KESSLER report
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voller Blütenduft durchsetzten Luft können<br />
regelrechte Glücksgefühle auslösen.<br />
Schriftsteller und Poeten befassen sich<br />
schon seit Jahrhunderten mit dem geheimnisumwobenen<br />
Sinn. So waren bereits<br />
Shakespeare und Goethe vom Duft<br />
der Rosen, Bäume und Sträucher hingerissen.<br />
Vielen Dichtern war die heimische<br />
Duftwelt ein paar Zeilen wert: So<br />
streiften bei Mörike süße, wohlbekannte<br />
Düfte ahnungsvoll das Land, Heine hingegen<br />
ließ sich von jungen Blumen mit<br />
duftenden Augen anschauen.<br />
Ebenfalls ein Geruchserlebnis auf Papier<br />
beschert das letzte Werk von Thomas<br />
Mann: „Die Betrogene“. Detailliert beschreibt<br />
Manns Protagonistin Düfte der<br />
verschiedenen Jahreszeiten und ihre damit<br />
verbundenen Assoziationen. Nicht<br />
zuletzt der jüngste Welterfolg des sinnlichen<br />
Buches „Das Parfum“ von Patrick<br />
Süßkind zeigt auf, wie betörend und<br />
gleichzeitig geheimnisvoll Duft sein<br />
kann. Druckfrische Printerzeugnisse, ob<br />
Zeitung, Magazin oder Buch, verströmen<br />
aber auch selber einen ganz eigenen<br />
Geruch. Viele riechen vor dem Lesen<br />
erst mal intensiv an dem druckfrischen<br />
Produkt. Es gibt sogar Menschen, die<br />
am spezifischen Duft ihr Lieblingsmagazin<br />
erkennen.<br />
Der Geruchssinn der Menschen ist im<br />
Vergleich zu Tieren allerdings stark limitiert.<br />
Doch obwohl wir deutlich weniger<br />
Gerüche wahrnehmen können, spielt<br />
das Riechen eine größere Rolle, als von<br />
der Medizin bisher vermutet wurde. Der<br />
Geruchssinn greift auf subtile Art und<br />
Weise in unser Leben ein. Sehen und<br />
Hören sind direkte Sinne, die Sinnesreize<br />
werden sofort verarbeitet. Die Aufnahme<br />
von Gerüchen passiert dagegen<br />
unterbewusst. Bei vielen Düften kann<br />
man inzwischen wissenschaftlich beweisen,<br />
dass sie unsere Nase erregen und<br />
Reaktionen im Gehirn hervorrufen, obwohl<br />
sie gar nicht aktiv bemerkt wurden.<br />
Trotzdem haben sie eine tief greifende<br />
Wirkung gehabt. Das heißt, der Geruchssinn<br />
versteht es, die Menschen auf<br />
sehr unterschwellige Art und Weise zu<br />
steuern und damit unser Leben vielfältig<br />
zu beeinflussen.<br />
Menschen, die ihren Geruchssinn verloren<br />
haben, fehlt ein Stück Lebensqualität.<br />
Der Verlust ist nicht lebensgefährlich,<br />
wenn man einmal davon absieht,<br />
dass der Geruchssinn auch als Warn-<br />
system zum Beispiel bei Feuer oder<br />
schlechten Lebensmitteln fungiert. Trotzdem<br />
entfällt dadurch jegliches sinnliche<br />
Erleben bei kulinarischen Genüssen<br />
oder in der Natur. Die Eindrücke werden<br />
nur noch zweidimensional verarbeitet,<br />
das kann langfristig zu Depressionen<br />
führen. Gerüche und Düfte haben<br />
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung<br />
für den Menschen.<br />
<strong>KESSLER</strong> <strong>report</strong> 01/08 3