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Patenschaftsberichte 2007 von Romakindern aus Roşia/Rumänien

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Rudolf-Steiner-Schule Schwabing<br />

<strong>Patenschaftsberichte</strong> <strong>2007</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Romakindern</strong><br />

<strong>aus</strong> <strong>Roşia</strong>/<strong>Rumänien</strong>


Einleitung.............................................................................................................. 3<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Sarah Halama .................................................................... 4<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Iris Bauer ........................................................................... 6<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Daniel Hahn ...................................................................... 8<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Samuel Andert................................................................. 13<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> David Schmitt (Gastschüler)........................................... 16<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Florentin Hofmeister ....................................................... 17<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Jakob Soltau ..................................................................... 19<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Philipp Frisch .................................................................. 20<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Andrea Wichmann .......................................................... 22<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Lukas Fink ....................................................................... 24<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Lukas Muellerschoen ....................................................... 25<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Frederick Schofield........................................................... 26<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Lucie Höfferer .................................................................. 27<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Elias Balk ......................................................................... 29<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Erik Wedekind ................................................................. 30<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Anna Luedi ...................................................................... 31<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Raphael Sehgal................................................................. 33<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Jana Reiter ....................................................................... 34<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Jakob Ritzenhoff ............................................................... 35<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> June Yasagile ................................................................... 36<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Adrian Stuhlfelner........................................................... 37<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Pablo Lauf: ....................................................................... 39<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Max Pinnau:.................................................................... 40<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Marius Meister................................................................ 42<br />

2


Einleitung<br />

DIE PATENKINDER<br />

Da unser Praktikum in <strong>Rumänien</strong> ja kein Handwerks-, sondern ein Sozialpraktikum<br />

werden sollte, musste sich jeder <strong>von</strong> uns ein Patenkind wählen, das er<br />

über die drei Wochen hinweg begleiten, beobachten und zum Schluss beschreiben<br />

sollte.<br />

Gleich am zweiten Tag bekamen wir die Gelegenheit dazu, die Kinder etwas näher<br />

kennenzulernen und uns dann für eines zu entscheiden, als wir nämlich in<br />

vier verschiedene Gruppen aufgeteilt den Unterricht der ersten vier Klassen der<br />

Waldorfschule in Roșia besuchten. Schon nach kurzer Zeit hatten viele eine besondere<br />

Zuneigung zu einem der Kinder gefasst und wählten dieses als ihr Patenkind.<br />

Es war auch möglich, dass zwei unserer Schüler das selbe Kind beschrieben, unter<br />

der Vorr<strong>aus</strong>setzung, dass sie sich nicht absprechen oder ihre Beobachtungen<br />

und Erfahrungen mit dem Kind <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen sollten.<br />

Gemeinsam fanden wir drei Kriterien, nach welchen wir unsere Patenkinder<br />

wenn möglich beschreiben sollten:<br />

Die eigene Beobachtung des Kindes, <strong>von</strong> den Lehrern, Eltern und Freunden des<br />

Kindes Erfragtes und die eigene Interpretation der Beobachtungen und Informationen.<br />

Durch gemeinsame Erfahrungen unserer Schüler mit ihren Patenkindern wurde<br />

bei jedem der Kinder seine ganz spezielle Individualität sichtbar und oft konnte<br />

man die Umstände, die den Charakter des Kindes beeinflussen erkennen und<br />

seine Schlüsse dar<strong>aus</strong> ziehen.<br />

Ich denke, viele <strong>von</strong> uns haben ihr Patenkind sehr ins Herz geschlossen und<br />

werden es sicher so schnell nicht vergessen.<br />

Sarah Halama<br />

3


Patenkindbericht <strong>von</strong> Sarah Halama<br />

ANGELA SOMEIU, 9 Jahre, 3. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Angela ist am Montag den 06. März<br />

1998 geboren. Sie ist ein besonders<br />

schönes Kind mit riesengroßen<br />

dunklen Augen, langen Wimpern<br />

und einem schüchternen aber einfach<br />

zauberhaften Lächeln.<br />

Ihre Kleidung ist abgenutzt und<br />

schmutzig, einige Male sah ich, dass<br />

auch ihr Bruder ihren Pullover trug.<br />

Dass auch ihr Körper nicht gerade<br />

sauber ist wurde mir klar, als ihr<br />

eines morgens eine Klassenkameradin<br />

beschämt mit Speichel das Gesicht<br />

putzte. Doch sie ist eines der<br />

wenigen Kinder, das Ohrringe trägt.<br />

Diese, sicher nicht für Kinder gemacht,<br />

lassen sie erwachsener wirken und da sie mittelkurze Haare hat, kann<br />

man an ihnen erkennen, dass sie kein Junge ist. Trotz der deutlich sichtbaren<br />

Armut ist Angela nicht unterernährt und hat noch alle Zähne, die nur wenig<br />

<strong>von</strong> Karies befallen sind.<br />

Als ich Angela zu H<strong>aus</strong>e besuchen ging sah ich, dass sie mit ihrer Familie in<br />

großer Armut lebt. Sie hat noch neun Geschwister jeden Alters, die allesamt still<br />

und zurückhaltend, wenn nicht gar verschlossen sind. Ich konnte nicht mehr<br />

erfragen, als dass die Mutter auch Angela heißt. Diese, eine eher schroffe, unfreundliche<br />

Person, war sehr arm gekleidet, genau wie ihr Mann, den ich nur<br />

kurz beim Rasieren antraf. Sie wohnen alle zusammen mit ein paar Katzen auf<br />

engstem und schmutzigen Raum im Unterdorf <strong>von</strong> <strong>Roşia</strong>. Dennoch haben sie<br />

einen Fernseher, der die ganze Zeit, während ich da war, vor sich hin lief. Über<br />

meine Kuscheltiere, die ich den Kindern als Geschenke mitgebracht hatte haben<br />

sie sich alle sehr gefreut.<br />

4


5<br />

Ich habe Angela gewählt, weil<br />

sie ein auffallend stilles und<br />

ernstes Kind ist. Von den<br />

Spielen der anderen Kinder<br />

wird sie immer <strong>aus</strong>geschlossen,<br />

wenn nötig sogar mit Gewalt.<br />

Sie sitzt dann schweigend alleine<br />

in einer Ecke und beobachtet<br />

die anderen.<br />

Wenn man sich jedoch mehr<br />

und länger mit ihr beschäftigt<br />

und ihr zeigt, dass sie akzeptiert<br />

und gemocht wird, blüht<br />

sie regelrecht auf, geht immer<br />

mehr <strong>aus</strong> sich her<strong>aus</strong>, lacht<br />

und strahlt und kann sogar<br />

überschwänglich werden.<br />

Ihr Lehrer, Lucian Ursaleş,<br />

bestätigte meine Beobachtungen.<br />

Er vermutet, dass ihre<br />

unfreiwillige Einsamkeit, die nur <strong>von</strong> Juli, ihrer einzigen Freundin, die auch<br />

<strong>aus</strong>geschlossen wird, geteilt wird, an ihrer Armut liegt, welche die anderen<br />

Schüler als abstoßend empfinden.<br />

Doch Angela ist sehr bemüht, die Aufgaben in der Schule so schön und gut wie<br />

möglich <strong>aus</strong>zuführen.<br />

Ich persönlich glaube, aufgrund meiner Beobachtungen, dass es Angela nicht<br />

gerade einfach hat zu H<strong>aus</strong>e. Das Verhalten der Kinder und die Tatsache, dass<br />

ich in der Wohnung einige Flaschen Bier, sorgfältig in Wasser kühlgestellt gesehen<br />

habe, bringen mich zu dem Schluss, dass die Eltern vielleicht ein Alkoholproblem<br />

haben und ihre Kinder nicht gerade freundlich behandeln.<br />

Ich hoffe sehr, dass Angela mit Hilfe ihrer Schul<strong>aus</strong>bildung eine bessere Zukunft<br />

erwarten wird, als nur Alkohol und Gewalt und wünsche ihr <strong>von</strong> ganzem Herzen<br />

alles Gute, denn ich habe sie sehr lieb gewonnen.


Patenkindbericht <strong>von</strong> Iris Bauer<br />

SORINA, 11 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Ich sah sie das erste Mal, als wir<br />

an unserem ersten Arbeitstag<br />

<strong>von</strong> acht bis zwölf Uhr im Unterricht<br />

zusehen durften. Sorina<br />

hat mich sofort an der Hand genommen<br />

und zu dem Platz neben<br />

ihr geführt.<br />

Ich muss zugeben, dass ich sie<br />

den gesamten ersten Tag für einen<br />

Jungen hielt, auch wenn<br />

mich der Name irritierte. Sie hat<br />

eine vermutlich zu H<strong>aus</strong>e geschnittenen<br />

Jungenhaarschnitt,<br />

wie die meisten Kinder hier<br />

dunkle Haut und Haare. Ihre<br />

Kleidung ist auch meist weder<br />

Jungen noch Mädchen zuzuordnen<br />

und immer sehr verschlissen.<br />

In der Schule ist sie eigentlich<br />

auf dem richtigen Stand, allerdings konnte ich feststellen, dass sie Probleme<br />

mit der Schreibschrift hat.<br />

Auf mich wirkte Sorina in der ersten Woche als ein sehr aufgewecktes und zufriedenes<br />

Kind, sie hing während der ersten Woche, in der wir oben an der<br />

Schule arbeiteten, sehr an mir und wurde schnell neidisch, wenn andere Kinder<br />

mit mir spielten.<br />

Nach der ersten Woche hätte ich sie eigentlich, aufgrund ihres Verhaltens, einem<br />

zwar sehr armen, aber ohne Gewalt erziehenden Elternh<strong>aus</strong> zugeordnet. Erschreckender<br />

Weise wurde ich in der zweiten Woche, als wir unten im Dorf an<br />

ihrem H<strong>aus</strong> arbeiteten, eines Besseren belehrt.<br />

Sorina lebt mit ihrer Schwester Dalia, 14, mit ihren Großeltern und anderen<br />

Leuten zu denen ich den Zusammenhang nicht verstand, in einem größeren,<br />

aber ärmlichen H<strong>aus</strong>.<br />

Ich beobachtete, dass Sorina und Dalia den ganzen Tag für ihre Großeltern arbeiteten.<br />

Sie putzten, schleppten Wasser, versorgten Tiere und Kleinkinder und<br />

6


gingen einkaufen. Sorina war hier zu H<strong>aus</strong>e ganz anders. Wenn ich sie an der<br />

Hand nehmen wollte oder sie mich umarmte, wurde sie sofort <strong>von</strong> den Großeltern<br />

zurechtgewiesen, <strong>aus</strong> mir unerklärlichen Gründen. Ihre Fröhlichkeit und<br />

das ihr entsprechende Verhalten hat sie hier ganz abgelegt, sie wirkte wie eine<br />

erwachsene Frau, die den H<strong>aus</strong>halt führt. Während andere Kinder in der Nähe<br />

ihres H<strong>aus</strong>es spielten, nutzte sie jede Minute ohne Arbeit, um sich im Schatten<br />

<strong>aus</strong>zuruhen. Wenn sie jedoch kurzzeitig mit uns arbeiten dufte, zeigte sie sehr<br />

viel Spaß, aber oft wirkte das Lachen der beiden Schwestern unecht und sie erschienen<br />

mir traurig. Ich erfuhr später <strong>von</strong> Leila, dass die Mutter der beiden<br />

Schwestern sich nie um sie gekümmert hat und fast jede Nacht in einem anderen<br />

Bett schläft. Also vermutet man, dass sie etwa 20, ihnen unbekannte Geschwister<br />

haben. Der Vater verschwand auch sehr bald nach der Geburt. Die<br />

beiden Schwestern müssen in einem provisorischen Ziegenstall schlafen und<br />

werden <strong>von</strong> den Großeltern als Arbeitskräfte genutzt. Sorinas Schicksal erschreckt<br />

mich sehr und es kam bei mir die Frage auf, wie so ein junges Mädchen<br />

schon so erwachsen sein kann und ob es überhaupt eine Chance für sie gibt <strong>aus</strong><br />

diesem Dorf aufzusteigen, wenn sie jetzt schon so viel Verantwortung und Arbeit<br />

übernimmt.<br />

7


Patenkindbericht <strong>von</strong> Daniel Hahn<br />

NELUŢU BARTUS, 14 Jahre, Staatsschule in <strong>Roşia</strong><br />

Kurz nachdem wir in <strong>Roşia</strong> angekommen waren, wurden ein paar Jungen - darunter<br />

auch ich - <strong>von</strong> den Jungen des Dorfes zu einem Fußballspiel her<strong>aus</strong>gefordert.<br />

Dort nahm ich den etwa 14-jährigen das erste Mal wahr, denn wir bekamen<br />

ihn als Verstärkung in unser Team, weil wir in der Minderheit waren.<br />

Als er uns zugeteilt wurde, war ich zuerst etwas verwundert, da er zu den älteren<br />

Jungen gehörte und was ich vorher gesehen hatte, konnte er sehr gut mit<br />

dem Ball umgehen. Anfangs ging er ins Tor und wirkte sehr erfreut, bei uns<br />

spielen zu dürfen. Zudem war ich sehr über seine verhältnismäßig guten Englischkenntnisse<br />

erstaunt, da er zu wenigen gehörte, die dieses Privileg besaßen<br />

und er übernahm somit sogleich die Rolle des Dolmetschers.<br />

Erst später, als wir ihn als Feldspieler einteilten, merkte ich, dass er ein lahmes<br />

Bein hat, aufgrund dessen er jedes Laufduell verlor. Obgleich er dieses ein wenig<br />

mit seinen technischen Fähigkeiten <strong>aus</strong>gleichen konnte, war mir nun deutlich,<br />

weshalb wir ihn zugeteilt bekommen hatten. Sein linkes Bein war verkürzt,<br />

8


weshalb er gezwungen war, mit diesem Bein immer auf den Zehenspitzen zu<br />

laufen. Hinzu kam, dass sein Knie steif war.<br />

Nach dem Fußballspiel setzte er sich zu mir und nun gelang es mir auch, mir<br />

seinen Namen zu merken: „Neluţu“ was - wie er mir sagte - auf deutsch Jonas<br />

heißt.<br />

Neluţu kam jeden Tag mehrmals auf seinem Fahrrad zur Schule und wann immer<br />

wir uns sahen, grüßten wir uns und unterhielten uns in brüchigem Englisch.<br />

So erfuhr ich, dass er nicht die Waldorfschule, sondern die siebte Klasse<br />

der Staatsschule besuchte, deren Gebäude neben der Waldorfschule ist.<br />

Als sich für mich die Frage stellte, wen ich als Patenkind wählen würde, entschied<br />

ich mich für ihn und intensivierte unsere Beziehung. Neluţu gewann<br />

schnell Vertrauen zu mir, was alles etwas erleichterte, dennoch gab es Themen,<br />

auf die er nicht eingehen wollte, wie zum Beispiel seine Familie. So verging die<br />

erste Woche und ich begann mir ernsthafte Sorgen zu machen, dass ich nie sein<br />

H<strong>aus</strong> sehen werde, geschweige etwas über seine familiären Hintergründe erfahren<br />

würde.<br />

Da Neluţu niemals aggressiv war und immer fair gegenüber seinen kleinen<br />

Cousins, die stets in seiner Nähe waren, vermutete ich, dass er gewaltlos Zuh<strong>aus</strong>e<br />

aufwächst.<br />

Was sich in der ersten Woche schleierhaft zu erkennen gab und in den folgenden<br />

Wochen immer deutlicher wurde, war, dass es in <strong>Roşia</strong> kein soziales Denken gegenüber<br />

Behinderten gibt. Des Öfteren, wenn Neluţu auf seinem Fahrrad herbei<br />

gefahren kam, sagten die älteren Jungen etwas zu ihm, worauf sie lachten<br />

und ich konnte in seinem gekränkten Blick deutlich den Schmerz über das Gesagte<br />

erkennen. Doch jedes Mal, wenn ich ihn fragte, was sie gesagt hatten,<br />

wich er meiner Frage <strong>aus</strong>.<br />

Ein anderes Beispiel ist, dass immer versucht wurde, ihn <strong>von</strong> Spielen <strong>aus</strong>zugrenzen.<br />

Wenn wir z.B. Volleyball spielten und er mitspielen wollte, wurde dieses<br />

stets <strong>von</strong> seinen Landsleuten zu verhindern versucht, obwohl er sehr gut<br />

spielte. Und obwohl er zu den besten Spielern gehörte, wurde er ständig kritisiert<br />

und sein Tun kommentiert.<br />

Es ist mir auch aufgefallen, dass er kaum Freunde in seinem Alter hatte, was,<br />

denke ich, auf seine Behinderung zurückzuführen ist. Wenn er mir Kinder seines<br />

Alters als Freunde vorstellte, was zweimal vorkam, handelte es sich wohl<br />

mehr um Jungen, die in respektierten. Später erzählte mir Leila, eine Lehrerin<br />

9


der Waldorfschule, dass er sehr stark unter den Scherzen über sein Bein zu leiden<br />

hätte und dass er seine Behinderung seit seiner Geburt hätte.<br />

Als ein Junge uns einmal stolz seine Esel zeigen wollte, war dieser gezwungen,<br />

Neluţu als Dolmetscher mitzunehmen. Hier muss Neluţu erkannt haben, dass<br />

er sich für sein Zuh<strong>aus</strong>e nicht schämen braucht und auf dem Weg zurück fragte<br />

er mich, ob ich vielleicht morgen sein Gast sein will. Endlich hatte ich es geschafft,<br />

einen Zugang zu ihm zu bekommen und seine anfängliche Verschlossenheit<br />

bezüglich Familie und H<strong>aus</strong> löste sich.<br />

Ich hatte mich schon öfter gefragt, weshalb er nie <strong>von</strong> seiner Mutter sprach und<br />

immer wieder H<strong>aus</strong>arbeiten erwähnte. Als ich nun die Frage nach seiner Mutter<br />

wagte, schwieg er kurz und ich konnte deutlich die wunde Stelle in seinen<br />

Augen sehen. Dann sagte er mir, dass seine Mutter, als seine Schwester, heute<br />

elf, ein Jahr alt war, die Familie eines Morgens mit ihrem Hab und Gut verlassen<br />

hat, ohne sich zu verabschieden. Er hat nie wieder etwas <strong>von</strong> ihr gehört.<br />

Dies beantwortete mir zugleich die Frage, weshalb er tagsüber immer auf der<br />

Straße oder bei seinem Onkel war. Weil sein Vater als Zimmermann außerhalb<br />

des Dorfes arbeitete und den ganzen Tag über nicht zu H<strong>aus</strong>e war und abends<br />

immer erst spät nachh<strong>aus</strong>e kam, verbringen die Kinder die meiste Zeit alleine<br />

oder bei dem Bruder des Vaters.<br />

Als wir am Abend des nächsten Tages ins untere Dorf gingen, damit ich Nelutu<br />

H<strong>aus</strong> sehen konnte, erzählte er mir <strong>von</strong> seinem Traum, Automechaniker zu<br />

werden. Er sagte mir, dass er sein Dorf sehr gerne hat und fragte mich immer<br />

wieder, ob es mir in <strong>Roşia</strong> gefällt. Aber er sagte auch, dass er weiß, dass er in<br />

diesem Dorf keine Zukunft hat. Seit er sehr klein war, wusste Neluţu schon, das<br />

er Mechaniker in Sibiu werden will, mit genug Geld, um seiner Familie einen<br />

guten Lebensstandart bieten zu können.<br />

An seinem H<strong>aus</strong> angekommen, begrüßte uns sein Hund, welcher das einzige<br />

Tier der Familie war. Als ich das H<strong>aus</strong> betrat, wurde mein Gefühl, welches ich<br />

auch schon beim Anblick des H<strong>aus</strong>es <strong>von</strong> außen hatte, bestätigt: Ein solide gebautes<br />

Zwei-Zimmer-H<strong>aus</strong>.<br />

Schnell konnte ich sehen, weshalb der Vater soviel arbeitete - er bot seinen Kindern<br />

einen für das untere Dorf ungewöhnlich hohen Lebensstandard. So konnte<br />

ich neben einer Waschmaschine sogar einen Kühlschrank mit Eisfach entdecken.<br />

Auch wenn das H<strong>aus</strong> eine robuste Tür besaß und nicht der Wind durch es hindurch<br />

wehte, so war ich trotzdem in ärmsten Verhältnissen. Das H<strong>aus</strong> besaß<br />

10


nur ein schmales Fenster und in dem einem Zimmer war grade Platz für ein<br />

kleines Bett, welches sich die Familie teilten musste. Im anderen Zimmer gab es<br />

einen Tisch, sowie in der Ecke eine kleine Küchenzeile.<br />

Ein paar Tage später hatte ich das Glück, Neluţus Onkel, welcher der Pferdeschmied<br />

des Dorfes ist, zu besuchen. Auf dem Weg dorthin erzählte er mir, dass<br />

sein Vater der jüngere der beiden Brüder war und deshalb nie ein Anspruch auf<br />

den Hof seines Vaters hatte. Als ich das große H<strong>aus</strong> der Familie betrat, merkte<br />

ich sofort, wie wichtig so ein Schmied im Dorf sein musste, denn dieses H<strong>aus</strong><br />

besaß viele Zimmer, im Hof liefen viele Hühner umher und im Stall waren Pferde<br />

und Schweine.<br />

Neluţu führt mich und Jakob, welcher mich begleitete, in einer Ecke des Hofes,<br />

zu einer kleinen Hütte, vor der zwei Pferde standen. Als ich diese Hütte betrat,<br />

bekam ich sofort das Gefühl, in ein anderes Jahrhundert gereist zu sein. Fünf<br />

Männer standen in dem dunklen Raum, welcher nur <strong>von</strong> der Glut der Esse und<br />

dem fahlen Licht, welches <strong>von</strong> draußen hereinkam, erhellt war. Die Männer waren<br />

sehr verschwitzt und währen drei immer abwechselnd um den Amboss<br />

standen, um mit ihren Hämmer das glühende Eisen zu bearbeiten, stand ein<br />

vierter mit einer Zange bereit und legte, sobald das Eisen aufgehört hatte zu<br />

glühen, es wieder in die Esse. Der fünfte Mann stand mit einer großen Flasche<br />

Bier da und füllte in ein Glas ständig Bier, nach. <strong>aus</strong> dem dann alle fünf tranken.<br />

Neluţu stellte mir seinen Onkel vor, welcher mir, nachdem er den Schweiß an<br />

seinem T-Shirt abgeputzt hatte, die Hand gab und mir das Glas mit dem Bier in<br />

die Hand drückte. Ich nahm dankend an, jedoch nicht ohne im Kopf ein bittenden<br />

Gruß an mein Immunsystem zu schicken.<br />

Nachdem die Hufeisen gefertigt waren, gingen wir nach draußen und ich konnte<br />

sehen, wie Neluţus Onkel mit geschickten Handgriffen das eine Pferd beschlug.<br />

Während wir bei dem Beschlagen des nächsten Pferdes zusahen, fragte mich<br />

Neluţu, wie Deutschland sei und nun war ich an der Reihe, zu erzählen. Ich erzählte<br />

ihm, dass ich zwei Geschwister habe, welche ebenfalls die Waldorfschule<br />

besuchen und welche ebenfalls nach <strong>Roşia</strong> kommen werden. Er schrieb sich die<br />

Namen auf und die Jahre in denen ich sie ankündigte. Er wollte unbedingt, dass<br />

ich meinen Brüdern <strong>von</strong> ihm erzähle, damit sie ihn, wenn sie nach <strong>Roşia</strong> kommen,<br />

auch erkennen würden und sie gemeinsam Sachen unternehmen könnten.<br />

Nachdem ich meine Erzählung beendet hatte, fragte er mich, ob ich Angeln<br />

könnte und als ich seine Frage bejahte, lud er mich ein, in der nächsten Woche<br />

mit ihm zum Angeln zu gehen. Was mich jedoch an diesem Tag am meisten er-<br />

11


staunte, war nicht der Schmied, es war Neluţus Schwester, welche ich bei dem<br />

Onkel kennen gelernt hatte. Genau wie Neluţus bewegte sie sich ebenfalls mit<br />

hinkendem Gang fort. Ob sie tatsächlich die gleiche Behinderung wie ihr Bruder<br />

hat, werde ich wahrscheinlich nie erfahren. Mit Sicherheit kann ich nur sagen,<br />

dass es ebenfalls das linke Bein war, ob es nur eine Wunde oder tatsächlich auch<br />

eine Verkürzung ist, konnte ich nicht erkennen.<br />

Nachdem wir unsere Arbeit an einem Zaun im unterem Dorf beendet hatten,<br />

gingen Jakob und ich mit Neluţu, welcher uns <strong>von</strong> unserm Arbeitsplatz abgeholt<br />

hatte, zu seinem H<strong>aus</strong>, um die Angeln zu holen. Nachdem er kurz in seinem<br />

H<strong>aus</strong> verschwunden war, kam er dann auch sogleich strahlend mit seinen<br />

zwei selbst gebauten Angeln zurück. Daraufhin liefen wir über einen riesigen<br />

Hang, um zu einem kleinen Bach zu gelangen. Dies war eines der seltenen Male,<br />

in welchen ich Neluţu ohne sein Fahrrad sah und ich bewunderte sehr die<br />

Kraft, die er in seinen gesundes Bein stecken muss, da er selbst in den steilen<br />

Hängen mühelos mit uns Schritt halten konnte. Nachdem wir Grillen gefangen<br />

hatten, um sie als Köder zu verwenden, liefen wir an dem kleinen Bach entlang,<br />

bis wir zu einer Stelle gelangten, wo sich ein kleines Wasserbecken gebildet hatte.<br />

Ich muss gestehen, dass ich mir nicht sicher war, ob in diesem schmutzigen<br />

Wasser ein Fisch auch nur länger als fünf Minuten überleben konnte.<br />

Überall waren Plastikabfälle und Unrat - dafür war die Landschaft umso schöner.<br />

Während sich bisweilen der Bach bis zu vier Meter in den Boden gegraben<br />

hatte und wir eine felsige Schlucht zu Gesicht bekamen, gab es auch Stellen, wo<br />

Trauerweiden über das Wasser ragten und umgestürzte Bäume das Wasser zu<br />

einer Art St<strong>aus</strong>ee aufstauten.<br />

Wir setzten uns auf eine Trauerweide, welch über das Wasser hing und hielten<br />

die Angeln ins Wasser und schon nach kurzer Zeit wurde meine Vermutung<br />

widerlegt, denn es bissen ständig kleine Fische an. In der Zeit des Wartens erzählte<br />

mir Neluţu, wie unglaublich gerne er in einem Sportverein wäre, aber<br />

dass er überall aufgrund seiner Behinderung abgelehnt wurde. Das machte mich<br />

traurig, da ich genau wusste, wie sportlich Neluţu war, er aber wahrscheinlich<br />

nie Erfolg bezüglich Sport haben wird.<br />

Auf dem Weg zurück begegneten wir einen Mann, dem Neluţu für uns deutlich<br />

erkennbar <strong>aus</strong> dem Weg ging. Er erzählte uns, dass dieser Mann vor kurzem<br />

<strong>von</strong> seinem Vater im Streit mit einem F<strong>aus</strong>tschlag niedergestreckt wurde, was<br />

12


wiederum meine Vermutung bezüglich Gewalt in seinem Elternh<strong>aus</strong> in Frage<br />

stellte. In meinem dreiwöchigen Aufenthalt habe ich allerdings seinen Vater<br />

niemals angetroffen oder persönlich kennen gelernt. Am Tag der Abreise schenkte<br />

ich Neluţu viele Sachen <strong>von</strong> mir, über welche er sich sehr freute. Ich konnte<br />

aber auch erkennen, dass es ihm eigentlich sehr unangenehm war.<br />

Kurz bevor wir mit dem Bus abreisten, wurden Raphael, Jakob und ich zu einer<br />

Abschiedskutschfahrt eingeladen. Als ich neben Neluţu Platz nahm, umarmte er<br />

mich und er sagte, während wir im Galopp durch die Landschaft preschten, dass<br />

ich ihn wieder besuchen müsse und dass ich auch in seinem H<strong>aus</strong> wohnen könne.<br />

Zum Abschied sagte ich zu ihm, dass ich fest daran glaube, dass, wenn er sich in<br />

der Schule anstrengt, sein Traum vom Mechaniker wahr wird. Dann musste ich<br />

schnell meinen Koffer <strong>aus</strong> der Schule holen und als ich zurück kam, war er verschwunden.<br />

Ob ich Neluţu je wieder sehen werde, bezweifle ich, dass ich mich<br />

noch oft an ihn erinnern werde, weiß ich bestimmt.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Samuel Andert<br />

ANA JIURCA, 10 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

13<br />

Fast jeden Morgen macht Ana sich<br />

mit ihrer kleinen Schwester Veta,<br />

die die 1. Klasse besucht, vom Unterdorf<br />

<strong>aus</strong> auf den Weg nach oben<br />

zur Schule. Im Unterricht bemüht<br />

sie sich sehr, kommt jedoch nicht<br />

wirklich mit, da die Schreibschrift<br />

ihr große Schwierigkeiten bereitet.<br />

Anstatt richtige Buchstaben zu<br />

„schreiben“, malt sie eher nur die,<br />

für sie nichtssagenden, Formen <strong>von</strong><br />

der Tafel ab. Dabei ist sie sehr langsam<br />

und da sie so viel Zeit für ein<br />

Wort braucht, kommt sie kaum mit<br />

den andern mit. Auch die Zahlen<br />

sind ihr nicht „gut“ gesinnt. Aber<br />

leider unterstützen die Lehrer sie<br />

nicht. Deshalb sind ihre schulischen


Leistungen nicht die besten. In der P<strong>aus</strong>e spielen alle Kinder zusammen jede<br />

Menge Spiele. Sie ist zwar immer voll dabei doch irgendwie zurückhaltend.<br />

Nach der Schule geht sie meistens sofort nach H<strong>aus</strong>e und spielt nicht mehr, wie<br />

die anderen mit unseren Schülern.<br />

Als ich sie einmal mit einigen Kindern im Schlepptau besuchte, fanden wir einen<br />

sehr vollen Hof vor. Die meisten waren Familienmitglieder, die vermutlich<br />

alle in ihrem sehr kleinen H<strong>aus</strong> mit zwei kleinen Zimmer, Dachstuhl und einem<br />

überdachten Unterstand voller Gerümpel wohnen. Die Familie ist sehr nett und<br />

alle freuten sich, dass wir zu Besuch kamen. Als sie unsere Kamera entdeckten,<br />

wollten alle Fotos machen und riefen: „Foto, Foto!“ Also folgten wir ihnen und<br />

machten ein Foto nach dem anderen. Ana war noch im H<strong>aus</strong>, aber ihre vier Geschwister<br />

waren alle draußen. Die zwei jüngsten, Marius und Comin, schauten<br />

uns nur ganz erstaunt an, aber die Schwestern, die wir auch <strong>aus</strong> der Schule<br />

kannten waren sofort kontaktfreudig. Deren Mutter gab uns eine kleine Schale<br />

voll <strong>von</strong> frischen, wilden Himbeeren, die traumhaft gut schmeckten. Während<br />

wir die Beeren genossen, stand auf einmal Ana der Tür, ganz verschlafen und<br />

scheu, aber mit einem süßen Lächeln. Sie winkte uns, traute sich aber nicht so<br />

recht zu uns. Die Scheu verflog jedoch schnell und sie klebte wieder an mir. Sie<br />

ist sehr anhänglich und auch sehr, sehr lieb. Ich glaube nicht, dass sie und ihre<br />

14


Schwestern geschlagen werden, aber auch nicht, dass sie all zu viel Zuneigung<br />

bekommt.<br />

Da sie die meiste Zeit mit ihren Schwestern verbringt, versteht sie sich eigentlich<br />

sehr gut mit ihnen. Als wir nun den Weg zurück zur Schule antraten, lief<br />

sie zu ihrer Mutter und fragte, ob sie uns folgen dürfe. Da diese es ihr erlaubte,<br />

kam sie ganz fröhlich hinterher gerannt und nahm mich bei der Hand. So führten<br />

wir den Weg mit einer noch größeren Gruppe Kindern zur Schule fort. Wir<br />

spielten Fangen und kamen verschwitzt an. Den ganzen Abend wurde gespielt.<br />

Am letzten Tag, während ich diesen Bericht schreibe, kam Ana mit ihrer jüngeren<br />

Schwester und Freunden zu mir und schaute mir gespannt zu. Immer wieder<br />

fragten sie, wann ich endlich fertig wäre. Was ich aber nie vergessen werde,<br />

ist, dass sie mir immer wieder sagte, dass sie mich sehr gerne hat und ob sie mit<br />

zu mir nach Deutschland kommen kann. Da ich ihr leider sagen musste, dass<br />

dies nicht möglich ist, sagte sie dass ich in <strong>Roşia</strong> bleiben werde. Wiederum<br />

musste ich verneinen. Einen kurzen Moment sah ich ihre Trauer, die sie aber<br />

sofort wieder unterdrückte. Sie fragte nur noch, ob ich beim Abschied weinen<br />

müsste und wechselt dann das Thema.<br />

Es fällt mir schwer, diesen Ort zu verlassen und einfach so diese Kinder mit den<br />

großen, schönen, fröhlichen und auch traurigen Augen, jedes einzelne mit einer<br />

eigenen tollen Persönlichkeit ihrem Schicksal zu überlassen.<br />

15


Patenkindbericht <strong>von</strong> David Schmitt (Gastschüler)<br />

NILUTSO, 11 Jahre, 6. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Nilutso ist ein 11-jähriger Junge<br />

und besucht die 6. Klasse der Waldorfschule<br />

in <strong>Roşia</strong>. Er wohnt mit<br />

seinem Vater und seiner stummen<br />

Schwester im Unterdorf. Seine Familie<br />

wohnt in einem relativ großen<br />

H<strong>aus</strong>, wo auch seinen Vater als<br />

Bäcker arbeitet. Als er mir sein<br />

H<strong>aus</strong> gezeigt hat, hatte seine Familie<br />

viele Gäste für das Abendessen<br />

da, doch trotzdem war seine Vater<br />

sehr freundlich und hat mir das<br />

Backen gezeigt. Leider konnte ich<br />

nicht lange bleiben, da die Gäste ja<br />

warteten. Auf unserem Heimweg<br />

hat Nilutso mir seine zwei Pferde<br />

und sein neues Fohlen gezeigt, auf<br />

das er sehr, sehr stolz war. Nicht<br />

nur seine Pferde sind ihm sehr<br />

wichtig, sondern auch sein Fahrrad.<br />

Jedesmal wenn ich ihn sah, hatte er immer sein Fahrrad dabei und hat mich gefragt,<br />

ob ich fahren will.<br />

Ich kann mich immer noch daran erinnern an einem der letzten Abende, als er<br />

Fußball mit allen anderen Kinder gespielt hat und mich fragte, ob ich ihm zeigen<br />

könnte, wie man Volleyball spielt, weil er uns immer beim Spielen zugeschaut<br />

hat und eigentlich gerne mitspielen wollte, aber er hatte ja keine Ahnung, wie<br />

das geht. Natürlich habe ich es ihm gezeigt und danach haben wir alle zusammen<br />

gespielt.<br />

Insgesamt war Nilutso ein ganz netter und freundlicher Kerl und hat sich immer<br />

gefreut, wenn er uns bei der Arbeit helfen konnte.<br />

16


Patenkindbericht <strong>von</strong> Florentin Hofmeister<br />

ELENA SUBTIREL, 10 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Elena ist rechts im Bild<br />

An dem Tag an dem wir in der Schule waren, sah ich Elena das erste Mal, da<br />

ich neben ihr in der Schulbank saß. Sie schaute mich misstrauisch mit ihren<br />

blauen Bambiaugen an und wurde offener als ich versuchte, mit ihr zu kommunizieren.<br />

Elena wollte mir alles per rumänischem Namen sagen und ich musste<br />

mir auch die Namen merken, weil sie mich diese wiederholt <strong>aus</strong>fragte. Dem Unterricht<br />

folgte sie aufmerksam, nur da<strong>von</strong> abgelenkt, wenn ich nicht mitschrieb.<br />

Dann sagte sie immer: ”Tu scribere” und wenn ich dieser Aufforderung nicht<br />

Folge leistete, schrieb sie kurzer Hand für mich auf meinem Block mit. In der<br />

Mathematikstunde prüfte sie meine Mathekünste, indem sie immer aufs Neue<br />

Aufgaben für mich aufschrieb. So rechnete Elena jede Aufgabe nach, die ich zuvor<br />

gerechnet habe, und lobte mich, wenn ich die Aufgabe richtig gerechnet habe,<br />

dies war immer der Fall.<br />

17


Elena wohnt im Unterdorf in einem H<strong>aus</strong>, das einen recht guten Eindruck im<br />

Vergleich zu anderen Häuser macht. Sie hat zwei Schwestern, die eine ist jünger<br />

und die andere älter, das Alter und die Namen sind mir nicht bekannt. Das<br />

H<strong>aus</strong> besitzt sogar einen eigenen Backofen für Brot und andere Backwaren, doch<br />

weiß ich nicht ob dieser noch in Betrieb ist. Von den Eltern ist der Vater der<br />

Unhold, da er oft trinkt und Elena zum Alkohol kaufen in den bei uns gelegenen<br />

Laden schickt. Deshalb sieht man Elena am frühen Abend wie sie sich auf dem<br />

Weg macht, um für ihre Eltern einzukaufen. Die Eltern kümmern sich nicht<br />

sonderlich um sie, dies kann man auch an ihrer Ungepflegtheit sehen. Ihre Frisur<br />

ist nur <strong>von</strong> praktischen Gesichtspunkten bestimmt, da die Haare überall bis<br />

auf einen kurzen Zopf am Hinterkopf gleich kurz sind und ohne den Zopf an<br />

eine Jungenfrisur erinnern könnte.<br />

Durch ihre fehlerhafte Erziehung kann man feststellen, dass sie öfter versucht<br />

hat, Klassenkameraden <strong>von</strong> mir zu bestehlen, dies erlebte ich nicht persönlich,<br />

wurde aber <strong>von</strong> den Betroffenen darauf hingewiesen.<br />

Ich weiß nicht, ob sie es schaffen wird <strong>aus</strong> dem Unterdorf in Zukunft her<strong>aus</strong>zukommen,<br />

weil die Familie sie ziemlich in den Alltag einbindet. Trotzdem geht sie<br />

sehr regelmäßig in die Schule und könnte bei Beibehalten dieser Gewohnheit eine<br />

bessere Zukunft leben.<br />

18


Patenkindbericht <strong>von</strong> Jakob Soltau<br />

FLORINE BORBEL, 10 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Er wohnt mit seinen Eltern, zwei<br />

Großeltern sowie drei Brüdern zusammen<br />

in einem H<strong>aus</strong> im Unterdorf<br />

nahe der Schule. Zwei Brüder<br />

<strong>von</strong> ihm sind bereits verstorben.<br />

Florine ist, verglichen mit den meisten<br />

anderen Jungen im Unterdorf,<br />

immer ordentlich gekleidet.<br />

Als ich in der Klasse zum ersten<br />

mal neben ihm saß, wirkte er zunächst<br />

interessiert und intelligent.<br />

Aber er ließ sich leicht ablenken und<br />

störte dann seine Mitschüler, wogegen<br />

seine Lehrerin nicht wirklich<br />

etwas unternahm. Das bestärkte<br />

ihn, und erst als sie die Schüler einzeln<br />

abzufragen begann und er dazwischen<br />

redete, ermahnte sie ihn.<br />

Florine besucht jeden Tag die Schule, was in der Waldorfschule in <strong>Roşia</strong> eine<br />

Ausnahme ist.<br />

Während des Praktikums nervte und belästigte er häufig meine Mitschüler. Es<br />

wurde mir auch erzählt, dass er manchmal sehr aggressiv reagiert habe, was ich<br />

aber nicht bestätigen kann.<br />

Als ich ihn besuchte fiel mir sofort auf, dass um sein H<strong>aus</strong> ein Gemüseacker<br />

war, im Kontrast dazu daneben ein Müllhaufen. Auf den Grundstück liefen außerdem<br />

noch ein paar Schweine frei herum. Die Familie saß draußen und begrüßte<br />

mich freundlich. Die Mutter sah nicht danach <strong>aus</strong>, als ob sie mit ihren<br />

Kindern zimperlich umgeht. Florine forderte mich sofort auf ein Foto <strong>von</strong> seiner<br />

Familie zu machen. Danach zeigte er mir das H<strong>aus</strong> und bot mir Kaffee oder Fanta<br />

an. Seine Mutter bat mich zweimal mit unseren Handwerkern Ottillo und<br />

Laszlo zu reden, damit diese das Dach reparieren, welches aber noch sehr in<br />

Ordnung <strong>aus</strong>sah. In der Wohnung, die <strong>aus</strong> zwei Zimmern bestand, war es nicht<br />

feucht aber etwas stickig. In einem Zimmer lief der Fernseher, als ich es betrat,<br />

19


obwohl niemand zuschaute. Die Zimmer waren sehr voll und fast erdrückend,<br />

Teppiche hingen an den Wänden, in einer Vitrine standen Porzellantassen. Als<br />

ich das Grundstück verließ, begleitete mich Florine zu seinen Freunden. Auf<br />

dem Weg dahin fragte er mich, was bestimmte Gegenstände auf Deutsch heißen.<br />

Ich habe ihn während des Praktikums fast jeden Tag an der Schule vorbei zum<br />

Supermarkt gehen sehen, wo er für seine Familie einkaufte.<br />

Ich konnte im Laufe der Zeit erkennen, dass er versuchte, durch Schabernack<br />

Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Doch wenn er kein Publikum hatte, war er<br />

sehr freundlich.<br />

Ich hoffe sehr, dass er mit der Zeit sein Aufmerksamkeitsdefizit in den Griff bekommt<br />

und mit Hilfe seiner Schul<strong>aus</strong>bildung seinen Kindern eine gute Zukunft<br />

bieten kann.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Philipp Frisch<br />

FURDUI MARIAN PEDRO, 13 Jahre, 6. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Marian hat 3 Geschwister.<br />

Der kleinste heißt<br />

Benjamin und ist 6 Jahre,<br />

Creguinel ist 8 Jahre<br />

und geht in die 1. Klasse,<br />

Oktavian ist 10 Jahre<br />

und besucht die 4. Klasse.<br />

Sie sind alle auf der<br />

Waldorfschule und gehen<br />

auffallend regelmäßig<br />

in die Schule, was<br />

man auch an ihren Ergebnissen<br />

sehen kann. Ihre Mutter ist vor 2 Jahren an Brustkrebs gestorben.<br />

Sein Vater heißt Nelu, ist sehr nett und trinkt gerne. Er liebt seine Kinder und<br />

erzieht sie im Gegenteil zu den meisten anderen Vätern ohne Gewalt. Er ist jedoch<br />

mit dem H<strong>aus</strong>halt überfordert, und gibt viele Aufgaben an Marian weiter.<br />

Er kümmert sich um seine kleinen Geschwister und hält das H<strong>aus</strong> sauber, welches<br />

gut gepflegt, groß, aber unaufgeräumt ist.<br />

20


Durch all diese verfrühten<br />

Pflichten die Marian trägt,<br />

wirkt er äußerst erwachsen. So<br />

durften wir miterleben, als wir<br />

mit den 4 Brüdern in Sibiu waren,<br />

wie er seine Geschwister<br />

zusammenhielt, und sie verteidigte.<br />

Es störte ihn aber sehr,<br />

dass er nicht derjenige war, der<br />

uns Sibiu zeigte und uns einlud,<br />

sondern wir sie einluden<br />

und mit ihnen durch Sibiu gingen.<br />

Ein großes Erlebnis für<br />

mich war, als ein Mann zu den<br />

Brüdern ging und sie anschrie,<br />

worauf sich Marian nicht versteckte,<br />

sondern sich rechtfertigte.<br />

Später erfuhren wir, dass<br />

der Mann die Kinder für lästige Straßenkinder hielt und sie <strong>von</strong> uns wegscheuchen<br />

wollte.<br />

Ich finde Marian ist ein sehr netter und kluger Junge, der leicht zu begeistern<br />

ist, und Grenzen erkennt. Ich habe sehr gerne mit ihm Zeit verbracht, und es<br />

fällt mir schwer mich <strong>von</strong> ihm zu verabschieden.<br />

21


Patenkindbericht <strong>von</strong> Andrea Wichmann<br />

LARISA MARIA LUNGU, 7 Jahre, 1. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Larisa ist sieben Jahre alt und geht in die erste Klasse der Waldorfschule in <strong>Roşia</strong>.<br />

Sie lebt mit ihren zwei jüngeren Geschwistern Ana und Thoma und ihren<br />

Eltern in einem kleinen Einraumh<strong>aus</strong>.<br />

Das erste Mal fiel mir Larisa auf, als sie mich an unserm ersten Abend vor einem<br />

der beiden Läden, wo sie zusammen mit ihrer Freundin Elena herumlungerte,<br />

ansprach. Sie fragte mich nach meinem Namen, sagte mir den ihren und<br />

wollte mich in den Laden ziehen, damit ich ihr etwas kaufe. Da ich das nicht tat,<br />

war ich nicht mehr interessant für sie.<br />

Larisa ist äußerlich nicht das typische Roma-Kind. Sie hat eine helle Hautfarbe,<br />

kurze Haare und ein rundes Gesicht mit einem breiten Lächeln. Sie wechselt<br />

ungefähr einmal die Woche ihre Kleidung, die, wie bei den meisten Kindern,<br />

ziemlich verschmutzt ist. Auch läuft ihr fast immer die Nase.<br />

Sie ist ein fröhliches, nach Aufmerksamkeit suchendes Kind, das zeigte sich vor<br />

allem, als wir an dem H<strong>aus</strong> ihrer Familie arbeiteten. Ich beschäftigte, den<br />

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Nachmittag über, die Kinder, damit sie die Arbeit im H<strong>aus</strong> nicht störten. Larisa<br />

und auch ihre Schwester Ana, die an Asthma leidet, versuchten mich <strong>von</strong> den<br />

anderen abzuschirmen, um meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu erlangen. Da<br />

Larisa die lauteste und wohl auch stärkste war, gelang es ihr die anderen Kinder<br />

einzuschüchtern, so dass sie sich in Hintergrund hielten.<br />

Zuh<strong>aus</strong>e setzt sich Larisa mühelos gegen die Kinder <strong>aus</strong> der Nachbarschaft<br />

durch und ist auch zu Gewalt bereit. Ich konnte miterleben wie Larisas Mutter<br />

sie, als sie mit mir spielte, am Arm packte und unsanft ins H<strong>aus</strong> zerrte. Dadurch<br />

und durch ihre freche Art kann ich mir vorstellen, dass sie sich Zuh<strong>aus</strong>e<br />

die eine oder andere Ohrfeige einhandelt.<br />

In der Schule mit den anderen Kindern ist Larisa zwar auch laut, aber sie integriert<br />

sich auch gut in die Gemeinschaftsspiele.<br />

So konnte ich beobachten, wie sie bei der Monatsfeier mit ihren Klassenkameraden<br />

begeistert das Märchen <strong>von</strong> Dornröschen vorführte.<br />

Larisa ist meiner Meinung nach ein sehr intelligentes Mädchen. Sie versteht,<br />

trotz der Sprachbarriere, schnell was man ihr vermitteln will. Wenn sie durchhält<br />

und an der Schule ihren Abschluss macht, kann ich mir vorstellen, dass sie<br />

einmal woanders arbeiten und ein besseres Leben führen kann, auch weil ihre<br />

Eltern dem Verlassen des Dorfes offener gegenüber sind als manch andere, da<br />

der Vater selbst schon im Ausland gearbeitet hat.<br />

Ich hoffe für Larisa, dass sie sich ihre Fröhlichkeit bewahrt und später einmal ein<br />

Leben führen wird, mit dem sie selbst zufrieden ist.<br />

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Patenkindbericht <strong>von</strong> Lukas Fink<br />

CRACIONEL FURDUI, 7 Jahre, 1. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Cracionel, geboren am 25.07.1999,<br />

wächst in einer Familie mit drei<br />

Brüdern auf: Marian, mit 13 Jahren<br />

übernimmt als ältester viel<br />

Verantwortung über die anderen,<br />

wirkt deshalb manchmal eher<br />

ernst, ist ansonsten jedoch, wie alle<br />

vier Brüder <strong>von</strong> fröhlicher Natur.<br />

Octavian, 10 Jahre alt verhält sich<br />

eher unauffällig. Und Benjamin,<br />

der jüngste mit 6 Jahren, auch der<br />

frechste, wirkt am unbedarftesten,<br />

da sozusagen alle Verantwortung<br />

und Aufgaben ihn als Jüngsten<br />

nicht betreffen.<br />

Die Kinder wachsen zusammen<br />

mit ihrem Vater, Furdui Nelu auf.<br />

Er verhielt sich mir gegenüber sehr<br />

nett und aufgeschlossen: Er erzählte<br />

<strong>von</strong> seinem Schicksal, dass seine Frau, Furdui Maria vor zwei Jahren gestorben<br />

war, und wie schwer er sich tut, mit dem H<strong>aus</strong>halt und der Erziehung. Die<br />

Mutter der Kinder war an Brustkrebs erkrankt, und wachte nach einer Operation<br />

<strong>aus</strong> dem Koma nicht mehr auf.<br />

Trotz alledem ist das H<strong>aus</strong>, in welchem die Familie lebt in einem guten Zustand<br />

und die Kinder waren im Vergleich zu den anderen sehr wohl erzogen. Sowieso<br />

merkte ich bald, dass in dieser Familie etwas anders läuft, als man es <strong>von</strong> hier<br />

gewohnt war. Beispielsweise konnte ich nie irgendeine Form <strong>von</strong> Perversion<br />

mitbekommen, was bei anderen Kindern Alltag ist. Sowieso ist dies hier ein großes<br />

Problem durch den Einfluss <strong>von</strong> Medien, wie zum Beispiel Fernsehen, womit<br />

schon kleine Kinder, aufgrund <strong>von</strong> Platzproblemen täglich konfrontiert sein<br />

können, und hier kein Bewusstsein für solche Dinge herrscht. Anders jedoch bei<br />

den Furduis. Zu meiner Freude lief dies alles hier etwas geregelter. Ein Grund,<br />

den ich darlegen kann ist, dass, als ich das erste Mal am Abend das H<strong>aus</strong> be-<br />

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suchte, Benni, der Jüngste schon schlief und kein Fernseher lief. Belegt wurde,<br />

all diese Erziehungsmaßnahmen am Verhalten der Kinder.<br />

Doch trotz all dieser positiven Aspekte traf ich trotzdem eines Abend den Vater<br />

betrunken vor seinem H<strong>aus</strong>. Dies war jedoch das einzige Mal, dass so etwas oder<br />

ähnliches vor kam. Nelu entschuldigte sich auch vielmals und es war ihm, deutlich<br />

erkennbar, sehr peinlich. Vor seinem ganzen familiären Hintergrund war<br />

Cracionel ein sehr fröhliches Kind. Er war aufgeschlossen, uns als Fremden gegenüber<br />

jedoch nicht aufdringlich. Anderen gleichaltrigen Kindern gegenüber<br />

verhielt er sich recht autoritär und im Streit schlichtend. Cracionel ist ein sehr<br />

kluges Kind, was auch seine schulischen Leistungen bestätigen.<br />

Wenn ich darüber nachdenke, was für Chancen Cracionel hat, <strong>aus</strong> <strong>Roşia</strong>, oder<br />

wenigstens <strong>aus</strong> dem Unterdorf her<strong>aus</strong> zu kommen, stellt sich die Frage, wie bald<br />

er, ebenso wie sein großer Bruder beginnt Verantwortung und Pflichten zu<br />

übernehmen. Denn ich denke sobald dies geschieht und die Schule abgeschlossen<br />

ist, wird man schnell in das hiesige Leben eingebunden. Andererseits wäre Cracionel<br />

<strong>von</strong> seinem Intellekt her fähig mehr zu leisten. Hierbei ist jedoch noch ein<br />

weiterer Aspekt <strong>aus</strong>schlaggebend: der Wille.<br />

Wie ich beobachtete sind die meisten hier, so auch Cracionel, einigermaßen zufrieden<br />

mit ihrer Lage. Dabei weiß ich nicht, ob es am Alter liegt, oder ob man<br />

mit seinem Leben zufrieden ist, solange man kein in unseren Augen besseres<br />

gelebt hat.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Lukas Muellerschoen<br />

DANI, 7 Jahre, geht noch nicht zur Schule<br />

Dani geht noch nicht in die Schule jedoch wenn er geht, wahrscheinlich nicht in<br />

die Waldorfschule. Er hat, für diese Gegend ungewöhnlich, blonde Haare und ist<br />

immer ordentlich und sauber gekleidet vor allem wenn man bedenkt, dass er ein<br />

erst 7 Jahre altes Kind ist. Auch die Zähne sind für diese Gegend vorbildlich.<br />

Er liebt es mit Älteren rumzuhängen und kommt öfters mit seinem Cousin,<br />

Neluţo auf der Fahrradstange zu der Waldorfschule, um beim Volleyball zuzuschauen.<br />

Er sucht in dieser Zeit öfter die Aufmerksamkeit seines Cousins so wie<br />

der anderen Anwesenden, was nicht immer sehr positiv ist, da er dazu neigt,<br />

den Älteren alles nach zu machen. Er besitzt auch ein eigenes Fahrrad, das er<br />

sehr schätzt und worauf er auch sehr aufpasst.<br />

25


Er lebt mit seinen 2 Geschwistern und seinen Eltern in einem recht ordentlichem<br />

H<strong>aus</strong> im Oberdorf. Die Familie besitzt viele Tiere darunter Schweine und<br />

Hühner. Seine Mutter ist gerade schwanger und eine sehr fürsorgliche Mutter,<br />

angeblich erwartet sie Zwillinge. Der Vater ist Hufschmied und liefert ein Einkommen<br />

das der Familie - im Gegensatz zu den üblichen Lebensstandards - ein<br />

eher luxuriöses Leben ermöglicht.<br />

Meiner Ansicht nach ist er ein sehr lebensfreudiges Kind doch leider macht er<br />

den Älteren - die nicht immer gute Vorbilder sind – viel nach.<br />

Abschließend möchte ich sagen, dass ich zwar nicht glaube, dass Dani es <strong>aus</strong><br />

dem Dorf schafft, jedoch dass er gute Grundvor<strong>aus</strong>setzungen für ein sorgenfreies<br />

Leben hat. Zum Beispiel ein recht gutes Familiennetz, wo sich alle gegenseitig<br />

helfen. Ich könnte mir vorstellen, dass er den Beruf seines Vaters erlernt und<br />

Hufschmied wird und sich dadurch ein schönes Leben ermöglichen kann.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Frederick Schofield<br />

ILIE, 8 Jahre, 2. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Ilie ist 8 Jahre alt und besucht die<br />

2.Klasse der Waldorfschule in <strong>Roşia</strong>.<br />

Er wohnt mit seinen Eltern<br />

und 5 Geschwistern im Unterdorf.<br />

Er hat 4 ältere Brüder und eine<br />

jüngere Schwester. Sein Vater arbeitet<br />

in der Landwirtschaft und<br />

seine Mutter ist H<strong>aus</strong>frau. Leider<br />

konnte ich ihn nie zuh<strong>aus</strong>e besuchen,<br />

da er nach der Schule immer<br />

sofort ins Dorf gegangen ist und<br />

ich ihm nie folgen konnte, daher<br />

weiß ich nicht, unter welchen Verhältnissen<br />

er mit seiner Familie<br />

lebt, aber <strong>von</strong> seinem Verhalten in<br />

der Schule und seine Umgangsart<br />

mit anderen Kindern lässt sich<br />

schließen, dass er wahrscheinlich<br />

nicht ohne Gewalt aufwächst. Aber<br />

im Gegensatz zu vielen anderen<br />

26


Kindern, bei denen man in den Augen sieht, dass sie irgendwas Furchtbares<br />

durchgemacht haben, sieht man bei Ilie eine kindliche Unschuld, wenn er dich<br />

mit seinen großen erwartungsvollen Augen anschaut und darauf hofft, dass du<br />

mit ihm spielst. Er war auch nicht aufdringlich, wenn er was wollte sondern<br />

eher schüchtern aber wenn man ihm Aufmerksamkeit schenkte, blühte er richtig<br />

auf und wollte beim Arbeiten an der Schule mithelfen, was dazu geführt hat,<br />

dass er <strong>aus</strong> Versehen die Schule mit der falschen Farbe angemalt hat. Dieser<br />

Fehler konnte aber rückgängig gemacht werden. Ich habe ihn auch im Unterricht<br />

beobachtet und festgestellt, dass er durch<strong>aus</strong> intelligent ist, ihm aber die<br />

Motivation fehlt, sich in der Schule zu engagieren. Ich hoffe, dass wenn er sich<br />

in der Schule anstrengt und regelmäßiger den Unterricht besucht, er es schafft<br />

einen qualifizierten Abschluss zu machen und es <strong>aus</strong> dem Dorf, mindestens<br />

nach Sibiu schafft.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Lucie Höfferer<br />

CARMEN ZIGLER, 11 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Carmen nahm weinend meine<br />

Hand zum Abschied und sagte: “I<br />

love you mucho.“<br />

Sie lebt in einer sehr intakten Familie<br />

und ist das einzige Mädchen<br />

unter drei Brüdern, <strong>von</strong> denen<br />

zwei älter sind als sie.<br />

Die beiden Eltern haben ein sehr<br />

liebevolles Verhältnis zu ihren<br />

Kindern, sowie auch untereinander<br />

und sind somit ein gutes Vorbild<br />

für ihre Kinder. Außerdem handeln<br />

sie in keiner Situation gewalttätig,<br />

was in diesem Dorf eine Seltenheit<br />

ist. Die meisten dort lebenden<br />

Familien verhalten sich kaum<br />

selbständig und hängen den ganzen<br />

Tag nur vor ihren Häusern<br />

rum anstatt zu arbeiten. Doch Carmens Familie ist nicht unbedingt auf <strong>von</strong><br />

außen kommende Hilfe angewiesen. Dies merkte ich, als ich an ihrem H<strong>aus</strong> ar-<br />

27


eitete, welches der Vater eigenhändig gebaut hat um den Wohnraum für seine<br />

Familie zu vergrößern. Das alte H<strong>aus</strong> ist in einem sehr guten Zustand, innen<br />

aufgeräumt und auch mit technischen Geräten <strong>aus</strong>gestattet, wie z.B. einem<br />

Fernseher, wobei Carmens Eltern ihre Kinder nicht fernsehen lassen, worauf in<br />

anderen Familien nicht geachtet wird.<br />

Carmens Vater arbeitet als Müllmann und man merkt, dass seine Arbeit der<br />

Familie gut tut und obwohl es eine so niedere Arbeit ist, sie ihm auch Spaß<br />

macht. Die ganze Familie war während unserer Arbeit an ihrem H<strong>aus</strong> sehr nett<br />

zu uns und hat sich als fast einzige Familie bei uns bedankt, außerdem halfen sie<br />

mit und brachten uns sogar Kekse.<br />

Carmen ist sehr hübsch, sie hat dunkle Haare, dunkle Haut und insgesamt ein<br />

sehr gepflegtes Äußeres. Als mein Patenkind habe ich sie <strong>aus</strong>gewählt, da ich<br />

mich <strong>von</strong> Anfang an mit ihr am besten verständigen konnte.<br />

Außerdem ist sie im Gegensatz zu den meisten anderen Mädchen in ihrem Alter<br />

eher zurückhaltend und gut erzogen. Dies fiel mir z.B. auf, als ich den Kindern<br />

Kekse anbot und alle sich sofort gierig darauf stürzten und ein Kampf darum<br />

begann, wer die meisten Kekse ergatterte. Nur Carmen nahm sich keine und als<br />

ich sie fragte warum, sagte sie mir, ihre Mutter habe ihr gesagt sie soll nichts<br />

<strong>von</strong> uns annehmen, da sie befürchtete uns könnte das unangenehm sein.<br />

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Carmen ist immer fröhlich und hat im Dorf viele Freundinnen, da sie sich gut<br />

integrieren kann.<br />

Sie hat mich am meisten beeindruckt, weil sie sich trotz der hier herrschenden<br />

Gewalt und Armut aufgeschlossen neuen Menschen zuwendet und mir somit<br />

die Chance gegeben hat mehr über ihre Kultur zu erfahren.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Elias Balk<br />

MADALINA, 9 Jahre, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Sie ist eine sehr aufgeschlossenes<br />

und freundliches Mädchen .<br />

Sehr aufgefallen ist mir, wie oft<br />

und regelmäßig Madalina die<br />

Schule besuchte, im Gegensatz<br />

zu ihren Freunden, welche wir<br />

oft bei unserer Arbeit früh am<br />

morgen auf den Strassen rumsitzen<br />

sahen.<br />

Täglich konnte man ihr aufs<br />

Neue ansehen wie viel Spaß ihr<br />

die Schule machte und wie wohl<br />

sie sich in der Umgebung ihrer<br />

Freunde fühlte.<br />

Madalina wohnt mit ihren beiden<br />

Eltern und ihrem älteren<br />

Bruder (auch Waldorfschüler) in<br />

einem kleinen H<strong>aus</strong> sehr zentral<br />

im Unterdorf liegend. Es war<br />

auffällig wie gepflegt und sauber das H<strong>aus</strong> im Gegensatz zu anderen Unterkünften<br />

war.<br />

Die Entscheidung Madalina als mein Patenkind zu wählen fiel mir sehr leicht,<br />

da ich schon am ersten Tag begeistert war, mit welch einer Freude Madalina<br />

durchs Leben geht.<br />

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Patenkindbericht <strong>von</strong> Erik Wedekind<br />

IONELA, 9 Jahre, 3. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Ionela lernte ich bereits am ersten<br />

Tag unseres Praktikums<br />

kennen, als wir in den Klassen<br />

der Grundschule hospitierten.<br />

Ich besuchte mit einigen anderen<br />

Schülern die dritte Klasse,<br />

in der auch Ionela ist.<br />

Das braunhaarige Mädchen mit<br />

dem auffallend schönen Gesicht,<br />

bemerkte ich sogleich, da sie einen<br />

sehr lebhaften und aufgeweckten<br />

Eindruck auf mich<br />

machte, und sehr schnell Kontakt<br />

mit uns suchte.<br />

Durch die folgenden Begegnungen,<br />

die fast täglich stattfanden,<br />

wurde immer klarer, dass Ionela<br />

ein recht freches, aber keineswegs<br />

unfreundliches Kind ist.<br />

Sie sagte einem immer offen ihre<br />

Meinung und wenn ihr etwas<br />

nicht passte, kam es durch<strong>aus</strong> dazu, dass sie es einem versuchte durch Schläge<br />

klarzumachen. Ich merkte allerdings schnell, dass es <strong>von</strong> ihr nicht böse gemeint<br />

war, und sie einfach nicht wusste, wie sie ihre Gefühle sonst zeigen sollte. Je öfter<br />

ich sie sah, desto klarer wurde mir das. Manchmal hatte ich jedoch das Gefühl,<br />

dass die Sprachbarriere der Hauptgrund für diese kleinen Ausraster war.<br />

Als ich Ionela eines Tages fragte, ob ich sie zuh<strong>aus</strong>e besuchen dürfe, willigte sie<br />

sofort ein und freute sich offenbar sehr darüber. In ihrem H<strong>aus</strong> lernte ich ihre<br />

Geschwister kennen, die gerade damit beschäftigt waren die Familienwäsche zu<br />

waschen.<br />

Ionela hat zwei große Schwestern, Alina und Cosmina, 19 und 12 Jahre alt, sowie<br />

einen Bruder Namens Ionuţ, welcher sechs Jahre alt ist. Die Eltern der Familie<br />

lernte ich leider nicht kennen. Mir fiel besonders das gepflegte Umfeld des<br />

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H<strong>aus</strong>es auf, was auch für die Kinder galt, die stets gut gekleidet und einigermaßen<br />

wohlriechend waren.<br />

Besonders sympathisch an Ionela fand ich, dass sie ihre Meinung stets vertrat,<br />

wenn nötig auch etwas lauter, und sich auch nicht scheute diese Älteren zu sagen.<br />

Außerdem ist sie sehr schnell für etwas zu begeistern und einmal in etwas<br />

vertieft, scheint sie fast alles zu vergessen.<br />

Ich hatte sehr viel Spaß mit Ionela und den anderen Kindern, und musste nach<br />

dem schweren Abschied noch oft an die Zeit mit ihnen denken. Dabei macht es<br />

mich manchmal sehr traurig zu wissen, dass die meisten dieser Kinder wahrscheinlich<br />

niemals die Möglichkeit bekommen werden ihren momentanen Lebensstandard<br />

zu verbessern.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Anna Lüdi<br />

VETA JURICO, 7 Jahre, 1. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Veta geht in die erste Klasse der Waldorfschule in <strong>Roşia</strong>. Veta hat zwei große<br />

Schwestern, Ana und Voichita und zwei jüngere Brüder namens Cosmin und<br />

Marius. Veta ist 7 Jahre alt. Vetas Mutter heißt Adriana. Adriana raucht viel,<br />

31


ihr Mann arbeitet, ändert jedoch nichts an dem desolaten Zustand des H<strong>aus</strong>es.<br />

Als ich das H<strong>aus</strong> besichtigen durfte, schockierte mich besonders der Zustand des<br />

Anb<strong>aus</strong>. Die Wände bestanden <strong>aus</strong> einem Sand-, Erde- und Kuhdreckgemisch,<br />

welches mit, höchstwahrscheinlich schon morschen Holzstäben zusammengehalten<br />

wurde. Ana, Vetas Schwester schien große Probleme in der Schule zu haben;<br />

bei Veta machte sich derartiges noch nicht bemerkbar, auch wenn Veta sehr oft<br />

zu spät in der Schule ankommt, beteiligt sie sich bis Schulschluss ruhig und<br />

konzentriert. Freudig singt, tanzt, malt und arbeitet Veta in den für Waldorfschulen<br />

üblichen Unterrichten. Veta hat im Vergleich zu den anderen Klassenmitgliedern<br />

gute Zähne und war in den drei Tagen an denen ich in der ersten<br />

Klasse hospitieren durfte nicht auffallend müde und erklärte mir, dass es für sie<br />

geregelte Schlafzeiten gab. Veta ist nicht im geringsten aufdringlich oder laut.<br />

Im Schatten ihrer wunderschönen, großen Schwester Voichita steht sie bei Gemeinschaftsspielen<br />

oft verlassen am Rand. Veta ist ein sehr friedliches Kind,<br />

doch wenn ein Unrecht geschieht, tritt sie sehr entschlossen ein.<br />

Ich konnte Vetas Vater nie persönlich antreffen, doch scheint er sie nach ihrem<br />

Verhalten nicht sehr oft zu schlagen oder überhaupt Gewalt seinen Kindern gegenüber<br />

zu ergreifen. Adriana, Vetas Mutter sah ich oft Druck auf die Älteste,<br />

Voichita <strong>aus</strong>üben, auf ihre Jüngeren schien sie besonders an der Monatsfeier<br />

sehr stolz zu sein.<br />

Ein wichtiges Erlebnis für mich war, als ich Veta bei ihrer ersten Musikstunde<br />

ehrfürchtig und stolz den Psalter spielen sah. Veta mit ihrer stillen und zurückhaltenden<br />

Art habe ich sehr lieb gewonnen und ich hoffe, dass sie in ihrer Zukunft<br />

Besseres erwartet.<br />

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Patenkindbericht <strong>von</strong> Raphael Sehgal<br />

DANIEL, 7 Jahre<br />

Mein rumänisches Patenkind<br />

heißt Daniel und ist sieben Jahre<br />

alt. Er hat zwei Geschwister: einen<br />

Bruder, der neun Jahre alt<br />

ist, und eine dreizehnjährige<br />

Schwester. Sein Vater ist Hufschmied<br />

und scheint dabei verhältnismäßig<br />

gut zu verdienen,<br />

denn sie haben ein recht ordentliches<br />

H<strong>aus</strong> mit verschiedenen<br />

H<strong>aus</strong>haltsgeräten, wie zum Beispiel<br />

einen Kühlschrank und eine<br />

Waschmaschine, was in <strong>Rumänien</strong><br />

nicht normal ist. Daniel hat<br />

blonde Haare was man eher selten<br />

bei den hier wohnenden Rumänen<br />

sieht, dadurch ist er mir schon bei<br />

unserer Ankunft aufgefallen, was<br />

mir später half, ihn als mein Patenkind <strong>aus</strong>zusuchen. Außerdem hat er zwei<br />

Cousins. Mit einem <strong>von</strong> ihnen ist er uns oft mit seinen Fahrrad besuchen gekommen,<br />

um sich mit uns zu unterhalten oder Volleyball zu spielen. Daniel geht<br />

trotz seines Alters noch nicht zur Schule. Er will aber später, wie er mir sagte,<br />

nicht auf die Waldorfschule, sondern auf eine staatliche Schule gehen. Aus welchem<br />

Grund weiß ich nicht. Daniels Mutter, die er mir kurz vorstellte, als ich<br />

mit ihm unten im Dorf war, ist schwanger und bekommt, so wie ich es verstanden<br />

habe, Zwillinge. Sein Familienleben ist intakt und ich glaube er ist zufrieden<br />

so wie er lebt. Außerdem besitzt die Familie einen kleinen Bauernhof mit<br />

vielen verschiedenen Tieren, wie zum Beispiel Schweine, <strong>von</strong> denen eines<br />

schwanger war. Ich glaube, es bekommt auch Zwillinge. Außerdem gibt es dort<br />

noch Kühe, viele Hühner und ein Pferd, das immer ein kleines Fohlen bei sich<br />

hatte. Sie hatten auch noch einen Hund, der ebenfalls gerade Nachwuchs bekommen<br />

hatte, <strong>von</strong> denen mir Daniels Vater eines schenken wollte. Ich finde es<br />

33


etwas schade, dass ich ihn nun verlassen muss, bin aber zuversichtlich dass er<br />

eine gute Zukunft außerhalb seines Dorfes vor sich hat.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Jana Reiter<br />

MADALINA VICOL, 9 Jahre, 3. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Madalina hat einen Bruder, Dorin 11 Jahre alt. Sie hat ein sehr hübsches Gesicht,<br />

in das ich mich sofort verliebt habe, als ich sie das erste mal gesehen haben.<br />

Ihre Kleider sind schmutzig jedoch nicht auffallend gegenüber den anderen Kindern.<br />

Obwohl sie sehr klein und zierlich ist, hat sie sehr viel Kraft. Das ist vielleicht<br />

auf das Gewaltverhalten der Eltern oder auch der Mitschüler zurückzuführen.<br />

Die Familie hat ein sehr aufgeräumtes und sauberes H<strong>aus</strong>, das <strong>aus</strong> zwei Zimmern<br />

besteht. Die Mutter war sehr nett und aufgeschlossen als ich Madalina<br />

zuh<strong>aus</strong>e besuchte.<br />

Madalina besucht wie ihr Bruder die die Waldorfschule in <strong>Roşia</strong>, sie geht in die<br />

3. Klasse und ihr Bruder in die 5. Klasse. Sie ist eine sehr eifrige Schülerin die<br />

gerne singt, tanzt und malt. Im Umgang mit anderen Kindern ist sie eher zu-<br />

34


ückhaltend, jedoch kann sie auch sehr besitzergreifend sein. Das habe ich z.B.<br />

bemerkt, als sie sehr schnell eifersüchtig wurde, wenn ich nur kurz mit anderen<br />

Kindern gespielt habe und ihr nicht die ganze Aufmerksamkeit geschenkt habe.<br />

Trotzdem habe ich sie in den letzten 3 Wochen sehr lieb gewonnen und es ist<br />

mir schwer gefallen, mich <strong>von</strong> ihr zu verabschieden.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Jakob Ritzenhoff<br />

NELUŢU, 9 Jahre, Staatliche Grundschule in <strong>Roşia</strong><br />

Unsere erste Begegnung war bei einem Fußballspiel zwischen rumänischen<br />

Kindern und meinen Mitschülern. Er folgte dem Spiel aufmerksam und wäre<br />

auch gerne bereit gewesen, in einer der Mannschaften mit zu spielen, doch sein<br />

Alter hielt die anderen da<strong>von</strong> ab.<br />

Da er uns öfters an der Waldorfschule besuchen kam, lernten wir uns mehr und<br />

mehr kennen, wodurch ich auch schnell sein Vertrauen gewann. Die Verständigung<br />

zwischen uns basierte auf den Englischkenntnissen seines älteren Cousins,<br />

die beiden traten immer im Doppelpack auf. Eines Abends lud mich Neluţu zu<br />

sich nach H<strong>aus</strong>e ein; dieses Angebot wollte ich natürlich nicht <strong>aus</strong>schlagen. Um<br />

nicht lange zu zögern, machten wir uns gleich auf den Weg. Wir unterhielten<br />

uns über Fußball, währenddessen zeigte er mir seine Schule und einige kleine<br />

versteckte "Supermärkte".<br />

Als wir an seinem H<strong>aus</strong> ankamen, viel mir auf, dass es nicht gar so einen verkommenen<br />

Eindruck machte wie manch andere Häuser in dem Umkreis. Neluţu<br />

lebt mit seinem zwei Geschwistern, seiner Mutter und seinem Vater in einem<br />

recht gemütlichen und im Verhältnis großem H<strong>aus</strong>.<br />

Sein Vater dessen Bekanntschaft ich auch machen durfte, arbeitete gerade in einer<br />

gegenüberliegenden Werkstatt. Er ist Hufschmied und seine Frau führt mit<br />

Neluţus Großmutter einen kleinen Laden. Neben den Berufen halten sie auch<br />

ein paar Schweine, ein Kalb, ein paar Dutzend Hühner und einen Hund.<br />

Bei meinem Besuch bewunderte ich die Gastfreundschaft und den Zusammenhalt<br />

des Familienclans. Neluţus Mutter begrüßte mich eher zurückhaltend ganz<br />

im Gegensatz zu seinem Vater, der mir gleich ein Bier anbot, das ich mit Freude<br />

annahm.<br />

35


Ich bin sehr froh, Neluţus Bekanntschaft gemacht zu haben und besser in eines<br />

der Familienleben eingetaucht zu sein. In der Zeit ist mir Neluţu sehr ans Herz<br />

gewachsen und wer weiß, vielleicht, werde ich ihn auch noch mal besuchen<br />

kommen.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> June Yasagile<br />

CASANDRA, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Das erste Mal begegnete ich ihr bei<br />

unserem Spaziergang durch das<br />

Dorf. Sie nahm meine Hand und<br />

folgte mir ab dem Zeitpunkt den<br />

ganzen Weg durch das Dorf. Das<br />

zweite Mal begegnete ich ihr bei<br />

unserem Besuch in der vierten<br />

Klasse. Ich folgte ihr auf ihren<br />

Platz und lernte nun während des<br />

Unterrichts mehr <strong>von</strong> ihr kennen.<br />

Sie hat eine zierliche, kindliche<br />

Figur, braune Haare und indianische<br />

Gesichtszüge. Sie sieht gepflegt<br />

<strong>aus</strong> und trägt ordentliche<br />

Kleider.<br />

Im Unterricht fiel sie durch ihre<br />

guten schulischen Leistungen auf.<br />

36<br />

Casandra ist in der Mitte des Bildes<br />

Sie verstand die Aufgaben des Unterrichts so gut, dass sie ihrem Schulnachbar<br />

bei Schreib- und Rechenaufgaben helfen konnte.<br />

Casandra ist ein aufgewecktes Mädchen, läßt sich jedoch schnell durch andere<br />

Geschehnisse ablenken, da sie Angst hat, etwas zu verpassen. Casandra hat eine<br />

liebenswürdige Art, und will immer die beste und schnellste in allem sein und<br />

so kam es vor, dass sie unbewußt bei Spielen z.B. kleinere Kinder <strong>aus</strong>schloß.<br />

Sie lebt mit ihrer Schwester Anna (8) und ihren Eltern in einem Zimmer. Dieses<br />

ist jedoch sauber, aufgeräumt und sieht im Verhältnis zu der hier herrschenden<br />

Armut gepflegt <strong>aus</strong>.


Ihr Vater arbeitet in Sibiu als Handwerker und ihre Mutter ist als H<strong>aus</strong>frau arbeitstätig.<br />

Casandra wird gewaltlos erzogen, was sich auch in ihrem Verhalten<br />

zu den anderen Kindern zeigt, denn obwohl viel Aggressivität unter ihnen<br />

herrscht, läßt Casandra sich nicht <strong>von</strong> der Gewalt mitreißen sondern sie wird,<br />

wenn man ihr droht, schüchtern und zurückgezogen.<br />

Im Guten und Ganzen sehe ich Hoffnung für Casandra, denn schon an ihrem<br />

Spielverhalten erkennt man Ehrgeiz, Motivation, und Engagement.<br />

So hoffe ich, dass sie es schaffen kann, einen Qualifizierten Abschluss zu machen,<br />

um auf eine bessere Zukunfts<strong>aus</strong>sicht zusteuern zu können.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Adrian Stuhlfelner<br />

MARIA GABOR, 9 Jahre, 3. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Marias Mutter Leila unterrichtet die<br />

zweite Klasse. Sie ist die einzige Lehrerin<br />

der Schule, die selbst Roma ist.<br />

Leila hat sich <strong>von</strong> Marias Vater getrennt<br />

und dieser wohnt jetzt in Spanien. Maria<br />

hat aber trotzdem immer noch guten<br />

Kontakt zu ihm und außerdem stellt Leilas<br />

jetziger Freund, ein Bäcker, für Maria<br />

auch eine Vaterfigur dar.<br />

Maria wohnt zusammen mit ihrer Oma<br />

und ihrer Mutter in einem, im Vergleich<br />

zu den Häusern im Unterdorf, großen<br />

und gut erhaltenen H<strong>aus</strong>. Für unsere<br />

Verhältnisse ist das H<strong>aus</strong> jedoch immer<br />

noch eher ärmlich, aber es ist möglich,<br />

dort zwar ohne viel Luxus, aber einigermaßen<br />

akzeptabel und unter menschlichen<br />

Verhältnissen zu leben.<br />

Marias Äußeres ist gepflegt und anständig. Sie ist zwar meistens eher einfach<br />

angezogen, aber wenn sie nicht gerade mit ihren Freundinnen herumgetollt ist,<br />

immer sauber. Außerdem hat sie noch alle Zähne im Mund, fast kariesfrei, was<br />

hier keine Selbstverständlichkeit ist. Ihr Wesen ist fröhlich und aufgeschlossen,<br />

aber wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen abläuft wird sie trotzig und<br />

37


versucht ihren Willen durchzusetzen. Die Erziehung <strong>von</strong> Leila ist zwar streng,<br />

aber gewaltfrei, was auch eine Besonderheit ist.<br />

Leila fördert die Talente ihrer Tochter, welche außerordentlich sind, intensiv.<br />

Maria ist in der Schule sehr gut. Sie machte mit mir und einem Siebtklässler<br />

Rechenspiele, welche sie zwar nicht so schnell wie ich, aber im Gegensatz ihres<br />

älteren Konkurrenten immer fehlerfrei und viel schneller als er löste. Auch<br />

sprachlich ist sie begabt. Sie spricht sogar ein bisschen Deutsch. Außerdem sorgt<br />

ihre Mutter dafür, dass sie regelmäßig ihre beiden Instrumente, Klavier und<br />

Geige übt.<br />

In einem Gespräch mit Sarah H., die in der Klasse <strong>von</strong> Maria hospitierte, erfuhr<br />

ich <strong>von</strong> der enormen Aufnahmefähigkeit, die Maria an den Tag legte. Ihr Lehrer<br />

erzählte Sarah, dass er die Schreibschrift eigentlich nur für zwei Schüler <strong>aus</strong><br />

seiner Klasse durchnimmt, darunter Maria.<br />

Auch kommt Maria regelmäßig in die Schule und nicht wie manche andere bloß<br />

einmal die Woche, wenn sie gerade Lust darauf haben oder <strong>von</strong> ihren Eltern gehen<br />

gelassen werden, da sie gerade nicht arbeiten müssen. Das Jugendamt ist<br />

gegen so etwas machtlos, weil man nicht als Schulverweigerer gilt, wenn man 1<br />

Woche im Monat in die Schule<br />

kommt. Es war solange wir da<br />

waren nicht eine Klasse einen<br />

Tag lang vollständig. Sogar an<br />

der Abschlussfeier der achten<br />

Klasse musste deren Theaterstück<br />

<strong>aus</strong>fallen, da zu wenige Schüler<br />

erschienen waren! Maria dagegen<br />

fehlte nie.<br />

Maria spielte <strong>aus</strong>gelassen und<br />

fröhlich mit mir. Sie spielte gerne<br />

mit Steinen und die Klatsch-<br />

Singspiele <strong>aus</strong> dem Dorf. Sie kam<br />

mit uns als wir den Ausflug in<br />

die Karpaten machten. Dort<br />

spielten wir in einem Gebirgsbach.<br />

Wir suchten schöne Steine<br />

in dem klaren Bach, wateten mit<br />

nackigen Füßen hindurch und<br />

fotografierten die blauen Libellen<br />

38


auf den Farnblättern.<br />

Eines Tages wurde ein Fenster <strong>von</strong> der <strong>von</strong> uns frisch renovierten Schule eingeworfen.<br />

Ottillo, ein angestellter Arbeiter <strong>von</strong> uns, hörte das Geräusch ging<br />

hin<strong>aus</strong> und fragte ein Mädchen, wer das gewesen sei. Sie behauptete das sei Maria<br />

gewesen, die längst über alle Berge gewesen war. Es könnte natürlich sein,<br />

dass das Mädchen gelogen hat und das Fenster womöglich selbst eingeschmissen<br />

hat, aber ich bin ziemlich sicher, dass Maria das gewesen ist. Sie spielte oft mit<br />

mir mit Steinen. Wir warfen sie hin und her und versuchten sie in einen Eimer<br />

zu werfen. Wahrscheinlich ist ihr ein Stein beim Spielen <strong>aus</strong>gerutscht und in<br />

eines der Fenster geflogen. Sie nahm sofort Reiß<strong>aus</strong> und tat so, als wäre es niemand<br />

gewesen.<br />

Die Chancen für Maria in der Zukunft <strong>aus</strong> dem Dorf her<strong>aus</strong>zukommen und<br />

vielleicht in Sibiu oder, wie ihr Vater, in einem reicheren Land Europas einen<br />

gut bezahlten Beruf <strong>aus</strong>zuüben stehen, meiner Meinung nach, nicht schlecht.<br />

Sie hat eine intelligente, aufgeklärte und emanzipierte Mutter, die dafür sorgt,<br />

dass sie nicht zu jung heiratet und als H<strong>aus</strong>frau niemals <strong>aus</strong> <strong>Roşia</strong> her<strong>aus</strong>kommen<br />

würde und den Ehrgeiz und die Intelligenz, um mehr zu erreichen als dort<br />

zu leben. Ich wünsche ihr viel Glück und alles Gute!<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Pablo Lauf:<br />

ESMERANDA, 11 Jahre, geht nicht zur Schule<br />

39


Esmeranda geht nicht zur Schule und lebt mit ihren drei Geschwistern und ihrem<br />

versoffenen Vater in einer Lehmhütte im Unterdorf. Ihre Mutter habe ich<br />

nie gesehen, wenn es sie jedoch gibt, so ist es schier unvorstellbar, dass so viele<br />

Menschen auf so engem Raum leben. Zu den Erziehungsmethoden ihrer Eltern<br />

–oder ihres Vaters- kann ich nicht viel sagen. Ich vermute jedoch, dass Schläge<br />

durch<strong>aus</strong> eine Rolle spielen könnten. Esmeranda ist ein eher schüchternes, zurückhaltendes<br />

Mädchen, eine Einzelgängerin. Tummeln sich die anderen Kinder<br />

beim Spiel, so ist sie meist eher die Beobachtende. Ob Ausgrenzung, Eigenwilligkeit<br />

oder ein Zusammenspiel dieser Aspekte sie in dieser Position halten, ist<br />

schwer abzuwägen. Ich vermute, dass ihre Schul-Abszinenz in dieser Hinsicht<br />

viel <strong>aus</strong>macht. Ihre Chancen <strong>aus</strong> dem Unterdorf her<strong>aus</strong> zu kommen, sind aufgrund<br />

ihrer fehlenden Schulbildung wahrscheinlich eher gering.<br />

Ich wünsche ihr dennoch viel Glück für ihren weiteren Lebensweg.<br />

Auf das alles zum Besten kommt.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Max Pinnau:<br />

OCTAVIAN FURDUI, 10 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

40


Mein Patenkind heißt Octavian Furdui, ist 10 Jahre alt und besucht die 4. Klasse<br />

der hiesigen Waldorfschule. Er hat drei Brüder: Marian dreizehn, Grecunel<br />

sieben und Benjamin sechs Jahre alt. Marian und Grecunel besuchen die 6. und<br />

2. Klasse, während Benjamin zu jung ist, um in die Schule zu gehen. Der Vater<br />

Nelu ist wahrscheinlich Müllmann und hat beim Bau der Schulkantine mitgeholfen.<br />

Seine Frau Maria verstarb vor zwei Jahren an Brustkrebs, weswegen er<br />

eine sehr enge Beziehung zu den Kindern zu haben scheint und den H<strong>aus</strong>halt<br />

führt. Das H<strong>aus</strong>, in dem der Vater mit seinen Kindern wohnt, ist verhältnismäßig<br />

groß und in einem ordentlichen Zustand. Es hat mehrere Zimmer und es<br />

schlafen nicht alle Kinder in einem Raum. Bei einem Besuch fiel mir auf, dass es<br />

zwar einen Fernseher gibt, dieser aber <strong>aus</strong>geschaltet war. Auffällig war auch,<br />

dass Benjamin zu jener Zeit, es war 21.30 Uhr, schon schlief. Dies ist wirklich<br />

ungewöhnlich, was sich anhand der vielen Kinder sehen lässt, die um 23.00 Uhr<br />

noch auf der Straße zu sehen sind. Positiv war zudem, dass Octavian gerade<br />

badete, was auf eine „gesunde“ Hygiene-Einstellung schließen lässt. Überhaupt<br />

scheint der Vater seine Kinder mit größtmöglicher Liebe und Aufmerksamkeit<br />

zu erziehen, doch ist er selbst noch, wie Lukas, Philipp und ich merkten, in tiefer<br />

Trauer um den frühen Tod seiner damals 29-jährigen Frau, die er uns stolz auf<br />

Familienfotos zeigte.<br />

Octavian ist ein fröhliches Kind, das den ganzen Tag in <strong>Roşia</strong> auf der Straße zu<br />

sehen ist, wenn es spielt oder auch reitet. Er ist leicht zu begeistern, kann sich in<br />

der Schule, wie ich beim Hospitieren bemerkte, konzentrieren und ist sehr<br />

selbstständig, was hier in <strong>Roşia</strong> aber keine Seltenheit darstellt. Octavian ist <strong>aus</strong>gelassener<br />

und nicht so bedacht und rücksichtsvoll wie sein großer Bruder Marian,<br />

was wohl daran liegt, dass Marian als Ältester die meiste Verantwortung<br />

trägt und oft der Mutterersatz ist. Obschon er überschwänglich sein kann,<br />

zeichnet auch Octavian sich durch Zurückhaltung bei Raufereien und Gewalttätigkeiten<br />

sowie durch ein nicht <strong>von</strong> Perversion bestimmtes Handeln <strong>aus</strong>. Diese<br />

Grundhaltung und -einstellung lässt sich, bis auf den manchmal fröhlich sich<br />

prügelnden Benjamin, problemlos für alle Furdui-Brüder p<strong>aus</strong>chalisieren. Leider<br />

gibt es auch in dieser Familie das Thema Alkohol. Einige meiner Mitschüler<br />

trafen Nelu Furdui spätabends betrunken vor seinem H<strong>aus</strong> an, doch war dies<br />

jenem sehr peinlich, was zu etlichen Entschuldigungen führte, die stets die Worte<br />

„la problema, la problema“ beinhalteten. Tatsächlich wird der Druck auf den<br />

Vater, seit Maria gestorben ist, immens sein. Er führt den H<strong>aus</strong>halt, erzieht die<br />

Kinder und geht seiner Arbeit nach. Meiner Meinung nach könnte auch noch<br />

41


gesellschaftlicher Druck im Spiel sein, da h<strong>aus</strong>haltführende und alleinerziehende<br />

Männer in <strong>Roşia</strong> eine Rarität sind.<br />

Abschließend denke ich, dass Octavian reelle Chancen hat, einen guten Abschluss<br />

zu schaffen. Doch ob er es je <strong>von</strong> zuh<strong>aus</strong>e wegschaffen wird, um etwa<br />

einer geregelten und gutbezahlten Arbeit in Sibiu nachzugehen, bezweifle ich<br />

leider. So wird in diesen ärmlichen Verhältnissen viel zu früh Verantwortung<br />

übernommen und eine Familie gegründet, als dass man frei und selbstständig,<br />

mit einem qualifizierten Abschluss in der Tasche, sein Glück woanders versuchen<br />

könnte.<br />

Viel Glück und Danke an Octavian und alle anderen Kinder in <strong>Roşia</strong>, die mich<br />

um zahlreiche Erfahrungen, vor allem aber Erkenntnisse, bereichert haben.<br />

Patenkindbericht <strong>von</strong> Marius Meister<br />

MARIUS, 12 Jahre, 4. Klasse, Waldorfschule in <strong>Roşia</strong><br />

Als ich einen Tag lang neben ihm im Unterricht saß, merkte ich, dass er ein sehr<br />

intelligenter Junge ist, da er im Unterricht sehr aktiv war und viel zu sagen hatte.<br />

Sein H<strong>aus</strong> ist im Gegensatz zu den meisten anderen Häusern im Dorf in einem<br />

akzeptablen Zustand. Ich habe niemals feststellen können ob Marius <strong>von</strong> seinen<br />

Eltern geschlagen wird, doch es meinten einige Klassenkameraden <strong>von</strong> mir, dass<br />

sie sahen wie der Junge geprügelt wurde. Wenn er im Dorf unterwegs war, waren<br />

immer viele Freunde bei ihm.<br />

Leider ist er uns fast immer unangenehm und aggressiv aufgefallen, deswegen<br />

versuchten einige unserer Schüler sich <strong>von</strong> ihm zu entfernen. Vor allem belästigte<br />

er die Mädchen unserer Klasse, indem er sich an sie schmiegte und versuchte,<br />

sie zu umarmen.<br />

Der Junge hat allerdings auch eine angenehmere Seite. Wenn er mich sah, freute<br />

er sich sehr, kam zu mir gerannt und gab mir seine Hand. Er zeigte und erzählte<br />

mir viele Dinge, die ich zum Teil aber nicht verstand. Trotzdem machte es<br />

mir Spaß ihm zuzuhören. Es ist sehr interessant dem Jungen beim Spielen mit<br />

anderen Kindern zuzusehen. Es gibt 2 Arten <strong>von</strong> Beschäftigungsspielen, die sie<br />

am häufigsten spielen. Zum ersten spielen die Kinder dort sehr gerne “Em bambi<br />

colonie”, das ist ein Spiel indem man seine Hände in einer bestimmten Reihenfolge<br />

auf die Hände des Mitspielers schlägt. Sonst lieben die Jungen es ihre<br />

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Kraft zu messen. Andauernd veranstalten sie Kraftwettbewerbe wie Armdrükken<br />

etc.<br />

Als ich meinem Patenkind am letzten Tage unseres Aufenthalts ein Muschelarmband<br />

schenkte, konnte man ihm ansehen, dass Marius sich sehr darüber<br />

gefreut hat.<br />

43


Mit einer Geldspende ermöglichen Sie uns die benötigten Baumaterialien zu<br />

kaufen und die anleitenden Handwerker zu entlohnen. Sie erhalten eine Spendenbescheinigung<br />

unter Tel.: 089/38014025 (Walter Kr<strong>aus</strong>) oder per Email:<br />

Oberstufe@waldorfschule-schwabing.de<br />

Herzlichen Dank!<br />

Bankverbindung:<br />

Förderverein Steiner Schule<br />

Raiffeisenbank Gilching<br />

Konto Nr.: 140023 BLZ: 70169382<br />

Verwendungszweck: <strong>Rumänien</strong>-Projekt<br />

44

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