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Austria latina

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<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong><br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 1


Die Karte zeigt Österreich zur Römerzeit (nach 15 v.Chr.).<br />

• Markiere die Gebiete der drei römischen Provinzen<br />

Noricum, Pannonien und Raetien färbig!<br />

• Finde heraus, wie die Orte, die in der Karte verzeichnet<br />

sind, heute heißen!<br />

Zeittafel<br />

bis ca. Österreich wird von den Illyrern besiedelt, (sog.<br />

500 v. „Hallstatt - Kultur“ = ältere Eisenzeit).<br />

ab 500 v. Ausbreitung der Kelten (= Gallier ; sog. „La Tène-<br />

Kultur“ = jüngere Eisenzeit) in ganz Europa: Von<br />

Britannien im bis in die Türkei im Osten.<br />

um 200 v. Auf österreichischem Boden entsteht das erste<br />

staatliche Gebilde, das Regnum Noricum (Noriker =<br />

ein ostkeltischer Stamm); wegen der Bodenschätze<br />

(besonders Eisen und Salz) bestehen enge<br />

Handelskontakte mit dem römischen Reich.<br />

113 v. Eindringende Germanenstämme (Kimbern und<br />

Teutonen) besiegen bei Noreia (Grenzgebiet<br />

Stmk./Kärnten) ein römisches Heer.<br />

um<br />

Christi<br />

Geb. –<br />

1.Jh. n.<br />

die Römer errichten auf dem Gebiet des heutigen<br />

Österreich drei Provinzen:<br />

♦ NORICUM: 15 v. Chr. kampflos besetzt;<br />

Hauptstadt: Virunum (bei Klagenfurt)<br />

♦ PANNONIA: vom späteren Kaiser Tiberius<br />

militärisch erobert; wichtige Städte: Carnuntum<br />

(bei Petronell ), Vindobona<br />

♦ RAETIA<br />

170 – 180<br />

n. Chr.<br />

Zur Sicherung der Grenze gegen die Germanen im<br />

Norden wird entlang von Donau und Rhein ein<br />

befestigter Grenzwall, der sog. Limes, angelegt.<br />

Die kriegerischen Germanenstämme der<br />

Marcomannen und Quaden überrennen die<br />

römischen Grenzbefestigungen an der Donau und<br />

stoßen bis Aquileia (bei Triest) vor; der römische<br />

Kaiser Marcus Aurelius hält sich längere Zeit in<br />

Vindobona auf, um die militärischen Aktionen<br />

gegen die Germanen zu leiten; er stirbt angeblich 180<br />

in Vindobona (eher aber in Sirmium bei Belgrad).<br />

193 n. In Carnuntum rufen die pannonischen Truppen<br />

ihren Befehlshaber Septimius Severus zum Kaiser<br />

des römischen Reiches aus ( „Soldatenkaiser“).<br />

um 300 Florian, der erste bekannte österreichische Märtyrer,<br />

wird im Zuge der Christenverfolgungen in der Enns<br />

ertränkt.<br />

308 In Carnuntum findet ein „Vier-Kaiser-Treffen“<br />

statt; in Rom regieren zu dieser Zeit zwei<br />

Hauptkaiser („Augusti“) und ihre designierten<br />

Nachfolger („Caesares“) – daran erinnert das sog.<br />

„Heidentor“ bei Carnuntum.<br />

um 400 Verwüstungen durch eindringende Germanen<br />

(Völkerwanderung!), Zerstörung Carnuntums.<br />

um 470 Der heilige Severin, ein römischer Christ, vermittelt<br />

zwischen der ansässigen romanischen Bevölkerung<br />

und den Germanen; er stirbt in Favianis (Mautern<br />

bei Krems).<br />

488 Die letzten Romanen verlassen den Donauraum<br />

nach Süden; germ. Stämme besiedeln die Gegend.<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 2


Erste Kontakte mit den Kelten (186v.Chr.) 1<br />

Eodem anno Galli Transalpini transgressi 2 in Venetiam sine<br />

populatione 3 aut bello haud procul inde, ubi nunc Aquileia est,<br />

locum oppido condendo ceperunt. legatis Romanis de ea re<br />

trans Alpes missis responsum est neque profectos 4 ex<br />

auctoritate 5 gentis eos, nec quid in Italia facerent sese 6 scire.<br />

Erst drei Jahre später wird ein Prätor damit beauftragt, gegen die<br />

Siedler vorzugehen:<br />

Galli Transalpini per saltus 7 ignotae 8 antea viae, ut ante dictum<br />

est, in Italiam transgressi oppidum in agro, qui nunc est<br />

Aquileiensis, aedificabant. id 9 eos ut prohiberet, quod eius sine<br />

bello posset, praetori mandatum est. si armis prohibendi essent,<br />

consules certiores faceret 10 : ex his placere alterum adversus<br />

Gallos ducere legiones.<br />

Die Gallier ergeben sich freiwillig dem Konsul, beklagen sich dann<br />

aber in Rom, dass ihnen alles weggenommen worden sei. Der Senat<br />

lässt ihnen ihr Eigentum wieder zurückgeben unter der Auflage, dass<br />

sie sich aus der Provinz entfernen und nicht wiederkommen.<br />

1 Livius 39,22,6-7; 39,45,6-7; 39,54-55,3 (gekürzt)<br />

2 transgredior überqueren, überschreiten<br />

3 populatio Plünderung, Verwüstung<br />

4 proficiscor aufbrechen, sich auf den Weg machen<br />

5 auctoritas Wille, Antrieb, Beschluss; Ansehen, Einfluss<br />

6 sese = se<br />

7 saltus Schlucht, Pass, Engpass<br />

8 ignotus unbekannt<br />

9 erg. facere<br />

10 certiorem/-es facere in Kenntnis setzen, benachrichtigen<br />

advenienti 11 consuli Galli sese dediderunt 12 . duodecim milia<br />

armatorum 13 erant: plerique arma ex agris rapta habebant: ea<br />

aegre 14 patientibus iis adempta 15 , quaeque 16 alia aut populantes<br />

agros rapuerant aut secum attulerant. de his rebus qui<br />

quererentur 17 , legatos Romam miserunt. introducti in senatum<br />

a C. Valerio praetore exposuerunt 18 se superante in Gallia<br />

multitudine inopia 19 coactos agri et egestate 20 ad quaerendam<br />

sedem Alpes transgressos, quae inculta 21 per solitudines 22<br />

viderent, ibi sine ullius iniuria consedisse. oppidum quoque<br />

aedificare coepisse, quod indicium esset nec agro nec urbi ulli<br />

vim adlaturos 23 uenisse.<br />

[...]<br />

orare se senatum populumque Romanum, ne in se innoxios 24<br />

deditos acerbius 25 quam in hostes saeuirent 26 . huic orationi<br />

senatus ita responderi iussit, neque illos recte fecisse, cum in<br />

Italiam venerint oppidumque in alieno agro, nullius Romani<br />

11<br />

advenio ankommen, herankommen<br />

12<br />

se dedere sich ergeben<br />

13<br />

armatus Bewaffneter<br />

14<br />

aegre ungern, mit Überwindung<br />

15<br />

adimo wegnehmen, rauben, entreissen; erg. sunt<br />

16<br />

quaeque = et quae<br />

17<br />

queror sich beklagen<br />

18<br />

exponere erzählen, ausführen<br />

19<br />

inopia Not<br />

20<br />

egestas Elend, Armut<br />

21<br />

incultus unbebaut, verwildert<br />

22<br />

solitudo Wildnis, Verlassenheit<br />

23<br />

vim afferre Gewalt antun<br />

24<br />

innoxius unschuldig, schuldlos<br />

25<br />

acerbus hart<br />

26<br />

saevio wüten, verfahren gegen jemanden<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 3


magistratus, qui ei provinciae praeesset 27 , permissu 28 aedificare<br />

conati sint 29 ; neque senatui placere deditos spoliari 30 . itaque se<br />

cum iis legatos ad consulem missuros, qui, si redeant, unde<br />

venerint, omnia iis sua reddi 31 iubeant, quique protinus eant<br />

trans Alpes, et denuntient 32 Gallicis populis, multitudinem<br />

suam domi contineant 33 .<br />

[...]<br />

Galli, redditis omnibus, quae sine cuiusquam iniuria habebant,<br />

Italia excesserunt 34 .<br />

Die entgegenkommende Haltung der Römer bei der Beschwerdeführung<br />

lässt darauf schließen, dass es bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

Handelsinteressen auf norischem Gebiet gab. Mit dem Ende des 2. Jh.<br />

v.Chr. wurde dann auch die wirtschaftliche Abhängigkeit des regnum<br />

Noricum von Rom immer größer.<br />

Um ähnliche Versuche der Kelten in Zukunft trotzdem zu<br />

vermeiden, wurde im Jahr 181 v. Chr. unweit des oppidums der<br />

Kelten die Kolonie Aquileia gegründet.<br />

Waren zuerst Sicherheitsaspekte für diese Gründung ausschlaggebend,<br />

entwickelte sich Aquileia innerhalb kürzester Zeit zu einem<br />

der wichtigsten Handelsplätze im Ostalpenraum. Aquileia war auch<br />

Ausgangspunkt für die Romanisierung der Alpenregion und in<br />

späterer Zeit für die Christianisierung dieses Gebiets.<br />

27 praesum vorstehen, an der Spitze stehen<br />

28 permissu mit Erlaubnis<br />

29 conor 1 versuchen<br />

30 spolio 1 plündern, (be)rauben<br />

31 reddo zurückgeben<br />

32 denuntio ausrichten, melden<br />

33 contineo festhalten, halten, zurückhalten<br />

34 excedo verlassen<br />

Eingliederung ins Reich<br />

Im Tatenbericht des Kaisers Augustus 35 kann man dann vom<br />

Endpunkt dieser "Romanisierung" lesen:<br />

Omnium provinc[iarum populi Romani], quibus finitimae<br />

fuerunt gentes quae n[on parerent imperio nos]tro, fines auxi.<br />

Gallias et Hispanias provi[n]cias, [item Germaniam qua clau]dit<br />

Oceanus a Gadibus 36 ad ostium Albis 37 flumin[is pacavi. Alpes<br />

a r]egione ea, quae proxima est Hadriano mari, [ad Tuscum 38<br />

pacari 39 fec]i nulli genti bello per iniuriam inlato 40 .<br />

Bei C. Plinius Secundus 41 ist eine Inschrift überliefert, die den<br />

Abschluss der Unterwerfung der Alpenvölker symbolisch<br />

zusammenfasst. In ihr sind über 40 Namen von Völkern enthalten,<br />

die unter römische Hoheit gebracht wurden.<br />

Enthalten ist auch der Name der Briganten, die zu den keltischen<br />

Vindelikern gehörten, die im Raum des heutigen Bregenz beheimatet<br />

waren:<br />

35 Augustus, Res gestae 26 -<br />

36 Gades (alte phönikische Stadt) Cadiz<br />

37 Albis,-is m. Elbe<br />

38 Tuscum mare Tyrrhenische Meer<br />

39 pacare unterwerfen, befrieden<br />

40 bellum inferre + Dat. Krieg gegen jemanden beginnen, bekriegen, angreifen<br />

41 Plin. sec. n.h. 3, 136 f.; nur selten ist bei einem Autor den Text einer Inschrift<br />

überliefert. Sonst muss man sich mehr mit dem archäologischen Material zufrieden<br />

geben, das aber trotzdem sehr gut über über die Verhältnisse informieren kann. Da<br />

in unserem Raum die Anzahl der gefundenen Inschriften sehr groß ist, weiß man<br />

auch sehr gut über Handwerk, Freizeit, Kultvereine usw. Bescheid.<br />

Die Wissenschaft, die sich mit dem Entziffern von Inschriften befasst, heißt<br />

Epigraphik. Die wichtigsten Arten von Inschriften sind: Grabinschriften,<br />

Weihinschriften, Kaiserinschriften (Ehreninschriften, Bauinschriften).<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 4


CIL V 7817 (6 v. Chr.)<br />

IMP : CAESARI DIVI FILIO AVG : PONT : MAX : IMP : XIIII :<br />

TR : POT : XVII : S : P : Q : R : QVOD EIVS DVCTV<br />

AVSPICIISQVE GENTES ALPINAE OMNES QVAE A MARI<br />

SVPERO AD INFERVM PERTINEBANT SVB IMPERIVM P : R<br />

: SVNT REDACTAE : GENTES ALPINAE DEVICTAE<br />

TRVMPILINI : CAMVVNI : VENOSTES : VENNONETES :<br />

ISARCI : BREVNI : GENAVNES : FOCVNATES :<br />

VINDELICORVM GENTES QVATTVOR : COSVANETES :<br />

RVCINATES : LICATES : CATENATES : AMBISONTES :<br />

RVGVSCI : SVANETES : CALVCONES : BRIXENETES :<br />

LEPONTI : VBERI : NANTVATES : SEDVNI : VARAGRI :<br />

SALASSI : ACITAVONES : MEDVLLI : VCEENI : CATVRIGES<br />

: BRIGIANI : SOGIONTI : BRODIONTI : NEMALONI :<br />

EDENATES : VESVBIANI : VEAMINI : GALLITAE :<br />

TRIVLLATI : ECDINI : VERGVNNI : EGVI : TVRI :<br />

NEMATVRI : ORATELLI : NERVSI : VELAVNI : SVETRI.<br />

Die wichtigsten Arten von Inschriften<br />

Weiheinschriften<br />

Die Inschrift nennt den Namen der Gottheit, oft mit einer zusätzlichen<br />

Bezeichnung, im Dativ, dann den des Stifters. Oft wird<br />

erwähnt, dass dieser die Weihung für das Wohlergehen irgendjemandes<br />

oder PRO SALUTE SUA ET SUORUM vorgenommen<br />

hat. Den Abschluss bildet fast immer eine abgekürzte Weiheformel.<br />

Im Bereich des römischen Österreich wurden einheimische Gottheiten<br />

nur selten genannt, sondern wesensverwandten römischen<br />

angeglichen (=Interpretatio Romana).<br />

Übliche Abkürzungen:<br />

Götternamen:<br />

D S I M Deo Soli Invicto Mithrae<br />

D I M Deo Invicto Mithrae<br />

I O M Iovi Optimo Maximo<br />

D D Q. dis deabusque<br />

AVG Augustus/-a (als Epitheton)<br />

Weiheformeln:<br />

PRO SAL pro salute<br />

I D F. iussu dei/ deorum fecit (fecerunt)<br />

V S L L M votum solvit/ solverunt libens/ libentes laetus/<br />

laeti merito/ meritis<br />

Grabinschriften<br />

Grabinschriften wurden entweder auf hohen Pfeilern eingemeißelt<br />

(Grabstelen) oder auf kleineren Platten. Mitunter finden sich auch<br />

größere Steine, sogar mit Porträt der Verstorbenen. Grabinschriften<br />

nennen den Verstorbenen entweder im Nominativ oder der Name des<br />

Verstorbenen steht im Dativ mit der Angabe, wer die Grabinschrift<br />

gestiftet hat: Familienangehörige, Erben oder Menschen, die dem<br />

Verstorbenen verpflichtet waren.<br />

Übliche Abkürzungen:<br />

Einleitungsformeln:<br />

D M Di(i)s Manibus<br />

D M P S Dis Manibus (et) perpetuae securitate<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 5


Namen:<br />

A (Aulus), C (Gaius), D (Decimus), L (Lucius), M (Marcus oder<br />

Manius), N (Numerius), P (Publius), Q (Quintus), SEX (Sextus),<br />

SP (Spurius), T (Titus) TI(B) (Tiberius)<br />

Gentilnamen:<br />

AEL (Aelius), AVR (Aurelius), CL (Claudius), FL (Flavius), IVL<br />

(lulius), VLP (Ulpius) etc.<br />

Nach dem Genetiv eines Namens (abgek. Praenomen)<br />

F filius<br />

L libertus, liberta<br />

SER servus, serva<br />

Altersangaben:<br />

A, AN, ANN annorum (Gen. qual.)<br />

V A vixit annos<br />

Formeln:<br />

B M bene merenti, bonae memoriae<br />

F fecit, fecerunt<br />

F F filius fecit, filii fecerunt<br />

F F C filius faciendum curavit, filii faciendum<br />

curaverunt<br />

H F C heres faciendum curavit<br />

HH heredes<br />

H S E hic situs est/ sita est<br />

H S S hic siti/ sitae sunt<br />

P posuit/ posuerunt, positum<br />

P P parentes posuerunt, patronus posuit, pro pietate,<br />

parentibus pientissimis<br />

T F I testamento fieri iussit<br />

V F vivus/ viva/ vivi fecit/ fecerunt<br />

Eine Eigenheit römerzeitlicher Inschriften ist, dass aus Platzmangel<br />

oder Freude an der Form Buchstaben zusammengeschrieben werden,<br />

sodass sie einzelne Striche gemeinsam haben. Man nennt solche<br />

Verbindungen zweier oder mehrerer Buchstaben Ligaturen.<br />

Kaiserinschriften<br />

Eine besondere Gruppe bilden Inschriften, die röm. Kaiser nennen. Es<br />

gibt Ehreninschriften, die von Gemeinden oder Einzelpersonen<br />

errichtet wurden, oft zusammen mit Statuen des betreffenden Kaisers.<br />

Hier erscheint der Name des Geehrten im Dativ, zusammen mit den<br />

offiziellen Ämtern und Titeln. Die Stellung des röm. Kaisers beruhte<br />

auf der geschickten Kombination von Funktionen, die es in dieser oder<br />

jener Form bereits in der Republik gegeben hatte und die, zusammen<br />

mit dem Oberbefehl über das Heer, dem Kaiser seine überragende<br />

Stellung ermöglichten. Seit Augustus hat sich hier ein bestimmtes<br />

Schema herausgebildet:<br />

Bestandteile der Kaisertitulatur:<br />

IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS: dieser ab 27 v.Chr. offizielle<br />

Name des Kaisers Augustus bildet den Rahmen, in den die Kaiser ab<br />

dem späten 1. Jh. ihre eigenen Namen einfügten.<br />

PONTIFEX MAXIMUS: diese einflußreichste priesterliche Würde<br />

wird entsprechend einer alten Tradition an erster Stelle der Ämter<br />

angeführt.<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 6


TRIBUNICIA POTESTAS: eine Funktion von großer<br />

innenpolitischer Bedeutung. Ohne selbst Volkstribun zu sein, hat der<br />

Kaiser damit alle Befugnisse der Volkstribunen und vor allem den<br />

alten Schutzauftrag gegenüber dem Volk. Da sie jedes Jahr neu<br />

gezählt wird, lassen sich Kaiserinschriften durch die Angaben der<br />

tribunicia potestas (im Gen. od. Abl.) mit der entsprechenden<br />

Wiederholungszahl meist sehr genau datieren.<br />

IMPERATOR: außer der Bezeichnung "imperator" an der Spitze<br />

ihres Namens geben die Kaiser gelegentlich an, wie oft sie nach<br />

bedeutenden Siegen diesen schon in der Republik üblichen Titel<br />

formell angenommen haben.<br />

CONSUL: Kaiser nennen ihre Ämterlaufbahn nicht, wohl aber, wie<br />

oft sie das Konsulat bekleidet haben. Das Konsulat bestand in der<br />

Kaiserzeit weiter, wenn auch mit stark reduzierten Befugnissen.<br />

PATER PATRIAE: dieser Ehrentitel, den Augustus für den höchsten<br />

seiner Laufbahn angesehen hatte, ist auch späteren Kaisern nahezu<br />

regelmäßig verliehen worden.<br />

Zu diesen Angaben können noch eine kaiserliche Ahnenreihe treten,<br />

(besonders auffällig bei den sogenannten Adoptivkaisern). Dazu<br />

kommen gelegentlich Ehrennamen nach besiegten Völkerschaften, oft<br />

mit dem Zusatz maximus (z. B.: Parthicus maximus), und zusätzliche<br />

Lobsprüche, die im Laufe der Zeit zunehmen.<br />

Bauinschriften, Meilensteine<br />

Auf Bauinschriften bei Bauwerken, die entweder im Auftrag einer<br />

hochgestellten Person oder gar des Kaisers (alle militär. Anlagen)<br />

errichtet wurden, erscheint der Name des Stifters im Nominativ.<br />

Eine Mittelstellung zwischen Bau- und Ehreninschriften nehmen die<br />

Meilensteine ein, die entlang der wichtigsten Staatsstraßen aufgestellt<br />

wurden. Sie bekunden des Kaisers Fürsorge für das Straßenwesen,<br />

standen aber nicht in regelmäßigen Abständen oder gar im Abstand<br />

von jeweils einer Meile, und geben auch nicht immer die Entfernung<br />

von unabhängigen Städten an. Sie dienten oft nur als Wegweiser an<br />

schwierigen Straßenstücken. Es waren in der Regel Steinsäulen von<br />

ca. 50 cm Durchmesser, oft über 2m hoch. Der Wortlaut war<br />

anscheinend durch die Kanzlei des Statthalters einheitlich für die<br />

Provinz vorgeschriebenen.<br />

Übliche Abkürzungen:<br />

Kaisertitulatur:<br />

D dominus<br />

P P pater patriae<br />

D N dominus noster<br />

P F INV pius felix invictus<br />

AVGG Augusti duo (bei gemeinsamer Herrschaft)<br />

Dienstgrade:<br />

Auch militärische Angaben, wie Tribus oder militärische Dienstgrade<br />

werden zumeist durch mehrere Buchstaben abgekürzt. Inschriften<br />

römischer Soldaten haben folgendes Schema:<br />

Praenomen, Nomen gentile, Filiation, Tribus, Cognomen,<br />

Domus (Heimatort im Abl.), Dienstgrad, Altersangabe,<br />

Dienstzeit.<br />

MIL miles<br />

EQ eques<br />

P.P primus pilus, primipili (ranghöchster<br />

centurio)<br />

> (Sonderzeichen) centurion, centuria<br />

B oder B.F beneficiarius (Unteroffizier)<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 7


Funktionen in autonomen Städten:<br />

II VIR I D. duumvir iure dicundo<br />

AED aedilis<br />

AEDILIC aedilicia potestate, aedilicius (gewesener<br />

Aedil)<br />

Q quaestor<br />

DEC decurio<br />

D D decreto decurionum („auf Beschluß des<br />

Gemeinderates")<br />

P P pecunia publica<br />

IIIIIIVIRAVG sevir Augustalis (ein munizipiales<br />

Priesteramt zu Ehren des Augustus)<br />

RÖMISCHE BEAMTE:<br />

COS consul<br />

AVG augur<br />

PR, PRAET praetor<br />

TR PL tribunus plebis<br />

AED CVR aedilis curulis<br />

Q quaestor<br />

LEG LEG legatus legionis (mit Angabe der Truppe)<br />

LEG AVG PR PR legatus Augusti pro praetore (Statthalter d.<br />

Kaisers aus dem Senatorenstand)<br />

PROC procurator<br />

PRAEF praefectus<br />

PR praeses<br />

Achtung: Einzelne Abkürzungen können verschiedene<br />

Bedeutungen annehmen!<br />

Weiheinschrift für Isis Noreia 42<br />

Die Inschrift ist in die Ulrichsbergkirche eingemauert.<br />

NOREIAE ISIDI<br />

FECIT<br />

A. TREBONIVS<br />

Altarinschrift für die Stadtgöttin von Teurnia<br />

TEVRNIAE<br />

SANCTISSIM(ae)<br />

AVG(ustae) L. HERENNIUS<br />

EPICTETVS<br />

Weihinschrift eines Feldzeichenträgers für Jupiter<br />

Die Inschrift aus Carnuntum stammt aus dem 3.Jh. n.Chr.. Nachdem<br />

die legio XV Apollinaris Carnuntum endgültig verlassen hat, wurde<br />

hier die legio XIV Gemina Martia Victrix stationiert. Der Altar<br />

stammt aus Petronell und ist heute im Museum Carnuntinum.<br />

I O M I(ovi) O(ptimo) M(aximo)<br />

C VAL PASSER C(aius) VAL(erius) PASSER-<br />

IANUS IANUS<br />

SIGNIFER SIGNIFER<br />

LEG XIIII G LEG(ionis) XIIII G(eminae)<br />

V S L M V(otum) S(olvit) L(ibens) M(erito)<br />

42 CIL III 4810; Isis Noreia war Stammes- und Stadtgottheit der Noriker, Spenderin<br />

von Fruchtbarkeit und allen Segen, Herrin des Wassers und der Unterwelt<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 8


Grabinschrift für einen ausgedienten Soldaten<br />

Die Inschrift stammt aus dem 3.Jh.n.Chr. und befindet sich<br />

heute im Freilichtmuseum Carnuntum.<br />

C. VALERIVS C. FILIVS<br />

SECVNDVS<br />

DOMO CL(audio) VIR(uno) 43 VET(eranus)<br />

LEG XV APOL H S E<br />

SVADVLLA CON(iunx)<br />

IVLIVS TERTIVS<br />

SECVNDINA F(ilii)<br />

ET L. VIRI(us) VEREC(undus)<br />

H(eredes) F(acti) EX T(estamento) F(aciendum) C(uraverunt)<br />

Grabinschrift für einen Schuster<br />

Die Inschrift stammt aus dem 1.Jh.n.Chr. und befindet sich<br />

heute im Museum Carnuntinum.<br />

PEREGRINVS 44 Q.(uinti) ASI-<br />

NI(i) SER(us) SVTOR CALI-<br />

GARIUS 45 NATIONE<br />

DACVS 46 ANN(orum) XX<br />

H S E<br />

43 CL VIR aus Claudium Virunum<br />

44 Der Tote hat nur einen Namen und ist schon daran als Unfreier zu erkennen.<br />

45 Sutor caligarius Schuster, der Stiefel für die Armee anfertigt<br />

46 DACVS ein Daker<br />

Bauinschrift aus dem Jahr 163 oder 164 47<br />

47 http://www.uni-tuebingen.de/limes-museum/sqhm/alf/abb/ug/H_UG_Inschriften<br />

(Stand 15.4.2005)<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 9


Maria Saal – Kirche<br />

Westseite außen: Grabinschrift für Qu. Curius Junianus<br />

Q CVRIVS Q F IVNIANVS<br />

ET CVRIA SEX F QUARTA<br />

VXOR VIVI FEC SIBI ET<br />

Q IVNIO IVNIANO FIL<br />

ANN V<br />

Bauinschrift an der Orgelempore<br />

SVRREXI<br />

MIRACVLOSAE VIRGINIS LAVDI<br />

ARCHIEPISCOPI SALISBVRGENSIS<br />

ET INCLIJTAE PROVINCIAE<br />

LIBERALITATE PIJSQVE<br />

ALIORVM LEGATIS<br />

In dieser Inschrift ist ein Chronogramm enthalten. Ein<br />

Chronogramm ist ein Satz oder eine Inschrift, bei der alle darin<br />

vorkommenden Buchstaben, die zugleich römische Zahlensymbole<br />

sind (I, V, X, L, C, D, M), zusammengezählt die Jahreszahl des<br />

Ereignisses ergeben, auf das sich der Text des Chronogramms bezieht.<br />

Die Zahlensymbole sind hierbei meist hervorgehoben, etwa durch<br />

Großbuchstaben oder Vergoldung. Ein Chronogramm, dessen Text<br />

dem Versmaß des Distichon folgt, heißt Chronodistichon.<br />

Chronogramme waren besonders in der Barockzeit beliebt als<br />

Widmungsinschriften und als Epitaphe.<br />

hier: addiere alle vorkommenden Zahlzeichen, sie ergeben das Jahr der<br />

Erbauung der Orgel (Tipp: sogar zwei mal!)<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Nordseite – Sachsenkapelle, Grabplatte des<br />

Kindersarkophags<br />

D M<br />

SVCCESSE<br />

CL QVINT<br />

ILIANI<br />

ANCILLE<br />

VIBIVS FILI<br />

MATRI FEC<br />

Inschriften auf der großen Glocke im Nordturm<br />

HIS FRATRIBVS GEORGIO NICOLAO ET<br />

VVOLFFGANGO ANDREA AB VRSINIS ET ROSENBERG<br />

CAESARI LEOPOLDO VICTORI A CONSILIIS<br />

ANNO IN QVO IOANNES ERNESTVS COMES A THVN<br />

PRINCEPS AC ARCHIEPISCOPIVS SALISBVRGENSIS<br />

CREATVS<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 10


Südfassade: Grabinschriften:<br />

C CAVILLIVS<br />

PECVLIARIS<br />

V F SIBI ET<br />

IVLIAE TERTVLLIAE<br />

H M H N S<br />

Maria Saal – Propstei<br />

Umschrift:<br />

C(aius) CAVILLIVS<br />

PECVLIARIS<br />

V(ivus) F(ecit) SIBI ET<br />

IVLIAE TERTVLLIAE<br />

H(oc) M(onumentum) H(eredem) N(on) S(equit)<br />

Laubengang: Grabinschriften:<br />

Q ATERIVS<br />

HERMA ET ATERI<br />

PRIMIGENIAE<br />

UX ET INGENVAE<br />

FIL FEC<br />

NARDINE AN V<br />

ET SECVDAE AN XV<br />

CASIME AN XX<br />

Maria Saal – Pfarrhof<br />

Hauseingang – Türsturz: Segens- und Bauinschrift<br />

NISI DNS CVSTODIERIT DOMVM FRVSTRA VIGILAT QVI<br />

CVSTODIT EAM PS 126<br />

D H SIBI ET POSTERIS FC A R D I P D S MDCLXX<br />

Umschrift:<br />

NISI D(omi)N(u)S CVSTODIERIT DOMVM FRVSTRA<br />

VIGILAT QVI CVSTODIT EAM PS(almus) 126<br />

D(omum) H(anc) SIBI ET POSTERIS F(e)C(it) A(dmodum)<br />

R(everendus) D(ominus) I(oannes) P(raepositu)S D(ecanus)<br />

S(olii) MDCLXX<br />

Mesnerhaus (Abgang zum Garten, rechts): Grabinschrift<br />

PRIMIANVS<br />

SIBI ET VAL PROCVLE<br />

CON KAR O ANN XXX<br />

ET ANTO VRSE CO PI<br />

Karner: Grabinschrift<br />

L BARBIO<br />

L F SPERATO<br />

ET BARBIAE Q F<br />

AVGURINAE<br />

SEX BARBIVS<br />

FINITVS F F<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 11


Arndorf<br />

Haus Nr. 6 (Dörfler): Grabinschrift<br />

DOMESTICO<br />

SEX CVRI BASSI<br />

L ET PONTIAE SEC<br />

VNDAE VXORI<br />

VIVAE F V F ET<br />

AVITO F ANN X<br />

PONTIO SECVNDO AN L<br />

Grabinschrift<br />

VEGETO<br />

SECVNDI F ET<br />

SATVRNINAE<br />

GEMELLI F<br />

CONIV<br />

Töltschach<br />

Stallgebäude: Fragmente von Grab- und Weiheinschriften<br />

Nebengebäude westlich des Stalles:<br />

Bruchstück einer Renovierungsinschrift vom Bühnengebäude des<br />

römischen Theaters von Virunum. Der Name des Kaisers Elagabal<br />

(Marcus Aurelius Antoninus) und seines Thronfolgers (=Caesar)<br />

Marcus Aurelius Alexander werden angeführt, der Name des<br />

Thronfolgers ist zwar getilgt, aber lesbar. Das ist damit zu erklären,<br />

dass beide nach ihrem Tod der damnatio memoriae verfielen,<br />

woraufhin die Namen eradiert wurden. Der Name des Elagabal ist<br />

wohl versehentlich nicht getilgt worden, da seine hier angeführte<br />

Titulatur der des Kaisers Caracalla gleicht.<br />

[I]MP(erator) CAES(ar) M(arcus) AVREL(ius)<br />

[A]NTONINVS PIVS FELIX<br />

[IN]VICTUS AVG(ustus) CO(n)S(ul) III P(ater) P(atriae)<br />

[sac]ERDOS AMPLISSIMVS ET<br />

[M(arcus) Au]REL(ius) ALEXANDER CAES(ar)<br />

Grabaltar (links vom Eingang) für einen ehemaligen Zenturio<br />

P(ublio) AELIO<br />

CLEMENTI<br />

VETER(ano) EX (centurione)<br />

ET CL(audiae) CARAE<br />

VXORI<br />

F(ilii) F(ecerunt)<br />

Wirtschaftsgebäude südlich der Straße: Tafel mit<br />

Mitgliederverzeichnis eines Vereins der Zimmerleute. Die Namen<br />

(männliche und weibliche) sind in 8 Spalten (Kolumnen) angeordnet,<br />

manche sind getilgt, wahrscheinlich wegen Verstößen gegen die<br />

Satzungen oder die Ehre des Vereins.<br />

NOMINA COL(legiatorum) SUB(a)EDIA(norum)<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 12


Prunnerkreuz<br />

Das Prunnerkreuz wurde zu Ehren des Heiligen Antonius von<br />

Johannes Dominikus Prunner im Jahre 1692 erbaut. Prunner war der<br />

Entdecker und äußerst eifriger erster Erforscher von Virunum. Er<br />

hielt die von ihm gefundenen Ruinen allerdings fälschlicherweise für<br />

die Überreste der alten Stadt Sala. In die Außenmauern der Kapelle<br />

ließ er die von ihm gefundenen Reliefs und Inschriften einmauern.<br />

Grabinschriften (auf der Nordseite):<br />

T ACCIUS MAR<br />

CVS ET SATVRNI<br />

NA SATVRNINI FIL<br />

ET ACCIO MA<br />

XIMO FIL PIENT MIL<br />

LEG II ITAL FRUM AN XXII<br />

D M TIB IUL SENE<br />

CIONI O ET BELL<br />

AVETAE TIB IUL AS<br />

PRENAS ET TIB IUL<br />

IULIANUS PAREN<br />

BENE MERENT FECR<br />

Grabstein eines Ehepaares – Frau in einheimischer Tracht mit<br />

Flügelfibeln und norischer Haube, Mann in Tunika und Toga.<br />

Inschrift von Pilastern mit Basis und Blattkapitellen eingefasst.<br />

G IULIO<br />

CENSONI<br />

ET IULIA PRIVATA<br />

SABINAE LIB<br />

F F<br />

Inschrift aus der Zeit der Errichtung der Kapelle (Ostseite):<br />

HAEC CRUX<br />

ORTVM SVAE FVNDATIONIS SVMMIT<br />

ANNO<br />

POST INGENTEM TERRAE MOTVM; QVI QVARTA<br />

DECEMBRIS ANNO MDCXC IN DIE SANCTAE BARBARAE<br />

TREMENDE ACCIDIT<br />

1692<br />

IN QVO CLAGENFVRTHI ECCLESIA PAROCHIALIS SANCTI<br />

AEGIDII VETVSTATE COLLAPSA FVNDITVS REIECTA ET<br />

FVNDAMENTA TVRRIS NOVITER POSITA SVNT<br />

ANNO EX POST MDCXCIII COPIOSVM<br />

LOCVSTARVM GENVS CARINTHIAM ALIASQVE<br />

PROVINCIAS INVASIT<br />

Grabstein für zwei Jünglinge (Südseite): Übergangsform vom<br />

freistehenden zu dem in die Platte eingefügten Medaillon. Das<br />

Schriftfeld darunter war ursprünglich nicht beschriftet, Prunner<br />

ließ folgende Inschrift (im Hexameter) anbringen:<br />

HIC LOCVS EST<br />

VBI SALA STETIT<br />

PENETRARE VIATOR<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 13


Geschützkugel aus Stein und Inschrift aus der Zeit der<br />

Errichtung der Kapelle (Südseite):<br />

GLOBVS HIC AFFIXVS<br />

EXPLOSVS EST AB HVNNORVM REGIS MATHIAE DVCE<br />

NOMINE MAVBITSCH FRVSTRA SOLIVM OPPVGNANTE<br />

ANNO MCCCCLXXXII<br />

Weihinschrift für den Heiligen Antonius:<br />

DEDICATVM<br />

OPVSCVLVM<br />

HOC<br />

DIVO ANTONIO PATROCINANTI QVAERENTIBVS<br />

AVXILIUM<br />

Welche Jahrzahl ergibt das Chronogramm?<br />

Per pedes Romanorum … 2005 – Wandern im Zollfeld<br />

Route: Maria Saal – Arndorf – Töltschach – Arena von<br />

Virunum – Prunnerkreuz – über Arndorf wieder zurück nach<br />

Maria Saal<br />

Führungen in: Maria Saal, Arndorf, Töltschach, Arena<br />

Referate: pro Station sollten sich mehrere Schüler finden, die<br />

über die Station Auskunft geben können, jeder Schüler muss<br />

sich für mindestens eine Station melden (um Ausfälle<br />

kompensieren zu können)<br />

Maria Saal:<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Arndorf:<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Töltschach:<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Arena von Virunum:<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Prunnerkreuz:<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

________________________________________________________<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 14


Frühes Christentum in Österreich<br />

Der Beginn des Christianisierungsprozesses im Gebiet des heutigen<br />

Österreich liegt noch immer im Dunkel. Neben den nicht allzu<br />

reichlichen literarischen Quellen sind es die durch archäologische<br />

Forschung gewonnenen Funde, welche heute über die Ausbreitung<br />

des christlichen Glaubens unterrichten. Die Bildung christlicher<br />

Zellen im österreichischen Donau-Alpen-Raum vor dem 3.<br />

Jahrhundert ist nicht unwahrscheinlich. Möglich ist, dass die Lehre<br />

Christi an der Donau schon während des 2. Jahrhunderts von<br />

Soldaten verbreitet worden ist. Allein nach der Zahl der Märtyrer, die<br />

dem Soldatenstand angehörten, war das Christentum im römischen<br />

Heer weit verbreitet und kann durch die vielen<br />

Truppenverschiebungen zwischen Donau und Orient schon früh nach<br />

Pannonien und Noricum gebracht worden sein.<br />

Erst mit den Märtyrerakten und Heiligenviten des frühen 4. Jh.<br />

beginnt eine glaubhafte Überlieferung aus Schriftquellen, deren<br />

Höhepunkt in der um 511 n.Chr. von Eugippius verfassten vita<br />

Sancti Severini liegt.<br />

passio Floriani<br />

„Es geschah in jenen Tagen unter den Kaisern Diokletian und<br />

Maximian, dass eine Verfolgung der Christen ausbrach; [...] Als<br />

daher [...] der Befehl der gotteslästerlichen Fürsten nach Ufer-<br />

Noricum, das unter der Verwaltung des Statthalters Aquilinus<br />

stand, gekommen war, da begab sich der Statthalter in das<br />

Lager Lauriacum und ging daran, die Christen energisch<br />

aufzuspüren. [...] Der heilige Florian, der ehemalige<br />

Kanzleivorstand (des Statthalters), schloss sich freudig ihrem<br />

Bekenntnis an. [...]“<br />

So lautet der Beginn der passio Floriani, der erste der wenigen<br />

schriftlich überlieferten Berichte über das frühe Christentum im<br />

heutigen Österreich. Außerdem ist der hlg. Florian der einzige<br />

namentlich bezeugte Märtyrer der Antike auf österreichischem Boden.<br />

In kürzerer Form spricht das so genannte Martyrologium<br />

Hieronymianum (Endredaktion um 600 n. Chr. in Gallien) vom<br />

selben Ereignis:<br />

In Nurico ripense 48 loco Lauriaco natale 49 Floriani ex principe<br />

officii presidis 50 , ex cuius iussu ligato saxo collo eius de ponte<br />

in fluvio Aniso 51 missus est oculis crepantibus 52 praecipitatum<br />

videntibus omnibus circumstantibus.<br />

48<br />

Nurico ripense Ufernorikum (Provinzeinteilung nach Diokletian)<br />

49<br />

natale (dies): der Todestag wurde als Tag der Wiedergeburt zum ewigen Leben<br />

verstanden, gemeint ist der 4. Mai 304 n. Chr.)<br />

50<br />

ex principe officii presidis ehemaliger Vorstand der Kanzlei des Statthalters<br />

51<br />

Anisus ,-i Enns (Fluss)<br />

52<br />

oculis crepantibus mit brechenden Augen – er starb also noch, bevor er ins Wasser<br />

getaucht wurde<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 15


vita Sancti Severini – Eugippius<br />

Kaum eine antike Quelle informiert so anschaulich und eingehend<br />

über die Verhältnisse in Österreich am Ende der Römerzeit wie die<br />

Lebensbeschreibung des hlg. Severin. Er wirkte vor allem im<br />

Donauraum bis nach Bayern, gelegentlich sind auch Nachrichten aus<br />

Salzburg, Kuchl und Teurnia eingestreut.<br />

Severin war für die Menschen ein Helfer in der Not, rät und hilft,<br />

wirkt Wunder, fordert zum Fasten und Beten auf und organisiert<br />

überregionale Hilfsaktionen bei Naturkatastrophen. Er konnte auch<br />

wichtige Ereignisse voraussagen, wie z.B. das Ende der<br />

Römerherrschaft im Donauraum. Er hinterließ nämlich bei seinen<br />

Mitbrüdern die Bitte, wenn sie weichen müßten, sollten sie seine<br />

Gebeine mit nach Italien nehmen (was sie dann im Jahr 488 n.Chr.<br />

auch taten).<br />

Einige Jahre nach seinem Tod hat der Abt von Lucullanum (dem<br />

Kloster, wo die Gebeine Severins endgültig bestattet wurden),<br />

Eugippius, eine Schrift verfaßt, die das Leben des hlg. Severin zum<br />

Inhalt hatte.<br />

Severin kommt nach Noricum<br />

Tempore, quo Attila, rex Hunnorum, defunctus est, utraque<br />

Pannonia ceteraque confinia Danuvii rebus turbabantur<br />

ambiguis. Tunc itaque sanctissimus Dei famulus Severinus de<br />

partibus Orientis adveniens in vicinis Norici Ripensis et<br />

Pannoniorum parvo, quod Asturis dicitur, oppido morabatur,<br />

ubi vivens iuxta evangelicam apostolicamque doctrinam omni<br />

pietate et castitate praeditus in confessione catholicae fidei<br />

venerabile propositum sanctis operibus adimplebat.<br />

Prophezeiung für Odoaker<br />

Ex illo igitur tempore, quo est reddita sanitas desperato,<br />

universa Rugorum gens ad Dei famulum frequentans coepit<br />

gratulationis obsequium reddere et opem suis postulare<br />

langoribus. De aliis etiam gentibus, ad quas tanti miraculi fama<br />

pervenerat, multi Christi militem videre cupiebant. Qua<br />

devotione etiam ante hoc factum quidam barbari, cum ad<br />

Italiam pergerent, promerendae benedictionis causa ad eum<br />

intuitu deverterunt.<br />

Inter quos et Odoacar, qui postea regnavit Italiae, vilissimo<br />

tunc habitu iuvenis statura procerus advenerat. Qui dum se, ne<br />

humillimae tectum cellulae suo vertice contingeret, inclinasset,<br />

a viro Dei gloriosum se fore cognovit. Cui etiam valedicenti:<br />

“Vade”, inquit, “ad Italiam, vade, vilissimis nunc pellibus<br />

coopertus, sed multis cito plurima largiturus!”<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 16


Lebensgewohnheiten des Hl. Severin<br />

A discipulorum quoque suorum cellula spiritalis doctor non<br />

longius habitabat, in orationibus vel abstinentia iugiter<br />

perseverans: cum quibus tamen matutinas orationes et<br />

propriam noctis principio psalmodiam sollemniter adimplebat,<br />

reliqua vero orationum tempora in parvo complebat oratorio,<br />

quo manebat, in quibus saepe caelestibus firmatus oraculis<br />

multa futura per Dei gratiam praedicebat, multorum etiam<br />

occulta cognoscens, ut opus erat, proferebat in medium et<br />

singulis remedia, prout poscebat modus aegritudinis,<br />

providebat. Stratus eius unum erat in oratorii pavimento<br />

cilicium. Omni tempore ipso, quo vestiebatur amictu, etiam<br />

dum quiesceret, utebatur. Numquam ante solis occasum nisi<br />

certa solvit festivitate ieiunium. Quadragesimae vero<br />

temporibus una per hebdomadam refectione contentus aequali<br />

vultus hilaritate fulgebat. Aliena quasi propria errata deflens<br />

quibus poterat praesidiis temperabat.<br />

Maximus aus Teurnia überschreitet im Winter die Alpen, um<br />

Severin zu besuchen und gesammelte Almosen zu überreichen<br />

Per idem tempus Maximus Noricensis fidei calore succensus<br />

media hieme, qua regionis illius itinera gelu torpente<br />

clauduntur, ad beatum Severinum audaci temeritate vel magis,<br />

ut post claruit, intrepida devotione venire contendit conductis<br />

plurimis comitibus, qui collo suo vestes captivis et pauperibus<br />

profuturas, quas Noricorum religiosa collatio profligaverat,<br />

baiularent. Itaque profecti ad summa Alpium cacumina<br />

pervenerunt, ubi per totam noctem nix tanta confluxit, ut eos<br />

magnae arboris protectione vallatos velut ingens fovea<br />

demersos includeret. Et cum de vita sua penitus desperarent,<br />

nullo scilicet subveniente remedio, vidit ductor comitum per<br />

soporem in effigie viri Dei stantem ac dicentem sibi: “Nolite<br />

timere! Pergite, quo coepistis!”<br />

Hac ergo revelatione protinus animati cum coepissent fide<br />

magis quam gressibus proficisci, subito divino nutu ingentis<br />

formae ursus e latere veniens viam monstraturus apparuit, qui<br />

se tempore hiemis speluncis abdere consuevit. Mox cupitum<br />

reserat iter et per ducenta ferme milia non ad sinistram devians,<br />

non ad dexteram viam demonstravit optabilem. Itaque<br />

progrediens bestia per heremi vastitatem viros, qui egenis<br />

deferebant solacia, non reliquit, sed usque ad habitacula<br />

hominum, qua potuit humanitate, perduxit et mox in unam<br />

partem officio devertit expleto ostendens tanto ducatus officio,<br />

quid homines hominibus praestare debeant quantumque<br />

caritatis impendere, cum desperantibus iter bestia saeva<br />

monstraverit.<br />

Igitur cum servo Dei nuntiaretur, qui venerant, ait: “Sit nomen<br />

Domini bendictum. Ingrediantur, quibus viam, qua venirent,<br />

ursus apparuit!” Quo audito illi stupore nimio mirabantur<br />

virum Dei referre id, quod in absenti provenerat.<br />

Fragen zu den Texten:<br />

• Welches Bild gewinnen wir von den Verhältnissen an der<br />

Donau zu dieser Zeit? Welchen Einfluss hat der Tod Attilas<br />

auf diese Verhältnisse?<br />

• Warum ist der Besuch Odoakers bei Severin so ausführlich<br />

erzählt?<br />

Modul "<strong>Austria</strong> <strong>latina</strong>" Seite 17

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