mit goldgestückten<br />

Damast Cammer« bezeich<strong>net</strong>. 76 Das 1770/1780 angefertigte Inventar nennt »eine roth<br />

Damstne Tapéte, starck mit goldenen Tressen en Dessein besetzt« 77 . Der Raum wurde daher<br />

ab dem späten 19. Jahrhundert auch als Rotes Tressenzimmer bezeich<strong>net</strong>.<br />

Die Geschichte des Bernsteinzimmers in Charlottenburg endete im Jahr 1709. Weitere<br />

Stationen waren Schloss Oranienburg und das Berliner Schloss, ehe es Friedrich Wilhelm I.<br />

1716 Zar Peter dem Großen schenkte. 78 Über die Herstellung der Bernsteinpaneele und die<br />

beteiligten Künstler liegen, gerade was die Charlottenburger Jahre anbelangt, ausführliche<br />

Schriftquellen vor. 79 Sie verdanken ihre Existenz einem Streit, der 1706 zwischen dem leitenden<br />

Architekten Johann Friedrich Eosander und dem bis dahin mit dem Bernsteinzimmer<br />

beauftragten Bernsteindreher Gottfried Wolffram entbrannte. Als Folge dieses Streits<br />

wurde Wolffram durch die Danziger Meister Ernst Schacht und Gottfried Turow ersetzt.<br />

Damit war der Konflikt keineswegs beendet, denn Wolffram fühlte sich ungerecht behandelt<br />

und legte Beschwerde über seine Entlassung ein. Vor allem sah er sich für die geleistete<br />

Arbeit unzureichend entlohnt. Erst 1709 wurde eine Untersuchungskommission ein-


92 Guido Hinterkeuser<br />

berufen. Da sich Wolffram bald darauf nach Kopenhagen begab, ruhte die Angelegenheit<br />

für weitere zwei Jahre. Als er dann 1711 nach Berlin zurückkehrte, betrieb er die Wiederaufnahme<br />

der Untersuchungen. Seine Ansprüche wurden schließlich nicht anerkannt. Der<br />

Verlauf der Untersuchung im einzelnen ist hier nicht von Bedeutung. Im folgenden soll nur<br />

auf die für Charlottenburg relevanten Dokumente eingegangen werden.<br />

Von beiden Kontrahenten sind Schilderungen des Streits überliefert. Wolffram beschreibt<br />

ihn aus seiner Sicht in einem Brief an den König vom 24. April 1711.<br />

»Wie ich nun eine große Wand zu demjenigen Zimmer, wozu Ew. Königl.<br />

Maÿt. besagte kostbahre Bernstein arbeith destiniret, fertig und zu den übrigen Wänden<br />

einen guthen anfang in Vorrath gemacht gehabt; hat Ew. Königl. Maÿt. Obrister und Baw<br />

Director der H. Eosander, seiner Gewohnheit nach, die Ehre haben wollen, solche wand<br />

Ew. Königl. Maÿt. alß seine eigene invention zu praesentiren, und hat in Ew. Königl. Maÿt.<br />

Abwesen nach Holland, wieder Ihro Königl. Hoheiten des Herrn Statthalters außtrücklichen<br />

ofters wiederhohlten Verboth, mir die Wand in meinem Abwesen durch mehr den 20.<br />

bewaff<strong>net</strong>en von der Baw compagnie mit gewalt und erbrechung der Thüren auß meinem<br />

Hauße nehmen, und sie nach Charlottenburg bringen laßen, wodurch die Wand nicht<br />

wenig beschädiget, auch unter anderen der große darin befindliche Spiegel zerbrochen<br />

worden. Hierauff hat Er mich von der Arbeith verstoßen, fälschlich vorgegeben, ich wolte<br />

selbige nicht verfertigen, und leuthe, die doch der arbeith nicht gewachsen, und nimmermehr<br />

Ew. Königl. Maÿt. intention erreichen werden, mit hindansetzung Ew. Königl. Maÿt.<br />

interesse, vor sich selbst verschrieben, und dadurch verursachet, daß die arbeith, da sie<br />

längst hätte können vergeßen seÿn, biß dato noch nicht fertig worden; ich will alhir nicht<br />

sagen, sondern es wirt sich hinkünftig von selbst schon hervor thun, wie mit dem kostbahren<br />

Ew. Königl. Maÿt. bernstein umbgangen, und zu nicht geringen Ew. Königl. Maÿt.<br />

Schaden damit haußgehalten worden«. 80<br />

Der Vorfall ereig<strong>net</strong>e sich also just zu der Zeit, als der König im Sommer 1706 in Holland<br />

weilte und Dagly nur einige Räume weiter an dem oben genannten »gläser spinde« arbeitete.<br />

Eosander ließ Wolfframs Arbeit daraufhin von den beiden Danziger Bernsteindrehern<br />

taxieren. Sie prüften bei jeder Einzelposition, ob der von Wolffram geforderte Preise berechtigt<br />

sei und verpflichteten sich zugleich, die noch ausstehenden Arbeiten zu dem von ihnen<br />

genannten niedrigeren Preis fortzuführen. Außer vielen Einzelformen, die noch nicht zu<br />

ganzen Paneelen zusammengeführt waren, nennt die Taxliste »die Große Wandt so bereits<br />

in Charlottenburg angesetzet gewesen« 81 . Es muss offen bleiben, ob es sich hierbei nur um<br />

ein einzelnes großes Wandstück handelte – solche wurden später mehrfach in einer vor der<br />

Versendung nach Russland angefertigten Stückliste genannt 82 – oder ob gar schon die<br />

gesamte, den Fenstern gegenüberliegende Längswand verkleidet war. Letzteres erscheint<br />

naheliegender. Es kann nicht verwundern, dass Wolffram sich über die Vorgehensweise<br />

Eosanders sehr verärgert zeigte. Seine Konkurrenten taxierten vor allem die Teile überaus<br />

niedrig, die er bereits vollendet hatte. So bezifferten sie die genannte »Große Wand« auf<br />

500 Taler, während Wolffram 1700 Taler forderte. Es scheint, dass sie Wolffram durch sol-


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 93<br />

che fiktiven Dumping-Preise – fiktiv, denn sie selbst mussten die Leistung zu diesem Preis<br />

ja nicht mehr erbringen – aus dem Geschäft drängten. So schreibt Wolffram in dem genannten<br />

Brief vom 24. April 1711 weiter:<br />

»da immittelß der H. Eosander Ew. Königl. Maÿt. jederzeith verführet,<br />

ich wäre allemahl richtig bezahlet, Ja umb seinen Haß wieder außzuüben, weil ich Ihm die<br />

obbesagte Wand nicht habe wollen außfolgen laßen, gesuchet, mich umb mein verdientes<br />

lohn zu bringen, zu dem Ende Er die von mir gemachte arbeith einseitig, und ohne den<br />

geringsten Schein oder ordnung von rechten durch zwenne meiner feinde, und mit welchen<br />

ich im proceß gelegen, taxiren laßen, von welcher Taxe die ungültigkeit und unbilligkeit<br />

von selbsten ins auge leuchtet.« 83<br />

Eosanders Version des Konflikts findet sich in einem »Memoriale betreffend den abgesetzten<br />

börnsteindreher Wollfram«, das bereits im Mai 1709 entstanden sein dürfte. Es wird<br />

hier vollständig wiedergegeben:<br />

»Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster<br />

König und Churfürst<br />

allergnädigster Herr,<br />

Eß hat der Börnstein-Dreher Wolffram an Ew. Königl. Maÿ. eine mit<br />

unwahrheit, und boßheit angefültes memorial übergeben, in welchen er gedencket daß Ew:<br />

Königl. Maÿ: tt ihm mit seine familie von Königsberg berufen laßen, welches wie alles übriges<br />

so Er in dem memorial gesetzet gantz falsch, dan er von sich selbsten anhero gekommen,<br />

und unterschiedl. mahlen, ümb. die Arbeith gebehten. Die Ursach warümb Er auß<br />

der Arbeit gesetzet worden; doch aber auf Ew: Königl. Maÿ: tt hohes Befehl ist folgende.<br />

Eß ließ sich dieser Wolffram verlauten, das daß Gemach, so mit börnstein solte bekleidet<br />

werden, woll über <strong>2000</strong>0 Rthlr. Arbeits Lohn kommen dörffte, zu dehm folgete er auch<br />

den dessin nicht, so ich ihm auf Ewer Königl. Maÿ: tt Befehl gegeben sondern machte viele<br />

Kleinigkeiten darin die den dessin nur verderbete, die arbeit desto kostbahrer machete und<br />

auf der Langen Bancke zöge, Da nuhn kein ander Börnstein=Dreher hier wahr den man<br />

ihn entgegen setzen könte, ümb zu wißen waß das ArbeitsLohn kommen könte, und wieviel<br />

Börnstein dazu verbrauchet würde. Alß haben Ew: Königl. Maÿ: tt allergnädigst befohlen<br />

noch 2 andere Meister zu verschreiben, da selbige nuhn gekommen, und auch an die<br />

Arbeit gesetzet worden, hat gedachter Wolffram sich nicht allein gewalthätig gegen ihm<br />

erwiesen, sondern er verschloß die beÿ sich habende Königl. Arbeit und reÿsete darauf<br />

nach Saxen. Alß ist auf Ew: Königl. Maÿ: tt Hohen Befehl, diesen Menschen die Arbeit gantz<br />

abgenommen, nicht allein wegen seiner Boßheit, sondern weilen er die Arbeit nicht vor<br />

den Preiß, wie die andern Meister machen sondern nach sein Belieben, unbillig wolte<br />

bezahlet haben. Die differentz aber kann auß beÿgehenden Taxe ersehen werden, und ist<br />

nicht natürl. das die Beÿde Meister, den Wolffram zu schade oder Leide taxiret haben, weile<br />

sie es selbsten davor machen, und davon ihr Weib und Kinder unterhalten müßen; Ich kann<br />

auch mit Gott und auf mein gewißen bezeugen, daß diesen boßhafftig und unruhigen Menschen,<br />

nicht ein Gr. restiret, und ist laut beÿliegender taxe richtig bezahlet, da Er doch in


94 Guido Hinterkeuser<br />

der gantzen Welt fälschlich außbreitet, er habe noch über <strong>2000</strong> Rthlr. von Ew: Königl. Maÿ: tt<br />

zu fordern. Dazu noch Ew: Königl. Maÿ: tt selbsten mit solche grobe und Höchst Strafbahre<br />

unwahrheit, antreten und molestiren darf. Ich verharre in unaufhörlicher Treuwe und<br />

Devotion.<br />

Aller durchlauchtigster Groß Mächtigster<br />

König und Cuhrfürst<br />

Ewer Königl. May: tt<br />

allerdehmütigster und untertähnigster<br />

diener<br />

d’ Eosander genand göthe« 84<br />

Unabhängig von den Differenzen im einzelnen enthält diese Quelle eine für die Geschichte<br />

des Bernsteinzimmers hochbedeutende Information. Den Entwurf zum Bernsteinzimmer<br />

lieferte Johann Friedrich Eosander. Denn Eosander warf Wolffram vor, er »folgete […] auch<br />

den dessin nicht, so ich ihm auf Ewer Königl. Maÿ: tt Befehl gegeben sondern machte viele<br />

Kleinigkeiten darin die den dessin nur verderbete.« Der immer wieder ins Spiel gebrachte<br />

Andreas Schlüter hat weder mit der Konzeption noch mit der Herstellung des Bernsteinzimmers<br />

etwas zu tun. Zu den beiden Danziger Bernsteindrehern, die Wolffram den Auftrag<br />

abspenstig machten, besaß er keine nähere Verbindung, wie man aufgrund der gemeinsamen<br />

Herkunft aus der Ostseemetropole vielleicht vermuten könnte. Schlüter jedoch<br />

besaß das Vertrauen Wolfframs. Als 1711 erneut die Zusammensetzung der Kommission diskutiert<br />

wurde, schlug Wolffram zweimal innerhalb eines halben Jahres Schlüter als Gutachter<br />

vor. Auch dies beweist eindeutig, dass Schlüter mit dem Bernsteinzimmer nichts zu<br />

tun hatte. Wolffram schlug in seinem bereits zitierten Schreiben an Friedrich I. vom<br />

24. April 1711 vor, »die arbeith durch hülffe und zuziehung Kunst verständiger leuthe, wozu<br />

ich den Ehemaligen Bau Director Schlüter und den Mahler Ewers allerunterthänigst vorschlage,<br />

servato juris ordine aestimiren zu laßen.« 85 Ein zweites Mal kommt er am 1. Oktober<br />

1711 auf die Zusammensetzung der Kommission zu sprechen und bringt erneut Schlüter<br />

ins Gespräch.<br />

»Ich will demnach dehro Geheimen Justiz wie auch Hoff und Cammer=Gerichts<br />

Rath Wolffgang Bewerth in dieser Sache zum Commissario vorgeschlagen,<br />

und Ew. Königl. Maÿt. allerunterthänigst gebeten haben, denselben darzu allergnädigst zu<br />

confirmiren, und weilen auch dabeÿ Jemand von Nöthen seÿn wird, welcher meine arbeit<br />

kunstmäßig zubeurtheilen vermag; So habe darzu dehro Ober Bau Directorem Schlütern<br />

mir ausersehen, welchen in tiefster devotion ich zum con=Commissario mit zu confirmiren<br />

bitte. Der ich ersterbe.« 86<br />

Leider sind bislang keine Quellen bekannt, die über die ersten Planungen zum Bernsteinzimmer<br />

Auskunft geben. Das Empfehlungsschreiben des dänischen Königs für Wolffram<br />

datiert von 1701. 87 Die Idee, ein Zimmer mit Bernstein auszustatten, kam also sehr wahrscheinlich<br />

erst nach der Königskrönung auf. Ob nun sogleich an Lietzenburg gedacht


wurde, oder ob zeitweilig auch das Berliner Schloss im Gespräch war, ist unklar. Ebenso<br />

liegt im Dunkeln, wann die Arbeit aufgenommen wurde. Der für das Bernsteinzimmer<br />

bestimmte Raum war Teil der von Eosander im Sommer 1701 erarbeiteten umfassenden<br />

Erweiterungspläne, die bis Dezember 1701 auch als Modell vorlagen. 88 1702 begann man<br />

westlich im Anschluss an den Kernbau mit der Errichtung der neuen Trakte, die zum Hof<br />

hin eine weitere Wohnung für die Königin und entlang des Gartens eine repräsentative<br />

Folge von Staatsgemächern enthalten sollten (vgl. Abb. 3 und 8). Teil dieser Staatsräume<br />

wäre zeitweilig auch das Bernsteinzimmer gewesen. Allerdings ist nicht zu beweisen, ob<br />

es bereits 1702 für Lietzenburg vorgesehen war. Immerhin wäre auch denkbar, dass erst<br />

Friedrich I., der sich nach dem Tod Sophie Charlottes 1705 besonders intensiv um die Vollendung<br />

Charlottenburgs kümmerte, ein Bernsteinzimmer für diesen Ort vorschlug. Da aber<br />

bereits im Sommer 1706 »die Große Wandt […] in Charlottenburg angesetzet gewesen«,<br />

ist es höchst unwahrscheinlich – gerade wenn man die zögerliche Fortführung bis 1709<br />

bedenkt –, dass nicht bereits vor 1705 an einem Bernsteinzimmer für den brandenburgischpreußischen<br />

Hof gearbeitet worden wäre. Ob für Charlottenburg oder vielleicht doch für<br />

ein anderes Schloss – diese Frage wird vielleicht einmal ein glücklicher Quellenfund beantworten<br />

helfen.<br />

Anmerkungen<br />

Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 95<br />

1 Wilhelm Gundlach: Geschichte der Stadt Charlottenburg, 2 Bde., Berlin 1905. – Margarete Kühn:<br />

Schloß Charlottenburg, Berlin 1955. – Margarete Kühn: Schloß Charlottenburg, 2 Bde.: Text- und<br />

Tafelbd., Berlin 1970 (Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin). – Fritz-Eugen Keller: Zur<br />

Datierung der Planungsvorschläge Nikodemus Tessins des Jüngeren für das Schloß Charlottenburg, in:<br />

Von der Residenz zur City. 275 Jahre Charlottenburg, hrsg. v. Wolfgang Ribbe, Berlin 1980, S. 39–65.<br />

2 Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, hrsg. v. der<br />

<strong>SPSG</strong>, Ausstellung, Berlin, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München <strong>1999</strong>. – Siehe darin die Beiträge von Gerd<br />

Bartoschek, Susanne Evers, Burkhardt Göres, Guido Hinterkeuser, Jörg Meiner, Franziska Windt<br />

sowie im Katalogteil das Verzeichnis der Zeichnungen und Druckgraphik zur frühen Planungs- und<br />

Baugeschichte von Guido Hinterkeuser.<br />

3 Urkunde Sophie Charlottes vom 5. Juni 1694, in: GStAPK, I. HA, Rep. 21, Nr. 75 Fasz. 4, Bl. 6r–7v,<br />

zitiert in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 11–13, Nr. 3.<br />

4 »Dieses veranlaßete, daß verschiedene Oerter als Malchou, Weißensee etc. vorgeschlagen und<br />

erkaufet werden solten, bis endlich zufälliger Weise dieser wilde bewachsene Ort unterhalb dem<br />

Dorffe Lützow, wo nichts als eine Therhütte war, ersehen und von dem Churfürsten beliebet«.<br />

Johann Christoph Jeckel: Teltographia, in: SBBPK, Ms. Boruss. qu. 61, zitiert in: Gundlach, 1905<br />

(Anm. 19), Bd. 2, S. 201. – Für das östlich des Schlosses, hinter dem heutigen Charlottenburger<br />

Rathaus gelegene Dorf finden sich im 17. und 18. Jahrhundert die Bezeichnungen Leutzen, Lütze,<br />

Lüzo, Lützow sowie Lietze und Lietzow. In den Quellen bezüglich der Übergabe aus dem Jahr 1695<br />

ist gleichermaßen von Lütze und Lietze die Rede (s. Anm. 10, 11). Das Dorf gab dem Schloss seinen<br />

Namen. Meist wurde es Lützenburg (Lüzenburg, Lützenbourg, Lützelburg, Lutzenb[o]urg, Lutzelb[o]urg)<br />

genannt. Doch findet man in den zeitgenössischen Quellen auch die Bezeichnung Lietzenburg<br />

(s. Anm. 12, 24). Dieser Form, die sich heute durchgesetzt hat (z. B. Lietzenburger Straße,<br />

Alt-Lietzow, Lietzensee), wird im Folgenden der Vorzug gegeben. Südlich des Schlosses wurden ab


96 Guido Hinterkeuser<br />

1701 Freihäuser entlang der Schlossstraße errichtet und eine Stadt angelegt. Ihr wurden 1705 offiziell<br />

die Stadtrechte verliehen. Von nun an hieß sie – ebenso wie das Schloss – Charlottenburg.<br />

1720 wurde das Dorf Lütze eingemeindet (vgl. Gundlach, 1905 [Anm. 1], Bd. 2, S. 216–225,<br />

258–260, 268 f., 276–278).<br />

5 Kühn, 1955 (Anm. 1), S. 18 f. – Keller, 1980 (Anm. 1), S. 39 f.<br />

6 Jean-Baptiste de la Rosière: État de la Cour de Brandebourg 1694, hrsg. v. C. Schéfer, in: Revue d’histoire<br />

diplomatique, 1, 1887, S. 267–292, 411–424, hier: S. 280.<br />

7 Brief Tessins an Bielke vom 1. August 1694, in: Handlingar ur Grefliga Bielkeska familje arkivet på<br />

Thureholm, in: Nya Handlingar Rörande Skandinaviens Historia 24, Stockholm 1853 (Handlingar<br />

Rörande Skandinaviens Historia, 34), S. 122–125). – Des weiteren zitiert in: Kühn, 1955 (Anm. 1),<br />

S. 18 f. – Keller, 1980 (Anm. 1), S. 39 f.<br />

8 Vgl. hierzu: Guido Hinterkeuser: Von der Maison de plaisance zum Palais royal. Die Planungs- und<br />

Baugeschichte von Schloß Charlottenburg zwischen 1694 und 1713, in: Sophie Charlotte und ihr<br />

Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 115–117.<br />

9 Brief des Grafen de la Tour an Kurfürstin Sophie Charlotte vom 7./17. September 1694, in: GStAPK,<br />

BPH, Rep. 56 II Prinz Heinrich, F Nr. 7, Bd. 1.2., Bl. 482 f. – Rolf Thomas Senn hat erstmals auf<br />

diesen Brief aufmerksam gemacht und ihn in Auszügen publiziert, in: Rolf Thomas Senn: Sophipolis.<br />

Die Begründung Charlottenburgs 1694–1701 als »Theatrum repraesentationis«, in: Zeitschrift<br />

für Kunstgeschichte, 63, <strong>2000</strong>, S. 26–46, hier: S. 29.<br />

10 Kurfürstliches Konzept, zitiert in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 14, Nr. 5.<br />

11 Vermerk betreffend die Übergabe der Lietze, zitiert in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 14, Nr. 6.–<br />

Als Bielke im Juli 1694 der Baugrund gezeigt wurde, war er also noch nicht offiziell an die Kurfürstin<br />

übergeben. Senn gibt als Datum der Übergabe fälschlich den 9. Mai 1694 an (Senn, <strong>2000</strong> [Anm.<br />

9], S. 28).<br />

12 All dies geht aus dem Erlass Friedrichs III. vom 26. Oktober 1695 hervor, der die im Bau befindlichen<br />

Projekte Nerings nach dessen plötzlichem Tod Martin Grünberg anvertraut: »und beklagen<br />

im übrigen den frühzeitigen Verlust dieses in seiner Profession sehr geschickten Dieners nicht<br />

wenig, befehlen Euch auch, den Ingenieur Grünbergen vor Euch zu fordern und ihm anzudeuten,<br />

daß er die Auffsicht über Unsere dortige Gebäude, zu Berlin, Oranieburg, Potstam und Lietzeburg,<br />

woran jetzo gearbeitet wird, über sich nehmen und damit so lange es das Wetter zulässet, auff den<br />

fuß wie der Abgelebte thun sollen fleißig continuiren lassen solle«. Zitiert in: Günther Schiedlausky:<br />

Martin Grünberg. Ein märkischer Baumeister aus der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, Burg<br />

b. M. 1942, S. 198, Anhang II, Nr. 6. – Auf diese Quelle sei hier nochmals ausdrücklich hingewiesen,<br />

da jüngst von Senn der Baubeginn von Lietzenburg in das Jahr 1698 (sic!) datiert und damit<br />

Nerings Autorschaft in Frage gestellt wurde (Senn <strong>2000</strong> [Anm. 9], S. 26, 31). Die meisten Thesen<br />

in Senns Aufsatz sind völlig überzogen. Sein Versuch, die Chronologie des Bauverlaufs kurzzuschließen<br />

mit der Chronologie der diplomatischen Ereignisse im Vorfeld der Krönung, wird der<br />

Individualität von Schloss Lietzenburg nicht gerecht. Da die diplomatischen Ereignisse unverrückbar<br />

feststehen, ist Senn gezwungen, die bauhistorischen Daten entsprechend anzupassen.<br />

Dabei überschreitet er mehrfach den zulässigen Spielraum. Der Autor suggeriert detaillierte Kenntnis<br />

der Quellen, doch sind ihm anderseits wichtige Dokumente wie der kurfürstliche Erlass vom<br />

26. Oktober 1695 nicht bekannt. Trotz einer minutiös erscheinenden Chronologie des Bauverlaufs<br />

von 1695 bis 1699 wird der ausführende Architekt des Kernbaus, Martin Grünburg, überhaupt<br />

nicht erwähnt. Die Anteile Schlüters und Tessins überschätzt Senn bei weitem (S. 26), ohne sie<br />

näher in den komplizierten Bauverlauf einzubinden.


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 97<br />

13 De la Rosière 1887 [1694] (Anm. 6), S. 419 f.<br />

14 Brief von Daniel Ernst Jablonski an Gottfried Wilhelm Leibniz, 5./15. März 1698 (Auszug), in: Gottfried<br />

Wilhelm Leibniz: Allgemeiner politischer und historischer Briefwechsel, hrsg. v. Leibniz-<br />

Archiv der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover, Bd. 15, Berlin 1998, S. 410–413 (Gottfried<br />

Wilhelm Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen<br />

Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, 1, 15). – Zur<br />

Identität des »nahgelegenen Lusthauß« mit Schloss Schönhausen: Hermann Dalton: Daniel Ernst<br />

Jablonski. Eine preußische Hofpredigergestalt in Berlin vor zweihundert Jahren, Berlin 1903, S. 203<br />

f. – Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 226.<br />

15 Zur Bau- und Nutzungsgeschichte von Schloss Schönhausen vgl. Erich Schonert: Schloß Schönhausen<br />

und seine Erneuerung, in: Zentralblatt der Bauverwaltung, 56, 1936, S. 1287–1298. – Erich<br />

Schonert: Schloß Schönhausen und seine Geschichte, Berlin 1937. – Tilo Eggeling: Schloß Niederschönhausen.<br />

Ein unbekanntes Schloß im Norden Berlins, in: Museums-Journal, 7, 1993, S. 57–61.<br />

– Christiane Salge: Schloß Niederschönhausen, in: Berliner Baukunst der Barockzeit. Die Zeichnungen<br />

und Notizen aus dem Reisetagebuch des Architekten Christoph Pitzler (1657–1707), hrsg.<br />

v. Hellmut Lorenz, Berlin 1998, S. 201–205.<br />

16 »Den 27. January stelleten Se. Churfl. Durchl. Dero vornehme Ministros eine ansehnliche Schlittenfarth<br />

an. Zuerst fuhren sie durch alle 3 Städte die Quere und die Länge, gegen Abend nach<br />

Schönhausen, woselbst sie gespeiset, und um 10 Uhr wieder mit Pauken= und Trompeten=Schall<br />

zurück nach dem Schlosse gefahren«. Wendlandsche Chronik vom 27. Januar 1692, zitiert in:<br />

Wendlandsche Chronik von 1648 bis 1701, hrsg. v. Ernst Fidicin, in: Schriften des Vereins für die<br />

Geschichte Berlins, 1, 1865, S. 45–104, hier: S. 85.<br />

17 John Toland: Relation des Cours de Prusse et de Hanovre, Den Haag 1706, S. 52.<br />

18 Für den Hinweis auf diese Gedichte danke ich herzlich Dr. Michael Wenzel, Jena. Er gab mir<br />

zugleich Einblick in seine im Druck befindlichen Arbeiten, in denen er sich ausführlich mit der<br />

Schönheitengalerie Sophie Charlottes beschäftigt. Michael Wenzel: »Über die conterfeyen der<br />

schönsten von Engelland«. Die Frauenporträtgalerien der Königinnen Sophie Charlotte und Sophie<br />

Dorothea von Preußen als Dokumente des Selbstverständnisses der hocharistokratischen Frau um<br />

1700, in: Frau und Bildnis 1600–1750. Barocke Repräsentationskultur an deutschen Fürstenhöfen,<br />

hrsg. v. Cordula Bischoff/Gabriele Baumbach (im Druck). – Michael Wenzel: Heldinnengalerie –<br />

Schönheitengalerie. Studien zu Genese und Funktion weiblicher Bildnisgalerien 1470–1715, Diss.<br />

Heidelberg 2001, Manuskript, S. 387–404.<br />

19 Benjamin Neukirch: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher<br />

ungedruckter Gedichte anderer Theil, Leipzig 1697 (Nachdruck: Tübingen 1965 [Neudrucke deutscher<br />

Literaturwerke, N.F., 16]), S. 20 f.<br />

20 Neukirch, 1697 (Anm. 19), S. 21.<br />

21 INVENTARIUM ARGIS SCHARLOTTENBURG CONSCRIPTVM MENSE APRILLI M.D.C.C.V., in:<br />

<strong>SPSG</strong>, Plankammer, Chbg. 33, S. 54 f., Nr. 93–100, S. 78 f., Nr. 195, 205, 207 (transkribiert in: Sophie<br />

Charlotte und ihr Schloß, <strong>1999</strong> [Anm. 2], S. 348–367, hier: S. 354 f., 357).<br />

22 Inventar Schloß Charlottenburg, 1705 (Anm. 21), S. 78, Nr. 205, zitiert in: Sophie Charlotte und<br />

ihr Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 357.<br />

23 GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 36 Hofverwaltung, Nr. 2887, Bl. 24r, zitiert in: Gundlach, 1905<br />

(Anm. 1), Bd. 2, S. 226.<br />

24 Ebenda.


98 Guido Hinterkeuser<br />

25 Senn bezieht die Quelle völlig unzulässig auf das Berliner Schloss (Senn, <strong>2000</strong> [Anm. 9], S. 33,<br />

Anm. 27), steht sie doch seiner These entgegen, mit dem Lietzenburger Schlossbau sei überhaupt<br />

erst 1698 begonnen worden. Der Autoritätsbeweis (Dank an Goerd Peschken) kann den unübersehbaren<br />

Vermerk auf der Rechnung («zum Lietzenburgischen bau«) nicht außer Kraft setzen.<br />

26 Alessandro Bichi: Reiseerinnerungen (Berlin und sein Hof im Jahre 1696), in: Die Grenzboten, 50,<br />

1891, S. 20–30, 71–81, hier: S. 26.<br />

27 Carl Heinrich von Heinecken/Abraham Humbert: Nachrichten von Künstlern und Kunst-Sachen,<br />

Leipzig 1768, S. 78 f.<br />

28 Kühn, 1970 (Anm. 1), Tafelbd., Abb. 274 f.<br />

29 Tagebucheintrag von Johann Philipp von Rebeur, 2. Mai 1698, in: Heinrich Borkowski: Aufzeichnungen<br />

von Johann-Philipp von Rebeur über seine Tätigkeit als Informator Friedrich-Wilhelms (I.)<br />

(Vom 8. Mai 1697 bis Januar 1701), in: Hohenzollern-Jahrbuch, 8, 1904, S. 214–230, hier: S. 228.<br />

30 Tagebucheintrag von Johann Philipp von Rebeur, 23. Juli 1698, in: Borkowski, 1904 (Anm. 29),<br />

S. 229.<br />

31 Tagebucheintrag von Johann Philipp von Rebeur, 1. September 1698, in: Borkowski, 1904 (Anm. 29),<br />

S. 229.<br />

32 Brief von Leonhard Christoph Sturm an Gottfried Wilhelm Leibniz, 24. Dezember 1697, in: Hannover,<br />

Niedersächsische Landesbibliothek, LBr. 910 Bl. 7–8. – Isolde Küster zitierte aus dem Brief<br />

bereits einen kurzen Abschnitt. Vgl. Isolde Küster: Leonhard Christoph Sturm. Leben und Leistung<br />

auf dem Gebiet der Zivilbaukunst in Theorie und Praxis, Diss. Berlin 1942, Manuskript, S. 25.<br />

33 Hinterkeuser, <strong>1999</strong> (Anm. 8), S. 117 f.<br />

34 »Der Saal war mit allerhand geflochtenem Blumenwerk und mit darzwischen gesetzten Sinnebildern<br />

ausgezieret und die Tafeln darin also gesetzet, daß man ohne aufzustehen das hernachmals<br />

angesteckte Feuerwerk nebst der Illumination sehen konnte«. Bessers Hofjournal vom 1./11. Juli<br />

1699, zitiert in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 1, S. 23 f.<br />

35 Johann von Besser: Des Herrn von B. Schrifften, Beydes in gebundener und ungebundener Rede;<br />

So viel man derer, theils aus ihrem ehemaligen Drucke, theils auch aus guter Freunde schrifftlichen<br />

Communication, zusammen bringen können, Leipzig 1711, S. 379.<br />

36 Brief von Thomas Bur<strong>net</strong>t of Kemney an Catharine Trotter Cockburn, 5. Dezember 1704 (Auszug),<br />

in: The Works of Mrs. Catharine Cockburn, Theological, moral, dramatic, and poetical. Several of<br />

them now first printed, Bd. 2, London 1751, S. 179. – Auch zitiert in: Karl August Varnhagen von<br />

Ense: Leben der Königin von Preußen Sophie Charlotte, in: Karl August Varnhagen von Ense: Ausgewählte<br />

Schriften, Bd. 10, 2. Abt.: Biographische Denkmale, 4. Teil, Leipzig 1872, S. 243–397, hier:<br />

S. 368.<br />

37 Von den beiden äußerst seltenen Blättern finden sich Exemplare in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 21<br />

Brandenburgische Ämter, Städte und Kreise, Nr. 197 (1705–1724), Bl. 426, 722.<br />

38 Die große Preußische und Lüneburgische Vermählungs-Freude oder Kurtze und eilfertige Beschreibung<br />

dessen, was bei der im Jahre 1706 geschehenen höchstglücklichen Vermählung Sr. Königl.<br />

Hoheit Fridrich Wilhelms, Cron-Prinzens von Preußen, mit der Durchlauchtigsten Printzessin<br />

Sophia Dorothea, aus dem Chur-Hause Braunschw.-Lüneb. sich sowol anfangs in Hannover als hernach<br />

auf der Durchlauchtigsten Braut Abreise, und endlich in Berlin selbst remarquables zugetragen,<br />

Berlin 1707. – Ferner: Theatrum Europäum, Bd. 17 (1706), Frankfurt a. M. 1718, S. 107. –<br />

Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 1, S. 64 f.; Bd. 2, S. 299–301. – Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I.<br />

König in Preußen. Eine Biographie, Hamburg 1941, S. 289–296.


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 99<br />

39 Die Maße der Platte betragen: 23,6 × 16,7 cm. – Auf dem Stich finden sich folgende Signaturen:<br />

»E. Nessenthaler sc.« unten links, sowie »A. Luppius invenit et Excudit.« unten Mitte.<br />

40 Die Maße der Platte betragen: 6,7 × 14,7 cm. – Auf dem Stich finden sich folgende Signaturen: »M.<br />

Bernigeroth sc:« unten links, sowie »A. Luppius edit et excudit.« unten Mitte. – Zu Martin Bernigeroth<br />

vgl. Wilhelm Weidler: Die Künstlerfamilie Bernigeroth und ihre Porträts. Eine familiengeschichtliche<br />

Studie, Altona 1914. – Saur Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller<br />

Zeiten und Völker, Bd. 9, München/Leipzig 1994, S. 605 f.<br />

41 Andreas Luppius: Nova Mirabilia & Relatio Curiosa oder Neue höchst verwunderungs würdige<br />

Relation von der Excellentissimè fundirten / nunmehro Kayserl. allergnädigst Privilegirten Chur=<br />

Brandenburgischen preißwürdigsten FRIDERICHS UNIVERSITät. Das ist Churfürstliche Brandenburgische<br />

sonderbahre und von Sr. Röm. Kayserl. Majest. gnädigst confirmirte PRIVILEGIA Der fast<br />

mehr als Königlich inaugurirten Chur=Brandenburgischen FRIDERICHS ACADEMIA, in der<br />

Welt=berühmten Stadt Halle in Sachsen / VIVAT, FLOREAT, & CRESCAT, Nebst einer Ehrenpforte<br />

/ Lobschrifft / Und Beschreibung des unvergleichlichen Churfürstl. Einzugs / Den 30. Junii und<br />

erfolgten Inauguratio den 1. Julii 1694. aus unterthänigsten Gehorsam ad perpetuam rei memoriam<br />

Carminicè auffgerichtet / zusammen getragen und einfältigst außgefertiget von ANDREA LUPPIO,<br />

Churfürstl. Brandenburgischen gnädigst Privileg. Buchh. Civ. Academ. und Exemto, Halle 1694. –<br />

Laut Aussage auf dem Vorblatt entstand die Schrift noch am Gründungstag: »Aus freudigem Hertzen<br />

eiligst und einfältigst außgefertiget in meinem Museo auff der Chur=Brandenb. höchstlöbl. FRI-<br />

DERICHS UNIVERSITät zu Halle / am Tage der herrl. Inauguration und Churfürstl. Brandenburgischen<br />

Geburts=Feste den 1. Julii 1694.« – Luppius muss sehr schnell gearbeitet haben, wenn man<br />

bedenkt, dass die Schrift auch die Ereignisse des 1. Juli 1694 beschreibt.<br />

42 Eine ausführliche Beschreibung der Ehrenpforte der Studenten in: Kurtzer Bericht Von der Solennen<br />

Inauguration, Der Von Sr. Chur=Fuerstl. Durchlauchtigkeit zu Brandenburg gestiffteten Friderichs=Universität<br />

/ Darinnen so wohl der prächtige Einzug Seiner Chur=Fürstlichen Durchlauchtigkeit<br />

/ als alle andere Ceremonien / so darbey vorgegangen sind / beschrieben werden, o.<br />

O. 1694, S. 7–15.<br />

43 Die Maße der Platte betragen: 15 × 9,6 cm. – Auf dem Stich findet sich unten Mitte folgende Signatur:<br />

»ANDREAS LUPPIUS edit et excudit.«<br />

44 Supplik des Kupferstechers Andreas Luppius an Friedrich I. vom 23. November 1706, in: GStAPK,<br />

I. HA Geh. Rat, Rep. 21 Brandenburgische Ämter, Städte und Kreise, Nr. 197 (1705–1724), Bl. 425<br />

r/v. – Die hier erstmals vollständig publizierte Supplik wurde bereits von Gundlach erwähnt und<br />

auszugsweise zitiert, in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 301.<br />

45 Die große Preußische und Lüneburgische Vermählungs-Freude 1707 (Anm. 38), zitiert in: Gundlach,<br />

1905 (Anm. 1), Bd. 1, S. 64.<br />

46 Supplik des Kupferstechers Andreas Luppius an Friedrich I. vom 4. Dezember 1706, in: GStAPK, I.<br />

HA Geh. Rat, Rep. 21 Brandenburgische Ämter, Städte und Kreise, Nr. 197 (1705–1724), Bl. 424 r/v. –<br />

Die hier erstmals vollständig publizierte Supplik wurde bereits von Gundlach erwähnt und auszugsweise<br />

zitiert, in: Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 2, S. 301.<br />

47 Zu den Charlottenburger Hoftürken vgl. Stefan Gehlen: »portée en chaise par ses Turcs«. Turquerie<br />

und »Kammertürken« am Hof Sophie Charlottes, in: Sophie Charlotte und ihr Schloß, <strong>1999</strong><br />

(Anm. 2), S. 106–112.<br />

48 Die große Preußische und Lüneburgische Vermählungs-Freude 1707 (Anm. 38), zitiert in: Gundlach,<br />

1905 (Anm. 1), Bd. 1, S. 64.


100 Guido Hinterkeuser<br />

49 Friedrich Nicolai: Nachricht von den Baumeistern, Bildhauern, Kupferstechern, Malern, Stukkaturen<br />

und andern Künstlern […], Berlin/Stettin 1786, S. 98. – Allgemeine Deutsche Biographie,<br />

Bd. 19, Leipzig 1884, S. 650 f. – Gundlach, 1905 (Anm. 1), Bd. 1, S. 40, Bd. 2, S. 258 f. – Suvi-Päivi<br />

Koski: Der Buchhändler Andreas Luppius und die von ihm verlegten Gesangbücher, in: Jahrbuch<br />

für Liturgik und Hymnologie, 35, 1994/1995, S. 216–232.<br />

50 Nicolai, 1786 (Anm. 49), S. 98.<br />

51 Brief des Markgrafen Albrecht Friedrich an Friedrich I., 19. Juni 1706 (Auszug), in: GStAPK, I. HA<br />

Rep. 96 Geheimes Zivilkabi<strong>net</strong>t, ältere Periode, Nr. 121 B, Bl. 29 f.<br />

52 Brief des Markgrafen Albrecht Friedrich an Friedrich I., 10. August 1706 (Auszug), in: GStAPK, I.<br />

HA Rep. 96 Geheimes Zivilkabi<strong>net</strong>t, ältere Periode, Nr. 121 B, Bl. 78 f.<br />

53 Bericht des russischen Gesandten Boris Ivanovič Kurakin, in: Archiv knjazja F. A. Kurakina, izdavaemyj<br />

im pod redakcieju M. I. Semevskago. Kniga pervaja (Archiv des Fürsten F. A. Kurakin, hrsg.<br />

unter der Redaktion v. M. I. Semevskij, erstes Buch), St. Petersburg 1890, S. 169 f.– Die hier zitierte<br />

deutsche Übersetzung stammt von Prof. Dr. Fred Otten (Humboldt-Universität zu Berlin), dem<br />

ich außerdem für seinen Hinweis auf diesen Bericht herzlich danke.<br />

54 Hinterkeuser, <strong>1999</strong> (Anm. 8), S. 121 f. – Sophie Charlotte und ihr Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 332,<br />

Kat. Nr. Raum 115/210.<br />

55 Ein in diesem Zeitraum entstandenes Inventar erwähnt »5. Gips vasen auf den Ofen«. Vgl. Inventarium<br />

Von Mobilibus, im Königl. Schloße Charlottenburg (1770/1780), in: GStAPK, I. HA Geh.<br />

Rat, Rep. 21 Brandenburgische Ämter, Städte und Kreise, Nr. 197 (1768–1804), S. 24.<br />

56 Specificatio des Schadens, welcher auf dem Königl. Schloße zu Charlottenburg, durch die am 9.ten<br />

Octobr 1760. Morgens um 9. Uhr geschehene feindl. invasion derer Österreichischen Esterhasichen<br />

Husaren, Ulanen und Cosacken verursachet worden, in: <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Schloss Charlottenburg,<br />

Königliches Hofmarschallamt in Berlin, No. 10, Schloss Charlottenburg, Vol. 1, betr. Schriftwechsel<br />

1760, 1798–1808, Bl. 1–16, hier: Bl. 9r.<br />

57 Ebenda, Bl. 10v.<br />

58 Zu Gérard Dagly und seinem Werk jetzt ausführlich Winfried Baer: Die Lackmanufaktur der Gebrüder<br />

Dagly in Berlin, in: Japanische und europäische Lackarbeiten. Rezeption, Adaption, Restaurierung,<br />

hrsg. v. Michael Kühlenthal, München <strong>2000</strong> (Arbeitshefte des bayerischen Landesamtes für<br />

Denkmalpflege, 96), S. 288–330.<br />

59 Das Datum 1735 gab Margarete Kühn ohne nähere Quellenangabe an (Kühn, 1970 [Anm. 1],<br />

Textbd., S. 35) und wurde in der Folgezeit in den Amtlichen Führern übernommen.<br />

60 So auch mündlich Dr. Tilo Eggeling, <strong>SPSG</strong>.<br />

61 ˇ Zurnal puteˇsestvija po Germanii, Gollandii i Italii v 1697–1699 gg., vedennyj sostojavˇsim pri Velikom<br />

posol’stvě russkom, k viaděteljam raznych stran Evropy [Journal der Reise durch Deutschland,<br />

Holland und Italien in den Jahren 1697–1699, geführt von einem Teilnehmer der russischen Großen<br />

Ambassade zu Herrschern verschiedener Länder Europas], in: Russkaja starina 25, 1879, S. 101–132,<br />

hier: S. 131; deutsche Übersetzung in: Fred Otten: Neue Quellen zur Datierung einer Wachsfigur<br />

Friedrichs I., in: Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, 42, 1988, 2, S. 77–81,<br />

hier: S. 78.<br />

62 Lorenz Beger: Thesaurus Brandenburgicus, Bd. 1, Cölln/Spree 1696, S. 226.<br />

63 Buffetschrank und Kachelofen sind überliefert in Zeichnungen des kurbrandenburgischen Hofbaumeisters<br />

Christian Eltester (SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t, 79 D 25, Nr. 47, 48). – Vgl. Fritz-Eugen<br />

Keller: Christian Eltesters Entwürfe für die Erweiterung der Paradekammern und die Kapelle des<br />

Berliner Stadtschlosses 1697/98, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 48, 1985, S. 541–561, hier:


Ehrenpforten, Gläserspind und Bernsteinzimmer 101<br />

S. 55 f., Nr. 47 f. – Die Zeichnung des Bufettschranks ist mehrfach publiziert, z. B. in: Christiane<br />

Keisch: Das große Silberbuffet aus dem Rittersaal des Berliner Schlosses, Berlin 1997, Taf. 4.<br />

64 Walter Stengel: Alte Wohnkultur in Berlin und in der Mark im Spiegel der Quellen des 16.–19. Jahrhunderts,<br />

Berlin 1958, S. 208 f., Abb. 21.<br />

65 Archiv knjazja F. A. Kurakina, 1890 (Anm. 53), S. 169 f. (in der deutschen Übersetzung von Fred<br />

Otten).<br />

66 Sophie Charlotte und ihr Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 326 f., Kat. Nr. IV. Raum 95.<br />

67 Inventar Schloß Charlottenburg, 1705 (Anm. 21), S. 3, zitiert in: Sophie Charlotte und ihr Schloß,<br />

<strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 348. – Zu den Porträts siehe ferner: Kühn, 1970 (Anm. 1), Tafelbd., Abb. 297,<br />

305. – Otten, 1988 (Anm. 61), S. 80, Anm. 14. – Sophie Charlotte und ihr Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2),<br />

S. 313 f., Kat. Nr. IV. Raum 110, Nr. 2 f.<br />

68 Inventar Schloß Charlottenburg, 1705 (Anm. 21), S. 52–79, zitiert in: Sophie Charlotte und ihr<br />

Schloß, <strong>1999</strong> (Anm. 2), S. 354–357.<br />

69 Anonimo Veneziano: Eine deutsche Reise Anno 1708, hrsg. v. Irene Schrattenecker, Innsbruck <strong>1999</strong>,<br />

S. 128–131.<br />

70 GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 36 Hofverwaltung, Nr. 2877, Bl. 52r/v. – Der Bericht erstmals<br />

erwähnt in: Alexander Holland: Zeichnungen aus dem Umfeld Johann Friedrich Eosanders, in:<br />

Aspekte der Kunst und Architektur in Berlin um 1700, hrsg. v. der <strong>SPSG</strong>, Potsdam 2002, S. 120–135,<br />

hier: S. 134, Anm. 34.<br />

71 Inventar Schloß Charlottenburg, 1705 (Anm. 21), S. 121, zitiert in: Sophie Charlotte und ihr Schloß,<br />

<strong>1999</strong> ( Anm. 2), S. 362. – Es bleibt unverständlich, dass Holland gerade dieses Dokument als Beleg<br />

für die Datierung der heutigen Treppe in das Jahr 1708 erachtet (Holland, 2002 [Anm. 70], S. 130 f.),<br />

denn aus dieser Quelle geht das Gegenteil hervor. Zwar kündigte Friedrich I. in einem an Kurfürstin<br />

Sophie von Hannover gerichteten Brief vom 14. Juli 1708 eine Veränderung der Treppe an: »[die]<br />

Treppe aber wirdt verleget wer[den] und wil sie nicht ganz wech thun, da dieselbe das schönste<br />

ornement vom gantzen hause ist« (zitiert in: Ernst Berner: Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I.<br />

von Preußen und seiner Familie, Berlin 1901 [Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des<br />

Hauses Hohenzollern, 1], S. 141 f.). Doch gibt es keinen Hinweis darauf, dass eine derartige Planung<br />

auch realisiert worden wäre. Außerdem hatte zum Zeitpunkt des Briefes Weißhuth seine<br />

Arbeit bereits erledigt. Sie ist also in jedem Fall noch der im Inventar von 1705 genannten Treppe<br />

zugute gekommen.<br />

72 Otto Pelka: Bernstein, Berlin 1920 (Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler, 18), S. 65–67.<br />

– Kühn, 1955 (Anm. 1), S. 48 f. und S. 135, Anm. 104.<br />

73 GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2.<br />

74 Margarete Kühn: Das Charlottenburger Schloß. Zur Eröffnung wiederhergestellter Räume im<br />

Nering-Eosander-Bau, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, N.F., 7, 1967,<br />

S. 85–90, hier: S. 89.<br />

75 GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 36 Hofverwaltung, Nr. 2804, unpaginiert. – Die Liste wird von Alexander<br />

Holland erwähnt, allerdings ohne Verweis auf das Bernsteinzimmer (Holland, 2002<br />

[Anm. 70], S. 134, Anm. 30).<br />

76 Specificatio des Schadens, 1760 (Anm. 56), Bl. 10r.<br />

77 Inventarium Von Mobilibus, [1770/1780] (Anm. 55), S. 29.<br />

78 Neue Überlegungen zum Einbau des Bernsteinzimmers in den brandenburgischen Schlössern finden<br />

sich in: Goerd Peschken: Bernsteinkabi<strong>net</strong>t und Rote Kammer, in: Aspekte der Kunst und Architektur,<br />

2002 (Anm. 70), S. 48–57. – Eine quellenreiche Darstellung der Geschichte des Bernstein-


102 Guido Hinterkeuser<br />

zimmers nach seiner Ankunft in Russland gibt: Sebastian Welter: Das Bernsteinzimmer des Katharinenpalastes<br />

(1701–1941): Diplomatiegeschenk – Audienzsaal am Zarenhofe – Legendenbildung,<br />

unveröffentlichte Magisterarbeit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 1994.<br />

79 GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2.<br />

80 Brief Gottfried Wolfframs an Friedrich I., 24 April 1711 (Auszug), in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9<br />

Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 8r/v.<br />

81 Taxliste vom 27. Januar 1707, in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, N 12<br />

Fasz. 2, Bl. 6.<br />

82 Die Stückliste vom 13. Januar 1717 ist abgedruckt in: Pelka, 1920 (Anm. 71), S. 48 f. – Peschken,<br />

2002 (Anm. 78), S. 49 f.<br />

83 Brief Gottfried Wolfframs an Friedrich I., 24. April 1711 (Auszug), in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9<br />

Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 9r.<br />

84 Memoriale Eosanders, undatiert [vermutlich Mai 1709], in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9 Allgemeine<br />

Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 4 f.<br />

85 Brief Gottfried Wolfframs an Friedrich I., 24. April 1711 (Auszug), in: GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9<br />

Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 10 r/v.<br />

86 Brief Gottfried Wolfframs an Friedrich I., 1. Oktober 1711 (Auszug), in: GStAPK, I. HA Geh. Rat,<br />

Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 23 r/v.<br />

87 Empfehlungsschreiben des dänischen Königs Friedrichs IV. für Gottfried Wolffram (Kopie), in:<br />

GStAPK, I. HA Geh. Rat, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, N 12 Fasz. 2, Bl. 12.<br />

88 Hinterkeuser, <strong>1999</strong> (Anm. 8), S. 118.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1–4, 9–11, 14: <strong>SPSG</strong>. – Abb. 5, 7: GStAPK. – Abb. 6: SBBPK. – Abb. 8: Landesamt<br />

für Denkmalpflege Sachsen, Dresden. – Abb. 12: Stengel, 1958 (Anm. 63), Abb. 21. – Abb. 13:<br />

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. – Abb. 15: SMBPK, Kunstbibliothek.


ASTRID FRITSCHE<br />

Neue Erkenntnisse zum<br />

Belvedere auf dem Pfingstberg<br />

Das Belvedere auf dem Pfingstberg wurde ab 1847 errichtet und mit einer<br />

Unterbrechung der Bauausführung (1852–1860) im Jahr 1863 in seiner heutigen Form zum<br />

Abschluss gebracht. 1 Maßgeblich für seine Gestaltung waren die Skizzen König Friedrich<br />

Wilhelms IV. von Preußen (1795–1861), in denen er seine eigenen Ideen als Vorgaben an<br />

Abb. 1 Belvedere auf dem Pfingstberg, Ansicht, Architekturbüro Selle, Berlin 1998


104 Astrid Fritsche<br />

seine Architekten übermittelte. Die Architekten Ludwig Persius (1803–1845), Ludwig Ferdinand<br />

Hesse (1795–1876) und Friedrich August Stüler (1800–1865) waren am Projekt tätig.<br />

Ihr persönlicher Anteil am Entwurf ist sehr unterschiedlich und nur in Ansätzen nachvollziehbar.<br />

Von Persius stammen die ersten Architektenzeichnungen für das Bauwerk. Wie<br />

auch bei den anderen Projekten in Potsdam, übernahm nach seinem Tod Hesse das Anfertigen<br />

von Entwürfen und die Bauleitung vor Ort, während Stüler einmal in der Woche nach<br />

Potsdam kam, um mit dem König die örtlichen Bauangelegenheiten zu besprechen. Stüler<br />

korrigierte und fertigte, wenn Friedrich Wilhelm IV. ihn aufforderte, Entwürfe als Alternativen<br />

an. Für das Belvedere auf dem Pfingstberg stammen dementsprechend die überwiegende<br />

Zahl der überlieferten Zeichnungen von Ludwig Ferdinand Hesse und nur vereinzelte<br />

von Friedrich August Stüler.<br />

Italien: Inspiration für die Architektur<br />

Italien konnte man sich im 19. Jahrhundert über zwei Wege erschließen:<br />

zum einen über Stichwerke, zum anderen über Reisen in das Land selbst. Das Stichwerk<br />

von Charles Percier und Pierre François Léonard Fontaine »Choix des plus célèbres maisons<br />

de plaisance de Rome et ses environs«, das ab 1809 erschien, stand sowohl dem König<br />

als auch seinen Architekten zur Verfügung. Aus den Skizzen Friedrich Wilhelms IV. lässt<br />

sich ablesen, dass er das Stichwerk sehr intensiv als Vorlage nutzte. In Grundrissen, Schnitten,<br />

Ansichten und Perspektiven eines Gebäudes sowie ausführlichen Angaben zum Garten<br />

vermittelt es dem Betrachter ein umfassendes Bild, der es bei Bedarf für seine eigenen<br />

Baupläne verwenden konnte. Seine Kenntnisse über Italien vertiefte Friedrich Wilhelm IV.<br />

1828 auf seiner lang ersehnten Reise, die ihn über Mailand, Pisa und Florenz nach Rom und<br />

Neapel führte. 2 Die südlichste Station war Sorrent. Das Kasino Caprarola 3 , das Friedrich<br />

Wilhelm nach intensiver Abwägung als Ausgangspunkt für die Bebauung des Pfingstberges<br />

auswählte, besuchte er auf seiner Italienreise nicht. Die Grundlage für seinen Entwurf blieb<br />

damit das Stichwerk von Percier und Fontaine. Zurückgreifen konnte er außerdem auf die<br />

persönliche Kenntnis von Hesse, der Caprarola besucht hatte. 4<br />

Für das Belvedere auf dem Pfingstberg wurden darüber hinaus vielfältige Anregungen<br />

aus Italien aufgegriffen. In dem Bauteil mit den beiden Türmen und der verbindenden Arkade<br />

sowie den seitlichen Kolonnaden ist das Vorbild für das oberste Turmgeschoss konkret<br />

fassbar. Die große Arkade mit dem umlaufenden Kämpferprofil greift auf das Belvedere im<br />

Garten der Villa d’ Este in Tivoli zurück. 5 Bereits die Skizzen Friedrich Wilhelms IV., die<br />

vor Hinzuziehung der Architekten entstanden sind, zeigen diese Turmgestaltung.


Neue Erkenntnisse zum Belvedere auf dem Pfingstberg 105<br />

Italien: Grundlage für die Gestaltung<br />

des Maurischen Kabi<strong>net</strong>ts<br />

In den beiden Türmen befindet sich je ein Teezimmer: das Römische und<br />

das Maurische Kabi<strong>net</strong>t (Farbabb. 16). 6 Während im Römischen Kabi<strong>net</strong>t allein der Duktus<br />

der Wandmalerei aus Pompeji, Herkulaneum und Stabiae 7 aufgegriffen wird, kann für das<br />

Maurische Kabi<strong>net</strong>t das Vorbild wieder konkret nachvollzogen werden. Seine Gestaltung<br />

geht auf die Stanza di Ruggero im Palazzo dei Normanni in Palermo zurück. Die Baugeschichte<br />

des Palazzo reicht bis in das 5. Jahrhundert v. Chr. 8 Die Eroberung Siziliens durch<br />

die Normannen (1072) führte zu tiefgreifenden Umbauten des Palastes durch Roger II.<br />

(gekrönter König von Sizilien 1130). In diesem Zusammenhang entstand auch die Stanza di<br />

Ruggero, die ein hohes marmornes Paneel besitzt, das durch bunte Mosaikbänder gerahmt<br />

und in Felder geteilt wird. Die Oberwand, die Schildbögen und die Decke sind vollflächig<br />

mit Mosaiken versehen. Die Mosaiken der Wandflächen entstanden zwischen 1160 bis 1170,<br />

während das Mosaik des Gewölbes aus der Zeit Friedrichs II. stammt und unter anderem<br />

den Adler der Staufer zeigt. 9<br />

Die Stanza di Ruggero war berühmt und wurde oft von reisenden Künstlern besucht.<br />

Friedrich Wilhelm IV. erhielt beispielsweise von Carl Ludwig Rundt (1802–1868) für seine<br />

Aquarellsammlung eine Innenraumdarstellung aus dem Jahr 1842 (Farbabb. 17). 10 Friedrich<br />

Wilhelm hatte Sizilien nicht besucht, Stüler gelangte auf seiner Reise 1829 bis Sizilien 11 , von<br />

Hesse ist hingegen belegt, dass er den Palazzo dei Normanni und die Stanza di Ruggero aus<br />

eigener Anschauung kannte. Er hatte Palermo besucht und eine Skizze der Stanza di Ruggero<br />

angefertigt, die signiert und mit 10. 1. 35 datiert ist (Farbabb. 18). 12 Der Entwurf für<br />

das Maurische Kabi<strong>net</strong>t im Belvedere auf dem Pfingstberg stammt ebenfalls von Hesse, so<br />

dass er als Entwerfer gelten muss, möglicherweise sogar als Ideengeber. Das Maurische<br />

Kabi<strong>net</strong>t gestaltete er mit einem hohen weiß gefliesten Paneel, das er mit bunten, teilweise<br />

vergoldeten Fliesen in Felder unterteilte. Diese Bänder aus bunten Fliesen zeigen ein<br />

Sternmotiv, das in Palermo oft Verwendung fand und unter anderem im Palazzo dei Normanni<br />

und in der Zisa 13 zu finden ist. Die Schildwände gestaltete Hesse abweichend vom<br />

sizilianischen Vorbild, indem er das Sternmotiv der Paneelzone als schablonierte Bänderung<br />

fortsetzt. Die Binnenflächen füllte er mit einem flächigen Schablonenmotiv. Im Deckenbereich<br />

greift Hesse in seinem Entwurf für das Maurische Kabi<strong>net</strong>t wieder auf die Stanza di<br />

Ruggero zurück und ord<strong>net</strong> verschlungenen Bänder, die medaillonartige Felder bilden, an.<br />

In der Ausführung hat es einige Abweichungen vom Entwurf gegeben, die aber die<br />

grundsätzliche Entwurfsabsicht nicht in Frage stellen. Aufgrund des hohen Zerstörungsgrades<br />

des Deckenputzes kann die ausgeführte Gestaltung im Einzelnen vor Ort nicht mehr<br />

nachvollzogen werden. Anhand von Fragmenten ist allerdings festzustellen, dass es sich um<br />

Schablonenmalerei handelt, wo einzelne Bänder medaillonartige Flächen umschreiben und<br />

die zwischen ihnen liegenden Flächen wie in der Stanza di Ruggero mit einem floralen<br />

Motiv gefüllt werden.


106 Astrid Fritsche<br />

Das Wissen über den Ausgangspunkt des Entwurfs für das Maurische Kabi<strong>net</strong>t muss<br />

bereits mit seiner Ausführung in Vergessenheit geraten sein, denn Haeberlin schreibt: »Das<br />

zweite Kabi<strong>net</strong>t […] ist, […], im Maurischen Geschmack decorirt, […] in dem Styl, wie die<br />

innere Ausschmückung des altberühmten Maurischen Schlosses Alhambra in Spanien<br />

mosaikartig ausgelegt. Im gleichen Styl ist die Decke mit Wappen en mosaik geschmückt.« 14<br />

Italien: Südliche Architektur als<br />

bautechnische Herausforderung<br />

im Norden<br />

1847 wurde mit dem Bau an der Nordseite mit den beiden Türmen begonnen<br />

und bis 1852 sehr zügig fortgesetzt. Mit der Übergabe der Regierung Friedrich Wilhelms<br />

IV. an seinen Bruder Wilhelm war die Reduzierung des Bauumfangs beschlossen. Man<br />

brachte den bis zu diesem Zeitpunkt errichteten Baukörper mit der ursprünglich nicht vorgesehenen<br />

Eingangshalle zum Abschluss, so dass das Belvedere auf dem Pfingstberg 1863<br />

in seinem heutigen Umfang fertiggestellt war. Aber bereits für dasselbe Jahr findet man<br />

Angaben zu Ausbesserungsarbeiten des Asphalts. Bautechnisch gab es erhebliche Probleme,<br />

eine Dichtigkeit der begehbaren Asphaltflächen herzustellen, so dass ständige Instandsetzungsarbeiten<br />

erforderlich waren. Feuchteprobleme gab es stets auch im Römischen<br />

Kabi<strong>net</strong>t, die so ausgeprägt waren, dass man sich 1885 entschloss, unter Leitung von Reinhold<br />

Persius, dem Sohn Ludwig Persius’, die Malerei an der Westseite des Kabi<strong>net</strong>ts aufzugeben<br />

und eine hinterlüftete Wandkonstruktion einzubauen. 15 Die Malerei wurde dann<br />

nicht mehr in Leimtechnik, sondern in Öl wiederholt. Im Rahmen dieser Maßnahme wurde<br />

die äußere, stark geschädigte Ziegelschicht entfernt und großflächig neu aufgemauert. Ausbesserungsarbeiten<br />

am gesamten Gebäude wurden seit seiner Fertigstellung kontinuierlich<br />

durchgeführt.<br />

Verfall und Wiederherstellung<br />

Kriegsbedingte Schäden gab es 1945 kaum, obwohl Kampfhandlungen auf<br />

dem Pfingstberg stattgefunden haben. Kleinere Einschüsse sind im Ziegel- und Natursteinmauerwerk<br />

zu verzeichnen, sowie ein Granattreffer am Westturm. Über Jahrzehnte war<br />

das Belvedere auf Grund seiner Lage zwischen dem sog. »Russischen Städtchen« im Süden<br />

und den sowjetischen Kasernen im Norden sowie aufgrund der Möglichkeit, von dort die<br />

Grenzanlage überblicken zu können, nicht öffentlich zugänglich. Dies führte zu einem kontinuierlichen<br />

Verfall des Gebäudes, der noch durch Vandalismusschäden beschleunigt<br />

wurde.<br />

Das Anliegen der Stiftung, diese für die Potsdamer Kulturlandschaft wichtige Anlage in<br />

Stand zu setzen und wieder zugänglich zu machen, konnte durch das Zusammenwirken


vieler Kräfte realisiert werden: Der Förderverein Pfingstberg e.V. hat sich bereits vor der<br />

Wende mit unermüdlichen Enthusiasmus diesem Ort gewidmet. Die Instandsetzungs- und<br />

Restaurierungsmaßnahmen konnten dann durch die großzügigen Spenden von Dr. Werner<br />

Otto für den Westturm und von der Herrmann Reemtsma-Stiftung für die Westkolonnade,<br />

die Freitreppen und die Eingangshalle sowie durch unzählige Einzelspenden ermöglicht<br />

werden. Die Instandsetzung der anderen Bauteile kann durch eine weitere Spendenzusage<br />

Dr. Ottos fortgesetzt werden. Voraussichtlich Ende 2003 wird das gesamte Gebäude wieder<br />

zugänglich sein.<br />

Im April 2001 war der erste Abschnitt der Wiederherstellung abgeschlossen, so dass für<br />

Besucher die Freitreppe, die Westkolonnade und der Westturm wieder begehbar sind. Bei<br />

der Instandsetzung des Wasserbeckens zeigte sich, dass es erst mit Abschluss der Anlage<br />

1860/63 eingefügt wurde, obwohl es bereits in den Skizzen Friedrich Wilhelms IV. und den<br />

Architektenzeichnungen vorhanden war. Die Beckenwände sind mit einem Zementmörtel<br />

gemauert. Dabei handelt es sich um ein frühes Beispiel für die Verwendung von Portlandzement.<br />

Der Mauermörtel enthält einen sehr hohen Zementanteil, so dass es in der Beckenwandung<br />

stets zu großen Spannungen kam. Eine Durchwurzelung von Fugen führte zu weiteren<br />

Schäden.<br />

In der Torhalle waren vier Spiegelgewölbe vollständig bzw. weitgehend eingestürzt und<br />

mussten neu aufgemauert werden. Nach der Ausbesserung des Putzes folgte entsprechend<br />

des Befundes ein Kalk-Kasein-Anstrich.<br />

Zur Instandsetzung der Freitreppe wurden die alten Sandsteinstufen wieder versetzt<br />

und durch neue ergänzt. In der Kolonnade war das Dach weitgehend zerstört, einzelne Kassettenfelder,<br />

die gehalten werden konnten, wurden wieder eingebaut und die dort befindliche<br />

Schablonenmalerei gesichert (Farbabb. 19). Die Schablonenmalerei auf den ergänzten<br />

Felder ist rekonstruiert. Das undichte Dach ermöglichte einen hohen Wassereintrag in die<br />

Zinkgusskapitelle der Kolonnade, so dass hier Zinksalze gelöst wurden, die an den Sandsteinsäulen<br />

zu erheblichen Schäden an den Kanneluren führten.<br />

Der Turm erhielt entsprechend des Befundes eine Kalkschlämme auf dem Ziegelmauerwerk,<br />

wobei die einzelne Fuge mit einer feinen Ritzung wieder hervorgehoben wurde.<br />

Durch die für das 19. Jahrhundert typische Schlämme wird erreicht, dass zwar die Struktur<br />

des Mauerwerks sichtbar bleibt, der Gesamteindruck jedoch stark vereinheitlicht wird<br />

(Farbabb. 20 und 21).<br />

Anmerkungen<br />

Neue Erkenntnisse zum Belvedere auf dem Pfingstberg 107<br />

1 Astrid Fritsche: Der Pfingstberg in Potsdam, Potsdam 1995 (Amtlicher Führer <strong>SPSG</strong>).<br />

2 Friedrich August Stüler und Potsdam – Der »Architekt des Königs« Friedrich Wilhelm IV., bearb.<br />

v. Astrid Fritsche, Ausstellung, Potsdam-Sanssouci, <strong>SPSG</strong>, <strong>2000</strong>, Potsdam <strong>2000</strong>.<br />

3 Im Garten des Palazzo Farnese in Caprarola (80 km nördlich von Rom) gelegenes Kasino für Kardinal<br />

Alexander Farnese, von Giacomo da Vignola erbaut und 1587 fertiggestellt.


108 Astrid Fritsche<br />

4 Hesse 1834 in Caprarola, in: Ludwig Ferdinand Hesse – Lebenslauf, zusammengestellt von Rudolf<br />

Samuel Hesse (Sohn von Ludwig Ferdinands), 27. April 1869, Privatbesitz.<br />

5 Villa d’Este, für Ippolito d’Este von Pirro Ligorio in Tivoli erbaut (1550–1566).<br />

6 Ludwig Ferdinand Hesse: Römisches Kabi<strong>net</strong>t, bez. »Belvedere Pfingstberg«, »Decoration des römischen<br />

Zimmers«, »Hesse 1851«, in: <strong>SPSG</strong>, Plansammlung Nr. 5786 und Ludwig Ferdinand Hesse:<br />

Maurisches Kabi<strong>net</strong>t, bez. »Belvedere Pfingstberg«, »Decoration des maurischen Zimmers«, »Hesse<br />

1852«, in: <strong>SPSG</strong>, Plansammlung Nr. 5789.<br />

7 Berlin und die Antike. Architektur, Kunstgewerbe, Malerei, Skulptur, Theater und Wissenschaft<br />

vom 16. Jahrhundert bis heute, hrsg. v. Willmuth Arenhövel, Ausstellung, Berlin, Deutsches Archäologisches<br />

Institut und Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, 1979, Berlin 1979. – Roger Ling:<br />

Roman Painting, Cambridge 1991. – Paola Miniero Forte: Stabiae. Pitture e stucchi delle ville romane,<br />

Neapel 1989.<br />

8 Angheli Zalapì: Paläste auf Sizilien, Köln <strong>2000</strong>, S. 28–45.<br />

9 Friedrich II., Enkel von Friedrich I. Barbarossa, 1198 – 1250 König von Sizilien, 1212 deutscher<br />

König, 1220 römischer Kaiser.<br />

10 Carl Ludwig Rundt: Jagdzimmer im Palast des Roger (Stanza di Ruggero), 1842, <strong>SPSG</strong> Aquarellsammlung<br />

Nr. 2692.<br />

11 Reiseskizzen des Architekten Friedrich August Stüler: 1800–1865, bearb. v. Bernd Evers, Ausstellung,<br />

Berlin, Kunstbibliothek, 1995, Berlin 1995.<br />

12 Ludwig Ferdinand Hesse: Stanza di Ruggero, bez. »Arbeitszimmer des Königs von Sizilien im Palast<br />

in Palermo«, »Hesse« und »10/1 35«, 28 x 22 cm, Privatbesitz.<br />

13 Zalapì, <strong>2000</strong> (Anm. 8), S. 46–55.<br />

14 Carl Ludwig Häberlin, gen. Belani: Sanssouci, Potsdam und Umgegend, Berlin/Potsdam 1855,<br />

S. 226–227.<br />

15 BLHA, Pr. Br. Rep. 27A, Pdm I Nr. 136, S. 227 und 230.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1: Architekturbüro Selle. – Farbabb. 16–17: <strong>SPSG</strong>. – Farbabb. 18: Privatbesitz.<br />

– Farbabb. 19–21: Astrid Fritsche, <strong>SPSG</strong>.


KARL EISBEIN<br />

Fontänen, Brunnen<br />

und Gewässer im<br />

Schlosspark Babelsberg<br />

Nach dem Fall der letzten Grenzzäune vor dem Babelsberger Schloss und<br />

der nahezu beendeten Instandsetzung der landschaftlichen Situation wird wieder sichtbar,<br />

wie unvergleichlich und einzigartig der Schlosspark Babelsberg ist. Der folgende Beitrag<br />

beschreibt die verschiedenen Teile des Wasser<strong>net</strong>zwerkes im Park Babelberg und erläutert<br />

die denkmalpflegerischen Maßnahmen zu seiner Wiederherstellung bis zum Jahr <strong>2000</strong>.<br />

Dem Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné verdankt der Babelsberger Park seine Existenz.<br />

Er nutzte am 3. August 1826 eine Feier in Glienicke zu Ehren des abwesenden<br />

Königs, um den Prinzen Wilhelm für den gegenüberliegenden Hügel als idealen Platz zur<br />

Errichtung eines Sommersitzes zu begeistern. In den Planungen Lennés für die Verschönerung<br />

der Insel Potsdam war der östlich der Stadt, jenseits des Tiefen Sees gelegene Hügel<br />

das noch fehlende Bindeglied zwischen dem Brauhausberg – Telegraphenberg, dem Schlosspark<br />

von Glienicke und der Pfaueninsel. Im Prinzen Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm<br />

I., hatte er den potenten Interessenten für die Verwandlung des schütter bewachsenen<br />

märkischen Sandhügels mit Blick auf eine aufblühende Stadt am Strom in einen<br />

paradiesischen Landschaftsgarten gefunden. Ab 1833 konnte der Traum verwirklicht werden.<br />

Auf der Suche nach dem besten Platz für das Schloss einigten sich der Architekt Friedrich<br />

Schinkel, Lenné und Prinz Wilhelm als Bauherr bald auf einen Ort mit einem Rundblick<br />

von 180 Grad auf die Wasserflächen der umgebenden Seen.<br />

In den Wirren der napoleonischen Besetzung abgeholzt, bot der Babelsberg eine ungehinderte<br />

Aussicht auf Potsdam inmitten der märkischen Seen- und Hügellandschaft. Über<br />

den Tiefen See, die Neue Fahrt, die Vorderkappe und den Templiner See kann man von hier<br />

bis zum Schwielowsee schauen. Nördlich und östlich begrenzen Jungfernsee und Bäkegraben<br />

bzw. Griebnitzsee den Hügel. Im Südwesten mündet die Nuthe, einst im Blickfeld<br />

des Parks, gegenüber der Heiligen Geist Kirche in die Havel.<br />

Größer als hier konnte vor 170 Jahren der Gegensatz kaum sein, einerseits die Seen,<br />

Flüsse und Feuchtwiesen und andererseits die mit Trockenrasen, Eichenstockausschlägen,<br />

Kiefern, Birken und Espen bestandenen Sandhügel. Die Neupflanzungen für den ab 1833<br />

entstehenden Schlosspark brauchten Wasser, das mit großen Mühen und Kosten in Was-


110 Karl Eisbein<br />

serwagen auf den Berg gefahren werden musste. Als im Dürrejahr 1834 das Geld für die<br />

Bewässerung nicht ausreichte, vertrock<strong>net</strong>e ein großer Teil der Neupflanzung. Erste Planungen<br />

für ein Wasserversorgungs<strong>net</strong>z von 1839 sind in der Literatur erwähnt, konnten<br />

aber aus Geldmangel nicht verwirklicht werden. 1<br />

Fürst Pückler wurde 1842 um seine Meinung zu Lennés Arbeiten in Babelsberg gebeten.<br />

In seinem Gutachten forderte er den Bau einer Bewässerungsanlage als Voraussetzung für<br />

eine optimale Parkpflege. Nach der Thronbesteigung des kinderlosen Friedrich Wilhelm IV.<br />

wurde Wilhelm zum Prinzen von Preußen ernannt und avancierte zum zweiten Mann im<br />

Staate. Damit verfügte er nun über die Mittel, es seinen Brüdern in Sanssouci und Glienicke<br />

gleich zu tun und seinen Sommersitz mit Fontainen, künstlichen Gewässern und<br />

einem Bewässerungs<strong>net</strong>z auszustatten. Bereits 1843 lag ein erster Leitungsstrang vom<br />

Hochbehälter bis zur Schlosshöhe.<br />

Die in der Plansammlung der <strong>SPSG</strong> aufbewahrten Pläne Nr. 7004 und 7005 zeigen zwei<br />

Standortvorschläge des Architekten Ludwig Persius für das Maschinenhaus. 2 Verworfen<br />

wurde der Standort nördlich vom Schloss am Wasserfall (wegen der Initialen auf dem<br />

Brückengeländer neuerdings »Wilhelm-Wasserfall« genannt, der historische Name ist unbekannt).<br />

In Anlehnung an die Anordnung von Schinkels Ensemble von Schloss Charlottenhof<br />

und Maschinenhaus am Maschinenteich sowie an die von umgebautem Kasino und<br />

Wasserturm am Maschinenhaus in Glienicke wählte Wilhelm, wie seine Brüder Friedrich<br />

Wilhelm IV. und Prinz Carl, einen Standort für das Maschinenhaus in der Ost-West-Achse<br />

des Schlosses. 3<br />

Die Schwierigkeiten, zu denen es cirka zehn Jahre zuvor bei der Festlegung der Lage<br />

des Schlosses zwischen Wilhelm auf der einen Seite und Lenné und Schinkel auf der anderen<br />

kam, beschreibt J. Sievers. 4 Die Orientierung des Schlosses mit der Enfilade und der<br />

von der Prinzessin Augusta, der späteren Königin und Kaiserin, entworfenen Pergola auf<br />

den 1832 errichteten Telegraphenturm auf dem Schäferberg am Wannsee war offensichtlich<br />

unstrittig. Das Schloss war bewusst auf ein Symbol des beginnenden Industriezeitalters<br />

ausgerichtet. Mit der Entscheidung, das Maschinenhaus in dieser Achse zu platzieren,<br />

wurde diese Haltung noch einmal unterstrichen. Auf der Gartenseite des Triumphtores am<br />

Winzerberg finden wir hierzu eine geistige Parallele. 5<br />

Nach den Nivellementplänen in der Plansammlung Nr. 6988 und insbesondere Nr. 6989<br />

sind die Standorte des Bassins auf der Schlosshöhe, der Schlossfontäne und der Hauptfontäne<br />

in der Havel in der Planung von Anfang an festgelegt, eine Fontäne in der Verlängerung<br />

der Enfiladeachse analog zu Glienicke findet sich noch nicht an der endgültigen<br />

Stelle.<br />

Das Bassin auf der Schlosshöhe ist als Hochbehälter für die Schlossfontäne gedacht. Die<br />

Formen der Terrassen erhalten erst in den Plänen Nr. 7005 und Nr. 7004 ihre Gestalt. Der<br />

Plan Nr. 7004 verdient eine besondere Beachtung. Es ist davon auszugehen, dass er zum<br />

einen die Vorzeichnung von Nr. 7005 ist, zum anderen aber weist die Darstellung des Tanzsaaloktogons<br />

von Gebhard und die Skizzierung der Terrassen einschließlich der Voltaire-<br />

Terrassen auf eine längere Verwendung als Planungsunterlage hin.


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 111<br />

Abb. 1 Carl Graeb: Blick auf das Wasserwerk und Glienicke um 1844, Aquarell, nach 1919 dem<br />

Hause Hohenzollern übergeben, Foto: Messbildarchiv Berlin-Brandenburg, 90 N 31/19089<br />

Das Maschinenhaus projektierte Persius im Stile eines normannischen Kastells. Kommissionsrat<br />

Brix berech<strong>net</strong>e das Rohrleitungssystem, die Berliner Firma Egell baute die<br />

Dampfmaschine mit einer Leistung von 40 PS und Rudolf Wilhelm Gottgetreu leitete die<br />

gesamte Ausführung der Hoch- und Tiefbauarbeiten. Das Besondere an diesem Maschinenhaus<br />

war die Integration der Dampfmaschine in den Wohnbereich der Kavalierswohnung.<br />

Im Flur des Obergeschosses öff<strong>net</strong> sich eine Arkade in den Maschinenraum, der durch alle<br />

Geschosse geht und mit einem Oberlicht das Dach durchstößt. Unter diesem Oberlicht<br />

drehte sich einst der Fliehkraftregler der Dampfmaschine, so dass in der Dämmerung bzw.<br />

Dunkelheit aus dem beleuchteten Maschinenraum rhythmische Lichteffekte traten, die zu<br />

dieser Zeit noch ungewöhnlich waren. Wohnhaus, Kesselhaus und Schornstein wurden als<br />

separate Baukörper aneinander gefügt. Ein Umgang auf der Wasserseite und die um den<br />

Schornstein geführte Pergola schaffen eine eindrucksvolle Aussichtsarchitektur, die im Kontext<br />

zur Großen Neugierde in Glienicke steht. 6<br />

Die Druckleitung vom Maschinenhaus führte zum Hochbehälter auf der Schlosshöhe<br />

und von dort zum großen Hochbehälter neben der Friedrich-Wilhelm-Höhe. Beide Becken<br />

konnten unabhängig von einander gefüllt werden. Die Versorgung der Fontänen am Schloss<br />

durch das cirka zwölf Meter höher gelegene Bassin auf der Schlosshöhe vereinfachte vermutlich<br />

das schwierige Problem, Hauptfontäne und Fontänen am Schloss gleichzeitig ohne<br />

Druckminderung zu betreiben und ermöglichte das Füllen des großen Hochbehälters beim<br />

Betrieb der Fontänen am Schloss.


112 Karl Eisbein<br />

Am 25. Mai 1845 wurde feierlich die Inbetriebnahme der Fontänenanlagen begangen.<br />

Mit der Erweiterung des Parks 1865 in der Ebene gen Nowawes, ausgeführt von Otto Ferdinand<br />

Kindermann, wurde auch das Maschinenhaus erweitert. Zur zweiten Dampfmaschine<br />

kam eine Druckleitung und ein weiterer Hochbehälter hinzu.<br />

Im Leitungs<strong>net</strong>zplan des Hochbauamtes II vom 31. Dezember 1931 wird sie 1. Druckleitung<br />

genannt und trägt den Buchstaben A. Aus dem Jahr 1879 sind uns exakte Angaben<br />

über Pumpleistung und Verbrauch überliefert. 7<br />

Mit dem Abtrag der Schlosshöhe im Zuge der geplanten Schlosserweiterung wurde um<br />

1905 die alte Druckleitung zwischen Schlosszufahrtsweg oberhalb des Maschinenhauses<br />

bis in die Nähe des Schwarzen Meeres abgebaggert. Oberhalb der ehemaligen Schlosshöhe<br />

wurde 1908 ein Windkessel an das Reststück der Leitung von 1843 geflanscht und eine neue<br />

Verbindung zwischen dem im Steilhang oberhalb des Maschinenhauses verbliebenen Rest<br />

der alten Druckleitung über den verbliebenen Höhenrücken hergestellt. Eine völlig neue<br />

Leitung wurde vom Windkessel abwärts westlich um das Schloss herum zur alten Hauptfontänenleitung<br />

ab Schlossvorplatz geführt. Es ist davon auszugehen, dass der Küchengang<br />

bei dieser Aktion unterquert wurde.<br />

Die Wasserspiele<br />

im Blickfeld des Schlosses<br />

Hauptfontäne: Die Hauptfontäne, auch Geysir genannt, ist mit annähernd<br />

41 Meter die höchste Fontäne in Potsdam. Paul Graeb, der Neffe von Carl Graeb, stellte in<br />

seinen Skizzen den Geysir als einen starken Rohrstutzen mit Mundloch, eingespannt in der<br />

Mitte von vier Eckpfosten, dar. Georg Poensgen berichtet von einem Hügel aus Feldsteinen,<br />

aus dem der Geysir empor stieg. 8 Alle bildlichen Darstellungen zeigen jedoch Varianten<br />

der Graeb’schen Zeichnung mit einem massivem, mit Eckbetonungen versehenen<br />

Block. Laut mehrfachen Berichten – durch das Pumpenbuch indirekt bestätigt – ist sie 1958<br />

letztmalig vor Publikum gelaufen, als sie Studenten der damals im Schloss einquartierten<br />

Filmhochschule aufdrehten.<br />

Während einer Druckprobe des Leitungs<strong>net</strong>zes stieg sie am 27. Februar 1998 erstmals<br />

nach 40 Jahren acht Meter hoch. Nach Reparatur eines Frostrisses in der Leitung sprang<br />

der Geysir zur Eröffnung des Uferweges am 18. Juni 1998 mit der halben Füllung der Leitung<br />

25 m hoch. Die Vorahnung der Wirkung der künftig wieder in voller Höhe springenden<br />

Hauptfontäne war beeindruckend (Farbabb. 22).<br />

Fontäne auf der Porzellanterrasse: Die Fontäne ist mit einer Porzellanterrasse<br />

umgeben worden, deren Lage und Größe schon am Beginn der Planungen zu den<br />

Wasseranlagen festgelegt wurde. Die Sitze und Plastiken aus Porzellan gaben der Terrasse<br />

den Namen. Auch die Rohrleitungen wurden bereits vor der Schlosserweiterung verlegt.<br />

Im Plan Nr. 6988 wurde sie »Fontaine vor dem Salon« genannt.


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 113<br />

Abb. 2 Xaver Sandmann: Schloss Babelsberg, um 1850, SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t, Top. 1225/3<br />

Abb. 3 Städtebrunnen auf der Porzellanterrasse, an der Stützmauer der Gold-Terrasse Wandbrunnen<br />

mit Löwenköpfen als Wasserspeier, um 1927, <strong>SPSG</strong>, Fotosammlung


114 Karl Eisbein<br />

In der Schlossansicht von Carl Graeb um 1850 ist die Fontäne mit dem Schlosserweiterungsbau<br />

in einer falschen, d. h. zu großen Darstellung der Porzellanterrasse zu sehen. 9 Aus<br />

den ersten Fontänenplanungen kann entnommen werden, dass die Schlossfontäne im<br />

Schnittpunkt der parallel verschobenen Enfiladeachse der Augustawohnung mit der Zimmerachse<br />

der Räume im Erker des Erweiterungsbaus geplant wurde. 10 Darstellungen vor<br />

1865 zeigen eine riesige Glockenfontäne. 11 Der »Städtebrunnen«, der von der Kölner Dombauhütte<br />

1863 angefertigt wurde, war ein Geschenk an Wilhelm für sein Engagement<br />

zugunsten der Vollendung des Kölner Domes. Die vollplastische Figur des legendären Kölner<br />

Dombaumeister Gerhard fehlt auf den Abbildungen der Zeit nach 1945. Statt dessen<br />

befindet sich heute auf der Spitze des Brunnens eine Kugel.<br />

Fontäne auf der Blauen Terrasse: Das Vorbild für die Fontäne auf der<br />

Blauen Terrasse finden wir in Glienicke. Im T-förmigen Ende der nördlichen Pergola füllt<br />

das Becken die gesamte Breite der Pergola aus. Der Pointe de vue jenseits einer Geländesenke<br />

ist der Wasserturm am Glienicker Maschinenhaus.<br />

Die ältesten Planungen der Fontäne vor der Babelsberger Pergola zeigen sie ebenfalls<br />

unmittelbar vor dem östlichen Joch des Gewölbeganges. 12 In den folgenden Planungen rückt<br />

sie immer weiter nach Osten, bis sie im Plan Nr. 7006 an endgültiger Stelle, zusammen mit<br />

der Größe und Ausformung der Blauen Terrasse dargestellt wird. In den Totalansichten der<br />

Vorder- und Rückseite des Schlosses von Strack 13 , in einer Zeichnung von Graeb und auf<br />

einem Foto vor 1900 ist die Fontäne abgebildet (Farbabb. 23). Der Abfluss speist die Quelle.<br />

Quelle, Bachlauf, Staubecken und Wilhelmwasserfall: Zu den frühesten<br />

Planungen gehört die Quelle mit Bachlauf zu einem kleinen Stausee und ein Wasserfall zur<br />

Havel. Die beiden Pläne Nr. 7004 und Nr. 7005, die in die Zeit von 1842 bis 1844 zu datieren<br />

sind, behandeln dieses Thema. Die Quelle nutzt das abfließende Wasser aus der Fontäne<br />

auf der Blauen Terrasse. Ihr Standort ist einer der ausgefallensten in den Achsensystemen<br />

des Parks: Quelle, Staubecken und Hauptfontäne bilden eine »Wasserachse«.<br />

Diese Achse liegt in der Sichtlinie Hauptfahrweg – Pfingstberg, die Lenné in seinem Babelsberg-Plan<br />

erwähnte. 14 Im Schnittpunkt dieser Achse mit der Schlossachse, die durch die<br />

Enfilade und die Pergola definiert wird und ehemals den Telegraphenturm auf dem Schäferberg<br />

im Visier hatte, entspringt die Quelle, nicht nur eine Zier des Gartens, sondern auch<br />

Metapher für Prosperität. Mit dem Bau des Schornsteins für das Maschinenhaus in diese<br />

Achse wird die Bejahung des anbrechenden Industriezeitalters durch das Prinzenpaar<br />

bekräftigt. Die landschaftsräumlichen Dimensionen dieser Inszenierungen haben Ausdehnungen<br />

von mindestens drei Kilometer Entfernung. Heinz Schönemann beschreibt dies mit<br />

den Worten: »Um hervorgehobene Punkte ordnen sich die Fernsichten wie Fächer; im wirbelnden<br />

Wechsel kostbarer Nähe und unendlicher Ferne schwindet die Realität von Raum<br />

und Zeit.« 15<br />

Fassung und Boden der Quelle ist aus Raseneisenerz-Schlacken gebaut, wie man sie<br />

öfter in märkischen Wäldern als Zeugnis frühindustrieller Tätigkeit findet. Der Springstrahl


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 115<br />

Abb. 4 Schloss Babelsberg, Blick durch die Pergola, mit<br />

Blumenständer und Fontäne, Ende 19. Jahrhundert, <strong>SPSG</strong>,<br />

Fotosammlung<br />

und ein Ablaufstutzen sind noch heute erhalten. Den Höhenunterschied zwischen Beckenboden<br />

und Bachlauf überwand ein Wasserfall, der von Bäumen flankiert war. Der Bachlauf<br />

schlängelte sich in Sicht- und Hörweite durch Eichenbüsche hindurch, bildete eine Insel,<br />

auf der vermutlich ein Baum stand, und sprang über einige Findlinge ins Staubecken oberhalb<br />

des Wilhelm-Wasserfalls. Zusammen mit dem abfließenden Wasser der Schlossfontäne<br />

füllte er das Becken bis zum Überlaufen über eine vor dem Absperrschieber gelegenen<br />

Staumauer. Im Plan Nr. 7004 ist der Abfluss der Schlossfontäne noch nicht festgelegt. Quelle<br />

und Bachlauf sind schon angedeutet, doch das Staubecken ist noch nicht geplant. Diese<br />

unfertige Planung der Wasseranlagen und das Fehlen der Gehölzdarstellung hat bei der<br />

Inventarisierung der Pläne dazu geführt, ihn als älter als den »Vorzeigeplan« Nr. 7005 einzuschätzen,<br />

der sorgfältig gezeich<strong>net</strong> und mit summarisch angegebenen Gehölzgruppen<br />

vermutlich zur Vorlage beim Auftraggeber diente. Die Darstellung zeigt jedoch die ältere,<br />

auf Schinkel und Persius zurückgehende Planung ohne Tanzsaal. Im Plan Nr. 7005 ist das<br />

Staubecken mit einem exederaförmigen Einlaufbauwerk und einer regelmäßigen Gewäs-


116 Karl Eisbein<br />

serform dargestellt, von dem eine nachträglich mit Bleistift gezeich<strong>net</strong>e Kaskade zur Havel<br />

führt. Im Plan Nr. 7006 mit dem Wasserzeichen von 1844 ist der Verlauf der Rohrleitungen<br />

festgelegt, das Staubecken ist »landschaftlich« geformt, die Eintragungen im Bereich des<br />

späteren Wilhelm-Wasserfalls wurden aber radiert. Im ersten, nach seinem Verfasser Gustav<br />

Meyer, dem langjährigen Mitarbeiter Lennés und späteren ersten Stadtgartendirektor Berlins,<br />

benannten »Meyerplan« ist er bereits in endgültiger Fassung dargestellt. 16<br />

Das Stauwerk besteht aus Ziegelmauerwerk, das mit Raseneisenerzschlacken verkleidet<br />

ist und auf beiden Seiten des Ablassschiebers in einer Böschung aus Lehm steckt. Die Ausspülungen<br />

der Böschungskronen (auch an der Staumauer zwischen Achterbecken und Wasserfall<br />

zum Schwarzen Meer zu sehen ) an beiden Enden der Mauer rühren von unkontrolliertem<br />

Überlaufen des Staubeckens bei Gewittergüssen her.<br />

Mit der Entfernung der Exedra an der Blauen Terrasse um 1905, mit der auch ihre Fontäne<br />

verschwand, wurden Quelle und Bachlauf aufgegeben. Statt dessen wurde ein Regenwassereinlauf<br />

mit Sandfang zwischen Quellbecken und Wasserfall in den Bachlauf gebaut<br />

und der Bachlauf durch eine Rohrleitung ersetzt. Dadurch wurde auch der westliche<br />

Beckenrand des Staubeckens verändert.<br />

Die Mündung des gusseisernen Abflussrohres der Schlossfontäne in das Staubecken ist<br />

aus ähnlichem Mauerwerk wie die Staumauer gebaut. In der Ostecke des Staubeckens liegen<br />

noch einige kleine Findlinge in einer Lehmpackung, die den Rest der Bachmündung<br />

bilden.<br />

Mit dem Wasserfall wird zwischen dem Staubecken und der Havel ein Höhenunterschied<br />

von elf Metern überwunden. Eine eiserne Fußgängerbrücke und eine hölzerne Fahrwegbrücke<br />

spannen sich über den Wasserlauf. Beide Brücken sind auf einer Ansicht von<br />

Carl Graeb aus Richtung Glienicker Lanke dargestellt. Die Fußwegbrücke ist in dieser Form<br />

nicht auf uns gekommen.<br />

Die erhaltene Eisenbrücke stammt aus Metz in Frankreich und wurde 1868 hergestellt.<br />

Drei leicht gebogene Doppel-T-Träger mit Holzbohlenbelag und gusseisernen Geländern,<br />

die Knorpelholz zum Vorbild haben, ruhten auf beiden Seiten auf eingegrabenen Holzstämmen.<br />

Das Knorpelwerk der Brückengeländer formt in der Mitte ein W. Nach der Wende<br />

war dies Anlass, die namenlosen Brücke »Wilhelm-Brücke« zu nennen. Nach ihr wurde<br />

auch der Wasserfall benannt. Die Fahrwegbrücke am Fuß des Wasserfalls hat gemauerte<br />

Widerlager. Sie waren in den siebziger Jahren bei der Verlegung von Nachrichtenkabeln der<br />

Grenztruppen und der Wasserstraßendirektion zerstört worden. Wie durch ein Wunder<br />

hat der bergseitige hölzerne Brückenträger in situ, unmittelbar zwischen dem Betongrenzweg<br />

auf der Bergseite und dem Todesstreifen auf der Wasserseite, überdauert. Anhand der<br />

Nägel konnte die Stärke des Bohlenbelages ermittelt werden. Die hölzerne Brücke lässt auf<br />

ein hölzernes Geländer schließen.<br />

Der Bachlauf im Oberlauf und der Abfluss unterhalb des Wasserfalls bilden immer wieder<br />

kleine Becken, aus denen das Wasser über Steine in das nächste Becken fließt. Das lässt<br />

auf einen gewissen kontinuierlichen Betrieb schließen. Die Lehmdichtung sollte ohnedies<br />

vor Austrocknung geschützt werden.


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 117<br />

Abb. 5 Carl Graeb: Wilhelm-Wasserfall mit beiden Brücken, um 1850, Aquarell, nach 1919 dem Hause<br />

Hohenzollern übergeben, Foto: Messbildarchiv Berlin-Brandenburg, 9002/19098<br />

Brunnenbecken auf der Gold- und der Porzellanterrasse: Das Brunnenbecken<br />

auf der Gold-Terrasse ist erstmals auf der Rückseite des Planes Nr. 6987 dargestellt.<br />

Es ist ein exedraförmiges Becken. Auf den Plänen von 1844 an bis zu dem Schlossgrundriss<br />

aus dem Mappenwerk »Schloß Babelsberg« von J. H. Strack und M. Gottgetreu von 1857<br />

ist das Becken zu finden. 17 Ein erhaltenes Versatzstück eines Beckenrandes aus Marmor,<br />

von der Ecke zwischen gerader und runder Form, könnte in Größe und Materialqualität<br />

von diesem Becken stammen. 18 Die Wasserzuführung erhält der Brunnen, wie schon in der<br />

Skizze auf der Rückseite des Planes Nr. 6987 dargestellt, vom Abzweig der Leitung vor dem<br />

Schieber für die Fontäne auf der Blauen Terrasse. In zwei Zeichnungen von Strack mit Blick<br />

aus den Wohnräumen Augustas auf die Gold-Terrasse und die Blaue Terrasse über dem<br />

Haupteingang ist im Vordergrund der Brunnen mit flaschenförmigen Wasserspeier einer<br />

Glockenfontäne dargestellt. 19 Dieser Wasserspeier mit gotisierender Ornamentik und goldenen<br />

Sternen wurde um 1975 vom Dachboden der Waschküche am Maschinenhaus geborgen.<br />

20


118 Karl Eisbein<br />

Die Leitung über die Blaue und die Gold-Terrasse wird bis zur Abtragung der Schlosshöhe<br />

auch noch nach Entfernung des Beckens die beiden Brunnen auf der Porzellanterrasse<br />

versorgt haben. Die in Aussicht stehende Rekonstruktion der abgebrochenen Teile der Blauen<br />

Terrasse im Jahre 2002 wird Aufschluss über diese Leitung bringen.<br />

Die beiden Brunnenbecken auf der Porzellanterrasse findet man erstmals in Nr. 7006<br />

und im Aufmaß der Wege des Pleasuregroundes und der Schlossumgebung Nr. 7003 (Wasserzeichen<br />

von 1845). Sie sind bis heute erhalten. Der Verbleib der Löwenkopf-Wasserspeier<br />

ist zur Zeit unbekannt. Beide Brunnenbecken entwässern über Gussleitungen in das<br />

Becken der Schlossfontäne. Die Leitungen sind zum Schutz gegen die hohe Druckbelastung<br />

der Pflanzkübeltransportwagen mit einem gemauerten, »falschen« Gewölbe aus Ziegelsteinen<br />

überdeckt. Mit der Neuverlegung der Leitungen zwischen Schwarzem Meer<br />

und Schlossvorplatz um 1908 wurde, wie Grabungen zeigten, die Brunnenbecken unter<br />

Beibehaltung einiger Leitungsabschnitte von 1844 von der neuen, westlich der Porzellanterrasse<br />

verlaufenden Leitung versorgt.<br />

Gotische Fontäne: Das Rondell, in der die Gotische Fontäne steht, wurde<br />

von Lenné angelegt. Er verwendete einen nicht realisierten Entwurf für einen Gartenteil<br />

am Ansbachschen Palais in Berlin (Prinz Albrecht). 21 Das Rondell ist der Endpunkt des Blumengartens<br />

an Schloss. Es ist der letzte Raum des Schlosses, wenn wir die Gärten am Haus<br />

im Reptonschen und Pücklerschen Sinne als erweiterte Wohnung ansehen. Pückler wurde<br />

um Rat gefragt, als Augusta und Wilhelm mit Lennés Ideen zu diesem Areal nicht einverstanden<br />

waren. Ob das eine vorgeschobene Argumentation war, muss hier unberücksichtigt<br />

bleiben.<br />

Die Gotische Fontäne ist eine Synthese zwischen Laufbrunnen und Fontäne. Sie hat die<br />

Form einer Gotischen Filiale. Wasserspeier in Froschgestalt speien ins Becken. Aus dem<br />

knospenförmigen Ende der Filiale springt ein Fontänenstrahl. In der »Spezial=Karte von<br />

dem Plateau auf den Babelsbergen bei Potsdam« von Th. Kozlowski vom März 1843 ist das<br />

Rondell ohne Fontäne noch in Lennéscher Form dargestellt. 22<br />

Bereits vor der Entscheidung des Standorts des Maschinenhauses ist die Fontäne fester<br />

Planungsbestandteil. 23 In dem Plan Nr. 7006 mit einem Wasserzeichen von 1844 sind die<br />

exakten Längen und Anzahl der Rohrsegmente zur Fontäne angegeben. Der Fontänenabfluss<br />

hat seinen endgültigen Verlauf. Der jetzige Wasserfall am Steilhang ist nicht dargestellt.<br />

Er fehlt auch in allen späteren Plänen. Der Wasserfall ist, wie der östlich benachbarte Regenwasserfall,<br />

aus Schmolz (durch scharfen Brand versinterte Ziegel) gebaut. Am Fuß des Hanges<br />

speist er ein kleines, neben dem Fahrweg liegendes Becken, in dem das Wasser in Richtung<br />

Havel versickert.<br />

Brunnen am Michaelsdenkmal: Im Plan Nr. 7006 von 1844 ist der achteckige<br />

Platz und der Brunnenstandort in Bleistift eingetragen. 24 Die ältere Fassung ist an<br />

dieser Stelle radiert. Der erste Meyerplan weist an dieser Stelle noch einen älteren Weg<br />

auf. 25 Das Denkmal, ein Entwurf von Strack, in der Verlängerung der Tanzsaalachse ste-


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 119<br />

Abb. 6 Carl Graeb: Der Gotische Brunnen, Aquarell, nach 1919 dem Hause Hohenzollern übergeben,<br />

Foto: Messbildarchiv Berlin-Brandenburg, 90 N 38/19096<br />

hend, erhielt Wilhelm von seinem Bruder König Friedrich Wilhelm IV. per Kabi<strong>net</strong>tsorder<br />

geschenkt. 26 Es sollte an die Niederschlagung des Badischen Aufstandes erinnern. Ein<br />

Gegenstück ist als Gefallenendenkmal auf einem Karlsruher Friedhof aufgestellt worden.<br />

Auf einer Wand aus rotem Badischen Sandstein steht der den Drachen tötende Erzengel<br />

Michael. Die Bronzeplastik von August Karl Eduart Kiss wird von aufwendigen Sandsteinfilialen<br />

flankiert. In der Wand unter der Plastik ist eine zur Zeit noch zugeschmierte Widmungsinschrift.<br />

Darunter befindet sich der Wasserspeier. In der Zeichnung von Strack sind<br />

Löwenköpfe als Wasserspeier dargestellt. Das Wasser sprang in ein halbes achteckiges<br />

Wandbecken und floss aus diesem durch drei Wasserspeier in das große ebenerdige Auffangbecken.<br />

Es ist gleichfalls ein halbes Achteck.<br />

Marmorbrunnen auf den Voltaireterrassen: Der Marmorbrunnen auf den<br />

Voltaireterrassen wurde nach einem Entwurf von Strack aus dem Jahre 1851 von F. Drake<br />

ausgeführt. Die Daten auf der Fahne des Heroldes 11. Juni 1829 und 11. Juni 1854 nennen<br />

den Hochzeits- und den Silberhochzeitstag von Wilhelm und Augusta. Aus diesem Grunde<br />

wird der Brunnen auch Jubiläums- oder wegen der Plastik auch Heroldsbrunnen


120 Karl Eisbein<br />

Abb. 7 Carl Graeb: Hochzeits-, Jubiläums- oder Heroldsbrunnen, Aquarell nach 1919 dem Hause<br />

Hohenzollern übergeben, Foto: Messbildarchiv Berlin-Bandenburg, 9001/19097<br />

genannt. Im Grundriss des Schlosses von Strack ist er noch nicht dargestellt, was ein Indiz<br />

für eine vorgezogene Datierung dieses Grundrisses wäre. 27 In den Parkplänen erscheint er<br />

zum ersten mal im zweiten Meyerplan. 28 Von C. Graeb stammt eine nicht datierte Darstellung.<br />

Der Grundriss des Brunnens ist sechseckig. Der Mittelpfeiler im Auffangbecken<br />

trägt eine Brunnenschale, in der ein schlanker Pfeiler mit Kapitell steht, der die Plastik<br />

eines Herolds trägt. Ein anderen Ortes aufgefundener Delphinkopf, dessen Abmessungen<br />

und Dübel zum Brunnen passen können, sollte ihm zugeord<strong>net</strong> werden. 29 Da wir bisher<br />

über keine authentische Fotografie verfügen, sind wir nicht im Bilde, ob der plastische Aufsatz,<br />

wie bei Graeb gestaltet, ausgeführt worden war. Die beiden von Graeb dargestellten<br />

Banksockel-Gnome sind vermutlich erhalten. Südlich der Voltaireterrassen verläuft die<br />

rechteckige, in Ziegeln gemauerte Entwässerungsleitung vom Michaelsbrunnen und Marmorbrunnen<br />

bis zum Sickerschacht unterhalb des Trinkwasserbrunnens des Schlosses.<br />

Reiherfontäne im Goldenen Rosengarten: Der Goldene Rosengarten ist<br />

das Zentrum des Pleasuregroundes. Sein Vorbild ist der von Humphrey Repton in Ashridge<br />

gestaltete Rosengarten. Augusta kannte ihn aus Reptons Werk »Fragments on the theory<br />

and practice of landscape gardening«, das ihre Mutter Maria Pawlowna besaß und sich


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 121<br />

Abb. 8 Balzender Königsreiher, Gipsmodell für Bronzeguss,<br />

1998, Autor der Originals unbekannt, nach originalen<br />

Resten von Walter Rentsch, <strong>SPSG</strong>, Depot der<br />

Plastiken<br />

heute in der Bibliothek der Stiftung Weimarer Klassik befindet. Pückler kannte das Original<br />

in Ashridge und es ist möglich, dass Wilhelm und Augusta es bei ihren Englandbesuchen<br />

ebenfalls gesehen hatten. Eine wichtige Besonderheit ist der Springbrunnen. Auf<br />

einem niedrigen Sockel aus Schmolz und Raseneisenerz-Schlacken steht die Plastik eines<br />

balzenden Königsreihers. Ein Duplikat der Plastik entdeckte Saskia Hüneke vor einigen Jahren<br />

beschädigt im Depot. Inzwischen ergänzt und nachgegossen, wird er nach der Reaktivierung<br />

der Wasserversorgung aufgestellt. Der Beckenrand des achteckigen Beckens ist<br />

nicht erhalten und muss nach einem mittelmäßigen Foto rekonstruiert werden. Im zweiten<br />

Meyerplan ist noch keine Wasserleitung zur Fontäne dargestellt. Im Haeberlin’schen<br />

Plan von 1863 ist die Zuleitung eingetragen. 30 Die Abflussleitung wurde auch in den späteren<br />

Plänen nicht erwähnt. Vermutlich entwässert die Fontäne des Goldenen Rosengartens<br />

über den Hauptkanal in die Havel.


122 Karl Eisbein<br />

Adlerbrunnen: Die Lage des Adlerbrunnens wurde erstmals im zweiten<br />

Meyerplan fixiert. Die zeichnerische Darstellung erscheint noch indifferent. Ein Schreiben<br />

des Hofmarschall Graf Pückler an seinen Vetter Fürst Pückler von 1849, in dem er ihn bittet,<br />

die Gestaltung unterhalb der Voltaireterrassen zum Abschluss zu bringen, kann man<br />

als das Ringen um die Gestalt dieses Punktes im Pleasureground deuten. Der Adlerbrunnen<br />

ist als point de vue der Voltaireterrassen, Scharnierstelle axialer Beziehungen, Mittelpunkt<br />

eines »in sich geschlossenen« Parkraumes und symbolträchtige Parkarchitektur. Der<br />

Adlerbrunnen steht in der Achse der Voltaireterrassen auf einem Erdkegel, der geübten<br />

Augen sofort als Kunstgebilde erkennbar ist. Das gemauerte Becken hat einen schlichten,<br />

in Zement profilierten Beckenrand. Über der gestauten Wasserfläche erhebt sich ein Würfel,<br />

der in seiner Flucht ebenfalls auf die Terrassenachse ausgerichtet ist. In seinen vier<br />

Ansichtsseiten wurden achteckige Felder aus vorgefertigten Steingussprofilen mit Löwenköpfen<br />

als Wasserspeier angebracht. Auf dem Würfel stand eine Säule mit Kapitell, auf der<br />

ein Adler steht. Er blickt auf die Voltaireterrassen. Der gesamte plastische Schmuck ist zu<br />

einem unbekannten Zeitpunkt verloren gegangen. Von den Löwenköpfen wurde der havelseitige<br />

bei Rodungsarbeiten wieder gefunden. 31<br />

Aus welchem Material Säule, Kapitell und Adler bestanden, ist bisher unbekannt. Die<br />

einzige zur Zeit bekannte Ansicht stammt von C. Graeb (Farbabb. 24). Der Adlerbrunnen<br />

gleicht in Größe und vielen Details dem wohl zeitgleich entstandenen Adlerbrunnen auf<br />

der Rheinterrasse von Burg Stolzenfels (Farbabb. 25). Dieser ist aus Eisenkunstguss. Der<br />

plastische Schmuck ist vergoldet.<br />

Wasseranlagen im Park<br />

Fontäne auf dem Fontänenplateau: In die Anfänge des Leitungs<strong>net</strong>zausbaus<br />

gehört die Anlage einer Fontäne auf der östlichsten Kuppe des Babelsberges. Erstmals<br />

wird sie im ersten Meyerplan dargestellt. 32 In einer Zeit, wo die Verteilung des Wassers mit<br />

flexiblen Schläuchen noch in den Anfängen steckte, konnte diese Fontäne ohne Abfluss der<br />

indirekten Bewässerung der östlichen Parkpartie dienen. Der Höhenunterschied dürfte für<br />

einen drei Meter hohen Springstrahl gereicht haben. Es sind bisher nur die Darstellungen<br />

in den Parkplänen bekannt. Nach dem Ersten Weltkrieg, vermutlich nach der Gründung<br />

der Staatlichen Schlösserverwaltung, wurde die Fontäne beseitigt. Unklar ist bisher, wann<br />

das auf den Wasserleitungsplänen von 1931 in diesem Bereich erweitert dargestellte Leitungs<strong>net</strong>z<br />

des »D«-Stranges verlegt wurde. Das Alter des Baumbestandes weist auf die zwanziger<br />

Jahre. Die künstlerische Bedeutung des Plateaus für die Erschließung der östlichen und<br />

südlichen Bilderwelt wird durch die Plenterungen der letzten Jahre immer deutlicher.<br />

Schwarzes Meer: Das Schwarze Meer wurde 1844 unter Pücklers Aufsicht<br />

angelegt. Nach einer Notiz im Plan Nr. 6988 wurde die Leitung zwischen Schlosshöhe<br />

und Hochbehälter 1843 verlegt. Sie verläuft in der längsten Diagonale unter dem Seeboden.<br />

Sein Wasser erhält dieser See vom Hochbehälter oberirdisch über ein Staubecken,


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 123<br />

Bachlauf und Wasserfall (Farbabb. 26). Der Bachlauf fließt vom Grundablass des Staubeckens<br />

zu einem Verteiler, dessen Gestalt noch nicht untersucht ist, um von hier den Wasserfall<br />

zum Schwarzen Meer bzw. den Bachlauf zu einem kleinen Teich mit Insel westlich<br />

der Schanze mit Wasser zu versorgen.<br />

Schwarzes Meer, Bachlauf und Teich dienten der indirekten Bewässerung des Nordosthanges.<br />

Gestalterisch hat Pückler hier ein Kabi<strong>net</strong>tstück der Reliefgestaltung geliefert. Vor<br />

dem Verkauf von Muskau bewies er sich in Babelsberg auch als Meister der kleinen Form.<br />

Vier Inseln beleben den buchtenreichen See. Zwei von ihnen liegen dicht benachbart am<br />

Ostufer, die anderen im Norden und im Süden. Die Herkunft des Namens »Schwarzes<br />

Meer« ist unbekannt. Pückler gab einige Jahre später in seinem Park in Branitz einem wichtigen<br />

Parkgewässer vor den Fenstern seines ägyptischen Zimmers und der Bibliothek den<br />

Namen »Schwarzer See«. In Glienicke hat ein Gewässer den Namen »Düsterer Teich«. Hinter<br />

diesen Namen steht wohl die romantische Vorstellung eines Sees in der »Waldeinsamkeit«.<br />

Hohe Bäume beschatten den See, lassen aber auch gelenktes Licht hindurch.<br />

Die Topographie des Geländes zwischen Fürstenhöhe und Griebnitzsee mit Schwarzem<br />

Meer, Teich und Griebnitzsee lässt das Erleben einer Wassertreppe zu. Zur Zeit verstellen<br />

noch die Bauten der ehemaligen Walter-Ulbricht-Akademie, die jetzt von der Universität<br />

genutzt werden, diesen Blick.<br />

Großer See: Der Große See erschien erstmalig auf der 1865 gezeich<strong>net</strong>en<br />

Projektskizze für »Die Neuen Anlagen auf dem Babelsberg« von Otto Ferdinand Kindermann.<br />

33 O. F. Kindermann, Sohn des im September 1865 verstorbenen Christoph Ferdinand<br />

Kindermann, der seit 1836 Hofgärtner in Babelsberg war, beendete seine einjährige Mitarbeit<br />

in Pücklers Alterssitz in Branitz, um in Babelsberg die Arbeit seines Vaters im Sinne<br />

Pücklers fortzusetzen. Die Ausführung des Großen Sees weicht positiv von dem etwas simplen<br />

Entwurf ab. Im Generalplan des Schatullgutes vom November1868 ist der Große See<br />

in seiner jetzigen Gestalt dargestellt. 34 Für 1867 ist letztmalig ein Besuch des Fürsten Pückler<br />

im Babelsberg verbürgt. Da die Arbeit Kindermanns bisher weder näher untersucht,<br />

noch ausreichend gewürdigt wurde, soll hier auf die zur bekannten Anekdote gewordenen<br />

Gemeinschaftsarbeit König Wilhelms und Kindermanns am Wasserfall des Großen Sees hingewiesen<br />

werden. Gestalterisch ist der Wasserfall eines der schwächsten Details des Parks.<br />

Sein Wasser erhält er durch eine Leitung von 100 Millimeter Durchmesser. In der Nähe des<br />

östlichen Fußweges mündet das Rohr als eine Quelle unter einem großen Findling. Ein kurzer<br />

Bachlauf führt das Wasser bis zur Absturzkante. Man kann vermuten, dass der Bachlauf<br />

wie bei den anderen Wasserfällen zum Becken ausgebildet ist, um bis zur Absturzkante<br />

eine größere Wassermenge, als der Leitung entströmen kann, zu zeigen. Der See hat drei<br />

Inseln. Die dem Wasserfall nächstliegende Insel zeich<strong>net</strong> sich durch reiche Steinsetzungen<br />

aus. Die Steinsetzungen der westlichen Insel beziehen sich auf den hochgelegenen Bankplatz<br />

und flankieren einen flach im Wasser liegenden Stein. Hierauf stand die Plastik »Wasser<br />

holendes Mädchen« von Wichmann. Wann die Plastik entfernt wurde, ist unbekannt.<br />

In dem Kloster Unser lieben Frauen in Magdeburg befindet sich ein Duplikat dieser Figur.


124 Karl Eisbein<br />

Der Große See diente im Zweiten Weltkrieg als Löschwasserreservoir. Ein horizontal verlaufendes<br />

Rohr in der Südostbucht war die Ansaugleitung und führt zu einem Schacht an<br />

der Wollestraße. Zwei Leitungen, die die westlichen Teile des Parks mit Havelwasser versorgen,<br />

unterqueren den See und haben am tiefsten Punkt der Leitungsführung im See ihre<br />

Entleerungsöffnungen.<br />

Kindermannsee: Im Plan Nr. 7015 ist als Vorläufer des Kindermannsees<br />

ein aus zwei Zuläufen gespeister Wasserlauf verzeich<strong>net</strong>, der in den »Aha«-Graben mündet.<br />

35 Von Gustav Meyer liegen zwei Pläne vor, die sich mit der Parkerweiterung um 1865<br />

beschäftigen. 36 Vom Flatowturm kommend, fließt ein Bachlauf südlich am Kutscherhaus<br />

vorbei in einen buchtenreichen See mit einer Insel. Der See entwässert über einen Graben<br />

außerhalb des Parks zur Havel. Ausgerichtet ist er auf die Verlängerung der Achse Flatowturm<br />

Eingangstür – Rondell vor dem Turm.<br />

O. F. Kindermann sah in seinem Plan von 1865 an dieser Stelle kein Gewässer vor. Wie<br />

in einem Bericht aus dem Jahre 1888 mitgeteilt wird, hat Kindermann jr. den See zwischen<br />

1887 und 1888 ausheben lassen. 37<br />

Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde für das größte künstliche Gewässer<br />

im Park der Name Kindermannsee festgelegt. In den Plänen wurde er bis dahin Pfuhl<br />

oder Erlenbruch genannt. Durch das Abholzen des Erlenwildwuchses und Freistellen der<br />

alten Pappeln und Weiden wurde die Bedeutung dieses Grundwasser führenden Sees deutlich.<br />

Seine geradezu fehlende künstlerische Ausformung im Pücklerschen Geiste gibt ihm<br />

an dieser Stelle die Glaubwürdigkeit, natürlich zu sein. Mit der Namensgebung sollten<br />

Vater Christoph Ferdinand und Sohn Otto Ferdinand Kindermann gewürdigt werden, die<br />

zusammen 57 Jahre die Arbeiten im Park geleitet hatten.<br />

Der Überlieferung nach soll ein Garteninspektor, der Anfang des 20. Jahrhunderts im<br />

Havelhaus wohnte, die Abkürzung des Weges zur Gärtnerei durch die Aufschüttung eines<br />

Dammes durch den Erlenbruch erreicht haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der<br />

Damm mit Bauschutt weiter ausgebaut. Bei hohem Grundwasserstand wird er überschwemmt.<br />

Reservoir auf der Schlosshöhe: Dem Hochbehälter auf der Schlosshöhe<br />

scheint in der ersten Bauphase eine große Bedeutung beigemessen worden zu sein. Der<br />

Standort war auf einer Anhöhe etwa 100 Meter südlich des Schlosses. Er fiel 1905 der riesigen<br />

Baugrube für den geplanten Schlosserweiterungsbau zum Opfer.<br />

In den frühen Plänen ist er erstes Ziel der Druckleitung vom Maschinenhaus. 38 Eine<br />

Ansicht von C. Graeb zeigt seine Lage in der Landschaft und die malerische Form des einfassenden<br />

Geländers (Farbabb. 27).<br />

Die Schlosshöhe ist der erste Aussichtspunkt des Lennéschen Umfahrweges. Er beginnt<br />

an der ersten Kreuzung des Fahrweges zum Schloss oberhalb des heutigen Maschinenhauses.<br />

Der Fußweg von Klein Glienicke kommend, hat seine Fortsetzung in einem bergan<br />

steigenden Fahrweg. Er windet sich zur Schlosshöhe hinauf, umrundet das Becken und


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 125<br />

Abb. 9 Ludwig Wichmann: Wasser holendes Mädchen,<br />

vor einer Insel im Großen See, Verbleib unbekannt<br />

führt am Schwarzen Meer vorbei zu Fürstenhöhe, Viktoriahöhe und über die Lenné-Höhe<br />

(jetzt Standort der Gerichtslaube) zurück zum Schloss und dem Ausgangspunkt.<br />

Das Reservoir erlaubte den separaten Betrieb der kleineren Brunnen und Fontänen am<br />

Schloss, unabhängig von der Hauptfontäne. Als Brauch- und Löschwasserreservoir eig<strong>net</strong>e<br />

es sich aufgrund seiner Tiefe von mehr als drei Metern auch im Winter.<br />

Achterbecken neben der Friedrich-Wilhelm-Höhe: Auf den ersten<br />

Nivellementplänen zum Wasserleitungsbau ist der große Hochbehälter an der Friedrich-Wilhelm-Höhe<br />

noch nicht als gebaut dargestellt. Mit einem Durchmesser von 23,50 Metern<br />

und einem maximalen Wasserstand von zwei Metern Höhe fasst das Becken heute 868 Kubikmeter.<br />

39 Gleich den Speichen eines Rades, gehen von diesem Becken zwölf Hauptleitungen<br />

mit insgesamt 330 Hydranten aus, die es ermöglichen, mit einem Schlauch von<br />

100 Meter Länge jeden Winkel im Park zu bewässern. 40


126 Karl Eisbein<br />

Mit der Parkerweiterung 1865 wurde das Leitungs<strong>net</strong>z vergrößert und ein zweiter gleich<br />

großer Hochbehälter neben dem bestehenden gebaut. Damit erreicht die Speicherkapazität<br />

heute 1736 Kubikmeter. Da der Grundriss beider runden Becken eine Acht darstellt, erhielten<br />

beide Hochbehälter den volkstümlichen Namen »Achterbecken«. Beide Hochbehälter<br />

besitzen einen, durch einen tiefer liegenden Einschnitt im Beckenrand geschaffenen Überlauf.<br />

Wird das Wasser bis in diese Höhe gepumpt, fließt es über eine offene Rinne und füllt<br />

einen kleinen Stausee. Die Staumauer, mit Schlacken dekoriert, hat einen Grundablass, der<br />

das Wasser in einen Bach frei gibt. Erosionsschäden beiderseits der Mauer zeugen von<br />

unkontrolliertem Überlaufen des Stausees. Durch die Überlaufmöglichkeit der Hochbehälter<br />

ist die Reinigung von schwimmenden Verunreinigungen (Laub, Algen, Entengrütze) gut<br />

möglich.<br />

Im Plan Nr. 6989 ist der erste Hochbehälter an dieser Stelle nur skizziert dargestellt. Die<br />

Druckleitung zum Füllen dient gleichzeitig als Abflussleitung. Es nehmen noch keine weiteren<br />

Leitungen von hier ihren Ausgang. Im ersten Meyerplan versorgt eine Leitung die<br />

Fontäne auf dem Fontänenplateau und eine weitere ein Becken unterhalb der Viktoriahöhe.<br />

Im zweiten Meyerplan ist das vom Hochbehälter ausgehende Netz unverändert,<br />

jedoch entspringt dem Becken unterhalb der Viktoriahöhe ein Bachlauf, der oberhalb des<br />

schmalen Fußwege<strong>net</strong>zes verlief, das sich westlich der Louisenhöhe befindet. Die Lage des<br />

Beckens ist auch heute noch im Gelände gut zu erkennen. Es kann davon ausgegangen werden,<br />

dass auch dieses Becken abflusslos war und der indirekten Bewässerung des Südhanges<br />

dienen sollte. Vom Bachlauf sind, wohl auch wegen der zahlreichen Bombentrichter in<br />

dieser Gegend, nur noch wenige Reste erhalten. Im Generalsituationsplan von 1869 wird<br />

der Durchmesser der Zuleitung mit drei Zoll angegeben. 41 Im Haeberlin-Plan von 1863 finden<br />

wir diese Leitung bis zum Flatowturm verlängert. Spätestens zu dieser Zeit ist das Wasserleitungs<strong>net</strong>z<br />

nahezu komplett, die ab 1865 gestalteten Parkpartien ausgenommen. Offensichtlich<br />

reichte der Leitungsquerschnitt nicht aus, das vom Flatowturmreservoir versorgte<br />

Netz einschließlich der etwa ab 1863 produzierenden Gärtnerei ausreichend zu versorgen.<br />

Da der Flatowturm 1856 vollendet war, ist davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt<br />

das Reservoir gefüllt werden konnte.<br />

Die Entwicklung der Wasseranlagen<br />

bis zum Jahr <strong>2000</strong><br />

1888, im Todesjahr von Kaiser Wilhelm I., befanden sich die Wasseranlagen<br />

auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Nach dem Tod der Kaiserin Augusta 1891 wurden<br />

die Ausgaben für Babelsberg reduziert, die Fontänen liefen nur noch selten, das<br />

Schwarze Meer wurde nicht mehr gefüllt. Otto Ferdinand Kindermann ging 1893 in den<br />

vorgezogenen Ruhestand. Die geplante Schlosserweiterung für den letzten Kronprinzen<br />

brachte in den Jahren 1905 bis 1907 Veränderungen mit sich. Sie betrafen das Leitungs<strong>net</strong>z,<br />

die Fontäne auf dem nach ihr benannten Plateau wurde entfernt und durch die Leitung D


ersetzt. Der Chinesische Blumengarten, auch Marlygarten genannt, mit den beiden Majolikabrunnen<br />

wurde entfernt und im Maschinenhaus eine Kreiselpumpe mit Elektromotor<br />

installiert.<br />

Mit dem Ausbau der Richterschule oberhalb des Maschinenhauses wurde das alte Kesselhaus<br />

zum Heizwerk umgerüstet. Die Verlagerung der Elektropumpe 1958 in einen neuen<br />

Raum, wie sie das letzte erhaltene Pumpenbuch bekundet, weist auf den Einbau der großen<br />

Kesselanlage in den eigens dafür aufgestockten Erweiterungsbau von 1865. Nach dem Tod<br />

des letzten Wasserwerksmeister Rudolf Kaiser 1967 wurde durch unsachgemäße Bedienung<br />

die Pumpe beschädigt. Zugangsprobleme zu dem im Grenzgebiet gegenüber dem<br />

Jagdschloss Glienicke liegenden Wasserwerk dämpften das Interesse an der Reaktivierung<br />

der Pumpe. Die Restaurierung des Pleasuregroundes ab 1970, die beabsichtigten Neupflanzungen<br />

von Großgehölzen und der Wunsch, die Seen wieder zu füllen, führten ab Mitte<br />

der siebziger Jahre zu Planungen eines neuen Pumpenhauses am Tiefen See und zu Sanierungsarbeiten<br />

am Achterbecken und am Flatowturmbecken.<br />

1991 wurden Pläne zur Reaktivierung der Wasserspiele am Schloss erstellt. Sie waren<br />

der Anlass für eine systematische Untersuchung eines ersten Teiles des historischen Leitungs<strong>net</strong>zes<br />

und der Vorlage einer fundierten Planungsunterlage, die die gesamte Reaktivierung<br />

des in hervorragend gutem Zustand befindlichem Leitungs<strong>net</strong>zes zum Inhalt hat.<br />

Eine neue Pumpe findet im Bereich des 1978 zerstörten Wirtschaftshofes auf dem Standort<br />

der einstigen Waschküche des Maschinenhauses ihre Aufstellung, die 1. Druckleitung zum<br />

Achterbecken wird ergänzt und Schwarzes Meer, Pleasureground und Hauptfontäne erhalten<br />

als erste wieder Havelwasser. Die übrige Anlage wird schrittweise überprüft, instandgesetzt<br />

und in Betrieb genommen. Somit können auch die dringend erforderlichen Strauchanpflanzungen<br />

in allen Teile des Parks vorgenommen werden, ohne dass das Desaster, das<br />

Lenné 1834 ereilte, sich wiederholen muss.<br />

Anmerkungen<br />

Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 127<br />

1 N. N.: Spaziergang durch Potsdams Umgebungen, Berlin/Potsdam 1839, S. 73.<br />

2 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7004 und 7005, vermutlich von Ludwig Persius: Am Ufer kolonnadenartige<br />

Fassung für eine Fontaine in der Havel. Vermutlich hat Friedrich Wilhelm IV. den Plan<br />

Nr. 7004 längere Zeit für Planungen benutzt als den Plan Nr. 7005. Auch alle weiteren im vorliegenden<br />

Beitrag erwähnten Pläne befinden sich in der Plankammer der <strong>SPSG</strong>.<br />

3 Heinz Schönemann: Karl Friedrich Schinkel. Das Architektonische Werk heute, Stuttgart/London<br />

2001, S. 9.<br />

4 Johannes Sievers: Die Arbeiten von Karl Friedrich Schinkel für Prinz Wilhelm, späteren König von<br />

Preußen, Berlin 1955.<br />

5 David E. Barkley: Denkmal und Revolutionsfurcht. Friedrich Wilhelm IV. und die Verherrlichung<br />

des Preußischen Feldzugs in Südwestdeutschland 1849 – Monumentale Beispiele im Potsdamer<br />

Raum, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 1993, 44, S. 130–160.<br />

6 Heinz Schönemann: Die Sonne und der Dampf – Maschinenhäuser und Himmelsrichtungen. Vortrag<br />

am 9. November <strong>2000</strong> in der Pücklergesellschaft e.V., Berlin.


128 Karl Eisbein<br />

7 Ernst Laufer: Der Babelsberg. Geognostisch und pedologisch bearbeitet, in: Jahrbuch der königlichpreußischen<br />

Geologischen Landesanstalt für 1880, Berlin 1881, S. 324 f.: »Die jährliche Bewässerung<br />

geschieht auf den zu düngenden 6,400 Aren, abgesehen von neu gepflanzten Bäumen, die in<br />

Gruppen vereinzelt stehen und deren Bewässerung mehr im späten Herbst und frühem Frühjahr<br />

erfolgt. Für folgende Berechnung liegt das Jahr 1879 zu Grunde.<br />

Die Reservoire halten ca. 2,600 Kubikmeter Wasser. Nach Ausrechnung des Maschinenmeisters ist<br />

die grosse Maschine vom 15. Mai bis 15. Oktober gegangen 1160 Stunden. Dieselbe füllt in 10 Stunden<br />

die Reservoire; es ergeben sich ca. 300,000 Kubikmeter. Die Kleine Maschine ist in der selben<br />

Zeit ca. 350 Stunden gegangen; sie füllt die Reservoire in 20 Stunden, es ergeben sich ca. 50,000 Kubikmeter,<br />

also zusammengenommen sind im Jahre 1879 heraufbefördert 350,000 Kubikmeter Wasser.<br />

Rech<strong>net</strong> man davon zurück für Fontainen, Küche etc. ein Siebentel, welches nutzlos wieder der<br />

Havel zurückläuft, so bleiben 300,000 Kubikmeter.<br />

Da aber das Jahr 1879 ein ausnahmslos nasses Jahr war, so ergeben sich für die trockenen Jahre<br />

weit höhere Zahlen. Rech<strong>net</strong> man vom 15. Mai bis 15. Oktober 150 Arbeitstage mit ca. nur 10 Stunden<br />

(oft auch 15–18 Stunden) und dass mit diesen beiden Maschinen unausgesetzt gearbeitet wird,<br />

so werden die Reservoire 150 + 75 Mal = 225 Mal gefüllt. 225 Mal 2600 Kubikmeter = 585,000 Kubikmeter<br />

Wasser, davon kommen wieder zurück 50,000 für Fontainen, Küche etc. welche Zahl sich<br />

annähernd gleich bleibt. So erhält man 535,000 Kubikmeter und bei wenig länger angenommener<br />

Arbeitszeit ergeben sich 600,000 Kubikmeter, so dass ich den jährlichen Durchschnitt zwischen<br />

trockenen und nassen Jahren auf 450,000 Kubikmeter festsetzen würde.« 450.000 Kubikmeter<br />

Wasser auf 64.000 Ar (100 Ar entsprechen einem Hektar) ergeben eine Niederschlagsmenge von<br />

7.031 Kubikmeter pro Hektar.<br />

8 Georg Poensgen: Schloß Babelsberg, Berlin 1929, S. 60.<br />

9 Schlossansicht von Carl Graeb, um 1850, Foto in: Meßbildstelle Berlin-Brandenburg, Inv.-Nr. 90 N<br />

32/19090.<br />

10 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr.7006.<br />

11 Johann Heinrich Strack/Martin Gottgetreu (Bruder von R. W. Gottgetreu): Schloß Babelsberg, in:<br />

SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t, Top. 100 Potsdam Babelsberg (Top. II 41 c).<br />

12 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 6989, 7005, 7004.<br />

13 Strack/Gottgetreu: Schloß Babelsberg (Anm. 11).<br />

14 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 5297.<br />

15 Heinz Schönemann: Peter J. Lenné. Pläne für Potsdam, Potsdam 1978, S. 5.<br />

16 Michael Seiler: Die Entwicklungsgeschichte des Landschaftsgartens Klein Glienicke 1796–1883,<br />

Diss. Hamburg 1986, beschreibt den unbeschrifteten Plan mit der Darstellung von Glienicke und<br />

Babelsberg von Gustav Meyer um 1844 als Druckvorlage für ein Gesamtplan der Potsdamer Parklandschaft.<br />

In Babelsberg ist dies der erste »Meyerplan«. Vgl. <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Chbg.<br />

Nr. M 1/3.<br />

17 Strack/Gottgetreu: Schloß Babelsberg (Anm. 11).<br />

18 Claudia Sommer: Babelsberg, Inventarverzeichnis aus Bombentrichtern geborgener Gegenstände,<br />

1988, MR 11.<br />

19 J. H. Strack: Zeichnungen, in: <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 5920, 5921 um 1844.<br />

20 Sommer: Babelsberg, Inventar 1988 (Anm. 18), ME 20.<br />

21 Peter Joseph Lenné: Project vom Anspachschen Palais Garten – Theil beim Schlosse, um 1831, in:<br />

<strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 3628.


Fontänen, Brunnen und Gewässer im Schlosspark Babelsberg 129<br />

22 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7002.<br />

23 Vgl. Pläne Plslg. Nr. 7004, 7005, 7006.<br />

24 Vergleiche dazu auch den Textteil von Strack/Gottgetreu: Schloß Babelsberg (Anm. 11).<br />

25 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Chbg. M 1/3.<br />

26 J. H. Strack: Entwurf, in: <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 5935; und vom Januar 1850, ebenda, Plslg.<br />

Nr. 5939.<br />

27 Vgl. Strack/Gottgetreu: Schloß Babelsberg (Anm. 11).<br />

28 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 5298.<br />

29 Sommer: Babelsberg, Inventar 1988 (Anm. 18), ME 23.<br />

30 Franz Haeberlin: Plan vom Königlichen Parke Babelsberg, 1863, in: <strong>SPSG</strong>, Plansammlung, Plslg.<br />

Nr. 7012.<br />

31 Sommer: Babelsberg, Inventar 1988 (Anm. 18), ME 22.<br />

32 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Chbg. M 1/3.<br />

33 Otto Ferdinand Kindermann: Allerhöchst genehmigte Skizze zu den neuen Parkanlagen bei Babelsberg,<br />

1865, <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7014.<br />

34 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7015.<br />

35 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7015.<br />

36 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 13159, Nr. 7008.<br />

37 Carl Hampel: Der Schloßpark des Hochseeligen Kaisers Wilhelm I. zu Babelsberg bei Potsdam, in:<br />

Jahrbuch für Gartenkunde und Botanik, 6, 1888/89, S. 41–45.<br />

38 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 6989, Nr. 7005, Nr. 7004.<br />

39 Brauchwasser<strong>net</strong>z Park Babelsberg, bearb. v. Ingenieurbüro Hohloch & Timper, Wildpark-West,<br />

<strong>SPSG</strong>, Bauabteilung, September <strong>1999</strong>, in: <strong>SPSG</strong>, Bauabteilung.<br />

40 <strong>SPSG</strong>, Plankammer, Plslg. Nr. 7015.<br />

41 A. Fischer: General-Situationsplan von dem Schatullgut Babelsberg bei Potsdam, 1869, in: <strong>SPSG</strong>,<br />

Plankammer, Plslg. Nr. 7015.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1, 5–7: Messbildarchiv Berlin-Brandenburg. – Abb. 2: SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t.<br />

– Abb. 3–4, 8–9: <strong>SPSG</strong>. – Farbabb. 22: Christel Köster, Märkische Allgemeine Zeitung. –<br />

Farbabb. 23–24: <strong>SPSG</strong>. – Farbabb. 25–26: Karl Eisbein, <strong>SPSG</strong>. – Farbabb. 27: SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t.


DANIEL FITZENREITER<br />

Gemälderestauratoren in den<br />

Preussischen Schlössern<br />

Das Interesse von Kunsteleven an den Meisterwerken in den fürstlichen<br />

Sammlungen im 18. und 19. Jahrhundert, während der Zeit der bürgerlichen Revolutionen,<br />

stand am Anfang einer Entwicklung, die zur Öffnung der Bildergalerien der adligen Sammler<br />

und schließlich zur Herausbildung der Institution des Museums führte. Den Höhepunkt<br />

der »Kopierwut« spiegeln die großen Kopiensammlungen wie der Raffaelsaal in Potsdam<br />

oder die Galerie Schack in München in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider. Jungen<br />

Künstlern dienten Kopieraufträge zur Finanzierung von Studienaufenthalten, vor allem<br />

in Italien. Gewerbliche Kopisten boten ihre Arbeiten Kulturtouristen an. Das Geschehen in<br />

den Galerien bestimmten die Staffeleien der Kopisten, die hoch geschätzte Meisterwerke<br />

umlagerten. Für einige Bilder gab es lange Wartelisten. Im 20. Jahrhundert schwand das<br />

Interesse an gemalten Kopien, die Reproduktionstechniken ermöglichten präzise Abbilder<br />

von beliebten Kunstwerken. Das Kopieren hat sich als malerische Übung aus Liebhaberei<br />

ebenso wie als Studium historischer Maltechniken für Restauratoren erhalten. Denen war<br />

und ist nun das Material des Originals anvertraut, um es heute für die vielen Reisen als Leihgaben<br />

für Ausstellungsevents zu erhalten, denn Kopien anstelle der originalen Gemälde zu<br />

zeigen, gilt heute schon fast als peinlich. 1 Die Bearbeitung und Zustandskontrolle von Originalgemälden,<br />

die für Ausstellungen hin und her transportiert werden, nimmt heute einen<br />

erheblichen Teil der Arbeit von Restauratoren ein. Für die jüngere Geschichte der Potsdamer<br />

Gemälderestaurierungswerkstatt ist die Arbeit von Friedrich Decker von grundlegender<br />

Bedeutung.<br />

Der in Halle (Saale) zum Akademischen Maler und Restauratoren ausgebildete Friedrich<br />

Decker arbeitete seit 1956 an der Gemäldegalerie Dresden. Seine Festanstellung dort erfolgte<br />

übrigens erst, nachdem er eine Kopie eines altniederländischen Stilllebens angefertigt<br />

hatte. Im Jahre 1969 begann er in den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci<br />

als Leiter der Gemälderestaurierung zu arbeiten. Er baute die Werkstatt als eine mit<br />

modernen technischen und wissenschaftlichen Mitteln arbeitende Einrichtung auf. Mit seinen<br />

Erfahrungen aus der traditionsreichen Dresdner Werkstatt begann er die Arbeit der<br />

Potsdamer Gemälderestaurierungswerkstatt in der heute noch üblichen Weise zu organi-


132 Daniel Fitzenreiter<br />

Abb. 1 Die Restauratoren Friedrich Decker, Ingo Juffart<br />

und Fritz Hentler in der Werkstatt im Mezzaningeschoss<br />

des Neuen Palais, etwa 1960, Foto: Roland Handrik, <strong>SPSG</strong><br />

sieren. Weiterhin bildete er in Sanssouci tätige Kollegen innerbetrieblich zu Gemälderestauratoren<br />

aus. Einige Kollegen, die hier seit längerem arbeiten, haben bei Friedrich<br />

Decker studiert oder nach seinen Lehrmaterialien in ihrem Studium gearbeitet. Nach acht<br />

Jahren Tätigkeit in Potsdam ging Friedrich Decker zurück nach Dresden, um an der dortigen<br />

Hochschule für Bildende Künste das Lehrgebiet Historische Maltechnik und Kopie in<br />

der dort 1976 begonnenen Restauratorenausbildung zu betreuen.<br />

An den Dresdner und der Berliner Gemäldegalerien bestehen die Werkstätten der<br />

Restauratoren seit der Gründung der Museen im 19. Jahrhundert. Deren Restauratoren<br />

waren in ihrer Zeit durchaus schillernde Figuren, wie beispielsweise der damals berühmte<br />

Kopist und Restaurator Jakob Schlesinger, der erste verbeamtete Restaurator an der Berliner<br />

Gemäldegalerie. Seine Kopien wurden hochgeschätzt, akzeptierte doch König Friedrich<br />

Wilhelm IV. fünf Kopien von Schlesingers Hand, als man versuchte, 1847 die Bildergalerie<br />

weitestgehend friderizianisch einzurichten. 2<br />

Wenn heute ein Gemälde in der Restaurierungswerkstatt untersucht wird, findet man<br />

sehr schnell die Bearbeitungsspuren von vorhergegangenen Restaurierungen. Die Fragen


Gemälderestauratoren in den Preussischen Schlössern 133<br />

nach dem Ausführenden, nach dem Zeitpunkt und den verwendeten Materialien – Informationen,<br />

die heutzutage in einer Dokumentation vermerkt und im Archiv der Gemäldewerkstatt<br />

geord<strong>net</strong> aufbewahrt werden – sind selten erschöpfend zu beantworten, und es<br />

mangelt häufig an Zeit, diesen Fragen über die technischen Details hinaus nachzugehen.<br />

Eine gründliche Quellenauswertung zur genaueren Ermittlung der in der Vergangenheit<br />

ausgeführten Restaurierungen ist äußerst sinnvoll, denn die heutigen Bearbeitungen können<br />

so gezielt auf das historisch gewachsene Materialgefüge eingestellt werden. Das ist um<br />

so nötiger, da das 20. Jahrhundert eine Unzahl von Kunststoffen als Restaurierungsmaterialien<br />

hervorgebracht hat. Diesen »Wundermitteln« sind aber die klassischen Materialien<br />

wie Kleister, Hautleim und Naturharze an Lebensdauer und handwerklicher Berechenbarkeit<br />

überlegen.<br />

Für die Gemälde in den Preußischen Schlössern sind Restaurierungen seit dem Beginn<br />

der Sammlungen im 17. Jahrhundert wahrscheinlich, im 18. Jahrhundert nachweisbar, im<br />

19. und 20. Jahrhundert die Regel. Eine über längere Zeit arbeitende Restaurierungswerkstatt<br />

in den Schlössern könnte die Werkstatt der zwischen 1789 bis 1846 mehrfach erwähnten<br />

Restauratoren im Berliner Schloss gewesen sein. 3 Außerhalb des Berliner Schlosses fanden<br />

Pflege und Konservierungsarbeiten vermutlich häufig an den Hängeorten der Gemälde<br />

oder in zeitweilig eingerichteten Ateliers statt. 4<br />

Nachdem die Sammlungen der preußischen Könige durch die Sammlertätigkeit Friedrichs<br />

des Großen europäischen Rang erlangten, begehrten immer mehr Künstler danach,<br />

die Gemälde zu kopieren. Das gesteigerte Interesse an den Gemälden alter Meister seitens<br />

der Kunstakademie seit 1786, die Vorbereitungen der Museumsgründung und nicht zuletzt<br />

die nationale Bedeutung, die die Gemälde erhielten, als sie nach dem napoleonischen Bilderraub<br />

wieder aus Paris zurückkehrten, hatten auch Klagen über ihren teils schlechten<br />

Zustand laut werden lassen und waren Anlass für Restaurierungen.<br />

Die praktischen Bearbeiter der Gemälde waren Dekorationsmaler, Galerieinspektoren,<br />

Galeriewärter, Wappen- und Schildermaler, Kunstmaler und ausgebildete Handwerker.<br />

Auch Beamte des Hofmarschallamtes sind nachweisbar. Gemälderestaurieren war damals<br />

und ist bis ins 20. Jahrhundert die Arbeit von Künstlern und Kunstkennern, die das Restaurieren<br />

autodidaktisch oder bei Lehrmeistern erlernten. Hochschulausbildungen wurden in<br />

Deutschland erst nach 1976 etabliert. Doch zeugen die heute auf uns gekommenen Bilder<br />

überwiegend vom soliden gemäldetechnischen Wissen und vom beachtlichen Können der<br />

damaligen Bearbeiter.<br />

Einige Gemälde erfuhren die ersten Behandlungen schon vor dem Ankauf für die Schlösser,<br />

weitere wurden für die Platzierung in den barocken Hängungen bearbeitet. Nach der<br />

Ankunft von den europaweiten Transporten der Gemälde im 18. Jahrhundert werden sich<br />

an einigen Schäden gezeigt haben, die ebenfalls bearbeitet wurden. Eine der ersten belegten<br />

Restaurierungen im Neuen Palais war das Verkitten und Retouchieren der Risse im<br />

Deckenbild des Grottensaals (1774), kurz nach dessen Errichtung. Aus der Rechnung sind<br />

uns die Namen der ausführenden Maler Bock und Baron bekannt. Die Decke stürzte jedoch<br />

einige Jahre später völlig ein. 5


134 Daniel Fitzenreiter<br />

Die Einzelheiten der Pflege und Konservierung der Gemäldesammlungen beschrieb die<br />

Bestallung des zweiten Galerieinspektors der Bildergalerien in Berlin und Potsdam, Johann<br />

Gottlieb Puhlmann, aus dem Jahr 1787. Der Potsdamer Gastwirtssohn studierte von 1774<br />

bis 1787 in Rom, seine Ausbildung zum Historienmaler genoss er dort bei Pompeo Batoni.<br />

Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms II. war er seit 1787 fast vierzig Jahre als<br />

Inspektor beider Galerien, also der Bildergalerie in Sanssouci und der Galerie im Berliner<br />

Stadtschloss, tätig.<br />

Er wurde, mit großen Erwartungen an sein künstlerisches Vermögen, mit einer Vielzahl<br />

von Aufgaben konfrontiert, die die Betreuung der Akademiezöglinge beim Kopieren, die<br />

Katalogisierung, die jährliche Revision der Bestände, Restaurierungen und nicht zuletzt die<br />

Betreuung von Besuchern umfasste. Ausführlich wurde in der Bestallungsurkunde Puhlmanns<br />

beschrieben, worauf er bei der Betreuung der Kopisten zu achten habe: »er überhaupt<br />

lernbegierigen Künstlern auf alle Art behilflich seyn und ihnen, wie sie es bedürfen,<br />

mit Rat und Unterweisung an die Hand gehen muß, daß während der Arbeit, oder sonst,<br />

die Gemälde von den studierenden Künstlern nicht beschmutzt und beschädigt werden«.<br />

Seine Verantwortung erstreckte sich auch auf den konservatorischen Zustand der Gemälde:<br />

»und von denjenigen, welche einer Reparatur bedürfen mit Bemerkung der dazu erforderlichen<br />

Kosten eine Liste bei der Akademie zu weiterer Besorgung übergeben, welche<br />

alsdann die Veranstaltung trefen wird, daß die schadhaften und einer Reparatur bedürfenden<br />

Gemälde alsbald wieder in guten Stand gesetzt werden.« 6 Obwohl in der Bestallung<br />

Puhlmanns die direkte Tätigkeit als Restaurator nicht vorgesehen war, begründete er etwas<br />

später eine Bitte um die Erhöhung des Gehaltes damit, daß er die schwierigsten Partien der<br />

Bilder selbst retouchieren müsse. 7<br />

Weiterhin zu erwähnen sind aus der Zeit nach 1787 die im Berliner Stadtschloss wirkenden<br />

Galeriewärter, Wappenmaler und Restauratoren Schulz und Beckly. Nach Becklys<br />

Tod 1817, wurde der Maler Bock zum neuen Restaurator ernannt. 8<br />

Wenig später kümmerten sich die Hofräte Ernst Friedrich Bußler (d. Ä.) und Robert<br />

Bußler (d. J.) um restauratorische Belange und legten auch selbst Hand an. 9 Von den restauratorischen<br />

Kenntnissen der Hofräte geben die Kommentare Robert Bußlers (d. J.) im 1858<br />

und 1861 erschienenen Katalog zum Raffaelsaal deutliche Auskunft. So berichtete er von<br />

einige Kopien, deren Originale in Paris von Holz auf Leinwand übertragen wurden, und<br />

merkte über die Darstellung des Erzengel Michael an: »Die hohe Schönheit desselben hat<br />

zahlreiche, viel getadelte Restaurationen und die Übertragung von Holz auf Leinwand siegreich<br />

überstanden.« 10 Die aus heutiger Sicht abzulehnende Totalübertragung der Farb- und<br />

Grundierschicht auf einen anderen Bildträger wurde auch an Gemälden der Schlösser ausgeführt.<br />

Dies belegt ein Gutachten von Olfers, dem Direktor der königlichen Museen, und<br />

seines Restaurators Jakob Schlesinger über ein Konservierungsvorhaben des Restaurators<br />

Schrader, der im Berliner Schloss tätig war. 11 Schrader wollte mit königlicher Erlaubnis Holztafelgemälde<br />

mit gefährdeter Farbschicht von Holz auf Leinwand übertragen. Mit dem vielfach<br />

vorgetragenem Bedarf nach Restaurierungen der Schlösserbilder verbanden die Beteiligten<br />

immer wieder den irrigen Wunsch nach dauerhaften Konservierungsmethoden.


Mit der Gründung des Königlichen Museums 1830 in Berlin ist die Restaurierung als<br />

museale Tätigkeit ins öffentliche Bewusstsein gelangt. Die kunstwissenschaftlichen Ordnung<br />

dieser Vorbildsammlungen prägte seither das Bild der alten Künste, die museale Präsentation<br />

nahm seither auf die Restaurierungsästhetiken entscheidenden Einfluss. Wurde<br />

im 19. Jahrhundert noch nach Kräften die Kunst um fehlende Teile ergänzt, neigten die<br />

Restauratoren im 20. Jahrhundert eher dazu, Kunstwerke auf das wesentliche, das vorgeblich<br />

authentische, zu reduzieren. Die Untauglichkeit beider Konzepte für Kunstwerke<br />

in Schlossmuseen zwingt zur genauen Beachtung der Geschichte der Objekte, zu der auch<br />

die wiederholten Restaurierungen durch verschiedene Restauratorenpersönlichkeiten<br />

gehören. Deren Namen sind teilweise bekannt und können auch mit einzelnen Restaurierungen<br />

in Verbindung gebracht werden, doch sind für einige markante »Handschriften«<br />

noch keine Personen oder Zeiträume zugeord<strong>net</strong> worden. Eine systematische Untersuchung<br />

der Restaurierungsgeschichte der Gemälde an den Preußischen Schlössern wird die<br />

Arbeit der nächsten Jahre sein.<br />

Anmerkungen<br />

Gemälderestauratoren in den Preussischen Schlössern 135<br />

1 Angelo Walter setzte sich 1983 ironisch mit dem wandelbaren Wertschätzungen von Original und<br />

Kopie auseinander. Der Beitrag im Katalog weißt darauf hin, dass er sich bei dem Vorhaben, eine<br />

Ausstellung überwiegend mit Kopien zu gestalten, mit Geringschätzung konfrontiert sah. Vgl. Angelo<br />

Walter: Eine Ausstellung mit Kopien?, in: Raffael zu Ehren, bearb. v. Werner Schmidt, Ausstellung,<br />

Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, 1983, Radeberg 1983, S. 33.<br />

2 Bei Götz Eckart: Die Bildergalerie in Sanssouci, unveröffentlichte Diss. Halle 1974, sind fünf Kopien<br />

Schlesingers erwähnt und vier Kopien bezeich<strong>net</strong>: GK I 7539 nach Rubens »Perseus und<br />

Andromeda«; GK I 7738 nach Rubens »Jesus und Johannes mit zwei Engeln«; GK I 7603 nach Rembrandt<br />

»Simson bedroht seinen Schwiegervater«; GK I 7636 nach einer Correggio Kopie »Jupiter<br />

und Io«.<br />

3 Eckart, 1974 (Anm. 2), S. 173: »Als Galeriewärter im Berliner Schloß war 1789 der Maler und<br />

Restaurator Beckly ernannt worden.« Ebenda, S. 195: »Der Tod des für die Schlösser tätigen Restaurators<br />

Beckly der seine Werkstatt im Berliner Schloß hatte«. Der Restaurator Beckly und sein Vorgänger<br />

Schulz waren gleichzeitig als Galeriewärter und Wappenmaler angestellt; also war bereits<br />

vor 1789 ein Restaurator im Berliner Schloss tätig. Ebenda: »Im März 1817 wurde der Maler Bock<br />

zum neuen Restaurator ernannt und verpflichtet, in bestimmten Zeitabständen sämtliche Gemälde<br />

in den Schlössern und Galerien zu untersuchen und für deren Restaurierung Sorge zu tragen.«<br />

4 Götz Eckart hat in seiner Dissertation über die Bildergalerie von Sanssouci (Anm. 2) Quellen über<br />

die preußischen Schlösser aus der Anfangszeit des sich etablierenden Restauratorenberufes ausgewertet:<br />

»Es war vorgesehen, die Restaurierung der großen Bilder in einem Raum des dritten Obergeschosses<br />

im Neuen Palais und die der kleineren Stücke im Kabi<strong>net</strong>t der Bildergalerie oder in der<br />

Wohnung des Kastellans durchführen zu lassen« (S. 221). Den Großteil der Gemälde restaurierte<br />

man dann aber im Schloss Monbijou. Bei der jüngsten Restaurierung der Bildergaleriegemälde von<br />

1991 bis 1996 wurden die Gemälde überwiegend vor Ort in der Galerie bearbeitet.


136 Daniel Fitzenreiter<br />

5 Rechnungsbeleg der Maler Bock und Baron (GStAPK, I. HA Rep. 36 Nr. 3070, 22. Juni 1774). – Die<br />

Maler Bock und Baron haben sich an den Vergoldungen, Lackierungen sowie an den Dekorationsmalereien<br />

des Neuen Palais und der Neuen Kammern beteiligt. Beide waren in Potsdam ansässig.<br />

Baron ist durch Stadtveduten in der Sammlung vertreten.<br />

6 Textentwurf der Bestallung Puhlmanns, zitiert nach: Eckart, 1974 (Anm. 2), S. 227–230.<br />

7 Eckart, 1974 (Anm. 2), S. 170.<br />

8 Siehe Anm. 3.<br />

9 Puhlmann schrieb am 18.8.1816 an Bußler (d. Ä.): »Ich bewundere Ihren Mut sich an den da Vinci<br />

zu wagen! Wünsche Geduld, dieses Gemälde verdient Ihren Fleiß und hoffe, daß es so geraten wird<br />

wie die heilige Familie nach Garofalo«, zitiert nach: Eckart, 1974 (Anm. 2), S. 195.<br />

10 Robert Bußler: Der Rafael-Saal, 2. Aufl., Berlin 1861 (Reprint: Potsdam-Sanssouci 1983), S. 47.<br />

11 Eckart, 1974 (Anm. 2), S. 221.<br />

Abbildungsnachweis: Abb. 1: <strong>SPSG</strong>.


Farbabb. 22 Schloss Babelsberg mit Hauptfontäne am 18. Juni 1998<br />

Farbabbildungen 137<br />

Farbabb. 23 Carl Graeb: Schloss Babelsberg, Blick durch die Pergola, mit Blumenständer, Fontäne<br />

und Schornstein des Maschinenhauses in der Mittelachse, um 1850, <strong>SPSG</strong>, Aquarellslg. Nr. 1042 d


138 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 24 Carl Graeb: Adlerbrunnen im Park Babelsberg, Aquarell, Verbleib unbekannt,<br />

Foto: Diasammlung der Gartendirektion der <strong>SPSG</strong>. – Dieses Aquarell ist in dem von Sybille<br />

Harksen herausgegebenen Bestandskatalog: Carl Graeb 1816 bis 1884, Potsdam 1986, nicht<br />

erwähnt<br />

Farbabb. 25 Adlerbrunnen auf der<br />

Rheinterrasse von Schloss Stolzenfels,<br />

<strong>1999</strong>


Farbabb. 26 Wasserfall am Schwarzen Meer, März 1998<br />

Farbabbildungen 139<br />

Farbabb. 27 Carl Graeb: Ansicht von Schloss Babelsberg von Südost mit der Schlosshöhe im Vordergrund,<br />

in: SMBPK, Kupferstichkabi<strong>net</strong>t, Top. 98/6 (1484–1856)


140 Farbabbildungen<br />

Farbabb. 28 Gussmodell des Schlosses Königs<br />

Wusterhausen<br />

Farbabb. 29 Kostüme für thematische Führungen<br />

im Schloss Königswusterhausen


SILKE HOLLENDER<br />

Der begehrte Blick<br />

hinter die Kulissen<br />

Auswertung einer Besucherbefragung<br />

während der Sonderveranstaltungen<br />

im Jahre <strong>2000</strong><br />

Sonderveranstaltungen für ein speziell interessiertes Publikum in Form<br />

von Führungen, Vorträgen, Lesungen und musikalischen Veranstaltungen wurden bereits<br />

von den ehemaligen »Staatlichen Schlössern und Gärten« durchgeführt. Seit April 1994<br />

erscheint nun monatlich bzw. seit 2001 zweimonatlich ein gedrucktes Veranstaltungsprogramm<br />

der <strong>SPSG</strong> in einem ansprechendem Layout. Der nationale und internationale Vergleich<br />

und die interne Vorlaufphase, in der wir die Resonanz auf ein solches Programm in<br />

Form von selbst erstellten Blättern erprobt hatten, bestätigte den Bedarf an einer solchen<br />

Form der Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Nach etwa zwei Jahren wurden die mindestens vier Mal im Monat stattfindenden Sonderveranstaltungen<br />

vom Publikum so gut angenommen, dass sie schon zu diesem Zeitpunkt<br />

stark nachgefragt, teilweise auch überbucht waren. Auch von den Kollegen der Fachabteilungen,<br />

die im Sinne eines Eigen-Marketings den größten Teil dieser Veranstaltungen leiteten,<br />

wurden sie nach manchmal anfänglicher Zurückhaltung akzeptiert. Zunehmend<br />

kamen sowohl aus ihren Reihen als auch von den Besuchern Veranstaltungsvorschläge und<br />

-wünsche.<br />

Die Veranstaltungen<br />

Der Bogen der Veranstaltungsthemen und -inhalte reicht von der Vermittlung<br />

denkmalpflegerischer, kunst- und gartenhistorischer Hintergründe, meist in Form<br />

von Führungen und Vorträgen, über praktische Einblicke in die Arbeit der Stiftung bis hin<br />

zu kulturhistorischen und künstlerischen Veranstaltungen. Von Anfang an besonders beliebt<br />

sind Werkstattbesuche und Demonstrationen bestimmter Restaurierungs- und Arbeitstechniken.<br />

Auch Einblicke in ansonsten unzugängliche Bereiche oder Häuser sind sehr gefragt, tragen<br />

sie doch den Hauch des Exklusiven und kommen der menschlichen Neugier entgegen.<br />

Als Spitzenreiter in der Publikumsgunst erweisen sich jedoch kulturhistorische Themen,<br />

wie das Funktionieren eines Schlosses in allen seinen Bereichen, Kochen und Tafeln am


142 Silke Hollender<br />

Hof, Mode und Lebensalltag, höfische Feste usw. – kurz: alle Themen mit einem lebenspraktischen<br />

Hintergrund.<br />

Partner<br />

Die Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltern – kommunalen Institutionen,<br />

Vereinen usw. – hat sich, nicht zuletzt durch die regionale Einbindung der neu<br />

eröff<strong>net</strong>en märkischen Schlösser im Land Brandenburg, verbreitert und vertieft. Die Kastellane<br />

nehmen dabei eine wichtige Rolle ein, nicht wenige schöpfen dabei ihre Gestaltungsspielräume<br />

im Sinne vielfältiger und interessanter Veranstaltungsangebote für »ihr« Schloss<br />

aus.<br />

Besucherbefragung<br />

zu den Sonderveranstaltungen<br />

Nach Jahren reger Veranstaltungstätigkeit besaßen wir eine Fülle von<br />

mehr oder weniger sicheren Erkenntnissen über unser Zielpublikum, die Akzeptanz der<br />

Veranstaltungen und die Güte der Vertriebswege unserer Programme. Um dieses Wissen<br />

zu systematisieren, führten wir von Mitte März bis Mitte Juni <strong>2000</strong> eine Besucherbefragung<br />

über alle in diesem Zeitraum laufenden Sonderveranstaltungen durch. Die Befragung erfolgte<br />

mittels eines nach dem Ende der Veranstaltungen ausgegebenen Fragebogens. Die Fragen<br />

orientierten sich an denen der Besucherbefragung aus dem Jahr 1998, wodurch ein Vergleich<br />

der Ergebnisse möglich wurde.<br />

Im Befragungszeitraum besuchten insgesamt 247 Gäste unsere Veranstaltungen. Etwa<br />

70 % von ihnen beteiligten sich an der Befragung und füllten 172 Fragebögen aus. Häufig<br />

beantworteten Paare einen Fragebogen gemeinsam. Gefragt wurde nach Besuchshäufigkeit,<br />

Informationsquelle, Zufriedenheit, Gründen für den Veranstaltungsbesuch, nach Anregungen,<br />

Kritik und Verbesserungsvorschlägen sowie nach soziodemografischen Daten. Bei<br />

geeig<strong>net</strong>en quantitativen Fragen wurde der Vergleich zur Besucherbefragung 1998 gezogen.


Quantitative Auswertung<br />

Frage 1: Wie häufig besuchen Sie unsere Sonderveranstaltungen?<br />

Der begehrte Blick hinter die Kulissen 143<br />

Sonderveranstaltung <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998*<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

1. Besuch 59 34,1 37,0<br />

1 bis 2 Besuche im Jahr 24 13,8 17,7<br />

3 bis 5 Besuche im Jahr 45 26,0 13,9<br />

öfter 45 26,0 18,6<br />

* Angaben beziehen sich auf die Schlösser Cecilienhof, Schloss Sanssouci, Neues Palais, Babelsberg,<br />

Charlottenburg<br />

Über ein Drittel der Teilnehmer an den Sonderveranstaltungen sind Erstbesucher. Dieser<br />

Anteil ähnelt dem der touristischen Besucher in der Besucherbefragung 1998. Ein Viertel<br />

der Besucher kommt drei bis fünf Mal, ein weiteres Viertel sogar öfter. Das deckt sich mit<br />

unserer Erfahrung, dass sich zu jeder Veranstaltung ein größerer Anteil »Stammpublikum«<br />

einfindet. Die Besucher der Sonderveranstaltungen bestehen zwischen einem Viertel und<br />

der Hälfte aus Stammpublikum. Das zeugt zum einen von großer Akzeptanz und Zufriedenheit.<br />

Zum anderen bedeutet das, dass im Bereich der Erst- und Wenigbesucher noch<br />

Möglichkeiten liegen, die auszubauen wären. Eine Veranstaltungsstruktur, mit der auch<br />

Spontan- und Zufallsbesucher angezogen werden, wird im Augenblick aufgebaut, u.a. mit<br />

einem regelmäßigen Angebot sich wiederholender Themen, die ohne Voranmeldung<br />

besucht werden können.


144 Silke Hollender<br />

Frage 2: Woher haben Sie die Information über das Stattfinden der Veranstaltung?<br />

Gesamtzahl der Angaben: 271 (mit Doppelnennungen)<br />

Sonderveranstaltung <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

Über Monatsprogramm 145 52,9 27,8<br />

davon über Postversand 83 Stadtpläne, Prospekte,<br />

selbst geholt 62 Reiseführer<br />

Tagespresse 19 6,9<br />

Programmzeitungen u. Medien 21 –7,66 8,7<br />

davon BM-live (Morgenpost) 11 Zahl meint alle Medien<br />

Ticket (Tagesspiegel) 5<br />

MAZ-ab 3<br />

Kulturplakat Potsdam 3<br />

Events –<br />

Zitty –<br />

Radio, TV –<br />

Anregung von Freunden, 37 15 32,8<br />

Verwandten, Kollegen<br />

Zufällig wahrgenommen 49 19,8 3,7<br />

Unsere Erfahrungen bestätigen, dass das Stammpublikum zu dem Kreis der Besucher<br />

gehört, der das gedruckte Programmheft regelmäßig nutzt. Fast die Hälfte derjenigen, die<br />

auf Grund der Ankündigung im Programmheft zur Veranstaltung kamen, hat sich das Programm<br />

von einer unserer Verteilerstellen selbst geholt, wurde also aktiv, um an die gewünschte<br />

Information zu gelangen. Sehr ähnlich erscheint im Vergleich die Bedeutung der<br />

Medien (ohne Tagespresse) für die Anregung zum Besuch der Schlösser und Gärten bzw.<br />

der Veranstaltungen. Für die Sonderveranstaltungen sind es besonders die Programmbeilagen<br />

der bekannten Berliner und Potsdamer Tageszeitungen, deren Ankündigungen Besucher<br />

zu uns bringen (s. Wohnort).<br />

Erstaunlich hoch ist die Zahl derjenigen, die angeben, zufällig auf die Veranstaltung<br />

gestoßen zu sein. Leider konnten wir nicht erfahren, was die Besucher mit »zufällig« meinen,<br />

da wir es nicht erfragt haben. Auf jeden Fall handelt es sich hier aber um Besucher,<br />

die nicht zum Stammpublikum zählen und sich allein durch Art oder Inhalt der Ankündigung,<br />

die sie nicht planvoll gesucht hatten, zur Teilnahme anregen ließen.<br />

Die persönlichen Tipps von Familie und Freunden spielen bei den Veranstaltungen zwar<br />

eine nicht ganz so große Rolle wie bei den touristischen Schloss- und Parkbesuchen. Sie<br />

stellen jedoch eine nicht zu vernachlässigende Größe dar. Bedenkt man, dass sich positive<br />

Erfahrungen im Tourismussektor sehr viel schwerer herum sprechen als Mängel und Fehler,<br />

kann man diese Zahl umso höher schätzen. Deutlich wird auch, wie nachteilig sich eine<br />

mangelhafte Qualität der Veranstaltungen auswirken würde.


Frage 4: Erfüllte die Veranstaltung Ihre Erwartungen?<br />

Ja 169<br />

Nein 2<br />

Frage 6: zu demografischen Angaben<br />

Alter<br />

Sonderveranstaltung <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

Bis 19 Jahre 3 4,05 5,3<br />

20 bis 29 Jahre 13 7,47 21,8<br />

30 bis 39 Jahre 24 13,97 20,3<br />

40 bis 49 Jahre 21 12,06 16,7<br />

50 bis 59 Jahre 40 32,35 17,0<br />

60 Jahre und älter 73 41,95 18,9<br />

Der begehrte Blick hinter die Kulissen 145<br />

Auffällig ist der sehr hohe Anteil an über Fünfzigjährigen. Hier wird deutlich, dass die Anziehungskraft<br />

der Sonderveranstaltungen, die zum überwiegenden Teil klassischen Bildungscharakter<br />

tragen, vorwiegend auf ein älteres Publikum wirkt. Die Veranstaltungen tragen<br />

nur selten den Freizeitinteressen jüngerer Besucher Rechnung, die z. B. bei Veranstaltungen<br />

wie »Lange Nächte der Museen« oder »Schlössernacht« in größerer Zahl in den Schlössern<br />

und Parks anzutreffen sind.<br />

Wollen wir künftig für Sonderveranstaltungen mehr jüngeres Publikum anziehen, müsste<br />

ein spezielles Veranstaltungsprofil entwickelt werden. So könnten beispielsweise Familien<br />

mit Kindern als eine auszubauende Zielgruppe in Frage kommen. Erfahrungen mit<br />

Familienveranstaltungen vor allem in Berlin und die starke Nachfrage nach Veranstaltungen<br />

mit dem Siegel »Erlebnis plus Bildung« lassen einen entsprechenden Bedarf erkennen.<br />

Die Vorbereitung solcher Veranstaltungen ist allerdings sehr zeit- und personalaufwändig<br />

und kann schon jetzt aufgrund der Fülle der zu bewältigenden Aufgaben kaum organisiert<br />

werden. So erscheint es sinnvoll, verstärkte Energien auf diesem Sektor in die Zusammenarbeit<br />

mit unseren Partnern, mit Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Vereinen, fließen<br />

zu lassen.


146 Silke Hollender<br />

Wohnort<br />

Sonderveranstaltung <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

Berlin 98 57,6 51,1<br />

Potsdam 56 33 Berlin/Potsdam und<br />

Umland 10 5,9 Umgebung<br />

Von auswärts 6 3,5 48,8<br />

Landkreis Havelland, Touristen aus dem<br />

Bundesländer: Sachsen-Anhalt, In- und Ausland<br />

Nordrhein-Westfalen, Hessen<br />

96,5 Prozent der Besucher von Sonderveranstaltungen kommen aus Berlin, Potsdam und<br />

der näheren Umgebung. Diese hohe Zahl entspricht der Zielgruppenausrichtung und dem<br />

Werberadius. Mit knapp 58 Prozent ist der Anteil der Besucher aus Berlin verhältnismäßig<br />

hoch. Diese Tatsache fällt um so mehr ins Gewicht, wenn man die geringe Verteilerzahl<br />

der Monatsprogramme in Berlin berücksichtigt. Neben dem Postversand kommen die Programme<br />

nur in den Schlössern der <strong>SPSG</strong>, im Pergamonmuseum und im Deutschen Historischen<br />

Museum zur Auslage. Unregelmäßig, je nach dem Buchungsstand, gibt es auch<br />

Ankündigungen in der Tagespresse. Beim Berliner Publikum ist möglicherweise ein noch<br />

ungenutztes Potential vorhanden, das mit einer durchdachten Erweiterung des Verteilerschlüssels<br />

sicher besser angesprochen werden könnte. Ziel der inzwischen eingeführten<br />

Wiederholungsveranstaltungen ist es, stärker als bisher das touristische Publikum zu erreichen.<br />

Bildung<br />

Sonderveranstaltung <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

Volks-, Hauptschul-,<br />

Realschulabschluss, Gesamtschule<br />

Fachhochschul- und<br />

46 26,9 38,4<br />

Hochschulreife 64 37,4 25,6<br />

Hochschulabschluss 50 29,2 34,3<br />

Sonstiges bzw. keine Angaben 11 6,4 1,6<br />

Deutlich wird, dass die Besucher der <strong>SPSG</strong> ebenso wie die Gäste der Sonderveranstaltungen<br />

zumeist einen höheren Bildungsabschluss besitzen.


Berufsgruppe<br />

Sonderveranstaltungen <strong>2000</strong> Besucherbefragung 1998<br />

Anzahl Prozent Prozent<br />

Schüler, Studenten, Azubis 15 8,72 17,5<br />

Facharbeiter, Arbeiter 7 4,06<br />

Angestellte, Beamter 42 24,41<br />

Selbstständige 17 9,88<br />

z. Zt. ohne Arbeit 11 6,40 3,5<br />

Vorruhestand, Rentner, Pensionäre 80 46,5 16,3<br />

Etwa ein Viertel der Veranstaltungsbesucher gehört als Angestellter oder Beamter zu den<br />

gut Verdienenden mit sicherem Einkommen und höherem Bildungsabschluss. Mit knapp<br />

der Hälfte der Befragten ist die Gruppe der Vorruheständler, Rentner und Pensionäre überdurchschnittlich<br />

stark vertreten (s. auch Alter). Nach unseren Beobachtungen setzt sich aus<br />

dieser Gruppe im wesentlichen unser »Stammpublikum« zusammen. Man könnte mutmaßen,<br />

dass diese Zielgruppe über das ausreichende Maß an Freizeit und ein gewisses<br />

Bedürfnis nach klassischer Wissensvermittlung verfügt, um zu regelmäßigen Veranstaltungsbesuchern<br />

zu werden. Potenzen für zu erschließende Zielgruppen liegen sicher noch<br />

in der Gruppe Schüler, Studenten und Azubis. Die Zahlen der Besucherbefragung der <strong>SPSG</strong><br />

zeigen, dass man auch in dieser Gruppe von einem gewissen Interesse an den Schlössern<br />

und Gärten ausgehen kann.<br />

Qualitative Auswertung<br />

Der begehrte Blick hinter die Kulissen 147<br />

Die Fragen 3, 4 und 5 waren ungestützte Fragen und wurden von einer<br />

unterschiedlichen Zahl von Teilnehmern beantwortet. Im folgenden werden mehrfach<br />

genannte Antworten nach ihrer Häufigkeit geord<strong>net</strong> wiedergegeben.<br />

Frage 3: Aus welchem Grund haben Sie die Veranstaltung besucht?<br />

(Von 148 Teilnehmern beantwortet.)<br />

Als Hauptgrund wurde allgemeines und spezielles Interesse angegeben (140 Nennungen),<br />

und zwar Interesse an Geschichte, Kunstgeschichte, Architektur, preußischer<br />

Geschichte, Geschichte Potsdams, an der Kulturlandschaft Potsdam, an der Arbeit der<br />

<strong>SPSG</strong>, an fachlichen Konzepten und Einzelheiten von Restaurierungen usw. Auch Wissenserwerb<br />

oder -vervollkommnung wurde als Motivation angeführt. Ebenso spielt die Neugierde<br />

auf sonst für die Öffentlichkeit geschlossene Gebäude und Areale eine Rolle. Unserer<br />

Erfahrung nach übt ein normalerweise unzugänglicher Veranstaltungsort immer eine<br />

große Anziehungskraft auf Besucher aus, wie etwa beim Tag des offenen Denkmals oder<br />

bei Baustellenbesichtigungen. Als weitere Gründe wurden genannt: sehr gute Erfahrungen<br />

mit anderen Führungen und Referenten, Empfehlungen von Freunden, Veranstaltungsbesuch<br />

als Geburtstagsgeschenk.


148 Silke Hollender<br />

Bemerkungen zur Frage 4: Erfüllte die Veranstaltung Ihre Erwartungen?<br />

(Bemerkungen von 63 Teilnehmern.)<br />

Insgesamt gab es 85 Bemerkungen zur Qualität der Veranstaltungen. Das Spektrum der<br />

Antworten reichte von informativ, (hoch)interessant, hohes fachliches Niveau, kompetent,<br />

engagiert, umfassend über lebensnah, gut recherchiert, gut auf die Gäste eingegangen, verständlich<br />

bis hin zu einer Sympathiebekundung für die leidenschaftliche Führung. Eine<br />

gute Zusammenfassung gibt der Ausspruch eines Besuchers, ihm habe die Veranstaltung<br />

deshalb so gut gefallen, weil man »in lockerer Atmosphäre gutes Wissen vermittelt« bekommen<br />

habe.<br />

Frage 5: Haben Sie Anregungen, Kritik oder Verbesserungsvorschläge?<br />

(Von 63 Teilnehmern beantwortet.)<br />

Angeregt wurde, die jeweilige Führung öfter anzubieten, eine schriftliche Zusammenfassung<br />

bzw. Literaturtipps zu verteilen, mehr Werbung in Berlin zu machen, eine Abo-<br />

Gebühr für den Bezug der Monatsprogramme zu erheben, im Anschluss an die Führung<br />

eine Spendenmöglichkeit zu bieten.<br />

Einige Gäste schlugen vor, Sonderführungen, besonders jene mit kulturhistorischem<br />

Charakter, häufiger zu wiederholen. Auch der beliebte »Blick hinter die Kulissen« sollte<br />

öfter ermöglicht werden. Mehr Veranstaltungen in den Parks zu jeder Jahreszeit wurden<br />

gewünscht. Stärker als bisher sollten auch Berufstätige in Bezug auf die Terminlegung<br />

berücksichtigt werden. Kritisch wurde angemerkt, dass die Veranstaltungen sehr schnell<br />

ausgebucht und die Zahl der Teilnehmenden zu hoch waren.<br />

Schlussbemerkungen<br />

Fortlaufend, jedoch verstärkt seit der Mitte des Jahres <strong>2000</strong>, haben wir<br />

entsprechend den Forderungen des Marketingkonzeptes Ergänzungen am Veranstaltungsprogramm<br />

vorgenommen, die einen Teil der von den Besuchern geäußerten Kritik oder<br />

Wünsche aufnehmen. So sind wir aufgrund der riesigen Nachfrage vor allem nach kulturhistorischen<br />

Veranstaltungen und nach Einblicken in sonst nicht zugängliche Bereiche dazu<br />

übergegangen, diese Veranstaltungen häufiger als bisher und mit regelmäßigen Wiederholungen<br />

(mindestens einmal pro Quartal) anzubieten.<br />

Darüber hinaus erproben wir seit Juni <strong>2000</strong> die neue Veranstaltungsreihe der wöchentlich<br />

bzw. monatlich stattfindenden Sonderveranstaltungen, die vom Personal der Schlösser<br />

selbst durchgeführt werden. Diese Veranstaltungen sollen verstärkt das touristische Publikum<br />

ansprechen, es sind daher keine Anmeldungen nötig. Sie sollen im Sinne der Besucherlenkung<br />

ebenso dazu dienen, das Augenmerk auf weniger beachtete Schlossbereiche,<br />

Ausstellungsschwerpunkte oder auf die für Individualbesucher sonst nur selten zu erlebenden<br />

historischen Gärten zu lenken. Themenbeispiele sind: »Frauen um Friedrich den<br />

Großen«, Pesne-Galerie Neues Palais; »Raffael und seine Zeit«, Führungen im historischen<br />

Kostüm, Orangerieschloss Park Sanssouci; »Auch ich bin in Arkadien geboren...«, Park-


Der begehrte Blick hinter die Kulissen 149<br />

führung im Lustgarten des 18. Jahrhunderts und im Marlygarten Park Sanssouci. Die Einführung<br />

weiterer Themen ist vorgesehen.<br />

Wir werden beobachten, wie groß das Interesse an diesen Veranstaltungen ist und welche<br />

Werbemaßnahmen dafür sinnvoll und erforderlich sein werden. Weiterhin muss im<br />

Rahmen des Marketingkonzeptes überdacht werden, inwieweit Veränderungen an den existierenden<br />

Veranstaltungsthemen und -formen und deren Bewerbung vorgenommen werden<br />

müssen, um andere Zielgruppen in den Vordergrund zu stellen oder gänzlich neue<br />

Besucher zu gewinnen.


WILMA OTTE<br />

Schlösser und Gärten –<br />

ein Erlebnis für alle Besucher<br />

Was suchen behinderte Menschen im Museum? Eigentlich genau dasselbe<br />

wie alle anderen Besucher auch; sie wollen einen Ausflug machen, etwas Besonderes<br />

erleben, sich mit Geschichte, Kunst und Kultur vertraut machen. Sie wollen teilhaben am<br />

kulturellen Leben, an sozialer Kommunikation. Ganz normale Ansprüche. Nur werden sie<br />

bei ihrer Verwirklichung allzu oft behindert. Sie stehen vor Treppen und kommen mit ihren<br />

Rollstühlen gar nicht erst in die Gebäude. Nehmen sie an einer Führung teil, sind Rollstuhlfahrer<br />

eingeklemmt zwischen 39 anderen Besuchern, von denen sie aus ihrer Perspektive<br />

nur Knie und Hinterteile sehen. Und das sind nur die Probleme der Körperbehinderten.<br />

Gehörlose Besucher haben keine Chance zum Lippenlesen. Gleichzeitig lesen und<br />

das Schloss anschauen können sie nicht, denn ihre Augen müssen ja auch die Ohren ersetzen.<br />

Also gibt es nur Besichtigungen ohne jede Erklärung. Und für blinde und sehbehinderte<br />

Besucher ist ein Besuch in unseren, so sehr auf die Optik ausgerichteten Häusern ein<br />

ganz besonders schwieriges Unterfangen.<br />

Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, dieser Besuchergruppe einen ihren Fähigkeiten<br />

entsprechenden Zugang zu den Schlössern und Gärten zu schaffen. Für körperbehinderte<br />

Besucher wurden in den letzten Jahren neue Zugangsmöglichkeiten geschaffen. Am Neuen<br />

Palais und vor dem Marmorpalais muss niemand mehr draußen stehen bleiben. Lifte ermöglichen<br />

zumindest einen Zugang zum unteren Geschoss. Für Besucher mit Sinnesbehinderungen<br />

sind es weniger die technischen Hilfsmittel, die den Schlossbesuch zu einem wirklichen<br />

Erlebnis machen. Es ist das Eingehen auf ihre ganz speziellen Fähigkeiten und<br />

Möglichkeiten. Eine gründliche Vorbereitung, ein bisschen Phantasie und vor allem Zeit<br />

und Ruhe während der Führung sind dafür die ganz entscheidenden Voraussetzungen.<br />

Nehmen wir nur das Beispiel der blinden und sehbehinderten Gäste. Wenn sie nach<br />

Potsdam kommen, möchten sie, wie alle anderen Besucher auch, das Sanssouci Friedrichs<br />

II. besuchen. Und schon hier beginnen die Schwierigkeiten. Eine Führung in Ruhe ist in<br />

diesem Schloss mit seinem streng geplanten Führungsablauf kaum, eine Vorbereitung<br />

(Absperrungen entfernen, Hilfsmitteln deponieren) unmöglich. Also beginnt schon hier,<br />

was die ganze Veranstaltung prägt – adäquaten Ersatz finden. Das Gewünschte durch Ähn-


152 Wilma Otte<br />

liches ersetzen und mit diesem »Ersatz« die gleichen Inhalte vermitteln. Der ideale Ort ist<br />

hierfür die Wohnung Friedrichs II. im Neuen Palais. Der gleiche König, das gleiche Jahrhundert,<br />

eine ähnliche Einrichtung – und das Ganze wenig frequentiert, so dass eine Führung<br />

in ruhiger Atmosphäre möglich ist. Hat die Gruppe den Vorschlag akzeptiert, folgen weitere<br />

Überlegungen. Was will ich vermitteln? Was kann ich wo und wie zeigen? Was ist charakteristisch<br />

und wie kann ich es darstellen? Wie kann ich die fehlende optische Wahrnehmung<br />

durch die funktionierenden Sinne ersetzen?<br />

Ersetzen – das bedeutet, statt sehen – hören, riechen, fühlen, schmecken. Und das in<br />

Schlössern, die normalerweise nur mit den Augen erfasst werden. Nutzbar sind für diese<br />

Zwecke: der Schall, der es ermöglicht, unterschiedliche Größen, Höhen, Raumausstattungen<br />

zu erkennen, verschiedene Materialien, die sich in Temperatur und Oberflächenstruktur<br />

unterscheiden, charakteristische Formen, die es zu »begreifen« gilt, und natürlich die<br />

eigene Fähigkeit, Dinge so verständlich wie möglich zu beschreiben – nicht zu reich an<br />

Details, um nicht zu verwirren, aber ausführlich genug, um eine Vorstellung von Räumen,<br />

Bauten oder auch Gartenbereichen zu vermitteln. Dazu kommt die anfangs erwähnte Phantasie,<br />

um Abstraktes, schwer Vorstellbares auf Reales, für den Besucher Bekanntes zurückzuführen<br />

oder aber nicht Betast- und schwer Beschreibbares nachzugestalten. Dies allerdings<br />

nur im Ausnahmefall, denn auch diese Besucher kommen, um Authentizität zu<br />

erleben.<br />

Im Neuen Palais ist es möglich, verschiedene Materialien wie Marmor, Stuck oder Holz<br />

zu berühren und zu vergleichen; die großen Säle abzuschreiten, um eine Vorstellung von<br />

ihrer Größe zu bekommen – auch der Schall ist hierbei hilfreich. Der Grottensaal klingt einfach<br />

größer als die Bibliothek. Strukturen sind zu erkennen – die Wände der Grotte fühlen<br />

sich anders an als die hölzernen Putten in der Blauen Kammer. Genaues Beschreiben bedeutet:<br />

wieviele Fenster und Türen gibt es, wo sind sie? Was macht den Eindruck des Raumes<br />

aus – ist er hell oder dunkel, wirkt er gemütlich oder eher sehr prunkvoll, welche Farbe<br />

haben die Wände und was ist auf den Gemälden an der Decke dargestellt? Manches ist ohne<br />

»Hilfsmaterialien« nicht zu erklären, z. B. die Schneeballvasen. Anfassen ist hier wirklich<br />

nicht möglich. Wie sich Porzellan anfühlt, weiß jeder Besucher – interessant ist die Struktur.<br />

Um diese zu beschreiben, gibt es einen etwas überdimensionierten Schneeball aus Pappmaché.<br />

Von ihm auf das Aussehen der ganzen Vase zu schließen ist genauso möglich, wie<br />

von einer einzelnen Pendelocke eines Leuchters auf das ganze Stück.<br />

Halten sich Erklären und Beschreiben, die Nutzung von Modellen und das »Begreifen«<br />

der Originale, dort wo es aus restauratorischer Sicht zu vertreten ist, die Waage, ist es möglich,<br />

ihnen wie auch Besuchern mit jedem anderen Handicap – nutzt man ihre spezifischen<br />

Möglichkeiten und Fähigkeiten – zu einem erlebnisreichen Schlossbesuch zu verhelfen<br />

(Farbabb. 28 und 29).<br />

Abbildungsnachweis: Farbabb. 28–29: <strong>SPSG</strong>, Abt. Museumspädagogik/Besucherbetreuung.


Autoren<br />

Dr. Uta-Christiane Bergemann, Bochum<br />

Kurt Eisbein, <strong>SPSG</strong> Berlin-Brandenburg<br />

Daniel Fitzenreiter, <strong>SPSG</strong> Berlin-Brandenburg<br />

Astrid Fritsche, <strong>SPSG</strong> Berlin-Brandenburg<br />

Guido Hinterkeuser, Berlin<br />

Silke Hollender, <strong>SPSG</strong> Berlin-Brandenburg<br />

Christa-Maria Jeitner, Blumberg<br />

Dr. Dagmar Neuland-Kitzerow, SMBPK,<br />

Museum Europäischer Kulturen, Berlin<br />

Wilma Otte, <strong>SPSG</strong> Berlin-Brandenburg


II.<br />

Die Arbeit der Stiftung<br />

Preussische Schlösser und Gärten<br />

Berlin-Brandenburg<br />

in den Jahren <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>


In den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> fielen wichtige Entscheidungen, die sich<br />

nachhaltig und positiv auf die Rahmenbedingungen der Stiftung und auf die Arbeit an ihren<br />

Kernzielen auswirken werden.<br />

Die 23. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees hat Ende <strong>1999</strong> die Erweiterung der<br />

Potsdamer Welterbestätten um insgesamt 14 Bereiche beschlossen. Davon lagen im Verantwortungsbereich<br />

der Stiftung u. a. die Schlossanlage Lindstedt und der Pfingstberg. Diese<br />

Entscheidung ist eine Bestätigung der internationalen Wertschätzung für die Schlösser und<br />

Gärten in Potsdam und Berlin sowie den zur Stiftung gehörenden Zeugnissen preußischer<br />

Kunst und Geschichte. Sie ist sowohl eine Anerkennung der intensiven denkmalpflegerischen<br />

Arbeiten in den vergangenen zehn Jahren zur Erhaltung und Wiederherstellung der<br />

Potsdam-Berliner Kulturlandschaft als auch ein Appell der UNESCO an alle Verantwortlichen,<br />

in den Bemühungen um den Erhalt dieser einzigartigen Kulturlandschaft nicht nachzulassen.<br />

Ein Jahr später, am 12. Dezember <strong>2000</strong>, konnte die Stiftung das zehnjährige Jubiläum<br />

der Aufnahme der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft – deren größter Teil zum Verantwortungsbereich<br />

der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gehört – in<br />

die Welterbeliste der UNESCO mit einem Festakt im Schlosstheater des Neuen Palais im<br />

Park Sanssouci feierlich würdigen. Das Welterbekomitee der UNESCO hatte am 12. Dezember<br />

1990 beschlossen, die Potsdam-Berliner Kulturlandschaft als Kulturdenkmal der<br />

Menschheit in die Welterbeliste aufzunehmen.<br />

Damit wurde die herausragende Bedeutung dieses großartigen Gesamtkunstwerkes<br />

mehrerer Schlösser und Parkanlagen als Kulturdenkmal der Menschheit dokumentiert und<br />

gewürdigt. Zugleich war dies ein bedeutsamer Schritt für die Erhaltung des Ensembles aus<br />

Schlössern, Gärten und Werken der bildenden und angewandten Kunst für spätere Generationen.<br />

Seither haben die beiden Stifterländer Brandenburg und Berlin sowie der Bund<br />

und zahlreiche Mäzene und Sponsoren über 150 Millionen DM für Restaurierungs- und<br />

Wiederherstellungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Dabei wurden herausragende, zum Teil<br />

kaum für möglich gehaltene Ergebnisse erzielt. Ganze Gartenreiche, wie der Ruinenberg,


158 Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors<br />

Abb. 1 Urkunde der UNESCO über die Aufnahme der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft<br />

in die Welterbeliste vom 12. Dezember 1990, <strong>SPSG</strong><br />

Foto: <strong>SPSG</strong>


Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors 159<br />

der Pfingstberg oder die ehemaligen Mauerbereiche im Neuen Garten und im Park Babelsberg<br />

sind der Vergessenheit entrissen worden und wurden wieder zu dem gemacht, was<br />

sie einmal waren: Kunstwerke der Garten- und Landschaftsgestaltung. Mit der Historischen<br />

Mühle am Park Sanssouci, der Gotischen Bibliothek im Neuen Garten oder dem seit April<br />

2001 wieder begehbaren Belvedere auf dem Pfingstberg sind seit 1990 Gebäude der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht worden, an deren Wiederauferstehung noch vor zehn Jahren<br />

nur wenige geglaubt haben.<br />

Ein für die Zukunft der Stiftung wichtiges finanzpolitisches Ereignis war die Unterzeichnung<br />

eines neuen Finanzierungsabkommens für die Jahre <strong>2000</strong> bis 2004 durch die Vertreter<br />

des Bundes sowie der Länder Berlin und Brandenburg am 8. Juni <strong>2000</strong>. Danach werden<br />

die Zuschüsse seitens der Zuwendungsgeber der Stiftung auf jährlich 61,8 Millionen DM<br />

angehoben. Mit dieser Erhöhung wurde u. a. der Tatsache Rechnung getragen, dass sich<br />

das Aufgabenfeld der Stiftung mit der Übernahme der Schlossgärten von Charlottenburg<br />

und Glienicke seit dem 1. Januar <strong>2000</strong> um einen bedeutenden Teilbereich erweitert hat.<br />

Ein weiterer wichtiger Schritt für die Entwicklung der Stiftung war die Verabschiedung<br />

eines Leitbildes. Es wurde von der Referentenkommission auf ihrer 11. Sitzung am 27. Oktober<br />

<strong>1999</strong> bestätigt. Das Leitbild, welches im vorliegenden Band abgedruckt ist, soll unseren<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als deutliche Richtschnur für ihre Arbeit dienen,<br />

indem es die Hauptziele und Aufgaben unserer Einrichtung festschreibt. Sie bestehen darin,<br />

die Preußischen Schlösser und Gärten in ihrem Ensemblecharakter als wichtige Zeugnisse<br />

deutscher Kultur und Geschichte zu pflegen und zu bewahren, wissenschaftlich zu bearbeiten<br />

und zu interpretieren sowie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />

Auch <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> gehörten die Schlösser und Gärten der Stiftung wieder zu den Besuchermag<strong>net</strong>en<br />

in der Region Berlin-Brandenburg. Im Jahr <strong>1999</strong> betrug die Gesamtbesuchszahl<br />

1.883.349. Allein die herausragende Oranier-Ausstellung im Schloss Oranienburg zog<br />

mehr als 85.000 Besucher an. Im Jahre <strong>2000</strong> konnten die Besucherzahlen gegenüber dem<br />

Vorjahr nochmals deutlich gesteigert werden. So wurden in <strong>2000</strong> 2.145.427 Besuche<br />

gezählt. Erfreulich ist, dass offenbar die in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen zur<br />

Besucherlenkung erste Früchte tragen, wie die zum Teil erheblich gestiegenen Besucherzahlen<br />

in den bisher weniger beachteten Schlössern zeigen.<br />

<strong>1999</strong> wurde erstmals die Potsdamer Schlössernacht durchgeführt. Wir haben mit der für<br />

historische Gartenanlagen neuen Veranstaltungsform das Ziel verfolgt, auch auf die weniger<br />

bekannten Schlösser in Potsdam aufmerksam zu machen und gleichzeitig neue Zielgruppen<br />

zu erreichen. Folgerichtig war auch die zweite Potsdamer Schlössernacht am 19. August<br />

<strong>2000</strong> ein Veranstaltungshöhepunkt der Stiftung und der gesamten Stadt Potsdam.<br />

Wie die Berichte der Abteilungen zeigen, waren die beiden Berichtsjahre wiederum von<br />

umfangreichen Restaurierungsprojekten, Wiederherstellungen und Sanierungsmaßnahmen


160 Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors<br />

Abb. 2 Zweite Potsdamer Schlössernacht am 19. August <strong>2000</strong>, Orangerie im Park Sanssouci mit<br />

den Jubiläumsterrassen<br />

Foto: Shandwick International Berlin<br />

in den Schlössern und Gärten der Stiftung geprägt. Seit der <strong>1999</strong> abgeschlossenen Wiederherstellung<br />

von Schloss und Garten Caputh gehört dieses historische Ensemble wieder zu<br />

den Juwelen der Schlösserlandschaft. Für die <strong>SPSG</strong> ist die Restaurierung der Schlossanlage<br />

ein wichtiger Schritt auf dem von der Stiftung eingeschlagenen Weg, neben den Hauptresidenzen<br />

in Berlin und Potsdam auch die ländlichen Schlossanlagen der Öffentlichkeit<br />

zugänglich zu machen.<br />

Diese Entwicklung wurde am 30. September <strong>2000</strong> mit der Eröffnung des Schlosses in<br />

Königs Wusterhausen fortgesetzt. Aufgrund des großen Umfangs der notwendigen Sanierungs-<br />

und Restaurierungsarbeiten mußte die Stiftung im Jahr <strong>2000</strong> Kräfte aus allen Bereichen<br />

auf diese Schlosseröffnung konzentrieren. Die Wiederherstellung des Schlosses kostete<br />

insgesamt rund 9,2 Millionen DM. Sie wurde mit Mitteln der Europäischen Union, der<br />

Bundesregierung sowie der Länder Berlin und Brandenburg gefördert. Als wir im Jahre<br />

1990, damals noch als Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, die Ausstellung<br />

der Gemälde des Soldatenkönigs präsentierten, war an die Wiederherstellung seines Schlosses<br />

in Königs Wusterhausen noch nicht zu denken. Dass wir zehn Jahre später dieses Haus<br />

als Museum wiedereröffnen konnten, ist nicht zuletzt der vielfältigen Unterstützung durch<br />

Zuwendungsgeber, Förderer, Mäzene und Sponsoren und dem stetig wachsenden Interesse<br />

der Besucher zu verdanken. Das Schloss ord<strong>net</strong> sich als bevorzugte Residenz Friedrich<br />

Wilhelms I. hervorragend in die von der Stiftung verwalteten ehemals kurfürstlich-königlichen<br />

Residenzen ein.


Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors 161<br />

Abb. 3 Schloss Königs Wusterhausen, <strong>2000</strong><br />

Foto: W. Pfauder, <strong>SPSG</strong><br />

Am 31. Dezember <strong>1999</strong> wurde nach jahrelangen Wiederherstellungsarbeiten das Schlosstheater<br />

in Rheinsberg seiner Bestimmung übergeben. Den komplizierten Wiederaufbau<br />

koordinierte die Stiftung als Bauherr. Zur vielbeachteten Eröffnung wurde die Oper »Kronprinz<br />

Friedrich« von Siegfried Matthus uraufgeführt. Das Haus wurde äußerlich nach historischem<br />

Vorbild rekonstruiert und im Inneren als moderner Theaterort gestaltet. Betreiberin<br />

ist die Musikakademie Rheinsberg.<br />

Fortgesetzt wurde das seit Jahren laufende, breit angelegte Programm der Restaurierungen,<br />

Wiederherstellungen und Denkmalpflege, in dessen Rahmen allein <strong>1999</strong> nahezu 30 Millionen<br />

DM investiert wurden. Zu den Großprojekten in Potsdam gehörten die Arbeiten am<br />

Normannischen Turm auf dem Ruinenberg und am Belvedere auf dem Pfingstberg. Beide<br />

Vorhaben ordnen sich in die Vorbereitung der Stiftung auf die BUGA im Jahre 2001 ein.<br />

Die Sanierungs- und Wiederherstellungsarbeiten am Belvedere auf dem Pfingstberg,<br />

unserem derzeit größten und spektakulärsten Bauvorhaben, gingen planmäßig voran. An<br />

dieser Stelle muß die umfangreiche finanzielle Unterstützung für dieses Projekt durch den<br />

Unternehmer Dr. Werner Otto, die Hermann Reemtsma-Stiftung, das brandenburgische<br />

Finanzministerium, den Förderverein Pfingstberg e.V. sowie durch zahlreiche andere Spender<br />

hervorgehoben werden, ohne deren großartiges Engagement dieses einzigartige Projekt<br />

nicht zu realisieren gewesen wäre.


162 Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors<br />

Die Restaurierung des Orientalischen Kabi<strong>net</strong>ts im Marmorpalais wurde durch eine<br />

Spende der »Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.« möglich, während die<br />

Cornelsen Kulturstiftung die Restaurierung des historischen Fußbodens im dortigen Konzertsaal<br />

förderte. Ein Kleinod der Gartenarchitektur konnte in der Nähe des Neuen Palais<br />

in Sanssouci mit der Restaurierung des Gartensalons erhalten werden. Den Abschluss dieses<br />

Projektes haben wir ebenfalls der Unterstützung eines Mäzens, dem Architekten Klaus<br />

Pracht, zu verdanken.<br />

In Berlin wurden im Jahre <strong>1999</strong> umfangreiche Sanierungsarbeiten am Schloss Charlottenburg<br />

vorgenommen. Ein großes Gerüst am Mittelbau des Alten Schlosses kündete von den<br />

Arbeiten an der Fassade und der Balustrade. Nach dem Abschluss der Sanierung konnte<br />

der Spiegelsaal wieder eröff<strong>net</strong> werden. Wiederhergestellt wurden der schmiedeeiserne<br />

Zaun und die Fechtergruppen am Eingangsportal des Schlosses. Im Jahr <strong>2000</strong> lag der<br />

Schwerpunkt auf der Sanierung bzw. Restaurierung und Ergänzung der Innenausstattung<br />

des Schlosses.<br />

Dazu gehörte die Anbringung zweier zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstandener Bildteppiche<br />

aus der bedeutenden Berliner Manufaktur Barraband im Gobelinraum. Die beiden<br />

Teppiche gehören einer mehrteiligen »Großmogulfolge« an, von der die Berliner Schlösserverwaltung<br />

bereits 1962 das Werk »Die Teetrinker« mit Mitteln der Stiftung Deutsche<br />

Klassenlotterie Berlin erwarb. Jetzt konnte auch das Hauptstück dieser Folge, »Die Audienz<br />

beim Kaiser von China«, erworben werden. Dies war dank der großzügigen Unterstützung<br />

der Kulturstiftung der Länder, des Ernst von Siemens-Kunstfonds, des Beauftragten der Bundesregierung<br />

für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, des Ministeriums für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, und schließlich der »Freunde<br />

der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.« möglich. Außerdem konnte im Boisierten Kabi<strong>net</strong>t<br />

des Alten Schlosses die Sänfte der preußischen Königin Sophie Luise (1708–1713) aufgestellt<br />

werden. Sie wurde mit Unterstützung der Ernst Freiberger-Stiftung, Berlin, umfassend<br />

restauriert. Am 15. Juni schließlich wurden die Gelbe Atlaskammer sowie das<br />

Pretiosenkabi<strong>net</strong>t im Schloss Charlottenburg eröff<strong>net</strong>. Die Gelbe Atlaskammer führt eine<br />

kostbare mobile Raumausstattung aus dem Schloss Potsdam zusammen. Die 1744 von<br />

Johann August Nahl für das versilberte Speisezimmer der Wohnung Friedrichs des Großen<br />

geschaffene Ausstattung zählt zu den bedeutendsten Zeugnissen des frühen friderizianischen<br />

Rokoko.<br />

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt blieben umfangreiche Vorbereitungen und<br />

Bauforschungen für die in den nächsten Jahren beginnenden Sanierungsarbeiten an den<br />

Schlössern Babelsberg und Neues Palais. Im Schloss Babelsberg wurde bereits mit Sicherungs-<br />

und sonstigen unabweisbaren Bau- und Befundungsmaßnahmen begonnen. Für das<br />

Neue Palais entstand ein EDV-gestütztes Raumbuch des Schlosses, mit dem völlig neue<br />

Maßstäbe für die Vorbereitung und Planung denkmalpflegerischer Großvorhaben gesetzt<br />

werden konnten.


Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors 163<br />

Sowohl in Babelsberg als auch am Neuen Palais sollen mit den Restaurierungsarbeiten<br />

zugleich moderne Eingangs- und Servicebereiche entstehen, um in diesen viel besuchten<br />

Schlössern eine Erweiterung des Dienstleistungsangebots der Stiftung zu ermöglichen.<br />

Zur Verbesserung des Serviceangebots für die Besucher der Stiftung zählt die Gewinnung<br />

der Firma Mövenpick als Investor für die Gaststätte Zur Historischen Mühle unterhalb des<br />

Schlosses Sanssouci. Zu Pfingsten <strong>2000</strong> wurde das mit großem Aufwand denkmalpflegerisch<br />

höchst anspruchsvoll sanierte Restaurant in unmittelbarer Nähe des Schlosses eröff<strong>net</strong>.<br />

In den Gärten und Parks der Stiftung konnten in beiden Berichtsjahren mehrere große<br />

Projekte abgeschlossen werden. Für <strong>1999</strong> sind das restaurierte Heckentheater in Rheinsberg<br />

und die Wiederherstellung eines großen Teiles der Hauptallee im Park Sanssouci zu nennen.<br />

<strong>2000</strong> wurde im Park Sanssouci der nach 1827 am Schloss Charlottenhof angepflanzte<br />

Dichterhain nach Rodung der 44 abgängigen Bäume vollständig neu gepflanzt.<br />

Im Marlygarten, am Ostrand des Parks Sanssouci gelegen, war es nach Abbruch der<br />

alten Toilettenanlage möglich, den Südteil in gleicher Weise wie das übrige Gelände dieser<br />

Perle Lennéscher Gartenkunst zu restaurieren. Der kleine Bachlauf mit Wasserfall wurde<br />

ergraben und instandgesetzt, ebenso die malerische Teichanlage. Die seit mehr als 50 Jahren<br />

untergegangenen schmalen Fußwege wurden restauriert. Im Mittelpunkt der gartendenkmalpflegerischen<br />

Arbeiten stand im Jahr <strong>2000</strong> natürlich der Abschluss der Wiederherstellung<br />

der Gartenanlage des Schlosses Königs Wusterhausen. Sie konnte gemeinsam<br />

mit dem Schloss am 30. September der Öffentlichkeit übergeben werden.<br />

Mit der Wiederaufstellung des Segnenden Christus an der Friedenskirche in Potsdam<br />

und der Anbringung des Tympanonreliefs am sogenannten Kugelfang im Atrium der Friedenskirche<br />

im Park Sanssouci wurden im Februar weitere wichtige Restaurierungsprojekte<br />

in den Parks der Stiftung abgeschlossen. Gleiches gilt für die Restaurierung und Aufstellung<br />

der Ildefonsogruppe im Innenhof des Schlosses Glienicke.<br />

Die Ausstellungstätigkeit der Stiftung konzentrierte sich im Berichtszeitraum auf das Jahr<br />

<strong>1999</strong>, während das darauffolgende Jahr vor allem für die konzeptionelle, restauratorische<br />

und wissenschaftliche Vorbereitung der für das Preußenjahr 2001 geplanten Ausstellungen<br />

in Berlin und Potsdam genutzt wurde.<br />

Die Mehrzahl der Ausstellungen des Jahres <strong>1999</strong> fanden in Charlottenburg statt. Nachdem<br />

im Frühjahr die Ausstellung zum 300. Geburtstag von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff<br />

den Auftakt bildete, wurden dort im Herbst die Ausstellung mit dem berühmten<br />

»Flora Danica Service« aus dem persönlichen Besitz der dänischen Königin und die dem<br />

300. Jahrestag der Einweihung des Schlosses und seiner Gründerin gewidmete Ausstellung<br />

»Sophie Charlotte und ihr Schloss. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen«<br />

eröff<strong>net</strong>. Beide Ausstellungen wurden bis Anfang <strong>2000</strong> gezeigt. Höhepunkt war im Jahr<br />

<strong>1999</strong> natürlich die bereits erwähnte Oranier-Ausstellung.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> wurden in erster Linie kleinere Kabi<strong>net</strong>tausstellungen realisiert. Den Auftakt<br />

bildete im Januar die Ausstellung »Friedrich II. und Voltaire – ein Dialog in Briefen« in


164 Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors<br />

Abb. 4 Das »Philosophische Tafelservice« des Marquis d’Argens, <strong>2000</strong><br />

Foto: R. Handrick, <strong>SPSG</strong><br />

der Marquis d’Argens Wohnung des Neuen Palais. Sie entstand in Kooperation mit dem Forschungszentrum<br />

Europäische Aufklärung in Potsdam und zeigte erstmals Originalbriefe<br />

Voltaires aus der Russischen Nationalbibliothek St. Petersburg.<br />

In den Römischen Bädern im Park Sanssouci wurde die Ausstellung »Eine Reise durch<br />

Italien – Aquarelle aus dem Besitz Friedrich Wilhelms IV.« gezeigt. Sie präsentierte Aquarelle<br />

aus den Sammlungsbeständen der Stiftung, die auf die Sammelleidenschaft Friedrich<br />

Wilhelms IV. und seine enge Beziehung zu Italien zurückgehen.<br />

Die Exposition »25 Jahre Grafik im Turm: Die 25. Grafikverkaufsausstellung« bildete den<br />

Höhepunkt und Abschluss der zweieinhalb Jahrzehnte lang durchgeführten Präsentation<br />

moderner Grafik in der Turmgalerie des Orangerieschlosses in Sanssouci.<br />

Eine weitere Ausstellung widmete sich aus Anlass seines 200. Geburtstages dem Architekten<br />

»Friedrich August Stüler und Sanssouci«. Sie gab einen Überblick über die außerordentliche<br />

Vielfalt der Projekte Stülers als »Architekt des Königs« unter der Regentschaft<br />

Friedrich Wilhelms IV., die von Gartenarchitekturen bis hin zu Entwürfen für Schlosskirchen-<br />

und Museumsbauten reichte. Schließlich seien noch die Exposition der »Fotografien<br />

von Ernest Nash« in den Römischen Bädern sowie die Postkartenausstellung »Gruß aus<br />

Rheinsberg« im Schloss Rheinsberg genannt.


Im Berichtszeitraum konnte die Stiftung weitere wichtige Erwerbungen zur Vervollständigung<br />

ihrer Sammlungen melden. Sie sind im Bericht der Schlösserdirektion detailliert<br />

aufgelistet. Eine besondere Bereicherung für die Kunstsammlungen der Stiftung ist der<br />

Ankauf eines Augsburger Prunksilberspiegels für das Schloss Charlottenburg. Der mit Mitteln<br />

der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin erworbene silberne Minerva-Spiegel wurde<br />

1695–1700 von Albrecht Biller geschaffen und zählt zur obersten Kategorie des legendären<br />

Silberschatzes aus dem Berliner Schloss. Weitere wichtige Erwerbungen waren eine Entwurfszeichnung<br />

für das Schloss Babelsberg von Karl Friedrich Schinkel, das Aquarell von<br />

Johann Erdmann Hummel mit einer Darstellung des Mausoleums der Königin Luise im<br />

Charlottenburger Schlosspark sowie das Gemälde »Die Tänzerin Reggiana als Leda« von<br />

Antoine Pesne, das aus dem Besitz des Prinzen Heinrich stammt und eine ideale Ergänzung<br />

für Schloss Rheinsberg darstellt.<br />

Zu den größeren Erwerbungen der Stiftung gehörten darüber hinaus 64 Teile aus dem<br />

»Gelben Service« Friedrichs des Großen, welche die Stiftung als Schenkung erhielt, eine<br />

Bronzestatue »Jungfer Laurenzen« von Christian Daniel Rauch für das Schloss Babelsberg<br />

sowie ein Service Friedrich des Großen für den Marquis d’Argens von 1760/61. Es wurde<br />

von den »Freunden der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.« angekauft und in das Neue<br />

Palais als Leihgabe gegeben.<br />

Die wissenschaftliche Arbeit der Stiftung hat in den beiden Jahren an Profil gewonnen. Das<br />

schlug sich in mehreren wissenschaftlichen Tagungen mit teilweise internationaler Beteiligung<br />

nieder. Dazu gehörte ein Kolloquium über die zukünftige Gestaltung des Parterres am<br />

Schloss Charlottenburg, eine Tagung über die Giustiniani-Sammlung in Berlin – gemeinsam<br />

veranstaltet mit der Freien Universität Berlin und den Staatlichen Museen Preußischer<br />

Kulturbesitz – sowie eine Konferenz zum Wirken Karl Friedrich Schinkels in Potsdam und<br />

Berlin.<br />

Am Rande von Ausstellungen der Stiftung fanden zwei Kolloquien statt: Im Sommer<br />

<strong>1999</strong> veranstaltete die Stiftung im Rahmen des Begleitprogramms der Ausstellung »Mit goldenem<br />

Faden. Stickereien für den preußischen Hof« ein Symposium zu dieser Thematik.<br />

Die Ausstellung »Königin Sophie Charlotte und ihr Schloss« fand ihren wissenschaftlichen<br />

Abschluss mit einem Kolloquium über »Aspekte der Kunst und Architektur in Berlin um<br />

1700«. Außerdem richtete die Stiftung gemeinsam mit der Gesellschaft für Geistesgeschichte<br />

und der Brandenburgischen Historischen Kommission im Oktober <strong>2000</strong> die Tagung<br />

»Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. und seine Zeit« in Königs Wusterhausen aus.<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg<br />

Die Arbeit der Stiftung – Bericht des Generaldirektors 165


Berichte<br />

Generaldirektion<br />

Die Generaldirektion besteht aus dem Büro des Generaldirektors mit seinem<br />

persönlichen Referenten, dem Pressereferat mit dem Pressesprecher und einer Mitarbeiterin<br />

für Öffentlichkeitsarbeit, dem Referenten für Publikationen und der Stiftungskonservatorin.<br />

Letztere, Frau Dr. Gabriele Horn, konnte nach längerer Vakanz dieser wichtigen<br />

Stelle im Oktober <strong>1999</strong> ihre Arbeit aufnehmen.<br />

Durch das Pressereferat wurden in den Berichtsjahren 25 (<strong>1999</strong>) bzw. 33 (<strong>2000</strong>) Pressetermine<br />

organisiert. Dazu gehörten Pressekonferenzen bzw. Pressevorbesichtigungen –<br />

beispielsweise anlässlich von Ausstellungseröffnungen, der Eröffnung der Schlösser Caputh<br />

und Königs Wusterhausen und zur Präsentation von Neuerwerbungen, Fototermine sowie<br />

Hintergrundgespräche zu aktuellen Entwicklungen. Außerdem gab die Pressestelle 60<br />

(<strong>1999</strong>) bzw. 55 (<strong>2000</strong>) Presseinformationen heraus.<br />

Berichte über die Arbeit der Stiftung erschienen u. a. in folgenden Tageszeitungen: Berliner<br />

Kurier, Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung, Bild, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

Handelsblatt, Märkische Allgemeine Zeitung, Märkische Oderzeitung, Mitteldeutsche Zeitung,<br />

Potsdamer Neueste Nachrichten, Süddeutsche Zeitung, Der Tagesspiegel, taz, Die<br />

Welt, in den Wochenzeitungen Rheinischer Merkur und Die Zeit sowie in den Publikumszeitschriften<br />

Art, Feine Adressen, Focus, Landsicht, Monumente, Museumsjournal, Der<br />

Spiegel, Vernissage, Weltkunst. Berichte und Dokumentationen sendeten folgende Anstalten:<br />

Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg, Sender Freies Berlin, Zweites Deutsches Fernsehen,<br />

Stadtfernsehen Potsdam. Im Bereich des Hörfunks berichteten u. a. Antenne Brandenburg,<br />

BB-Radio, Radio Kultur, Deutschlandradio Berlin, Berlin 88,8 und Radio 100,6.<br />

Diese Auflistung spiegelt die öffentliche Wirkung der Stiftung in der Region und darüber<br />

hinaus wider und ist ein Beleg für die Ausstrahlung der Schlösser und Gärten in Brandenburg<br />

und Berlin als bedeutende Kulturstätten und touristische Anziehungspunkte.<br />

Neben der Präsenz im Bereich der Medien ist die Herausgabe von fünf Ausgaben des<br />

Besuchermagazins »Porticus« sowie des Jahresveranstaltungsprogramms der Stiftung her-


Generaldirektion 167<br />

vorzuheben, die durch die Generaldirektion verantwortet wurde. Das Besuchermagazin hat<br />

sich als ein wichtiges Medium des Besucherservices etabliert. Darin wird über Neuerwerbungen<br />

und laufende Restaurierungsprojekte berichtet sowie ausgewählte Anlagen und<br />

Schlösser der Stiftung und aktuelle Ausstellungen dem Publikum näher gebracht. Es hat<br />

nunmehr cirka 1500 Abonnenten.<br />

Das Pressereferat übernahm <strong>1999</strong> darüber hinaus die Leitung der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung<br />

der Darstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

im Inter<strong>net</strong> sowie die Erweiterung und Aktualisierung der Homepage. Seit <strong>1999</strong> ist die Stiftung<br />

mit einer eigenen Homepage im Inter<strong>net</strong> vertreten. Über zahlreiche Links können sich<br />

die Besucher über die verschiedensten Schlösser und Gärten der Stiftung und ihre Angebote<br />

informieren.<br />

Ein wichtiges Tätigkeitsfeld der Referenten in der Generaldirektion waren die Koordination<br />

der Ausstellungsplanung und der Publikationstätigkeit der Stiftung.<br />

Zu den wichtigsten außenwirksamen Aufgaben zählte wiederum die Organisation von<br />

Staatsbesuchen und protokollarischen Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit den Protokollstellen<br />

der Landesregierungen und der Bundesregierung. Hierzu gehörte die Vorbereitung<br />

des Besuchs höchster Staatsgäste, wie des Präsidenten der Republik Tschechien,<br />

Vaclav Havel, ebenso wie die Organisation des Festaktes zum zehnjährigen Jubiläum der<br />

Aufnahme der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft in die UNESCO-Welterbeliste am 12. Dezember<br />

<strong>2000</strong>. Zu den Rednern des Festaktes gehörten der Ministerpräsident des Landes<br />

Brandenburg, Manfred Stolpe, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen,<br />

der Stellvertreter des Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der<br />

Kultur und der Medien, Knut Nevermann, der Oberbürgermeister von Potsdam, Matthias<br />

Platzeck, die Stiftungsratsvorsitzende und Brandenburger Kulturministerin Johanna Wanka<br />

und der Präsident von ICOMOS, Michael Petzet.<br />

Im Verantwortungsbereich der Generaldirektion lag ebenfalls die Organisation der Eröffnungsveranstaltungen<br />

zu den Ausstellungen und Neueröffnungen der Stiftung. Dabei<br />

waren die Eröffnungen der Ausstellungen »Onder den Oranje Boom« im Schloss Oranienburg<br />

am 14. August <strong>1999</strong> im Beisein der Königin Beatrix der Niederlande (Abb. 1) und »Das<br />

Flora Danica-Service« am 20. Oktober <strong>1999</strong> in Charlottenburg in Anwesenheit der Königin<br />

Margarethe von Dänemark sowie die mit einem großen Volksfest begangene Eröffnung des<br />

Schlosses Königs Wusterhausen am 30. September <strong>2000</strong> die Höhepunkte in den Berichtsjahren.<br />

Ein wichtiges und sehr zeitintensives Projekt war die Koordinierung der Vorbereitungen<br />

für die 1. und 2. Potsdamer Schlössernacht durch das Pressereferat. Zwar wurde die<br />

Durchführung der Schlössernächte an die Hamburger Agentur Gross-Events vergeben, dennoch<br />

mußten viele Aufgaben durch die Mitarbeiter der Stiftung wahrgenommen werden,<br />

darunter von Schlossbereichsleitern und Schlossführern, den einzelnen Gewerken des<br />

Schirrhofes und den Mitarbeitern der Gartenabteilung.<br />

In Zusammenarbeit mit der Generalverwaltung oblag der Generaldirektion die Organisation<br />

und Nachbereitung der Sitzungen des Stiftungsrates und der Referentenkommission.


168 Berichte<br />

Abb. 1 Eröffnung der Ausstellung »Onder den Oranje Boom« im Schloss Oranienburg durch Königin<br />

Beatrix der Niederlande am 14. August <strong>1999</strong>. V. r. n. l. Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg, Königin Beatrix<br />

der Niederlande, Prinz Claus der Niederlande, Bundespräsident Johannes Rau.<br />

Foto: Fotoarchiv <strong>SPSG</strong><br />

Letztere dienen der Vorbereitung der Beschlüsse des Stiftungsrates. In den Jahren <strong>1999</strong> und<br />

<strong>2000</strong> fanden folgende Sitzungen des Stiftungsrates statt: 10. Sitzung am 12. Juli <strong>1999</strong> im<br />

Jagdschloss Grunewald, 11. Sitzung am 22. November <strong>1999</strong> im Schloss Charlottenburg,<br />

12. Sitzung am 8. Juni <strong>2000</strong> im Schloss Caputh und die 13. Sitzung am 6. Dezember <strong>2000</strong><br />

im Schloss Glienicke.<br />

Die wichtigsten Entscheidungen und Themen des Stiftungsrates waren die Feststellung<br />

der Wirtschaftspläne für die Jahre <strong>2000</strong> und 2001, die Übertragung des Eigentums an den<br />

Berliner Schlossgärten Charlottenburg und Glienicke sowie weiterer Liegenschaften am<br />

Pfingstberg und am Park Babelsberg in Potsdam an die Stiftung, die Unterzeichnung des<br />

neuen Finanzierungsabkommens, die Entscheidung über ein Marketingkonzept, welches<br />

eine Arbeitsgruppe der Stiftung in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Arthur<br />

D. Little erarbeitet hat, sowie die Feststellung der Ausstellungs- und Veranstaltungspläne<br />

der Stiftung.<br />

Als Träger öffentlicher Belange und als untere Denkmalschutzbehörde gibt die Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Stellungnahmen gemäß den Denkmalschutzgesetzen<br />

der Länder Berlin und Brandenburg zu Planfeststellungsverfahren, Flä-


Generaldirektion 169<br />

chennutzungsplänen, Vorhaben- und Erschließungsplänen, Bebauungsplänen und bauaufsichtlichen<br />

Verfahren (Vorbescheids-, Abriss- und Bauanträge) ab. <strong>1999</strong> wurden 85 und im<br />

Jahr <strong>2000</strong> 134 schriftliche stiftungsexterne Vorgänge in der Verantwortung der Stiftungskonservatorin<br />

bearbeitet. Auch in diesem Berichtszeitraum wurde deutlich, dass die aus<br />

denkmalpflegerischer Sicht der Stiftung gemachten Einwände nur sehr bedingt Berücksichtigung<br />

fanden, somit Konflikte über die denkmalpflegerischen Belange der der Stiftung<br />

anvertrauten Denkmale im Umgebungsschutz bereits in den planungsrechtlichen und bauaufsichtlichen<br />

Verfahren vorprogrammiert waren. Vielfach handelt es sich allerdings um<br />

Verfahren, die schon in den vorangegangenen Jahren eingeleitet wurden. Es ist zu hoffen,<br />

dass nach Abschluss dieser Verfahren eine Änderung zu verzeichnen ist.<br />

Neben den denkmalpflegerischen Vorgängen, die besonders dem Umgebungsschutz der<br />

Anlagen der Stiftung dienten, war die Stiftungskonservatorin an allen denkmalpflegerischen,<br />

restauratorischen und betreuenden eigenen Projekten der Stiftung beteiligt, die<br />

von den Fachabteilungen realisiert wurden. Diese von den Abteilungen durchgeführten<br />

Maßnahmen sind in der Regel durch einen außerordentlich hohen Grad der Komplexität<br />

hinsichtlich der Arbeitsprozesse und vorbereitenden Forschungen und Planungen gekennzeich<strong>net</strong>.<br />

Die notwendigen Abstimmungsprozesse zu den denkmalpflegerischen Entscheidungen<br />

innerhalb der Stiftung konzentrieren sich dabei auf die von der Stiftungskonservatorin<br />

einberufene Denkmalpflegekommission, die sowohl als Ortstermin wie auch als<br />

Sitzung organisiert sein kann. Im Jahr <strong>1999</strong> gab es 21 Zusammenkünfte der Denkmalpflegekommission,<br />

im Jahr <strong>2000</strong> waren es 14. Die Zusammensetzung und Arbeitsweise der<br />

Denkmalpflegekommission – wie im Jahrbuch 1995/1996 beschrieben – hat sich bewährt,<br />

so dass sie in der gefundenen Form weitergeführt wurde.<br />

Im Jahr <strong>1999</strong> konzentrierten sich die Arbeiten und damit die Tätigkeit der Denkmalpflegekommission<br />

auf das Schloss Rheinsberg, hier vor allem auf das Schlosstheater, das<br />

Kavalierhaus, die Grabpyramide, auf das Schloss und den Park Babelsberg mit den Vorarbeiten<br />

zur Erstellung von Haushaltsunterlagen Bau und auf das Belvedere auf dem Pfingstberg.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> wurden die letzten denkmalpflegerischen Entscheidungen zur Teileröffnung<br />

des Belvedere auf dem Pfingstberg getroffen und umgesetzt, zum Schloss<br />

Rheinsberg wurden grundlegende Einscheidungen zur Dachsanierung des Corps de Logis<br />

getroffen. Die Planung zur Herstellung der Bespielbarkeit des Schlosstheaters im Neuen<br />

Palais in Sanssouci wurde weiter vorangetrieben. Auf dem Ruinenberg wurden unter<br />

Zugrundelegung denkmalpflegerischer Kriterien die Sanierung und Restaurierung der Zirkuswand<br />

und des Normannischen Turmes weiter geplant und ausgeführt.<br />

Diese und weitere Maßnahmen und Projekte sind in den nachfolgenden Berichten der<br />

Fachabteilungen im Einzelnen dargestellt.


170 Berichte<br />

Generalverwaltung<br />

Die Generalverwaltung hat sich in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> schwerpunktmäßig<br />

mit drei Projekten befasst: Die Entwicklung eines Marketingkonzeptes, die Diskussion<br />

über die Stiftungsstruktur und die Bearbeitung von Eingruppierungskorrekturen<br />

infolge eines Bundesrechnungshofsberichtes. In allen drei Bereichen konnten in Zusammenarbeit<br />

mit den anderen Abteilungen der Stiftung deutliche Fortschritte erzielt werden.<br />

Hinsichtlich der Eingruppierungskorrekturen wurden sämtliche Tätigkeitsdarstellungen<br />

und Bewertungen neu gefasst. Bei Unstimmigkeit mit dem Personalrat kam es im Laufe eines<br />

Einigungsstellenverfahrens in allen Fällen zu einer Einigung. Bei Rückgruppierungen stimmten<br />

der Stiftungsrat und die Zuwendungsgeber einer sozialen Abfederung zu. Im Ergebnis<br />

konnte den Zuwendungsgebern Anfang 2001 ein völlig neuer Stellenplan auf der Grundlage<br />

der überprüften Bewertungen vorgelegt werden. Dieser Stellenplan ist Grundlage der Stiftungsarbeit<br />

ab 2002.<br />

Für das Stiftungsmarketing erstellte eine stiftungsinterne Marketinggruppe zusammen mit<br />

einer externen Unternehmensberatung bis zum Sommer <strong>2000</strong> ein 300 Seiten starkes Marketinghandbuch.<br />

Daraus hat die Stiftung 20 prioritäre Maßnahmen zur ersten Umsetzung ab<br />

2001 festgelegt.<br />

Bei den Strukturgesprächen hat sich die Stiftung ein Leitbild gegeben, auf dessen Grundlage<br />

auch die Leitung jeweils ihre Zielsetzung präzisiert hat. Aufgrund des Vorschlages, eine<br />

Projekt- oder Matrixstruktur einzuführen, erarbeitete eine Arbeitsgruppe im Laufe des Jahres<br />

<strong>2000</strong> eine Projektordnung, die der Generaldirektor Anfang 2001 für die Stiftung in Kraft<br />

gesetzt hat.<br />

Personal<br />

In den Jahren <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> waren in der <strong>SPSG</strong> beschäftigt:<br />

<strong>1999</strong> <strong>2000</strong><br />

Stellenplanpersonal<br />

Wissenschaftspersonal / höherer Dienst jeweils zum 31. Dezember<br />

sonstige Angestellte / gehobener und mittlerer Dienst<br />

41 41<br />

jeweils zum 31. Dezember 183 200<br />

Arbeiter jeweils zum 31. Dezember<br />

Personal außerhalb des Stellenplanes<br />

285 299<br />

Saisonkräfte cirka 140 120<br />

Volontäre – Kunsthistoriker 4 4<br />

Volontäre – Restauratoren<br />

ABM-Kräfte<br />

6 4<br />

(die übers Jahr Beschäftigen wurden auf Vollzeit umgerech<strong>net</strong>) 24 27<br />

Zivildienstleistende jeweils zum 31. Dezember 34 22


Generalverwaltung 171<br />

Praktikanten 89 73<br />

Referendare 5 7<br />

Auszubildende 10 14<br />

Gesamtsumme 821 811<br />

Haushalt<br />

Das Ausgabenvolumen der Stiftung setzte sich in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> wie folgt zusammen:<br />

<strong>1999</strong> <strong>2000</strong><br />

(MDM) (MDM)<br />

Ausgaben<br />

Personalausgaben 34,1 35,7<br />

Sächliche Verwaltungsausgaben 18,2 20,4<br />

Investitionsausgaben 24,2 25,6<br />

Summe der Haushaltsausgaben 76,5 81,7<br />

Ausgaben aus Drittmitteln und Spenden 11,4 8,5<br />

Gesamtsumme 87,9 90,2<br />

Die Ausgaben wurden auf der Einnahmenseite folgendermaßen gedeckt:<br />

<strong>2000</strong><br />

(MDM) (MDM)<br />

Einnahmen<br />

Eigene Erträge der Stiftung 18,8 19,9<br />

Zuschuss des Bundes 21,4 26,0<br />

Zuschuss des Landes Berlin 11,5 13,2<br />

Zuschuss des Landes Brandenburg 24,8 22,6<br />

Summe der Haushaltseinnahmen 76,5 81,7<br />

Drittmittel und Spenden (inklusive Übertrag) 15,6 8,0<br />

Gesamtsumme 92,1 89,7<br />

Übertrag Drittmittel und Spenden auf das Folgejahr 4,2 3,4<br />

Im Jahr <strong>1999</strong> erfolgte die Einstellung einer Sachbearbeiterin für eingeworbene Drittmittel. Von<br />

1998 bis <strong>2000</strong> wuchs die Anzahl der mit Drittmitteln bewirtschafteten Projekte von 8 auf 20.<br />

Mittel von privaten und öffentlichen Stiftungen (Oetker-Stiftung, Siemens Stiftung, Deutsche<br />

Klassenlotterie, Kulturstiftung der Länder u. a.) sowie von der öffentlichen Hand versetzten<br />

die Stiftung in die Lage, die ihr anvertrauten Kulturgüter vor dem weiteren Verfall zu bewahren<br />

und wertvolle Kunstgegenstände zu erwerben.


172 Berichte<br />

Liegenschaften<br />

Eigentumsfragen: Bis <strong>1999</strong> wurden der Stiftung für die Erfüllung ihrer Aufgaben weitestgehend<br />

alle im Staatsvertrag genannten Grundstücke und Gebäude übergeben. Seither hat es<br />

keine wesentlichen Veränderungen gegeben.<br />

Nach Zustimmung des Stiftungsrates konnte die Stiftung im Jahr <strong>2000</strong> zusätzlich zu diesen<br />

Grundstücken den Park um das Belvedere auf dem Pfingstberg in Potsdam in ihr Eigentum<br />

übernehmen und somit die 1862 von Peter Joseph Lenné in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

des Neuen Gartens geschaffene Parkanlage vervollständigen. Die Bemühungen der Stiftung,<br />

den Park in seiner historischen Struktur wieder herzustellen und das Gesamtensemble entsprechend<br />

seiner kulturhistorischen Bedeutung wiederzubeleben und aufzuwerten, wurde<br />

mit der Aufnahme des Parks in die Welterbeliste der UNESCO honoriert.<br />

Ebenso positiv wurden die Bemühungen der Stiftung bewertet, den Parkteil des Sternwartengeländes<br />

in Potsdam-Babelsberg zu übernehmen. Die Übertragung befindet sich in der<br />

Vorbereitung und soll 2001 erfolgen. In Berlin hat die Stiftung im Wege der vorläufigen Besitzeinweisung<br />

die Schlossgärten in Charlottenburg und Klein Glienicke zum 1. Januar <strong>2000</strong> vom<br />

Land Berlin übernommen. Im gleichen Jahr wurden Gespräche zur Übernahme von Schloss<br />

und Park Paretz aufgenommen. Am Ende des Jahres <strong>2000</strong> bewirtschaftet die Stiftung Liegenschaften<br />

mit einer Gesamtfläche von cirka 715 ha.<br />

Werkmietwohnungen und Verpachtungen: In den von der Stiftung verwalteten historischen<br />

Gebäuden konnten im Zeitraum <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> weitere dort befindliche Werkmietwohnungen<br />

unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Besonderheiten mit modernen Sanitäreinrichtungen<br />

und Gas-Etagenheizungen ausgestattet werden. Damit hat sich der Anteil modernisierten<br />

Wohnungen in der Stiftung auf 80 % erhöht. Durch die Übergabe von Skulpturenwerkstätten<br />

am Südtor des Neuen Palais und auf dem Schirrhof der Stiftung an fünf weitere<br />

Gewerbeunternehmen hat die Stiftung insgesamt 27 Objekte an öffentliche Institutionen<br />

oder gewerbliche Unternehmen vermietet bzw. verpachtet.<br />

In den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> setzte sich der Trend, Schlossräumlichkeiten für private<br />

Feierlichkeiten zu begehren und sie somit nicht-museal zu nutzen, unvermindert fort. Es<br />

zeigten sich hier u. a. die Auswirkungen durch die Präsentation der Stiftung auf der Internationalen<br />

Tourismus Börse (ITB). Aber auch die Landesregierungen und Gemeinden nutzten<br />

zunehmend die Möglichkeit, Lesungen, Preisverleihungen, Empfänge oder auch Konzerte<br />

in historischem Ambiente durchzuführen. Die Stiftung trug dieser Entwicklung dahingehend<br />

Rechnung, dass zusätzlich Schlossräumlichkeiten, insbesondere in den neu eröff<strong>net</strong>en<br />

Häusern, für Sondernutzungen zur Verfügung gestellt wurden. Zu nennen sind hier der Konzertsaal<br />

und der Grottensaal des Marmorpalais, der im Souterrain gelegene Weinkeller, der<br />

Festsaal und der westliche Erweiterungsflügel im Schloss Caputh sowie der Saal im Sockelgeschoss<br />

des Schlosses Königs Wusterhausen. Hinzu kamen auch Freiflächen, die nunmehr<br />

für Sondernutzungen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Hier wurden die Terrasse südlich<br />

des Haupthauses des Marmorpalais, der Schlosshof des Schlosses Caputh und der Gar-


tensalon beim Neuen Palais in die entsprechende Liste aufgenommen. Der Innenhof des<br />

Jagdschlosses Grunewald, der Schlosspark Glienicke, die Römischen Bäder oder auch der<br />

Kreuzgang der Friedenskirche wurden immer wieder für künstlerische Darbietungen oder<br />

kleinere Festakte genutzt. Als politischer Höhepunkt gilt sicherlich der Staatspräsidentenempfang<br />

im Schloss Charlottenburg im Juni <strong>2000</strong>, an dem der Präsident der USA, Bill Clinton,<br />

teilnahm. Diese nichtmusealen Sondernutzungen haben dazu geführt, dass die Stiftung<br />

in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> Einnahmen in Höhe von DM 149.730 bzw. 204.360 verbuchen<br />

konnte.<br />

Besucherzahlen<br />

Generalverwaltung 173<br />

<strong>1999</strong> zählten die Häuser der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

insgesamt 1.883.349 und <strong>2000</strong> 2.145.427 Besucher. Davon entfielen auf den Bereich Berlin<br />

<strong>1999</strong> 625.813 und <strong>2000</strong> 674.815; auf den Bereich Potsdam und Brandenburg <strong>1999</strong> 1.257.536<br />

und <strong>2000</strong> 1.470.612 Besucher. In diesen Zahlen sind für die Schlössernächte <strong>1999</strong> 18.646<br />

bzw. <strong>2000</strong> 46.368 Besuche enthalten. Besonders stark waren das Schloss Sanssouci (<strong>1999</strong>:<br />

339.566, <strong>2000</strong>: 363.833 Gäste), das Neue Palais (<strong>1999</strong>: 234.046, <strong>2000</strong>: 289.385 Gäste), das<br />

Schloss Cecilienhof (<strong>1999</strong>: 185.868, <strong>2000</strong>: 235.016 Gäste), das Schloss Charlottenburg mit<br />

dem Alten Schloss und dem Neuen Flügel (<strong>1999</strong>: 350.259, <strong>2000</strong>: 401.181 Gäste) und die<br />

Pfaueninsel (<strong>1999</strong>: 179.551, <strong>2000</strong>: 166.128 Gäste) frequentiert.


174 Berichte<br />

Schlösserdirektion<br />

Die Schlösserdirektion setzt sich aus den Zuständigkeitsbereichen Architektur<br />

und Denkmalpflege, Kunstsammlungen (Gemälde, Skulpturen, Angewandte Kunst<br />

und Graphische Sammlungen/Plankammer), Depot, Bibliothek und Fotoarchiv sowie den<br />

13 bzw. seit <strong>2000</strong> 14 Schlossbereichen zusammen. Zentrale Aufgaben bilden neben der<br />

Gewährleistung der ganz- bzw. halbjährigen Öffnung der Museumsschlösser die kontinuierliche<br />

wissenschaftliche Erforschung und Betreuung des Kunstbesitzes sowie die Wahrnehmung<br />

der denkmalpflegerischen Verantwortung für die historischen Gebäude und<br />

Kunstwerke der Stiftung.<br />

Aus dem fachwissenschaftlichen Profil der Stiftung ergeben sich zahlreiche Einzelaufgaben.<br />

Dazu gehören unter anderem die Publizierung des Kunstbesitzes in Form von<br />

Bestandskatalogen, die Erarbeitung der Verlustkataloge, die einen Überblick über die Kriegsund<br />

Nachkriegsverluste der jetzigen Stiftung ermöglichen, die Redaktion von wissenschaftlichen<br />

Publikationen, die Konzeption von Schlosseinrichtungen und Sonderausstellungen<br />

sowie deren Durchführung und Publizierung, die Bearbeitung von Leihanfragen<br />

und -vorgängen, die Betreuung von stiftungsfremden Nutzern der Sammlungen sowie eine<br />

wirksame Öffentlichkeitsarbeit. Eine wesentliche Aufgabe der Kustoden ist die Vervollständigung<br />

der Sammlungen durch Ankäufe, womit oft eine aufwendige Sponsorenwerbung<br />

und -gewinnung verbunden ist. Zur Erforschung des Kunstbesitzes gehören naturwissenschaftliche<br />

Untersuchungen in den verschiedensten Disziplinen in Kooperation mit<br />

anderen Forschungseinrichtungen, die nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den<br />

Sammlungskustoden erfolgreich sind. Die Planung für ein Dokumentationszentrum der<br />

gesamten Stiftung wurde begonnen.<br />

Durch Beendung der Tätigkeit von Jutta Nicht ist seit November <strong>1999</strong> die Stelle des<br />

Sammlungskustos für Möbel vakant. Obgleich diese Sammlung im europäischen Maßstab<br />

einen hohen Stellenwert besitzt, wurde diese Stelle noch immer nicht besetzt.<br />

Architektur und Denkmalpflege<br />

Zu den Schwerpunkten der Stiftungstätigkeit in den beiden Berichtsjahren gehörten wiederum<br />

die Bau- und Restaurierungsarbeiten an und in den Schlössern. Diese wurden in der<br />

Schlösserdirektion durch Forschungen zur Bau- und Nutzungsgeschichte der betreffenden<br />

Objekte und durch die Erarbeitung denkmalpflegerischer Vorgaben und Zielstellungen vorbereitet<br />

und in ihrer Ausführung begleitet. Die wichtigsten Maßnahmen in den Jahren <strong>1999</strong><br />

und <strong>2000</strong> sind im folgenden zusammengefasst.


<strong>1999</strong><br />

Schlösserdirektion 175<br />

Park und Schloss Sanssouci: Betreuung der Restaurierung des Triumphtors am Winzerberg<br />

und der Restaurierung und Rekonstruktion des Kugelfanges im Kreuzgang der Friedenkirche.<br />

Begleitung der Dach- und Deckensanierung in der westlichen Pflanzenhalle der<br />

Orangerie, Begleitung der restauratorischen Untersuchung und Wiederherstellung zahlreicher<br />

historischer Räume (Vorzimmer der Westwohnung im Mittelbau der Orangerie,<br />

Obergeschoss des Südwestpavillons der Orangerie u. a.). – Weiterarbeit an der Haushaltunterlage<br />

zum Neuen Palais, wissenschaftliche Vorbereitung und Begleitung der Restaurierung<br />

von fünf Schlossräumen in der Marquis d’Argens-Wohnung des Neuen Palais, der<br />

Dach- und Fassadeninstandsetzung am Hauptgebäude der Fasanerie, der Instandsetzung<br />

der nördlichen Treibmauern im Terrassengarten am Südhang des Klausbergs sowie der Wiederherstellung<br />

des mit Palmetten und Akroteren geschmückten Schinkeldachs auf dem<br />

Pavillon am See im Ensemble der Römischen Bäder.<br />

Schlösser und Baudenkmale im Neuen Garten: Erarbeitung und Koordinierung der denkmalpflegerischen<br />

Zielstellung und musealen Konzeption für Obergeschoss und Nordflügel<br />

des Marmorpalais. Wissenschaftliche Vorbereitung und Betreuung der Parkett- und Textilarbeiten<br />

zur Wiederherstellung von Zeltzimmer und Konzertsaal im Obergeschoss, der Fortsetzung<br />

der restauratorischen Arbeiten an Holzbekleidungen, Stuckgesimsen und Raumtextilien,<br />

der Konservierung und Neufassung von Wand- und Deckenausmalungen, der<br />

Fortsetzung der Beräumung und Freilegungen von Fußböden und Gewölbekappen im Nordflügel.<br />

– Schlosspolierhaus: umfassende Instandsetzung von Dach, Fassaden und Innenräumen.<br />

– Grotte am Jungfernsee: Festigung der losen Grottierung in den Innenräumen.<br />

Schloss und Baudenkmale im Park Babelsberg: Fortschreibung der denkmalpflegerischen<br />

Zielstellung und Vorbereitung der musealen Konzeption für das gesamte Schloss. Wissenschaftliche<br />

Vorbereitung des Rückbaus späterer Einbauten zur Wiederherstellung des<br />

ursprünglichen Raumgefüges. Erweiterung der Heizungs- und Sicherheitsanlagen. Wiederherstellung<br />

der Stützmauern an der Goldenen Terrasse. – Matrosenhaus: Sanierung der<br />

Kellerdecke, Einbau Heizungsanlage, Instandsetzung Fenster und Außentüren, Beginn der<br />

Malerarbeiten. – Schlossküche: Sanierung und Erneuerung von Dachstuhl, Dachhaut und<br />

Dachentwässerung. Schwammsanierung im Deckenbereich, Instandsetzung der Mauerzinnen<br />

und Ecktürmchen. – Bismarckbrücke: Restaurierung der gusseisernen Astwerkgeländer.<br />

–Hofgärtnerhaus: Rückbau von Einbauten, Freilegungsmaßnahmen und Hausschwammbekämpfung<br />

im Dachgeschoss.<br />

Schloss und Baudenkmale in Rheinsberg: Denkmalpflegerische Betreuung der konstruktiven<br />

Sicherungsmaßnahmen am südlichen Eckpavillon. Recherchen und Planungen zum<br />

Rückbau der Sommerwohnung. Begleitung restauratorischer Arbeiten in den Innenräumen,<br />

z. B. Schlafkammer des Prinzen Heinrich. – Kavalierhaus: Denkmalpflegerische Begleitung


176 Berichte<br />

der Bau- und Restaurierungsarbeiten im westlichen Teil des historischen Kavalierhauses und<br />

des Schlosstheaters. – Marstall: Denkmalpflegerische Betreuung der baulichen Wiederherstellung<br />

des Nordpavillons, Vorbereitung der weiteren Sanierungsmaßnahmen im Mittelbau.<br />

– Grabpyramide: Denkmalpflegerische Konzeption für die Wiederherstellung des<br />

Baukörpers, Beginn der Sanierung. – Weiterführung der Quellenforschungen zur Bau- und<br />

Nutzungsgeschichte des Schlossensembles Rheinsberg. Kunsthistorische Begleitung der<br />

Restaurierungen von beweglichem Kunstgut. Abschluss der Rekonstruktion von vier Glasarmkronleuchtern<br />

nach Mustern Zechliner Kronleuchter in den historischen Techniken.<br />

Schloss Caputh: Denkmalpflegerische Vorgaben und Begleitung der zum Abschluss<br />

gebrachten Bau- und Restaurierungsarbeiten im westlichen Teil des Schlosses (Wohnung<br />

der Kurfürstin Dorothea mit Porzellankammer) und des Haupttreppenhauses. Erarbeitung<br />

und Komplettierung der musealen Einrichtungskonzeption. Begleitung der Restaurierung<br />

von beweglichem Kunstgut. Denkmalpflegerische Betreuung der Ausbauarbeiten im westlichen<br />

Seitenflügel. Erarbeitung einer im Schloss präsentierten Fotodokumentation zur Wiederherstellung<br />

von Schloss und Garten.<br />

Schloss Königs Wusterhausen: Denkmalpflegerische Betreuung der Bau- und Restaurierungsarbeiten.<br />

Fertigstellung der Fassaden in Putz und Farbigkeit. Ausbau und Restaurierung<br />

der Innenräume, u. a. Herstellung der Terrakottaböden im Hochparterre Komplettierung<br />

der musealen Einrichtungskonzeption. Begleitung der Restaurierung der für die<br />

Ausstellung vorgesehenen Kunstwerke. Planung der Erstausstattung für den öffentlichen<br />

und nichtöffentlichen Museumsbetrieb.<br />

Schloss Oranienburg: Baudenkmalpflegerische Betreuung der Wiederherstellungsarbeiten<br />

am Schloss als künftiger Nutzer.<br />

Schloss und Baudenkmale im Park Charlottenburg: Weiterführung der Balustradensanierung<br />

im Rahmen des 1. Bauabschnitts. Beginn der Sanierung der ehrenhofseitigen Balustraden<br />

im Rahmen des 2. Bauabschnitts. – Oberer Ovaler Saal (Raum 211): Erneuerung der<br />

abgehängten Stuckdecke, Einbau von Lüftungsflügeln in die Fenster, Überarbeitung des<br />

Parketts, Elektrifizierung der Wandbranchen, Aufhängung der großen mittleren Krone und<br />

Elektrifizierung. Herrichtung und Instandsetzungsarbeiten an der kleinen Treppe am östlichen<br />

Ende des Neuen Flügels (Raum 369).<br />

Schloss und Baudenkmale auf der Pfaueninsel: Erneuerung des Putzes und Dachdeckerarbeiten<br />

in der Meierei. Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten an den Gewächshäusern<br />

5 bis 7. Vorbereitung des Baus einer Aufzuchtvoliere für Pfauen. Schlosserarbeiten in der<br />

Vogelvoliere. Aufstellung eines Benzincontainers zum Betanken der auf der Pfaueninsel<br />

stationierten Fahrzeuge und Geräte. Reparatur des Türsturzes der Alten Tischlerei. Instandsetzung<br />

und Anstrich der Fenster und Läden des Maschinenhauses.


Schloss und Baudenkmale im Park Glienicke: Schloss: Instandsetzung des Parketts im Gartensaal,<br />

Erneuerung der querliegenden Regenrinne zur Hofseite. Erneuerung der Schließanlagen<br />

bei zahlreichen Gebäuden. – Wirtschaftsflügel: Klempnerarbeiten an der innenliegenden<br />

Regenrinne. – Klosterhof: Ergänzungen am Putz der Außenmauern. Einbau einer<br />

Pforte in die Mauer neben dem Stibadium. – Hofgärtnerhaus: Erneuerung der hölzernen<br />

Abdeckung der Pergola und Anstrich, Instandsetzung des Zaunes und des Geländers.<br />

Abdichtung der Regenrinne der Terrasse an der Wagenremise. Erneuerung des Putzes am<br />

Kellerabgang.<br />

Schloss Grunewald: Überarbeitung und Teilerneuerung des Hofpflasters.<br />

Schloss Paretz: Erarbeitung einer Vorlage über Schloss Paretz für die Landesregierung aufgrund<br />

der im April <strong>1999</strong> getroffenen Entscheidung, das Gebäude als Museumsschloss<br />

wiederherzustellen. – Begleitung der im Mai <strong>1999</strong> beginnenden Bauarbeiten am Schloss,<br />

Teilnahme an den Baubesprechungen ab November. – Ergänzende Archivrecherchen zu<br />

baugeschichtlichen Details des Schlosses.<br />

<strong>2000</strong><br />

Schlösserdirektion 177<br />

Park und Schloss Sanssouci: Betreuung der Restaurierung des Triumphtors am Winzerberg<br />

und der Restaurierung und Rekonstruktion des Kugelfanges im Kreuzgang der Friedenkirche.<br />

Fachliche Vorbereitung und erfolgreiche Sponsorenwerbung für die Rekonstruktion der<br />

weiß-blauen Glassäule im Marlygarten, Begleitung der Instandsetzung an den Hoffassaden<br />

des Gartenkassengebäudes, wissenschaftliche Vorbereitung und Begleitung der Instandsetzungs-<br />

und Restaurierungsarbeiten an der Theaterwand und am Normannischen Turm<br />

auf dem Ruinenberg sowie an der Pergola auf dem Mühlenberg. Begleitung der Dach- und<br />

Deckensanierung in der westlichen Pflanzenhalle der Orangerie, der Instandsetzung und<br />

Teilerneuerung der Südwand an den Lepérschen Treibmauern im Terrassengarten am Südhang<br />

des Klausbergs. Wissenschaftliche Vorbereitung und Betreuung der Teilinstandsetzung<br />

des Schlosstheaters im Neuen Palais. Weiterarbeit an der Haushaltunterlage zur<br />

Restaurierung des Gebäudeinnern. – Begleitung der restauratorischen Untersuchung und<br />

Wiederherstellung zahlreicher historischer Räume (Obergeschoss im südlichen Anbau des<br />

Pförtnerhauses und Räume der historischen Kinderbewahranstalt im Bauensemble der Friedenkirche).<br />

Schlösser und Baudenkmale im Neuen Garten und am Pfingstberg: Erarbeitung der musealen<br />

Konzeption für Obergeschoss und Nordflügel des Marmorpalais. Denkmalpflegerische<br />

Vorbereitung und Betreuung der Restaurierung und Rekonstruktion von Paneelfassungen,<br />

Deckenausmalung und Tafelparkett im Obergeschoss. Beginn der Wiederherstellung der<br />

gefassten und bemalten Wandbespannungen. Im Nordflügel Fortsetzung der Restaurierung,<br />

Rekonstruktion und Neufassung von Wand- und Deckenausmalungen. – Im Cecilienhof


178 Berichte<br />

Rückbau und Instandsetzung der verzierten Schornsteine aus Terrakotta über der Tordurchfahrt.<br />

Sanierung des Dachstuhls und Erneuerung der Dachdeckung im Wirtschaftshof.<br />

– Meierei: Erarbeitung der denkmalpflegerischen Zielstellung für den Wiederaufbau<br />

und den Ausbau der Ruine und einer denkmalpflegerischen Stellungnahme zur Bedeutung<br />

des Lepsius-Hauses.<br />

Schloss und Baudenkmale im Park Babelsberg und am Stern: Erarbeitung einer musealen<br />

Konzeption für Schloss Babelsberg. Denkmalpflegerische Begleitung des Rückbaus im Inneren<br />

des Schlosses. Instandsetzung der Pergola und der Altane an der Nord- und Südfassade.<br />

Wiederherstellung der Terrassenmauer der Porzellanterrasse. Bau der Erschließungstrassen<br />

am und im Gebäude. – Bismarckbrücke: Bau neuer Fundamente, Montage der<br />

Trägerkonstruktion und Wiederaufstellung der Brücke im Park. – Vorbereitung der denkmalpflegerischen<br />

Zielstellung für das Kastellanhaus am Stern.<br />

Schloss und Baudenkmale im Park Charlottenburg: Weiterführung der ehrenhofseitigen<br />

Balustradenerneuerung im Rahmen des 2. Bauabschnitts. Anfertigung bzw. Vorfertigung<br />

von Balustern und anderen Baugliedern zur Balustradensanierung des 3. Bauabschnitts.<br />

Modernisierung der Toiletten in der Kleinen Orangerie. Erneuerung der Sanitärtechnik in<br />

den beiden Toiletten des Neuen Flügels. Sanierung der Holzbalkendecke und Erneuerung<br />

der Dielung im Ausstellungsraum Kronprinzensilber (Raum 235). – Neuausstattung der am<br />

16. Juni <strong>2000</strong> eröff<strong>net</strong>en Gelben Atlaskammer. Der Raum nimmt nun die Ausstattung des<br />

Speisezimmers aus dem Potsdamer Stadtschloss (Gemälde in den Rahmen von Johann<br />

August Nahl, Möbel) auf. Die fünf erhaltenen Rahmen Nahls wurden konserviert und<br />

restauriert, die beiden fehlenden Rahmen nach Fotos nachgeschnitzt. Die durchweg erhaltenen<br />

Gemälde von Nicolas Lancret und Antoine Pesne sowie zwei Kopien nach Watteau<br />

und Lancret konnten mit den für sie angefertigten Rahmen und den dazugehörigen Möbeln<br />

wieder vereint werden. Ein hochbedeutendes Ensemble der Innenraumgestaltung aus den<br />

1740er Jahren ist damit an einem gleichzeitig entstandenen neuen Ort wieder erlebbar. Die<br />

Restaurierung der Rahmen und die Rekonstruktion des Seidengewebes und der Tressen für<br />

Wandbespannung, Möbelbezüge und Fensterdekorationen wurden durch die Kustoden der<br />

Schlösserdirektion wissenschaftlich begleitet. – Einrichtung der Gobelinkammer im Schloss<br />

Charlottenburg mit Werken, die an die Nutzung des Raumes als Antikenkammer durch Friedrich<br />

II. erinnern, und mit dem neuangekauften Wandteppich »Die Audienz beim Kaiser<br />

von China« zusammen mit einem weiteren Stück der Großmogulfolge aus der Berliner<br />

Werkstatt des Jean Barraband d. J., entstanden um 1710, und neu angefertigter Wandbespannung.<br />

Schloss und Baudenkmale in Rheinsberg: Abschluss der konstruktiven Sicherungsmaßnahmen<br />

am südlichen Eckpavillon. Planung und Vorbereitung der Sanierung der Fassaden<br />

im Innenhof. Erarbeitung der denkmalpflegerischen Konzeption für die Rekonstruktion des<br />

Daches über dem Corps de logis. Beginn der Baumaßnahmen zur Wiedergewinnung der


Schlösserdirektion 179<br />

Raumstrukturen in der Sommerwohnung. Betreuung der Innenraumrestaurierung mit<br />

Schwerpunkt in den Paraderäumen des Prinzen Heinrich. – Kavalierhaus: Erarbeitung der<br />

denkmalpflegerischen Konzeption für die Wiederherstellung des östlichen Teils des Kavalierhauses.<br />

– Marstall: Denkmalpflegerische Begleitung der Instandsetzungsarbeiten am<br />

Marstall, insbesondere am nördlichen Kopfbau und Mittelbau, Planungen und Beginn der<br />

Sanierung des südlichen Kopfbaus. Überarbeitung des Nutzungskonzepts. – Grabpyramide:<br />

Fortsetzung der Wiederherstellungsarbeiten. – Weiterführung der Quellenforschungen<br />

zur Bau- und Nutzungsgeschichte des Schlossensembles Rheinsberg. Kunsthistorische<br />

Begleitung der Restaurierung von beweglichem Kunstgut. Planungen für ein Wegebeleuchtungskonzept.<br />

Schloss Königs Wusterhausen: Denkmalpflegerische Betreuung der zum Abschluss<br />

gebrachten Bau- und Restaurierungsarbeiten mit dem Schwerpunkt Innenräume: Wandund<br />

Deckenfassungen, Dielenböden, Restaurierung des Treppenturmes, Komplettierung<br />

des Sockelgeschosses mit modernen Türen und Treppe. Kunsthistorische Begleitung der<br />

Restaurierung von beweglichem Kunstgut.<br />

Schloss Caputh: Denkmalpflegerische Konzeption für die Sanierung des Logierhauses.<br />

Potsdamer Stadtschloss: Fachliche Begleitung des Wiederaufbaus des Fortunaportals am<br />

Alten Markt in Potsdam, gemeinsam mit der Abteilung Restaurierung (Rudolf Böhm).<br />

Schloss und Baudenkmale auf der Pfaueninsel: Erneuerung der Gaubenfenster und verschiedene<br />

Reparaturen am Dach des Schlosses. Einbau von Abtropfblechen in Gewächshaus<br />

6, Anstrich und Erneuerung der gesamten Verglasung. Erneuerung zahlreicher Glasdächer<br />

der Gewächshäuser nach Hagelschlag.<br />

Schloss und Baudenkmale im Park Glienicke: Anstrich des Flurs im Schloss. Instandsetzung<br />

bzw. Neudeckung des Daches vom Portikus am Schloss. Reparatur der Regenrinnen des<br />

Maschinenhauses. Erneuerung und Anstrich der hölzernen Abdeckung des Pergola. Herstellung<br />

und Einrichtung von Aufenthaltsräumen für Gärtner im Kavalierflügel. Instandsetzung<br />

und Anstrich der Fenster der Orangerie.<br />

Schloss Grunewald: Instandsetzung der Heizung des Schlosses. Erneuerung der Heizung<br />

im Jagdzeugmagazin.<br />

Sammlungen<br />

In allen Sammlungsbereichen wurden im Jahre <strong>2000</strong> übergreifende Inventarrecherchen zur<br />

Vorbereitung der Inventarklärungsgespräche mit den Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer<br />

Kulturbesitz, zur Klärung der Frage, ob sich ehemaliger jüdischer Kunstbesitz in den


180 Berichte<br />

Sammlungen der Stiftung befindet, und im Zusammenhang mit den Rückgabeansprüchen<br />

der Hohenzollern durchgeführt. Die wichtigsten Maßnahmen in den Berichtsjahren sind<br />

im folgenden zusammengefasst.<br />

<strong>1999</strong><br />

Gemälde: Im Sammlungsbereich wurde eine Sammlungsdokumentation der französischen<br />

und italienischen Gemälde aufgebaut sowie Foto- und Provenienzrecherchen für den Katalog<br />

der seit dem Zweiten Weltkrieg verschollenen Gemälde durchgeführt.<br />

Textil: Die Forschungen für den Bestandskatalog der Stickereien und die redaktionelle Bearbeitung<br />

wurden abgeschlossen. Der Bestand der Textilien im Neuen Palais wurde EDVmäßig<br />

erfasst.<br />

Glas: Recherchen zur Ausstattung der königlichen Schlösser mit Glas zur Zeit Sophie Charlottes.<br />

Beleuchtungskörper: Forschungen für den Bestandskatalog der Kronleuchter mit Behang<br />

aus Bergkristall und Glas sowie Glasarmkronleuchter bis 1810. – Wissenschaftliche Begleitung<br />

der Rekonstruktion von vier Glasarmkronleuchtern nach vorhandenen Mustern Zechliner<br />

Kronleuchter in den historischen Techniken sowie der Hängung im Schloss Rheinsberg,<br />

Spiegelsaal. – Betreuung eines Forschungsprojektes gemeinsam mit der Technischen<br />

Universität Berlin und der Bundesanstalt für Materialprüfung Berlin zu vergleichenden<br />

Materialanalysen von Kronleuchterbehang aus Glas mit dem Ziel der Erstellung eines chronologischen<br />

Rahmens als Datierungshilfe.<br />

Graphische Sammlungen / Plankammer: Umfangreiche Räumarbeiten, Umlagerungen und<br />

Verpackung des gesamten vor Ort gebliebenen Sammlungsgutes der Plankammer zur Vorbereitung<br />

der Bau- und Malerarbeiten ab Oktober <strong>1999</strong>. Teilnahme an Baubesprechungen<br />

und Beaufsichtigung der Arbeiten. – Fortführung der Plankammerarbeiten unter erschwerten<br />

Bedingungen. Arbeiten mit dem Bestand nur in dringenden Fällen (Leihsachen, Ausstellungsvorbereitungen<br />

der Stiftung, Recherchen für Haushaltsunterlage-Bau Neues<br />

Palais). – Fortsetzung der Computerauswertung der Baugeneralia-Akten im Rahmen einer<br />

AB-Maßnahme. – Erledigung von 225 Fotoaufträgen, Erweiterung des Fotoarchivs durch<br />

763 Aufnahmen, Dreharbeiten, Benutzerbetreuung (120 Fremdnutzer, cirka 150 Mitarbeiter<br />

der Stiftung), Recherchen zum Thema Italienveduten, Materialsammlung zu langfristigen<br />

Ausstellungsprojekten. – Erstellung von Access-Datenbanken auf der Grundlage von<br />

Bandinventaren und Karteien mit 7707 Datensätzen für die Aquarellsammlung der Königin<br />

Elisabeth, 2632 Datensätzen zum Generalkatalog II der gerahmten Graphik in den<br />

Schlössern (gesamter Katalog, einschließlich der Verluste) sowie 390 Datensätzen aus der<br />

Sammlung der Visitenkarten aus dem Ankauf des Nachlasses des Gärtners Jancke. – Ermitt-


Schlösserdirektion 181<br />

lung der in den Sammlungen befindlichen Graphiken und Graphikrahmen aus dem Schloss<br />

Babelsberg und Erstellung einer Liste des ehemaligen Gesamtbestandes. – Verlustrecherchen<br />

(Aktualisierung der Verlustliste der Aquarellsammlung mittels der Access-Datenbank,<br />

Ergänzung der Fotos nach vermissten Blättern).<br />

Neues Palais von Sanssouci: Angleichungen an das historische Inventar durch Umsetzungen<br />

von Antikenkopien des 19. Jahrhunderts in die Marmorgalerie.<br />

Schloss Charlottenburg: Neuhängung der Gemälde in der Zweiten Wohnung Friedrichs II.<br />

im Neuen Flügel des Schlosses. Hauptanliegen war es, alle erhaltenen Gemälde aus der Konzertkammer<br />

wieder in diesem Raum zusammenzuführen. Dort ist jetzt, soweit möglich, die<br />

friderizianische Hängung aus der Zeit unmittelbar nach den Zerstörungen des Siebenjährigen<br />

Krieges wiederhergestellt. – Betreuung der Abformung des Portraitmedaillons von<br />

Andreas Schlüter vom Sarkophag der Sophie Charlotte für die Ausstellung und zum Verbleib<br />

im Schloss Charlottenburg. Einrichtung der im Inventar von 1705 genannten Räume<br />

unter Berücksichtigung dieses ersten Inventars.<br />

Oranienburg: Erarbeitung der musealen Einrichtungskonzeption für das ständige Schlossmuseum<br />

in Zusammenarbeit aller Sammlungskustoden. – Im Zusammenhang mit der Ausstellung<br />

»Onder den Oranje boom« wurden die Standbilder des Kurfürsten Friedrich Wilhelms<br />

von Brandenburg von Francois Dieussart, des Kurfürsten Friedrichs III. von Gabriel<br />

Grupello und die Statue der Minerva Tritonia von Bartolomeus Eggers im Schloss aufgestellt.<br />

Depot: Betreuung und Beratung von 1350 Benutzern im Zusammenhang mit der Neueinrichtung<br />

von Schlössern und Schlossräumen, der Vorbereitung von Ausstellungen und der<br />

Erarbeitung der Haushaltunterlage-Bau/Neues Palais, sowie 88 Kunsttransporte. Laufende<br />

Inventarisierung. – Die Kolossale Bronzebüste des Grafen zu Lynar wurde der Familie<br />

zurückgegeben.<br />

Bibliothek: laufende Inventarisierung aller neuerworbenen Bücher (662) und Zeitschriften,<br />

Betreuung der Benutzer.<br />

Fotothek: Fortführung der Aufarbeitung der Fotobestände (Gesamtbestand Potsdam cirka<br />

25.000 Negative; Gesamtbestand Charlottenburg circa 15.000 Negative und 20.000 Abzüge),<br />

Weiterführung der Positivdatei, Betreuung von stiftungsfremden Benutzern, Bearbeitung<br />

von Fotoaufträgen und Fotoausleihen.


182 Berichte<br />

<strong>2000</strong><br />

Gemälde: Fortführung der Sammlungsdokumentation für die Gemälde. – Foto- und Provenienzrecherchen<br />

für den Katalog der seit dem Zweiten Weltkrieg verschollenen Gemälde.<br />

– Forschungen zu den Gemälden der Sammlung Giustiniani in den preußischen Schlössern.<br />

– Beginn der Arbeiten am ersten Band des Bestandskatalogs der französischen<br />

Gemälde (Watteau und sein Kreis).<br />

Keramische Sammlungen: Einrichtung eines Computerarbeitsplatzes und Beginn der EDV-<br />

Inventarisierung der Vorlagensammlung im Archiv der Königlichen Porzellan-Manufaktur.<br />

Textil: Betreuung der Restaurierung und Vorbereitung der Hängung von zwei bedeutenden<br />

Gobelin-Serien für Schloss Oranienburg. – Betreuung der textilen Ausstattung der Gelben<br />

Atlaskammer und des Gobelinraumes in Schloss Charlottenburg. – Inventargemäße Rekonstruktion<br />

der Fensterdekorationen im Rothenburgzimmer des Schlosses Sanssouci sowie<br />

Erneuerung der Wandbespannung im Durchgang zur dortigen Bibliothek. – Betreuung der<br />

textilen Ausstattung für Schloss Königs Wusterhausen. – Recherchen zur Rekonstruktion<br />

der textilen Ausstattung in den Gesellschaftszimmern des Marmorpalais. – Vorbereitung der<br />

Rekonstruktion der umfangreichen textilen Ausstattung des Schlafzimmers Prinz Heinrichs<br />

in Rheinsberg.<br />

Glas: Inventarisierung der Glasbestände in Charlottenburg (Ausstellung und Depot). –Wissenschaftliche<br />

Bearbeitung der historischen Gläser für die Ausstellung »Preußen 1701. Eine<br />

europäische Geschichte«.<br />

Beleuchtungskörper: Abschluss der Forschungen für den Bestandskatalog der Kronleuchter<br />

mit Behang aus Bergkristall und Glas sowie der Glasarmkronleuchter bis 1810 und redaktionelle<br />

Bearbeitung des Katalogs. – Wissenschaftliche Begleitung der Restaurierung des<br />

ältesten Kronleuchters der Sammlung, hergestellt 1647 von Elias Eliassen Vliet in Amsterdam.<br />

Ursprüngliche Hängung im Berliner Schloss, jetzt im Schloss Charlottenburg, Oberer<br />

Ovaler Gartensaal. – Betreuung eines gemeinsamen Forschungsprojektes mit der Universität<br />

Cardiff (Großbritannien) zu den verschiedenen Arten der Versilberung von Messing<br />

mit dem Ziel, Originale des 18. Jahrhunderts von Kopien und Fälschungen des 19. und<br />

20. Jahrhunderts unterscheiden zu können.<br />

Graphische Sammlungen / Plankammer: Bis Mai <strong>2000</strong> Begleitung umgangreicher Bau- und<br />

Malerarbeiten im gesamten Plankammerbereich, eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten<br />

wegen verpacktem Sammlungsgut und laufender Umlagerungen. Unterbringung der Bauund<br />

Kunstakten in säurefreien Kartons. – Nachträge und Vergabe von 829 Inventarnummern<br />

für die Mappen Brühl. Inventarisierung von cirka 500 Charlottenburg-Plänen und Plänen<br />

von Georg Potente. – 250 fotografische Neuaufnahmen, 700 Farbdias und Farbnega-


tive. – Betreuung von 450 Benutzern. – Zuarbeiten und Bereitstellen von Exponaten zu sechs<br />

Ausstellungsprojekten mit größerem Graphikanteil. – Recherchen zum Fremdbesitz, zur<br />

Baugeschichte und zur Graphik-Ausstattung von Schloss Paretz sowie zu Italienveduten.<br />

Bildergalerie von Sanssouci: Der östliche Bildersaal mit italienischen Gemälden wurde in<br />

verdichteter Hängung in Anlehnung an den friderizianischen Zustand neu gehängt.<br />

Charlottenburg: Beginn der Renovierung der Ausstellungspräsentation »Berliner Porzellan«<br />

im Charlottenburger Belvedere. – Einrichtung und Eröffnung des Pretiosenkabi<strong>net</strong>tes<br />

mit den Tabatieren Friedrichs des Großen.<br />

Kutschen/Schlitten/Sänften: Wissenschaftliche Betreuung der Restaurierung von zwei<br />

Sänften des Preußischen Königshauses sowie des Staatswagens Friedrich Wilhelms II. (»Krönungswagen»).<br />

– Wissenschaftliche Bearbeitung eines Prunkschlittens für die Ausstellung<br />

»Preußen 1701. Eine europäische Geschichte«.<br />

Metall: Wissenschaftliche Bearbeitung der Krönungs- und Reichsinsignien für die Ausstellung<br />

»Preußen 1701. Eine europäische Geschichte«. Ersterfassung der schmiedeeisernen<br />

Ausleger am Thiemannhaus in Zusammenarbeit mit der Werkstatt für Metallrestaurierung.<br />

Orden: Ersterfassung und fotografische Dokumentation der Ordenssammlung.<br />

Schlösserdirektion 183<br />

Glienicke: Erfassung und fotografische Dokumentation des Inventars im Schloss, Casino<br />

und Maschinenhaus.<br />

Pfaueninsel: Erfassung und fotografische Dokumentation des Inventars im Schloss und in<br />

der Meierei.<br />

Depot: Betreuung und Beratung von 1010 Benutzern im Zusammenhang mit der Neueinrichtung<br />

von Schlössern und Schlossräumen, der Vorbereitung von Ausstellungen und der<br />

Fortführung der Haushaltunterlage-Bau/Neues Palais, sowie 75 Kunsttransporte. Laufende<br />

Inventarisierung.<br />

Bibliothek: laufende Inventarisierung aller neuerworbenen Bücher und Zeitschriften,<br />

Betreuung der Benutzer.<br />

Fotothek: Fortführung der Aufarbeitung der Fotobestände, Weiterführung der Positivdatei,<br />

Betreuung von stiftungsfremden Benutzern, Bearbeitung von Fotoaufträgen und Fotoausleihen.


184 Berichte<br />

Schloss Rheinsberg: Vorbereitung der Ausstellung zum 200. Todestag des Prinzen Heinrich<br />

von Preußen im Jahre 2002.<br />

In zahlreichen wissenschaftlichen Vorträgen und Spezialführungen haben Mitarbeiter der<br />

Stiftung die historische und künstlerische Bedeutung der Preußischen Schlösser vor einer<br />

breiten Öffentlichkeit dargestellt und für deren Erhalt geworben.<br />

Leihgaben: <strong>1999</strong> wurden 85 Leihanfragen aus dem In- und Ausland an die Stiftung gestellt.<br />

Davon wurden 52 Leihvorgänge mit insgesamt 380 Leihgaben realisiert. 19 Ausleihen wurden<br />

für die Folgejahre vorbereitet. Im Jahre <strong>2000</strong> wurden 80 Leihanfragen bearbeitet. Von<br />

diesen wurden 46 Leihvorgänge mit insgesamt 276 Leihgaben realisiert. 12 Ausleihen wurden<br />

für 2001/2002 vorbereitet.<br />

Neuerwerbungen<br />

<strong>1999</strong><br />

Skulpturen: August Kiss, Statuette der Kämpfenden Amazone, Zink, um 1850. – Christian<br />

Daniel Rauch, Büste des Fürsten Yorck von Wartenburg, Bronze, 1818.<br />

Porzellan: Vier Figuren der Guanyin, China, Dehua, 2. Hälfte 17. Jahrhundert, Porzellan,<br />

teilweise Reste von Lackbemalung, H. 44 cm, Ankauf, Inv. Nrn. XII 3114–3117. – Schultertopf,<br />

China, um 1700, Porzellan, unterglasurblaue Malerei, H. 28 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII<br />

3118. – Kendi, China, Wanli, 1. Hälfte 17. Jahrhundert, Porzellan, unterglasurblaue Bemalung,<br />

H. 19,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. 3119. – Messer und Gabel mit Porzellangriffen aus einem<br />

Service für Friedrich II., Meissen, 1761, Modell »preußisch-musikalisches Dessin«, Porzellan,<br />

Aufglasurmalerei und Vergoldung, L. (mit Klingen) 18 bzw. 21 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII<br />

3120–3121. – 2 Teller aus einem Service Friedrichs II., Meissen, um 1762, Modell »Dulong«,<br />

Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. 24,7 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 3122–3123.<br />

– 2 Dessertteller aus einem Service für Prinzessin Wilhelmine von Oranien, KPM Berlin um<br />

1775, Modell »Osier«, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. 23 cm, Ankauf,<br />

Inv. Nr. XII 3124–3125. – Allegorie »Mars und die Geschichte«, KPM Berlin um 1766,<br />

Modell: Wilhelm Christian Meyer, H. 46,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 3126. – 13 Teller mit<br />

Blumenkränzen, elf Teller KPM Berlin um 1820, Modell »Antikglatt«, ein Teller KPM Berlin<br />

um 1840, ein Teller Pirkenhammer um 1900, Dm. 24,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 3127-<br />

3138 und XII 3209. – Osterei mit Soldatenszene, wohl KPM 1. Hälfte 19. Jahrhundert,<br />

L. 10,2 cm, Ankauf, Inv. Nr. 3139. – Tafelaufsatz aus einem Service Friedrichs II., Meissen,<br />

1762/1763, H. 40 cm, Ankauf, Inv. Nr. 3140. – 2 Schalen, KPM Berlin um 1773, Modell<br />

»Reliefzierat«, L. 25,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 3141–3142. – Dessertteller aus einem Service<br />

Friedrichs II., KPM Berlin um 1782, Modell »Englischglatt«, Dm. 25 cm, Ankauf, Inv.


Schlösserdirektion 185<br />

Nr. XII 3143. – Vase mit Darstellung von Schloss Babelsberg, KPM Berlin um 1835, Modell<br />

»französische Vase«, H. 53 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 3144. – 51 Teile aus dem Service Friedrichs<br />

II. für das Potsdamer Stadtschloss und 11 zugehörige, spätere Nachlieferungen, KPM<br />

Berlin 1770/1771 bzw. 1844/1847, Modell »Antikzierat«, Geschenk, Inv. Nr. XII 3145–3208.<br />

Textil/Glas: Tapisserie »Die Audienz beim Kaiser von China«, Mittelstück der sogenannten<br />

Großmogulfolge, 360 × 544 cm, Manufaktur Jean II. Barraband, Wolle und Seide, Berlin<br />

um 1710, Ankauf, Inv. Nr. IX (4)-57. – Stickereien: gesticktes Wappen, Stickmustertücher,<br />

begonnene Stickereien für Möbelbezüge und einen Wandbehang, eine Bordüre,<br />

außerdem zwei Kaschmirschals, aus dem Besitz von verschiedenen Mitgliedern der gräflichen<br />

Familie zu Dohna, Geschenk, Inv. Nr. IX (3) – 213, 223–225, 234–238, 243, 244.<br />

Metall: 3 silberne Teller aus dem Besitz Kaiser Wilhelms I., Hossauer und Friedeberg Berlin<br />

um 1856, Silber, gedrückt, ziselliert, graviert, auf der Fahne Besitzermonogramm AW,<br />

Entwurf von Johann Georg Hossauer für die Hochzeitstafel des Prinzen Wilhelm von<br />

Preußen und der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar, Berlin 1829, Ankauf: 1 Tiefer Teller,<br />

Dm. 26,5 cm, J. G. Hossauer, Inv. Nr. X 923; 1 Teller, flacher Spiegel, Dm. 26,5 cm, Friedeberg,<br />

Inv. Nr. X 924; 1 Großer Teller, Dm. 32,5 cm, Inv. Nr. X 925. – 12 silberne Teller<br />

aus dem Besitz Kaiser Wilhelms II., Gebrüder Friedländer, Berlin 1915, 1916, Silber,<br />

gedrückt, graviert, ziseliert, auf den Fahnen Monogramm WR, Entwurf der Tellerform<br />

Johann Georg Hossauer für Hochzeitstafel des Prinzen Wilhelm von Preußen und der Prinzessin<br />

Augusta von Sachsen-Weimar, Ankauf, Inv. Nr. X 911–922. – 51 Teile eines silbernen<br />

Speisebestecks aus dem Besitz der Kaiserin Auguste Viktoria, Sy & Wagner, Berlin nach<br />

1888, Silber, geprägt, graviert, auf den Griffen das Monogramm AV unter Krone, Ankauf:<br />

6 Tafelmesser, L. 25 cm, Inv. Nr. X 969–974; 6 Tafelgabeln, L. 20,5 cm, Inv. Nr. X 975–980;<br />

6 Tafellöffel, L. 22 cm, Inv. Nr. X 945-950; 6 Fischmesser, L. 21 cm, Inv. Nr. X 957–962;<br />

6 Obstmesser, L. 20 cm, Inv. Nr. X 963-968; 6 Dessertmesser, L. 20,5 cm, Inv. Nr. X 927–932;<br />

6 Dessertgabeln, L. 17,3 cm, Inv. Nr. X 933-938; 6 Dessertlöffel, L. 17,5 cm, Inv. Nr. X<br />

939–944; 6 Kaffeelöffel, L. 14,4 cm, Inv. Nr. X 951-956; 1 Suppenkelle, innen vergoldet,<br />

L. 37 cm, Dm. 10 cm, Inv. Nr. X 926; 1 Pfeffer- und Salzschälchen mit Löffel, H. 5,5 cm,<br />

B. 11 cm, T. 4,8 cm, Inv. Nr. X 981–982. – Silbervergoldetes Reiseservice aus dem Besitz<br />

der Königin Augusta von Preußen, Humbert & Söhne, Berlin 1840: 2 Teller, Inv. Nr. X<br />

992–993; 3 längsrechteckige Dosen mit Deckel, Inv. Nr. X 986-988; 2 Eierbecher, Inv. Nr.<br />

X 989–990; 1 Gewürzdose, Inv. Nr. X 991; 1 gefasster Glasstreuer, Inv. Nr. X 1004; 2 Messer,<br />

Inv. Nr. X 994–995; 2 Löffel, Inv. Nr. X 998–999; 2 Gabeln, Inv. Nr. X 996–997; 2 Obstmesser,<br />

Inv. Nr. X 1002–1003; 2 Kaffeelöffel, Inv. Nr. X 1002–1003.<br />

Beleuchtungskörper: 1 Paar Leuchter und eine Girandole, Berlin 2. Hälfte 19. Jahrhundert,<br />

Silber, vermutlich Nachbestellungen des preußischen Hofes für das silberne Tafelservice<br />

Friedrichs des Großen (1746/64), getrieben, gegossen und ziseliert, Ankauf: Leuchter,<br />

H. 24,5 cm, Inv. Nr. X 983, 984; Girandole, H. 45 cm, Inv. Nr. X 985.


186 Berichte<br />

<strong>2000</strong><br />

Gemälde und Rahmen: Nicolas Lancret, Porträt der Tänzerin Maria Sallé, um 1732, Öl auf<br />

Leinwand, 42 × 54 cm, GK I 50071 (aus der Sammlung des Prinzen Heinrich erworben für<br />

Schloss Rheinsberg, mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, des Ernst von Siemens-Kunstfonds<br />

und der Freunde der preußischen Schlösser und Gärten e. V.).<br />

Skulpturen: Rolf Löhmann, Büste Willy Kurth, <strong>1999</strong>, Bronze. – Christian Daniel Rauch,<br />

Guss und Ziselierung von A. Th. Vollgold, Statuette der Jungfer Lorenzen auf einem Hirsch,<br />

Zink, galvanisch verkupfert, Silber- und Goldtauchierungen, mit Türkisen, bez.: CIS:<br />

F. VOLLGOLD, 1834, (erworben mit Hilfe des Vereins Kulturerbe Potsdam). – Trèchard,<br />

Porträtrelief des Prinzen Heinrich mit Widmung »DONNE PAR S.A.R. LE P. ce HENRI DE<br />

PRUSSE« »A Mlle. DU PONT EN FEVRIER 1789«, Bronze, bez.: TRECHARD F. 1789. – Vermutlich<br />

russischer Künstler, zwei Hirsche, 2. Drittel 19. Jahrhundert, Gelbguss. – Julius<br />

Franz, Schäfer im Kampf mit einem Panther, Zinkguss, galvanisch verkupfert, Guss von<br />

A. Mewes, Berlin, verkleinerte Fassung des Werkes aus dem Sizilianischen Garten im Park<br />

Sanssouci.<br />

Porzellan: Teller aus dem Service Prinz Heinrichs, KPM Berlin 1791, Modell »Antique Zierathen«<br />

(Kurländer Muster), Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. 24,5 cm,<br />

Ankauf, Inv. Nr. XII 10 001. – Kleine Schüssel aus dem Service Friedrich Wilhelms II. für<br />

Schloss Charlottenburg, KPM Berlin 1796, Modell Antikglatt, Porzellan, Aufglasurmalerei,<br />

Dm. 28 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 002. – Ovale und runde Platte, vierpassige Schüssel,<br />

Saucière und drei Teller aus einem Service Kaiser Wilhelms II. mit Weinlaubdekor, KPM<br />

Berlin 1893–1914, Modelle »Glatt« und »Konisch«, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung,<br />

Dm. (Teller) 21 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 003–10 009. – Ovale Platte, Saucière,<br />

vier runde Schüsseln, zwölf Speiseteller, 12 tiefe Teller aus einem Service Kaiser Wilhelms II.<br />

mit eisenrotem Dekor, KPM Berlin 1900–1911, Modell »Neuosier«, Porzellan, Aufglasurmalerei<br />

und Vergoldung, Dm. (Teller) 24,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 010–10 039. – tiefer<br />

Teller aus dem Service Friedrichs des Großen mit grünem Schuppenrand, Meißen 1760/61,<br />

Modell »preußisch-musikalisches Dessin«, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung,<br />

Dm. 26,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 040. – Ovale Platte und zwei Teller aus einem Service<br />

Friedrichs des Großen mit Vogelmalerei, Meißen 1760/62, Modell »Neubrandenstein«, Porzellan,<br />

Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. (Teller) 24,1 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 041<br />

bis 10 043. – 2 Dessertteller aus dem »Schwerin«-Service, Meißen 1760/62, Porzellan, Aufglasurmalerei<br />

und Vergoldung, Dm. 24,3 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 044–10 045. – Runde<br />

Schüssel und neun Dessertteller aus einem Service Friedrich des Großen, KPM Berlin um<br />

1768, Modell »Reliefzierat«, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. (Teller)<br />

25 cm, Dm. (Schüssel) 36 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 046–10 055. – 2 Teller aus dem Service<br />

Prinz Heinrichs, KPM Berlin 1791, Modell »Antique Zierathen« (Kurländer Muster),<br />

Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. 24,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 056 bis


Schlösserdirektion 187<br />

Abb. 1 Nicolas Lancret, Porträt der Tänzerin Maria Sallé, um 1732, Öl auf Leinwand, 42 × 54 cm,<br />

GK I 50071 (aus der Sammlung des Prinzen Heinrich erworben für Schloss Rheinsberg, mit Hilfe der<br />

Kulturstiftung der Länder, des Ernst von Siemens-Kunstfonds und der Freunde der preußischen<br />

Schlösser und Gärten e. V.)<br />

10 057. – Dessert-Schüssel aus dem »Schwerin«-Service, Meißen 1760/62, Porzellan, Aufglasurmalerei<br />

und Vergoldung, Dm. 30,5 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 058. – Teller, Kakiemon,<br />

Arita, Japan, Anfang 18. Jahrhundert, Porzellan, blaue Unterglasur- und bunte Aufglasurmalerei,<br />

Dm. 25 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 059. – Figur der stehenden Guanyin,<br />

Dehua, China, 1. Hälfte 18. Jahrhundert, Porzellan (blanc de chine), H. 33 cm, Ankauf, Inv.<br />

Nr. XII 10 060. – Deckel zu monumentaler Vase (»Bildergalerie-Vasen«), Meißen (?), Mitte<br />

18. Jahrhundert, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung, Dm. 28 cm, H. 28 cm,<br />

Geschenk, Inv. Nr. XII 10 061. – Giesser aus dem Service für Herzog Frederick von York,<br />

KPM Berlin 1785/86, Modell »Arabesque«, Porzellan, Aufglasurmalerei und Vergoldung,<br />

H. 8,7 cm, Ankauf, Inv. Nr. XII 10 062. – Dreiteiliger Vasensatz mit radierter Vergoldung,<br />

KPM Berlin 1775/80, Porzellan, Vergoldung, H. (Mittelvase) 49,5 cm, H. (Flügelvasen)<br />

29,5 cm, Ankauf, Inv. Nrn. XII 10 063–10 065.


188 Berichte<br />

Abb. 2 Großer silberner Wandspiegel mit Allegorie der Minerva als<br />

Schutzherrin der Künste des Augsburger Goldschmiedes Albrecht Biller,<br />

Silber, Augsburg 1695 bis 1700, Inv. Nr. X 1005<br />

Foto: Daniel Lindner, <strong>SPSG</strong>


Schlösserdirektion 189<br />

Textil/Glas: 2 Tafeltücher und sechs Servietten mit Adler, Kronen, Monogramm, Kette<br />

Schwarzer Adlerorden und Hausorden, angeblich aus dem Besitz Wilhelms II., Leinendamast,<br />

Grünberg/Schlesien, um 1900, Ankauf, Inv. Nr. IX (5) – 47–49. – 3 Tafeltücher mit<br />

preußischem Wappen, Wilden Männern, Monogramm FR und Adler, Leinendamast, 1. Hälfte<br />

18. Jahrhundert, Ankauf, Inv. Nr. IX (5) – 50–52. – Deckelpokal, aufgelegtes Glaspastenmedaillon<br />

mit Brustbild Friedrichs I. mit Athena und Fortuna und Inschrift zur Krönung<br />

1701, farbloses Glas, Blank- und Mattschnitt, Potsdam 1701, Ankauf, Inv. Nr. XIII 717. –<br />

Heinrich Friedrich Halter, Deckelpokal mit Brustbild Friedrichs I. und Ansicht des Berliner<br />

Schlosses nach unausgeführtem Entwurf von Schlüter, farbloses Glas, Mattschnitt,<br />

Magdeburg um 1710, Ankauf, Inv. Nr. XIII 720. – Bleikristallschale mit Monogramm WR,<br />

Kristallglas, geschliffen, Ende 19. Jahrhundert, Ankauf, Inv. Nr. XIII 877. – Brieföffner, Griff<br />

mit Maiglöckchen-Vergissmeinnicht-Dekor, Geschenk Kaiser Wilhelms I. an einen Kammerdiener<br />

Wilhelms (II.), Elfenbein, geschnitzt, um 1880, Geschenk, Inv. Nr. XI 283.<br />

Metall: Großer silberner Wandspiegel mit Allegorie der Minerva als Schutzherrin der Künste<br />

des Augsburger Goldschmiedes Albrecht Biller, Silber, getrieben, gegossen, ziseliert und<br />

punziert, Augsburg 1695–1700, H. 193 cm, B. 137 cm, Inv. Nr. X 1005 (erworben mit Mitteln<br />

der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin). – Ein Paar Gewürzfässchen aus dem Silber<br />

der Preußischen Stände zur Hochzeit des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm von<br />

Preußen, Silber, vergoldet, gegossen, zisiliert, Berlin, Vollgold & Sohn, 1881, Ankauf, Inv.<br />

Nr. X 1006–1007. – Saliere mit bekröntem Spiegelmonogramm aus dem Besitz des Prinzen<br />

Carl von Preußen, Silber, gegossen, graviert, mit Glaseinsätzen, Parma 1818–1872, H. 13 cm,<br />

Ankauf, Inv. Nr. X 1008.<br />

Darüber hinaus erfolgte die Rückgabe von Fragmenten des Potsdamer Stadtschlosses durch<br />

Potsdamer und Berliner Bürger. Weitere Erwerbungen tätigten die Freunde der Preußischen<br />

Schlösser und Gärten e.V. Diese Werke, die im Besitz des Vereins verbleiben, stehen der<br />

Stiftung für die Ausstattung der Schlösser zur Verfügung (s. Fördervereine).


190 Berichte<br />

Gartendirektion<br />

Die grundlegende Aufgabe der Gartenabteilung ist die Erhaltung der ihr<br />

anvertrauten Gartendenkmale in ihrer Gesamtheit durch kontinuierliche Pflege der Vegetation<br />

und der Wege nach gartendenkmalpflegerischen Vorgaben. Hinzu kommen die nach<br />

gartenhistorischen Forschungsergebnissen inszenierten Blumenbepflanzungen im Frühjahr<br />

und im Sommer für die stilistisch unterschiedlichen Rabatten und Beetanlagen. Dieser<br />

Auftrag konnte insoweit erfüllt werden, dass in den vielbesuchten Parkbereichen ein zufriedenstellender<br />

Gesamteindruck geschaffen wurde. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden,<br />

dass wegen der begrenzten personellen und finanziellen Ausstattung die Pflegeintensität<br />

und in vielen Bereichen der Parkanlagen die Pflege überhaupt hinter dem denkmalpflegerisch<br />

Notwendigen oder gar Wünschenswerten zurückbleiben musste.<br />

Voraussetzung für die Pflegearbeiten und die sukzessiven Restaurierungen und Wiederherstellungen<br />

war die wissenschaftliche Erforschung der Geschichte und Schicksale der<br />

Anlagen durch die Gartendirektion. Einen wesentlichen Bestandteil dieser Arbeit bildete<br />

die Dokumentation der gartenarchäologischen Befunde und der durchgeführten Arbeiten.<br />

Hierbei konnte im Jahr <strong>2000</strong> der dringend notwendige Schritt zur elektronischen Datenverknüpfung<br />

der nach und nach erstellten digitalen Gartenpläne mit den gartengeschichtlichen<br />

und biologischen Daten begonnen werden. Dies geschah durch die Einstellung einer<br />

kartographischen Fachkraft für elektronische Datenverarbeitung. Diese Strukturverbesserung<br />

in der Gartendirektion war durch die Übernahme der Schlossgärten von Charlottenburg<br />

und Klein Glienicke möglich.<br />

Die wissenschaftliche Bearbeitung dieser Anlagen wurde den vorhandenen Kustoden<br />

übertragen und damit die Möglichkeit geschaffen, eine kartographischen Fachkraft und<br />

einen Haushalts- und Sachbearbeiter einzustellen. Beide Stellen entlasten die Wissenschaftler<br />

von umfangreichen Nebenarbeiten und haben der Organisation und Struktur der<br />

Gartendirektion eine größere Effizienz verschafft. Das gilt ebenso für die schnelle und<br />

zufriedenstellende Bereitstellung von Überlagerungen historischen und aktuellen Planmaterials<br />

und die Bereitstellung von Bildern für Publikationen.<br />

Ein wichtiger Impuls für die Gartendirektion war seit September <strong>1999</strong> die Beschäftigung<br />

des wissenschaftlichen Volontärs Herrn Dr. Klausmeier. Zu seinen vielseitigen Leistungen<br />

gehörte die Redaktion des Dendrologischen Führers »Gehölze in Sanssouci«, der in dritter<br />

und stark erweiterter Auflage im Jahr <strong>2000</strong> erschien. Eine wesentliche Neuerung dieses<br />

Gehölzführers ist die Erweiterung durch die generelle Einführungsgeschichte der Gehölze<br />

und die spezielle Einführungsgeschichte für die Gärten von Sanssouci. Der Gartenhistoriker<br />

Dr. Wimmer hat diese erarbeitet.<br />

In das Jahr <strong>2000</strong> fallen auch die wissenschaftlichen und planerischen Vorbereitungen für<br />

die beiden Gartenausstellungen der Stiftung aus Anlass der Bundesgartenschau 2001. Der<br />

wissenschaftliche Volontär wurde als Kurator mit der Vorbereitung der Ausstellung »Nichts<br />

gedeiht ohne Pflege – Die Potsdamer Parklandschaft und ihre Gärtner« betraut.


Am 13. September <strong>2000</strong>, dem 200. Geburtstag des Gartenkünstlers Friedrich Ludwig von<br />

Sckell, wurde dem Gartendirektor, Prof. Dr. Michael Seiler, in München der »Friedrich Ludwig<br />

von Sckell-Ehrenring« von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste verliehen.<br />

Am 1. Januar des Jahres <strong>2000</strong> konnte die Stiftung die Schlossgärten Charlottenburg und<br />

Klein Glienicke nach langjährigen Verhandlungen vom Land Berlin übernehmen. Damit<br />

erhöhte sich die Gesamtfläche der Parkanlagen der Stiftung auf 709 ha.<br />

Nachfolgend sind die wichtigsten Wiederherstellungsarbeiten in den einzelnen Gartendenkmalen<br />

aufgeführt.<br />

<strong>1999</strong><br />

Gartendirektion 191<br />

Park Sanssouci: Als in größeren Abständen wiederkehrende Pflegemaßnahme wurden die<br />

Baumwände der zwei Kilometer langen Hauptallee von Sanssouci geschnitten. Die eigenen<br />

Gärtner des Parkreviers 2 legten in den vier äußeren Kompartimenten des Parterres von<br />

Schloss Sanssouci die historischen »plates bandes« mit Eichenbohlen, Marmorkies und<br />

Taxuspyramiden neu an. Mit einer großen Investition wurde der Wegebau der Hauptallee<br />

im Bereich des Parterres, um die Fontäne und im westlichen Lustgarten bis zum Selloweg<br />

erneuert. Eine denkmalpflegerische Grundvermessung des Parkbereichs Charlottenhof für<br />

ein digitales Kartenwerk wurde durchgeführt. Auf dem Ruinenberg wurde der Panoramaweg<br />

von der Olympischen Säule bis zur Anschlussstelle Sanssouci-Sicht und bis zur Rodelbahn<br />

erneuert. Der schmale Weg von der Kaskade zur Höhe des Ruinenberges und zur<br />

Römischen Bank wurde nach Planunterlagen und Bodenbefund wiederhergestellt.<br />

Neuen Garten: Der Verbindungsweg vom Parkplatz zum Schloss Cecilienhof und die<br />

Anschlüsse vom Vierwegerondell wurden wiederhergestellt.<br />

Park Babelsberg: Der fehlende Teil der denkmalpflegerischen Grundvermessung für ein<br />

digitales Kartenwerk wurde im Gelände erfasst, damit liegt ein baumgenaues Kartenwerk<br />

für den Park Babelsberg vor. Vom Pförtnerhaus I bis zum Eingang Sternwarte wurde der<br />

Fahrweg mit den Anschlüssen bis zum »Schwarzen Meer« restauriert. Der schmale Fahrweg<br />

bis zum Brunnenplateau wurde rekonstruiert. Bei dem Projekt Wiederherstellung des<br />

Fahrweges von der verdeckten Pforte bis zum Abzweig Augusta-Blick wurden die Teilbereiche<br />

Generalsbankweg verwirklicht. Die Hilfskräfte des Internationalen Bundes stellten<br />

die Bodenbewegung am Uferstreifen zwischen der Parkbrücke und dem Maschinenhaus<br />

wieder her. Das nach Abriss des Heizhauses der Universität Potsdam zurückgewonnene<br />

ehemalige Parkgelände wurde nach denkmalpflegerischen Vorgaben planiert. Damit wurde<br />

das Vorhaben, ein restauriertes Wege<strong>net</strong>z vom Anschluss an der Humboldtbrücke (BUGA-<br />

Projekt »Orte am Fluss«) bis zum Schloss Babelsberg zur BUGA zu präsentieren, merklich<br />

vorangebracht.


192 Berichte<br />

Abb. 1 Schlossgarten Rheinsberg, Blick in den rekonstruierten und theatertechnisch optimierten<br />

Zuschauerraum des Heckentheaters, Aufnahme von <strong>1999</strong><br />

Foto: Seiler, <strong>SPSG</strong><br />

Park Sacrow: Die fehlenden Teile des historischen Wege<strong>net</strong>zes östlich der ehemaligen<br />

Kastanienallee konnten wiederhergestellt werden. Zusätzlich wurden im ehemaligen<br />

Grenzgebiet Gehölzpflanzungen und Wiesenflächen angelegt. Die Arbeitskräfte des ABM-<br />

Programms gewannen die Wasserfläche bei der Thusnelda-Statue durch Ausräumen der<br />

sukzessionsbedingten Torfmassen zurück.<br />

Schlosspark Caputh: Die im Umfeld des Schlosses liegenden Parkteile wurden rechtzeitig<br />

zur Einweihung des Schlosses nach Grabungsbefunden neu angelegt. Auf der Gartenseite<br />

konnte das gefundene barocke Pflaster ergänzt werden und die wechselreiche Geschichte<br />

der Gartenanlage durch Ziegelpflaster, das den gefundenen Verlauf der alten Balustraden<br />

anzeigt, erlebbar gemacht werden. Es wurde ein überzeugender Übergang zwischen den<br />

wenigen erhaltenen Zeugnissen des Barockgartens und der Schöpfung Lennés gefunden.<br />

Park Königs Wusterhausen: Als gartendenkmalpflegerische Voraussetzung für die umfangreichen<br />

Gartenbaumaßnahmen des Jahres <strong>2000</strong> wurde eine denkmalpflegerische Grundvermessung<br />

für ein digitales Kartenwerk veranlasst.<br />

Schlosspark Rheinsberg: Das Heckentheater wurde nach gartenhistorischen Unterlagen<br />

und Befund mit dem gleichzeitigen Ziel der Optimierung der Sichtverhältnisse restauriert.<br />

Der Zuschauerraum erhielt ein optimale Terrassierung. Die umlaufenden Wege wurden


erneuert. Der hufeisenförmige Wall um den Zuschauerraum erhielt seinen mit Wein berankten<br />

Laubengang zurück.<br />

Kunstmosaike: Im Bereich Sanssouci wurden sämtliche Mosaikflächen einer Revision unterzogen<br />

und Fehlstellen und Schäden versorgt. In die Rundbank bei den Römischen Bädern<br />

konnte das restaurierte Mosaik wieder eingelegt werden. Im Neuen Stück wurden die<br />

Mosaike der vom Großen Fontänen-Rondell hierher versetzten Rundbänke restauriert und<br />

beide Fundamente grundlegend erneuert. Eines der Mosaike wurde vor Beginn des Winters<br />

wieder in situ gebracht.<br />

<strong>2000</strong><br />

Gartendirektion 193<br />

Park Sanssouci: Im Rahmen des Vorhabens, vom Bahnhof Park Sanssouci ab dem Posttor<br />

eine attraktive Wegeverbindung zum Neuen Palais sowie in Richtung Charlottenhof und<br />

Schloss Sanssouci wiederherzustellen, wurde ein Fußweg vom Posttor bis zum Weg nördlich<br />

der Fasanerie, der Weg nördlich der Fasanerie und ein Teilstück des Weges in Richtung<br />

Theaterweg wiederhergestellt bzw. nach Bodenbefunden rekonstruiert.<br />

Der als wesentliches Element des Schlosses Charlottenhof nach 1827 angepflanzte Dichterhain,<br />

ursprünglich bestehend aus 92 Bäumen, wurde nach Rodung der noch vorhandenen<br />

44 abgängigen Bäume vollständig neu gepflanzt. Bei dieser Gelegenheit wurde das ihn<br />

begrenzende und durchlaufende Wegerechteck nach Grabungsbefunden erneuert und die<br />

die Dichterwege begrenzenden Weißbuchenhecken neu gepflanzt. Gegen die Parkwiesen<br />

wurden malerische Deckpflanzungen eingebracht.<br />

Die digitale Grundvermessung der Parkanlagen, deren Vollendung eine dringende Notwendigkeit<br />

für die denkmalpflegerische Planung und für die Außendarstellung der Stiftung<br />

ist, wurde im Park Sanssouci, Parkrevier 1, weitergeführt.<br />

Nach Abbruch der alten Toilettenanlage war es möglich, den Südteil des Marlygartens<br />

in gleicher Weise wie das übrige Gelände dieser Perle Lennéscher Gartenkunst zu restaurieren.<br />

Der kleine Bachlauf mit Wasserfall wurde ergraben und instandgesetzt, ebenso die<br />

malerische Teichanlage, in die er mündet, neu mit Ton gedichtet und mit Felsen und Gehölz<br />

dekoriert. Die seit mehr als 50 Jahren untergegangenen schmalen Fußwege wurden restauriert.<br />

Damit kann dieses Kleinod der preußischen Gartenkunst zur Bundesgartenschau in<br />

seiner vielschichtigen Schönheit wieder eingeweiht werden.<br />

Seit 1995 wurde an der Restaurierung des Wegesystems des Ruinenberges mit dem Ziel<br />

seiner Präsentation zur Bundesgartenschau gearbeitet. Der Ruinenberg grenzt unmittelbar<br />

an das Gelände und schafft so die im Motto der Bundesgartenschau verkündete Verbindung<br />

zwischen Gartenkunst von Gestern und Morgen. Im Jahr <strong>2000</strong> wurde der Panoramaweg<br />

von der Anschlussstelle Seekoppel bis zum Anschlussweg Pappelallee wiederhergestellt<br />

einschließlich eines zweiten Abzweigs zur Pappelallee. Der malerische Fußpfad von der in<br />

diesem Jahr eingeweihten Gaststätte »Historische Mühle« bis zum Kaskadenbassin auf dem<br />

Ruinenberg wurde ebenfalls wiederhergestellt und bindet so diese wesentliche Ergänzung


194 Berichte<br />

Abb. 2 Potsdam, Park Sanssouci, Marlygarten, Landschaftsgärtnerische Arbeiten zur Restaurierung<br />

des Teiches mit schmalem Uferpfad und kleinem Wasserfall, Aufnahme vom September <strong>2000</strong><br />

Foto: Wacker, <strong>SPSG</strong><br />

des Parks Sanssouci aus dem Jahr 1841 an die stark frequentierten Bereiche Besucherzentrum<br />

und »Historische Mühle« an.<br />

Neuer Garten/Pfingstberg: Auch der Pfingstberg schließt unmittelbar an das Bundesgartenschau-Gelände<br />

an und wird mit dem durch Spendenmittel wiederhergestellten westlichen<br />

Belvedereturm eine wesentliche Attraktion sein. In diesem Rahmen wurden die seit<br />

1994 auf dem Pfingstberg betriebenen Wiederherstellungsarbeiten des Wege<strong>net</strong>zes mit der<br />

Wiederherstellung der Wege um das Ostparterre ergänzt.<br />

Park Babelsberg: Im Rahmen der Bundesgartenschau wurde die Kulisse »Ort am Fluss« als<br />

Grünverbindung vom Hauptbahnhof Potsdam zum Park Babelsberg an der Humboldtbrücke<br />

fertiggestellt. Danach war es vorrangiges Ziel, die daran anschließenden Wegeverbindungen<br />

zum Schloss Babelsberg zu restaurieren. Es wurde der Fahrweg an der Mühlenstraße<br />

bis Abzweig Augustablick bis hin zur Siegessäule restauriert. Auch die Fußwege im Bereich<br />

der <strong>2000</strong> eingeweihten Bismarckbrücke bis hin zur Generalseiche wurden restauriert.<br />

Königs Wusterhausen: Nach gartenhistorischen Gutachten und gartenarchäologischen<br />

Untersuchungen in den Jahren 1998/99 konnte die Anlage eines der Bedeutung des Schlos-


Gartendirektion 195<br />

Abb. 3 Schlossgarten Königs Wusterhausen, das wiederhergestellte Plateau mit Graben und das barocke<br />

Rasenparterre vor der Alleepflanzung, Aufnahme von <strong>1999</strong><br />

Foto: Hamann, <strong>SPSG</strong><br />

ses entsprechenden Gartens in den Formen der barocken Gestaltung von 1698 im Frühjahr<br />

<strong>2000</strong> begonnen werden. Zuvor versperrten Betonpisten und eine Baracke die Baufreiheit.<br />

Für die Wiederherstellung der barocken Gartenstruktur musste umfangreicher Wildwuchs<br />

beseitigt werden und auf einer großen Fläche 60 cm Schuttüberlagerung abgetragen werden.<br />

Der Schlossgraben wurde nach archäologischen Befunden 60 cm unter dem ehemaligen<br />

Parterreniveau eingetieft, wodurch gegenüber der Schlossinsel ein erheblich größerer<br />

Höhenunterschied entstand. 71 barocke Alleebäumen, Linden und Kastanien, wurden neu<br />

gesetzt.<br />

Pfaueninsel: Im meist besuchten westlichen Teil der Insel wurde der Weg vom Kastellanhaus<br />

zum Schloss restauriert. Bei der Restaurierung des Mittelweges zwischen dem Königseichenweg<br />

und dem Affenweg wurde gleichzeitig eine Schadensbeseitigung in dem schon<br />

bestehenden Bereich, besonders beim Rosengarten, vorgenommen.<br />

Schlossgarten Charlottenburg: In Vorbereitung der geplanten Restaurierung des Parterres<br />

wurden im Frühjahr die 315 Linden der rahmenden Alleen zurückgeschnitten, so dass sie<br />

im Jahr 2001 das gewünschte barocke Aussehen haben werden. Entsprechend den Ergebnissen<br />

eines Kolloquiums zur Restaurierung des Parterres, das die Bewahrung des bis 1968


196 Berichte<br />

geschaffenen Zustands unter Änderung des Pflanzen- und Kiesmaterials empfahl, wurde<br />

eine grundlegende digitale Vermessung des gesamten Parkareals als Voraussetzung für die<br />

detaillierte Planung vorgenommen. Durch die Einbringung eines wesentlichen ursprünglichen<br />

Elements des Parterres, der vier großen Königsvasen, erfahren die »plates bandes«<br />

und die Aufstellung der Vasen eine entsprechende Modifikation. Da die Präsentation der<br />

Kübelpflanzen für die Einweihung des Parterres und das Erscheinungsbild der Schlossfronten<br />

von wesentlicher Bedeutung sind, wurden die verrotteten Kübel durch Neuanschaffungen<br />

ersetzt.<br />

Kunstmosaike: Die Restaurierung der einzigartigen Mosaike in den Parkanlagen Sanssouci<br />

und Babelsberg wurde fortgesetzt.


Baudirektion<br />

Baudirektion 197<br />

Die Jahre <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> waren für die Tätigkeit der Baudirektion wie<br />

zuvor vom Kampf gegen den Verfall der denkmalgeschützten Substanz sowie von der Aufrechterhaltung<br />

und Weiterentwicklung des Museums- und Verwaltungsbetriebes der Stiftung<br />

geprägt. Mit jährlich etwa 16 Millionen DM Bauanteil am Investitionsetat der Stiftung<br />

und knapp vier Millionen DM Bauunterhaltungsmitteln konnten wiederum nur selektiv<br />

Bauwerkssanierungen fortgeführt werden. Angesichts eines geschätzten Bedarfs von 700<br />

bis 800 Millionen DM für Bauinvestitionen und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel<br />

wird das Spannungsfeld deutlich, in dem sich die Baudirektion bei ihrer Aufgabenerfüllung<br />

bewegen muss.<br />

Im folgenden sind die wichtigsten Planungsleistungen und Bauausführungen der beiden<br />

Jahre des Berichtszeitraums zusammengefasst.<br />

Berlin: Im Berichtszeitraum konnten in den Berliner Liegenschaften der Stiftung (Charlottenburg,<br />

Pfaueninsel, Glienicke, Grunewald) im wesentlichen nur Bauunterhaltungsarbeiten<br />

durchgeführt werden, da der Investitionsschwerpunkt wegen des erheblich größeren<br />

Schädigungsgrades weiterhin auf die brandenburgischen Schlossanlagen gelegt werden<br />

musste. In Schloss Charlottenburg konnte mit einer Sonderfinanzierung des Bundesverwaltungsamtes<br />

die Balustradensanierung fortgeführt werden und in der Großen Orangerie<br />

wurde eine Klimaanlage eingebaut.<br />

Park Sanssouci: Im Marstall an der historischen Mühle fanden die Instandsetzungs- und<br />

Modernisierungsarbeiten am 18. November <strong>1999</strong> mit dem Ausbau des Obergeschosses ihren<br />

Abschluss.<br />

Das Informations- und Besucherzentrum der Stiftung wurde durch die neu geschaffenen<br />

Büro- und Besucherräume voll funktionsfähig der Nutzung übergeben. Fortgeführt<br />

wurde die Sanierung der Pergola an der Historischen Mühle sowie des Normannischen<br />

Turms und der Ciscuswand auf dem Ruinenberg. Auch die Gesamtsanierung der Fasanerie<br />

wurde fortgesetzt. In dem Römischen Bädern wurde im Teepavillon mit Hausschwammsanierungsarbeiten<br />

begonnen.<br />

Neben zahlreichen kleineren Bau- und Instandhaltungsarbeiten an fast allen Objekten<br />

im Bereich Sanssouci wurde in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> die Planungen an der Generalsanierung<br />

des Neuen Palais durchgeführt. Bereits während der Planungen wurden<br />

unabweisbare Maßnahmen wie Hausschwammsanierungen, statische Sicherungen und<br />

Dekontaminierungsarbeiten vorgenommen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die<br />

Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten im Schlosstheater.<br />

Für die künftige Unterbringung der Depots und Restaurierungswerkstätten, die sich<br />

unter anderem im Neuen Palais befinden, wurden Standortuntersuchungen und Kostenvergleiche<br />

durchgeführt. Eine Standortentscheidung konnte aufgrund der noch zu klärenden<br />

Finanzierung noch nicht getroffen werden.


198 Berichte<br />

Im Gebäude der Bauabteilung, dem Marschall Keith Haus in der Lennéstr. 9, wurde die<br />

Planung der Umnutzung der freigezogenen Wohnung im Ostflügel zu Büroräumen in Eigenleistung<br />

vorgenommen. Die Dachräume sind kontaminiert. Sie sind zum Schutz der Mitarbeiter<br />

mit staubdichten Schleusen ausgestattet worden. Anschließend wurden Kontrollmessungen<br />

in den Arbeitsräumen durchgeführt. Für die Gartendirektion konnten ebenfalls<br />

durch Umnutzung einer Wohnung im Gartenkassenhaus Büroarbeitsplätze geschaffen werden.<br />

Für die Melonerie wurde die Vorplanung zur Nutzung als Poststelle vorangetrieben.<br />

Die Planung für die Nutzungsänderung des ehemaligen Wohnheimes in der Gregor-<br />

Mendel-Straße für Büroräume der Vergabestelle, für Archivräume, für Räume des Sicherheitspersonals<br />

und des Kinderklubs wurde <strong>1999</strong> genehmigungsfähig fertiggestellt. Die Ausführung<br />

erfolgte im Jahr darauf. Am Standort Schirrhof/Kastanienallee wurde eine<br />

öffentliche Toilette für Parkbesucher errichtet.<br />

Neuer Garten, Sacrow und Stadtgebiet Potsdam: <strong>1999</strong> erfolgte die Planung und Wiederherstellung<br />

des durch Brandschaden zerstörten Daches vom Adjutantenhaus und seiner<br />

Nebengebäude des Schlosskomplexes Sacrow. Es konnten zwei Wohnungen übergeben<br />

werden.<br />

Für die Gärtnerei im Neuen Garten wurde mit der Ausführungsplanung der Instandsetzung<br />

der Gewächshäuser begonnen und mit der Durchführung begonnen. Das Meiereitor<br />

an der Meierei im Neuen Garten wurde nach historischen Plänen und Vorlagen<br />

rekonstruiert. Das Schlosspolierhaus, Behlertstraße 4a, wurde rekonstruiert und modernisiert.<br />

Es konnte als Einfamilienhaus der Nutzung übergeben werden.<br />

Im Thiemann-Haus, Friedrich-Ebert-Str. 83, wurde eine einsturzgefährdete Pergola gesichert<br />

und die Grenzmauer instand gesetzt. Die kriegszerstörte Schwanenbrücke im Neuen<br />

Garten wurde durch eine Notbrücke ersetzt. Diese war in ihrer Substanz gefährdet. Es<br />

wurden die Auflager erneuert und die Brücke statisch ertüchtigt. Sie konnte wieder für die<br />

Öffentlichkeit freigegeben werden. Die Rekonstruktion der historischen Brücke steht noch<br />

aus. Für die Gebäude Villa Schlieffen und Villa Lepsius in der Großen Weinmeisterstr. 44/45<br />

wurden Aufmasse erstellt. Für das Rote Haus im Neuen Garten wurden die Vorplanungen<br />

beauftragt. Es liegt ein Baugrundgutachten und ein Aufmaß vor. Für das Marmorpalais ist<br />

die Ausführungsplanung als Folgemaßnahme der bestätigten Haushaltunterlage-Bau mit<br />

vorrangiger Sanierung der Dachkonstruktion in Auftrag gegeben worden.<br />

Von den zuständigen Ämtern wurde im Schloss Cecilienhof eine Brandschau durchgeführt.<br />

Zum Brandschutz wurden erhebliche Auflagen erteilt, die in den Folgejahren brandschutztechnische<br />

Baumaßnahmen nach sich ziehen werden. Außerdem sind im Dachbereich<br />

des gesamten Schlosses Holzzerstörungen durch Brandschutzmittel zu verzeichnen.<br />

Erste Untersuchungen und Gutachten sind erstellt worden.<br />

Der Kutschstall (Filmmuseum) erhielt im Sockel der Nordseite eine Schwammbekämpfung,<br />

verbunden mit Putz- und Malerarbeiten.


Baudirektion 199<br />

Schloss Caputh: Der Festsaal, alle weiteren Innenräume und das Treppenhaus des Schlosses<br />

Caputh wurden restauriert und malermäßig instandgesetzt. Nach historischem Vorbild<br />

wurden Kastenschlösser inklusive Schlüssel hergestellt und montiert. Im westlichen Erweiterungsflügel<br />

wurden Maurer-, Zimmerer- und Abbrucharbeiten durchgeführt. Der gesamte<br />

Schlosskomplex erhielt eine Sicherheits- und Schließanlage. Handwerker des Schirrhofes<br />

der Baudirektion errichteten die Begrenzungsmauern des Wirtschaftshofes und rekonstruierten<br />

eines der Holztore. Parkett- und Natursteinböden wurden rekonstruiert. Im westlichen<br />

Erweiterungsflügel wurden die raumklimatischen Bedingungen mit einer Zellulose-<br />

Dämmung erheblich verbessert. Das Schloss erhielt moderne Heizungs- und Sanitäranlagen.<br />

Der Kassenraum wurde modern und zweckmäßig ausgestattet.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> erfolgten keine Investitionen im Schloss. Im Gemüsekeller wurde das<br />

Gewölbe gesichert. Die Seiten wurden der konstruktiven Sicherung folgend teilweise ausgemauert.<br />

Die Nebengebäude wurden beräumt, um die Holzschutzuntersuchungen vorbereiten<br />

zu können. Das Logierhaus Caputh soll künftig weitere Besuchertoiletten, die Aufenthaltsräume<br />

der Gärtner, die Werkstatt und Depots enthalten. Die Planungen mit<br />

vorherigen Bestandsuntersuchungen konnten bis zur Genehmigungsplanung und Tragwerksplanung<br />

erstellt werden.<br />

Belvedere Pfingstberg: Für die Generalrestaurierung des Belvedere auf dem Pfingstberg<br />

wurden in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> Finanzmittel in Höhe von etwa acht Millionen DM<br />

zusätzlich zum Stiftungshaushalt bereitgestellt. Sponsor Prof. Werner Otto stellte rund<br />

4,5 Millionen DM für den Westturm bereit und die Hermann Reemtsma-Stiftung sponserte<br />

für die Torhalle und die Westarkade mit Kolonnade rund 3,55 Millionen DM. Letztgenannter<br />

Sponsor verknüpfte mit seiner Spende eine Gegenfinanzierung durch die Stiftung<br />

in gleicher Höhe für die beiden genannten Bauabschnitte. Hinzu kamen Spendengelder des<br />

Fördervereins Pfingstberg e. V. und Einzelspenden.<br />

Die Bauteile Westturm, Westarkade und Torhalle konnten somit in den Jahren <strong>1999</strong> und<br />

<strong>2000</strong> generalrestauriert werden. Im Rahmen dieser Leistungen wurden Substanzsicherungen,<br />

Konservierungen und Erneuerungen am Mauerwerk und Putz sowie an Natursteinarchitekturteilen<br />

vorgenommen. Die Sanierung des Wasserbeckens im Innenhof wurde<br />

durch die Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.<br />

Die schwer zerstörte Aussichtsplattform des Westturmes musste komplett neu aufgemauert<br />

und mit einem Asphaltbelag versehen werden. Dabei wurde ein Entwässerungssystem<br />

integriert. Alle Keramikbaluster und die meisten Sandsteinabdeckplatten sind neu<br />

gefertigt worden. Von der gusseisernen Spindeltreppe, einst von der Firma Borsig in Berlin<br />

gegossen und montiert, konnten nur 20 originale Stufen wiederverwendet werden. Die<br />

Treppe erhielt oberhalb des Kabi<strong>net</strong>ts eine Einhausung aus Sicherheitsglas und eine aufwendige<br />

Ausstiegseinfassung. An den stark geschädigten Fassaden des Westturmes mussten<br />

cirka 15.000 Steine gegen neue Handstrichziegel ausgetauscht werden. Die ockerfarbene<br />

Schlämme auf dem Sichtziegelmauerwerk entsprechen dem Originalbefund. Alle Fenster<br />

und Türen mussten neu gefertigt werden. Im Römischen Kabi<strong>net</strong>t wurden die erhaltenen


200 Berichte<br />

Teile der Wandmalerei restauriert. Fehlende Putzbereiche wurden ergänzt und farblich so<br />

behandelt, dass kein störender Kontrast entsteht. Etwa 90 % des Mosaikfußbodens (Steinzeugplättchen-Mosaik<br />

aus rund 17.000 Einzelstücken) wurden neu hergestellt und verlegt.<br />

Zur Sanierung des Unterbaues auf der Westkolonnade mussten die Säulen aus sächsischem<br />

Sandstein demontiert und danach wieder aufgestellt werden. Die demontierten Säulen wurden<br />

vor Ort in einer Halle entsalzt, gereinigt und für die Reprofilierung restauratorisch und<br />

konservatorisch vorbereitet. Außerdem wurde das Ankersystem in nichtrostenden Material<br />

ersetzt. Ein Zinkgusskapitell wurde von den wenigen noch vorhandenen Originalen abgeformt<br />

und neu gegossen. Von den Terrakotta-Brüstungsfeldern waren nur noch Bruchstücke<br />

als Modellvorlage vorhanden. Das Dach mit der Kassettendecke musste ebenso wie die<br />

Schablonenmalerei fast vollständig erneuert werden. Die Gewölbe der Torhalle waren zum<br />

Teil eingestürzt. Alle Balustraden und viele Stufen der Freitreppen fehlten. Ein gläsernes<br />

Kassenhaus und ein großes Schutzgitter wurden im Innenraum der Torhalle eingefügt.<br />

Schloss und Park Babelsberg: Am Schloss Babelsberg wurden die Erkundungen, Befundungen,<br />

Schadensanalytik, Raumbucherstellung und Aufmassarbeiten fortgesetzt. Die<br />

Ergebnisse flossen in die Erstellung einer Haushaltsunterlage-Bau ein. Sicherungsmaßnahmen<br />

konnten an den Nord- und Südbalkonen, am südlichen Altan sowie an der Pergola realisiert<br />

werden. Für diese Bauteile musste ein auf Befund und Rechercheergebnis gestütztes<br />

Formsteinprogramm entwickelt werden, welches die Masse sämtlicher künstlich geformter<br />

keramischer Elemente aufnahm. Die vorhandenen wiederzuverwendenden Formziegel<br />

wurden mit ergänzenden nachgebrannten Terrakotten ergänzt.<br />

Nach dem Auszug des Museums für Ur- und Frühgeschichte aus dem Schloss Babelsberg<br />

entfiel die Zentralheizung, damit war der Dienst- und Museumsbetrieb gefährdet. Eine<br />

Interimsheizlösung wurde installiert. Handwerker des Schirrhofes der Baudirektion sind<br />

seitdem am Schloss mit der Freilegung von Bauteilen, Befundsicherungen und Sicherungsarbeiten<br />

befasst. So konnten nach 1950 errichtete Massivbauteile zurückgebaut und<br />

die historische Raumstruktur wieder deutlich gemacht werden. Durch das Direktorium der<br />

Stiftung wurde das Nutzungskonzept beschlossen; damit stand eine wichtige Arbeitsgrundlage<br />

für das Schlossmuseum und für die multifunktional nutzbaren Räume fest. Als<br />

Voraussetzung für die weitere Bearbeitung wurden im Sockelgeschoss Technikräume eingerichtet<br />

und die ersten Tiefbaumaßnahmen für die Sekundärtrasse der Medienführung<br />

ausgeführt. Der Stützmauerabschnitt der Goldenen Terrasse wurde gesichert und instandgesetzt.<br />

Teile der wertvollen Mosaike sind ebenfalls gesichert worden.<br />

Die Planung für den 5. und letzten Bauabschnitt der sogenannten »Komplexerschließung«<br />

im Park Babelsberg, d. h. die Wasserführung vom Ansaugbauwerk am Maschinenhaus<br />

über das Achterbecken und den Pleasureground bis zum Geysir, konnte fertiggestellt<br />

werden. Im 4. Bauabschnitt der Komplexerschließung wurde das Schloss an die vorhandenen<br />

Netze angeschlossen und die Übergabestellen von den Schlossräumen an die Trassen<br />

festgelegt. Der Innenausbau im Matrosenhaus konnte infolge von Etatkürzungen wiederum<br />

nur im geringen Umfang fortgesetzt werden.


Baudirektion 201<br />

Das Maschinenhaus erhielt infolge der zu geringen Dachneigung des Persius’schen Impluviumdaches<br />

eine stärkere Neigung und eine zweite Dichtungsebene. Der Ausbau der<br />

zwei Wohnungen konnte aufgrund der Finanzmittelkürzung nur planerisch fortgesetzt werden.<br />

Das Obergeschoss des Hofgärtnerhauses wurde <strong>1999</strong> freigezogen. Es wurden Bestandsuntersuchungen,<br />

Schadensermittlungen und Gutachten erarbeitet. Durch Freilegungen im<br />

Dachbereich konnte ein Hausschwammbefall lokalisiert und bekämpft werden. Statische<br />

Berechnungen zum Dachtragwerk und Grundrisslösungen zur besseren Vermietbarkeit der<br />

sehr großen Wohneinheit liegen vor. Die Schlossküche erfuhr eine Dachtragwerksinstandsetzung<br />

mit Schwammbekämpfung im Deckenbereich. Die Dachhaut und Entwässerung<br />

in Zink wurden erneuert.<br />

Die Vorfläche zum Park Babelsberg wurde von den Winterbau-Baracken und Baustelleneinrichtungen<br />

beräumt und wieder rekultiviert. Die Planungen und Ausführungen finanzierten<br />

größtenteils die Potsdamer Stadtverkehrsbetriebe als Ausgleichmaßnahme. Die Mietergärten<br />

im Park Babelsberg konnten in Teilbereichen neu eingefriedet werden.<br />

Schloss und Park Rheinsberg: Am Schloss Rheinsberg wurden die Ausführungsunterlagen<br />

und die Ausführung für den südlichen Eckpavillon mit aufwendigen komplexen Fundamentunterfangungen<br />

abgeschlossen. Die Rückbauten und Sanierungen der Innenräume,<br />

insbesondere der Sommerwohnung, durch die Restauratoren wurden fortgesetzt.<br />

Die über Fördermittel des Landkreises finanzierte Bauhülle des Marstalls Rheinsberg<br />

wurde durch den äußerst schlechten Zustand der Bausubstanz unter erschwerten Bedingungen<br />

fortgeführt. Zeitgleich konnte am nördlichen Kopfbau der nutzungsfähige Innenausbau<br />

der Räume für die Tucholsky-Gedenkstätte beginnen. Auch am Marstall mussten<br />

Unterfangungen der Fundamente ausgeführt werden.<br />

Für die Grabpyramide des Prinzen Heinrich im Park Rheinsberg wurden die Befundung<br />

und Erstellung der Ausführungsplanung begonnen. Das Hofgärtnerhaus in Rheinsberg soll<br />

künftig als Quartier für die Gärtner des Parks dienen und entsprechende Aufenthalts-, Sanitär-<br />

und Büroräume erhalten. Mit den entsprechenden Planungen, restauratorischen und<br />

ingenieurtechnischen Befundungen sowie mit den Bestandsaufnahmen wurde begonnen.<br />

Natursteinrestaurierungen: Vor der Bildergalerie wurden acht Skulpturenpostamente aus<br />

Carrara-Marmor durch Kopien ersetzt. Die Außentreppen und der Umgang des Neuen<br />

Palais vor dem Museumsshop wurden restauriert und für den Publikumsverkehr freigegeben.<br />

Im Nordflügel des Marmorpalais wurden Marmorfußböden restauriert sowie Restaurierungsarbeiten<br />

an den Marmorsäulen ausgeführt. Die Restaurierungsarbeiten des Landesbauamtes<br />

Potsdam im Botanischen Garten wurden von Spezialisten der Baudirektion<br />

betreut. Am Schloss Babelsberg wurden die Kalksteinmauern restauriert. Das Untersuchungsprogramm<br />

zur Erarbeitung der Restaurierungskonzeption und Neueindeckung der<br />

Neptungrotte wurde abgeschlossen. Im Park Sanssouci wurden Brunnen und Banksockel<br />

restauriert. Mit der Sanierung und Restaurierung der Circuswand und des Normannischen<br />

Turms wurde begonnen.


202 Berichte<br />

In Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen, dem Göttinger Zentrum für Geowissenschaften<br />

und dem Labor für Bauforschung Naumburg wurde ein Untersuchungsprogramm<br />

des Verwitterungsverhaltens schlesischer Marmore und deren modellhafte Konservierung<br />

in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong>, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung<br />

Umwelt, durchgeführt. Untersuchungsobjekte waren verschiedene schlesische Marmorvarietäten<br />

in unterschiedlich exponierter Einbaulage am Marmorpalais im Neuen Garten.<br />

Es wurde der Zusammenhang zwischen Genese und Verwitterungsphänomenen untersucht.<br />

Insbesondere wurde das Verhalten des Kristallgefüges bei thermischer Beanspruchung und<br />

die damit verbundene Entfestigung an den Korngrenzen sowie Restaurierungsmaterialien<br />

und Methoden gegenübergestellt, um konträr verlaufende Eigenschaftsveränderungen auszuschließen.<br />

Ein ausführlicher Bericht über die Ergebnisse ist für das kommende Jahrbuch<br />

vorgesehen, da ein Ergebnisbericht im Jahre 2001 vorliegt.


Abteilung Restaurierung<br />

Abteilung Restaurierung 203<br />

Zu den Schwerpunkten der Abteilung Restaurierung gehörten in den beiden<br />

Berichtsjahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> die Weiterführung von Restaurierungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen<br />

an und in den Schlössern der <strong>SPSG</strong>.<br />

Von den Restauratorinnen und Restauratoren in den einzelnen Fachbereichen wurden<br />

vielfältige Leistungen zur materiellen Bewahrung der Baudenkmale und Kunstsammlungen<br />

der Stiftung, bei der Durchführung von Sonderausstellungen und bei der restauratorischen<br />

Vorbereitung der Eröffnung neuer Schlossräume erbracht. Besonders stark eingebunden<br />

waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die freiberuflichen Restauratoren bei der<br />

Bestandserfassung, der Erstellung einer Restaurierungskonzeption und der Kostenermittlung<br />

für die wandfeste und bewegliche Ausstattung des Neuen Palais als Zuarbeit für die<br />

Gesamthaushaltsunterlage-Bau, die in Zusammenarbeit mit der Bauabteilung erarbeitet<br />

wurde. Darüber hinaus waren die Arbeiten von Fremdfirmen vorzubereiten und restauratorisch<br />

zu begleiten.<br />

Im Berichtszeitraum wurden Restaurierungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von<br />

7,2 Millionen DM durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Restaurierung<br />

für die externe Vergabe vorbereitet, koordiniert und restauratorisch begleitet. Zu den durch<br />

Haushaltsmittel finanziell abgesicherten Maßnahmen kamen noch Restaurierungsleistungen<br />

dazu, die mit Spendengeldern in Höhe von 6,6 Millionen DM realisiert werden konnten.<br />

Zur Bearbeitung der notwendigen Einzelleistungen in den Restaurierungsvorhaben<br />

wurden 600 Werkverträge und Aufträge an freiberufliche Restauratoren oder kleine und<br />

mittlere Handwerksfirmen vergeben. Allein im Zusammenhang mit den Werkverträgen<br />

wurden 1219 Rechnungen für die Anweisung bearbeitet.<br />

Herausragend für den Fachbereich Textil war die Vorbereitung und Durchführung der<br />

Ausstellung »Mit goldenem Faden. Stickereien für den preußischen Hof« vom 22. August<br />

bis zum 15. Oktober <strong>1999</strong> sowie das wissenschaftliche Kolloquium dazu am 16. Oktober<br />

<strong>1999</strong> im Schloss Lindstedt.<br />

Nachdem bereits seit der Teileröffnung im September 1998 im Schloss Caputh acht<br />

Räume zu besichtigen waren, konnten der Garten und die insgesamt 19 Schlossräume erstmals<br />

nach Abschluss aller Wiederherstellungsarbeiten am 12. September <strong>1999</strong> der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht werden. Seit Beginn der Arbeiten 1995 sind für Restaurierungsleistungen<br />

aus dem Stiftungshaushalt 1,1 Millionen DM bereitgestellt worden. Eine<br />

weitere Millionen DM wurden aus Spenden für die Restaurierung des Fliesensaales, der<br />

Deckenbilder und für die Restaurierung von beweglichem Kunstgut von den »Freunden der<br />

Preußischen Schlösser e.V.« und der »Cornelsen Kulturstiftung« zur Verfügung gestellt.<br />

In einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Restauratoren der Fachbereiche<br />

Holz, Textil, Metall und Farbfassung sowie unter der Mitarbeit von Achsenbauern und Vermessungsingenieuren<br />

konnte im Jahre <strong>2000</strong> die Restaurierung des »Goldenen Krönungswagens«<br />

des Preußischen Königshauses von 1789 begonnen werden. Unterstützt wurde


204 Berichte<br />

diese Arbeit durch die Hilfe zusätzlicher Förderer. Das 300. Jubiläum der preußischen<br />

Königskrönung im Jahre 2001 wird ein gegebener Anlass sein, den mit der preußischen<br />

Geschichte so eng verbundenen Repräsentationswagen für König Friedrich Wilhelm II. erstmals<br />

wieder der Öffentlichkeit zu zeigen.<br />

Anlässlich der 299. Wiederkehr der Selbstkrönung Friedrichs I. wurden am 18. Januar<br />

<strong>2000</strong> im Schloss Oranienburg die Paraderäume und die Königswohnung im Nordwestflügel<br />

mit hochrangigen Kunstwerken eröff<strong>net</strong>. Die Ausstattung des Schlossmuseums, die teilweise<br />

bereits für die Oranier-Ausstellung konservatorisch und restauratorisch betreut<br />

wurde, ist besonders von den Restauratorinnen und Restauratoren der Berliner Werkstätten<br />

der <strong>SPSG</strong> vorbereitet und koordiniert worden. Einer der Höhepunkte dabei war die<br />

Restaurierung zweier Gobelinserien mit den Ruhmestaten des Großen Kurfürsten. Voraussetzung<br />

für die Präsentation war eine umfassende Restaurierung der Stücke, die von der<br />

Abteilung vorbereitet und fachlich betreut wurde. Dank der großzügigen Unterstützung<br />

durch die »Rudolf August Oetker Stiftung« konnte die Restaurierung beauftragt werden.<br />

Nach neunjähriger Restaurierung und Instandsetzung wurde der königliche Landsitz<br />

Schloss Königs Wusterhausen am 30. September <strong>2000</strong> als 26. Museumsschloss der <strong>SPSG</strong><br />

eröff<strong>net</strong>. Über 160 Gemälde sowie besondere Beispiele der Möbelkunst und des Kunsthandwerks<br />

wurden durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Restaurierung<br />

konserviert und restauriert oder die externe Vergabe der notwendigen Arbeiten vorbereitet.<br />

Die wichtigsten Restaurierungsmaßnahmen der Jahre <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> sind im folgenden<br />

kurz dargestellt.<br />

<strong>1999</strong><br />

Schloss Paretz: Im Mai <strong>1999</strong> begann die bauliche Wiederherstellung des Schlosses Paretz<br />

durch das Landesbauamt. Die Restauratoren der <strong>SPSG</strong> betreuten die umfangreiche Restaurierung<br />

der gemalten und gedruckten Papiertapeten aus der Zeit um 1800. Die Mittel für<br />

die Restaurierung stellte die »Cornelsen Kulturstiftung« zur Verfügung. Auch Einzelstücke<br />

der mobilen Ausstattung wurden in den Werkstätten der <strong>SPSG</strong> restauriert.<br />

Gartensalon am Neuen Palais: Mit der Einweihung des restaurierten Pavillons vom »Gartensalon<br />

am Neuen Palais« am 4. September <strong>1999</strong> konnte ein Kunstwerk der Gartenarchitektur<br />

des späten 18. Jahrhunderts zurückgewonnen werden. Finanziert wurde die aufwendige<br />

Restaurierung des Metallgitterwerks durch eine private Spende in Höhe von<br />

300.000 DM. Nach dieser Anschubfinanzierung wurde auch die Restaurierung des Gitterwerks<br />

der ovalen Saloneinfassung aus Mitteln des Stiftungshaushalts weitergeführt und<br />

wird im Jahre 2001 mit der Rekonstruktion der Blütenfestons abgeschlossen sein.<br />

Neues Palais: Ein weiterer Schwerpunkt für die eigenen Restauratorinnen und Restauratoren<br />

war <strong>1999</strong> die Weiterführung der denkmalgerechten Restaurierung weiterer Räume


Abteilung Restaurierung 205<br />

Abb. 1 Paretz, Schloss, Gesellschaftssaal, Chinesische Vogeltapete während der Restaurierung,<br />

November <strong>2000</strong><br />

Foto: Wolfgang Pfauder, <strong>SPSG</strong>


206 Berichte<br />

Abb. 2 Potsdam, Gartenpavillon am Neuen Palais, Restauriertes Gitterwerk am Pavillon und der<br />

Rondelleinfassung aus der Zeit um 1770, Oktober <strong>2000</strong><br />

Foto: Roland Handrik, <strong>SPSG</strong><br />

der Marquis d’Argens Wohnung im Theaterflügel des Neuen Palais. Die Arbeiten wurden<br />

im April <strong>2000</strong> abgeschlossen. Die Schlossräume können für Sonderveranstaltungen genutzt<br />

werden und sollen zur Verbesserung der Besucherbetreuung einen repräsentativen Kassenund<br />

Verkaufsbereich aufnehmen.<br />

Marmorpalais: Nach der Teileröffnung des Marmorpalais im Jahre 1997 wurden <strong>1999</strong> die<br />

Restaurierungsarbeiten weitergeführt, um vorrangig im Hauptbau weitere Schlossräume<br />

zugänglich zu machen. So konnte das Orientalische Kabi<strong>net</strong>t nach Abschluss der Grundrestaurierung<br />

wieder in den Besucherrundgang einbezogen werden. Die Kosten von<br />

335.000 DM wurden von den »Freunden der preußischen Schlösser e.V.« übernommen.<br />

Nach der Rekonstruktion der Draperien hat dieses Zeltzimmer im Mai <strong>2000</strong> seinen<br />

ursprünglichen orientalischen Charakter zurückgewonnen. Der aufwendige Intarsienfußboden<br />

im Konzertsaal konnte mit einer Spende der »Cornelsen-Kulturstiftung« in Höhe<br />

von 360.000 DM rekonstruiert werden. Mit dem aus Haushaltsmitteln restaurierten Ankleidezimmer<br />

am Konzertsaal konnte so wieder eine ganze Raumflucht im Obergeschoss des<br />

Hauptbaus zugänglich gemacht werden.


<strong>2000</strong><br />

Abteilung Restaurierung 207<br />

Schloss Charlottenburg: Im Schloss Charlottenburg wurde in der Gelben Atlaskammer der<br />

Ersten Wohnung Friedrich des Großen im Neuen Flügel die friderizianische Boiserien<br />

restauriert und die gelbe Seidenatlastapete in Anlehnung an den ursprünglichen Zustand<br />

rekonstruiert. Von den »Freunden der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.« wurde die<br />

aufwendige Restaurierung und Rekonstruktion der versilberten Nahl-Rahmen für diesen<br />

Raum finanziert.<br />

In Paradeschlafzimmer der Königin Sophie Luise wurde die Wandbespannung erneuert<br />

und die Boiserie restauriert. Hier werden fortan die Bildteppiche aus der Berliner Manufaktur<br />

von Jean II. Barraband »Die Teetrinker« und »Die Audienz beim Kaiser von China«<br />

aus der »Großmogulfolge« der ehemaligen Antikenkammer Friedrich des Großen präsentiert,<br />

die mit Sondermitteln 1962 bzw. 1998 erworben wurden.<br />

Mit Sondermitteln des Landes Berlin war es mögliche, die Zinkgussgruppe der Borghesischen<br />

Fechter über den Torhäuschen zum Ehrenhof zu restaurieren.<br />

Belvedere auf dem Pfingstberg: Nach der Instandsetzung des Westturms am Belvedere<br />

Pfingstberg durch die Bauabteilung wurden durch die Abteilung Restaurierung die Konservierung<br />

der Ausmalung im »Römischen Kabi<strong>net</strong>t« und die Rekonstruktion der Ausmalung<br />

an der Decke und im Säulengang vorbereitet und fachlich betreut. Die Schlämmverfugung<br />

des Baukörpers wurde vorbereitet und die Ausführung angeleitet.<br />

Große Fontäne Schloss Sanssouci: Mit der denkmalpflegerischen Entscheidung 1998, den<br />

Originalbestand des französischen Figurenrondells an der Großen Fontäne von Schloss Sanssouci<br />

vor dem weiteren Zerfall durch Deponierung oder Aufstellung im Innern zu schützen,<br />

wurde das anspruchsvolle Vorhaben, die Marmorskulpturen vom Rondell an der<br />

Großen Fontäne im Parterre des Schlosses Sanssouci zu kopieren, weitergeführt und soll<br />

2010 abgeschlossen werden.<br />

Bildergalerie: Die langfristig angelegte Restaurierung des Gemälde- und Rahmenbestandes<br />

in der Bildergalerie am Schloss Sanssouci wurde weitergeführt.<br />

Triumphtor am Winzerberg: Am Triumphtor unterhalb vom Winzerhaus Schopenhauerstraße,<br />

das 1850/51 nach Entwürfen von August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse ausgeführt<br />

wurde, konnte im Berichtszeitraum die Restaurierung der erhaltenen bzw. die<br />

Nachformung und der Neubrand der verlorenen oder zerstörten Terrakottaverkleidungen<br />

abgeschlossen werden. Der ursprüngliche Dachaufbau und die ehemalige Regenentwässerung<br />

wurden wiederhergestellt. Die »Enthüllung« ist für den September 2001 geplant.<br />

Gartensalon am Neuen Palais: Im Haushaltsjahr <strong>2000</strong> wurde die Restaurierung des Gitterwerks<br />

der Rondelleinfassung am Pavillon abgeschlossen. Die Rekonstruktion der die


208 Berichte<br />

Rundbogennischen rahmenden Blütenfestons wird 2001 beendet sein. Eine Entscheidung<br />

über deren Vergoldung steht noch aus.<br />

Marmorpalais: Nach der Teileröffnung des Marmorpalais im Jahre 1997 wurden im Jahre<br />

<strong>2000</strong> die Restaurierungsarbeiten weitergeführt, um vorrangig im Obergeschoss des<br />

Hauptbaus weitere Schlossräume zugänglich zu machen. Umfangreiche Restaurierungsarbeiten<br />

liefen besonders im Landschaftszimmer, in der Braunseidenen Kammer und im Eckstein-Kabi<strong>net</strong>t.<br />

Die Arbeiten in diesen Gesellschaftszimmern werden mit der Einrichtung<br />

der restaurierten Ausstattung und der textilen Dekoration im Juli 2001 abgeschlossen sein.<br />

Friedenskirche: An der Friedenskirche konnten die Restaurierungsarbeiten an der Brunnennische<br />

der Schießmauer mit antikem und mittelalterlichem Skulpturenschmuck abgeschlossen<br />

werden.<br />

Paradiesgarten: Mit Sondermitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur<br />

des Landes Brandenburg wurde der Skulpturen- und Vasenschmuck an der Wasserkaskade<br />

im Paradiesgarten Maulbeerallee restauriert.<br />

Schloss Rheinsberg: Im Jahre 2002, zum 200. Todestag des Prinzen Heinrich, werden die<br />

zur Zeit nicht zugänglichen Räume der Sommerwohnung weitestgehend restauriert sein.<br />

Hierfür liefen im Jahr <strong>2000</strong> umfangreiche Untersuchungen an den Decken- und Wandfassungen.<br />

Unter der Wandverkleidung Heinrichs, die im Zuge der Restaurierungsarbeiten<br />

abgenommen werden mussten, entdeckten die Restauratoren Wandmalereien aus der Zeit<br />

des Kronprinzen Friedrich. Auch wurden die begonnenen Arbeiten in der Bibliothek und<br />

in der Schlafkammer weitergeführt.


Abteilung Museumspädagogik<br />

und Besucherbetreuung<br />

Die Jahre <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> waren geprägt von Strukturdiskussionen und<br />

von Verunsicherungen aufgrund der Neubewertung der Eingruppierungen. Die Arbeit im<br />

Bereich Angebotsentwicklung für Besucher mit Handicap ruhte von Januar bis April <strong>1999</strong>,<br />

weil die Mitarbeiterin für die Arbeit in der Bewertungskommission freigestellt wurde.<br />

Die Diskussion um die Abteilungsstruktur konnte im Jahr <strong>2000</strong> abgeschlossen werden.<br />

Durch die Aufstockung des Personals um zwei Mitarbeiterinnen wurde es möglich, eine<br />

Umstrukturierung durchzuführen. Anstelle von sechs zum Teil nach Zielgruppen orientierten<br />

Fachbereichen wurden drei Fachbereiche gebildet: ein Fachbereich »Angebotsentwicklung«<br />

und ein Fachbereich »Vermittlung«, die beide sehr eng zusammenarbeiten. Den<br />

dritten, eigenständigen und von der sonstigen Arbeit der Abteilung eher unabhängigen<br />

Bereich bildet das Schlosstheater. Der Vorteil dieser neuen Struktur besteht vor allem in der<br />

Möglichkeit einer besseren Koordinierung der Angebote für unterschiedliche Zielgruppen.<br />

Nach der Einweihung des Besucherzentrums im Marstall an der historischen Mühle im<br />

Jahr 1995 wurden im November <strong>1999</strong> die Büros im Obergeschoss fertiggestellt und konnten<br />

bezogen werden. Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter haben sich damit unvergleichlich<br />

verbessert und setzen in der Stiftung Maßstäbe.<br />

Besucherfreundliche Maßnahmen<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 209<br />

Das Orientierungssystem wurde weiter ausgebaut. <strong>1999</strong> wurden alle Schlösser mit einheitlichen<br />

Öffnungszeiten- und Eintrittspreisschildern versehen. Für den Park Sanssouci<br />

wurde ein Wegeleitsystem in Form von Bronzegussplatten in den Wegen entwickelt. Dieses<br />

System hat sich nicht bewährt, da die Platten auf den wassergebundenen Wegedecken<br />

stark einschmutzen und kaum zu sehen sind. Im Park Babelsberg wurden die alten kaiserzeitlichen<br />

Findlinge als Orientierungssystem reaktiviert und neu beschriftet. Die Besucher<br />

finden sich damit im Park sehr gut zurecht.<br />

Schwerpunkt im Jahr <strong>2000</strong> war die Vorbereitung der Neueröffnung von Schloss Königs<br />

Wusterhausen. Im Außenbereich wurde ein Informationssystem unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Bedürfnisse der Blindenschule entwickelt. Ein Gussmodell bietet den Blinden<br />

und sehbehinderten Besuchern die Möglichkeit, die Anlage mit dem Schloss, den Kavalierhäusern<br />

und der unmittelbaren Umgebung zu ertasten. Die Parkinformationstafeln<br />

wurden mit zusätzlichen Informationen in Blindenschrift versehen.<br />

Neue Kassenbereiche wurden im Schloss Sanssouci, im Jagdschloss Grunewald, im<br />

Schloss Königs Wusterhausen in der Orangerie, im Flatowturm und in der Moschee eingerichtet.<br />

Im Neuen Palais wurde die Öffnung der neuen Empfangsbereiche für die Saison<br />

<strong>2000</strong> vorbereitet. Zur Eröffnung kam es erst am Saisonende <strong>2000</strong> aufgrund längerer Bauund<br />

Restaurierungsmaßnahmen.


210 Berichte<br />

Abb. 1 Neuer Kassenbereich im Schloss Königs Wusterhausen<br />

Foto: <strong>SPSG</strong><br />

Mit der Einrichtung neuer Kassenräume in den Hauptschlössern des Parks Sanssouci verbesserte<br />

sich die Situation für die Besucher entscheidend. Die Kassen des Schlosses Sanssouci<br />

und des Neuen Palais wurden durch einen Computerverbund mit dem Besucherzentrum<br />

verknüpft. Gemeinsam mit der Firma Debis wurde die Konzeption für die Software<br />

und für die Kartengestaltung erarbeitet. Die Kassenkräfte wurden für die Arbeit mit der<br />

neuen Technik geschult.<br />

Seitdem die ausverkauften Führungen im Schloss Sanssouci per Bildschirm angezeigt<br />

werden können, sind die Beschwerden der Besucher deutlich zurückgegangen. Im Neuen<br />

Palais wurde erstmals eine Kasse mit großer Bildschirmanzeige für die aktuellen Angebote<br />

in Betrieb genommen.<br />

So gut ausgestattet die beiden Kassenräume im Neuen Palais auch sind, sie können nur<br />

eine Übergangslösung sein, denn die Räume sind für den Besucheransturm in diesem<br />

Bereich zu klein. Die denkmalpflegerischen Erfordernisse an einen Besucherempfang sind<br />

damit ebenfalls nicht gelöst.<br />

Mit der Einrichtung der Kasse in der Moschee <strong>1999</strong> wurde die Ausstellung zum Fontänensystem<br />

des Parks Sanssouci seit Friedrich dem Großen erneuert. Durch eine gezielte


Pressearbeit und die bessere personelle Ausstattung des Hauses konnten die Besuchszahlen<br />

um über 50 % gesteigert werden.<br />

Das EU-Projekt »Our City« fand <strong>1999</strong> seinen Abschluss. Im April fand in Brighton (Großbritannien)<br />

die Abschlusskonferenz statt. Im Mai konnten zwei Informationsterminals im<br />

Besucherzentrum aufgestellt und in Betrieb genommen werden. Der Besucher hat hier erstmals<br />

in der Stiftung die Möglichkeit, über eine eigens entwickelte Software Informationen<br />

zu allen Parkanlagen und Schlössern der Stiftung und zur Stadt Potsdam abzurufen.<br />

Besucherbefragung<br />

Die 1998 durchgeführte Besucherbefragung wurde durch eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern<br />

der Freien Universität Berlin und der Abteilung ausgewertet. Die Ergebnisse wurden<br />

unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert und daraus Vorschläge für zukünftige<br />

Maßnahmen abgeleitet. Die Befragung bildete eine wichtige Grundlage für die Erarbeitung<br />

des Marketingkonzeptes der Stiftung.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> wurde eine Besucherzählung durchgeführt und für die Besucherbefragung<br />

2001 ein Konzept in Zusammenarbeit mit der Freien Universität erarbeitet.<br />

Marketing der Stiftung<br />

Mit der Firma Arthur D. Little wurden Marketingziele und -maßnahmen erarbeitet. Sie bildeten<br />

die Grundlage für 20 Marketingmaßnahmen, die Priorität für die Stiftungsarbeit<br />

haben sollen. Die Abteilung war durch die Leitung der Marketinggruppe maßgeblich an der<br />

Erarbeitung des Marketingkonzeptes beteiligt.<br />

Neue Eintrittspreise, die ab April 2001 für alle Schlösser der Stiftung in Kraft treten,<br />

wurden erarbeitet und den Mitarbeitern der Abteilung vorgestellt. Ebenso wurden die 20 vorrangigen<br />

Marketingmaßnahmen mit den Mitarbeitern diskutiert.<br />

Eröffnung von neuen Schlössern<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 211<br />

In Vorbereitung der Eröffnung der Schlösser Königs Wusterhausen und Oranienburg wurden<br />

Führungskonzeptionen erarbeitet und Schlossführer ausgebildet. Besondere Angebote<br />

wurden in Königs Wusterhausen für Blinde und Sehbehinderte entwickelt. Für Königs<br />

Wusterhausen wurde eine Kinderführung zum Thema »Kindheit am Hof Friedrich Wilhelms<br />

I.« entwickelt und originalgetreue Kostüme von Friedrich und Wilhelmine nach<br />

Gemälden von Antoine Pesne in Auftrag gegeben.


212 Berichte<br />

Saisonvorbereitung<br />

Zur Vorbereitung der Saison in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> wurden 58 Saisonschlossführer<br />

und festangestellte Schlossführer sowie 38 bzw. 42 freie Mitarbeiter und freie Lizenznehmer<br />

ausgebildet und geprüft. Die Führungskonzeptionen für Schloss Sanssouci und Cecilienhof<br />

wurden überarbeitet.<br />

Tourismus<br />

Im Bereich des Besucherzentrums, Bereich Gruppentourismus, wurden neue Strategien<br />

und Konzepte entwickelt, um den Anforderungen des Tourismus besser entsprechen zu<br />

können. Für Potsdamer Hoteliers wurden Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit<br />

mit der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH durchgeführt. In Zusammenarbeit mit<br />

der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, der Potsdam Information, der Weißen Flotte<br />

und der Berlin Tourismus Marketing GmbH wurden Angebote für den Individual- und<br />

Gruppentourismus entwickelt. Am Tourismuskonzept der Stadt Potsdam wurde mitgearbeitet.<br />

Teilnahme an Messen und Promotionsveranstaltungen:<br />

– Internationale Tourismus Börse, Berlin, März <strong>1999</strong>, <strong>2000</strong><br />

– Berlin trifft Brandenburg (Länderpräsentation), Berlin, Mai <strong>1999</strong>, <strong>2000</strong><br />

– Hannover trifft Brandenburg (Länderpräsentation), Hannover, Juni <strong>1999</strong><br />

– RDA (größte Fachmesse für die Bustouristik), Köln, August <strong>1999</strong><br />

Veranstaltungen und Sonderausstellungen<br />

Im Jahr <strong>1999</strong> haben insgesamt 67 im Monatsprogramm angekündigte Veranstaltungen mit<br />

1435 Teilnehmern stattgefunden. Im Jahr <strong>2000</strong> waren es 93 Veranstaltungen mit 1772 Teilnehmern.<br />

Besonders gut besucht waren Restaurierungsthemen wie »Die Papiertapeten von Schloss<br />

Paretz« oder »Restaurierungsarbeiten am Marmorpalais«, Gartenführungen, besonders Gartenrekonstruktionen,<br />

ausgewählte Familienveranstaltungen, z. B. »Fremde Welten« in<br />

Charlottenburg, Aktivitäten für Kinder wie »Murmeln, Kreiseln, Diabolo« in Caputh, kulturhistorische<br />

Themen mit Tanzvorführungen »Tanzen bis zur Atemlosigkeit ...« oder »Das<br />

Neue Palais vom Keller bis zum Dach«. Die letzten beiden Themen waren ständig überbucht.<br />

Als ständige Führungsangebote im Veranstaltungsplan wurden für Individualtouristen<br />

die Themen »Frauen um Friedrich den Großen« (Pesne-Galerie) und »Raphael und seine<br />

Zeit« (Orangerie) erarbeitet. Die Schlossführer in den Bereichen wurden ausgebildet. Für<br />

das Jahr 2001 wurde ein Konzept für ein neues, zweimonatlich erscheinendes Veranstaltungsprogramm<br />

entwickelt.


Auch in den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> beteiligte sich die Stiftung mit dem Schloss Charlottenburg<br />

an der Langen Nacht der Museen. Die Resonanz der Besucher war sehr groß:<br />

Am 30. Januar <strong>1999</strong> kamen 4.500 Besucher. Ihnen folgten am 28. August <strong>1999</strong> 3.700 Besucher.<br />

Aufgrund des beschränkten Besuchereinlasses wegen der gleichzeitig stattfindenden<br />

Ausstellung »Sophie Charlotte und ihr Schloss« konnten in der Nacht am 29. Januar <strong>2000</strong><br />

nur 2.400 Besucher das Charlottenburger Schloss besuchen. Am 26. August <strong>2000</strong> kamen<br />

5.045 Besucher.<br />

Die Besucherzahlen der Langen Nächte der Museen der beteiligten Museen insgesamt<br />

haben sich seit der zweiten Langen Nacht 1997 erheblich gesteigert: von 47.400 im Jahr<br />

1997 auf 200.800 im Jahr <strong>2000</strong>. Der Erfolg dieser Veranstaltung beruht auf der Verbindung<br />

von Kunst und kulturvoller Unterhaltung. Die Besucher schätzen besonders die Veranstaltungsangebote,<br />

die im Rahmen der nächtlichen Museumsöffnungen angeboten werden.<br />

Ausstellungen<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 213<br />

Die 24. Grafikverkaufsausstellung »Einmal Rom und zurück« fand <strong>1999</strong> in der Turmgalerie<br />

der Orangerie statt. Das Thema der Ausstellung wurde anlässlich des 300. Geburtstages von<br />

Georg Wenzeslaus von Knobeldorff gewählt. An der Ausstellung beteiligten sich 43 Künstler<br />

aus Berlin, Potsdam und Umgebung. Durch die Beteiligung des »Künstlerhauses Bethanien«<br />

in Berlin nahmen auch ausländische Künstler, z.B. aus den Niederlanden teil. Einen<br />

besonderen Reiz erhielt die Ausstellung durch Arbeiten des »Kinder- und Jugendklubs Sanssouci<br />

e.V.« zum Thema Knobelsdorff.<br />

Zur 25. Grafikverkaufsausstellung <strong>2000</strong> und letzten Ausstellung dieser Art in der Turmgalerie<br />

wurden noch einmal alle Künstler eingeladen, die in den 25 Jahren ihres Bestehens<br />

die Ausstellungsreihe geprägt haben. Von jedem beteiligten Künstler wurde eine alte und<br />

eine neuere Arbeit ausgestellt, und es war interessant zu sehen, welche Entwicklung die<br />

Künstler genommen haben. Der Verkaufserfolg der Ausstellung war enorm. Die Grafikfreunde<br />

haben ausgiebig diese Möglichkeit genutzt, qualitätsvolle Grafik günstig zu erwerben.<br />

Im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg wurde im Jahr <strong>2000</strong> eine Dokumentation<br />

in Form einer Tafelausstellung zum Berliner Stadtschlossmodell installiert, um dem<br />

interessierten Besucher die Möglichkeit der Information über die Bau- und Nutzungsgeschichte<br />

des Schlosses anhand von Texten und historischen Stichen und Fotos zu geben.<br />

Für das Preußenjahr 2001 wurde gemeinsam mit dem Verband Bildender Künstler Brandenburgs<br />

das Konzept für die Ausstellung »Preußisch Blau« entwickelt. Dank der finanziellen<br />

Unterstützung durch das brandenburgische Ministerium für Wissenschaft, Forschung<br />

und Kultur und seitens der <strong>SPSG</strong>, des Bundesverbandes Bildender Künstler Deutschlands<br />

und der Sparkassenstiftung konnte die Vorbereitung im Oktober beginnen. Von einer Jury<br />

wurden 23 Künstler ausgewählt, deren Arbeiten einen heutigen Blick auf die preußische<br />

Geschichte der 300 Jahre seit der Königskrönung Friedrichs I. zeigen werden.


214 Berichte<br />

Museumspädagogische Mitarbeit an Sonderausstellungen<br />

Die Beteiligung der Museumspädagogen ist bereits in der Konzeptionsphase der Ausstellungen<br />

notwendig, um Weichen für eine größere Besucherfreundlichkeit hinsichtlich der<br />

Anschaulichkeit, der Besucherorientierung, der Sondertarife für Schüler sowie der Vertragsgestaltung<br />

mit der Veranstaltungsagentur zu stellen. <strong>1999</strong> fanden in den Ausstellungen<br />

»Zum Maler und Architekten geboren …«, »Mit Goldenem Faden«, »Sophie Charlotte und<br />

ihr Schloss« und in der 24. Grafikverkaufsausstellung insgesamt 23 Begleitveranstaltungen<br />

statt. <strong>2000</strong> wurden insgesamt 16 Begleitveranstaltungen in den Ausstellungen »Eine Reise<br />

durch Italien – Aquarelle aus dem Besitz Friedrich Wilhelms IV.«, »Friedrich August Stüler<br />

und Potsdam« und in der 25. Grafikverkaufsausstellung durchgeführt.<br />

Tag des offenen Denkmals<br />

Das Programm stand <strong>1999</strong> unter dem Motto »Baustellen – Schaustellen«. Die Stiftung beteiligte<br />

sich mit der Öffnung des Schlosstheaters in Rheinsberg, mit einer Besichtigung des<br />

Schlosses Babelsberg und eines Teils des ehemals dort untergebrachten Museums für Urund<br />

Frühgeschichte sowie mit einer Führung im Schloss Charlottenburg zum Thema Wiederaufbau.<br />

Insgesamt kamen etwa 800 Besucher.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> wurde für die Stiftung das Thema »Künstliche Bewässerung – Bewässerungskunst«<br />

gewählt. Interessierte Besucher hatten die Möglichkeit, das Fontänensystem<br />

im Park Glienicke und auf der Pfaueninsel sowie das Maschinenhaus im Park Babelsberg,<br />

die Meierei im Neuen Garten und die Moschee kennen zu lernen. Darüber hinaus konnte<br />

die Baustelle des Marstalls in Rheinsberg besichtigt werden. Ein Programm mit Führungen<br />

zur Mühlentechnik und mit einem Kunst- und Handwerkermarkt gab es an der Historischen<br />

Mühle am Park Sanssouci.<br />

Angebote für Kinder und Jugendliche<br />

Für Grundschulen, Sekundarstufe 1 und 2, wurden die Angebote überarbeitet und in einem<br />

Flyer vorgestellt. Das Angebot dieser thematischen Führungen nutzten 160 Schulklassen.<br />

In der 24. Grafikverkaufausstellung präsentierten die Kinder und Jugendlichen gemeinsam<br />

mit den Künstlern ihre Sicht auf den Baumeister Knobelsdorff und seine Auswirkung auf<br />

Potsdam bis heute.<br />

In Zusammenarbeit mit dem »Kinder- und Jugendklub Sanssouci e.V.« und den Montagskursen<br />

wurden im Rahmen des Knobelsdorff-Projektes folgende Veranstaltungen angeboten:<br />

in den Winterferien Veranstaltungen für Kinder zur Vorbereitung der 24. Grafikausstellung:<br />

»Warum in die Ferne schweifen, denn das Fremde liegt so nah …«. Das<br />

Gemälde »Forum Romanum« von Knobelsdorff wurde als großformatiger Theaterprospekt<br />

nachempfunden. In den Sommerferien fand für Kinder ein Malworkshop über drei Tage<br />

unter dem Motto »Auf der Suche nach dem Süden« statt. Im Rahmen von Projekttagen für


das Einstein-Gymnasium wurden für einen Obelisken neue Hieroglyphen zum Thema<br />

»Knobelsdorff« in Anlehnung an die Biografie des Baumeisters, an sein architektonisches<br />

Schaffen in Berlin und Potsdam sowie an seine Italienreise entwickelt. Mit der 4. Klasse<br />

der 8. Grundschule in Potsdam wurden im Rahmen des Kunstunterrichts »Mario<strong>net</strong>ten für<br />

den Hofstaat des Königs« gestaltet. Mit diesen Mario<strong>net</strong>ten konnte im Modell des Marmorsaales,<br />

der von den Jugendlichen des »Kinder- und Jugendklubs e.V.« gebaut worden<br />

war, gespielt werden. Zum Thema »Spolien« erarbeiteten die Kinder des Klubs Materialkollagen,<br />

die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wurden. Insgesamt wurden 45 Veranstaltungen<br />

durchgeführt.<br />

Der »Kinder- und Jugendklub Sanssouci e.V.« feierte das 30. Jahr seines Bestehens mit<br />

einem Sommerfest im Schloss Lindstedt. Eingeladen waren dazu Mitglieder von der Gründungszeit<br />

bis zu Gegenwart.<br />

Lehrerfortbildung<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 215<br />

Abb. 2 Sommerfest des Jugendklubs Sanssouci e.V. im Schloss Lindstedt, Juli <strong>2000</strong><br />

Foto: Barbara Spindler, <strong>SPSG</strong><br />

In Zusammenarbeit mit dem Berliner Institut für Lehrerfortbildung (BIL) wurde ein Workshop-Wochenende<br />

zur Ausstellung »Sophie Charlotte und ihr Schloss« durchgeführt. Ziel<br />

war es, 30 Lehrer in die Lage zu versetzen, zu diesem Thema selbst Veranstaltungen für


216 Berichte<br />

verschiedene Klassenstufen durchzuführen. Die Art und das Ergebnis der Zusammenarbeit<br />

wurde von beiden Seiten und auch von den Teilnehmern sehr positiv bewertet.<br />

Betreuung besonderer Zielgruppen<br />

Durch die Teilnahme an der Bewertungskommission in der <strong>SPSG</strong> von Januar bis April <strong>1999</strong><br />

ruhte in dieser Zeit die Arbeit im Fachbereich.<br />

Für den Berliner Blindenverband wurden Sonderveranstaltungen zu folgenden Themen<br />

konzipiert und durchgeführt: der Baumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, das Türkische<br />

Kabi<strong>net</strong>t und der Weiße Saal im Marmorpalais, Architektur und Modell im Schloss<br />

Charlottenburg, Veranstaltungen im Rahmen der Tandemwoche des Berliner Blindenverbandes.<br />

Mit dem Gehörlosenverband Berlin-Brandenburg wurden zwei Veranstaltungen im<br />

Schloss Caputh durchgeführt. Weitere Veranstaltungen wurden für das Blindengymnasium<br />

Marburg, das Oberlinhaus Potsdam, die Körperbehindertenschule Birkenwerder, für behinderte<br />

Studenten der Universität Potsdam, für polnisch-deutsche Blindengruppen des Klinikum<br />

Beelitz und für die Förderschule Grimma organisiert. Insgesamt gab es 31 derartige<br />

Veranstaltungen.<br />

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur »Arbeit mit Besuchern mit Handikap« wurden<br />

über den Berliner Blindenverband ein Radiobeitrag für Blinde produziert sowie im Seminar<br />

für Fremdenverkehr ein Vortrag zum Thema »Tourismus für Behinderte« gehalten. Daneben<br />

erfolgte die Teilnahme an der Tagung »Behinderte Besucher im Museum. Möglichkeiten<br />

der Integration in die Museumskultur« in Köln teil.<br />

Für behinderte Besucher der Stiftung wurden weitere technische Hilfsmittel beschafft:<br />

ein Lift für Rollstuhlfahrer am Neuen Palais, zwei Leihrollstühle für die Parkanlagen der<br />

Stiftung sowie ein Echo-Ton-System für Veranstaltungen mit gehörgeschädigten Besuchern.<br />

Nutzung des Schlosstheaters<br />

Mit den ständigen Nutzern des Schlosstheaters erfolgte die Abstimmung der Terminplanung<br />

für <strong>2000</strong> und 2001. Mit sonstigen Nutzern wurden Verhandlungen über Art und Dauer<br />

sowie Nutzungsentgelte entsprechend der Nutzungsrichtlinien geführt. Für jeden Nutzer<br />

wurden Verträge ausgefertigt.<br />

Die Ausstattung mit Konferenztechnik für das Schlosstheater konnte in den Jahren <strong>1999</strong><br />

und <strong>2000</strong> vervollständigt werden.<br />

Im Jahre <strong>1999</strong> wurde das Schlosstheater für 254 Veranstaltungen genutzt. Davon entfielen<br />

auf das Hans-Otto-Theater 40 Vorstellungen, auf die Musikfestspiele neun Aufführungen<br />

und auf die Konzertagentur Heidenreich 15 Veranstaltungen. Die Brandenburgische<br />

Philharmonie Potsdam gab acht Konzerte. Das Theater wurde darüber hinaus für<br />

insgesamt 94 Proben genutzt. Lediglich vier Nutzungen entfielen auf die Stiftung, 23 auf<br />

sonstige Veranstalter.


Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung 217<br />

Demgegenüber gingen im Jahre <strong>2000</strong> die Nutzungen der Spielstätte auf 160 zurück. Das<br />

Hans-Otto-Theater gastierte mit 35, die Musikfestspiele mit sechs Aufführungen. Die Konzertagentur<br />

Heidenreich nutzte das Theater für 14 Veranstaltungen. Die Brandenburgische<br />

Philharmonie gab hier sieben Konzerte. Insgesamt 69 mal wurde geprobt. Seitens der Stiftung<br />

gab es nur fünf Nutzungen, durch sonstige Nutzer 24.


Chronik<br />

Neueinrichtungen<br />

<strong>1999</strong><br />

30. April Eröffnung des Orientalischen Kabi<strong>net</strong>ts und weiterer wiederhergestellter<br />

Räume im Marmorpalais im Neuen Garten in Potsdam.<br />

3. Juli Einweihung des restaurierten Heckentheaters im Schlossgarten Rheinsberg.<br />

4. September Einweihung des restaurierten Gartensalons am Neuen Palais.<br />

11. September Eröffnung der Wohnräume der Kurfürstin Dorothea und des Haupttreppenhauses<br />

im Schloss Caputh.<br />

27. November Einweihung der Kronleuchter im Spiegelsaal des Schlosses Rheinsberg.<br />

30. Dezember Wiedereröffnung des Schlosstheaters Rheinsberg.<br />

<strong>2000</strong><br />

9. Mai Präsentation des Bildteppichs »Die Audienz beim Kaiser von China« und<br />

Eröffnung des Gobelinraumes im Schloss Charlottenburg in Berlin.<br />

15. Juni Eröffnung der Gelben Atlaskammer in der ersten Wohnung Friedrichs des<br />

Großen im Schloss Charlottenburg in Berlin.<br />

15. Juni Eröffnung des Pretiosenkabi<strong>net</strong>tes im Schloss Charlottenburg in Berlin.<br />

10. April Eröffnung des Museumsshops und des Besucherempfangs im Neuen<br />

Palais des Parks Sanssouci.<br />

30. September Eröffnung des Schlosses Königs Wusterhausen und des dazugehörigen<br />

Schlossgartens.


220 Chronik<br />

Ausstellungen<br />

<strong>1999</strong><br />

18. Februar »… zum Maler und großen Architekten geboren …« Georg Wenzeslaus<br />

bis 12. April von Knobelsdorff 1699–1753<br />

Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel<br />

Katalog<br />

28. März bis Elisabeth Christine (1715–1797). Prinzessin von Braunschweig-Bevern.<br />

15. Okt. Königin von Preußen<br />

Rheinsberg, Schloss Rheinsberg, Nordpavillon<br />

Begleitband<br />

1. April bis Beflügelte Landschaften. Eine Bilderausstellung von Christine Bülow<br />

31. Mai und die Dokumentation Mühlen in Baden-Württemberg<br />

Ausstellung der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg<br />

Potsdam, Historische Mühle im Park Sanssouci<br />

16. Mai bis … einmal Rom und zurück. Die 24. Grafikverkaufsausstellung<br />

8. August Potsdam, Orangerie im Park Sanssouci, Turmgalerie<br />

26. Juni bis Ansichten von Deutschland aus der Royal Collection in Windsor Castle<br />

12. Sept. Berlin, Schloss Glienicke<br />

Katalog<br />

4. Juli bis Wilhelmine Luise von Preußen (1799–1882). Eine fürstliche Malerin des<br />

29. August 19. Jahrhunderts<br />

Übernahme einer Ausstellung aus dem Stadtmuseum Düsseldorf<br />

Potsdam, Römische Bäder im Park Sanssouci<br />

Katalog<br />

10. Juli bis Von Ägypten nach Preußen<br />

12. Sept. Ausstellung der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit der Berlin-<br />

Brandenburgischen Auslandsgesellschaft e.V.<br />

Potsdam, Orangerie im neuen Garten<br />

15. August bis Onder den Oranje boom. Niederländische Kunst und Kultur im 17. und<br />

14. November 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen<br />

Gemeinsame Ausstellung der Niederlande sowie der Bundesländer Nordrhein-Westfalen<br />

und Brandenburg<br />

Oranienburg, Schloss Oranienburg; Krefeld, Kaiser Wilhelm Museum<br />

(18. April bis 15. Juli <strong>1999</strong>); Apeldoorn, Paleis Het Loo (16. Dezember<br />

<strong>1999</strong> bis 20. März <strong>2000</strong>)<br />

Katalog


22. August bis Identität & Illusion. Paraphrasen über das Traumzimmer Friedrich Wil-<br />

15. Okt. helms IV. im Schloss Sanssouci<br />

Potsdam, Orangerie im Park Sanssouci, Turmgalerie<br />

22. August bis Mit goldenem Faden – Stickereien für den preußischen Hof<br />

15. Okt. Potsdam, Orangerie im Park Sanssouci und Schloss Charlottenhof<br />

Katalog<br />

5. Sept. Klaus Pracht – Römische Impressionen. Ausstellung zum 70. Geburtstag<br />

bis 15. Okt. des Architekten<br />

Potsdam, Römische Bäder im Park Sanssouci<br />

21. Okt. bis Das »Flora Danica«-Service 1790–1803. Höhepunkt der Botanischen<br />

9. Januar Porzellanmalerei<br />

Berlin, Schloss Charlottenburg, Weißer Saal und Neuer Flügel<br />

Katalog<br />

6. Nov. bis Sophie Charlotte und ihr Schloss – Ein Musenhof des Barock in Bran-<br />

30. Januar denburg-Preußen<br />

Berlin, Schloss Charlottenburg, Orangerie und historische Räume im<br />

Alten Schloss<br />

Katalog<br />

<strong>2000</strong><br />

Ausstellungen 221<br />

25. Januar bis Friedrich der Große und Voltaire – Ein Dialog in Briefen<br />

20. Februar Ausstellung der <strong>SPSG</strong> und des Forschungszentrums Europäische Aufklärung<br />

e.V., Potsdam<br />

Potsdam, Neues Palais, Wohnung des Marquis d’Argens<br />

Begleitheft 30. April bis<br />

30. April Gruß aus Rheinsberg – Ansichtskarten dokumentieren ein vergangenes<br />

bis 3. Okt. Jahrhundert<br />

Rheinsberg, Schloss Rheinsberg, Erdgeschoss Klingenbergflügel<br />

14. Mai bis Eine Reise durch Italien – Aquarelle aus dem Besitz Friedrich Wilhelms IV.<br />

13. August Potsdam, Römische Bäder im Park Sanssouci<br />

Katalog<br />

16. Mai bis 25 Jahre Grafik im Turm. Die 25. Grafikverkaufsausstellung<br />

30. Juli Potsdam, Orangerie im Park Sanssouci, Turmgalerie<br />

Katalog<br />

27. Mai bis Höhepunkte Friderizianischer Tafelkultur<br />

15. Okt. Potsdam, Park Sanssouci, Neue Kammern<br />

23. Juli bis Friedrich August Stüler und Potsdam. Ausstellung zum 200. Geburtstag<br />

15. Okt. des »Architekten des Königs« Friedrich Wilhelm IV.<br />

Potsdam, Orangerie im Park Sanssouci, Turmgalerie<br />

Katalog


222 Chronik<br />

11. August »eyland«. Ausstellung des Potsdamer Künstlers Rayk Goetze<br />

bis 11. Sept. Potsdam, Orangerie im Neuen Garten<br />

27. August bis Ernest Nash/Ernst Nathan (1898–1974) – Fotografie: Potsdam – Rom –<br />

15. Okt. New York – Rom<br />

Potsdam, Haus im Güldenen Arm und Römische Bäder im Park Sanssouci<br />

Tagungen<br />

Aspekte der Kunst und Architektur in Berlin um 1700<br />

Wissenschaftliches Kolloquium anlässlich der Ausstellung: »Sophie Charlotte und<br />

ihr Schloss. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen« am 31. Januar<br />

<strong>2000</strong> in der Kapelle von Schloss Charlottenburg<br />

Vom 6. November <strong>1999</strong> bis zum 30. Januar <strong>2000</strong> wurde in der Großen Orangerie des Charlottenburger<br />

Schlosses die Ausstellung »Sophie Charlotte und ihr Schloss. Ein Musenhof<br />

des Barock in Brandenburg-Preußen« gezeigt. Unmittelbar im Anschluss, am 31. Januar<br />

<strong>2000</strong>, veranstaltete die <strong>SPSG</strong> ein wissenschaftliches Kolloquium unter dem Titel »Aspekte<br />

der Kunst und Architektur in Berlin um 1700.« Tagungsort war die Schlosskapelle von Charlottenburg.<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg, Generaldirektor der <strong>SPSG</strong>, begrüßte die weit<br />

mehr als einhundert Teilnehmer.<br />

Jörg Meiner und Guido Hinterkeuser, damals wissenschaftliche Volontäre in der <strong>SPSG</strong>,<br />

waren für die inhaltliche Konzeption und für die Organisation des Kolloquiums verantwortlich.<br />

Es war ihre Absicht, von der Ausstellung und ihren Exponaten ausgehende Fragestellungen<br />

in einem erweiterten Kreis von Fachleuten zu diskutieren.<br />

Das Kolloquium gliederte sich in zwei Teile. Der von Dr. Samuel Wittwer (<strong>SPSG</strong>) moderierte<br />

erste Abschnitt zur »Höfischen Kunst in Berlin und Charlottenburg« vereinte Untersuchungen<br />

zu Malerei und angewandter Kunst sowie deren Zusammenspiel in höfischen<br />

Innenräumen.<br />

Das Charlottenburger Schloss und seine Ausstattung standen dabei im Mittelpunkt, darüber<br />

hinaus war der Blick auf Berlin und die brandenburgisch-preußische Residenzlandschaft<br />

zur Zeit Friedrichs (III.) I. gerichtet. Dr. Cordula Bischoff (Dresden) sprach über die<br />

»Porzellansammlungspolitik im Hause Brandenburg«. Die Selbstdarstellung Sophie Charlottes<br />

als Fürstin thematisierte J. Meiner (<strong>SPSG</strong>) in seinem Vortrag über »Das Gläserne<br />

Schlafgemach in der Ersten Wohnung Sophie Charlottes in Schloss Lietzenburg». Dr. Burkhardt<br />

Göres (<strong>SPSG</strong>) referierte im folgenden »Zum Berliner Möbel zwischen 1680 und 1710«,<br />

Iris Wenderholm (Berlin) interpretierte den »Telemach-Zyklus im Schloss Charlottenburg«.<br />

Die Repräsentation des Staates und die Inszenierung des Hofes im Medium der Künste analysierten<br />

Gerd Bartoschek (<strong>SPSG</strong>) in seinem Referat über »Das Bildnis von Kurfürst Friedrich<br />

III. von Brandenburg und seiner Familie in den Franckeschen Stiftungen zu Halle/<br />

Saale« sowie Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan (Berlin) in bezug auf »Gedeon Romandon und<br />

seine Bildnisse der Kurfürstin Sophie Charlotte«.


Der zweite Teil des Kolloquiums, dessen Moderation Dr. Jarl Kremeier (Berlin) übernommen<br />

hatte, war den »Architekten am Hof Friedrichs (III.) I. und ihren Zeichnungen«<br />

gewidmet. Am Ausbau der brandenburgischen Residenzstadt zur Königsmetropole waren<br />

so bedeutende Architekten wie der Danziger Andreas Schlüter, der Hugenotte Jean de Bodt<br />

oder der Schwede Johann Friedrich Eosander beteiligt. Anknüpfend an die Ausstellung, die<br />

erstmals sämtliche Zeichnungen aus der frühen Baugeschichte des Schlosses Charlottenburg<br />

vereinte, beschäftigten sich die Vortragenden insbesondere mit dem zeichnerischen<br />

Nachlass der Hofarchitekten. Prof. Dr. Goerd Peschken (Berlin) teilte in diesem Kontext<br />

seine »Beobachtungen zu Jean-Baptiste Broebes« mit. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf<br />

der Problematik der Zuschreibung sowie den unterschiedlichen Funktionen der Zeichnungen.<br />

Dr. Melanie Mertens (Berlin) machte diesbezüglich einige »Anmerkungen zu<br />

Zeichnungen für die Berliner Parochialkirche«. G. Hinterkeuser (<strong>SPSG</strong>) stellte »Eine Zeichnung<br />

von Andreas Schlüter für das Landhaus Kameke« in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.<br />

Dr. Alexander Holland (Berlin) sprach über »Architekturzeichnungen aus dem<br />

Umfeld Johann Friedrich Eosanders«, und Dr. Hans-Joachim Kuke (Berlin) »Zum Problem<br />

der Händescheidung: Jean de Bodt als Zeichner«.<br />

Das Schlusswort hielt Schlösserdirektor Dr. B. Göres. Die Vorträge des Kolloquiums werden<br />

in einem Tagungsband unter dem Titel des Kolloquiums publiziert (<strong>SPSG</strong>, Potsdam<br />

2002).<br />

Guido Hinterkeuser<br />

Tagungen 223<br />

»Ein Tempel der Humanität«. Die Sammlung Giustiniani in Berlin<br />

Wissenschaftliche Tagung der Freien Universität Berlin, der Staatlichen Museen<br />

zu Berlin und der <strong>SPSG</strong> vom 29. Juni bis 2. Juli <strong>2000</strong> im Kunsthistorischen Institut<br />

der Freien Universität Berlin sowie in Potsdam-Sanssouci<br />

1815 erwarb Friedrich Wilhelm III. in Paris den Kernbestand der bedeutenden römischen<br />

Barocksammlung Giustiniani. Er wurde 1829 zwischen dem neu gegründeten Berliner<br />

Museum und den königlichen Schlössern aufgeteilt. Seit dieser Zeit befinden sich Gemälde<br />

von Caravaggio, Régnier, Testa und anderen aus der Sammlung in den preußischen<br />

Königsschlössern. Hauptwerke der Sammlung Giustiniani wurden 2001 in Rom und Berlin<br />

im Rahmen der Sonderausstellung »Caravaggio in Preußen. Die Sammlung Giustiniani und<br />

die Berliner Gemäldegalerie« für kurze Zeit wieder zusammengeführt.<br />

Die Sammlung Giustiniani wird seit einer Reihe von Jahren intensiv erforscht. Das<br />

Thema erfordert eine umfassende internationale Kooperation, da die Archivbestände zur<br />

frühen Geschichte der Sammlung vor Ort in Rom ausgewertet werden, die Bestände aber<br />

neben den Hauptwerken in Berlin und Potsdam über viele Länder verstreut sind. Die<br />

Europäische Union unterstützt deshalb ein gemeinsames Forschungsprojekt der römischen<br />

Universität, des Kunsthistorischen Museums in Wien, der Gemäldegalerie der Staatlichen


224 Chronik<br />

Museen zu Berlin und der <strong>SPSG</strong>. Die Ergebnisse werden in Kolloquien, Publikationen, aber<br />

auch auf einer im Inter<strong>net</strong> zugänglichen Datenbank unter der Adresse www.fu-berlin.de/<br />

giove/ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<br />

An der im Rahmen des GIOVE-Projektes (The Giustiniani Collection in a virtual environment)<br />

stattfindenden Tagung nahmen Forscher und Forscherinnen aus Deutschland,<br />

Österreich, Italien, Großbritannien und Frankreich teil. Ihr Ziel war es, einen Überblick<br />

über die spezialisierte und weit verstreute Forschung zum Thema zu geben und den wissenschaftlichen<br />

Austausch zu intensivieren. Am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität<br />

Berlin waren zwei Tage der Geschichte der Sammlung, den Künstlern im Umkreis<br />

der Brüder Giustiniani in Rom und der Wirkung der Sammlung gewidmet. Am Abschlusstag<br />

fand eine Exkursion nach Potsdam zu den Werken der Sammlung in der Bildergalerie<br />

und im Neuen Palais von Sanssouci statt. Auch die gewöhnlich deponierten Werke der<br />

Sammlung Giustiniani im Besitz der <strong>SPSG</strong> wurden aus diesem Anlass vollständig der Fachwelt<br />

präsentiert. Ein Empfang der Stiftung im Schloss Lindstedt für die Teilnehmer beschloss<br />

die Tagung.<br />

Die beiden Gemäldekustoden der <strong>SPSG</strong> Gerd Bartoschek und Dr. Christoph Martin Vogtherr<br />

waren an der Vorbereitung der Tagung intensiv beteiligt und hielten Vorträge. Ergebnisse<br />

und Anstöße aus den lebhaften Diskussionen flossen in den Katalog der Giustiniani-<br />

Sonderausstellung 2001 und in die GIOVE-Datenbank ein. Die Vorträge der Tagung sind<br />

über das Inter<strong>net</strong> als Tonaufnahme abrufbar.<br />

Christoph Martin Vogtherr<br />

Schinkel <strong>2000</strong><br />

Internationale Schinkel-Konferenz vom 22. bis 24. Juni <strong>2000</strong> im<br />

Schloss Lindstedt in Potsdam<br />

Unter dem Motto »Schinkel <strong>2000</strong>« fand vom 22. bis 24. Juni <strong>2000</strong> im Potsdamer Schloss<br />

Lindstedt eine internationale Schinkel-Konferenz statt. Sie wurde gemeinsam vom Verein<br />

»Friends of Schinkel« und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

veranstaltet.<br />

Diese erste »Friends of Schinkel«-Triennale – der Verein plant weitere Konferenzen im<br />

dreijährigen Rhythmus – war dem Werk Karl Friedrich Schinkels, seiner Zeit und seinem<br />

Erbe gewidmet. Unmittelbarer Anlass war das 200jährige Bestehen des Pomonatempels auf<br />

dem Pfingstberg, dem ersten Bauwerk Schinkels in Potsdam. Damals, im Jahre 1800, war<br />

er noch ein weitgehend unbekannter junger Architekt. Aber in dem klar gegliederten, relativ<br />

geschlossenen Baukörper, der zur Talseite durch einen säulengestützten Portikus<br />

begrenzt wird und bei dem sich Schinkel auf die Nordfassade des Erechtheions auf der<br />

Athener Akropolis berief, wurden bereits die Grundmuster der von ihm später zur Meisterschaft<br />

entwickelten klassizistischen Architektur deutlich.


Karl Friedrich Schinkel war der bedeutendste Vertreter des Klassizismus in Deutschland.<br />

Seine Architektur prägte wesentlich das Stadtbild Berlins. Wie John Nash in England<br />

oder Charles Percier in Frankreich folgte Schinkel dem klassizistischen Ideal einer Stadt als<br />

visuell einheitlichem urbanen Organismus. In der ihr adäquaten Architektur spiegelten sich<br />

die von funktionalen Aspekten geprägten Interessen und Machtkonstitutionen der aufstrebenden<br />

bürgerlichen Gesellschaft des 18./19. Jahrhunderts wider. Eine Besonderheit des<br />

Schinkelschen Schaffens war seine Universalität. Schinkel schuf sowohl bekannte Gemälde<br />

als auch Bühnenbilder – erinnert sei an sein berühmtes Bühnenbild für Mozarts Oper<br />

»Die Zauberflöte« –, Möbel und Innendekorationen.<br />

Aber Schinkel drückte nicht allein seiner Epoche seinen Stempel auf. Er prägte auch die<br />

Kunst und Architektur nachfolgender Generationen weltweit. Dem entsprach die internationale<br />

Zusammensetzung der Vortragenden, die zwei Generationen von Schinkel-Forschern<br />

repräsentierte. Die 24 Redner – Kunsthistoriker, Bauforscher und Architekten aus<br />

den USA, Deutschland, Italien und anderen europäischen Ländern – widmeten sich dem<br />

Wirken Schinkels insbesondere in Potsdam und Berlin, seiner Zusammenarbeit mit dem<br />

Gartenkünstler Peter Joseph Lenné sowie dem modernen Erbe Schinkels. Zu den Themen<br />

gehörten Schinkels Beitrag zum Klassizismus, seine Stellung in der Architekturtheorie,<br />

sowie die mediterranen Einflüsse auf Schinkels Wirken. Die Diskussion der architektonischen<br />

und künstlerischen Arbeiten Schinkels widmete sich u.a. seinem ersten bekannten<br />

Frühwerk, dem Molkenhaus in Bärwinkel, der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin<br />

sowie Möbeln und Tafelaufsätzen nach Entwürfen Karl Friedrich Schinkels. Einen weiteren<br />

Themenschwerpunkt bildete das enge und fruchtbare Verhältnis Schinkels zur Gartenkunst<br />

seiner Zeit, personifiziert insbesondere durch Peter Joseph Lenné.<br />

Im Vorfeld der Konferenz war die Direktorin des Vereins »Friends of Schinkel«, Susan<br />

M. Peik, dem vor allem amerikanische und deutsche Kunsthistoriker, Denkmalpfleger und<br />

Architekten angehören, mit der Bitte an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

herangetreten, die Durchführung der Konferenz über Schinkels Werk zu<br />

unterstützen. Diesem Wunsch hat die Stiftung sehr gern entsprochen und sich als Partner<br />

zur Verfügung gestellt. Geht doch ein wesentlicher Teil der von der Stiftung betreuten<br />

Gebäude, Kunstwerke und Pläne unmittelbar auf das Wirken Karl Friedrich Schinkels<br />

zurück.<br />

Die Beiträge der Konferenz wurden von Susan M. Peik in einem Sammelband unter dem<br />

Titel »Karl Friedrich Schinkel. Aspekte seines Werkes« im Verlag Axel Menges, Stuttgart/London<br />

2001, herausgegeben.<br />

Jürgen Becher<br />

Tagungen 225


226 Chronik<br />

Stickereien des 18. und 19. Jahrhunderts in ihrem<br />

kulturgeschichtlichen Umfeld<br />

Wissenschaftliches Kolloquium der <strong>SPSG</strong> am 16. Oktober <strong>1999</strong> im<br />

Schloss Lindstedt in Potsdam<br />

Textilien zur Ausstattung der Schlösser stellen einen bedeutenden und umfangreichen Teil<br />

der Sammlungen der <strong>SPSG</strong> dar. Anlässlich der Aufarbeitung des Bestandes der bestickten<br />

Textilien bot die Ausstellung der <strong>SPSG</strong> »Mit goldenem Faden. Stickereien für den preußischen<br />

Hof« einen repräsentativen Überblick über die noch erhaltenen Werke, die zum Teil<br />

eine erstaunlich hohe künstlerische Qualität aufweisen. Die Bestandserfassung wie auch<br />

die Vorbereitung der Ausstellung machten im Bereich der Stickereien ein weitgehendes<br />

Forschungsdefizit deutlich, das sozialgeschichtliche Aspekte der Herstellung sowie der Hersteller<br />

und Auftraggeber umfasst. Ziel des Kolloquiums war es daher, das Spektrum der<br />

aktuellen Forschungen zu diesem Bereich zu sammeln. Wissenschaftler aus verschiedenen<br />

Disziplinen – aus der Kunstgeschichte, Volkskunde und Restaurierung – trugen ihre unterschiedlichen<br />

Ansätze vor.<br />

Nach der Begrüßung durch den Schlösserdirektor Dr. Burkhardt Göres und einer Einführung<br />

zur Bedeutung von Stickereien in der Ausstattung der preußischen Königsschlösser<br />

durch die Kustodin für Angewandte Kunst, Dr. Susanne Evers, wandte sich der erste<br />

Teil des Kolloquiums den Stickereien von weltlichen Herstellern für ebensolche Auftraggeber<br />

zu.<br />

Nadja Kuschel, Textilrestauratorin in der <strong>SPSG</strong>, gab in ihrem Beitrag über die Herstellung<br />

von Goldstickereien in Preußen im 18. Jahrhundert einen Überblick über die in den<br />

Goldstickerwerkstätten verwendeten Techniken der Goldstickereien. Sie stellte die Hilfsmittel<br />

zur Goldstickerei vor und erläuterte, wie die Stickereien entstanden: das Übertragen<br />

der Zeichnung auf den Stickgrund, den Aufbau und die fünf gebräuchlichsten Sticktechniken.<br />

Zudem gab sie einen Überblick über die Produkte der wichtigsten Zulieferer für die<br />

Goldsticker, über die Gewerke und Waren der Fabrikarbeiter einer Berliner Gold- und Silberfabrik.<br />

Diesen technischen Einblick ergänzte Dr. Uta-Christiane Bergemann, damals wissenschaftliche<br />

Volontärin in der <strong>SPSG</strong>, mit einem Beitrag über die Werkstätten der Berliner<br />

Goldsticker des 18. Jahrhunderts. Dabei konzentrierte sie sich vor allem auf Fragen zur Stellung<br />

der Goldsticker, zur Auftragslage, zur Werkstattorganisation und zum Herstellungsprozess.<br />

Über den wechselvollen Umgang mit Stickereien, ihre Herkunft, Veränderungen und<br />

Wiederverwendungen besonders im 19. Jahrhundert berichtete Sigrid Gerlitz, Textilrestauratorin<br />

in der <strong>SPSG</strong>, am Beispiel von zwei Stickereien aus dem Besitz der <strong>SPSG</strong>. Sie<br />

ging auf die Geschichte der Objekte ein und verdeutlichte, welche Problematiken und<br />

Erkenntnisse sich bei der Restaurierung ergeben. Anhand der Untersuchung von Technik<br />

und Materialien zeigte sie verschiedene Bearbeitungen auf.<br />

Dr. Anne Wanner-JeanRichard, Textilmuseum St. Gallen, befasste sich mit der Maschinenstickerei<br />

im 19. Jahrhundert am Beispiel der Ostschweizer Stickerei, insbesondere unter


Tagungen 227<br />

dem Aspekt der Frauenarbeit. Bei der Handstickerei im späten 18. und im 19. Jahrhundert<br />

handelte es sich um Heimarbeit, somit betrafen die technischen Neuerungen und Veränderungen<br />

vor allem die Arbeit der Frauen. Die in den meisten Fällen als Grundstoff und als<br />

Stickmaterial verwendete Baumwolle spielte in der sich entwickelnden Exportindustrie<br />

eine wesentliche Rolle. Aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit war von Anfang an ein<br />

schnelles und rationelles Arbeiten sehr wichtig. Die 1828 erfundene und bis 1850 verbesserte<br />

Stickmaschine steigerte die Produktion. Neue, immer schnellere Maschinentypen und<br />

auch besondere Techniken machten die St. Galler Stickereispitze weltbekannt. Vor allem<br />

mit der Ätzstickerei ließen sich Stick- und Spitzentechniken nachahmen. Für den Entwurf<br />

dieser Produkte bildete die Zeichnungsschule St. Gallen junge Entwerfer und Entwerferinnen<br />

aus. Sie lernten das Stilisieren von Naturformen und die Möglichkeiten der Stickmaschine<br />

einzubeziehen. Zum Abschluss wies Wanner-JeanRichard auf die Paramentenstickerei<br />

hin: A. Fraefel, ein St. Galler Unternehmer, ließ Kirchentextilien mit Hand- und<br />

Maschinenstickerei verzieren.<br />

Die Rolle von Stickereien in der Arbeit von Frauen behandelte Dr. Dagmar Neuland-Kitzerow,<br />

Museum Europäischer Kulturen (SMBPK). In ihrem Vortrag über das Sticken der<br />

Frauen und Mädchen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts untersuchte sie anhand des<br />

Bestandes des Museums Europäischer Kulturen und seines volkskundlichen Sammlungsschwerpunktes<br />

die Geschichte des Handarbeitsunterrichts. Darauf basierend stellte Neuland-Kitzerow<br />

einige Überlegungen zur Vermittlung derartiger Fertigkeiten in der 2. Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts an und ging darauf ein, inwieweit dies zur Disziplinierung von<br />

Frauen und Mädchen beitrug bzw. Spielräume für die Entwicklung der Kreativität ließ.<br />

Der zweite Teil des Kolloquiums setzte sich mit dem Bereich der Stickereien von und<br />

für geistliche Personen und Anlässe auseinander. Christa-Maria Jeitner (Blumberg) stellte<br />

die von ihr erstmals anhand signierter und datierter Stickereien im Erfurter Domschatz und<br />

weiterer Werke in Erfurter Kirchen erforschten und erkannten Stickereien einer Stickwerkstatt<br />

im Neuwerk-Kloster der Erfurter Augustinerinnen vor. Handwerkliches Können<br />

und dichte Ausführung in reichen Variationen, vor allem aber Glanzlichter in Gold- und Silberfäden<br />

machen diese Stickereien unverwechselbar. Eine Aufstellung ihrer technischen<br />

Merkmale lässt eine Entwicklungslinie erkennen, in die weitere undatierte Stickereien eingeord<strong>net</strong><br />

werden konnten. Jeitner präsentierte Motive und Kompositionsformen und verglich<br />

die Stickereien sowohl untereinander als auch mit Arbeiten aus dem Umfeld der<br />

Stickerinnen. Dabei wurden die schöpferischen Leistungen der Chorfrauen deutlich.<br />

Dr. Dela von Boeselager, Stadt Köln, Stadtkonservator, berichtete aus ihren umfangreichen<br />

Forschungen zum Bischofsornat des Kölner Kurfürsten Clemens August. Diesen kostbaren,<br />

goldgestickten Bischofsornat erwarb der Kölner Kurfürst und Erzbischof Clemens<br />

August für die Krönung seines Bruders Kaiser Karl VII. 1742. Erstmals von der Referentin<br />

vorgelegte Quellen belegen, daß die ursprünglich 60 Teile aus den Werkstätten Pariser Goldsticker<br />

stammten. Sie stellte die Paramente vor und skizzierte die außergewöhnlichen<br />

Umstände, unter denen die sehr aufwendigen Stickarbeiten noch rechtzeitig zur Krönung<br />

in Frankfurt a. M. fertig wurden.


228 Chronik<br />

Die Wiederbelebung klösterlicher Stickereien im Zuge des Historismus im 19. Jahrhundert<br />

thematisierten die letzten beiden Vorträge. Friederike Ebner von Eschenbach, Kloster<br />

Marienberg Helmstedt, umriss die Geschichte der Wiederbegründung der Paramentenstickerei<br />

im Kloster Marienberg in Helmstedt und erläuterte an einigen Objekten die typischen<br />

Merkmale der Werkstatt. Dr. Petra Hesse, Reiss-Museum Mannheim, bot einen<br />

Einblick in die Paramentenstickerei des Historismus im Rheinland anhand der Schwesternkongregation<br />

»Vom armen Kinde Jesus« (1848–1914). Diese begründete im Zuge der<br />

Bestrebungen des Historismus im Rheinland die historistische Paramentenstickerei im<br />

19. Jahrhundert. Aufgrund umfangreichen Quellenmaterials und zahlreicher erhaltener<br />

Paramente war es ihr möglich, erstmals eine Werkstatt in allen ihren Facetten darzustellen.<br />

Insgesamt bot die Tagung einen Einblick in die vielfältigen technischen, künstlerischen<br />

und sozialgeschichtlichen Fragestellungen, die das Gebiet der Textilgeschichte bietet. Die<br />

Anschauungsbeispiele in den Vorträgen machten zudem die teils außerordentlich hohe Qualität<br />

und das weite Spektrum technischer und künstlerischer Ausdrucksformen bei Stickereien<br />

deutlich. Die überarbeiteten Vorträge von Jeitner, Neuland-Kitzerow und Bergemann<br />

sind im vorliegenden Band abgedruckt.<br />

Uta-Christine Bergemann<br />

Die Wiederherstellung des barocken Parterres im<br />

Schlossgarten Charlottenburg<br />

Wissenschaftliches Kolloquium der <strong>SPSG</strong> am 28. Juni <strong>2000</strong><br />

im Schloss Charlottenburg, Berlin<br />

Im Staatsvertrag zur Gründung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

war festgesetzt worden, daß die Einheit von Schloss und Garten Charlottenburg<br />

wiederhergestellt werden soll und die Stiftung den Schlossgarten, der bis 1945 zur Preußischen<br />

Schlösserverwaltung gehörte und seitdem vom Naturschutz- und Grünflächenamt<br />

Charlottenburg verwaltet wurde, übernehmen sollte. Bei den langen Übernahmeverhandlungen<br />

wurde auf die Notwendigkeit, Mittel für die Wiederherstellung des Parterres bereitzustellen,<br />

hingewiesen. Durch erhebliche Personal- und Mittelkürzungen beim Naturschutz-<br />

und Grünflächenamt und durch zunehmenden Vandalismus, aber auch durch das<br />

übermäßige Wachstum der Taxuskegel war hier dringender Handlungsbedarf gegeben.<br />

Vom Land Berlin wurden 1,2 Millionen DM zur Verfügung gestellt, um nach Übernahme<br />

des Gartens durch die Stiftung am 1. Januar <strong>2000</strong> die notwendigen Arbeiten auszuführen.<br />

Um sich für diese schwierige Aufgabe zu rüsten, hat die Stiftung in Fortsetzung eines 1987<br />

abgehaltenen ersten Kolloquiums nochmals zu einem Kolloquium am 28. Juni <strong>2000</strong> eingeladen,<br />

um über die zukünftige Gestaltung des Schlossparterres zu diskutieren und zu entscheiden.


Tagungen 229<br />

Mit der Einstellung des Le Nôtre-Schülers Siméon Godeau am 16. Januar 1696 für ihren<br />

in Lietzenburg anzulegenden Garten hat Kurfürstin Sophie Charlotte bewirkt, dass dieser<br />

Garten als erster in Deutschland im Le Nôtrischen Stil geschaffen wurde. Baubeginn war<br />

1697, Schloss und Garten wurden am 1. Juli 1699 eingeweiht.<br />

Nach dem Tod Friedrich II. und mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms II. hielt<br />

die Verlandschaftung Einzug in den Charlottenburger Garten. Die unmodern gewordenen<br />

Broderien wurden nicht mehr gepflegt und in der Folge beseitigt. Der aus Wörlitz berufene<br />

Gärtner Johann August Eyserbeck machte verschiedene Bepflanzungsvorschläge, die zu<br />

einer Neugestaltung des Parterres führten. Das Parterre als großer rechtwinkliger Rahmen<br />

mit den begleitenden Doppelalleen und der begrenzenden Allee am Schloss und am Karpfenteich<br />

blieb jedoch erhalten, auch seine plane leicht geneigte Fläche. Die geometrische<br />

Struktur der Wege und Buxbaumpflanzung wurde jedoch durch vermeintlich naturhafte<br />

Pflanzungen und gekrümmte Wege ersetzt. Auf der Ebene des Parterres präsentierte sich<br />

nun eine Bepflanzung, die ungewollt noch achsensymmetrischen Gesetzen gehorchte,<br />

gleichsam ein naturhaftes Ornament.<br />

Nach Plänen von Peter Joseph Lenné wurde die landschaftliche Parterregestaltung nach<br />

1819 hin zu einem großzügigen ruhigen Bild umgewandelt. Dabei wurde aber nicht in die<br />

Bodenmodellierung eingegriffen, und der durch die Alleen gegebene Rahmen der gesamten<br />

Parterrefläche blieb erhalten.<br />

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war der Garten durch Bombentrichter verwüstet.<br />

Beschädigte und unbeschädigte Gehölze wurden zur Brennstoffversorgung entnommen.<br />

Zur Ernährungssicherung der Bevölkerung wurde auf der Parterrefläche ein Kartoffelacker<br />

angelegt.<br />

Schon bald nach dem Krieg traten die damalige Schlösserdirektorin Margarete Kühn<br />

und der Kunsthistoriker Edwin Rebslob dafür ein, bei der Wiederherstellung des Gartens<br />

die Parterrefläche im Interesse der Einheit von Gebäude und Garten in geometrischen Formen<br />

wiederherzustellen. 1952 wurden die rahmenden Doppelalleen aus Linden zu beiden<br />

Seiten des Parterres neu gepflanzt und die Parterrefläche zunächst als Rasenparterre neu<br />

angelegt. 1958 füllte man die acht Kompartimente mit Broderien. Sie wurden aus historischen<br />

Musterbüchern ausgewählt und den Kompartimenten eingepasst. Aus technischen<br />

Gründen oder in Anlehnung an einen bei den Parterrewiederherstellungen in Europa fast<br />

überall anzutreffenden Irrtum wählte man entgegen der Empfehlung der Musterbücher als<br />

Fonds für die Broderien roten Ziegelsplitt anstatt weißen oder gelben Kies. Leider wurde<br />

der Mittelpunkt des Parterres bei seiner Rekonstruktion 1952 um 4,20 Meter nach Norden<br />

verschoben und die historisch quadratisch geformten vier zentralen Kompartimente in<br />

Rechtecke verwandelt. Aufgrund von Frostausfällen wurde der Buxbaum durch Teucrium<br />

ersetzt. 1967/68 wurde im Achsenkreuz das oktogonale Wasserbecken mit Fontäne, das,<br />

wenn überhaupt, nur kurze Zeit bestanden hat, eingefügt.<br />

1984 wurde der Schlosspark durch die Berliner Gartendenkmalpflege als Gartendenkmal<br />

unter Schutz gestellt. Ein von den Berliner Gartendenkmalpflegern 1987 veranstaltetes<br />

Kolloquium zur Zukunft des Charlottenburger Parterres brachte im Ergebnis die Empfeh-


230 Chronik<br />

lung, den Fehler in der Geometrie der von Margarete Kühn und Joachim Kaiser geschaffenen<br />

Barockanlage zu beseitigen und eine Rekonstruktion des Broderieparterres nach Eosander<br />

zu versuchen.<br />

1989 legte Clemens Alexander Wimmer im Auftrag des Bezirksamtes Charlottenburg ein<br />

parkpflegerisches Gutachten für den Schlosspark Charlottenburg vor, das alle zukünftigen<br />

Arbeiten auf eine solide denkmalpflegerische Grundlage stellte. Auf dieser Basis hat die<br />

Berliner Gartendenkmalpflege 1989 die Luiseninsel und <strong>1999</strong> die Zuflüsse von der Spree<br />

zum Karpfenteich wiederhergestellt.<br />

Vor dem Hintergrund dieser hier kurz umrissenen Geschichte des Parterres war die Aufgabe<br />

des Kolloquiums äußerst schwierig, waren doch denkmalpflegerische Belange angesichts<br />

des engen finanziellen Rahmens abzuwägen. Das Kolloquium, dessen Moderation Dr.<br />

Michael Rhode vom Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur der Universität Hannover<br />

übernahm, sollte anhand von Praxisbeispielen, Kriterien der Gartendenkmalpflege<br />

und Planungsvorschlägen einen Beitrag zur Lösung dieser Frage liefern.<br />

Nach einem einführenden Vortrag in die Problematik von Prof. Michael Seiler, dem Gartendirektor<br />

der Stiftung, fasste Klaus-Hennig von Krosigk (Landesdenkmalamt Berlin, Gartendenkmalpflege)<br />

in seinem Referat über die »Denkmalpflege im Schlossgarten und Ergebnisse<br />

des 1.Schlossgarten-Kolloquiums« die Ergebnisse des ersten Kolloquiums zum Parterre<br />

von 1987 zusammen und gab einen Überblick über die denkmalpflegerischen Maßnahmen<br />

in den letzten Jahrzehnten. Hubert W. Wertz (Oberfinanzdirektion Karlsruhe) bewertete<br />

aus gartenhistorischer Sicht »Die Wiederherstellung des Schwetzinger Mittelparterres« und<br />

berichtete von den dabei gemachten Erfahrungen. Anschließend setzte sich Dr. Wilfried<br />

Hansmann (Rheinisches Denkmalamt, Bonn) mit den Rekonstruktionskriterien des »Parterre<br />

im Schloss Augustusburg in Brühl« auseinander und berichtete über die Maßnahmen<br />

zur Erneuerung und Pflege des Parterres. Schließlich stellte der Potsdamer Gartenhistoriker<br />

Dr. Clemens Alexander Wimmer seine Studie »Zur Problematik des Charlottenburger<br />

Parterres« vor und erörterte die verschiedenen Optionen seiner Rekonstruktion.<br />

Nach einer abschließenden Diskussion kamen die Teilnehmer zu der Empfehlung, die<br />

durch Margarete Kühn vorgenommene Rekonstruktion des barocken Parterres als eine<br />

historische Leistung im Grundsätzlichen – mit ihren geometrischen Abweichungen gegenüber<br />

der in den historischen Plänen überlieferten Form – zu bewahren und entsprechend<br />

zu erneuern. Lediglich der erneuerungsbedürftige Stoff der Broderien sollte in Farbe und<br />

Material modifiziert werden.<br />

Zum Kolloquium ist unter dem Titel »Kolloquium zur Wiederherstellung des barocken<br />

Parterres im Schlossgarten Charlottenburg« ein ausführlicher Tagungsbericht mit allen<br />

Beiträgen erschienen, der über die Gartendirektion der <strong>SPSG</strong> bezogen werden kann.<br />

Michael Seiler


Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit<br />

Wissenschaftliche Konferenz der Gesellschaft für Geistesgeschichte e. V.,<br />

der Brandenburgischen Historischen Kommission e. V. und der <strong>SPSG</strong> unter<br />

der Schirmherrschaft des Bundesministeriums der Verteidigung vom 26. bis<br />

28. Oktober <strong>2000</strong> im Schloss Königs Wusterhausen.<br />

Der Tagungsband wird 2002 von Friedrich Beck und Julius H. Schoeps unter dem Titel der<br />

Konferenz herausgegeben.<br />

Staatsbesuche und<br />

Protokollarische Veranstaltungen (Auswahl)<br />

<strong>1999</strong><br />

Staatsbesuche und Protokollarische Veranstaltungen 231<br />

28. März Besuch einer Delegation des Kongresses der USA im Schloss Cecilienhof<br />

Begrüßung durch den Präsidenten des Landtages Brandenburg, Herbert<br />

Knoblich.<br />

30. März Besuch des Außenministers der Philippinen, Domingo L. Siazon in Potsdam.<br />

Begrüßung durch Minister Hans-Otto Bräutigam im Schloss Cecilienhof.<br />

17. April Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Chile, Eduardo Frei Ruiz-<br />

Tagle, Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe und Eintragung<br />

in das Goldene Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von<br />

Schloss Cecilienhof.<br />

7. Juni Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Mazedonien, Kiro Gligorov,<br />

Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe und Eintragung in<br />

das Goldene Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von Schloss<br />

Cecilienhof.<br />

13. Sept. Staatsbesuch des Präsidenten der Kirgisischen Republik, Askar Akajev,<br />

Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe, Eintragung in das<br />

Goldene Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von Schloss Cecilienhof.<br />

29. Sept. Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Venezuela, Hugo Chaves Frias,<br />

Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe und den Oberbürgermeister<br />

der Landeshauptstadt Potsdam, Matthias Platzeck. Eintragung<br />

in das Goldene Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von Schloss<br />

Cecilienhof und Führung durch den Generaldirektor, Prof. Dr. Hans-Joachim<br />

Giersberg.


232 Chronik<br />

21. Okt. Besuch der dänischen Königin Margarethe II. und des Staatspräsidenten<br />

der Republik Irland, Olafur Ragnar Grimsson, in Potsdam. Begrüßung<br />

durch Ministerpräsident Manfred Stolpe und Eintragung in das Goldene<br />

Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von Schloss Sanssouci, Charlottenhof<br />

und Cecilienhof. Führung durch den Generaldirektor, Prof.<br />

Dr. Hans-Joachim Giersberg.<br />

21. Okt. Besuch des Staatspräsidenten der Republik Island, Olafur Ragnar Grimsson<br />

in Sanssouci und Cecilienhof mit Ministerpräsident Stolpe. Führung<br />

durch den Generaldirektor, Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg.<br />

24. Nov. Besuch des Präsidenten der Republik Mali, Alpha Oumar Konare. Begrüßung<br />

durch den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam,<br />

Matthias Platzeck. Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Potsdam.<br />

Besichtigung von Schloss Cecilienhof und Führung durch den Direktor<br />

der Schlösser, Dr. Burkhardt Göres.<br />

<strong>2000</strong><br />

19. Jan. Staatsbesuch des Präsidenten der Slowakischen Republik, Rudolf Schuster.<br />

Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe und den Oberbürgermeister<br />

der Landeshauptstadt Potsdam, Matthias Platzeck. Eintragung<br />

in das Goldene Buch des Landes Brandenburg. Besichtigung von<br />

Schloss Cecilienhof und Führung durch den Direktor der Schlösser,<br />

Dr. Burkhardt Göres.<br />

9. März Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen,<br />

für den Präsidenten der Republik Korea, Kim Dae Jung, im Schloss Charlottenburg.<br />

11. Mai Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Tschechien, Vaclav Havel, in<br />

Potsdam. Begrüßung durch Ministerpräsident Manfred Stolpe. Besichtigung<br />

von Schloss Cecilienhof, Führung durch den Generaldirektor, Prof.<br />

Dr. Hans-Joachim Giersberg und Eintragung in das Goldene Buch des Landes<br />

Brandenburg.<br />

18. Mai Besuch des Präsidenten des Staatsrates des Sultanats Oman, Scheich<br />

Hamoud Bin Abdullah Al-Harthy in Potsdam. Begrüßung durch den Präsidenten<br />

des Brandenburgischen Landtags, Herbert Knoblich, Besichtigung<br />

des Schlosses Sanssouci und des Schlosses Cecilienhof und Eintragung<br />

in das Goldene Buch des Landes Brandenburg.<br />

22. Mai Empfang des Ministerpräsidenten von Brandenburg, Manfred Stolpe, für<br />

das diplomatische Corps in den Neuen Kammern im Park Sanssouci, Potsdam.


Staatsbesuche und Protokollarische Veranstaltungen 233<br />

25. Mai Empfang des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Manfred Stolpe<br />

für die Finanzminister der Länder anläßlich der Finanzministerkonferenz<br />

in Potsdam in den Neuen Kammern.<br />

2. Juni Empfang des Bundeskanzlers Gerhard Schröder anlässlich des Wirtschaftsgipfels<br />

der G 8 in Berlin im Schloss Charlottenburg.<br />

1. Juli Staatsbesuch des Ministerpräsidenten der Volksrepublik China, Zhu Rong<br />

Ji. Begrüßung durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg<br />

Schönbohm und Eintragung in das Goldene Buch des Landes Brandenburg.<br />

Besichtigung von Schloss Sanssouci und Cecilienhof mit dem Ministerpräsidenten<br />

Manfred Stolpe.<br />

25. Sept. Empfang des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes<br />

Berlin, Christoph Stölzl, für Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur<br />

der amerikanischen Hauptstadt Washington im Schloss Charlottenburg.<br />

9. Okt. Zentrale Festveranstaltung der Bundeswehr »Zehn Jahre Armee der Einheit«<br />

auf der Mopke vor dem Neuen Palais in Potsdam im Beisein des Bundesministers<br />

der Verteidigung und des Ministerpräsidenten des Landes<br />

Brandenburg sowie zahlreicher in- und ausländischer Gäste.<br />

24. Okt. Preisverleihung »Eric M. Warburg« durch die »Atlantik Brücke e.V.« im<br />

Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg.<br />

5. Dez. Besuch des Premierministers des Königreiches Marokko, Abderrahman<br />

Youssoufi anlässlich eines Staatsbesuchs in der BRD. Begrüßung durch<br />

den Präsidenten des Brandenburgischen Landtags, Herbert Knoblich,<br />

Besichtigung des Schlosses Sanssouci und Eintragung in das Goldene<br />

Buch des Landes Brandenburg.<br />

12. Dez. Festakt zum zehnjährigen Jubiläum der Aufnahme der Potsdam-Berliner<br />

Kulturlandschaft in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes im Neuen<br />

Palais in Potsdam. Ansprachen hielten der Beauftragte der Bundesregierung<br />

für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Staatsminister<br />

Michael Naumann, Ministerpräsident Manfred Stolpe, der Regierende<br />

Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, die Kulturministerin des<br />

Landes Brandenburg, Joanna Wanka, der Oberbürgermeister von Potsdam,<br />

Matthias Platzeck, der Präsident von ICOMOS, Prof. Dr. Michael<br />

Petzet, und der Generaldirektor der <strong>SPSG</strong>, Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg.


234 Chronik<br />

Publikationen der Stiftung<br />

<strong>1999</strong><br />

Friedhild-Andrea Anders: Schlösser in der Stunde Null. Die Berliner und Potsdamer Schlösser<br />

während der Kriegs- und Nachkriegszeit, Potsdam <strong>1999</strong> (Wissenschaftliche Reihe der<br />

<strong>SPSG</strong>, 4)<br />

Gerd Bartoschek: Antoine Pesne, Bildnis des Marchese Paolo Corbelli, Potsdam <strong>1999</strong> (Patrimonia,<br />

156)<br />

Hans-Otto Gehrcke 1896–1988. Ein Malerleben an der Havel, Katalog zur Ausstellung im<br />

Schloss Caputh vom 11. September bis 30. Oktober <strong>1999</strong> (Redaktion: Peter Betthausen),<br />

Potsdam <strong>1999</strong><br />

»Zum Maler und zum großen Architekten geboren«. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff<br />

1699–1753, Katalog zur Ausstellung im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg vom 18.<br />

Februar bis 12. April <strong>1999</strong> (Redaktion: Gerd Bartoschek, Tilo Eggeling und Ute-G. Weickhardt),<br />

Potsdam <strong>1999</strong><br />

Onder den Oranje boom. Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an<br />

deutschen Fürstenhöfen, 2 Bde., Katalog zur Ausstellung im Schloss Oranienburg vom<br />

15. August bis 14. November <strong>1999</strong> (Redaktion des Katalogbandes: Markus Schacht und Jörg<br />

Meiner; Textband hrsg. v. Horst Lademacher), München <strong>1999</strong><br />

Ralf Pfleger: Das Schlosstheater im Neuen Palais, Potsdam <strong>1999</strong> (Kleiner amtlicher Führer)<br />

Porticus. Besuchermagazin, 1: Frühjahr / Sommer <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Porticus. Besuchermagazin, 2: Winter <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Porticus. 1. Sonderheft <strong>1999</strong> zu den Ausstellungen, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Porticus. 2. Sonderheft <strong>1999</strong> zur Ausstellung »Mit goldenem Faden. Stickereien für den<br />

preußischen Hof«, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Porticus. Sonderheft zur Ausstellung »Königin Sophie Charlotte und ihr Schloss – Ein<br />

Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen«, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Reisezeit. Zeitreise zu den schönsten Schlössern, Burgen, Gärten, Klöstern und Römerbauten<br />

in Deutschland. Offizieller gemeinsamer Führer der Schlösserverwaltungen Baden-


Württemberg, Bayern, Berlin-Brandenburg, Dessau-Wörlitz, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen, 2. überarbeitete Auflage, Regensburg <strong>1999</strong><br />

Rheinsberg. Schlosstheater · Heckentheater. Festschrift zur Wiedereröffnung, Redaktion:<br />

Martin Herborn, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Rudolf G. Scharmann: Schloss Charlottenburg, Potsdam <strong>1999</strong> (Kleiner amtlicher Führer)<br />

Rudolf G. Scharmann und Hans-Joachim Giersberg: 300 Jahre Schloss Charlottenburg.<br />

Texte und Bilder, Potsdam <strong>1999</strong><br />

Claudia Sommer und Gerd Schurig: Schloss und Park Caputh, Potsdam <strong>1999</strong> (Kleiner amtlicher<br />

Führer)<br />

Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, Katalog<br />

zur Ausstellung im Schloss Charlottenburg vom 6. November <strong>1999</strong> bis 30. Januar <strong>2000</strong><br />

(Redaktion: Silke Herz, Christoph Martin Vogtherr und Franziska Windt), München/London/New<br />

York <strong>1999</strong><br />

Evelyn Zimmermann: Ansichten von Deutschland. Aus der Royal Collection in Windsor<br />

Castle, Beiheft zum Katalog der Ausstellung im Schloss Glienicke vom 25. Juni bis 12. September<br />

<strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong><br />

<strong>2000</strong><br />

Publikationen der Stiftung 235<br />

25 Jahre Grafik im Turm. Druckgrafische Werke aus den Jahren 1975–<strong>2000</strong>, Katalog zur<br />

Jubiläumsausstellung vom 15. Mai bis 30. Juli <strong>2000</strong> in der Turmgalerie der Orangerie im<br />

Park Sanssouci (Redaktion: Silke Hollender und Constanze Schröder), Potsdam <strong>2000</strong><br />

Uta-Christiane Bergemann: Stickereien. Bestandskatalog der Kunstsammlungen. Angewandte<br />

Kunst. Textilien (Redaktionelle Mitarbeit: Christoph Martin Vogtherr und Susanne<br />

Evers), Berlin <strong>2000</strong><br />

Theodor Fontane: Königs Wusterhausen. Aus den Wanderungen durch die Mark Brandenburg,<br />

hrsg. v. Hanna Delf von Wolzogen und Hans-Joachim Giersberg, Potsdam <strong>2000</strong> (in<br />

Zusammenarbeit mit dem Archiv Theodor Fontane, Potsdam)<br />

Friedrich der Große und Voltaire – Ein Dialog in Briefen, Katalog zur Ausstellung im Neuen<br />

Palais im Park Sanssouci vom 25. Januar bis 20. Februar <strong>2000</strong> (Redaktion: Uwe Steiner,<br />

An<strong>net</strong>t Volmer und Brunhilde Wehinger unter Mitarbeit von Marietta Damm), Potsdam <strong>2000</strong><br />

(in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Europäische Aufklärung e. V., Potsdam)


236 Chronik<br />

Gehölze in den Gärten von Sanssouci. Dendrologischer Führer (Redaktion: Axel Klausmeier),<br />

Potsdam <strong>2000</strong> (4. verbesserte und ergänzte Auflage)<br />

Saskia Hüneke: Bauten und Bildwerke im Park Sanssouci, Potsdam <strong>2000</strong> (Amtlicher Führer)<br />

Jahrbuch. Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, 1, 1995/1996.<br />

Hrsg. im Auftrag des Stiftungsrates vom Generaldirektor der Stiftung Preussische Schlösser<br />

und Gärten Berlin-Brandenburg Hans-Joachim Giersberg, Berlin <strong>2000</strong><br />

Hans-Werner Mihan: Die historische Mühle, Potsdam <strong>2000</strong> (Kleiner amtlicher Führer)<br />

Porticus. Besuchermagazin, 1: Sommer <strong>2000</strong>, Potsdam <strong>2000</strong><br />

Porticus. Besuchermagazin, 2: Winter <strong>2000</strong>, Potsdam <strong>2000</strong><br />

Porticus. 1. Sonderheft <strong>2000</strong>: Schloss und Garten Königs Wusterhausen, Potsdam <strong>2000</strong><br />

Eine Reise durch Italien – Aquarelle aus dem Besitz Friedrich Wilhelms IV., Katalog zur Ausstellung<br />

in den Römischen Bädern im Park Sanssouci vom 14. Mai bis 13. August <strong>2000</strong><br />

(Redaktion: Christoph Martin Vogtherr und Evelyn Zimmermann), Potsdam <strong>2000</strong><br />

Michael Seiler: Die Pfaueninsel, Potsdam <strong>2000</strong> (Amtlicher Führer)<br />

Claudia Sommer und Heinrich Hamann: Schloss und Garten Königs Wusterhausen, Potsdam<br />

<strong>2000</strong> (Kleiner amtlicher Führer)<br />

Friedrich August Stüler und Potsdam – Der »Architekt des Königs« Friedrich Wilhelm IV.,<br />

Katalog zur Ausstellung in der Orangerie im Park Sanssouci vom 23. Juli bis 15. Oktober<br />

<strong>2000</strong> (Redaktion: Astrid Fritsche), Potsdam <strong>2000</strong><br />

Franziska Windt: Jean II. Barraband. Bildteppich »Die Audienz beim Kaiser von China«,<br />

Potsdam <strong>2000</strong> (Patrimonia, 182)<br />

Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft (Redaktion: Jörg Meiner),<br />

Potsdam <strong>2000</strong>


Publikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 237<br />

Publikationen der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter<br />

Bartoschek, Gerd: Antoine Pesne. Bildnis des Marchese Paolo Corbelli, Potsdam <strong>1999</strong><br />

(Patrimonia, 156).<br />

–: Knobelsdorff als Maler, in: »Zum Maler und zum großen Architekten geboren«. Georg<br />

Wenzeslaus von Knobelsdorff 1699–1753, bearb. v. Gerd Bartoschek, Tilo Eggeling und<br />

Ute-G. Weickhardt, Ausstellung, Berlin, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong>, S. 53–58.<br />

–: Die Gemäldesammlung im Schloss Sanssouci vor und nach 1989/90, in: Zehn Jahre<br />

UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft (Redaktion: Jörg Meiner),<br />

Potsdam <strong>2000</strong>, S. 37–40.<br />

Dorst, Klaus: Potsdam in Arkadien. Knobelsdorffs Blick auf Sanssouci, in: »Zum Maler und<br />

zum großen Architekten geboren«. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff 1699–1753,<br />

bearb. v. Gerd Bartoschek, Tilo Eggeling und Ute-G. Weickhardt, Ausstellung, Berlin,<br />

<strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong>, S. 106–118.<br />

Eggeling, Tilo: Knobelsdorffs malerischer Geschmack – »goût pittoresque«, in: »Zum Maler<br />

und zum großen Architekten geboren«. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff 1699–1753,<br />

bearb. v. Gerd Bartoschek, Tilo Eggeling und Ute-G. Weickhardt, Ausstellung, Berlin,<br />

<strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong>, S. 21–52.<br />

Evers, Susanne: Glas in Lietzenburg. Kostbarkeiten zum täglichen Gebrauch, in: Sophie<br />

Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, Redaktion:<br />

Silke Herz, Christoph Martin Vogtherr und Franziska Windt, Ausstellung, Berlin,<br />

<strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München/London/New York <strong>1999</strong>, S. 160–163.<br />

– und Hannelore Hein: Kleine Funde mit großer Wirkung. Die Rekonstruktion historischer<br />

Textilien in Sanssouci und Rheinsberg, in: Wo ist denn hier das Schloss? Festschrift<br />

Thomas W. Gaethgens zum 60. Geburtstag, Berlin <strong>2000</strong>, S. 68–74.<br />

–: Tapisserien von höchster Qualität. Zwei Gobelin-Serien aus der Zeit um 1700 schmücken<br />

das neue Schlossmuseum, in: Porticus, 2, <strong>2000</strong>, S. 8.<br />

–: Zur Wiederherstellung textiler Raumausstattungen in den Museumsschlössern der Stiftung,<br />

in: Zehn Jahre UNESCO-Weltkulturerbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft,<br />

Potsdam <strong>2000</strong>, S. 41–46.<br />

–: Raumausstattung und Hoftapezierwerkstatt. Anmerkungen zur Bestandsgeschichte der<br />

Stickereien, in: Uta-Christiane Bergemann: Stickereien. Mit Beiträgen von Susanne<br />

Evers, Ellen Hertrumpf, Jörg Kirschstein und Claudia Meckel, Berlin <strong>2000</strong> (Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Bestandskataloge der Kunstsammlungen.<br />

Angewandte Kunst. Textilien, hrsg. v. Burkhardt Göres), S. XI bis XV.<br />

Fuchs, Detlef: Carl Wilhelm Hennert – Intendant des Prinzen Heinrich. Versuch einer<br />

Annäherung zum 200. Todestag am 21. April <strong>2000</strong>, in: Jahrbuch Ostprignitz-Ruppin,<br />

<strong>2000</strong>, 9, Neuruppin <strong>1999</strong>, S. 21–30.


238 Chronik<br />

– und Claudia Sommer: Schloss Rheinsberg, Potsdam <strong>1999</strong> (Amtlichen Führer, erweiterte<br />

und überarbeitete Auflage).<br />

Gärtner, Matthias: Die Beziehungen Friedrich Wilhelms IV. von Preussen zu Neu-Vorpommern<br />

und Rügen, in: Jahrbuch <strong>SPSG</strong>, 1, 1995/1996, Berlin <strong>2000</strong>, S. 133–146.<br />

Gehlen, Stefan: Türkenmode und Antikenideal. Zur Wiedereröffnung von Zeltzimmer und<br />

Konzertsaal, in: Museums-Journal, 2, <strong>1999</strong>, S. 28 f.<br />

–: »portée en chaise par ses Turcs«. Turquerie und »Kammertürken« am Hof Sophie Charlottes,<br />

in: Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-<br />

Preußen, Redaktion: Silke Herz, Christoph Martin Vogtherr und Franziska Windt, Ausstellung,<br />

Berlin, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München/London/New York <strong>1999</strong>, S. 106–112.<br />

–: Das Burgenschloss des ›Heldenkaisers‹, in: Porticus, Winter <strong>1999</strong>, S. 3 f.<br />

–: Wohnhaus und Nebengebäude Grosse Weinmeisterstrasse 45. Baugeschichte, Zustand,<br />

Zielstellung, in: Dr. Johannes Lepsius, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 46–53.<br />

–: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in der Verantwortung für das UNESCO-<br />

Weltkulturerbe, in: Denkmalschutz und Denkmalpflege Potsdam, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 18–22.<br />

–: Neuer Garten, Pfingstberg, Park Babelsberg, Sacrow und Stern, in: Zehn Jahre UNES-<br />

CO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft (Redaktion: Jörg Meiner), Potsdam<br />

<strong>2000</strong>, S. 142–152, 155–161, 169–171, 179.<br />

Giersberg, Hans-Joachim und Rudolf G. Scharmann: 300 Jahre Schloss Charlottenburg.<br />

Texte und Bilder, Potsdam <strong>1999</strong>.<br />

–: Der Bacchustempel im Rheinsberger Garten, in: »Zum Maler und zum großen Architekten<br />

geboren«. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff 1699–1753, bearb. v. Gerd Bartoschek,<br />

Tilo Eggeling und Ute-G. Weickhardt, Ausstellung, Berlin, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>, Potsdam<br />

<strong>1999</strong>, S. 143–149.<br />

–: Ein Geburtstagsbrief, in: Wo ist denn hier das Schloss? Festschrift Thomas W. Gaethgens<br />

zum 60. Geburtstag, Berlin <strong>2000</strong>, S. 11–16.<br />

–: Zur Pflege und Erhaltung des UNESCO-Welterbes der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft<br />

in den zurückliegenden 10 Jahren, in: Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner<br />

Kulturlandschaft (Redaktion: Jörg Meiner), Potsdam <strong>2000</strong>, S. 17–24.<br />

– und Hanna Delf v. Wolzogen (Hrsg.): Theodor Fontane: Königs Wusterhausen. Aus den<br />

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Potsdam <strong>2000</strong>.<br />

Göres, Burkhardt: Die russischen Steinwunder Friedrich Wilhelms IV., in: Jahrbuch <strong>SPSG</strong>,<br />

1, 1995/1996, Berlin <strong>2000</strong>, S. 97–109.<br />

–: Der UNESCO-Welterbebereich und die Schlossausstattung der Stiftung 1991–<strong>2000</strong>, in:<br />

Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft (Redaktion: Jörg<br />

Meiner), Potsdam <strong>2000</strong>, S. 31–36.<br />

Harksen, Sybille: Die Adjudantenjournale, in: Jahrbuch <strong>SPSG</strong>, 1, 1995/1996, Berlin <strong>2000</strong>,<br />

S. 3–10.<br />

Hollender, Silke: Das Geheimnis sucht nahdenkende Augen. Gedanken zu 25 Jahren Ausstellung<br />

Grafik im Turm, in: 25 Jahre Grafik im Turm. Druckgrafische Werke aus den<br />

Jahren 1975–<strong>2000</strong>, Katalog zur Jubiläumsausstellung vom 15. Mai bis 30. Juli <strong>2000</strong> in


Publikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 239<br />

der Turmgalerie der Orangerie im Park Sanssouci (Redaktion: Silke Hollender und Constanze<br />

Schröder), Potsdam <strong>2000</strong>.<br />

Horn, Gabriele: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg als untere<br />

Denkmalschutzbehörde unter besonderer Berücksichtigung des Umgebungsschutzes,<br />

in: Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft (Redaktion:<br />

Jörg Meiner), Potsdam <strong>2000</strong>, S. 25–30.<br />

Hüneke, Saskia: Die Säulen- und Kolonnadenarchitektur Knobelsdorffs, in: »Zum Maler und<br />

zum großen Architekten geboren«. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff 1699–1753,<br />

bearb. v. Gerd Bartoschek, Tilo Eggeling und Ute-G. Weickhardt, Ausstellung, Berlin,<br />

<strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>, Potsdam <strong>1999</strong>, S. 119–126.<br />

–: Bildhauer aus deutschen Ländern. Das französische Bildhaueratelier in Berlin. Die Bayreuther<br />

und ihre Generation, in: Preußen. Kunst und Architektur, hrsg. v. Gert Streidt<br />

und Peter Feierabend, Köln <strong>1999</strong>, S. 224–237.<br />

–: Frühe Blüte und Lehre. Der Einzelgänger Friedrich Tieck. Direktor aller Skulpturen –<br />

Christian Daniel Rauch und seine Schüler. Künstlerische Vollkommenheit und technische<br />

Innovation, ebenda, S. 348–361.<br />

–: Meisterwerke der französischen Bildhauerkunst, in: Porticus, 2, <strong>1999</strong>, S. 11–13.<br />

–: Das Verhältnis Friedrich Wilhelms IV. zur Bildhauerkunst am Beispiel des Skulpturenprogramms<br />

der Friedenskirche, in: Jahrbuch <strong>SPSG</strong>, 1, 1995/1996, Berlin <strong>2000</strong>, S. 77–89.<br />

–: Brunnenentwürfe, in: Friedrich August Stüler und Potsdam. Der »Architekt des Königs«<br />

Friedrich Wilhelm IV., bearb. v. Astrid Fritsche, Ausstellung, Potsdam-Sanssouci, <strong>SPSG</strong>,<br />

<strong>2000</strong>, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 52-66.<br />

–: Bauten und Bildwerke im Park Sanssouci, Potsdam <strong>2000</strong> (Amtlicher Führer).<br />

– und Rudolf Böhm: »Manche Fragen bleiben eben offen …« Das Musenrondell im Park<br />

von Sanssouci, in: Wo ist denn hier das Schloss? Festschrift Thomas W. Gaethgens zum<br />

60. Geburtstag, Berlin <strong>2000</strong>, S. 28–32.<br />

– und Rudolf Böhm: Denkmalpflegerische Entscheidungen im Umgang mit den Skulpturen<br />

und Plastiken im Park Sanssouci, in: 10 Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner<br />

Kulturlandschaft, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 66–74.<br />

Klappenbach, Käthe, Joseph Mullis und Roland Oberhänsli: Origin of quartz chandeliers<br />

from Prussian Palaces of Potsdam and Berlin, derived by fluid inclusion investigations,<br />

in: Terra Nostra, 6, <strong>1999</strong>, ECROFI XV–Abstracts, S. 163 f.<br />

–, Roland Oberhänsli und Josef Mullis: Kronleuchter in den preußischen Schlössern. Fundorte<br />

des Quarzes für den Bergkristallbehang, in: Museumsjournal, 3, <strong>2000</strong>, S. 80–82.<br />

Liepe, Heidrun: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in: Erlebnisund<br />

Konsumwelten, hrsg. v. Albrecht Steinecke, München/Wien <strong>2000</strong>, S.321–337.<br />

Meckel, Claudia: Höfische Wagenbaukunst in Preußen im 18. Jahrhundert, in: Preußen.<br />

Kunst und Architektur, hrsg. v. Gert Streidt und Peter Feierabend, Köln <strong>1999</strong>,<br />

S. 258–261.<br />

Otte, Wilma: Tractiert mit Torte und Historie, in: Porticus, 1. Sonderheft <strong>2000</strong>: Schloss und<br />

Garten Königs Wusterhausen, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 22 f.


240 Chronik<br />

Scharmann, Rudolf G. und Hans-Joachim Giersberg: Schloss Charlottenburg, Potsdam <strong>1999</strong><br />

(Kleiner amtlicher Führer).<br />

–: Namenspatronin Charlottenburgs und philosophische Königin. Zum Nachleben Sophie<br />

Charlottes im 18. und 19. Jahrhundert, in: Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ein Musenhof<br />

des Barock in Brandenburg-Preußen, Redaktion: Silke Herz, Christoph Martin Vogtherr<br />

und Franziska Windt, Ausstellung, Berlin, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München/London/New<br />

York <strong>1999</strong>, S. 178–186, 261–276.<br />

–: Namenspatronin und pädagogisches Vorbild. Die »philosophische Königin« in ihrer<br />

Rezeptionsgeschichte, in: Porticus. Sonderheft zur Ausstellung Königin Sophie Charlotte<br />

und ihr Schloss – Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, (Redaktion:<br />

Elvira Kühn), Potsdam <strong>1999</strong>, S. 10.<br />

– und Hans-Joachim Giersberg: 300 Jahre Schloss Charlottenburg. Texte und Bilder, Potsdam<br />

<strong>1999</strong>.<br />

Schurig, Gerd und Claudia Sommer: Schloß und Park Caputh, Potsdam <strong>1999</strong> (Kleiner Amtlicher<br />

Führer).<br />

–: Die Wiederherstellung der Grenzgebiete am Beispiel des Neuen Gartens, Chronologie<br />

der Aktivitäten der Gartenabteilung in Sacrow, Caputh, Neuer Garten, Pfingstberg, Sanssouci<br />

(z. T.), in: Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft.<br />

Festschrift zum 10. Jahrestag der Aufnahme der Potsdamer Kulturlandschaft in die Welterbeliste<br />

der UNESCO (Redaktion: Jörg Meiner), Potsdam <strong>2000</strong>.<br />

Seiler, Michael: Die Potsdamer Parklandschaft, in: Preußen – Kunst und Architektur, Köln<br />

<strong>1999</strong>, S. 336–347.<br />

–: Inszenierte Landschaften. Blicke ins preußische Arkadien mit Fotos von Manfred Hamm,<br />

Berlin <strong>1999</strong>.<br />

–: Das Rheinsberger Heckentheater. Geschichte und Bedeutung, in: Rheinsberg. Schlosstheater<br />

– Heckentheater. Festschrift zur Wiedereröffnung, Redaktion: Martin Herborn,<br />

Potsdam <strong>1999</strong>, S. 74–79.<br />

–: Blumenbeete des 19. Jahrhunderts auf der Pfaueninsel und im Marlygarten, in: Blätterrauschen,<br />

9. Jg., Nr. 16, Hamburg <strong>2000</strong>, S. 4 f.<br />

–: Vorbildwirkung der königlichen Gärten, in: Gartenkultur in Brandenburg und Berlin,<br />

Potsdam <strong>2000</strong>, S. 86–89.<br />

–: Blühende Mauerstreifen. Die Bepflanzung des Sacrower Uferweges, in: Wo ist denn hier<br />

das Schloss? Festschrift Thomas W. Gaethgens zum 60. Geburtstag, Berlin <strong>2000</strong>, S. 39–42.<br />

–: Musenhof und Landleben. Die Römische Bank am Ruinenberg, ebenda, S. 47 f.<br />

–: Die Feldsteingrotte im Garten von Rheinsberg, ebenda, S. 66–68.<br />

Sommer, Claudia: Niederländische Einflüsse auf die Landeskultivierung und Kunstentfaltung<br />

in Brandenburg von 1640 bis 1740, in: Onder den Oranje boom. Niederländische<br />

Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen, Katalogbd.,<br />

bearb. v. Markus Schacht und Jörg Meiner, Ausstellung, Krefeld, Stadt Krefeld, <strong>1999</strong>;<br />

Oranienburg, <strong>SPSG</strong>, <strong>1999</strong>; Apeldoorn, Stichting Paleis Het Loo, <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München<br />

<strong>1999</strong>, S. 205–207.


Publikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 241<br />

–: Ein Aufenthalt der einer Königin würdig wäre. Abschluss der Restaurierungsarbeiten im<br />

Schloss Caputh, in: Porticus, 1, <strong>1999</strong>, S. 11.<br />

–: Zur Geschichte des Kavalierhauses, in: Rheinsberg. Schlosstheater · Heckentheater. Festschrift<br />

zur Wiedereröffnung (Redaktion: Martin Herborn), Potsdam <strong>1999</strong>, S. 16–19.<br />

– und Detlef Fuchs: Schloss Rheinsberg, Potsdam <strong>1999</strong> (Amtlichen Führer, erweiterte und<br />

überarbeitete Auflage).<br />

–: Zur Eröffnung von Schloss und Garten Königs Wusterhausen, in: Museumsjournal, 4,<br />

<strong>2000</strong>, S. 86–89.<br />

–: Das Refugium Friedrich Wilhelms I., in: Die Mark Brandenburg, 39, <strong>2000</strong>, S. 6–13.<br />

–: Ein königlicher Landsitz. Zur Geschichte des Schlosses Königs Wusterhausen, in: Porticus.<br />

Sonderheft <strong>2000</strong>, S. 3–10.<br />

– und Heinrich Hamann: Schloss und Garten Königs Wusterhausen, Potsdam <strong>2000</strong> (Kleiner<br />

amtlicher Führer).<br />

–: Schloss Königs Wusterhausen. Das Refugium Friedrich Wilhelms I., in: Landsicht, 2,<br />

<strong>2000</strong>, S. 34 f.<br />

–: Holland in Preußen. Die Rettung des Fliesensaales von Schloss Caputh, in: Wo ist denn<br />

hier das Schloss? Festschrift Thomas W. Gaethgens zum 60. Geburtstag, Berlin <strong>2000</strong>,<br />

S. 35–37.<br />

–: Festlicher Einzug in eine prächtige Residenz. Zur Eröffnung des Schlossmuseums Oranienburg,<br />

in: Porticus, 2, <strong>2000</strong>, S. 6 f.<br />

Spindler, Barbara: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in: Reisezeit.<br />

Zeitreise zu den schönsten Schlössern, Burgen, Gärten, Klöstern und Römerbauten<br />

in Deutschland. Offizieller gemeinsamer Führer der Schlösserverwaltungen,<br />

Regensburg <strong>1999</strong>, S. 73–104, (2. überarbeitete Auflage <strong>2000</strong>, S. 83–114).<br />

Streidt, Gert und Peter Feierabend (Hrsg.): Preußen. Kunst und Architektur, Köln <strong>1999</strong>.<br />

–: Potsdam als Stadt des Fremdenverkehrs im 20. Jahrhundert, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft<br />

Sanssouci, 1, Potsdam <strong>2000</strong>, S. 31–41.<br />

– und Franziska Windt: Neue Sichten zum 300. Krönungsjubiläum, in: Porticus, 2, <strong>2000</strong>,<br />

S. 3–5.<br />

Vogtherr, Christoph Martin: Malerei [1786–1871], in: Preußen. Kunst und Architektur, hrsg.<br />

v. Gert Streidt und Peter Feierabend, Köln <strong>1999</strong>, S. 362–401.<br />

–: Watteau und seine Nachbarn, in: Museums-Journal, 3, <strong>1999</strong>, S. 66 f.<br />

–, Guido Hinterkeuser und Franziska Windt: Sophie Charlotte und ihr Schloss, in: Museums-Journal,4,<br />

<strong>1999</strong>, S. 78–81.<br />

–: Sophie Charlotte und ihr Schloß. Ausstellung über das Leben einer preußischen Königin,<br />

in: Kulturreport. Vierteljahreshefte des Mitteldeutschen Kulturrats, 19/20, <strong>1999</strong>,<br />

S. 17 f.<br />

–: Die Bildergalerie von Sanssouci, Berlin <strong>1999</strong> (Berliner Ansichten, 8), englische Ausgabe:<br />

The Picture Gallery of Sanssouci.


242 Chronik<br />

–: Andreas Riem als Akademiesekretär und Kunstschriftsteller, in: Andreas Riem. Ein<br />

Europäer aus der Pfalz, hrsg. v. Karl H. L. Welker, Stuttgart <strong>1999</strong>, (Schriften der Siebenpfeiffer-Stiftung,<br />

6), S. 51–60.<br />

– und Ulrike Eichner: Von Potsdam nach Charlottenburg. Annäherung an einen verlorenen<br />

Raum, in: Museums-Journal, 3, <strong>2000</strong>, S. 83–85.<br />

–: Blechen nach Schinkel. Carl Blechen und die Ideallandschaft, in: Carl Blechen<br />

(1798–1840). Grenzerfahrungen – Grenzüberschreitungen. Publikation der Beiträge zur<br />

IX. Greifswalder Romantikkonferenz in Cottbus, veranstaltet vom Caspar-David-Friedrich-Institut<br />

der Universität Greifswald vom 2. bis 4. Oktober 1998, hrsg. v. Gerd-Helge<br />

Vogel und Barbara Baumüller, Greifswald <strong>2000</strong>, S. 61–72.<br />

–: Im Zeichen Jupiters. Virtueller und wirklicher Blick auf die römische Barocksammlung<br />

Giustiniani, in: Porticus, 2, <strong>2000</strong>, S. 16 f.<br />

Wacker, Jörg: Chronologie der Aktivitäten der Gartenabteilung in Sanssouci, Glienicke und<br />

auf der Pfaueninsel, in: Zehn Jahre UNESCO-Welterbe der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft.<br />

Festschrift zum 10. Jahrestag der Aufnahme der Potsdamer Kulturlandschaft<br />

in die Welterbeliste der UNESCO (Redaktion: Jörg Meiner), Potsdam <strong>2000</strong>.<br />

Windt, Franziska: »Es zerstreut, die schönen Porzellane anzuordnen«, in: Sophie Charlotte<br />

und ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen, Redaktion: Silke<br />

Herz, Christoph Martin Vogtherr und Franziska Windt, Ausstellung, Berlin, <strong>SPSG</strong>,<br />

<strong>1999</strong>/<strong>2000</strong>, München/London/New York <strong>1999</strong>, S. 153–159.<br />

–, Christoph M. Vogtherr und Guido Hinterkeuser: Sophie Charlotte und ihr Schloß, in:<br />

Museums-Journal, 4, <strong>1999</strong>, S. 78–81.<br />

–: Jean II. Barraband. Bildteppich »Die Audienz beim Kaiser von China«, Potsdam <strong>2000</strong><br />

(Patrimonia, 182).<br />

– und Gert Streidt: Neue Sichten zum 300. Krönungsjubiläum, in: Porticus, 2, <strong>2000</strong>, S. 3–5.<br />

Wittwer, Samuel: Sinnliches Erleben von Macht. Chinoiserienmode im Dienste fürstlicher<br />

Repräsentation, in: Porticus. Sonderheft zur Ausstellung Sophie Charlotte und ihr<br />

Schloss, <strong>1999</strong>, S. 13 f.<br />

–: Das Charlottenburger Porzellankabi<strong>net</strong>t. Europäischer Herrschaftsanspruch im asiatischen<br />

Porzellanrausch, in: Museums-Journal, 4, <strong>2000</strong>, S. 46–49.<br />

–: Ein königlicher Tiergarten. Tiere aus Meißener Porzellan, in: Dossiers des Rijksmuseums,<br />

2, Amsterdam <strong>2000</strong>.<br />

–: Een koninklijke dierentuin. Porseleinen beesten uit Meißen, ebenda.<br />

–: A royal menagerie. Meissen porcelain animals, ebenda.<br />

–: Ein Höhepunkt friderizianischer Tafelkultur. Kustos Samuel Wittwer über das »Gelbe<br />

Service« Friedrichs des Großen, in: Porticus, 1, <strong>2000</strong>, S. 12 f.<br />

Zimmermann, Evelyn: Ansichten von Deutschland aus der Royal Collection in Windsor Castle.<br />

Beiheft zum Katalog der Ausstellung im Schloss Glienicke vom 25. Juni bis 12. September<br />

<strong>1999</strong>, Potsdam (<strong>1999</strong>).<br />

–: Eine Reise durch Italien. Aquarelle aus dem Besitz Friedrich Wilhelms IV., Ausstellung,<br />

Potsdam-Sanssouci, <strong>SPSG</strong>, <strong>2000</strong>, Potsdam <strong>2000</strong>.


Dr. Sibylle Harksen<br />

(19. Mai 1931–30. April <strong>1999</strong>)<br />

Am 30. April <strong>1999</strong> verstarb Frau Dr. Sybille Harksen nach langer schwerer<br />

Krankheit. Sie war vom 1. April 1969 bis zum 31. Juli 1991 Leiterin der Plankammer der<br />

Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci und hatte hier die Plansammlungen<br />

des ehemaligen Hofmarschallamtes, der Hof-Gartendirektion in Sanssouci und der ab 1927<br />

bestehenden Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in ihrer Obhut. Darüber hinaus<br />

gehörten die Aquarellsammlung der Königin Elisabeth sowie mehrere kleinere Sammlungen<br />

von Original- und Druckgraphik in ihre Zuständigkeit, wie die friderizianischen<br />

Ornamentzeichnungen und die Kunstblattsammlung der ehemaligen Schlossbibliothek.<br />

Frau Dr. Harksen nahm tatkräftig die Inventarisierung der bereits vor ihrer Zeit zusammengeführten<br />

und geord<strong>net</strong>en Bestände in Angriff, widmete sich der Erforschung interessanter<br />

Konvolute und stellte diese in Ausstellungen wie »Die Stadt im Biedermeier« und<br />

»Wohnräume der Biedermeierzeit« vor. Während sie hierfür jeweils eine Auswahl treffen<br />

musste, konnte sie für die Ausstellung »Karl Graeb« sämtliche in den Sammlungen befindlichen<br />

Werke zeigen und in dem von ihr erarbeiteten Bestandskatalog veröffentlichen.<br />

Besonders hervorzuheben ist ihre Zusammenarbeit mit dem Gartendirektor von Potsdam-Sanssouci,<br />

Herrn Dr. Harri Günther. Die Jubiläen des Gartenkünstlers Peter Joseph<br />

Lenné in den Jahren 1978 (150 Jahre Ernennung zum alleinigen Chef der Gärten des preußischen<br />

Königs) und 1989 (200. Geburtstag) waren Anlass, dessen Pläne für Potsdam, Berlin<br />

und Stadt und Land in drei Ausstellungen mit dazugehörenden Bestandskatalogen vorzustellen.<br />

Dies war möglich, weil sich der größte Teil des zeichnerischen Nachlass von Lenné<br />

in der Potsdamer Plankammer befand. Zu der 1993 in Frankfurt a. M. und Stuttgart<br />

nochmals vollständig gezeigten Sammlung konnte der überarbeitete opulente Gesamtka-


244 Chronik<br />

talog der nun vereinten Lennébestände der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

erscheinen.<br />

Es war wohl kein Zufall, dass die Autoren die wissenschaftliche Bearbeitung des Lennékonvoluts<br />

mit besonderem persönlichem Engagement betrieben. Beide stammen aus Dessau,<br />

dem Zentrum des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, einer kunstvoll gestalteten Landschaft,<br />

die dort wie um Potsdam aus der engen Verbindung mit historischen Gärten<br />

entstanden war, wobei wesentliche Anregungen aus Dessau in die preußische Residenzstadt<br />

gelangten.<br />

Frau Dr. Harksen war in eine Familie geboren worden, in der zwei Kunsthistorikerinnen<br />

und der Vater als Stadtarchivar trotz schwerer Zeiten früh ihr Interesse an Kunst und<br />

Geschichte weckten, die Grundlagen für ein sicheres Stilgefühl legten und angesichts der<br />

Kriegszerstörungen den Sinn für Baukunst schärften. i<br />

Folgerichtig wandte sie sich während ihres Studiums und ihrer beruflichen Tätigkeit am<br />

Kunsthistorischen Institut der Universität Halle der mitteldeutschen Architekturgeschichte<br />

zu. Von ihrer profunden Kenntnis der einschlägigen Literatur profitierte sie bei der Erarbeitung<br />

der 1966 erschienenen Bibliographie zur Kunstgeschichte von Sachsen-Anhalt. Aufgrund<br />

ihrer Forschungen zu Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und der Inventarisierung<br />

der Gartenpläne in der Plankammer, unter denen sie Zeichnungen des aus Wörlitz kommenden<br />

Gartenkünstlers Eyserbeck identifizieren konnte, gelang es ihr, den Bogen zwischen<br />

Dessau und ihrem neuen Wirkungskreis in Potsdam spannen.<br />

Als Vertreterin des Schlösserdirektors hatte Frau Dr. Harksen auch administrative Aufgaben<br />

zu bewältigen. Dank der vielseitigen Interessen und Kenntnisse, die sich in ihren Veröffentlichungen<br />

widerspiegeln, nahm sie auch Einfluss auf die Erwerbungstätigkeit im<br />

kunsthandwerklichen Bereich. Frau Dr. Harksen widmete sich mit großem Engagement<br />

dem Ausbau der Bibliothek der Schlösserverwaltung und nahm die seit 1945 weitgehend<br />

ruhende Sammeltätigkeit für die Plankammer wieder auf, die bis dahin von Frau Dr. Margarethe<br />

Kühn betreut worden war. So gelang der Ankauf einiger friderizianischer Rokokozeichnungen<br />

wie dem Deckenentwurf von Johann August Nahl d. Ä. für das Konzertzimmer<br />

des Schlosses Sanssouci (um 1746) und dem Entwurf von Johann Michael Hoppenhaupt<br />

d. Ä. für einen Galawagen der russischen Zarin Elisabeth Petrowna, ein Staatsgeschenk<br />

Friedrichs des Großen (ebenfalls 1746).<br />

Frau Dr. Harksen zeich<strong>net</strong>e sich durch eine heiterere Selbstverständlichkeit im Umgang<br />

mit ihrem vielseitigen Wissen und durch eine bewundernswerte Kraft im Verlauf ihres langen<br />

Krankheitsverlaufs aus. Frau Dr. Harksens Vorträge und besonders die Gespräche, in<br />

denen sie in ihrer liebenswürdigen Art die interessantesten Themen der Kunstgeschichte<br />

darstellte und andere an ihren Kenntnissen teilhaben ließ, waren für jeden – insbesondere<br />

für die jüngeren Mitarbeiter – immer ein Gewinn.<br />

Gesine Hübner (Berlin) / Antje Geiger (Dessau)


Zu den wichtigsten Schriften von Sybille Harksen zählen:<br />

Bibliographie zur Kunstgeschichte von Sachsen-Anhalt, Berlin 1966 (Schriften zur Kunstgeschichte),<br />

431 S.<br />

Die Frau im Mittelalter, Leipzig 1974 (Das Bild der Frau), 64 S.<br />

Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorffs Ankäufe von Skulpturen für Berlin und Potsdam,<br />

in: Forschungen und Berichte der Staatlichen Museen, Berlin 1977, S. 131–154.<br />

Carl Graeb 1816–1884. Bestandskatalog Staatliche Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci,<br />

Potsdam 1986, 96 S.<br />

Peter Joseph Lenné. Katalog der Zeichnungen, bearb. v. Harri Günther/Sibylle Harksen,<br />

Tübingen 1993, 463 S.<br />

Die Zeichnungen von Johann August Eyserbeck (1762–1801) für Potsdam und Berlin, in:<br />

Wieder wandelnd im alten Park. Beiträge zur Geschichte der Gartenkunst. Für Harri<br />

Günther zum 65. Geburtstag, Red.: Ursula zu Dohna, Potsdam 1993, S. 17–28.<br />

Eine ausführliche Bibliographie ist erschienen in: Gesine Hübner/Antje Geiger: Schriftenverzeichnis<br />

Sybille Harksen, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde, 8,<br />

<strong>1999</strong>, S. 187–189.<br />

Anmerkung<br />

Dr. Sibylle Harksen 245<br />

i Mutter Dr. Marliese Harksen, Mitarbeiterin des Instituts für Denkmalpflege Halle, Autorin der<br />

Inventare für Bau- und Kunstdenkmäler der Kreise Wörlitz, Dessau-Köthen und der Stadt Dessau.<br />

Tante Dr. Julie Harksen, über lange Jahre Leiterin der Gemäldegalerie und der städtischen Kunstsammlungen<br />

in Dessau. Vater Dr. Hans Harksen, Freund des Bauhauses besonders während dessen<br />

Zeit in Dessau, Stadtarchivar in Dessau und Herausgeber des Dessauer Kalenders.


III.<br />

Struktur und Personal


Das nachstehende Leitbild beschreibt das Selbstverständnis der Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und legt die Kernaufgaben<br />

und Hauptziele ihrer Arbeit fest. Es wurde von der Referentenkommission<br />

der Stiftung auf ihrer 11. Sitzung am 27. Oktober <strong>1999</strong><br />

bestätigt.<br />

Leitbild<br />

der Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />

1. Aufgabe und Zielsetzung<br />

Die Preußischen Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg sind ein zentrales Zeugnis<br />

deutscher Kultur und Geschichte. Es ist Aufgabe der Stiftung, dieses Erbe zu pflegen,<br />

wissenschaftlich zu erforschen und zu interpretieren, zu präsentieren und zu vermitteln.<br />

In der Stiftung sollen damit Kunst und Geschichte Preußens, auch in ihrer Widersprüchlichkeit,<br />

wie an keinem anderen Ort, erfahrbar sein. Die Stiftung sieht sich in der Tradition<br />

der 1927 gegründeten preußischen Schlösserverwaltung und dem damals entwickelten<br />

Konzept der »Museumsschlösser«. Die Schlösser und Gärten stehen mit ihrem Inventar und<br />

ihrer Umgebung in einem geschichtlich gewachsenen Zusammenhang und müssen als<br />

Gesamtkunstwerk gepflegt und präsentiert werden.<br />

2. Erhaltung und wissenschaftliche Erschließung<br />

Die Stiftung hat für gegenwärtige und zukünftige Generationen die ihr anvertrauten Denkmale<br />

vorbildlich<br />

– zu erforschen,<br />

– in ihrer überlieferten Originalsubstanz zu erhalten und zu pflegen und<br />

– verlorengegangene Qualität wiederherzustellen und zu ergänzen.<br />

Die Erhaltung des historischen Bestandes soll Vorrang bei allen Entscheidungen haben;<br />

Bestandsveränderungen und Rekonstruktionen sind ausführlich zu diskutieren und zu<br />

begründen. Die Stiftung erfüllt deshalb die Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde.<br />

Forschung ist Grundlage der Stiftungsarbeit. Die Stiftung versteht sich als wissenschaftliche<br />

Einrichtung, die ihre Bestände in deren historischen Kontext kontinuierlich<br />

erschließt und veröffentlicht. Sie ist Teil der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft,<br />

an deren Diskussionen sie aktiv und fördernd teilnimmt.


250 Struktur und Personal<br />

3. Präsentation und Vermittlung<br />

Die Schlösser und Gärten entfalten ihre Wirkung erst im Kontakt mit den Besuchern; die<br />

Angebote der Stiftung müssen die unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse der<br />

Besucher berücksichtigen, um bei ihnen Genuss und Bildung zu befördern. Die spezifische<br />

museale Präsentation muss dabei laufend heutigen und zukünftigen Anforderungen der<br />

Besucher angepasst und fortentwickelt werden.<br />

Die herausragende Bedeutung der Schlösser und Gärten als Kulturdenkmale der Menschheit<br />

verpflichtet die Stiftung, auf höchster Stufe das Erlebnis künstlerischer Qualität und<br />

die Einsicht in historische Zusammenhänge zu ermöglichen. Alle Abteilungen und Mitarbeiter<br />

sind diesem Ziel verpflichtet. Der Erhalt der historischen Substanz und die vielfältigen<br />

Interessen der Besucher und anderer Nutzer verlangen gegenseitige Rücksichtnahme<br />

und verantwortungsvolle Abwägung im Rahmen der Zielsetzung der Stiftung. Die Bedürfnisse<br />

der Besucher müssen dort ihre Grenze finden, wo der historische Bestand gefährdet<br />

würde.<br />

4. Wirtschaftliches Handeln<br />

Die Stiftung setzt die ihr zur Verfügung gestellten öffentlichen Mittel, ihre Eigeneinnahmen,<br />

(mäzenatische) Spenden und Sponsorenmittel verantwortungsbewusst, wirtschaftlich und<br />

effizient ein. Maßstab hierfür ist einerseits Erhalt und Pflege der anvertrauten kulturellen<br />

Werte, andererseits die interessengerechte Betreuung der Öffentlichkeit. Im denkmal- und<br />

naturverträglichen Rahmen sind dabei die eigenen Einnahmen zu mehren.<br />

5. Zusammenarbeit in der Stiftung<br />

Die Stiftung ist in besonderem Maße auf das Engagement und das Verantwortungsbewusstsein<br />

aller ihrer Mitarbeiter angewiesen. Zielvorstellungen, Prioritäten und Programme<br />

werden in fachlicher Abstimmung und sachlicher Diskussion aller Abteilungen gebildet.<br />

Problemorientierte Auseinandersetzung und offene Kommunikation sind Grundlage für<br />

transparente Entscheidungen. Mit klar formulierter Ziel- und Aufgabenstellung, ausgestattet<br />

mit entsprechenden Entscheidungskompetenzen arbeiten Mitarbeiter auf allen Ebenen<br />

sachorientiert, respektvoll und kollegial zusammen. Ständige Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />

sowie die Weitergabe langjähriger spezieller Erfahrungen sichern das hohe Niveau und die<br />

Weiterentwicklung in allen Fachbereichen.<br />

6. Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit<br />

Die Stiftung steht als herausgehobene Kulturinstitution in ständiger Wechselwirkung mit<br />

Zuwendungsgebern, Kommunen und anderen öffentlichen Institutionen; daneben ist sie<br />

auf die Unterstützung von Mäzenen und Sponsoren angewiesen. Deshalb pflegt sie aktiv


Leitbild 251<br />

die Zusammenarbeit mit diesen öffentlichen und privaten Organisationen bzw. Einzelpersonen.<br />

Im Bereich des Tourismus-Marketing ist eine enge Zusammenarbeit mit den Städten<br />

und Gemeinden sowie den Ländern Berlin und Brandenburg zu suchen. Eine vorausschauende<br />

Öffentlichkeitsarbeit, unterstützt von allen Abteilungen und Mitarbeitern,<br />

bereitet dabei das Umfeld, in dem die Stiftung sich und ihre Politik optimal darstellen kann<br />

und um Unterstützung für ihre Zielsetzungen wirbt.


252 Struktur und Personal<br />

Schlösser, Gärten und Sammlungen<br />

Schlösser und Gärten in Berlin<br />

Park Charlottenburg (54,8 ha): Schloss Charlottenburg und die Nebengebäude Belvedere,<br />

Mausoleum und Neuer Pavillon (Schinkelpavillon)<br />

Park Glienicke (7,3 ha): Schloss Glienicke und Casino, weitere Nebengebäude und Parkbauten<br />

Jagdschloss Grunewald<br />

Pfaueninsel (76 ha): Schloss Pfaueninsel, Meierei, weitere Nebengebäude und Parkbauten<br />

Schlösser und Gärten in Potsdam:<br />

Park Sanssouci (287 ha): Schloss Sanssouci, Bildergalerie, Neue Kammern, Neues Palais,<br />

Chinesisches Haus, Orangerieschloss, Schloss Charlottenhof, Römische Bäder, Historische<br />

Mühle, Drachenhaus, Belvedere auf dem Klausberg, Normannischer Turm und Ruinenbauten<br />

auf dem Ruinenberg, weitere Nebengebäude und Parkbauten<br />

Neuer Garten (105 ha): Marmorpalais, Orangerie, Gotische Bibliothek, Schloss Cecilienhof,<br />

weitere Nebengebäude und Parkbauten<br />

Parkgelände Pfingstberg (13 ha): Belvedere auf dem Pfingstberg, Pomonatempel<br />

Park Babelsberg (133 ha): Schloss Babelsberg, Flatowturm und Nebengebäude<br />

Historische Gebäude in Potsdam: Jagdschloss Stern, ehemaliger Marstall des Stadtschlosses,<br />

Dampfmaschinenhaus (Moschee), Kopfbau zum Langen Stall, Schloss Lindstedt, Thiemann-Haus<br />

Weitere Schlösser und Gärten<br />

Schlossgarten Rheinsberg (27 ha): Schloss Rheinsberg und Nebengebäude<br />

Schlossgarten Caputh (5 ha): Schloss Caputh<br />

Park Sacrow (26 ha): Schloss Sacrow<br />

Park Königs Wusterhausen (5 ha): Schloss Königs Wusterhausen<br />

Sammlungen<br />

Gemäldesammlung<br />

Skulpturensammlung<br />

Sammlungen für Angewandte Kunst<br />

Graphische Sammlungen / Plankammer<br />

Historische Bibliotheken


Von der Stiftung betreute Sammlungen:<br />

KPM – Porzellansammlung (Eigentum des Landes Berlin)<br />

KPM – Archiv (Eigentum des Landes Berlin)<br />

Sammlung Dohna<br />

Schlösser, Gärten und Sammlungen 253


254 Struktur und Personal<br />

Organe und Gremien<br />

Die Mitglieder des Stiftungsrates<br />

Bund: Bei dem Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten<br />

der Kultur und der Medien beim Bundeskanzler<br />

Ministerialdirektor Dr. Knut Nevermann<br />

Bundesministerium der Finanzen<br />

Ministerialdirigent Heinrich Sievers<br />

Bundeskanzleramt<br />

Dr. Volkhard Laitenberger<br />

Land Berlin: Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur<br />

Senator Peter Radunski (bis 22. 11. <strong>1999</strong>)<br />

– zugleich Vorsitzender (bis 22. 11. <strong>1999</strong>) –<br />

Senatorin Christa Thoben (23. 11. <strong>1999</strong> bis 23. 3. <strong>2000</strong>)<br />

Senator Prof. Dr. Christoph Stölzl (ab 8. 6. <strong>2000</strong>)<br />

Senatsverwaltung für Finanzen<br />

Staatssekretär Frank Bielka (<strong>1999</strong>)<br />

Senator Peter Kurth (ab 9. 5. <strong>2000</strong>)<br />

Senatskanzlei<br />

Staatssekretär Volker Kähne<br />

Land Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur<br />

Brandenburg: Minister Steffen Reiche (bis 2. 7. <strong>1999</strong>)<br />

Minister Dr. Wolfgang Hackel (22. 11. <strong>1999</strong> bis 12. 11. <strong>2000</strong>)<br />

– zugleich Vorsitzender (22. 11. <strong>1999</strong> bis 12. 11. <strong>2000</strong>) –<br />

Ministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (ab 13. 11. <strong>2000</strong>)<br />

– zugleich Vorsitzende (ab 6. 12. <strong>2000</strong>) –<br />

Ministerium der Finanzen<br />

Ministerin Dr. Wilma Simon (bis 12. 11. <strong>2000</strong>)<br />

Ministerin Dagmar Ziegler (ab 13. 11. <strong>2000</strong>)<br />

Staatskanzlei<br />

Staatssekretär Reiner Speer


Der Generaldirektor<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg<br />

Die Mitglieder der Referentenkommission<br />

Organe und Gremien 255<br />

Bund: Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und<br />

der Medien<br />

Dr. Manfred Ackermann<br />

Bundesministerium der Finanzen<br />

Roland Knolle (<strong>1999</strong>)<br />

Petra Hinz (<strong>2000</strong>)<br />

Land Berlin: Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur<br />

Burkhard Apel (bis 27. 10. <strong>2000</strong>)<br />

Senatsverwaltung für Finanzen<br />

Heinz-Dietmar Götze (<strong>1999</strong>)<br />

Klaus-Peter Voigt (<strong>2000</strong>)<br />

Senatskanzlei<br />

Michael Leu<br />

Land Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur<br />

Brandenburg: Dr. Uwe Koch<br />

Ministerium der Finanzen<br />

Thorsten Thaddey<br />

Staatskanzlei<br />

Dr. Gudrun Rogall


256 Struktur und Personal<br />

Generaldirektor<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg<br />

Organisation und Personal<br />

Sekretariat: Ingrid Knauth<br />

Generaldirektion<br />

Persönlicher Referent Claudia Meckel (bis 31. 8. <strong>1999</strong>)<br />

des Generaldirektors: Dr. Jürgen Becher (ab 11. 10. <strong>1999</strong>)<br />

Presse- und Gert Streidt, Pressereferent<br />

Öffentlichkeitsarbeit: Elvira Kühn, Pressereferat (ab 1. 12. <strong>1999</strong>)<br />

Eleonore Degenhardt<br />

Publikationen: Waldemar Strempler<br />

Stiftungskonservator: Dr. Heinz Schönemann (bis 28. 2. <strong>1999</strong>)<br />

Dr. Gabriele Horn (ab 1. 10. <strong>1999</strong>)<br />

Sekretariat: Petra Colm<br />

Generalverwaltung<br />

Direktor: Dr. Thomas Köstlin<br />

– zugleich Ständiger Vertreter des Generaldirektors –<br />

Sekretariat: Monika Wirkner<br />

Roswitha Abratis (bis 30. 11. <strong>1999</strong>)<br />

Daniela Kopriwa (ab 15. 11. <strong>1999</strong>)<br />

Personal: Susanne Hintz, Referatsleiterin<br />

Thomas Sterzl (Vertretung vom 21. 1. <strong>1999</strong> bis 18. 5. <strong>2000</strong>)<br />

Haushalt: Thomas Krauß, Referatsleiter<br />

Mike Thiede (ab 18. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Innerer Dienst und Wolfgang von Malotky, Referatsleiter (bis 30. 6. <strong>1999</strong>)<br />

Organisation: Torsten Schmandke (ab 1. 9. <strong>2000</strong>)


Recht, Liegenschaften: Roswitha Senger, Referatsleiterin<br />

Schlösserdirektion<br />

Direktor: Dr. Burkhardt Göres<br />

Sekretariat: Regina Ahrens<br />

Organisation und Personal 257<br />

Architektur und<br />

Denkmalpflege: Dr. Tilo Eggeling, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bereich<br />

Berlin<br />

Klaus Dorst, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bereich Sanssouci,<br />

Lindstedt, Stern, Dampfmaschinenhaus<br />

Stefan Gehlen, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bereich<br />

Neuer Garten, Pfingstberg, Sacrow und Babelsberg<br />

Dr. Detlef Fuchs, Kustos, Bereich Rheinsberg<br />

Gemälde: Dr. Christoph Martin Vogtherr, Kustos<br />

Skulpturen: Saskia Hüneke, Kustodin<br />

Angewandte Kunst: Dr. des. Samuel Wittwer, Kustos (ab 1. 9. <strong>1999</strong>)<br />

Jutta Nicht, Kustodin (bis 31. 10. <strong>1999</strong>)<br />

Dr. Susanne Evers, Kustodin<br />

Claudia Meckel (ab 1. 9. <strong>1999</strong>)<br />

Graphische Sammlungen /<br />

Plankammer: Adelheid Schendel, Leitende Kustodin<br />

Claudia Sommer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, nimmt<br />

z. Zt. die Aufgaben der Denkmalpflege, Bereich Märkische<br />

Schlösser, wahr<br />

Matthias Gärtner, wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

Evelyn Zimmermann, Museumsassistentin<br />

Margitta Tretter, Mitarbeiterin, nimmt zugleich die Aufgaben<br />

der Fotothek (Berlin) wahr<br />

Depot: Käthe Klappenbach, Museumsassistentin<br />

Marita Pilz, Museumsassistentin<br />

Bibliothek: Hannelore Röhm, Bibliothekarin (Potsdam)<br />

Sabina Scheidler, Bibliothekarin (Berlin)


258 Struktur und Personal<br />

Fotothek: Edith Temm, Museumsassistentin (Potsdam)<br />

Ausstellungsorganisation<br />

und Leihverkehr: Ute G. Weickardt, Fachbereichsleiterin<br />

Schlossbereiche:<br />

Schloss Charlottenburg, Belvedere,<br />

Mausoleum, Neuer Pavillon: Rudolf Scharmann, Schlossbereichsleiter<br />

Schloss Sanssouci, Bildergalerie,<br />

Mausoleum: Hannelore Thimm, Schlossbereichsleiterin<br />

Neues Palais, Antikentempel: Rosemarie Hofmann, Schlossbereichsleiterin<br />

Neue Kammern, Orangerieschloss,<br />

Belvedere: Rainer-Jens Uhlmann, Schlossbereichsleiter<br />

Römische Bäder, Charlottenhof,<br />

Chinesisches Haus,<br />

Dampfmaschinenhaus: Ulrike Zumpe, Schlossbereichsleiterin<br />

Schloss Cecilienhof,<br />

Pomonatempel: Harald Berndt, Schlossbereichsleiter<br />

Schloss Babelsberg, Flatowturm,<br />

Jagdschloß Stern: Ulrike Gruhl, Schlossbereichsleiterin<br />

Marmorpalais, Schloss Sacrow: Günter Voegele, Schlossbereichsleiter<br />

Schloss Rheinsberg: Helma Heldt, Schlossbereichsleiterin<br />

Schloss Glienicke: Susanne Fontaine, Schlossbereichsleiterin<br />

Jagdschloss Grunewald,<br />

Schloss Pfaueninsel: Hans-Jürgen Frahm, Schlossbereichsleiter<br />

Wissenschaftliche Volontäre: Guido Hinterkeuser (1. 8. 1998–31. 7. <strong>2000</strong>)<br />

Jörg Meiner (1. 8. 1998–30. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Axel Klausmeier (1. 8. <strong>1999</strong>–31. 7. 2001)<br />

Hofereiter, Rita (1. 4. <strong>2000</strong>–31. 3. 2002)<br />

Hasenclever, Catharina (1. 9. <strong>2000</strong>–31. 8. 2002)<br />

Kiesant, Silke (1. 9. <strong>2000</strong>–31. 8. 2002)


Gartendirektion<br />

Direktor: Prof. Dr. Michael Seiler<br />

Sekretariat: Gisela Stahlberg<br />

Organisation und Personal 259<br />

Forschung, Planung<br />

und Denkmalpflege: Monika Deißler, wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Heinrich Hamann, wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

Gerd Schurig, wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

Jörg Wacker, wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

Monika Wahnschaff, Vermessungstechnikerin<br />

Fachbereiche:<br />

Park Sanssouci - Parkrevier I: Eberhard Bergner, Fachbereichsleiter<br />

Park Sanssouci - Parkrevier II: Jürgen Tolks, Fachbereichsleiter (bis 31. 5. <strong>1999</strong>)<br />

Silke Cüsters (ab 1. 6. <strong>1999</strong>)<br />

Park Sanssouci - Parkrevier III: Sven Kerschek, Fachbereichsleiter<br />

Parkgärtnerei, Orangerie Heidrun Woesner, Fachbereichsleiterin<br />

Neuer Garten, Parkgelände<br />

Pfingstberg,<br />

Park Sacrow: Hans-Heinrich Gerlitz, Fachbereichsleiter<br />

Park Babelsberg, Stern: Karl Eisbein, Fachbereichsleiter<br />

Pfaueninsel: Andreas Pahl (bis 30. 11. <strong>2000</strong>)<br />

Schloßgarten Rheinsberg: Günter Bergel, Fachbereichsleiter<br />

Baudirektion<br />

Direktor: Martin Herborn<br />

Sekretariat und Mitarbeiter<br />

der Baudirektionsleitung: Elke Schroeter, Sekretärin<br />

Christa Koske, Sachbearbeiterin (bis 1. 3. <strong>2000</strong>)<br />

Yvonne Dittmann (ab 1. 3. <strong>2000</strong>)<br />

Inge Schlenkrich, Sachbearbeiterin (bis 1. 7. <strong>1999</strong>)<br />

Doris Christgau (ab 1. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Elke Graf, Sachbearbeiterin<br />

Reina Zienau, Technische Zeichnerin


260 Struktur und Personal<br />

Bauplanung: Barbara Renisch, Architektin, Bereich Sanssouci<br />

Hans–Wilhelm Hohenberg, Architekt, Bereich Neuer Garten<br />

und Sacrow<br />

Marianne Akay, Architektin, Bereich Babelsberg und Märkische<br />

Schlösser<br />

Antje Hartmann (Vertretung ab 15. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Bauleitung:<br />

Oberbauleiter: Hans-Jürgen Schumann<br />

Bereich Rheinsberg: Nico Ballerstedt, Bauleiter<br />

Bereich Neuer Garten<br />

und Sacrow: Harald Möbis, Bauleiter<br />

Bereich Sanssouci und<br />

Caputh: Marianne Schöning, Bauleiterin<br />

Bereich Babelsberg: Martin Wengler, Bauleiter<br />

Bereich Sanssouci und<br />

Königs Wusterhausen: Dieter Zwintzscher, Bauleiter<br />

Fachbauplanung und<br />

Fachbauleitung: Hans-Jörg Graf, Fachingenieur für Elektro und Wärme<br />

Bernd Janzen, Fachingenieur für Telekommunikation<br />

Detlef Röper, Fachingenieur für Naturstein<br />

Wolfgang Schlenkrich, Fachingenieur für Wasser<br />

Schirrhof, Meisterbereiche:<br />

Schirrhofleiter: Thomas Krause<br />

Elektrowerkstatt: Michael Borowski, Werkstattleiter<br />

Malerwerkstatt: Dieter Degenhardt, Werkstattleiter<br />

Meisterbereich Maurer<br />

und Dachdecker: Manfred Junge, Werkstattleiter<br />

Meisterbereich Rohr<strong>net</strong>z: Uwe Kratzenberg, Werkstattleiter<br />

Meisterbereich<br />

Sicherheitstechnik: Horst Pajonk, Werkstattleiter<br />

Tischlerwerkstatt: Ulrich Niemann, Werkstattleiter<br />

Schlosserwerkstatt: Gerd Watzke, Werkstattleiter


Abteilung Restaurierung<br />

Abteilungsleiter: Hans-Christian Klenner<br />

Sekretariat und Mitarbeiter<br />

der Abteilungsleitung: Carla Seeling, Sekretärin (ab 1. 5. <strong>1999</strong>)<br />

Karin Borowski, Sachbearbeiterin<br />

Katrin Pehnert, Sachbearbeiterin<br />

Gerhard Randenrath, Konservator, Bereich Temperierung<br />

und Klimatisierung<br />

Restaurierungsfachbereiche:<br />

Gemälde und Rahmen: Bärbel Jackisch, Fachbereichsleiterin (Potsdam)<br />

Mechthild Most, Fachbereichsleiterin (Berlin)<br />

Steinskulpturen: Rudolf Böhm, Fachbereichsleiter<br />

Architekturfassung<br />

und Wandbild: Verena Göttel, Fachbereichsleiterin<br />

Textilien: Ellen Hertrumpf, Fachbereichsleiterin (Potsdam,<br />

bis 30. 9. <strong>1999</strong>)<br />

Christa Zitzmann (ab 1. 10. <strong>1999</strong>)<br />

Erika Brand, Fachbereichsleiterin (Berlin)<br />

Polstermöbel und<br />

Raumausstattung: Hans Beckert, Fachbereichsleiter<br />

Holz, gefasst und ungefasst: Thomas Kühn, Fachbereichsleiter (Potsdam)<br />

Ulrike Eichner, Fachbereichsleiterin (Berlin)<br />

Graphik: Irene Hesselbarth, Fachbereichsleiterin (Potsdam)<br />

Jakub Kurpik, Fachbereichsleiter (Berlin)<br />

Porzellan, Glas, Keramik: Uta Scholz, Fachbereichsleiterin<br />

Metall und Uhren: Dieter Krüger, Fachbereichsleiter<br />

Fotowerkstatt: Roland Handrik, Fachbereichsleiter<br />

Chemisches Labor: Anna Schönemann, Fachbereichsleiterin<br />

Volontäre: Kerstin Krainer (1. 10. 1998–30. 9. <strong>1999</strong>)<br />

Katharina Lies (1. 9. 1998–31. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Anke Lorenz (1. 9. 1997–31. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Maria Orschulok (1. 12. 1997–31. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Ines Scholz (1. 11. 1997–6. 6. <strong>1999</strong>)<br />

Roland Ulmer (1. 9. 1997–31. 8. <strong>1999</strong>)<br />

Melanie Axt (15. 10. <strong>1999</strong>–10. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Sandra Deus (16. 9. <strong>1999</strong>–30. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Anita Hoess (15. 10. <strong>1999</strong>–30. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Organisation und Personal 261


262 Struktur und Personal<br />

Bettina Lutzke (1. 11. <strong>1999</strong>–30. 9. <strong>2000</strong>)<br />

Christoph Wenzel (15. 10. <strong>1999</strong>–31. 8. <strong>2000</strong>)<br />

Nina Beck (1. 10. <strong>2000</strong>–30. 9. 2001)<br />

Eva Becker (1. 10. <strong>2000</strong>–30. 9. 2001)<br />

Stefanie Dannenfeldt (1. 10. <strong>2000</strong>–30. 9. 2001)<br />

Katja Gruber (1. 10. <strong>2000</strong>–30. 9. 2001)<br />

Abteilung Museumspädagogik und Besucherbetreuung<br />

Abteilungsleiterin: Barbara Spindler<br />

Sekretariat: Ingeborg Rückemann<br />

Organisierter Tourismus: Heidrun Liepe, Fachbereichsleiterin<br />

Besucherzentrum: Uta Eichhorst, Fachbereichsleiterin<br />

Sonderveranstaltungen: Silke Hollender, Fachbereichsleiterin<br />

Museumspädagogische<br />

Betreuung<br />

besonderer Zielgruppen: Wilma Otte, Fachbereichsleiterin<br />

Museumspädagogische<br />

Betreuung von<br />

Kindern und Jugendlichen: Petra Wesch, Fachbereichsleiterin


IV.<br />

Fördervereine


Freunde der<br />

Preußischen Schlösser und Gärten e.V.<br />

Das Jahr <strong>1999</strong> stand ganz im Zeichen der Wiederherstellung von Schloss<br />

Paretz. Die denkmalgerechte Rekonstruktion des Außenbaus wie auch die Wiederherstellung<br />

des Gillyschen Grundrisses durch das Land Brandenburg schufen die Voraussetzung<br />

für die von den »Freunden« angeregte großzügige Finanzierung der Tapetenrestaurierung<br />

durch die Cornelsen Kulturstiftung. Mehrere Werkstätten aus verschiedenen Bundesländern<br />

wurden sorgfältig ausgewählt, um optimale Ergebnisse zu garantieren. Die z. T. sehr<br />

komplizierten Arbeiten sind gut und fristgerecht vorangekommen, sodass im Herbst 2001<br />

mit der Anbringung der kostbaren Tapeten an den rückgebauten Wänden begonnen werden<br />

konnte.<br />

Die »Freunde« haben in den Jahren <strong>1999</strong>/<strong>2000</strong> auch die Restaurierung der versilberten<br />

Schmuckrahmen von Johann August Nahl gefördert, die er 1744 für das Ovale Speisezimmer<br />

Friedrichs des Großen im Potsdamer Stadtschloss entwarf. Diese Rahmen hatten Krieg<br />

und Nachkriegszeit in Potsdam überdauert, während sich die zugehörigen Gemälde von<br />

Pesne, Lancret und anderen Malern seit den fünfziger Jahren in Schloss Charlottenburg<br />

befanden. Dank der Wiedervereinigung konnten sie nun ihre ursprünglichen Rahmen in<br />

neuer Pracht zurückerhalten und seit <strong>2000</strong> die Wände der Gelben Atlaskammer in Schloss<br />

Charlottenburg schmücken.<br />

Ermöglicht wurde die aufwendige Restaurierung dieser sieben Rahmen durch eine<br />

zweckgebundene Erbschaft, die uns Frau Lieselotte Rode († 1997) zukommen ließ und die<br />

von ihr speziell zur Verwendung in Schloss Charlottenburg bestimmt worden war.<br />

Dank dieser Erbschaft konnten die »Freunde« sich <strong>1999</strong> auch – gemeinsam mit der Bundesrepublik<br />

Deutschland, der Kulturstiftung der Länder und dem Ernst von Siemens Kunstfonds<br />

– am Erwerb einer bedeutenden, großformatigen Tapisserie beteiligen, die um 1720<br />

in der Manufaktur von Jean II. Barraband entstand und »Die Audienz beim Kaiser von


266 Fördervereine<br />

Abb. 1 »Die Audienz beim Kaiser von China«, Tapisserie aus der mehrteiligen Großmogul-Folge,<br />

Berlin um 1720, Manufaktur Jean II. Barraband, Wolle mit Seide, 360 × 544 cm<br />

Foto: <strong>SPSG</strong><br />

China« aus der mehrteiligen Großmogul-Folge darstellt. Solche Wandbehänge gehörten zu<br />

den kostbarsten und teuer bezahlten Stücken eines Schlossinventars. Die berühmteste<br />

Werkstatt, die ganz Europa belieferte, befand sich in Beauvais. Jean II. Barraband stammte<br />

zwar aus der dortigen Gegend, wirkte aber seit 1699 in Berlin. Die Darstellungen vom mongolischen<br />

Kaiserhof gingen auf Vorlagen zurück, die kurz nach 1700 in Beauvais entstanden<br />

sind. Aus der Großmogul-Folge befindet sich bereits eine Tapisserie mit der Darstellung<br />

von Teetrinkern in Schloss Charlottenburg, sodass glücklicherweise durch die<br />

Neuerwerbung der »Audienz« ein Ensemble wiederhergestellt werden konnte.<br />

Unser Vorstandsmitglied Dr. Hella Reelfs machte einen kleinen Mahagoni-Klapptisch<br />

(H. 76,5 cm, Dm. 77 cm) aus der Zeit um 1800 ausfindig, der besonders gut erhalten und<br />

von vorzüglicher Qualität in der Bearbeitung ist. Die »Freunde« kauften ihn, um ihren<br />

früheren Erwerbungen für Schloss Paretz ein weiteres Möbelstück hinzuzufügen. Es ist<br />

belegt, dass solche Tischchen in Paretz vorhanden waren.<br />

Die Rekonstruktion des Orientalischen Kabi<strong>net</strong>ts im Marmorpalais zu Potsdam – die<br />

Jahresaufgabe 1998 – machte <strong>1999</strong> erhebliche Fortschritte, es fehlen nur noch Details. Somit<br />

konnte ein weiterer Raum des Schlosses von Friedrich Wilhelm II. wiedergewonnen und<br />

der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. In demselben Jahr konnte auch die von den<br />

»Freunden« und der Cornelsen Kulturstiftung erworbene kostbare Kommode (Johann


Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. 267<br />

Ephraim Eben zugeschrieben) im Vorzimmer des Marmorsaals wieder dort aufgestellt werden,<br />

wo sie sich bis 1945 befand.<br />

Im August 2002 jährt sich zum zweihundertsten Mal der Todestag des Prinzen Heinrich,<br />

aus dessen Anlass in Rheinsberg eine umfassende Ausstellung stattfinden wird. Prinz<br />

Heinrich hatte – wie oftmals nicht wahrgenommen – als jahrzehntelanger Schlossherr wesentlich<br />

mehr Einfluss auf die Gestaltung von Haus und Garten als sein älterer Bruder Friedrich<br />

während dessen kurzer Rheinsberger Kronprinzenzeit. In diesem Zusammenhang<br />

trug die Gartendirektion der Stiftung an die »Freunde« die Bitte heran, sich für die Wiederherstellung<br />

der Felsengrotte im Park zu engagieren. Diese Grotte ist ein wichtiger Point<br />

de vue: sowohl von der Schlossterrasse als kleiner Hügel, als auch vom See aus von Ferne<br />

sichtbar. Die Hauptansicht ist nach Norden zum See gerichtet und zeigt fünf Bogenöffnungen,<br />

die den Zugang zu drei Innenräumen bilden. Leider ging deren Ausstattung im<br />

19. Jahrhundert verloren, aber die »Freunde« konnten die Fertigstellung der Restaurierung<br />

auch ohne zeitgemäßes Meublement mit einem Glase Sekt feiern.<br />

Im Jahre 1753 hat Prinz Heinrich den Bau beginnen lassen; die Grotte wurde aber erst<br />

während des Siebenjährigen Krieges fertiggestellt. Im Kern ist sie ein Backsteinbau, äußerlich<br />

mit Feldsteinen aus der Umgebung verkleidet. Es erwies sich als notwendig, die Räume<br />

dauerhaft vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen. Dies musste vor Beginn der Hügelbepflanzung<br />

mit Gras und blühenden sowie immergrünen Sträuchern und Gehölzen<br />

geschehen, die noch im Herbst <strong>1999</strong> begann und im Frühjahr <strong>2000</strong> fortgesetzt wurde.<br />

Ende November 1998 hielt unser Kuratoriumsmitglied Ursula Gräfin zu Dohna einen<br />

Vortrag über »Die Gärten Friedrichs des Großen und seiner Geschwister«. Daraus entstand<br />

der Wunsch, diese Lücke in der Gartenliteratur durch eine Veröffentlichung zu schließen,<br />

die im Jahre <strong>1999</strong> im Stapp-Verlag erschien und zu der die »Freunde« einen Druckkostenzuschuss<br />

gaben. Dieser wichtige und schöne Band der international anerkannten Dozentin<br />

für historische Gärten ist sowohl im Buchhandel als auch im Museumsshop käuflich zu<br />

erwerben.<br />

Zu dem 1998 eröff<strong>net</strong>en ersten Laden der Museumsshop GmbH in Schloss Charlottenburg<br />

kamen im Oktober <strong>1999</strong> ein zweiter im Schloss Sanssouci und im April <strong>2000</strong> ein dritter<br />

im Neuen Palais zu Potsdam. Dort arbeiten seit Beginn viele Mitglieder der »Freunde«<br />

ehrenamtlich; sie haben unverzichtbare Aufbauhilfe geleistet. Der gemeinnützige Förderverein<br />

war zwar Initiator der Museumsshop GmbH, ist juristisch jedoch nicht mit ihr verbunden.<br />

Die Erlöse kommen über die »Freunde« der Stiftung Preußische Schlösser und<br />

Gärten zugute.<br />

In den Jahren <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> wurden wieder Exkursionen, Vorträge und Führungen<br />

durchgeführt. Im Juni <strong>1999</strong> stand eine Exkursion nach Warschau auf dem Programm, im<br />

Juli <strong>2000</strong> eine Reise ins fränkische Hohenzollernland: nach Bayreuth, Heilsbronn, Ansbach<br />

u. a. vor allem zur Besichtigung dortiger Gartenanlagen. Im August <strong>1999</strong> wurde im soeben<br />

restaurierten Schloss Oranienburg die Ausstellung »Onder den Oranjeboom« besichtigt und<br />

im Oktober die Porzellanausstellung »Das ›Flora Danica‹-Service 1790–1803«. Des weiteren<br />

stand eine Führung des halbfertigen Orientalischen Kabi<strong>net</strong>ts im Marmorpalais auf dem


268 Fördervereine<br />

Abb. 2 a und b: 2/3 Taler von 1689 mit der Darstellung Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, Silber,<br />

Dm. 3,5 cm<br />

Foto: Inge Kundel-Saro, Berlin<br />

Programm, das seiner Vollendung entgegensah. Im Sommer <strong>2000</strong> konnten wir höchst erfreut<br />

und beeindruckt Schloss Paretz als Baustelle und im Herbst das neueröff<strong>net</strong>e Schlossmuseum<br />

in Königs Wusterhausen besichtigen.<br />

Als Einstimmung auf das Jubiläumsjahr 2001 hielt Frau Dr. Iselin Gundermann im<br />

November <strong>2000</strong> einen Vortrag über »Die Krönung und Salbung Friedrichs I. in Königsberg<br />

1701«. Zum bevorstehenden »Preußenjahr« schenkte das Kuratoriumsmitglied Werner<br />

Schmidt den »Freunden« einen silbernen 2/3 Taler von 1689 mit der Darstellung Kurfürst<br />

Friedrichs III. von Brandenburg, des nachmaligen Friedrich I., König in Preußen. Werner<br />

Schmidt vermittelte den »Freunden« dankenswerterweise auch das Geschenk einer seltenen<br />

großformatigen Tapisserie aus Flandern vom Ende des 16. Jahrhunderts. Dargestellt ist<br />

der Kampf zweier Einhörner mit einem Löwen vor einer hügeligen, mit vielen Tieren belebten<br />

Landschaft. Dieses kostbare Stück stammt aus dem Inventar des Münchener Bankhauses<br />

August Lenz & Co. und wird nach seiner Restaurierung eine wertvolle Ergänzung<br />

im Schloss Oranienburg oder im Jagdschloss Grunewald bilden.<br />

Die »Freunde« erwarben die Aquatinta-Radierung von Calau »Das Begräbniß Denkmal<br />

der Königin Louise im Schlossgarten zu Charlottenburg« von 1810 und übergaben sie als<br />

Dauerleihgabe an die »Louisengedenkstätte« in Schloss Hohenzieritz, dem Sterbeort der<br />

Königin Luise. Mecklenburg war schon mehrmals unter der Leitung von Dr. Hella Reelfs<br />

Ziel von Tagesausflügen der »Freunde«.<br />

Als ein Glücksfall erwies sich, dass im Jahre <strong>2000</strong> die Erwerbung des sogenannten »Philosophischen<br />

Tafelservices« gelang, wieder mit Hilfe der Cornelsen Kulturstiftung. Friedrich<br />

der Große hat es im Jahre 1760 bei der Meißener Porzellanmanufaktur für seinen


Freund Jean Baptiste Boyer, Marquis d’Argens in Auftrag gegeben. Der König hat zur Bemalung<br />

des Services eigenhändige Entwürfe nach Meißen gesandt, und das Aristoteles-Zitat<br />

»dubium initium sapientia« (Zweifel ist der Weisheit Anfang) bezeugt die geistige Übereinstimmung<br />

der beiden, von der Aufklärung geprägten Skeptiker. Die 22 Teller nebst<br />

Saucière und zwei Terrinen mit Deckel sind in der ehemaligen Wohnung des Marquis<br />

d’Argens im Neuen Palais zu bewundern.<br />

Der 1983 gegründete Förderverein »Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.«<br />

erfreut sich einer ständig wachsenden Zahl von Mitgliedern: Am Ende des Jahres <strong>2000</strong><br />

waren es über 1.000 Freunde, 200 mehr als Ende 1998. Der Bericht über die beiden letzten<br />

Jahre veranschaulicht, dass wieder wichtige Erwerbungen und Restaurierungen durch<br />

eine Vielzahl von großen und kleinen Spenden ermöglicht wurden. Der Vorstand wird<br />

durch dieses Engagement der Mitglieder bestätigt und ermutigt.<br />

Prof. Dr. Thomas W. Gaehtgens<br />

Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V. 269


270 Fördervereine<br />

Studiengemeinschaft Sanssouci e.V.<br />

Verein für Kultur und Geschichte Potsdams<br />

Die »Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. – Verein für Kultur und Geschichte<br />

Potsdams« ist am 18. Dezember 1969 als »Interessengemeinschaft Sanssouci« in<br />

Potsdam gegründet worden und hat den jetzigen Namen 1990 angenommen.<br />

Die Studiengemeinschaft will ihren rund 220 Mitgliedern und darüber hinaus allen an<br />

der Geschichte Potsdams Interessierten Kenntnisse der Kunst-, Geschichts- und Kulturdenkmäler,<br />

auch unter Einbeziehung der sie umgebenden Kulturlandschaft, vermitteln und<br />

die Gelegenheit zu gemeinsamer Arbeit auf den Gebieten der Geschichte, Kunst und Kultur<br />

Potsdams und des Umlandes geben. Sie sieht sich in der Tradition des von 1862 bis 1945<br />

aktiv gewesenen »Vereins für die Geschichte Potsdams«, die sie in zeitgemäßen Formen<br />

fortführt. Die Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. will helfen, den Sinn für die Erhaltung<br />

und Pflege der Kulturlandschaft Potsdam unter den Potsdamer Bürgern in Zusammenarbeit<br />

mit anderen Interessengruppen zu entwickeln, die Arbeit – insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit<br />

– der <strong>SPSG</strong> zu unterstützen, Denkmalpflege und Umweltschutz zu fördern und<br />

die Forschungsarbeit zur Stadt- und Kunstgeschichte Potsdams voranzutreiben.<br />

Diesen Aufgaben dienen öffentliche Vorträge, Kolloquien und Tagungen sowie Wanderungen,<br />

Studienfahrten und spezielle Führungen. Ein besonderes Anliegen der Studiengemeinschaft<br />

Sanssouci e. V. ist die Anregung und Förderung stadt- und kunstgeschichtlicher<br />

Arbeiten, vor allem von Studierenden.<br />

<strong>1999</strong> standen neun öffentliche Vorträge und ein ganztägiges Kolloquium anlässlich des<br />

30-jährigen Bestehens der Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. im Programm. Vortragsthemen<br />

waren: »Frauen um Alexander von Humboldt: zum Frauenbild im 19. Jahrhundert«<br />

(Dr. Renate Löschner), »Potsdam am Wasser – BUGA 2001« (Bernd Cronjaeger), »Zur Geschichte<br />

der Gotischen Bibliothek« (Klaus Dorst), »Das Schloss Oranienburg – Geschichte,<br />

Restaurierung und künftige Nutzung« (Claudia Sommer), »Die Gärten Friedrichs des<br />

Großen und seiner Geschwister« (Ursula Gräfin zu Dohna), »Luise Henriette von Oranien«<br />

(Dr. Iselin Gundermann), »Julius Haeckel – Vorsitzender des Vereins für die Geschichte<br />

Potsdams 1911–1940« (Dr. Ernst-Ekkehard Kornmilch) und »Klein-Glienicke und seine<br />

Kapelle« (Andreas Kitschke).<br />

Am 27. November <strong>1999</strong> beging die Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. ihr 30-jähriges<br />

Bestehen mit einem ganztägigen, gut besuchten Kolloquium im Alten Rathaus Potsdam<br />

zum Thema »Potsdam und Nowawes/Babelsberg im 20. Jahrhundert«. Acht Referenten<br />

sprachen über »Die territoriale Entwicklung des Stadtgebietes Potsdam 1900–<strong>1999</strong>«<br />

(Dr. Klaus Arlt), »Siedlungen in Potsdam und Nowawes/Babelsberg in der ersten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts« (Jörg Limberg), »Filmgeschichte – auch in Babelsberg« (Dr. Bärbel<br />

Dalichow), »Potsdam als Stadt des Fremdenverkehrs« (Gert Streidt), »Die wissenschaftlichen<br />

Institute auf dem Telegrafenberg und dem Babelsberg« (Dr. Ernst-A. Gußmann),<br />

»Notizen zum Militärstandort Potsdam« (Hartmut Knitter), »Der Wiederaufbau Potsdams


Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. 271<br />

1945–1950« (Thomas Wernicke) und »Stadtplanung und Stadtentwicklung in Potsdam 1949<br />

bis 1990« (Dr. Christina Focke). Die Vorträge wurden in den »Mitteilungen der Studiengemeinschaft<br />

Sanssouci e.V.«, Heft 1, <strong>2000</strong>, veröffentlicht. Die Veranstaltung schloss mit<br />

einem von Gert Streidt moderierten Podiumsgespräch zur Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert,<br />

in dem der Leiter des Stadtplanungsamtes, Andreas Goetzmann, sowie die<br />

Geschäftsführer der für die Stadtentwicklung tätigen Gesellschaften Dr. Rainer Baatz (Stadtkontor<br />

Babelsberg), Bernd Cronjaeger (Sanierungsträger Potsdam) und Volker Härtig (Entwicklungsträger<br />

Bornstedter Feld) ihre Vorstellungen darlegten und auf Fragen aus der<br />

Zuhörerschaft eingingen.<br />

Im Jahr <strong>2000</strong> präsentierte das Programm der Studiengemeinschaft öffentliche Vorträge<br />

zu den Themen: »Die Potsdamer Parklandschaft und die BUGA 2001« (Prof. Dr. Michael<br />

Seiler), »Prinz Heinrich (1726–1802) – ein Leben im Schatten seines großen Bruders« (Eva<br />

Ziebura), »Schloss Königs Wusterhausen – Geschichte und Wiederherstellung« (Claudia<br />

Sommer), »Der brandenburgische Adel – Besitzkontinuität und Traditionsbewußtsein?«<br />

(Dr. Oliver Hermann), das »Italienische Dorf Bornstedt« (Dr. Gabriele Horn), »Bodendenkmalpflege<br />

in Potsdam 1994–<strong>2000</strong>« (Gundula Christl), »Schloss Paretz – von der VVB<br />

Tierzucht zum Schlossmuseum« (Matthias Marr), »›Ein neuer Lüster von Cristal de Roche<br />

kömt aus Paris‹ – Kronleuchter der friderizianischen Zeit« (Käthe Klappenbach) und »Die<br />

Schöne am Wasser – Stockholm und seine königlichen Schlösser« (Stefan Heinz).<br />

Höhepunkte der beiden Jahresprogramme waren jeweils die drei- bis viertägigen Frühjahrs-<br />

und Herbstexkursionen, die wegen der begrenzten Platzzahlen den Mitgliedern der<br />

Studiengemeinschaft vorbehalten blieben. Ziele waren bedeutende Kulturlandschaften, die<br />

zur Suche nach brandenburgisch-preußischen Spuren einladen. Die Fahrten führten unter<br />

fach- und ortskundiger Führung in das westliche Bodenseegebiet (Karlheinz Deisenroth/Freiburg<br />

i. Br.), in den Rheingau sowie nach Breslau/Wroclaw und Umgebung (beide<br />

unter der Leitung von Inge Steinsträßer/VHS Bonn, in Wroclaw kam Andrzej Wilk hinzu)<br />

und in die Thüringische Rhön (Ingrid Bathe).<br />

Die 1998 in das Programm aufgenommenen »Brandenburg-Fahrten« wurden fortgesetzt.<br />

Sie führten <strong>1999</strong> unter der Leitung von Frau Ingrid Bathe nach Wittstock und Netzeband<br />

sowie <strong>2000</strong> nach Prenzlau und in die Uckermark. Das neu eröff<strong>net</strong>e Museum des Dreißigjährigen<br />

Krieges im Prignitz-Museum, das nach der Restaurierung wieder eröff<strong>net</strong>e Kulturhistorische<br />

Museum im Dominikanerkloster Prenzlau fanden wie auch denkmalpflegerische<br />

Projekte wie die Marienkirche in Prenzlau das besondere Interesse der Exkursionsteilnehmer.<br />

Tradition geworden sind inzwischen sowohl die »Berliner Spaziergänge« (Aribert<br />

Kutschmar), die in die Gegenden um den Bahnhof Witzleben und von der Oberbaumbrücke<br />

zum Paul-Lincke-Ufer führten, als auch die Herbstwanderungen (Dr. Klaus Arlt), die mit<br />

dem Königswald um Sacrow und dem alten Braunkohlenbergbaugebiet Rauensche Berge<br />

mit den Markgrafensteinen und Bad Saarow bekannt machten.<br />

1996 beteiligte sich zum ersten Mal eine größere Anzahl unserer Mitglieder an den Aufsichtsdiensten<br />

in der neu eröff<strong>net</strong>en Bildergalerie. Mit dieser Aktion sollte nicht zuletzt<br />

demonstriert werden, dass neben der wichtigen Einwerbung und Spende von Geldmitteln


272 Fördervereine<br />

die steuerlich nicht absetzbare »Spende von Freizeit« einen bedeutenden Platz in der Entwicklung<br />

des Bürgersinns für die Erhaltung und Vermittlung der kulturellen Werte der Potsdamer<br />

Kulturlandschaft haben sollte. Die Aktionen wurden <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> fortgesetzt, an<br />

denen 50 bis 60 Mitglieder unserer Vereinigung teilnahmen.<br />

<strong>1999</strong> und <strong>2000</strong> erschienen der 4. und 5. Jahrgang der »Mitteilungen der Studiengemeinschaft<br />

Sanssouci e.V.«. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln der Studiengemeinschaft<br />

und wurde in Form einer Sachleistungsförderung durch die Landeshauptstadt Potsdam<br />

gestützt. Das Anliegen der zweimal jährlich erscheinenden Hefte ist die Veröffentlichung<br />

lokal- und regionalgeschichtlicher Arbeiten sowie die Information der Mitglieder und anderer<br />

interessierter Bürger über das Veranstaltungsprogramm. <strong>1999</strong> wurde im Heft 1 ein Beitrag<br />

über »Die Fasanerie in Sanssouci als Verlagsort«, in der Wolfgang Tripmacker über die<br />

Verlegerin Irmgard Kiepenheuer berichtete, und die biographische Skizze von Klaus Arlt<br />

»Der Geheime Hofrat Louis Schneider (1805–1878) – Vorsitzender der Geschichtsvereine<br />

in Berlin und Potsdam« publiziert. Heft 2 stand im Zeichen des 30-jährigen Bestehens der<br />

Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. Als »Nachschlagewerk« für alle Potsdamer ist darin<br />

eine stadtgeschichtliche Studie über »Die Straßennamen der Stadt Potsdam – Geschichte<br />

und Bedeutung« von Klaus Arlt publiziert. Wegen der Nachfrage vieler Interessierter wurde<br />

von dieser Arbeit zusätzlich ein Sonderdruck angeboten.<br />

Im Jahre <strong>2000</strong> wurden im Heft 1 die Vorträge des Kolloquiums zur Potsdamer Geschichte<br />

im 20. Jahrhundert veröffentlicht. Heft 2 enthält die Arbeiten »Vom Nationalsozialismus<br />

zum Sozialismus: eine Schule im Umbruch – die Sexta des Potsdamer Viktoria-Gymnasiums<br />

1941« (Roland Thimme), »Die Gutmann-Villa Bertinistraße 16–16a – baugeschichtliche<br />

und einwohnerbiographische Dokumentation« (Roland Mascherek) sowie »Zwangsarbeit<br />

und Zwangsarbeiter in Potsdam 1939–1945« (Knut Wendt). Dazu erschienen neben<br />

Exkursionsberichten kleinere Beiträge wie »Ein russischer Arzt in Potsdam: Georgi E. Richter«<br />

(Wolfgang Jenrich), Potsdamer Literaturschauen mit Informationen über Publikationen<br />

zur Stadtgeschichte und die Potsdamer Chroniken der Jahre <strong>1999</strong> und <strong>2000</strong>. Da die »Mitteilungen«<br />

der Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. auch bei Nichtmitgliedern großes Interesse<br />

finden, ist die Auflage kontinuierlich erhöht worden.<br />

Dr. Klaus Arlt


Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V. 273<br />

Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V.<br />

Der seit 1988 als Bürgerinitiative bestehende und seit kurz nach der politischen<br />

Wende in der DDR als gemeinnütziger »Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V.«<br />

organisierte Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, das historische Ensemble auf dem<br />

Potsdamer Pfingstberg wieder zu einem ansehnlichen Ausflugsziel für die Potsdamer und<br />

deren Besucher zu machen. Das zu Kriegszeiten nahezu unbeschädigte Ensemble im Norden<br />

der Stadt mit dem Schinkelschen Pomonatempel, der Aussichtsschlossanlage des Belvedere<br />

und der Lennèschen Gartenanlage wurde nach dem Krieg durch mangelnde Unterhaltung<br />

und Vandalismus fast völlig zerstört und geriet in Vergessenheit. Durch zahlreiche<br />

Arbeitseinsätze, in denen die Gartenanlage wieder ansehnlich gemacht wurde, und kulturelle<br />

Veranstaltungen gelang es dem Verein, diesen Ort aus dem Dornröschenschlaf zu<br />

wecken und ihn wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung zurückzuholen. Sämtliche Tätigkeiten<br />

der Vereinsmitglieder werden ehrenamtlich geleistet. Mit Hilfe von zahlreichen kleinen<br />

Spenden und von Mäzenen gelang es dem Verein gemeinsam mit der <strong>SPSG</strong>, umfangreiche<br />

Rekonstruktions- und Restaurierungsarbeiten innerhalb der Gartenanlage und an<br />

den Gebäuden einzuleiten. 1998 wurde das gesamte Ensemble in die Weltkulturerbeliste<br />

der UNESCO aufgenommen.<br />

Das Jahr <strong>1999</strong> begann, wie das alte geendet hatte. Die im November 1998 begonnenen<br />

Arbeiten zur Generalinstandsetzung des Belvedere waren in vollem Gange, allerdings für<br />

Besucher des Pfingstberges eher im Verborgenen, da ein vier Meter hoher Bauzaun und Planen<br />

am Westturm die Sicht für Neugierige versperrten.<br />

Mit Beginn der Bauarbeiten wurde klar, dass auch die Aktivitäten des Vereins sprunghaft<br />

ansteigen mussten. Da dies mit reinem Ehrenamt nicht mehr zu realisieren war, entschied<br />

sich der Verein für die Eröffnung eines Vereinsbüros mit drei durch das Arbeitsamt<br />

geförderten Stellen auf ABM-Basis. Hauptziel der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen war die<br />

Erarbeitung eines wirtschaftlich tragfähigen Betreiberkonzeptes. Daneben musste vor allem<br />

die weitere Sponsorensuche und -pflege, aber auch die Organisation der Kulturveranstaltungen<br />

sowie die Begleitung und Dokumentation der laufenden Bauarbeiten durch das<br />

Büro koordiniert werden. Wichtig für den Verein war hierbei, dass für die anfallenden Arbeiten<br />

und deren Organisation keinerlei Mittel aus Spenden verwendet werden sollten. Diese<br />

Mittel sollten weiterhin direkt in die notwendigen Rekonstruktionsarbeiten am Belvedere<br />

fließen. Im März nahm das Büro seine Arbeit auf. Die Stiftung stellte dem Förderverein<br />

Räumlichkeiten im Potsdamer Thiemannhaus in der Friedrich-Ebert-Str. 83 kostenfrei zur<br />

Verfügung. Zur Büroeröffnung wurde dem Förderverein durch den Potsdamer Sparkassenchef<br />

eine Spende von 50.000 DM und eine Spende einer Rentnerin von 1.200 DM, die sie<br />

aus Anlass ihres 70. Geburtstages sammeln ließ, übergeben.<br />

Im April konnten dank der vom Verein gesammelten Spenden, beantragter Lottomittel<br />

und einer Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt die Arbeiten am Wasserbecken<br />

im Innenhof des Belvedere beginnen. Zur ersten Potsdamer Schlössernacht im August soll-


274 Fördervereine<br />

ten die Arbeiten abgeschlossen sein. Mit der Ausführung wurde jedoch leider eine Firma<br />

beauftragt, die der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen war. Auf Grund mangelhafter<br />

Bauausführung rückte die Fertigstellung in weite Ferne.<br />

Im Mai erhielt der Verein seine erste Euro-Spende von der Deutschen Bank in Höhe von<br />

50.000 Euro für die Restaurierung der Sandsteinsäulen der West-Kolonnade. Über die<br />

Pfingstfeiertage wurde eine Veranstaltung im Dauermixen für das Guinness-Buch der Rekorde<br />

in der Potsdamer Innenstadt durchgeführt, deren Erlös jeweils zur Hälfte dem Potsdamer<br />

Oberlinhaus und den Restaurierungsarbeiten des Belvedere zugute kam. Der Bonn-<br />

Club Potsdam e.V. führte mit seinen Potsdamer Freunden im großen Saal des Dorint Hotel<br />

ein Benefizkonzert zu Gunsten des Belvedere durch. Mit all diesen Spenden, die auf Grund<br />

der großzügigen Finanzierungszusage der Hamburger Hermann Reemtsma-Stiftung verdoppelt<br />

wurden, konnten weitere entscheidende Bauvorhaben am Belvedere finanziert<br />

werden.<br />

Im Herbst erarbeitete der Verein auf Wunsch der <strong>SPSG</strong> ein Beleuchtungskonzept für das<br />

Belvedere, um das Gebäude nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten in den Abendstunden<br />

ins rechte Licht rücken zu können. Mit Blick auf eine spätere repräsentative Nutzung<br />

des gesamten Belvedere schien ein durchdachtes Beleuchtungskonzept als sehr sinnvoll,<br />

obwohl für eine Restaurierung des gesamten Gebäudes noch weit mehr als zwölf<br />

Millionen DM fehlten. Neben diesem Konzept wurde durch die Denkmalpflegekommission<br />

eine weitere Variante vorgelegt, die weitgehend ohne Beleuchtungsmöglichkeiten auskam.<br />

Schließlich entschieden sich die Stiftung und der Förderverein für die weitreichendere<br />

Beleuchtungsvariante.<br />

Auf Grund des jahrelangen Engagements des Fördervereins Pfingstberg für das historische<br />

Ensemble wurde dem Verein durch die Stiftung angeboten, das Belvedere nach seiner<br />

Teilfertigstellung im Frühjahr 2001 eigenverantwortlich zu betreiben. Daher begann der<br />

Förderverein ein Nutzungskonzept zu entwickeln. Erste Eckdaten des Konzeptes sowie ein<br />

Entwurf für einen Betreibervertrag wurden der Stiftung noch im Dezember übergeben,<br />

damit diese bei den Bauplanungen noch berücksichtigt werden konnten.<br />

Am 1. Oktober begannen die Restaurierungsarbeiten an der Freitreppe. Auf Grund von<br />

zahlreichen Gutachten, die die weitere Vorgehensweise bei der Restaurierung der Sandsteinsäulen<br />

festlegen sollten, und den daraus gezogenen Konsequenzen stiegen die vorveranschlagten<br />

Kosten der Baumaßnahmen erstmalig an. So entstand eine Finanzierungslücke<br />

von cirka 250.000 DM. Doch die Stiftung war bereit, diese Summe zusätzlich zur<br />

Verfügung zu stellen, um den gesetzten Zeitplan nicht zu gefährden und die notwendigen<br />

Ausschreibungen in Gang zu setzen.<br />

<strong>1999</strong> zählten die kleinen Konzerte und Lesungen vor dem Pomonatempel, die an den<br />

Wochenenden der Sommersaison stattfanden, wieder zu den gern besuchten Ereignissen<br />

auf dem Pfingstberg. Die großen Konzerte, wie das traditionell am ersten Juni-Wochenende<br />

stattfindende Pfingstbergfest, sind ebenso aus dem Potsdamer Kulturleben kaum wegzudenken.<br />

Besonders hervorzuheben ist die Uraufführung der «Persius Suite« des Potsdamer<br />

Komponisten Gisbert Näther am 25. Juni vor dem Belvedere durch das Potsdamer Persius-


Abb. 1 Westturm des Belvedere, Oktober <strong>2000</strong><br />

Foto: Ulrich Koltzer, Potsdam<br />

Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V. 275<br />

Ensemble. Einer der Sätze ist dem Belvedere gewidmet. Die Kooperationsveranstaltung mit<br />

dem Potsdamer Hans-Otto-Theater anlässlich des 30. Jahrestages der Mondlandung sowie<br />

das Gastspiel des Internationalen Wandertheaters »Ton und Kirschen« waren weitere Höhepunkte<br />

der Veranstaltungssaison auf dem Pfingstberg. Neu war in diesem Jahr die Durchführung<br />

von Hörspielen in der Gartenanlage vor dem Belvedere.<br />

Das Jahr <strong>2000</strong> begann mit einer Bitte des Ostdeutschen Rundfunk Brandenburgs, den<br />

Verein für ein Jahr begleiten zu dürfen, um in einem Fernsehbeitrag das ehrenamtliche<br />

Engagement der Vereinsmitglieder und Geschichten am Rande des Baugeschehens zu dokumentieren.<br />

Im Winter <strong>2000</strong> geriet der Fortgang der Bauarbeiten ins Stocken. Die Stiftung musste<br />

wegen Haushaltslücken ihre Finanzierungszusage zurückziehen. Ausschreibungen mussten<br />

storniert werden. Um dennoch den Fertigstellungstermin zu halten wurde beschlossen,<br />

solche Restaurierungsmaßnahmen an den Sandsteinsäulen der Westkolonnade zunächst<br />

auszusetzen, die nach der Montage der Säulen nachgeholt werden können. Zur Restaurierung<br />

der Kolonnade wurden die Sandsteinsäulen für etwa ein halbes Jahr abgenommen und<br />

in eine Umhausung neben dem Belvedere verbracht, in der sie einer Entsalzung unterzogen<br />

wurden. Nun war auch für die Besucher des Pfingstberges sichtbar, dass die Bauarbeiten<br />

auf Hochtouren liefen.


276 Fördervereine<br />

Abb. 2 Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg, Maren Otto, Dr. Manfred Stolpe, Prof. Dr. Werner Otto,<br />

Dr. Wilma Simon (v. l. n. r.) auf dem Westturm des Belvedere, 2. November <strong>2000</strong><br />

Foto: Birgit Matzke, Potsdam<br />

Im März begannen die Bauarbeiten an der Torhalle. Noch immer waren nicht alle finanziellen<br />

Mittel für die Arbeiten am westlichen Gebäudeteil zusammen. Der Förderverein<br />

verstärkte daher seine Öffentlichkeitsarbeit, um weitere Mittel zu aktivieren und mehr<br />

Besucher auf diesen Ort aufmerksam zu machen. Dabei sollte die Herausgabe eines Werbefaltblattes<br />

in drei Sprachen, das vor allem auch Touristen auf den Berg locken soll, helfen.<br />

Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau kamen im Rahmen eines Privatbesuches<br />

mit italienischen Gästen auf den Pfingstberg. Auf dem Dach des Pomonatempel fand<br />

ein gemeinsames Kaffeetrinken statt. Als Anerkennung für das ehrenamtliche Engagement<br />

bedankte sich der Bundeskanzler mit einer Spende. Im Rahmen ihres Potsdam-Besuches<br />

empfing der Förderverein die russische Präsidentengattin Ljudmilla Putina zusammen mit<br />

der Gattin des Bundeskanzlers Doris Schröder-Köpf auf dem Dach des Pomonatempels.<br />

Im Juni/Juli <strong>2000</strong> arbeitete im Vereinsbüro für sechs Wochen eine französische Studentin<br />

im Rahmen ihres Praktikums. Sie wurde vorrangig mit Übersetzungsarbeiten<br />

betraut.<br />

Die Diskussion des vom Verein im Herbst <strong>1999</strong> entworfenen Betreibervertrags ging nur<br />

schleppend voran. Erst im August erhielt der Verein einen Vertragsentwurf der Stiftung.


Förderverein Pfingstberg in Potsdam e.V. 277<br />

Auch bauliche Entscheidungen kamen teilweise nur schwer voran. So ist auch eine endgültige<br />

Lösung für eine Kasse im Belvedere, an der die Besucher ihren Eintritt entrichten,<br />

bisher noch nicht in Sicht. Die Denkmalpflegekommission der Stiftung favorisierte aus<br />

Kostengründen eine aus Schalbrettern gefertigte Holzhütte in der Eingangshalle. Daraufhin<br />

entschloss sich der Förderverein aus praktischen und ästhetischen Gründen für die<br />

Finanzierung einer angemessenen Kassenhausvariante aus Glas, um durch die weitgehende<br />

Durchsichtigkeit der Konstruktion die vorhandene Architektur so wenig wie möglich zu<br />

beeinträchtigen und die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Stiftung Preußische<br />

Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zu entlasten.<br />

Anfang Oktober <strong>2000</strong> fielen die ersten Baugerüste am oberen Teil des Westturmes. Auch<br />

die Sandsteinsäulen der Westkolonnade kehrten an ihren Platz zurück. Die Baufortschritte<br />

wurden somit auch für Besucher des Pfingstberges hinter dem Bauzaun weithin sichtbar.<br />

Auch die Balustraden der Eingangshalle und der Freitreppen werden nun zügig montiert.<br />

Im Vorfeld einer Baustellenbesichtigung durch den Mäzen Prof. Dr. Werner Otto fragte<br />

der Förderverein diesen wegen einer zusätzlichen finanziellen Beteiligung an der Demontage<br />

und Sicherung der maroden Ostkolonnade noch vor der Eröffnung an. Damit sollte<br />

erreicht werden, das nach der Teileröffnung im April 2001 die Besucher nicht durch herabfallende<br />

Teile der Ostkolonnade gefährdet werden.<br />

Prof. Dr. Werner Otto gab am 2. November <strong>2000</strong> im Beisein des Generaldirektors der<br />

Stiftung, Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg, des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg,<br />

Dr. Manfred Stolpe, der Schirmherrin des Fördervereins, Frau Dr. Wilma Simon und<br />

dem Vorstand des Fördervereins der Presse eine weitere finanzielle Unterstützung der<br />

Arbeiten im Umfang von »6 bis 8 Millionen DM« bekannt, die in die Restaurierung des Ostturms,<br />

der Ostarkade/Kolonnade und der Nordkolonnade fließen sollen. Damit war der<br />

weitere Verfall des Hauptteils des Belvedere endgültig gestoppt und die Generalinstandsetzung<br />

des Belvedere bis auf die Flügelmauern und die Innenräume weitgehend gesichert.<br />

Bei dem anschließenden vom Förderverein ausgerichteten festlichen Essen im Pomonatempel<br />

wurde Herrn Otto als Anerkennung seines Engagements ein Ziegelstein mit der<br />

Inschrift »J. F. Otto 1847 Maurergeselle« überreicht, der offensichtlich von einem einst am<br />

Bau beteiligten Namensvetter des Mäzens zeugt und der während der Restaurierung des<br />

Westturmes in einen Mauerholraum geborgen wurde.<br />

Im gleichen Monat veranstaltete der Förderverein eine Feier zur Fertigstellung der Eingangshalle<br />

und der Freitreppen des Belvedere. Der Mäzen dieses Bauteils, die Hermann<br />

Reemtsma-Stiftung, vertreten durch Hermann Hinrich Reemtsma, gab aus diesem Anlass<br />

die volle Finanzierung für die Fertigung der Pegasus-Gruppe für die Torhalle bekannt, deren<br />

Anfertigung im Herbst 2001 zum Abschluss gebracht werden soll. Damit erhält das Belvedere<br />

sein wohl beeindruckendstes Schmuckelement zurück.<br />

Das traditionell jeweils am ersten Wochenende im Juni stattfindende Pfingstbergfest<br />

wurde mit dem Liedermacher »Stoppok« und den Bluesbands »Pass over Blues« und »Jonatan<br />

Blues Band« im Jahr <strong>2000</strong> durchgeführt. Das internationale Wandertheater »Ton und


278 Fördervereine<br />

Kirschen« war nach seinem großen Erfolg im Vorjahr mit dem Stück »Dr. Faustus« wieder<br />

zu Gast auf dem Pfingstberg. Erstmalig im Kulturprogramm war ein Open Air Kinoabend<br />

mit dem Kinoklassiker »The Blair Witch Project«. Sämtliche Veranstaltungen wurden durch<br />

die Mitglieder des Fördervereins ehrenamtlich begleitet und durchgeführt.<br />

Ulrich Koltzer


Verein Historisches Paretz und Schloss Paretz e.V. 279<br />

Verein Historisches Paretz<br />

und Schloss Paretz e.V.<br />

Es waren wilde Zeiten, jene Wintermonate 1989/90. Keiner wußte, was<br />

noch kommen würde, Gerüchte kochten, auch um Schloss Paretz. Ein späteres Vereinsmitglied<br />

schlug ernsthaft die Erstürmung und Besetzung des Paretzer Schlosses vor. Manchmal<br />

in den Jahren danach bereuten wir, dies nicht getan zu haben, aber auf lange Sicht und<br />

von heute aus gesehen, war es doch die bessere Variante, auf Geduld zu setzen und mit der<br />

Methode des »unverschämten Geilens« (Martin Luther) gegenüber Behörden, Ministerien,<br />

Spendern, Sponsoren und nicht zuletzt der vielgeschmähten Treuhand den Erfolg zu suchen<br />

und schließlich auch zu finden.<br />

Eine vom damaligen DDR-Landwirtschaftsminister Dr. Pollack initiierte Runde zwischen<br />

einem Vertreter seines Hauses, der Leitung des Kombinats Tierzucht und dem späteren Vorsitzenden<br />

des Vereins, Matthias Marr, traf sich Ende Mai 1990 im Schloss Paretz. Wichtig<br />

erschien es damals zu klären, wie es aus Sicht des Kombinates künftig mit dem Schloss<br />

Paretz weitergehen sollte, ob Bereitschaft bestand, wenigstens die äußere Hülle des Schlosses<br />

in absehbarer Zeit wieder in den Originalzustand zu versetzen, ob Räume für Ausstellungen<br />

zur Verfügung gestellt werden könnten und ob der bis dahin für das Publikum<br />

gesperrte Schlossgarten wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnte. Es<br />

wurde aber auch die Gründung eines Heimatvereins für Paretz angeregt und infolgedessen<br />

für den 14. Juli 1990 eine Vor-Gründungsversammlung einberufen. Die Paretzer, an diesem<br />

Sommertag weitgehend unter sich, kamen schnell überein, für September 1990 eine reguläre<br />

Gründungsversammlung einzuberufen und bis zu dieser eine Satzung für den künftigen<br />

Verein zu erarbeiten.<br />

Als der September gekommen war, war der auf der Grundlage des erst im Frühjahr 1990<br />

beschlossenen DDR-Vereinsgesetzes ausgearbeitete Satzungsentwurf bereits wieder Makulatur<br />

– der 3. Oktober stand unmittelbar bevor und damit war es das bundesrepublikanische<br />

Vereinsgesetz, welches nun als Grundlage zu gelten hatte. Fast wären Sitzung und Vereinsgründung<br />

gescheitert, doch Frau Dr. Hella Reelfs und Frau Dr. Annedore Müller-<br />

Hofstede retteten beides, indem sie einen uns bis heute freundschaftlich verbundenen Berliner<br />

Anwalt für die Erarbeitung eines neuen Satzungsentwurfes gewinnen konnten. So<br />

kam die Gründung des Vereins am 15. November 1990 doch noch zustande – mit immerhin<br />

25 Gründungsmitgliedern.<br />

Die erklärten Vereinsziele waren die Wiederherstellung des historischen Ortsbildes von<br />

Paretz und die Organisation von Kulturveranstaltungen. Nicht in der Satzung, aber im Programm<br />

des Vereins stand die äußere Wiederherstellung des Schlosses und die Einrichtung<br />

eines Schlossmuseums.<br />

In diese Zeit fielen auch erste Sondierungen von Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg in<br />

Paretz und Gespräche mit den Verantwortlichen des sich bereits in Auflösung befindlichen<br />

Kombinates Tierzucht.


280 Fördervereine<br />

Abb. 1 Eröffnung der Ausstellung »Interieurs um 1800 – Die Wohnung der Königin Luise«. Im Hintergrund<br />

der Mittelrisalit von Schloss Paretz vor der Sanierung<br />

Foto: Verein Historisches Paretz und Schloss Paretz e.V., 1992<br />

Als sich im Frühjahr 1991 die Güterverwaltung agromax AG Paretz im Auftrag der Treuhandanstalt<br />

im Paretzer Schloss etablierte, wurden die Gespräche aussichtsreicher. Der<br />

erste von mehreren Schritten, die noch folgen sollten, war zu Ostern 1991 die Öffnung des<br />

Schlossgeländes und des Schlossgartens für Besucher. Zuvor waren seit Mitte der sechziger<br />

Jahre alle Versuche »Unbefugter«, das Gelände zu betreten, an einem Pförtner gescheitert,<br />

der den Besuchern mitunter auch mitteilte, dass es in Paretz gar kein Schloss gäbe. Nun<br />

konnte man endlich wieder auf das Gelände und auch den hinter dem Schloss liegenden<br />

Park betreten. Dort bot sich dem Besucher der Anblick eines total verhunzten Baues. Der<br />

Rauputz wirkte bereits aus der Ferne schlimm, aus der Nähe aber wurde er unerträglich.<br />

Um in den Schlossgarten zu gelangen, war ein verglaster Gang, der Schloss und Neubau<br />

aus den sechziger Jahren miteinander verband, zu durchschreiten und dann – auf der<br />

Parkseite angekommen – musste der Besucher entsetzt feststellen, dass die Fürchterlichkeit<br />

der Vorderseite auf der Gartenseite noch eine Steigerung erfuhr in Form hässlicher Anund<br />

Ausbauten, die, einem aufgeblähten Bauch gleich, die gesamte rückwärtige Fassade<br />

verschandelten. Der Verfasser dieses Berichts ist kein Freund von Abrissbirnen und kann<br />

dennoch nicht verhehlen, dass es für ihn eine ungeheure Genugtuung war, als diese monströsen<br />

Hässlichkeiten im Juni <strong>1999</strong> verschwanden und Schloss und Umgebung damit auf<br />

einen Schlag wie befreit wirkten.


Verein Historisches Paretz und Schloss Parez e.V. 281<br />

Abb. 2 Ausstellung »Johann Heinrich Schröder – Preußische Porträts« in den provisorisch hergerichteten<br />

Räumen des Schlosses Paretz<br />

Foto: Verein Historisches Paretz und Schloss Paretz e.V., 1994<br />

Doch zurück ins Frühjahr 1991. Als erste Voraussetzung, um überhaupt Besucher in den<br />

Schlossgarten hineinlassen zu können, mussten die in mehr als 20 Jahren Nichtnutzung<br />

zugewachsenen Wege erst einmal durch die damals drei Hausmeister der Güterverwaltung<br />

freigelegt werden. Der Verein gab erste Beschilderungen in Auftrag. Die Besucherzahlen<br />

stiegen sprunghaft an, als das Wetter besser zu werden begann – Schnuppertourismus nannte<br />

man das.<br />

Am 9. August 1991 wurde im Schloss Paretz mit der Eröffnung der gemeinsam von der<br />

Stiftung Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci und dem Verein Historisches Paretz getragenen<br />

Ausstellung »Paretz – Eine märkische Residenz um 1800« zum ersten Mal nach 1945<br />

wieder an die museale Tradition dieses ehrwürdigen Hauses angeknüpft. Für die Ausstellung<br />

standen drei Räume in dem ansonsten außen wie innen bis zur Unkenntlichkeit entstellten<br />

Gebäude zur Verfügung. Es waren dies zufällig auch die einzigen in ihrem Grundriss<br />

nicht veränderten Räume im ganzen Haus. Die Ausstellung war mit einfachsten Mitteln<br />

und ohne öffentliche Förderung von Frau Adelheid Schendel in kürzester Zeit auf die Beine<br />

gestellt worden und wurde ein großer Erfolg.<br />

Die im Jahre 1992 präsentierte Ausstellung zu den »Interieurs um 1800 – Die Wohnungen<br />

der Königin Luise« sahen in acht Wochen 7000 Besucher. Am Nachmittag vor der Eröffnung<br />

kam Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg nach Paretz, um gemeinsam mit allen am Auf-


282 Fördervereine<br />

bau Beteiligten bis spät in die Nacht die Ausstellung fertig zu stellen. 1993 öff<strong>net</strong>e die Schadow-Ausstellung<br />

»In stiller Begeisterung«. Zum ersten Mal gab es einen Katalog. 1994 folgte<br />

mit »Johann Heinrich Schröder – Preußische Porträts« die bis dahin hochkarätigste<br />

Ausstellung und 1995 »Schloss Paretz – ein königlicher Landsitz um 1800«. Diese wurde<br />

dann zu einer Dauerausstellung, die erst <strong>1999</strong> mit dem Beginn der Bauarbeiten am Schloss<br />

endete.<br />

Zur festen »Liturgie« der Ausstellungseröffnungen wurden die jedes mal wiederholte<br />

Hoffnung auf den baldigen Übergang des Schlosses in den Besitz des Landes Brandenburg<br />

und die sich daran anschließende Hoffnung auf den baldigen Beginn von Wiederherstellungsarbeiten<br />

am Schloss. Je mehr Jahre vergingen, um so ungläubiger wurden die Gesichter<br />

der Anwesenden, aber wie es Prof. Giersberg so treffend ausdrückte: »Wir hatten den<br />

Fuß in der Tür«, und das hat schließlich den Ausschlag gegeben.<br />

Bereits 1993 versuchte der Verein Historisches Paretz e.V., die Wiederherstellung des<br />

vorderen Mittelrisalits auf den Weg zu bringen, um so Druck für eine spätere Gesamtwiederherstellung<br />

zu erzeugen. Als dies nicht gelang, kamen die »Freunde der Preußischen<br />

Schlösser und Gärten e.V.« und unser Verein 1996 auf die Idee einer Simulation des Schlosses<br />

nach Berliner Vorbild. Mit dem Spendengeld der »Freunde« wurde das Vorhaben im Mai<br />

1996 verwirklicht, das für beträchtliches Aufsehen sorgte. Vor allem wurde das Ziel erreicht,<br />

der Öffentlichkeit zu demonstrieren, was dem Haus seit 1948 fehlte, und was es unbedingt<br />

zurückerhalten sollte.<br />

1991 hatte sich der Telefonbuchverlag der Essener A. Sutter Gruppe im einstigen Verwaltungsneubau<br />

am Schloss Paretz niedergelassen. Der Senior-Chef, Dr. Hans Friedrich<br />

Sutter, entwickelte sich schnell zum passionierten Paretz-Fan, wurde Mitglied des Vereins<br />

und unterstützte insbesondere finanziell dessen Bestrebungen hinsichtlich des Schlosses.<br />

Leider traten die Bemühungen, Schloss Paretz von vornherein in die in Gründung<br />

befindliche Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zu integrieren,<br />

auf der Stelle und Anfang 1993 wurde deutlich, dass dieses Vorhaben zunächst nicht zu<br />

realisieren war. Gleichzeitig gab es beunruhigende Anzeichen dafür, daß ein neuer agromax-Geschäftsführer<br />

das Schloss in ganz fremde Hände geben könnte. Das Gespenst einer<br />

Beauty-Farm geisterte durch den Raum. Von der Güterverwaltung wurde zudem die<br />

Sprachregelung ausgegeben, nicht mehr vom Schloss, sondern nur noch vom agromax-<br />

Haus zu sprechen. Hier waren es nun die »Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten<br />

e.V.«, die bis in die höchsten Etagen von Politik und Treuhand »Krach schlugen«. (Dies hatte<br />

sich bereits Jahrzehnte zuvor, 1948, als probates Mittel erwiesen, als es seinerzeit darum<br />

ging, das Schloss vor dem Abriss zu bewahren. Der völlig zu Unrecht vergessene, höchst<br />

verdienstvolle Berliner Magistratsangestellte Kurt Reutti ermunterte damals den späteren<br />

Sanssouci-Generaldirektor Prof. Willy Kurth zum Widerstand gegen die Abrisspläne. Mit<br />

Erfolg, wie wir heute nur dankbar konstatieren können.)<br />

Dem Einsatz der »Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e.V.« war es im<br />

wesentlichen zu danken, dass seither nur noch eine museale, auf alle Fälle aber öffentliche<br />

Nutzung für das Haus diskutiert wurde. Noch bei seinem letzten Besuch in Paretz, weni-


Verein Historisches Paretz und Schloss Parez e.V. 283<br />

ge Wochen vor seinem Tod im Mai 1993, gab der damalige Vorsitzende der »Freunde«, Prof.<br />

Dr. Otto von Simson, seinem Optimismus Ausdruck, dass sich mit Schloss Paretz bald alles<br />

zum Guten wenden würde. Er sollte recht behalten.<br />

Am letzten Maiwochenende 1993 verloren wir durch den plötzlichen Tod von Prof. von<br />

Simson und von Dr. Sutter zwei unserer wichtigsten Förderer und Fürsprecher. Am Tag<br />

nach diesem »schwarzen« Wochenende hätte es auch für Schloss Paretz ganz schlimm<br />

kommen können. Im »Gelben Salon« des Schlosses, heute wieder Gartensaal und Vestibül,<br />

trafen sich Vertreter des Finanzministeriums Brandenburg, der Güterverwaltung agromax,<br />

der Stadt Ketzin, der Sutter-Gruppe und des Verbandes Deutscher Handelsmühlen. Vertreter<br />

von Denkmalpflege und Schlösserstiftung waren nicht geladen. Der Verfasser war nur<br />

durch den Vertreter des Finanzministeriums hinzugeladen worden. Es ging dabei um nichts<br />

weniger als um die Frage eines Verkaufs des schon erwähnten Verwaltungsneubaues neben<br />

dem Schloss an die Sutter-Gruppe. Nachdem alle Anwesenden der Meinung schienen, dies<br />

wäre durchaus akzeptabel, wies der Verfasser darauf hin, dass es das Ende des Park- und<br />

Schlossensembles Paretz bedeuten würde, wenn ein so wichtiger Teil der Parkanlagen,<br />

noch dazu in unmittelbarer Schlossnähe, in fremden Besitz übergehen sollte. Der Verkauf<br />

unterblieb. Nicht zu verhindern war dagegen der Verkauf des am Rande des Schlossgeländes<br />

liegenden sogenannten Planteurhauses an den Verband Deutscher Handelsmühlen. Dieses<br />

markante kleine Gebäude ist jedoch durch seine neuen Besitzer in den Jahren 1995/96<br />

vorbildlich wiederhergestellt worden und könnte in nicht allzu ferner Zukunft durchaus<br />

wieder direkter Bestandteil des Schlossensembles werden, was es in gewissem Sinne nie<br />

aufgehört hatte zu sein.<br />

Nun trat die in Gründung befindliche Fachhochschule Potsdam auf den Plan. Sie schien<br />

der richtige Rettungsanker zu sein: Als Landeseinrichtung verfügte sie über einen entsprechenden<br />

Titel im Landeshaushalt, sie wollte in Paretz Gartendenkmalpfleger und Restauratoren<br />

ausbilden und auch ein Museum sollte es im Schloss Paretz geben. Das hörte sich<br />

zunächst einmal sehr gut an.<br />

Ein junges Architektenteam des Architekturbüros Kühn von Kähne und Lange aus Potsdam<br />

untersuchte im Frühjahr 1993 das Schloss und weitere in Frage kommende Gebäude<br />

in Paretz und entwickelte Planungen für die künftige Nutzung. Im Juni 1993 wurden die<br />

Ergebnisse einer Expertenrunde vorgestellt. Allerdings hatte man das versprochene Museum<br />

in der Planung vergessen! Das wurde schnell nachgeholt und damit erstmals die gesamte<br />

östliche Erdgeschosshälfte des Schlosses Paretz als museale Fläche festgeschrieben. Nachdem<br />

weitere zwei Jahre vergangen waren, ohne dass sich in Bezug auf Schloss Paretz etwas<br />

bewegt hatte, trafen sich im November 1995 auf Einladung des Ministeriums für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) Vertreter der Fachhochschule,<br />

der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und des Vereins,<br />

um das weitere Vorgehen zu beraten. Um die Voraussetzungen für den Ankauf durch das<br />

Land Brandenburg zu schaffen, akzeptierten alle Seiten die Fachhochschule Potsdam als<br />

künftigen Hauptnutzer des Schlosses. Diese sicherte im Gegenzug die Einrichtung des<br />

Museums im Ostteil des Schlosses zu.


284 Fördervereine<br />

Am 12. Januar 1997, auf den Tag genau 200 Jahre nach der Inbesitznahme von Paretz<br />

durch das preußische Königshaus, war es dann soweit: das Land Brandenburg wurde Besitzer<br />

des Schlosses Paretz sowie der dazu gehörigen Parkanlagen, Kirch- und Schlossgarten.<br />

Zugleich setzte das Land an diesem Tag die Fachhochschule Potsdam als künftigen Hauptnutzer<br />

ein. Jedoch nur einen Monat später, am 12. Februar 1997, wurde der Vorsitzende<br />

des Vereins Historisches Paretz zu einer Rektoratssitzung der Fachhochschule Potsdam ins<br />

Schloss Paretz gebeten, wo ihm dann kurzerhand eröff<strong>net</strong> wurde, dass es kein Museum im<br />

Schloss Paretz geben würde. Glücklicherweise kam just zu dieser Zeit das Angebot der Cornelsen-Kulturstiftung<br />

ins Spiel, die Restaurierung der seit 1947 in Potsdam eingelagerten<br />

Paretzer Tapeten mit einer großzügigen Spende zu unterstützen. Das Angebot würde aber<br />

nur zum Tragen kommen, wenn diese Tapeten im Anschluss an die Restaurierung nach<br />

Paretz in das Schloss und im Schloss an ihren einstigen Platz, d. h. an die Wände, die durch<br />

den Umbau der Räume nach 1945 nicht mehr existierten, zurückkehren würden. Ohne<br />

Erfüllung dieser Bedingungen gäbe es kein Geld!<br />

In einer Veranstaltung, die sich als Brainstorming bezeich<strong>net</strong>e, versuchte die Fachhochschule<br />

Potsdam am 27. Mai 1997 ihre Position zu retten. Es ging ihr u. a. darum, die<br />

»Geschichte der DDR zu respektieren« und die geänderte Raumaufteilung zu erhalten, was<br />

jedoch einer der Vorbedingungen der angebotenen Tapetenrestaurierung zuwider lief. Ihr<br />

Vorschlag, die Tapeten auf Schiebewände aufzubringen, die es dann ermöglichen würden,<br />

die eine und die andere Tapete sichtbar zu machen, stieß auf wenig Begeisterung. Zudem<br />

sprachen sich die Vertreter der Fachhochschule nun dezidiert gegen eine originalgetreue<br />

Wiederherstellung des Schlosses im Äußeren aus. Ein Studenten-Workshop entwickelte<br />

Vorschläge für eine Bebauung von Teilen des Schlossbereichs mit futuristisch anmutenden<br />

Gebäudestrukturen. Schuld an der Lage war nach Meinung der Fachhochschule Potsdam<br />

ohnehin der Verein Historisches Paretz, weil er angeblich bis dato kein schlüssiges Nutzungskonzept<br />

vorgelegt habe, was nicht stimmte. Trotzdem erstellte der Verein im Laufe<br />

des Sommers und des Herbstes 1997 in enger Zusammenarbeit mit der <strong>SPSG</strong> nochmals ein<br />

Konzept für die Tapetenrestaurierung sowie ein Bewirtschaftungskonzept für das künftige<br />

Museum. Auf eigene Kosten ließ der Verein außerdem durch das Büro Kühn von Kähne<br />

und Lange das Konzept für eine erste Bauplanung erstellen.<br />

Am 19. Dezember 1997 fand im Gebäude des Brandenburgischen Landtages eine vom<br />

MWFK einberufene Beratung statt, an der Dr. Wilhelm Neufeldt, Abteilungsleiter Kultur<br />

im MWFK, Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg, Generaldirektor der Stiftung, Prof. Dr. Detlef<br />

Karg, der Landeskonservator Brandenburgs, Prof. Dr. Helmut Knüppel, der Rektor der<br />

Fachhochschule Potsdam, und Prof. Dr. Thomas W. Gaehtgens, der neue Vorsitzende der<br />

»Freunde der preußischen Schlösser und Gärten e.V.« teilnahmen. Unsere vorgelegten Konzepte<br />

fanden hier schließlich allseitige Zustimmung und es wurde Übereinstimmung darin<br />

erreicht, dass es künftig ein Museum im Schloss Paretz geben solle. Als Träger dieses<br />

Museums sollte der Verein Historisches Paretz e.V. fungieren, zumindest solange, bis die<br />

Verhältnisse reif für eine Übernahme des Schlosses durch die Stiftung Preußische Schlösser<br />

und Gärten Berlin-Brandenburg sein würden.


Verein Historisches Paretz und Schloss Parez e.V. 285<br />

Unser Verein, insbesondere aber die Öffentlichkeit in Berlin-Brandenburg hat Prof.<br />

Gaehtgens unglaublich viel zu verdanken, auch was das Schloss Paretz betrifft. Als es noch<br />

um den Erwerb des Schlosses durch das Land Brandenburg ging, später um dessen Wiederherstellung<br />

und auch in allen Fragen, die die Einrichtung des Schlossmuseums anbelangten,<br />

kämpfte er in vorderster Linie für diese Ziele. Der Verfasser erinnert sich des<br />

gemeinsamen Besuchs mit ihm und mit Dr. Burkhardt Göres, dem Schlösserdirektor der<br />

Stiftung, im Sommer 1996 in Hemmelmark bei Herzog Christian Ludwig zu Mecklenburg<br />

und seiner Familie. Zu klären waren wichtige Fragen der Einrichtung des künftigen Schlossmuseums,<br />

und die Klärung gelang. Prof. Gaehtgens war es auch, der nach dem Brainstorming<br />

im Mai 1997, bei dem er selbst nicht anwesend war, energischen Protest auf allen Ebenen<br />

gegen die Blockadehaltung der Fachhochschule Potsdam anmeldete und der nun bei<br />

der Beratung im Dezember 1997 ebenfalls der Diskussion die entscheidende Wende gab.<br />

Zu seinem 60. Geburtstag im Juni <strong>2000</strong> wurde Prof. Gaehtgens eine Festschrift überreicht,<br />

die bewusst den auf Schloss Paretz bezogenen Titel »Wo ist denn hier das Schloss?« trug<br />

und auf dem Umschlag ein Tapetenmotiv aus dem Gesellschaftssaal des Schlosses Paretz<br />

zeigte. Die Festschrift war auch eine Reverenz an die Verdienste des Jubilars bei der Gewinnung<br />

der Cornelsen-Kulturstiftung für die Restaurierung der Paretzer Tapeten.<br />

Es verging wieder ein Jahr, in welchem die Fachhochschule Potsdam mit einer Ausstellung<br />

anlässlich des 250. Geburtstages von David Gilly »Vom Schönen und Nützlichen«<br />

einen bedeutenden Akzent in ihrem fünf Jahre währenden Wirken in Paretz setzte. Parallel<br />

dazu hatte der Verein in seiner Dauerausstellung eine Dia-Ton-Projektion zum Aufbau<br />

des künftigen Schlossmuseums entwickelt. Im Januar <strong>1999</strong> informierte das MWFK den Verein<br />

auf dessen Nachfrage, dass noch im ersten Quartal <strong>1999</strong> eine Entscheidung zur Umsetzung<br />

des Beschlusses vom Dezember 1997 zu erwarten sei. Im März <strong>1999</strong> teilte das MWFK<br />

mit, dass von Seiten des Landes Brandenburg entschieden worden sei, bis zur Bundesgartenschau<br />

2001 in Potsdam das Schloss Paretz äußerlich im Zustand der Entstehungszeit von<br />

1797, die ehemals königlichen Wohnräume in ihrer historischen Raumstruktur und den<br />

Vorplatz des Schlosses ebenfalls entsprechend dem historischen Vorbild wiederherzustellen!<br />

Als Baubeginn wurde Mai <strong>1999</strong> genannt.<br />

Am 6. Mai <strong>1999</strong> trafen sich vor dem Schloss Paretz erstmals die künftigen Hauptbeteiligten<br />

dieser Bauaktion: Der Architekt Dr. Alfons Schmidt und seine Bauleiterin Beate Petri<br />

von der Sonderbauleitung Potsdam, Adelheid Schendel, Kustodin der Plankammer der Stiftung,<br />

zugleich stellvertretende Vorsitzende des Vereins Historisches Paretz und Matthias<br />

Marr als Vorsitzender des Vereins.<br />

Das Bauvorhaben war eine Landesbaumaßnahme und formell zunächst auf die Bedürfnisse<br />

der Fachhochschule Potsdam als dem Hauptnutzer ausgerichtet. Das Museum, für das<br />

die Räume im Ostteil des Erdgeschosses hergerichtet werden sollten, sollte weiterhin vom<br />

Verein Historisches Paretz e.V. getragen und dieser dabei von der Stiftung Preußische<br />

Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg unterstützt werden. Tatsächlich gab es aber von<br />

Seiten der Fachhochschule erhebliche Widerstände gegen die Planungen und besonders<br />

gegen ihre auf den Bauzustand von 1800 bezogene Ausrichtung. Favorisiert wurde von dort


286 Fördervereine<br />

vielmehr eine zumindestens teilweise Konservierung des DDR-Zustandes, später auch ein<br />

Mehr-Sterne-Restaurant bzw. Cafe im Bereich der ehemaligen Kantine. Deshalb sollten z. B.<br />

auch die erwähnten hässlichen Anbauten auf der Gartenseite erhalten bleiben, doch die<br />

Entwicklung ging über solche Überlegungen glücklicherweise schnell hinweg.<br />

Die Anbauten, der Glasgang, die Mauer zwischen Gutshof und Schlossbereich fielen<br />

ebenso, wie im Inneren die abgehängte Decke des sogenannten Gelben Salons und der<br />

dicke Beton-Estrich. Am Jahresende <strong>1999</strong> war das Haus dann zwar ein Rohbau, ohne Putz,<br />

mit teilweise zugemauerten Fenstern, in dessen Inneren man durch eine Sandwüste watete,<br />

aber das störte überhaupt nicht, denn im scheinbar ruinösen Zustand traten bereits die<br />

alten neuen Strukturen deutlich hervor.<br />

Zur Überraschung aller kam die alte Treppe vor dem Mitteleingang der Vorderseite unter<br />

dem Beton aus der Zeit von 1948 wieder hervor, bei den anderen Treppen fanden sich<br />

zumindest bedeutende Reste wieder an. Im Haupttreppenhaus und in dem langen Flur zum<br />

Vestibül kamen unter den Fliesen aus der DDR-Zeit die alten Sandsteinplatten des Fußbodens<br />

wieder zum Vorschein.<br />

Und schließlich der sensationellste Fund: Reste der 1947 nicht geborgenen Tapete des<br />

Arbeitszimmers Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Es war vorher von den beteiligten Vertretern<br />

des Vereins darum gebeten worden, die Bauleute zu instruieren, dass beim Aufnehmen<br />

der Fußböden, Balkenlagen usw. möglicherweise auftauchende Gegenstände, darunter<br />

Papiere und auch Papierreste, unbedingt sichergestellt werden sollten. Gedacht<br />

wurde dabei eigentlich an 1945 verschollene Unterlagen wie das Schlossinventar, Gartenpläne<br />

und Auslagerungslisten von Kunstgut aus der Zeit 1942 bis 1945. Stattdessen tauchte<br />

zunächst eine größere Anzahl von Leinen-Servietten (mit Monogramm!) besterhalten in<br />

der Lehmschüttung des Dachbodens des Schlosses auf. Es folgten an gleicher Stelle tatsächlich<br />

Papierreste und darunter die ersten beiden kleinen Stücke der erwähnten Tapete. Je<br />

mehr die Bauleute dann auf dem Dachboden vorankamen, um so umfangreicher wurden<br />

die Funde, so dass wir schließlich einen besonders großen Karton auf den Boden stellen<br />

mussten. Der Rest ist bekannt. Diese Funde lieferten die Grundlage für die Rekonstruktion<br />

der Tapete und der Weinlaub-Bordüre des Arbeitszimmers. Außerdem fanden sich noch<br />

kleinste Reste anderer Tapeten und einer sowjetischen Zeitung vom 1. Mai 1946 an.<br />

Es herrschte so etwas wie Goldgräberstimmung und auch die Bauberatungen waren<br />

recht unkonventionell. Für uns vom Verein Historisches Paretz, Frau Schendel ganz besonders,<br />

die sich immerhin schon seit 1970 für Paretz eingesetzt hatte, war es eine besondere<br />

Genugtuung mitzuerleben, wie das, was wir in jahrelanger Arbeit an Fotos, an Zeichnungen<br />

und Augenzeugen-Aussagen zusammengetragen hatten, nun Früchte trug.<br />

Als Beispiel sei hier nur der Architekt Karl August Henry (1909–1994) genannt. Er wurde<br />

in Uetz geboren, seit 1910 war sein Vater Lehrer in Paretz und verfasste bis zu seinem Tode<br />

1946 eine mehrbändige Dorf- und Schulchronik von Paretz, die für uns eine der wesentlichen<br />

Quellen für die Rekonstruktion des Schlosses in der Zeit seit <strong>1999</strong> darstellte. K. A.<br />

Henry führte als Gymnasiast in den zwanziger Jahren Besuchergruppen durch das Schloss<br />

Paretz und studierte später an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg Archi-


tektur. Im Zusammenhang mit der Anfertigung seiner Diplomarbeit wurde ihm das Aufmaß<br />

eines ihm bekannten Gebäudes aufgegeben. Er wählte Schloss Paretz. Sein erster größerer<br />

Auftrag war im Jahre 1939 die originalgetreue Wiederherstellung der Dorfkirche Paretz.<br />

Dieser Auftrag kam kriegsbedingt nicht zur Ausführung. Nach Krieg und Gefangenschaft<br />

nahm er eine Tätigkeit bei der Landbauprojektierung (Lapro) in Potsdam auf und war hier<br />

ausgerech<strong>net</strong> in den sechziger Jahren mit den Umbauten am Schloss Paretz befaßt. Der Verfasser<br />

lernte ihn im Jahre 1988 kennen und in der Folge ergaben sich über mehrere Jahre<br />

intensive Gesprächskontakte. Die Aufmasszeichnungen des Schlosses, die er der Plankammer<br />

der Stiftung übergab, Fotos und vieles, was er uns mündlich übermittelt hatte, wurde<br />

zu einer wichtigen Grundlage der Wiederherstellungsarbeiten.<br />

Gleiches galt für die Kontakte zur Herzogin Barbara zu Mecklenburg, geb. Prinzessin<br />

von Preußen (1920–1994), die uns schon 1991 den Zugang zum Hausarchiv ihres Großvaters,<br />

des Prinzen Heinrich von Preußen (1862–1929), ermöglicht hatte. Besonders stolz ist<br />

der Verfasser auf die erfolgreiche Suche nach dem Nachlass der Fotografin Gretel Botzke<br />

(1901–1985), die Paretz in den zwanziger und dreißiger Jahre in ungezählten Bildern festgehalten<br />

hatte und die als Tochter des damaligen Schlossverwalters von Paretz, Wilhelm<br />

Botzke, im Schloss regelrechte »fotografische Narrenfreiheit« genoss, wodurch ihre Fotografien<br />

heute für uns von geradezu unschätzbarem Wert sind.<br />

Im Herbst <strong>1999</strong> erklärte die Fachhochschule Potsdam ihren Rückzug von der Nutzung<br />

des Schlosses Paretz und damit war der Weg frei für die Stiftung Preußische Schlösser und<br />

Gärten Berlin-Brandenburg. Nun bedurfte es auch nicht mehr des Vereins Historisches<br />

Paretz als Träger des Museums, denn statt der Minimal- war die Maximalvariante Wirklichkeit<br />

und damit eines der wichtigsten Ziele des Vereins erreicht worden.<br />

Die beharrliche Arbeit des Vereins Historisches Paretz e.V. seit seiner Gründung bildete<br />

die Grundlage für die Verwirklichung des »Wunders von Paretz«, das wir alle gemeinsam<br />

im Herbst 2001 mit der Wiederherstellung des Schlossäußeren und der Eröffnung des<br />

Museums in den rückgebauten Räumen der Königswohnung mit ihren prachtvollen Tapeten<br />

erleben durften. Ein wichtiges Ziel war damit erreicht, aber zur Umsetzung eines weiteren<br />

1990 erklärten Ziels des Vereins, der Wiederherstellung des Gesamtensembles Paretz,<br />

geht die Arbeit für die nun 200 Mitglieder jetzt erst richtig los.<br />

Matthias Marr<br />

Verein Historisches Paretz und Schloss Parez e.V. 287


Abb. Abbildung<br />

Abt. Abteilung<br />

Anh. Anhang<br />

Anm. Anmerkung<br />

Aufl. Auflage<br />

B. Breite<br />

Bd. Band<br />

Bde. Bände<br />

bearb. bearbeitet<br />

Beih. Beiheft<br />

bez. bezeich<strong>net</strong><br />

Bl. Blatt<br />

bzw. beziehungsweise<br />

d. Ä. der Ältere<br />

d. h. das heißt<br />

d.i. das ist<br />

d. J. der Jüngere<br />

dat. datiert<br />

ders. derselbe<br />

dies. dieselbe<br />

Diss. Dissertation<br />

Dm. Durchmesser<br />

f. folgende<br />

fol. folio<br />

H. Höhe<br />

hrsg. herausgegeben<br />

Hrsg. Herausgeber<br />

i. D. im Druck<br />

Inv. Nr. Inventarnummer<br />

Jg. Jahrgang<br />

Jh. Jahrhundert<br />

Kat. Katalog<br />

Kat. Nr. Katalognummer<br />

L. Länge<br />

Lit. Literatur<br />

Ms. Manuskript<br />

N. F. Neue Folge<br />

Abkürzungen<br />

Nr. Nummer<br />

o. J. ohne Jahr<br />

o. O. ohne Ort<br />

o. O. u. J. ohne Ort und Jahr<br />

R. Reihe<br />

S. Seite<br />

s. siehe<br />

sign. signiert<br />

Slg. Sammlung<br />

Sp. Spalte<br />

Suppl. Supplement<br />

T. Tiefe<br />

Tab. Tabelle<br />

Taf. Tafel<br />

u. a. unter anderem<br />

u. l. unten links<br />

u. r. unten rechts<br />

vgl. vergleiche<br />

v. l. n. r. von links nach rechts<br />

z. B. zum Beispiel<br />

z. Z. zur Zeit<br />

BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv<br />

Potsdam<br />

GStAPK Geheimes Staatsarchiv<br />

Preußischer Kulturbesitz<br />

MWFK Ministerium für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur des<br />

Landes Brandenburg<br />

SBBPK Staatsbibliothek Berlin, Preußischer<br />

Kulturbesitz<br />

SMBPK Staatliche Museen zu Berlin –<br />

Preußischer Kulturbesitz<br />

<strong>SPSG</strong> Stiftung Preußische Schlösser<br />

und Gärten Berlin-Brandenburg

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