„...Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsboot...“ HerBert GröNemeyer Warum ein Heft unserer Schlaglichter zu diesem Thema? Wer ist davon betroffen? Schüler? Eltern? Lehrer? Alle?! EDITORIAL Zunächst einmal: das Thema ist der klassische „Dauerbrenner“ im Schulleben. Es gibt Ruhephasen, da wird zwar konstatiert, dass Schüler dem Alkohol zusprechen – außerhalb der <strong>Schule</strong> natürlich, und da ist es eben Privatsache. Im normalen Schulalltag taucht der Alkohol nur im Chemieunterricht auf – ungefährlich. Aber da gibt es eben diese Panik-Zone: die Klassenfahrt! Das erste mal in der 8. Klasse. Schlusspunkt: Florenz und Azzano in der 12. Klasse. Dazwischen: Feldmesspraktikum, Chorfahrt, Dachau... Die Schulordnung ist klar und eindeutig: Es herrscht grundsätzlich bei allen Schulveranstaltungen absolutes Alkoholverbot. Ausnahme, in Absprache mit den Eltern der 12.-Klässler Florenz und Azzano: Alkohol in „landesüblicher Menge“ erlaubt, unterschrieben von Eltern und Schülern... Soweit ist alles klar. Rechtlich. Dem Jugendschutz ist genüge getan. Wirklich? Können wir es uns als Schulgemeinschaft leisten, in ein nicht-privates Schulleben und ein privates Leben zu differenzieren, wo wir uns als Erzieher und vielleicht auch als Eltern „sicher“ fühlen können? Wir alle wissen, was sich zum Teil im sogenannten privaten Raum innerhalb der Oberstufe an den Wochenenden abspielt. Wir wissen auch, dass der Alkoholkonsum der Deutschen auf einem alarmierenden dritten Platz europaweit rangiert, wir wissen um die gesundheitlichen Risiken vor allem bei jugendlichen Alkoholkonsumenten (je jünger desto schlimmer). Aber: Was wissen wir darüber, warum Jugendliche heute so exzessiv trinken wie selten zuvor? Kein Fest ohne große Mengen Alkohol, nur dann ist „Stimmung“ garantiert, nur dann gibt es die scheinbare Gewissheit dazu zu gehören, die Sicherheit, mir selbst und meiner Bewusstheit ein Schnippchen schlagen zu können, meinen Unsicherheiten, meinen Ängsten, meinen tiefsitzenden coolen Kontrollmechanismen. - Und schon bin ich wieder im Beurteilungsmodus, im pädagogischen Besserwissermodus, von dem es nur ein klitzekleiner Schritt ist in den Straf- und Sanktionsmodus! Dabei ist es gar keine Frage: Alkohol ist eine brandgefährliche Droge und gefährdet nicht nur die körperliche Gesundheit, wie Friedwart Husemann in seinem Artikel zeigt. Es gibt auch eine spirituelle Dimension von Gesundheit und Krankheit, die in ihren Auswirkungen noch gravierender ist. Daher ist es in diesem Bereich weit sinnvoller, präventiv zu arbeiten, indem man Vertrauen schafft und Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Denn der Körper und seine Gesundheit interessiert Jugendliche nur, wenn sie extreme sportliche Ambitionen haben, sonst nicht. Denn sich selbst spüren sie in vielen Fällen nur noch dann, wenn sie diesen Körper bewusst und schmerzhaft schädigen. Insofern ist der Alkohol also doch ein Fallschirm und ein Rettungsboot? Das ist in letzter Konsequenz schwer zu beurteilen. Aber eine Frage sei zum Schluss noch erlaubt: Was spielt sich wirklich in den einzelnen Seelen ab? Wir Erwachsenen sind in unserer Welt alt geworden und die Jugendlichen waren alt, als sie sich aus ihrer geistigen Welt heraus lösen mussten um ihre irdische Biografie anzutreten. Interessieren uns ihre Erlebnisse und Entschlüsse, die sie mitbringen und vielleicht nicht ausleben können? Lesen wir die Schriftzeichen ihrer Pubertät? Verstehen wir ihre fremden Signale? Es grüßt Sie herzlich aus der Redaktion BODO BÜHLING 3