Zusammenfassung EHK Villingen Schwenningen
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Anlage 1 zu DS 0424<br />
Gutachten als Grundlage für ein<br />
Einzelhandelskonzept<br />
für die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
Kurzzusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse<br />
Teichstraße 14 • 79539 Lörrach • T 07621 91550-0 • F 07621 91550-29<br />
Huckarder Straße 12 • 44147 Dortmund • T 0231 5345550-0 • F 0231 5345550-29<br />
info@dr-acocella.de • www.dr-acocella.de
Bearbeiter:<br />
Dr. rer. pol. D. Acocella<br />
Dipl.-Ing. A. Schnacke-Fürst<br />
Dipl.-Ing. I. Breuker<br />
Dipl. Geogr. A. Rühl Lörrach, 05.Juli 2010
INHALTSVERZEICHNIS:<br />
1. AUSGANGSLAGE UND EINORDNUNG 1<br />
2. AUSGEWÄHLTE ERGEBNISSE IST-ANALYSE 3<br />
i<br />
2.1 QUANTITATIVE ERGEBNISSE IST-SITUATION ....................................................3<br />
2.1.1 Bindungsquoten............................................................................................4<br />
2.1.2 Umsatzherkunft, Einzugsgebiet und Verbleibquote...........................................6<br />
2.1.3 Situation des Einzelhandels aus Sicht der Händler...........................................7<br />
2.1.4 Räumliche Einzelhandelsstruktur....................................................................7<br />
3. KÜNFTIGE EINZELHANDELS- UND ZENTRENENTWICKLUNG 10<br />
3.1 PROGNOSE DES VERKAUFSFLÄCHENSPIELRAUMS ................................................10<br />
3.1.1 Prognoseannahmen .....................................................................................10<br />
3.1.2 Prognoseergebnisse....................................................................................12<br />
3.2 ABGRENZUNG DER ZENTRALEN VERSORGUNGSBEREICHE........................................14<br />
3.3 VORSCHLAG FÜR EINEN ZIELKATALOG DER EINZELHANDELSKONZEPTION .....................19<br />
3.4 SORTIMENTSLISTE.................................................................................19<br />
3.5 GRUNDSÄTZE ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSENTWICKLUNG................................21<br />
GLOSSAR 23<br />
TABELLENVERZEICHNIS:<br />
Tab. 1: Einzelhandelsangebot <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> 2010, 2000 (GMA) und 1993<br />
(HGZ)........................................................................................................3<br />
Tab. 2: Vorschlag für die "<strong>Villingen</strong>-Schwenninger Liste".......................................20<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS:<br />
Abb. 1: Bindungsquote in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> nach Sortimenten (Gesamt:<br />
128%).......................................................................................................4<br />
Abb. 2: Anzahl der Betriebe, Verkaufsflächen- und Umsatzanteile nach Lage .............8<br />
KARTENVERZEICHNIS:<br />
Karte 1: Tendenzielles Einzugsgebiet der Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
(schematisch)............................................................................................6<br />
Karte 2: Bedeutende Einzelhandelsstandorte in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>....................9<br />
Karte 3: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich <strong>Villingen</strong> und<br />
Darstellung vorhandener Entwicklungspotenziale .......................................15<br />
Karte 4: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich <strong>Schwenningen</strong><br />
und Darstellung vorhandener Entwicklungspotenziale.................................18
1. AUSGANGSLAGE UND EINORDNUNG<br />
Die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>, die im LEP 2002 des Landes Baden-Württemberg<br />
als Oberzentrum für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ausgewiesen ist, hat Im<br />
Jahr 2000 hat die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> durch die GMA Ludwigsburg ein<br />
Markt- und Standortgutachten erstellen lassen. Seither haben sich die Bedingungen<br />
im Einzelhandel erheblich verändert, wobei durch verschiedene Urteile die Position<br />
der Städte im Hinblick auf die räumliche Steuerung des Einzelhandels eher gestärkt<br />
wurde.<br />
Als Bestandteil der Gesamtfortschreibung Flächennutzung und als Basis für künftige<br />
Entscheidungen zur Einzelhandelsentwicklung soll nun diese Markt- und Standort-<br />
untersuchung fortgeschrieben werden.<br />
Dabei wurde neben der Aktualisierung des quantitativen Rahmens das Einzelhan-<br />
delsleitbild und das Zentrenkonzept überprüft und teilweise ergänzt sowie die In-<br />
halte an die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst. Bei der Erar-<br />
beitung des - hier in Kurzform (s.u.) - vorliegenden Gutachtens und zur Umsetzung<br />
in ein Konzept waren bzw. sind die aktuellen einschlägigen Urteile zu beachten, wo-<br />
bei insbesondere die Sortimentsliste 1 und die inhaltliche Abgrenzung der zentralen<br />
Versorgungsbereiche 2 im Vordergrund stehen.<br />
Die bauleitplanerisch gestützte und aktive räumliche Steuerung des Einzelhandels<br />
insgesamt ist vor allem mit den §§ 1 (5) und (9) BauNVO zu begründen. Dabei ergeben<br />
sich die wesentlichen Vorgaben zur gutachterlichen Bearbeitung vor allem aus dem §<br />
1 (9) BauNVO 3 . Dieser verlangt als weitergehende Vorschrift "besondere städtebauli-<br />
che Gründe", wobei es darum geht, diese städtebaulichen Gründe besonders darzu-<br />
stellen 4 .<br />
1 Vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg: Urteil vom 30.01.2006, Az 3 S 1259/05.<br />
2 BVerwG: Urteil vom 11.10.2007, Az. 4 C 7/07 sowie vorgehend Urteil des OVG NRW vom 11.12.2006,<br />
Az. 7 A 964/05, Rn 109.<br />
3 Planungsrechtliche Steuerungsmöglichkeiten außer den Novellierungen ab 2004 zusammengestellt<br />
z.B. in Acocella, D.: Einzelhandelskonzepte im Praxistest, Dortmund 2004, S. 56ff.<br />
4 BVerwG: Beschluss vom 10.11.2004, Az. 4 BN 33/04.<br />
1
Ein Einzelhandelskonzept kann darüber hinaus auch, wenn es durch den Gemeinderat<br />
beschlossen wird, als sonstiges informelles städtebauliches Entwicklungskonzept im<br />
Sinne des § 1 (6) Satz 11 BauGB 5 angesehen werden, so dass auf dieser Basis in<br />
Gebieten, die nach § 34 BauGB zu bewerten sind, einfache Steuerungsmöglichkeiten<br />
für den Einzelhandel nach § 9 (2a) BauGB möglich sind.<br />
Ein auf dem Gutachten basierendes Einzelhandelskonzept erfüllt auch die Anforde-<br />
rungen an einen Fachbeitrag Einzelhandel zum FNP 2025, wie er im Einzelhandels-<br />
erlass bei der Neuaufstellung und Fortschreibung von Flächennutzungsplänen gefor-<br />
dert wird (Ziff. 4.1). Nicht zuletzt sollen die Ergebnisse der Aktualisierung dieses<br />
Einzelhandelsleitbildes auch dazu dienen, die inhaltlichen Anforderungen an den<br />
Regionalplan seitens der Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> auszufüllen.<br />
Vor diesem Hintergrund hat die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> das Büro Dr. Acocella<br />
damit beauftragt, ein Einzelhandelsgutachten als Grundlage für ein kommunales Ein-<br />
zelhandelskonzept zu erstellen. Die vorliegende <strong>Zusammenfassung</strong> stellt lediglich<br />
die wichtigsten Ergebnisse des Gutachtens dar: Für die politische Verabschiedung<br />
eines Konzeptes ist hingegen im Rahmen der Abwägung auch eine intensive Ausei-<br />
nandersetzung mit der Ist-Situation, Zielen, Prognose und räumlichen Entwicklungs-<br />
möglichkeiten für den Einzelhandel in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> erforderlich.<br />
Eine detaillierte Darstellung erfolgt im Gutachten. Dieses enthält darüber hinaus<br />
eine Darstellung der Rahmenbedingungen der Einzelhandelsentwicklung, ausführli-<br />
chere Erläuterungen zu den planungsrechtlichen Vorgaben und eine genaue Darstel-<br />
lung des methodischen Vorgehens.<br />
5 § 1 (6) Satz 11 BauGB: „Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:[...]<br />
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes<br />
oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,[...].“<br />
2
2. AUSGEWÄHLTE ERGEBNISSE IST-ANALYSE<br />
In diesem Kapitel werden die einzelhandelsbezogenen Ergebnisse der Ist-Analyse<br />
für die Gesamtstadt erläutert. Die Ergebnisse wurden auf Grundlage der Einzel-<br />
händlerbefragung und der Erhebung sowie der Kundenherkunftserfassung erarbei-<br />
tet.<br />
2.1 QUANTITATIVE ERGEBNISSE IST-SITUATION<br />
Im Rahmen der von Januar bis März 2010 vom Büro Dr. Acocella in <strong>Villingen</strong>-Schwen-<br />
ningen durchgeführten Einzelhändlerbefragung/ Einzelhandelserhebung wurden ins-<br />
gesamt 665 Einzelhandelsbetriebe (inkl. Lebensmittelhandwerk, Apotheken, Tankstel-<br />
lenshops) erfasst 6 . Auf einer Verkaufsfläche von rd. 219.500 qm erwirtschafteten sie<br />
einen Umsatz von rd. 575,4 Mio. €.<br />
Festzustellen ist (vgl. Tab. 1), dass<br />
• die Verkaufsfläche gegenüber 1993 erheblich zugenommen hat, während die Zahl<br />
der Betriebe in geringerem Maße angestiegen ist (größere durchschnittliche Ver-<br />
kaufsfläche pro Betriebseinheit),<br />
• der Umsatz ein hohes Wachstum verzeichnet, das allerdings unter dem<br />
Verkaufsflächenwachstum liegt (Hinweis auf sinkende Flächenproduktivitäten)<br />
• und im Zeitraum 2000 bis 2010 die gleichen Entwicklungen - wenn auch in<br />
geringerem relativem Ausmaß - zu verzeichnen sind.<br />
Die dargestellten Entwicklungen entsprechen im Wesentlichen den bundesweiten<br />
Trends.<br />
Tab. 1: Einzelhandelsangebot <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> 2010, 2000 (GMA) und 1993 (HGZ)<br />
2010 1 HGZ 1993 Änderung 2010 2 GMA 2000 Änderung<br />
Betriebe 562 453 + 24% 649 603 + 8%<br />
VKF (qm) 215.000 134.300 + 60% 218.375 175.490 + 24%<br />
Umsatz (Mio. €) 546,0 390,8 + 40% 571,2 499,3 3 + 14%<br />
1) ohne Lebensmittelhandwerk, Apotheken und Tankstellen, da in der HGZ nicht enthalten<br />
²) ohne Tankstellen, inkl. Apotheken und Lebensmittelhandwerk, entsprechend GMA Erhebung aus 2000<br />
³) Umsatz 1999; Originalangabe in DM, Umrechnungskurs: 1€ = 1,95583 DM<br />
Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung/ Einzelhandelserhebung Januar bis März 2010; IfH; EHI; Statistisches<br />
Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; EZB; GMA; eigene Berechnungen<br />
6 Die Beteiligungsquote war sehr gut: rd. 91% der befragten Händler gaben Auskunft.<br />
3
2.1.1 Bindungsquoten<br />
Quantitativ betrachtet weist die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> bei einer Gesamt-<br />
bindungsquote 7 von rd. 128% per Saldo einen Zufluss an Kaufkraft auf. Ein rechneri-<br />
scher Kaufkraftabfluss ist dabei nur in wenigen Sortimentsbereichen festzustellen<br />
(vgl. Abb. 1).<br />
Abb. 1: Bindungsquote in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> nach Sortimenten (Gesamt: 128%)<br />
Nahrungs-/ Genussmittel<br />
Lebensmittelhandwerk<br />
Drogerie/ Parfümerie<br />
Apotheke<br />
PBS/ Zeitungen, Zeitschriften<br />
Blumen/ Zoo<br />
Bekleidung und Zubehör<br />
Schuhe, Lederwaren<br />
Sport/ Freizeit<br />
Spielwaren, Babyausstattung<br />
Bücher<br />
GPK, Geschenke, Hausrat<br />
Haus- und Heimtextilien<br />
Uhren/ Schmuck<br />
Foto/ Optik<br />
Medien<br />
Elektro/ Leuchten<br />
Teppiche, Bodenbeläge<br />
Baumarkt/ Gartencenter<br />
Möbel, Antiquitäten<br />
Sonstiges<br />
4<br />
rechnerische Vollversorgung <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 350%<br />
rechnerische Vollversorgung <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> und vollständiger Mittelbereich<br />
Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Januar bis März 2010; IfH; EHI; BBE, Köln; Statistisches Landesamt<br />
Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen<br />
Im kurzfristigen Bedarfsbereich (in Abb. 1 rot dargestellt) sollte jede Stadt eine<br />
möglichst vollständige Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung gewährleisten. Dies<br />
bedeutet, dass die Bindungsquoten (BQ) in diesem Bereich bei etwa 100% liegen<br />
sollten. Bezogen auf den gesamten kurzfristigen Bedarfsbereich wird in <strong>Villingen</strong>-<br />
<strong>Schwenningen</strong> mit einer Bindungsquote von rd. 98% eine nahezu optimale Versor-<br />
gungssituation erreicht.<br />
7 Bindungsquote = Einzelhandelsumsatz / Einzelhandelskaufkraft innerhalb eines begrenzten Gebietes<br />
(vgl. Glossar).
Bei differenzierter Betrachtung der Sortimente ergibt sich, dass<br />
• in den Sortimentsbereichen Nahrungs-/ Genussmittel (BQ rd. 90%) und PBS/<br />
Zeitungen/ Zeitschriften (BQ rd. 94%) per Saldo leichte Kaufkraftabflüsse festzu-<br />
stellen sind, während<br />
• im Bereich Drogerie/ Parfümerie (BQ rd. 135%) deutliche Kaufkraftzuflüsse zu<br />
verzeichnen sind.<br />
In dem i.d.R. für eine Innenstadt prägenden mittelfristigen Bedarfsbereich (in<br />
Abb. 1 grün dargestellt) sind in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> erhebliche Kaufkraftzu-<br />
flüsse feststellbar (BQ rd. 199%):<br />
• Eine extrem hohe Bindungsquote (rd. 321%) wird im Bereich Sport/ Freizeit er-<br />
reicht,<br />
• ebenfalls sehr hoch sind die Bindungsquoten in den Sortimenten Bekleidung/<br />
Zubehör (BQ rd. 234%) und Schuhe/ Lederwaren (BQ rd. 193%) während<br />
• für das Sortiment Bücher ein Kaufkraftabfluss (BQ rd. 84%) festgestellt wird.<br />
Das Oberzentrum erfüllt diesbezüglich seine zentralörtliche Versorgungsfunktion.<br />
Mit einer Bindungsquote von rd. 137% weist auch der langfristige Bedarfsbereich<br />
(in Abb. 1 gelb dargestellt) Kaufkraftzuflüsse auf, diese fallen jedoch überwiegend<br />
eher moderat aus. <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> übernimmt nicht in allen Sortimenten<br />
des langfristigen Bedarfsbereichs eine oberzentrale Versorgungsfunktion.<br />
• Besonders auffällig sind die für ein Oberzentrum vergleichsweise niedrigen Bin-<br />
dungsquoten (unter 90%) in den Sortimenten Medien und Elektro/ Leuchten, zumal<br />
diese Sortimente in relativ hohem Maße zur Attraktivität eines Einkaufsstandor-<br />
tes beitragen.<br />
• Auch im Sortiment Möbel/ Antiquitäten (BQ rd. 109%) geht die Versorgungsfunk-<br />
tion des Oberzentrums per Saldo nicht wesentlich über das eigene Stadtgebiet<br />
hinaus.<br />
• Die Sortimente Teppiche/ Bodenbeläge (BQ rd. 270%), Uhren/ Schmuck (BQ rd.<br />
202%), Foto/ Optik (BQ rd. 144%) und Baumarkt/ Gartencenter (BQ rd. 170%) ver-<br />
zeichnen demgegenüber deutliche saldierte Kaufkraftzuflüsse, d.h. <strong>Villingen</strong>-<br />
<strong>Schwenningen</strong> übernimmt in diesen Sortimentsbereichen eine über das Stadtge-<br />
biet hinaus gehende Versorgungsfunktion.<br />
5
2.1.2 Umsatzherkunft, Einzugsgebiet und Verbleibquote<br />
Zur Vermeidung stadtentwicklungsplanerischer Fehleinschätzungen sowie zur Ab-<br />
schätzung von Risiken für den Einzelhandel sind Informationen über Kaufkraft-<br />
ströme in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> wichtig.<br />
Karte 1: Tendenzielles Einzugsgebiet der Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> (schematisch)<br />
Quelle: eigene Kundenherkunftserfassung Januar bis März 2010<br />
6
Nach Angabe der befragten Händler entfallen 65% bis 70% des getätigten Umsatzes<br />
auf Kunden aus dem Stadtgebiet <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>. Ein ähnliches Ergebnis<br />
zeigt auch die Kundenherkunftserfassung, die parallel in den Geschäften durchge-<br />
führt wurde: Knapp 70% der Kunden kommen aus <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>. Auf<br />
Grundlage der Kundenherkunftserfassung wurde das Einzugsgebiet von <strong>Villingen</strong>-<br />
<strong>Schwenningen</strong> in Karte 1 schematisch dargestellt.<br />
Zusätzlich lässt sich aus den Angaben zur Kundenherkunft die Verbleibquote 8 ablei-<br />
ten. In <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> fließen lediglich 15% bis 25% der vorhandenen<br />
Kaufkraft ab, entsprechend hoch ist die Verbleibquote (75 % bis 85%). Vor dem<br />
Hintergrund des Einkaufsverhaltens und der vielfältiger werdenden Einkaufsorien-<br />
tierung handelt es sich hierbei um einen kaum steigerungsfähigen Wert.<br />
2.1.3 Situation des Einzelhandels aus Sicht der Händler<br />
In den vom Büro Dr. Acocella durchgeführten Interviews mit den Einzelhändlern der<br />
Stadtbezirke <strong>Villingen</strong> und <strong>Schwenningen</strong> war eine deutlich negative Grundstim-<br />
mung feststellbar, wobei die Stimmungslage in <strong>Villingen</strong> etwas positiver war als in<br />
<strong>Schwenningen</strong>. Deutlich wurde zudem, dass <strong>Villingen</strong> und <strong>Schwenningen</strong> unter-<br />
schiedliche Stärken und Schwächen aufweisen.<br />
Als Hauptproblem empfinden die Villinger Händler den Mix der Betriebstypen, wie<br />
des Angebots und der Betreiberstrukturen. Die Villinger Händler sehen zudem eine<br />
Schwäche in den ihrer Ansicht nach zu wenigen und zu teuren Parkplätzen.<br />
Für die Schwenninger Händler stellen hingegen die Leerstände, insbesondere das "'s<br />
Rössle", das Stadtbild im Allgemeinen, die Fußgängerzone und der Marktplatz im Be-<br />
sonderen sowie die fehlende Kompaktheit und Lebendigkeit große Schwächen dar.<br />
Die Entwicklungen auf der sog. "Grünen Wiese" sowie das Verhältnis zwischen Stadt<br />
und Einzelhandel konstatierten sowohl die Villinger als auch die Schwenninger<br />
Händler als bedeutende Probleme.<br />
2.1.4 Räumliche Einzelhandelsstruktur<br />
Die Verteilung der Betriebe nach ihrer Anzahl unterstreicht die besondere Bedeu-<br />
tung der beiden Innenstädte von <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> als Einzelhandelsstandort<br />
(vgl. Abb. 2): hier befindet sich knapp die Hälfte (rd. 46%) aller Betriebe. Auf Grund<br />
8 Verbleibquote = aus <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> stammender Umsatz/ Kaufkraft <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
(vgl. Glossar)<br />
7
der Betriebsgrößenstruktur entfällt allerdings nur knapp ein Drittel der Verkaufs-<br />
fläche (rd. 29%) auf die beiden Innenstädte.<br />
Über die Hälfte der Verkaufsfläche befindet sich in nicht integrierten Lagen (54%).<br />
Die Betrachtung aller üblicherweise zentrenrelevanten Sortimente zeigt, dass rd.<br />
ein Drittel der Verkaufsfläche und des Umsatzes dieser Sortimente - nicht funkti-<br />
onsadäquat - auf nicht integrierte Standorte entfällt. Hierbei handelt es sich im<br />
Vergleich zu anderen Städten um einen relativ hohen Wert.<br />
Abb. 2: Anzahl der Betriebe, Verkaufsflächen- und Umsatzanteile nach Lage<br />
8<br />
Betriebe<br />
Gesamtangebot<br />
<strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
VKF<br />
Umsatz<br />
VKF<br />
Umsatz<br />
ZVB IS <strong>Villingen</strong> ZVB IS <strong>Schwenningen</strong> sonstige ZVB<br />
sonstige integriert nicht integriert<br />
Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Januar bis März 2010<br />
zentrenrelevante<br />
Sortimente<br />
100%<br />
Neben den beiden Innenstädten weist <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> weitere, z.T. sehr<br />
große Einzelhandelsstandorte auf (vgl. Karte 2). Der bedeutendste Einzelhandels-<br />
standort - gemessen an der Verkaufsfläche - befindet sich am Neuen Markt. Mit<br />
einer Gesamtverkaufsfläche von gut 41.725 qm übersteigt die dort angesiedelte Ver-<br />
kaufsfläche die der beiden Innenstädte (rd. 27.725 qm bzw. rd. 34.350 qm) deutlich.<br />
Mit rd. 25.150 qm machen die Sortimente des langfristigen Bedarfsbereichs, die<br />
hier fast ausschließlich üblicherweise nicht zentrenrelevante Sortimente umfassen,<br />
den größten Anteil an der Verkaufsfläche (rd. 60%) aus. Als nicht funktionsadäquat<br />
sind jedoch die Angebote im Sortimentsbereich Nahrungs-/ Genussmittel (rd. 4.350<br />
qm) sowie im mittelfristigen Bedarfsbereich (rd. 9.775 qm) einzustufen.<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%
Karte 2: Bedeutende Einzelhandelsstandorte in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Januar bis März 2010<br />
9
Das Gewerbegebiet am Krebsgraben ist mit einer Verkaufsfläche von rd. 28.500 qm<br />
der drittgrößte Einzelhandelsstandort in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>. Die Angebote des<br />
langfristigen Bedarfs, die hier ebenfalls nahezu ausschließlich üblicherweise nicht<br />
zentrenrelevante Sortimente umfassen, machen knapp 70% der Verkaufsfläche aus.<br />
Als nicht funktionsadäquat angesiedelt sind hingegen die Angebote des kurz- und<br />
mittelfristigen Bedarfsbereichs (rd. 4.700 bzw. rd. 4.250 qm) zu bezeichnen.<br />
3. KÜNFTIGE EINZELHANDELS- UND ZENTRENENTWICKLUNG<br />
Das auf dem Gutachten basierende Einzelhandelskonzept soll die Basis für eine<br />
mittel- bis langfristige städtebaulich-funktionale Entwicklungskonzeption für den<br />
Einzelhandel in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> darstellen. Die zukünftige Entwicklungs-<br />
und Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche in <strong>Villingen</strong>-Schwennin-<br />
gen hängt auch davon ab, ob, wie und wo weitere Einzelhandelsflächen angesiedelt<br />
werden. Es ist deshalb notwendig, neben der Beschreibung der Ist-Situation, mögli-<br />
che quantitative und räumliche Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.<br />
3.1 PROGNOSE DES VERKAUFSFLÄCHENSPIELRAUMS<br />
3.1.1 Prognoseannahmen<br />
Grundlegende Berechnungsbasis der Verkaufsflächenprognose stellen die Bevölke-<br />
rungs- und die Kaufkraftentwicklung dar. Für die Ermittlung der branchenspezifi-<br />
schen Potenziale waren die allgemeinen, branchenbezogenen Trends im Einzelhandel<br />
zu berücksichtigen. Diese basieren u.a. auf den absehbaren Trends der Einzelhan-<br />
delsentwicklung, der Veränderung der Bevölkerungsstruktur und dem erreichten<br />
Ausstattungsgrad der Bevölkerung mit einzelnen Gütern 9 .<br />
Neben diesen nachfrageseitigen Determinanten sind allgemeine Entwicklungstrends<br />
im Einzelhandel sowie angebotsseitige Veränderungen zu berücksichtigen. Dafür ist<br />
entscheidend, ob und inwieweit die Position des Oberzentrums <strong>Villingen</strong>-Schwen-<br />
ningen im Hinblick auf sein Einzelhandelsangebot gestärkt werden kann. Diese Po-<br />
sitionierung wiederum ist - zumindest teilweise - auch von der künftigen räumli-<br />
chen Entwicklung in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> abhängig.<br />
9 Vgl. z.B. EHI: Handel aktuell 2009/ 2010, Köln, S. 52.<br />
10
Zur Darstellung der Prozesshaftigkeit der Entwicklungen wurden zwei Prognoseho-<br />
rizonte ausgewählt: Eine mittelfristige Perspektive bis zum Jahr 2015 sowie eine<br />
langfristige Prognose bis zum Jahr 2020.<br />
Wegen der Unsicherheiten, mit denen Prognosen behaftet sind, wurden verschiede-<br />
ne Szenarien (obere und untere Varianten) erarbeitet, so dass sich als Prognoseer-<br />
gebnis ein Entwicklungskorridor ergibt, der die Prognoseunsicherheiten reduziert.<br />
Da Apotheken und Lebensmittelhandwerk hinsichtlich ihrer Umsatz- und Verkaufsflä-<br />
chenentwicklung anderen Gesetzmäßigkeiten folgen, beschränkt sich die Prognose<br />
auf den Einzelhandel i.e.S. 10 .<br />
Für die Ermittlung des aus dem Kaufkraftpotenzial abzuleitenden Flächenspielraums<br />
wurden drei Prognosevarianten berechnet, die auch die Abhängigkeit der quantita-<br />
tiven Entwicklung vom Handeln in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> aufzeigen sollen:<br />
• Bei der Status-quo-Prognose werden die derzeit erreichten Bindungsquoten<br />
(vgl. Abb. 1) fortgeschrieben: Die Umsatzentwicklung folgt der Nachfrageentwick-<br />
lung. Diese Prognosevariante dient der Identifikation desjenigen Teils des Ver-<br />
kaufsflächenbedarfs, der auf Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung zurückzufüh-<br />
ren ist. Allerdings ist diese Variante keinesfalls so zu verstehen, dass die ent-<br />
sprechende Entwicklung sozusagen "automatisch", ohne eigene Anstrengungen in<br />
<strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> erreicht würde.<br />
• Die Entwicklungsprognose beschreibt eine Entwicklung anhand demografischer<br />
und wirtschaftlicher Faktoren unter Annahme gezielter Maßnahmen zur Einzelhan-<br />
delsentwicklung in Verbindung mit einer Steigerung der Bindungsquoten. Für die<br />
Sortimente des kurzfristigen Bedarfsbereichs, die derzeit eine Bindungsquote<br />
von weniger als 100% aufweisen (vgl. Kap. 2.1.1), wird in beiden Varianten eine<br />
Bindungsquote von 100% angenommen 11 . In den Sortimentsbereichen des kurzfris-<br />
tigen Bedarfsbereichs, die derzeit schon eine Bindungsquote von über 100% auf-<br />
weisen, wird diese fortgeschrieben. In den Sortimentsbereichen des mittel- und<br />
langfristigen Bedarfs wird vor dem Hintergrund der Funktion <strong>Villingen</strong>-Schwen-<br />
ningens als Oberzentrum von einer Bindungsquote von 150% (untere Variante)<br />
10 D.h. ohne Lebensmittelhandwerk, Kfz, Brenn-, Kraft- und Schmierstoffe sowie Apotheken.<br />
11 Das entspricht einer Vollversorgung der eigenen Bevölkerung.<br />
11
12<br />
bzw. 160% (obere Variante) ausgegangen. Eine Ausnahme stellt das Sortiment Bü-<br />
cher dar, hier wird auf Grund der aktuell geringen Bindungsquote lediglich eine<br />
Steigerung auf 100% angenommen. Die Steigerung der Zielbindungsquoten be-<br />
deutet, dass Reaktionen des Angebotes auf "freie Nachfragepotenziale" angenom-<br />
men werden. Für die Sortimente mit einer derzeitigen Kaufkraftbindung von über<br />
200% wird davon ausgegangen, dass die bestehenden Bindungsquoten bis zum<br />
Jahr 2020 gehalten werden können. Für Sortimente mit einer derzeitigen Kauf-<br />
kraftbindung von über 200% werden die Bindungsquoten auf 200% reduziert 12 .<br />
• Die Wettbewerbsprognose beschreibt ebenfalls eine Entwicklung anhand demo-<br />
grafischer und wirtschaftlicher Faktoren bei ergriffenen Maßnahmen zur Verbes-<br />
serung der Einzelhandelsentwicklung allerdings unter der Annahme ungünstiger,<br />
aber nicht vorhersehbarer Entwicklungen der externen Rahmenbedingungen (poli-<br />
tische Ereignisse, Änderungen in Nachbarstädten o.ä.). Dabei wird von einem<br />
Rückgang der Kaufkraftbindung von 10% gegenüber der Entwicklungsprognose<br />
ausgegangen.<br />
3.1.2 Prognoseergebnisse<br />
Für die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> ergibt sich unter den oben dargestellten<br />
Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2015 ein Verkaufsflächenspielraum von bis zu rd.<br />
17.625 qm und bis zum Jahr 2020 von bis zu rd. 35.900 qm. Etwa drei Viertel dieses<br />
Flächenpotenzials ist auf die bei der Entwicklungsprognose angenommene verbes-<br />
serte Kaufkraftbindung zurückzuführen.<br />
Wird das für 2020 berechnete Verkaufsflächenpotenzial realisiert, bedeutet dies<br />
bei einer derzeitigen Verkaufsfläche von rd. 215.050 qm (ohne Lebensmittelhand-<br />
werk) einen Anstieg der Verkaufsfläche von bis zu rd. 17%.<br />
Die Gesamt-Prognosewerte sind nur bedingt von Interesse, von größerer Bedeutung<br />
ist die Frage, wo die Umsetzung dieses potenziellen Flächenzuwachses geschehen<br />
sollte. Hierbei sind die Ziele (vgl. Kap. 3.3) und Grundsätze (vgl. Kap. 3.5) zur<br />
zukünftigen Einzelhandelsentwicklung in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> zu berücksichti-<br />
gen. Bei differenzierter Betrachtung nahversorgungsrelevanter, üblicherweise zen-<br />
trenrelevanter und üblicherweise nicht zentrenrelevanter Sortimente ergibt sich<br />
12 Eine Bindungsquote von 200% bedeutet, dass das Oberzentrum die Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong><br />
sowie den kompletten Mittelbereich vollständig mit Gütern versorgt.
für den Prognosehorizont 2020, ohne Berücksichtigung der Status-quo-Prognose,<br />
Folgendes:<br />
• das Verkaufsflächenpotenzial im Bereich der zentrenrelevanten Sortimente be-<br />
trägt zwischen rd. 3.900 (untere Variante Wettbewerbsprognose) und rd. 15.625<br />
qm (obere Variante Entwicklungsprognose);<br />
• davon entfallen rd. 50 bis 6.400 qm auf nahversorgungsrelevante Sortimente;<br />
• für die sonstigen zentrenrelevanten Sortimente wird ein Verkaufsflächenzu-<br />
wachs von 3.850 bis 9.255 qm errechnet,<br />
• in den besonders innenstadtprägenden Sortimentsbereichen Bekleidung, Schu-<br />
he/ Lederwaren und Sport/ Freizeit sind rechnerischen so gut wie keine Flä-<br />
chenpotenziale (0 bis 250 qm) vorhanden,<br />
• die einzigen innenstadtrelevanten Sortimente bei denen, abgesehen von den<br />
nahversorgungsrelevanten Sortimenten, noch ein relativ deutlicher Verkaufsflä-<br />
chenspielraum zu verzeichnen ist, sind Spielwaren (rd. 1.325 bis 2.600 qm) und<br />
Medien (rd. 2.300 bis 3.775 qm);<br />
• der größte Anteil des prognostizierten Flächenpotenzials (rd. 56% bis 70%) ent-<br />
fällt auf nicht zentrenrelevante Sortimente, für dieses wurde bis 2020 ein<br />
Wachstum von rd. 9.275 bis 20.275 qm berechnet;<br />
• innerhalb der nicht zentrenrelevanten Sortimente entfallen rd. zwei Drittel bis<br />
drei Viertel (rd. 7.000 bis rd. 13.975 qm) der prognostizierten Verkaufsfläche<br />
auf den Sortimentsbereich Möbel/ Antiquitäten;<br />
• für den Sortimentsbereich Elektro/ Leuchten wurde ein rechnerisches Flächen-<br />
potenzial von rd. 2.275 bis rd. 3.750 qm ermittelt.<br />
Der hier abgeleitete Flächenspielraum ist wettbewerbsneutral, als davon ausgegan-<br />
gen werden kann, dass der bestehende Einzelhandel bei einer über den Prognose-<br />
zeitraum verteilten Realisierung der zusätzlichen Verkaufsflächen keine Einbußen<br />
erfahren muss: Er ist auf nachfrageseitige Änderungen zurückzuführen.<br />
Bei der Realisierung des Verkaufsflächenpotenzials ist zu berücksichtigen, dass<br />
• die Prognosewerte lediglich Orientierungswerte darstellen,<br />
• Neuansiedlungen von Einzelhandelsbetrieben nur an hierfür städtebaulich "richti-<br />
gen" Standorten erfolgen sollen (denn die negativen Folgen einer nicht konzept-<br />
konformen Standortentscheidung sind dauerhaft nicht ausgleichbar),<br />
13
• die sofortige Realisierung des Verkaufsflächenbedarfs bis 2020 zu vermeiden ist,<br />
• im Falle einer Realisierung von deutlich mehr Verkaufsfläche Umsatzverteilungen<br />
14<br />
zu erwarten sind.<br />
3.2 ABGRENZUNG DER ZENTRALEN VERSORGUNGSBEREICHE<br />
Die städtebaulich-funktionalen Anforderungen für die Abgrenzung zentraler Versor-<br />
gungsbereiche ergeben sich aus dem entsprechenden Urteil des BVerwG 13 .<br />
<strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> umfasst neben den beiden Stadtbezirken <strong>Villingen</strong> und<br />
<strong>Schwenningen</strong> acht weitere Stadtteile, die keine zentralen Versorgungsbereiche<br />
aufweisen.<br />
Unter Berücksichtigung der Bestandssituation von Einzelhandels- und Dienstleis-<br />
tungsbetrieben, städtebaulichen Kriterien (z. B. bauliche Brüche, Zäsuren) und vor-<br />
handenen Potenzialflächen wurden die zentralen Versorgungsbereiche der Innen-<br />
städte <strong>Villingen</strong> und <strong>Schwenningen</strong> (vgl. Karte 3 und Karte 4) abgegrenzt. Darüber<br />
hinaus wurden in der Vockenhauser Straße und am Falkenring je ein Nahversor-<br />
gungszentrum definiert, die ihrem Charakter nach ebenfalls zentrale Versorgungs-<br />
bereiche nach BVerG-Urteil darstellen.<br />
Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Innenstadt <strong>Villingen</strong><br />
Der gutachterlich vorgeschlagene zentrale Versorgungsbereich Innenstadt <strong>Villingen</strong><br />
befindet sich innerhalb des ovalen Altstadtrings und erstreckt sich auf einer Länge<br />
von rd. 730 Metern in Nord-Süd Richtung und rd. 610 Metern in West-Ost Ausdeh-<br />
nung (vgl. Karte 3). Der ovale Altstadtbereich ist neben seiner historischen und<br />
identitätsstiftenden Bedeutung als städtebaulich-funktionale Einheit erlebbar, die<br />
sowohl städtebaulich-gestalterisch (Bebauung, Gestaltung öffentlicher Raum, Aus-<br />
weisung als Fußgängerzone) und funktional (räumlich-funktionaler Zusammenhang<br />
der Betriebe) begründet ist. Daher ist eine Ausdehnung und damit angestrebte in-<br />
13 Zentrale Versorgungsbereiche sind: "... räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen<br />
auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und<br />
gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus<br />
zukommt. Sie können sich sowohl aus planerischen Festlegungen als auch aus den tatsächlichen<br />
Verhältnissen ergeben. [...] Im Einzelfall auftretende Schwierigkeiten, zentrale Versorgungsbereiche<br />
an ihren Rändern gleichsam parzellenscharf abzugrenzen..." (BVerwG, Urteil 10.11.2007, Az.<br />
4C7/07).
nerstädtische räumliche Einzelhandelsentwicklung über den Altstadtbereich hinaus<br />
mit Risiken behaftet.<br />
Karte 3: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich <strong>Villingen</strong> und Darstellung<br />
vorhandener Entwicklungspotenziale<br />
730 m<br />
Quelle: eigene Erhebung Januar bis März 2010<br />
E<br />
E<br />
E E<br />
E<br />
610 m<br />
E<br />
Legende<br />
E<br />
E<br />
E<br />
E<br />
Einzelhandel<br />
Leerstand<br />
Dienstleistungen<br />
Hauptlagen<br />
Ist-Abgrenzung ZVB<br />
Perspektivische<br />
Abgrenzung ZVB<br />
innenstadtbedeutsame<br />
Potenzialflächen<br />
innenstadtbedeutsame<br />
Potenzialfläche mit<br />
Bedingungen<br />
sonst. Potenzialfläche<br />
Bestandsstandort mit<br />
großfl. zentrenrel. EH<br />
Dennoch wird vorgeschlagen das Tonhallenareal in den zentralen Versorgungsbe-<br />
reich Innenstadt <strong>Villingen</strong> aufzunehmen. Hierfür sprechen die funktionale Anbin-<br />
dung durch das unmittelbare Angrenzen des Areals an die Geschäftslagen, die städ-<br />
tebauliche Anbindung an die Innenstadt in Form einer Aufpflasterung und einer<br />
Querungshilfe sowie das geringe Verkehrsaufkommen am Kaiserring. Allerdings wä-<br />
ren bei einer Bebauung der Fläche verschiedene Aspekte - wie die Ausrichtung der<br />
Gebäudekanten am Gehweg, die Orientierung des Eingangs zum Zentrum und die Ak-<br />
zentuierung/ Gestaltung des öffentlichen Raumes zur besseren Verknüpfung mit der<br />
Haupteinkaufslage - unbedingt zu beachten. Die Ansiedlung eines Elektrofachmarkts<br />
wäre an dieser Stelle, auch vor dem Hintergrund der ermittelten Verkaufsflächen-<br />
E<br />
E<br />
15
spielräume, sinnvoll. Ein solcher Betrieb würde eine Magnetfunktion für die Innen-<br />
stadt übernehmen und diese damit stärken.<br />
Das ehemalige Marktkaufgelände stellt einen Bestandsstandort mit (demnächst wie-<br />
der) großflächigem zentrenrelevanten Einzelhandel in unmittelbarer Nähe zum zen-<br />
tralen Versorgungsbereich dar. Auf Grund der fehlenden städtebaulichen Anbindung<br />
- bedingt durch die Barrierewirkung des Benediktinerrings, fehlende Sichtbezie-<br />
hungen zum zentralen Versorgungsbereich sowie des Fehlens einer funktionalen und<br />
direkten fußläufigen Anbindung des Standortes an den zentralen Versorgungsbe-<br />
reich - wird dieser jedoch nicht in den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt<br />
<strong>Villingen</strong> einbezogen.<br />
Die innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt <strong>Villingen</strong> gelegenen<br />
Entwicklungsflächen sind, auch vor dem Hintergrund des rechnerisch ermittelten<br />
Verkaufsflächenpotenzials, ausreichend um eine Weiterentwicklung der Innenstadt<br />
zu ermöglichen. Neben dem bereits angesprochenen Tonhallenareal (rd. 6.500 qm<br />
Grundfläche) wurde im Bereich Gerberstraße/ Schlösslegaße (auch als "Wiebelt<br />
Block" bezeichnet) eine mögliche Entwicklungsfläche (rd. 1.500 qm Grundfläche) er-<br />
mittelt. Darüber hinaus befinden sich innerhalb des zentralen Versorgungsbereichs<br />
weitere Entwicklungsmöglichkeiten in Form von derzeit mindergenutzten Flächen<br />
bzw. leerstehenden Gebäuden.<br />
Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Innenstadt <strong>Schwenningen</strong><br />
Für die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt <strong>Schwenningen</strong><br />
werden drei Alternativen vorgestellt (vgl. Karte 4), wobei aus gutachterlicher Sicht<br />
die zweite Alternative bevorzugt wird.<br />
Die Schwenninger Innenstadt weist keine gewachsene, kompakte Struktur auf. Die<br />
derzeitige Ausdehnung ist mit rd. 700 Metern in Nord-Süd bzw. Ost-West Richtung<br />
sehr groß. Innerhalb der Innenstadt existieren verschiedene städtebaulich-funktio-<br />
nale Brüche (z.B. Unterberechung des Geschäftsbesatzes durch Wohnnutzung) und<br />
Barrieren (z.B. in Form stark befahrener Straßen), so dass die Innenstadt in ihrer<br />
bisherigen Ausdehnung nicht als Einheit erlebbar ist. Darüber hinaus ist die Leer-<br />
16
standsquote in der Innenstadt derzeit verhältnismäßig hoch, dies betrifft insbeson-<br />
dere den Marktplatz.<br />
Vor diesem Hintergrund sollte für die Schwenninger Innenstadt das Ziel verfolgt<br />
werden, kompakte Strukturen zu schaffen.<br />
Dementsprechend ist der zentrale Versorgungsbereich Innenstadt <strong>Schwenningen</strong> en-<br />
ger als bisher zu fassen. In Abhängigkeit der Entwicklung des Bereichs "'s Rössle",<br />
der Integration anderer bedeutender Magnetbetriebe (z.B. Sport Müller, Harzer-<br />
straße) und anderen stadtentwicklungsplanerischen Überlegungen (z.B. verkehrliche<br />
Neuordnung des Marktplatzes), kommen - wie erwähnt - drei unterschiedlich enge<br />
Abgrenzungen in Frage.<br />
Der in der favorisierten Alternative 2 dargestellte zentrale Versorgungsbereich In-<br />
nenstadt <strong>Schwenningen</strong> reicht von der Harzerstraße (Sport Müller) im Westen, über<br />
die Fußgängerzone (In der Muslen, Friedrich-Ebert-Straße, Uhlandstraße) und<br />
schließt im Osten das Gelände des "'s Rössle" und die Marktstraße ein; im Norden<br />
werden der südliche Bereich der Kronenstraße und der östliche Bereich der Kirch-<br />
straße bis zum Marktplatz einbezogen.<br />
Die räumlichen Entwicklungspotenziale innerhalb der unterschiedlich eng abge-<br />
grenzten zentralen Versorgungsbereiche sind ebenfalls in Karte 4 dargestellt.<br />
In allen Alternativen enthalten sind der Bereich "'s Rössle" mit rd. 7.500 qm Han-<br />
delsfläche und die folgenden Nachverdichtungspotenziale:<br />
• Marktstraße/ Metzgergasse,<br />
• In der Muslen/ Bärenstraße/ Friedrich-Ebert-Straße sowie<br />
• im Eingangsbereich der Fußgängerzone Harzerstraße/ In der Muslen/ Friedrich-<br />
Ebert-Straße (Hockenplatz).<br />
Derzeit werden diese Areale als Parkplatz oder mindergenutzte Hinter-/ Innenhöfe<br />
genutzt. Die Entwicklungsfläche Harzerstraße/ Op dem Brückle wird hingegen nur in<br />
den Alternativen 1 und 2 eingeschlossen.<br />
17
Karte 4: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich <strong>Schwenningen</strong> und Darstellung<br />
vorhandener Entwicklungspotenziale<br />
Quelle: eigene Erhebung Januar bis März 2010<br />
18
3.3 VORSCHLAG FÜR EINEN ZIELKATALOG DER EINZELHANDELSKONZEPTION<br />
Voraussetzung für ein Konzept zur räumlichen Steuerung des Einzelhandels bildet<br />
ein Zielsystem für die funktionale Entwicklung der Stadt <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong>.<br />
Gesamtstädtisch<br />
• Erhaltung und Stärkung der Versorgungsfunktion als Oberzentrum<br />
• Erhaltung und Stärkung der Einzelhandels-/ Funktionsvielfalt der zentralen<br />
Versorgungsbereiche<br />
• Sicherung von Gewerbegebieten für Handwerk und Produzierendes Gewerbe<br />
Innenstädte<br />
• Erhaltung und Stärkung der Identität der zentralen Versorgungsbereiche der<br />
Kernstädte<br />
• Erhaltung und Stärkung der kurzen Wege ("Stadt der kurzen Wege")<br />
• Erhaltung und Stärkung der Nahversorgungsstruktur<br />
• Schaffung von Investitionssicherheit (nicht Renditesicherheit) insgesamt<br />
3.4 SORTIMENTSLISTE<br />
Als Basis für die räumliche Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit von Einzelhan-<br />
delsvorhaben ist es notwendig eine Sortimentsliste zu erstellen, welche nach nah-<br />
versorgungs-/ zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten unter-<br />
scheidet 14 . Nahversorgungsrelevante Sortimente sind dabei immer auch zentrenrele-<br />
vant, hingegen sind zentrenrelevante Sortimente nicht zwangsläufig nahversor-<br />
gungsrelevant.<br />
Zur Erstellung der Sortimentsliste wird neben allgemein definierten Kriterien auch<br />
die derzeitige räumliche Verteilung des Angebots in <strong>Villingen</strong>-<strong>Schwenningen</strong> be-<br />
rücksichtigt. Darüber hinaus können städtebaulich begründet auch solche Sorti-<br />
mente als zentrenrelevant eingestuft werden, die heute nicht mehr/ noch nicht<br />
(überwiegend) in den zentralen Versorgungsbereichen zu finden sind.<br />
Entgegen ihrer derzeitigen rechnerischen räumlichen Verteilung werden die Sorti-<br />
mente Babyausstattung, Glas/ Porzellan/ Keramik, Haus-, Heimtextilien/ Stoffe, so-<br />
14 Vgl. VGH Baden-Württemberg: Urteil vom 30.01.06, AZ 3 S 1259/05; ferner bereits Birk (1988), a.a.O.,<br />
S. 288.<br />
19
wie Zooartikel/ Tiernahrung und -zubehör wegen ihrer zentrenprägenden Funktion<br />
und/ oder Erfüllung allgemeiner Kriterien als zentrenrelevant eingestuft. Darüber<br />
hinaus werden auch die Sortimente Elektrokleingeräte, Elektrogroßgeräte und Un-<br />
terhaltungselektronik entgegen ihrer momentanen Verteilung als zentrenrelevant<br />
eingeordnet.<br />
Tab. 2: Vorschlag für die "<strong>Villingen</strong>-Schwenninger Liste"<br />
20<br />
Zentrenrelevante Sortimente Nicht zentrenrelevante Sortimente<br />
• Babyausstattung<br />
• Bastel- und Geschenkartikel<br />
• Bekleidung aller Art<br />
• Briefmarken<br />
• Bücher<br />
• Computer, Kommunikationselektronik<br />
• Elektrogroßgeräte<br />
• Elektrokleingeräte<br />
• Foto, Video<br />
• Glas, Porzellan, Keramik<br />
• Haus-, Heimtextilien*, Stoffe<br />
• Haushaltswaren/ Bestecke<br />
• Hörgeräte<br />
• Kunstgewerbe/ Bilder und Rahmen<br />
• Kurzwaren, Handarbeiten, Wolle<br />
• Leder- und Kürschnerwaren<br />
• Musikalien<br />
• Nähmaschinen<br />
• Optik und Akustik<br />
• Sanitätswaren<br />
• Schuhe und Zubehör<br />
• Spielwaren<br />
• Sportartikel einschl. Sportgeräte<br />
• Tonträger<br />
• Uhren, Schmuck, Gold- und Silberwaren<br />
• Unterhaltungselektronik und Zubehör<br />
• Waffen, Jagdbedarf<br />
Nahversorgungsrelevante Sortimente<br />
• Arzneimittel<br />
• (Schnitt-)Blumen<br />
• Drogeriewaren<br />
• Kosmetika und Parfümerieartikel<br />
• Nahrungs- und Genussmittel<br />
• Papier-, Schreibwaren, Schulbedarf<br />
• Reformwaren<br />
• Zeitungen/ Zeitschriften<br />
• Zooartikel/ Tiernahrung und -zubehör<br />
• Bad-, Sanitäreinrichtungen und -zubehör<br />
• Bauelemente, Baustoffe<br />
• Beleuchtungskörper, Lampen<br />
• Beschläge, Eisenwaren<br />
• Bodenbeläge, Teppiche, Tapeten<br />
• Boote, Bootszubehör<br />
• Büromaschinen (ohne Computer)<br />
• Campingartikel<br />
• motorisierte Fahrzeuge aller Art und<br />
Zubehör<br />
• Fahrräder und Zubehör<br />
• Farben, Lacke<br />
• Fliesen<br />
• Gardinen und Zubehör<br />
• Gartenhäuser, -geräte<br />
• Herde/ Öfen<br />
• Holz<br />
• Installationsmaterial<br />
• Kinderwagen, -sitze<br />
• Küchen (inkl. Einbaugeräte)<br />
• Möbel (inkl. Büromöbel)<br />
• Pflanzen und -gefäße<br />
• Rollläden und Markisen<br />
• Werkzeuge<br />
• Zooartikel/ lebende Tiere und Tiermöbel<br />
* Matratzen in Verbindung mit Betten in einem<br />
Möbelhaus sind als Möbel einzustufen, während<br />
sie in einem reinen Matratzengeschäft als<br />
Bettwaren einzustufen sind.<br />
Quelle: Vorschlag auf Grundlage der eigenen Einzelhändlerbefragung/ Erhebung Januar bis März 2010<br />
Elektrokleingeräte und Unterhaltungselektronik erfüllen wesentliche allgemeine<br />
Kriterien (Frequenzbringerfunktion, attraktiver Branchenmix, hohe Flächenprodukti-
vität). Elektrogroßgeräte allein betrachtet erfüllen zwar überwiegend Kriterien<br />
nicht zentrenrelevanten Sortimente, da sie i.d.R. aber in Verbindung mit Elektro-<br />
kleingeräten angeboten werden, die hier zentrenrelevant sind, werden sie ebenfalls<br />
den zentrenrelevanten Sortimenten zugeordnet.<br />
3.5 GRUNDSÄTZE ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSENTWICKLUNG<br />
Im Hinblick auf den zuvor definierten Zielkatalog sollten die folgenden Grundsätze<br />
zur räumlichen Einzelhandelsentwicklung als Strategie zur langfristigen Sicherung<br />
der Versorgungsstrukturen verfolgt werden:<br />
• Zentrenrelevante Sortimente (vgl. Tab. 2) sollen regelmäßig nur in den zen-<br />
tralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden.<br />
• In den zentralen Versorgungsbereichen Innenstadt <strong>Villingen</strong> und Innenstadt<br />
<strong>Schwenningen</strong> (vgl. Kap. 3.2) sollen großflächige Einzelhandelsbetriebe regel-<br />
mäßig zulässig sein.<br />
• In den Nahversorgungszentren (Vockenhauser Straße und Falkenring) soll zen-<br />
trenrelevanter Einzelhandel grundsätzlich nur unterhalb der Großflächigkeit<br />
zulässig sein.<br />
• In den sonstigen integrierten Lagen (z.B. Wohngebiete) ist nahversorgungsrele-<br />
vanter Einzelhandel ausnahmsweise zulässig, sofern der Betrieb standortge-<br />
recht dimensioniert ist, d.h. der Nahversorgung der Bevölkerung dient.<br />
• In nicht integrierten Lagen (z.B. Gewerbegebiete Neuer Markt, Am Krebsgraben,<br />
Niederwiesenstraße, Eckweg) sollen zentrenrelevante Sortimente ausnahms-<br />
weise als Randsortimente in einer Größenordnung von max. 10% der Verkaufs-<br />
fläche insgesamt jedoch max. 800 qm zulässig sein, sofern ein direkter Bezug<br />
zum Hauptsortiment vorhanden ist (z.B. nicht Lebensmittel im Baumarkt).<br />
• Nicht zentrenrelevanter Einzelhandel kann grundsätzlich im gesamten<br />
Stadtgebiet, wo Einzelhandel zulässig ist, angesiedelt werden.<br />
• Dabei muss jedoch nicht jedes Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe umfassen,<br />
weil damit u.U. die Standortqualität bezogen auf andere gewerbliche Nutzungen<br />
sinkt bzw. die Bodenpreise für andere Nutzungen zu stark erhöht werden.<br />
• Neuansiedlungen sollten an bestehenden Einzelhandelsstandorten erfolgen. Des<br />
Weiteren ist bei Neuansiedlungen zu prüfen, ob diese in der Nähe der zentralen<br />
Versorgungsbereiche der Innenstädte oder der sonstigen zentralen Versor-<br />
gungsbereiche angesiedelt werden können, um möglichst positive Synergieef-<br />
21
22<br />
fekte für diese zu erzielen - soweit solche bei nicht zentrenrelevantem Einzel-<br />
handel überhaupt auftreten.<br />
• Auch wenn die Konkurrenz am Standort gefördert werden soll, kann es<br />
städtebaulich sinnvoll sein, in Zukunft Ansiedlungswünsche - soweit planungs-<br />
rechtlich möglich - abzuwehren, wenn ersichtlich ist, dass dadurch keine zu-<br />
sätzliche Zentralitätssteigerung entsteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn<br />
lediglich die Position traditioneller Einzelhandelslagen aber auch bestehender<br />
nicht integrierter Standorte (z.B. Gewerbegebiete) geschwächt wird.<br />
• Bei der Genehmigung von neuen Einzelhandelsbetrieben mit nicht zentrenrele-<br />
vanten Sortimenten sollte beachtet werden, dass hier nur eine bestimmte Trag-<br />
fähigkeit für einzelne Angebote besteht. Wird diese überschritten, so ergibt<br />
sich die Gefahr eines "Leerstandsdominos": Ein reiner Verdrängungswettbewerb<br />
führt zu vermehrten Leerständen in gewerblich genutzten Gebieten, was wie-<br />
derum regelmäßig einen Umnutzungsdruck in höherwertige Nutzungen, d.h. fast<br />
immer zentrenrelevanter Einzelhandel, verursacht.<br />
Diese Grundsätze nehmen Bezug auf die abgegrenzten zentralen Versorgungsberei-<br />
che (vgl. Kap. 3.2) und die Sortimentsliste (vgl. Kap. 3.4).
Glossar<br />
Die Bindungsquote (z.T. auch "Zentralität") bezeichnet das Verhältnis zwischen Um-<br />
satz und Kaufkraftpotenzial in einem Gebiet. Sie zeigt an, ob per Saldo Kaufkraft<br />
zufließt (Quote größer als 100%) oder abströmt (Quote kleiner als 100%). (s.a. Kauf-<br />
kraftverbleib)<br />
Einzelhandel im engeren Sinne ist der Einzelhandel in Ladengeschäften ohne Apo-<br />
theken, den Handel mit Kfz, Brenn-, Kraft- und Schmierstoffen und ohne Bäckereien<br />
und Metzgereien (Lebensmittelhandwerk).<br />
Darüber hinaus wurden allerdings auch Lebensmittelhandwerk, Apotheken und Tank-<br />
stellenshops, soweit diese überwiegend Sortimente wie der Einzelhandel im enge-<br />
ren Sinne vor allem Nahrungs-/ Genussmittel - führen, in die vorliegende Untersu-<br />
chung einbezogen: Diese Angebotsformen wandeln sich zunehmend zu Handelsbetrie-<br />
ben.<br />
Fachmärkte sind Einzelhandelsbetriebe, die ein breites und oft auch tiefes Sorti-<br />
ment aus einem Warenbereich, z.B. Bekleidungs-, Schuhfachmarkt, einem Bedarfsbe-<br />
reich, z.B. Sport-, Baufachmarkt oder einem Zielgruppenbereich, z.B. Möbel- und<br />
Haushaltswarenfachmarkt für design-orientierte Kunden, in übersichtlicher Waren-<br />
präsentation bei tendenziell niedrigem bis mittlerem Preisniveau anbieten. Der<br />
Standort ist in der Regel autokundenorientiert, entweder isoliert oder in ge-<br />
wachsenen und geplanten Zentren. Bei einigen Sortimenten, z.B. Drogeriemarkt,<br />
werden überwiegend Innenstadtlagen gewählt. Die Verkaufsverfahren sind Selbst-<br />
bedienung und Vorwahl, meist mit der Möglichkeit einer fachlichen und sortiments-<br />
spezifischen Beratung auf Wunsch der Kundinnen und Kunden.<br />
Als Innenstadt ist das Gebiet einer Stadt zu verstehen, in dem sich die gesamt-<br />
städtisch und überörtlich bedeutsamen Funktionen konzentrieren. Da für die städte-<br />
bauliche Begründung für eine begrenzte Zulässigkeit von Einzelhandel die Einzel-<br />
handelsinnenstadt entscheidend ist, liegt der Schwerpunkt bei der Abgrenzung auf<br />
der Konzentration des Einzelhandels. Daneben ist die Konzentration von Angeboten<br />
im Dienstleistungsbereich (z.B. Lebensmittelhandwerk, Reisebüros, Reinigungen etc.)<br />
von Bedeutung. Neben der Bestandsdichte als wesentlichem Kriterium sind infra-<br />
strukturelle und funktionale Zäsuren sowie städtebauliche Merkmale zur Abgrenzung<br />
23
der Innenstadt heranzuziehen. Die Abgrenzung ist damit unabhängig von statisti-<br />
schen oder historischen Bezeichnungen in einer Stadt.<br />
Eine integrierte Lage im Sinne dieser Untersuchung liegt vor, wenn ein Standort<br />
städtebaulich eingebunden ist. Wichtig für die Einstufung als integriert ist die um-<br />
gebende Wohnbebauung. Die Bezeichnung stellt einen Oberbegriff für Innenstadt/<br />
zentraler Versorgungsbereich und sonstige integrierte Lagen dar.<br />
Als nicht integrierte Lagen sind entsprechend sämtliche Standorte zu bezeichnen,<br />
die nicht in Zusammenhang mit Wohnbebauung stehen (z.B. Einzelhandelsbetriebe in<br />
Gewerbegebieten oder sonstige autokundenorientierte Standorte ohne Zusammen-<br />
hang mit Wohnbebauung). Aber auch Gewerbegebiete, die mit Wohnbebauung durch-<br />
setzt sind, sind diesen Standorten zuzurechnen.<br />
Einzelhandel in sonstigen integrierten Lagen ist überall dort vorhanden, wo die<br />
Dichte/ Konzentration nicht ausreicht, den entsprechenden Bereich als sonstigen<br />
zentralen Versorgungsbereich (vgl. unten) einzustufen. Es handelt sich also um<br />
funktional und städtebaulich integrierte Einzelstandorte außerhalb der Innenstadt/<br />
des zentralen Versorgungsbereichs.<br />
Die Kaufkraft beschreibt die (nominale) Geldsumme, die einem privaten Haushalt in<br />
einem bestimmten Zeitraum zum Verbrauch zur Verfügung steht. Die Kaufkraft wird<br />
auf Basis der Lohn- und Einkommenssteuerstatistiken ermittelt. (s.a. Nachfrage)<br />
Kaufkraftkennziffern stellen Indexzahlen dar, mit deren Hilfe regionale Teilmärkte<br />
hinsichtlich ihrer Kaufkraft bewertet werden. Sie ergeben sich aus dem Quotienten<br />
der Kaufkraft einer Region und dem entsprechenden gesamtdeutschen Wert. Die BBE<br />
Köln prognostiziert auf der Grundlage von Lohn- und Einkommenssteuerstatistiken<br />
die (einzelhandelsrelevante) Kaufkraft der Einwohner nach regionalen Gliederungen.<br />
Die Kaufkraftkennziffer je Einwohner zeigt, welche Gebietseinheit bei der Pro-<br />
Kopf-Kaufkraft über oder unter dem Bundesdurchschnitt (= 100) liegt.<br />
Der Kaufkraftverbleib bezeichnet den Teil der Kaufkraft in einem Gebiet, der in<br />
diesem ausgegeben wird. Der Kaufkraftabfluss kennzeichnet den Teil der Kaufkraft<br />
in einem Gebiet, der außerhalb dieses Gebietes ausgegeben wird. Der Kaufkraftzu-<br />
24
fluss entspricht der Summe aller Kaufkraftanteile, die aus anderen Gebieten dem<br />
betrachteten Gebiet zufließen.<br />
Die Verbleibquote ergibt sich dadurch, dass der Verbleib in Relation zur Kaufkraft<br />
in dem Gebiet gesetzt wird, in dem sie verbleibt.<br />
Der Umsatz in einem Gebiet (U) ergibt sich aus der Kaufkraft in diesem Gebiet (KK),<br />
vermindert um Abflüsse in andere Regionen (A), vermehrt um Zuflüsse von außerhalb<br />
(Z): U = KK - A + Z.<br />
Die am Ort verbleibende Kaufkraft (V) ist die Differenz zwischen vorhandener Kauf-<br />
kraft und Kaufkraftabflüssen in andere Gebiete: V = KK - A.<br />
Entsprechend ergibt sich der Umsatz auch als Summe aus am Ort verbleibender Kauf-<br />
kraft und Kaufkraftzuflüssen von außerhalb: U = V + Z.<br />
Die einzelhandelsrelevante Nachfrage entspricht dem Teil der Verbrauchsausga-<br />
ben der privaten Haushalte, der im Einzelhandel ausgegeben wird, d.h. die Nach-<br />
frage nach Dienstleistungen wird nicht berücksichtigt. (s.a. Kaufkraft)<br />
Zentraler Versorgungsbereich (s. Innenstadt).<br />
Der Begriff des zentralen Versorgungsbereichs z.B. im Sinne der §§ 9 (2a) und 34<br />
BauGB kann mehr als der Begriff des (einzelhandelsbezogenen) zentralen Bereichs<br />
umfassen: Wenn nämlich zentrale Einrichtungen außerhalb des zentralen Bereichs,<br />
aber angrenzend an diesen zu finden sind.<br />
In keinem Fall aber kann ein zentraler Versorgungsbereich weniger als den unter<br />
Einzelhandelsaspekten abgegrenzten zentralen Bereich umfassen.<br />
Umgekehrt muss nicht jeder zentrale Bereich einen zentralen Versorgungsbereich<br />
darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die über den Nahbereich hin-<br />
ausreichende Versorgungsfunktion nicht (umfassend) erfüllt ist.<br />
Auch bei der Abgrenzung von zentralen Versorgungsbereichen kommt dem Einzelhan-<br />
del (als einer zentralen Einrichtung) herausgehobene Bedeutung zu - aber allein die<br />
Tatsache einer Konzentration von Einzelhandel reicht nicht aus, einen zentralen<br />
Versorgungsbereich zu begründen 15 .<br />
Verbleibquote (s. Kaufkraftverbleib).<br />
Zentralität (s. Bindungsquote).<br />
15 Vgl. hierzu BVerwG: Urteil vom 11.10.2007, Az. 4 C 7/07.<br />
25