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Kinderzuschlag oder Arbeit8slosengeld II?, Carsten Schwitzky

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Schnellübersicht<br />

Die Schnellübersicht führt Sie zu Ihrem Thema.<br />

Die Kapitelüberschriften führen Sie zur Lösung.<br />

Ausführliche Inhaltsübersicht ......... 7<br />

Abkürzungen ..................... 9<br />

Vorwort .........................11<br />

1 Leistungswidmung .............13<br />

2 Anspruchsberechtigte Personen ...21<br />

Verwaltungs- und<br />

3 Antragsverfahren ..............27<br />

4 Die Einkommensgrenzen . ........33<br />

Einsatz von Einkommen<br />

5 und Vermögen ................63<br />

Berechnung des<br />

<strong>Kinderzuschlag</strong>s ...............75<br />

6


Schnellübersicht<br />

7<br />

8<br />

9<br />

Wechselwirkungen mit<br />

dem SGB <strong>II</strong> .................. 83<br />

Der <strong>Kinderzuschlag</strong> und<br />

das SGB X<strong>II</strong> .................. 97<br />

Alternativen zur<br />

gegenwärtigen Ausgestaltung<br />

des <strong>Kinderzuschlag</strong>s ...........105<br />

Literaturhinweise .................109<br />

Findex . .........................111


Vorwort<br />

Der <strong>Kinderzuschlag</strong> ist als Sozialleistung, die Familien aus der Arbeitslosengeld<br />

<strong>II</strong>-Bedürftigkeit führen soll, eher unbekannt geblieben<br />

und auf den ersten Blick nicht unkompliziert.<br />

Dieses Buch hat den Anspruch, sowohl dem interessierten Laien als<br />

auch dem Mitarbeiter in der Sozialbehörde eine praxisorientierte<br />

Hilfe an die Hand zu geben. Es soll aber auch die Hintergründe für<br />

die Einführung dieser familienpolitischen Sozialleistung aufzeigen.<br />

Darüber hinaus wird man feststellen, dass ein Ablaufschema zur<br />

Anspruchsprüfung bereits vor den Ausführungen zu den Anspruchsvoraussetzungen<br />

zu finden ist. Hierdurch soll die Struktur der Sachverhaltsprüfung<br />

verdeutlicht werden und so einen „roten Faden“<br />

bilden.<br />

Im Rahmen dieses Kommentars werden auch folgende Fragen erörtert,<br />

die oft in Seminaren <strong>oder</strong> in der Praxis gestellt werden:<br />

Frage: Können auch so genannte Patchwork-Familien den<br />

<strong>Kinderzuschlag</strong> in Anspruch nehmen?<br />

Antwort: Ja, die Berechtigtenbestimmung des § 6a Bundeskindergeldgesetz<br />

(BKGG) lässt dies ausdrücklich zu<br />

(siehe hierzu Abschnitt 2.1).<br />

Frage: Kann ich den <strong>Kinderzuschlag</strong> zusätzlich zu meinem<br />

Arbeitslosengeld <strong>II</strong> erhalten?<br />

Antwort: Nein, der <strong>Kinderzuschlag</strong> wird nur dann gewährt,<br />

wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> hierdurch<br />

vollständig ersetzt werden kann. Der gleichzeitige<br />

Bezug von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> und <strong>Kinderzuschlag</strong> ist<br />

nicht zulässig (siehe hierzu Abschnitt 1.3).<br />

www.WALHALLA.de 11


Vorwort<br />

Frage: Ich arbeite im öffentlichen Dienst und bin dennoch<br />

im Sinne des zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB <strong>II</strong>)<br />

bedürftig. Das Kindergeld erhalte ich von meinem<br />

Arbeitgeber. Kann ich dann auch den <strong>Kinderzuschlag</strong><br />

bei meinem Arbeitgeber beantragen?<br />

Antwort: Nein, die Zuständigkeit für die Gewährung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

liegt bei den örtlich zuständigen Familienkassen<br />

der Bundesagentur für Arbeit (siehe hierzu<br />

Abschnitt 3.1).<br />

Frage: Wie hoch ist eigentlich der <strong>Kinderzuschlag</strong>?<br />

Antwort: Als <strong>Kinderzuschlag</strong> kann ein Betrag von bis zu 140 Euro<br />

je Kind bewilligt werden. Ob er tatsächlich in dieser<br />

Höhe bewilligt wird, hängt von der Überschreitung<br />

der Mindesteinkommensgrenze ab. Entsprechend der<br />

Überschreitung wird der <strong>Kinderzuschlag</strong> in seiner Höhe<br />

betraglich gemindert (siehe hierzu Abschnitt 6.1).<br />

Frage: Kann ich als alleinerziehende Studentin einen Anspruch<br />

auf den <strong>Kinderzuschlag</strong> geltend machen?<br />

Antwort: Zunächst ist festzuhalten, dass Studenten gemäß § 7<br />

Abs. 5 SGB <strong>II</strong> keinen Anspruch auf Alg <strong>II</strong> haben. Da jedoch<br />

die mit den Studenten in einer Bedarfsgemeinschaft<br />

lebenden Kinder grundsätzlich Anspruch auf<br />

Leistungen nach § 28 SGB <strong>II</strong> (Sozialgeld) haben können,<br />

ist ein Anspruch auf <strong>Kinderzuschlag</strong> denkbar, da<br />

die Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft dann nur<br />

aufgrund eines Kindes bestehen kann. Die Zielsetzung<br />

des § 6a Abs. 1 Ziff. 3 BKGG würde somit erfüllt werden<br />

(siehe hierzu Abschnitt 2.1).<br />

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem Kollegen<br />

Björn Kazda, der mir beim Schreiben dieser Kommentierung ein<br />

wertvoller Diskussionspartner gewesen ist.<br />

Auch gilt mein Dank Harald Fischer, Ulrich Werner sowie insbesondere<br />

Dörthe Mannsbarth und Andreas Nie, ohne die viele Dinge abseits<br />

dieses Buches nicht möglich gewesen wären. Habt alle vielen<br />

Dank für die Unterstützung.<br />

<strong>Carsten</strong> <strong>Schwitzky</strong><br />

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Leistungswidmung<br />

1. Zielsetzung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

§ 6a Bundeskindergeldgesetz (<strong>Kinderzuschlag</strong>)<br />

(1) 1 Personen erhalten nach diesem Gesetz für in ihrem Haushalt lebende<br />

unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben,<br />

einen <strong>Kinderzuschlag</strong>, wenn<br />

1. sie für diese Kinder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes<br />

Anspruch auf Kindergeld <strong>oder</strong> Anspruch auf andere Leistungen<br />

im Sinne von § 4 haben,<br />

2. sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen <strong>oder</strong> Vermögen<br />

im Sinne der §§ 11, 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mindestens<br />

in Höhe des nach Absatz 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrages<br />

und höchstens in Höhe der Summe aus diesem Betrag und dem Gesamtkinderzuschlag<br />

nach Absatz 2 verfügen und<br />

3. durch den <strong>Kinderzuschlag</strong> Hilfebedürftigkeit nach § 9 des Zweiten Buches<br />

Sozialgesetzbuch vermieden wird. 1<br />

(2) 1 Der <strong>Kinderzuschlag</strong> beträgt für jedes zu berücksichtigende Kind jeweils<br />

bis zu 140 Euro monatlich. 2 Die Summe der Kinderzuschläge bildet den Gesamtkinderzuschlag.<br />

3 Er soll jeweils für sechs Monate bewilligt werden. 2<br />

4 <strong>Kinderzuschlag</strong> wird nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht.<br />

(3) 1 Der <strong>Kinderzuschlag</strong> mindert sich um das nach den §§ 11 und 12 des<br />

Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu<br />

berücksichtigende Einkommen und Vermögen des Kindes. 2 Hierbei bleibt<br />

das Kindergeld außer Betracht. 3 Ein Anspruch aus Zahlung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

für ein Kind besteht nicht für Zeiträume, in denen zumutbare Anstrengungen<br />

unterlassen wurden, Einkommen des Kindes zu erzielen. 3<br />

(4) 1 Der <strong>Kinderzuschlag</strong> wird, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 3<br />

nicht vorliegen, in voller Höhe gezahlt, wenn das nach den §§ 11 und 12<br />

des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu<br />

berücksichtigende elterliche Einkommen <strong>oder</strong> Vermögen einen Betrag in<br />

Höhe des ohne Berücksichtigung von Kindern jeweils maßgebenden Arbeitslosengeldes<br />

<strong>II</strong> nach § 19 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch<br />

<strong>oder</strong> des Sozialgeldes nach § 28 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch<br />

nicht übersteigt. 4<br />

2 Der <strong>Kinderzuschlag</strong> wird außer in den in Absatz<br />

3 genannten Fällen auch dann stufenweise gemindert, wenn das nach<br />

den §§ 11 und 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des<br />

Seit dem 1. Juli 2006 werden die Wörter „Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet<br />

haben“ durch die Wörter „unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr<br />

vollendet haben“ ersetzt.<br />

Der bisherige Satz 3 wurde seit dem 1. Januar 2008 durch das Gesetz zur Errichtung eines<br />

Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ und zur Entfristung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

gestrichen. Er lautete wie folgt: „Der Gesamtkinderzuschlag wird längstens für<br />

insgesamt 36 Monate gezahlt.“ Die Sätze 4 und 5 gelten seit dem 1. August 2006 durch<br />

die Einführung des SGB <strong>II</strong>-Fortentwicklungsgesetzes.<br />

Satz 3 gilt seit dem 1. August 2006 durch die Einführung des SGB <strong>II</strong>-Fortentwicklungsgesetzes.<br />

Die Wörter „einem Betrag“ werden seit dem 1. August 2006 durch die Wörter „einen<br />

Betrag“ und das Wort „entspricht“ wird durch die Wörter „nicht übersteigt“ ersetzt.<br />

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Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen <strong>oder</strong> Vermögen<br />

den in Satz 1 genannten jeweils maßgebenden Betrag übersteigt. 3 Als elterliches<br />

Einkommen <strong>oder</strong> Vermögen gilt dabei dasjenige des mit dem Kind<br />

im gemeinsamen Haushalt lebenden alleinerziehenden Elternteils, Ehepaares<br />

<strong>oder</strong> als eingetragene Lebenspartner <strong>oder</strong> in einer eheähnlichen Gemeinschaft<br />

zusammenlebenden Paares. 4 Soweit das zu berücksichtigende<br />

elterliche Einkommen nicht nur aus Erwerbseinkommen besteht, ist davon<br />

auszugehen, dass die Überschreitung des in Satz 1 genannten jeweils maßgebenden<br />

Betrages durch die Erwerbseinkünfte verursacht wird, wenn<br />

nicht die Summe der anderen Einkommensteile <strong>oder</strong> des Vermögens für<br />

sich genommen diesen maßgebenden Betrag übersteigt. 5 Für je 10 Euro, um<br />

die die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgebenden Betrag übersteigen,<br />

wird der <strong>Kinderzuschlag</strong> um 7 Euro monatlich gemindert. 6 Anderes<br />

Einkommen sowie Vermögen mindern den <strong>Kinderzuschlag</strong> in voller Höhe.<br />

7 Kommt die Minderung des für mehrere Kinder zu zahlenden <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

in Betracht, wird sie beim Gesamtkinderzuschlag vorgenommen.<br />

(5) 1 Ein Anspruch auf <strong>Kinderzuschlag</strong> entfällt, wenn der Berechtigte erklärt,<br />

ihn für einen bestimmten Zeitraum wegen eines damit verbundenen<br />

Verlustes von anderen höheren Ansprüchen nicht geltend machen zu<br />

wollen. 2 In diesen Fällen unterrichtet die Familienkasse den für den Wohnort<br />

des Berechtigten zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende<br />

über die Erklärung. 3 Die Erklärung nach Satz 1 kann mit Wirkung<br />

für die Zukunft widerrufen werden. 5<br />

Zielsetzung der Leistung ist die völlige Vermeidung der Gewährung<br />

von Leistungen nach dem SGB <strong>II</strong>, wenn die Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft<br />

(BG) allein aus der Bedürftigkeit eines Kindes<br />

bzw. mehrerer Kinder resultiert (§ 6a Abs. 1 Ziff. 3 BKGG).<br />

Dies trifft dann zu, wenn die Eltern (bzw. der Elternteil) ihren Lebensunterhalt<br />

auskömmlich gestalten können, aber die finanziellen Mittel<br />

für die Deckung des Bedarfs eines Kindes bzw. der Kinder fehlen.<br />

Diese Situation ist bereits aus den Zeiten, in denen noch das Bundessozialhilfegesetz<br />

(BSHG) in Kraft war, bekannt. Insbesondere alleinerziehende<br />

Mütter waren von dieser Situation überproportional betroffen.<br />

Diese hatten oftmals ein eigenes Einkommen, mit dem der<br />

eigene Lebensunterhalt bestritten werden konnte; durch die häufig<br />

zu geringen bzw. völlig fehlenden Unterhaltszahlungen der Kindesväter<br />

ergab sich jedoch eine Bedürftigkeit des Kindes, welche die<br />

Mütter dann in die Sozial- bzw. Jugendämter und in die Sozialhilfe<br />

zwang. Viele Personen, die aufgrund dieser Situation Leistungen<br />

nach dem BSHG in Anspruch nehmen mussten, empfanden dies im<br />

Hinblick auf die eigene Erwerbstätigkeit als entwürdigend. Dies ist<br />

auch für den Außenstehenden gut nachvollziehbar, da es sicherlich<br />

5<br />

Zielsetzung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

Absatz 5 gilt seit dem 1. August 2006 mit der Einführung des SGB <strong>II</strong>-Fortentwicklungsgesetzes.<br />

www.WALHALLA.de 15


Leistungswidmung<br />

ernüchternd ist, trotz eigener Arbeitsleistung und Organisierung der<br />

Unterbringung von einem <strong>oder</strong> mehreren Kindern und der sich hieraus<br />

ergebenden schwierigen Arbeits- und Erziehungsleistung, auf<br />

öffentliche Unterstützungsleistungen angewiesen zu sein.<br />

Im ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung<br />

wurde gezeigt, dass vorwiegend Alleinerziehende und große Familien<br />

von Armut bedroht sind. Daher wurde im Koalitionsvertrag von<br />

SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 16. Oktober 2002 festgelegt,<br />

dass die Regierung alle Anstrengungen unternehmen wird, um Armut<br />

in Familien zu verhindern.<br />

In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend vom 23. Dezember 2004 erklärte die ehemalige<br />

Bundesministerin Renate Schmidt zur Einführung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s:<br />

„Jedes Kind, das von Armut bedroht ist, ist eines zu viel. Wir<br />

sorgen deshalb dafür, dass Familien verlässliche Rahmenbedingungen<br />

bekommen, damit sie gut für sich und ihre Kinder sorgen können,<br />

denn Familien brauchen Stabilität. Ab 2005 tritt mit dem <strong>Kinderzuschlag</strong><br />

eine zielgenaue finanzielle Unterstützung in Kraft; und<br />

ab 2005 kann der Ausbau der Kinderbetreuung endlich beginnen.“<br />

Bundesministerin Ursula von der Leyen hat sich für eine Erweiterung<br />

und Vereinfachung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s eingesetzt. In diesem Zusammenhang<br />

sprach sich das Familienressort für eine Ausweitung<br />

des Bezugskreises von ca. 124.000 auf 530.000 Kinder aus und veranschlagte<br />

hierfür eine Steigerung der Ausgaben von 140 auf 550 Mio.<br />

Euro im Haushalt 2008 1 . Zudem veröffentlichte das Bundesfamilienministerium<br />

im Internet weit reichende Anpassungsabsichten, die im<br />

Wesentlichen drei Punkte umfassten:<br />

Einführung einer einheitlichen Bemessungsgrenze und somit Verzicht<br />

auf die Mindesteinkommensgrenze<br />

Absenkung der Abschmelzrate bei Erwerbseinkommen von 70<br />

auf 50 Prozent<br />

Verzicht auf die Befristung von 36 Monaten<br />

Leider wird lediglich der letzte Punkt im Rahmen des Gesetzes zur Errichtung<br />

eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ und<br />

zur Entfristung des Kindergeldzuschlags seit 1. Januar 2008 umgesetzt.<br />

Soweit weitere Schritte zur Fortentwicklung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s<br />

also noch ausstehen, ist jedoch festzustellen, dass zumindest<br />

ein Schritt in die richtige Richtung unternommen wurde.<br />

1<br />

siehe Focus Online vom 6. Juni 2007<br />

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2. Kinder in der Sozialhilfe<br />

Anteil der Kinder unter 18 Jahren an der Gesamtzahl<br />

der Bezieher von Sozialhilfe (in 2004)<br />

Übrige Personen:<br />

2.910.226 (61,6 %)<br />

Kinder in der Sozialhilfe<br />

Um den Anlass zur Einführung des <strong>Kinderzuschlag</strong>s besser nachvollziehen<br />

zu können, ist es unerlässlich, die Entwicklung des Anteils von<br />

Minderjährigen in der Sozialhilfe zu betrachten.<br />

Die Sozialhilfebedürftigkeit von Kindern im Jahr 2004<br />

Der Anteil von Kindern in der Sozialhilfe steigerte sich von 38,38 % im<br />

Jahr 2003 weiter auf 38,45 % im Jahr 2004. Somit war auch im vierten<br />

Jahr in Folge ein Anstieg der Bedürftigkeit von Kindern zu verzeichnen.<br />

Kinder unter 18 Jahren:<br />

1.118.860 (38,4 %)<br />

De facto stieg die Anzahl der sozialhilfebedürftigen Kinder weiter<br />

an. Im Jahr 2004 waren weitere 38.116 Kinder bedürftig, was zu einer<br />

Gesamtzahl von 1.118.860 sozialhilfebedürftigen Kindern führt.<br />

Die Altersstruktur hat sich gegenüber den Vorjahren nur marginal<br />

geändert:<br />

Sozialhilfebedürftigkeit nach dem Alter der Kinder (in 2004)<br />

11–15 Jahre:<br />

222.406 (20 %)<br />

15–17 Jahre:<br />

154.159 (14 %)<br />

7–11 Jahre:<br />

228.277 (20 %)<br />

unter 3 Jahre:<br />

242.554 (22 %)<br />

3–7 Jahre:<br />

273.558 (24 %)<br />

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Leistungswidmung<br />

Die Entwicklung der Bedürftigkeit von Kindern in den Jahren<br />

2000 bis 2004<br />

Insgesamt ist eine Steigerung des Kinderanteils in der Sozialhilfe und<br />

der hiermit verbundenen Kinderarmut in den Jahren 2000 bis 2004<br />

deutlich erkennbar:<br />

Jahr Anzahl der sozial- Steigerung Steigerung zum<br />

hilfebedürftigen zum Vorjahr Vorjahr in %<br />

Kinder<br />

2000 992.121 – –<br />

2001 997.082 4.961 0,50<br />

2002 1.016.089 19.007 1,91<br />

2003 1.080.744 64.655 6,36<br />

2004 1.118.860 38.116 3,53<br />

Steigerung des Kinderanteils in der Sozialhilfe<br />

Hilfebedürftige Kinder<br />

1.150.000<br />

1.100.000<br />

1.050.000<br />

1.000.000<br />

950.000<br />

900.000<br />

Jahr<br />

992.121<br />

997.082<br />

1.016.089<br />

1.080.744<br />

1.118.860<br />

2000 2001 2002 2003 2004<br />

Insgesamt ist der Anteil der Kinder in den Jahren 2000 bis 2004 um<br />

126.739 Betroffene gestiegen. Dies entspricht einer Steigerungsquote<br />

von 12,77 %.<br />

Der <strong>Kinderzuschlag</strong> ist grundsätzlich ein guter Ansatz, um speziell die<br />

Kinderarmut als besonderen Teil von Armut zu bekämpfen. Ob dieser<br />

in seiner jetzigen Ausgestaltung geeignet ist, der Kinderarmut wirksam<br />

zu begegnen, soll in den folgenden Abschnitten untersucht werden.<br />

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Der <strong>Kinderzuschlag</strong> und die Subsidiarität<br />

3. Der <strong>Kinderzuschlag</strong> und die Subsidiarität<br />

Aufgrund der Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung der<br />

Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB <strong>II</strong>-FortentwicklungsG) ist<br />

die Subsidiarität neu zu betrachten. Es sind nunmehr zwei Strömungen<br />

der Nachrangigkeit beim <strong>Kinderzuschlag</strong> (§ 6a Abs. 3 BKGG) zu<br />

beachten; zum einen die Nachrangigkeit, die seit der Einführung des<br />

<strong>Kinderzuschlag</strong>s bestand (Leistungen nach dem SGB <strong>II</strong> sind gegenüber<br />

dem <strong>Kinderzuschlag</strong> nachrangig), zum anderen die neu eingebrachte<br />

Nachrangigkeit des <strong>Kinderzuschlag</strong>s gegenüber möglichen Einkommenspotenzialen<br />

des Kindes im Verhältnis zum <strong>Kinderzuschlag</strong>.<br />

Nachrangigkeit des SGB <strong>II</strong> im Verhältnis zum <strong>Kinderzuschlag</strong><br />

Das Subsidiaritätsprinzip, das auf § 2 SGB <strong>II</strong> fußt, ist charakteristisch<br />

für die grundsätzliche Nachrangigkeit des Arbeitslosengeldes <strong>II</strong> gegenüber<br />

anderen Sozialleistungen. Der <strong>Kinderzuschlag</strong> ist als Sozialleistung<br />

gegenüber Ansprüchen nach dem SGB <strong>II</strong> vorgelagert. Dies<br />

wird durch § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB <strong>II</strong> konkretisiert. Der <strong>Kinderzuschlag</strong><br />

ist durch diese Rechtsvorschrift als Einkommen in jedem Fall dem in<br />

der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kind zuzuordnen.<br />

§ 5 Abs. 1 Satz 1 SGB <strong>II</strong> führt ferner aus, dass eine Sozialleistung nicht<br />

alleine deshalb abgelehnt werden darf, weil das SGB <strong>II</strong> inhaltlich gleiche<br />

Leistungen zur Verfügung stellt. Im Regelfall bedeutet dies, dass<br />

andere Sozialleistungen auch dann durch die zuständigen Sozialleistungsträger<br />

zu bewilligen sind, wenn der Zweck – die Bestreitung<br />

des Lebensunterhaltes – nur abschließend durch das SGB <strong>II</strong> gesichert<br />

werden könnte.<br />

Als Beispiel kann hierzu angeführt werden, dass der Unterhaltsvorschuss<br />

(UV) durch das Jugendamt selbst dann zu bewilligen ist, wenn<br />

eine restliche Bedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB <strong>II</strong> verbleibt, der Lebensunterhalt<br />

also nicht unabhängig von öffentlichen Leistungen<br />

bestritten werden kann.<br />

So verhält es sich auch beim Arbeitslosengeld 1 nach dem SGB <strong>II</strong>I und<br />

dem Arbeitslosengeld <strong>II</strong>. Das Arbeitslosengeld nach dem SGB <strong>II</strong>I ist<br />

unabhängig von einem eventuell noch zu ergänzendem Restanspruch<br />

auf das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> in Anspruch zu nehmen. Man<br />

spricht hier auch von sogenannten „Aufstockern“. Dies bedeutet,<br />

1<br />

Das Arbeitslosengeld ist im Gegensatz zum Arbeitslosengeld <strong>II</strong> eine Versicherungsleistung,<br />

zu der (falls das Arbeitslosengeld nicht für den Lebensunterhalt ausreichen<br />

sollte) ergänzend Arbeitslosengeld <strong>II</strong> bewilligt werden kann.<br />

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Leistungswidmung<br />

dass dieser Personenkreis ergänzend zu seinen anderen Einkommen<br />

Arbeitslosengeld <strong>II</strong> erhält, um den Lebensunterhalt insgesamt sichern<br />

zu können. Das vorliegende Einkommen wird somit „aufgestockt“.<br />

Beim <strong>Kinderzuschlag</strong> ist dies anders! Der <strong>Kinderzuschlag</strong> ist zwar als<br />

Sozialleistung grundsätzlich vorrangig gegenüber dem Arbeitslosengeld<br />

<strong>II</strong>, jedoch ist dieser – anders als andere Sozialleistungen – mit<br />

dem deutlich formulierten Ziel verbunden, den Bezug von Arbeitslosengeld<br />

<strong>II</strong> zu vermeiden.<br />

Dies bedeutet, dass nicht etwa im „Rasenmäherverfahren“ sämtliche<br />

Bezieher von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> zum Antrag auf die Gewährung<br />

eines <strong>Kinderzuschlag</strong>s zu verpflichten sind. Der <strong>Kinderzuschlag</strong> wird<br />

entsprechend der Leistungswidmung immer nur dann gewährt,<br />

wenn der Bezug von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> für die gesamte Bedarfsgemeinschaft<br />

vermieden werden kann.<br />

Somit ist die Subsidiarität des Arbeitslosengeldes <strong>II</strong> gegenüber dem<br />

<strong>Kinderzuschlag</strong> nur eingeschränkt gültig. Sie gilt immer dann nicht,<br />

wenn neben dem Bezug eines <strong>Kinderzuschlag</strong>s noch ein Anspruch<br />

auf Arbeitslosengeld <strong>II</strong> verbliebe. Der gleichzeitige Bezug von Arbeitslosengeld<br />

<strong>II</strong> und <strong>Kinderzuschlag</strong> ist demzufolge ausgeschlossen.<br />

Nachrangigkeit des <strong>Kinderzuschlag</strong>s gegenüber<br />

Einkommensmöglichkeiten des Kindes<br />

Mit dem SGB <strong>II</strong>-FortentwicklungsG wurde vom Gesetzgeber eine<br />

Nachrangigkeit des <strong>Kinderzuschlag</strong>s gegenüber Ansprüchen eingerichtet,<br />

die ein Kind gegenüber Dritten haben kann.<br />

Da der <strong>Kinderzuschlag</strong> die Vermeidung von Bedürftigkeit eines Kindes<br />

verfolgt, sind an die Inanspruchnahme dieser Leistung – im Hinblick<br />

auf die Realisierung von vorrangigen Ansprüchen – erhöhte Anforderungen<br />

zu stellen. Diese können sowohl öffentlichen als auch<br />

zivilrechtlichen Ursprungs sein. Es wird erwartet, dass zumutbare<br />

Anstrengungen unternommen werden, die unter anderem die Beanspruchung<br />

einer Beistandschaft beim Jugendamt gemäß § 1712 Bürgerliches<br />

Gesetzbuch (BGB) zur Verfolgung von Unterhaltsansprüchen<br />

<strong>oder</strong> die Beantragung von Unterhaltsvorschuss zum Gegenstand<br />

haben, bevor der <strong>Kinderzuschlag</strong> in Anspruch genommen<br />

wird.<br />

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